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Vorlesung ”Anreize” vom 28.10.2008 Annette Kirstein Quelle: Salani ´ e, Bernard (1997); The Economics of Contracts, MIT Press, 1-6, 11-18.

Vorlesung 'Anreize' vom 28.10 - KIT - Startseitevwl3.econ.kit.edu/downloads/AdverseSelection.pdf · • Zwei Handelnde (bilaterales Monopol): - die informierte Partei, deren Information

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Vorlesung ”Anreize” vom 28.10.2008

Annette Kirstein

Quelle: Salanie, Bernard (1997);The Economics of Contracts, MIT Press, 1-6, 11-18.

1 Einfuhrung 2. Adverse Selection

Gliederung

1 Einfuhrung1.2 Historische Entwicklung1.3 Die Modelle1.4 Das Prinzipal-Agenten-Paradigma

2. Adverse Selection2.1 Allgemeines2.2 Mechanismus Design bei Adverser Selektion

1 Einfuhrung 2. Adverse Selection

Gliederung

1 Einfuhrung1.2 Historische Entwicklung1.3 Die Modelle1.4 Das Prinzipal-Agenten-Paradigma

2. Adverse Selection2.1 Allgemeines2.2 Mechanismus Design bei Adverser Selektion

1 Einfuhrung 2. Adverse Selection

Allgemeine Gleichgewichtstheorie /1

• Die Allgemeine Gleichgewichtstheorie gilt als großeErrungenschaft in der Geschichte der Okonomie.

• In den 1950er und 60er Jahren:Beweis der Existenz eines allgemeinen Gleichgewichts,und des Zusammenhangs zwischen Gleichgewichten undPareto Optima(Kommentar: gilt unter bestimmten Annahmen - siehe u.a.Vorlesung von letzter Woche):

1. Theorem der WohlfahrtsokonomikJedes Wettbewerbsgleichgewicht ist Pareto-effizient,

2. Theorem der Wohlfahrsokonomik:Jedes Pareto-Optimum kann durch einenMarkt-Mechanismus erreicht werden.

1 Einfuhrung 2. Adverse Selection

Allgemeine Gleichgewichtstheorie /2

Aber, die Allg. GG-Theorie stellte sich als unzureichend heraus:

• strategische Interaktion der Agenten sehr beschranktmodelliert;Agenten interagieren nur uber das Preissystem, das sieper Annahme nicht beeinflussen konnen (sie sindPreisnehmer).

• viele Institutionen, die wirtschaftliches Handeln lenken,kommen in diesen Modellen nicht vor.

• Firmen als Produktionsmengen modelliert.

1 Einfuhrung 2. Adverse Selection

Neue Gedanken

• Coase (1937): ”Das charakteristische Merkmal vonUnternehmen ist die Abschaffung des Preissystems”;pragend fur die Neue Institutionenokonomik.

• Arrow und Debreu haben gezeigt:Die Allgemeine Gleichgewichtstheorie kann um dieBetrachtung von Unsicherheit erweitert werden, solangedie Information symmetrisch verteilt bleibt.

• Asymmetrisch verteilte Information schwierig:Von einem Homo Oeconomicus, der private Informationbesitzt, erwartet man, dass er diese strategisch ausnutzt(also kein inaktiver Preisnehmer ist).Es wird neues ”Werkzeug” benotigt, im Besonderen dieSpieltheorie.

1 Einfuhrung 2. Adverse Selection

Vertragstheorie /1

• In den 1970er Jahren entwickelt sich die Vertragstheorie(allgemeiner: Informationsokonomik),

• im wesentlichen werden Partialmodelle analysiert (Marktefur ein oder manchmal zwei Guter werden isoliert von dergesamten Okonomie betrachtet),

• strategische Interaktion privat informierter Agenten wirdberucksichtigt,

• der institutionelle Hintergrund wird oft durch einensogenannten ”Vertrag” reprasentiert;ein expliziter Vertrag wird durch eine dritte Parteigarantiert (z.B. Gerichte, Mediator);ein impliziter Vertrag muss durch ein Gleichgewicht in derInteraktion zwischen allen Beteiligten erreicht und gestutztwerden.

1 Einfuhrung 2. Adverse Selection

Vertragstheorie /2

Gebraucht werden:

• nicht-kooperative Spieltheorie bei asymmetrischerInformation,

• ein Modell eines Verhandlungsprozesses (ublicherweisewird das Prinzipal-Agenten-Paradigma verwendet),

• die Interaktionen finden ublicherweise in einerBayesianischen Welt statt, d.h.: die Akteure besitzen apriori Vorstellungen (beliefs) uber die Informationen, diesich nicht kennen, und sie korrigieren diese Annahmen imLaufe der Interaktion.

1 Einfuhrung 2. Adverse Selection

Mogliche Kategorisierung vonvertragstheoretischen Modellen /1

• statische oder dynamische Modelle,• Modelle mit vollstandigen oder unvollstandigen Vertragen,• bilaterale oder multilaterale Interaktion,• Modelle mit einer informierten Partei (Agent) und einer

uninformierten Partei (Prinzipal):• private Information besteht darin, was der Agent tut

(”hidden action”),• private Information besteht darin, wer der Agent ist

(”hidden information”),

1 Einfuhrung 2. Adverse Selection

Mogliche Kategorisierung vonvertragstheoretischen Modellen /2

• Modelle, in denen die Initiative von der informierten Parteiausgeht und solche, in denen sie von der uniformiertenPartei ausgeht:

• in Modellen mit adverser Selektion besteht ”hiddeninformation” und die uninformierte Partei zieht zuerst,

• in Modellen mit Signalling besteht ”hidden information”und die informierte Partei zieht zuerst,

• in Modellen mit ”moral hazard” besteht ”hidden action” unddie uninformierte Partei zieht zuerst.

1 Einfuhrung 2. Adverse Selection

Das Prinzipal-Agenten-Modell• Zwei Handelnde (bilaterales Monopol):

- die informierte Partei, deren Information relevant fur dieWohlfahrt beider ist,- die uninformierte Partei.

• Verhandlungen mit asymmetrischer Information sindkomplex;Verhandlungen in der Prinzipal-Agenten-Theorie werdenals Ultimatum-Verhandlungen vereinfacht (eine Partei hatalle Verhandlungsmacht).

• Das Prinzipal-Agenten-Modell ist ein Stackelberg Spiel:der Fuhrer schlagt einen Vertrag vor, der Nachfolgendekann nur annehmen oder ablehnen.

Vorsicht:okonomische Akteure werden auch oft als Agentenbezeichnet! Sie sind keine Agenten im Sinne derP-A-Theorie.

1 Einfuhrung 2. Adverse Selection

Gliederung

1 Einfuhrung1.2 Historische Entwicklung1.3 Die Modelle1.4 Das Prinzipal-Agenten-Paradigma

2. Adverse Selection2.1 Allgemeines2.2 Mechanismus Design bei Adverser Selektion

1 Einfuhrung 2. Adverse Selection

Was adverse Selektion beinhaltet

• Der Begriff ”adverse selection” kommt aus derVersicherungsindustrie:Wenn eine Versicherung einen Tarif fur dasDurchschnittsrisiko anbietet, wird sie damit nur hohereRisiken attrahieren und Geld verlieren.

• Die Folge davon kann ein (partieller)Marktzusammenbruch sein, d.h. fur bestimmte Risikenwerden keine Versicherungen angeboten.

• alternative Begriffe fur das Problem adverser Selektion:Selbst-Selektion (self-selection), Screening.

1 Einfuhrung 2. Adverse Selection

Ein Beispiel fur Adverse Selektion /1

• Ein Weinverkaufer als Prinzipal, ein Kaufer als Agent.• Es gibt zwei ”Typen” von Kaufern: Kenner und

Nicht-Kenner.• Der Kenner ist bereit, fur guten Wein mehr zu bezahlen als

der Nicht-Kenner.• Der Prinzipal kann den Kaufer-Typ nicht beobachten, oder

eine sog. Preisdiskriminierung ersten Grades ist verboten(d.h. nicht-anonyme Preise sind nicht erlaubt).

1 Einfuhrung 2. Adverse Selection

Ein Beispiel fur Adverse Selektion /2

Das Problem kann wie folgt gelost werden:

• Wenn der Kenner fur Qualitat mehr bezahlen will/kann alsder Nicht-Kenner, kann der Prinzipal zwei Arten vonWeinflaschen anbieten (Screening):Hohe Qualitat zum hohen Preis,Niedrige Qualitat zum niedrigen Preis.

• Die beiden Typen von Agenten ”enthullen sich selbst”durch ihre Wahl (Selbst-Selektion).

1 Einfuhrung 2. Adverse Selection

Weitere Beispiele• Lebensversicherungen:

Der zu Versichernde kennt sein Risiko besser als dieVersicherung. Die Versicherung sollte also einenspeziellen Vertrag fur jede Risiko-Klasse schneidern.

• Banken:Darlehensnehmer kennen das Risiko seiner geplantenUnternehmung besser als die Bank. Die Bank sollte alsoden Sollzins variieren.

• Arbeitgeber:Potentielle Mitarbeiter kennen ihre Fahigkeiten besser alspotentielle Arbeitgeber. Potentielle Arbeitnehmer solltenalso ge-screened werden.

• Der Staat:Bei Regulierungsbemuhungen haben die zu regulierendenFirmen mehr Informationen uber bspw. die Kostensituationals der Staat.

1 Einfuhrung 2. Adverse Selection

Die Theorie des Mechanismus Designs /1

Es werden die Mittel fur die Implementation einer bestimmtenAllokation von Ressourcen untersucht, wenn die relevanteInformation in der Okonomie verteilt ist.

Modellierungs-Beispiel:

• Jeder Agent i = 1, ..., n hat eine bestimmte relevanteprivate Information θi ∈ Θi , d.h. er ist von einembestimmten ”Typ”.

• Die von einem Verantwortlichen (z.B. Staat oder einbestimmter Verkaufer) gewunschte Allokation ist:y(θ) = (y1(θ1, ..., θn), ..., yn(θ1, ..., θn)).

• Waren alle θis (Vektor θ) bekannt, konnte derVerantwortliche diese Allokation einfach implementieren.

1 Einfuhrung 2. Adverse Selection

Die Theorie des Mechanismus Designs /2

• Steigt fur Agent i seine optimale Allokation yi(θ) mit θi ,wird er sein θi ubertreiben, um mehr zu bekommen(z.B. bei der Verteilung von Subventionen),bzw. untertreiben, um weniger zu bezahlen(z.B. bei Beitragen zu einem Offentlichen Gut).

• Folge: Es wird schwierig, y(θ) zu implementieren.• Der Verantwortliche hat ein Anreizproblem:

Er muss den Agenten die private Information entlocken,um die richtige Allokation zu implementieren.

• Dieser Prozess kann in einem sogenannten Mechanismuszusammengefasst werden:(y(.), M1, ..., Mn).

1 Einfuhrung 2. Adverse Selection

Die Theorie des Mechanismus Designs /3

• Der Mechanismus besteht aus:• einem Nachrichtenraum Mi fur jeden Agenten i , und• einer Funktion y(.) von M1x ...xMn in die Menge der

moglichen (feasible) Allokationen.

• Die Allokationsregel y(θ) = (y1(.), ..., yn(.)) bestimmt dieAllokationen fur alle n Agenten als Funktion derNachrichten, die sie an den Verantwortlichen schicken.

• Bei einer gegebenen Allokationsregel y(.), spielen dieAgenten ein Nachrichtenspiel mit den StrategienmengenMi , in welchem y(.) ihre Allokation und damit ihren Nutzenbestimmt.

• Jeder Agent i wahlt eine Nachricht mi ∈ M und schicktdiese an den Verantwortlichen, der die Allokationy(m1, ..., mn) vornimmt.

1 Einfuhrung 2. Adverse Selection

Die Theorie des Mechanismus Designs /4

• Im Allgemeinen wird die Nachricht des Agenten i vonseiner Information Ii abhangen, die seine Eigenschaft θiund evtl. noch mehr enthalt.

• Gleichgewichtsnachrichten sind Funktionen m∗i (Ii) und die

implementierte Allokation isty∗(I1, ..., In) = y(m∗

1(I1), ..., m∗n(In))

Reales Beispiel:Der Verantwortliche ist ein Bruckenbauer, gibt bekannt, unterwelchen Bedingungen er die Brucke baut und fragt dann jedenAgenten nach seiner Zahlungsbereitschaft.

1 Einfuhrung 2. Adverse Selection

Anwendung des Mechanismus Designs aufModelle Adverser Selektion

• Der Prinzipal ist der Verantwortliche.• Der Agent ist der einzige Agent (Akteur), also n = 1.• Die Information I des Agenten besteht aus seinem Typ θ.• Bei gegebenem Mechanismus (y(.), M) wahlt der Agent

seine Nachricht so, dass er seinen Nutzen u(y , θ)maximiert:m∗(θ) ∈ arg maxm∈M u(y(m), θ).

• Der Agent erhalt die entsprechende Allokationy∗(θ) = y(m∗(θ)).

1 Einfuhrung 2. Adverse Selection

Das Revelationsprinzip /1

Das (fur den Fall n = 1 vereinfachte) Revelationsprinzip besagt:

Wenn die Allokation y∗(θ) durch irgendeinen Mechanismusimplementiert werden kann, dann auch durch einenMechanismus, der gleichzeitig• direkt ist (d.h. der Agent sendet seine Information) und• wahrheitsgetreu (d.h. es ist optimal fur den Agenten, die

Wahrheit zu sagen).

1 Einfuhrung 2. Adverse Selection

Das Revelationsprinzip /2

Beweis:

• Es sei (y(.), M) ein Mechanismus, der die Allokation y∗

implementiert.• Es sei m∗(θ) die Gleichgewichtsnachricht, so dass gilt:

y∗ = y o m∗.• Wir betrachten den direkten Mechanismus (y∗(.),Θ).

Ware dieser nicht wahrheitsgetreu, wurde der Agent lieberθ′ anstelle seines wahren Typs θ mitteilen.

• Dann wurde gelten:u(y∗(θ), θ) < u(y∗(θ′), θ).

• Gemaß der Definition von y∗ wurde dies implizieren:u(y(m∗(θ)), θ) < u(y(m∗(θ′)), θ).

1 Einfuhrung 2. Adverse Selection

Das Revelationsprinzip /3

• Damit ware m∗ kein Gleichgewicht in dem Spiel, das durchden Mechanismus (y(.), M) generiert wird, weil der Agentvom Typ θ lieber m∗(θ′) statt m∗(θ) mitteilt.

• Also muss der direkte Mechanismus (y∗,Θ)wahrheitsgetreu sein.Weil er so konstruiert ist, implementiert er die Allokation y∗.

1 Einfuhrung 2. Adverse Selection

Das Revelationsprinzip /4

Bei einem direkten Mechanismus ist der Nachrichtenraumeines Agenten sein Typenraum. In dem Bruckenbeispiel mussein Agent also nur seine Zahlungsbereitschaft angeben.

Besteht die Allokation y in einer Allokation q (quantity) undeinem Geldtransfer p, besagt das Revelationsprinzip:Es genugt ein Menu bestehend aus einem Vertrag pro Typ θ,um die Allokation q(θ) zum Preis p(θ) zu implementieren.D.h., wenn der Agent seinen Typ θ angibt, erhalt er y(θ) undbezahlt p(θ).

Direkte wahrheitsgetreue Mechanismen sind sehr einfach.Z.B.: Der Weinverkaufer bietet zwei Flaschen Wein an, die sichin ihrer Qualitat und ihrem Preis unterscheiden.