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MMW-Fortschr. Med. Sonderheft 3 / 2012 (154. Jg.) Das belaste die Kollegen unnötig. Der Hausarzt könne zudem nicht einen aus Sicht des Patienten erwünschten Termin in einen aus medizinischen Gründen nötigen umwandeln. „Wenn der Hausarzt es für notwendig hält, dass ein Termin sehr zügig erfolgt, wird er schon selbst anrufen oder eine Mitarbei- terin bitten“, sagte Köhn. Im Umgang mit Fachkollegen, mit denen sie häufig zu tun hat, habe sie für solche Fälle eine praktikable Lösung gefunden, berichtete eine Hausärztin: „Auf Wunschüberwei- sungen schreibe ich die Abkürzung AWDP, also auf Wunsch des Patienten.“ Wunschüberweisungen könnten die Prüfer auf den Plan rufen Das sollte sie aber besser nicht machen, warnte Köhn, der Sprecher der Obleute der Essener Fachgruppen ist. Ein sol- ches Vorgehen könnte bei Prüfungen gegen die Ärztin verwendet werden. „Sie verstoßen gegen die Pflicht, mit je- dem Patienten darüber zu sprechen, ob die Überweisung notwendig ist.“ Die Kassen könnten auch bei veranlassten Leistungen nach Art, Zahl und Notwendigkeit prüfen. Statt direkt auf der Überwei- sung kenntlich zu machen, dass sie nicht medizinisch not- wendig ist, sollte sich die Kol- legin mit den Fachärzten auf ein anderes Verfahren ver- ständigen, etwa die Markie- rung der Überweisung mit einem roten Punkt, sagte er. Auch die KV Nordrhein (KVNo) rät davon ab, Überweisungen oder an- Quartalsbeginn Vorsicht mit den Wunschüberweisungen! Der gelbe Zettel vom Hausarzt gilt für viele Patienten als schnelle Eintritts- karte in die Facharztpraxis. Gerade zu Quartalsbeginn ist das ein Problem in den Hausarztpraxen. Doch die Wunschüberweisungen lassen sich steuern. UNTERNEHMEN ARZTPRAXIS dere Leistungen als nicht notwendig zu kennzeichnen. „Entweder handelt es sich um ein berechtigtes Anliegen des Pati- enten oder nicht“, so eine Sprecherin auf Anfrage. Bislang sei der KVNo aber nicht bekannt, dass die Kassen gezielt in dieser Richtung prüfen. ILSE SCHLINGENSIEPEN Unabdingbares Patientengespräch Bei Überweisungen zu Fachärzten bewegen sich Hausärzte auf einem schmalen Grat. Liegt ein medizi- nischer Grund vor, ist die Sache klar: Der Hausarzt stellt die Überweisung aus, und wenn es dringend ist, macht er sich beim Kollegen für eine schnelle Terminvergabe stark. Anders bei Überweisungen auf Patienten- wunsch: Gerade wenn Patienten Anfang des Quartals gleich mehrere der Formulare einfordern, scheint der medizinische Sinn fraglich. Hausärzte sind aber zur Prüfung verpflichtet, ob die Erbringung therapeutischer oder diagnostischer Leistungen durch einen Kollegen nötig ist. An einem Gespräch mit dem Pati- enten über den Grund der Überwei- sung kommt der Hausarzt deshalb in der Regel nicht vorbei, so lästig das auch sein mag. Kennzeichnet ein Arzt auf der Über- weisung, dass sie auf Wunsch des Patienten erfolgt und er selbst sie offensichtlich nicht für erforderlich hält, tut er sich keinen Gefallen. Der Arzt geht zwar kurzfristig einer Aus- einandersetzung mit dem Patienten aus dem Weg, kann sich aber Ärger einhandeln. Denn er dokumentiert schwarz auf weiß den Verstoß gegen vertragsärztliche Pflichten. ILSE SCHLINGENSIEPEN Kommentar _ Das gehäufte Interesse an Überwei- sungen am Quartalsanfang ist vielen Hausärzten ein Dorn im Auge. Ärgerlich finden es manche auch, wenn die Medizi- nischen Fachangestellten (MFA) beim Facharzt dem Patienten den Tipp geben, sich wegen beschleunigter Terminvergabe an den Hausarzt zu wenden. Die Hausärzte sollten vor allem vorsichtig damit sein, Überweisungen offensiv als Wunsch des Patienten zu kennzeichnen. „Hausärzte sind diejenigen, die in den ersten zwei Tagen des Quartals sämtliche Überweisungen ausstellen müssen, weil die Patienten davon ausge- hen, dass der Hausarzt am dritten Tag nicht mehr lebt“, sagte der Essener In- ternist Dr. Ralph-Detlef Köhn bei einer Fortbildungsveranstaltung.Viele Pa- tienten hätten keine Lust, beim Facharzt lange auf einen Termin zu warten, egal wie dringend er wirklich ist. In einem solchen Fall sollten die Mitarbeiterinnen in den Facharztpraxen den Patienten aber nicht raten, den Hausarzt einzu- schalten, bat Köhn. 18

Vorsicht mit den Wunschüberweisungen!

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MMW-Fortschr. Med. Sonderheft 3 / 2012 (154. Jg.)

Das belaste die Kollegen unnötig. Der Hausarzt könne zudem nicht einen aus Sicht des Patienten erwünschten Termin in einen aus medizinischen Gründen nötigen umwandeln. „Wenn der Hausarzt es für notwendig hält, dass ein Termin sehr zügig erfolgt, wird er schon selbst anrufen oder eine Mitarbei-terin bitten“, sagte Köhn. Im Umgang mit Fachkollegen, mit denen sie häufig zu tun hat, habe sie für solche Fälle eine praktikable Lösung gefunden, berichtete eine Hausärztin: „Auf Wunschüberwei-sungen schreibe ich die Abkürzung AWDP, also auf Wunsch des Patienten.“

Wunschüberweisungen könnten die Prüfer auf den Plan rufenDas sollte sie aber besser nicht machen, warnte Köhn, der Sprecher der Obleute der Essener Fachgruppen ist. Ein sol-ches Vorgehen könnte bei Prüfungen gegen die Ärztin verwendet werden. „Sie verstoßen gegen die Pflicht, mit je-

dem Patienten darüber zu sprechen, ob die Überweisung notwendig ist.“ Die Kassen könnten auch bei

veranlassten Leistungen nach Art, Zahl und Notwendigkeit prüfen.

Statt direkt auf der Überwei-sung kenntlich zu machen, dass sie nicht medizinisch not-wendig ist, sollte sich die Kol-legin mit den Fachärzten auf ein anderes Verfahren ver-

ständigen, etwa die Markie-rung der Überweisung mit einem

roten Punkt, sagte er. Auch die KV Nordrhein (KVNo)

rät davon ab, Überweisungen oder an-

Quartalsbeginn

Vorsicht mit den Wunschüberweisungen!Der gelbe Zettel vom Hausarzt gilt für viele Patienten als schnelle Eintritts -karte in die Facharztpraxis. Gerade zu Quartalsbeginn ist das ein Problem in den Hausarztpraxen. Doch die Wunschüberweisungen lassen sich steuern.

UNTERNEHMEN ARZTPRAXIS

dere Leistungen als nicht notwendig zu kennzeichnen. „Entweder handelt es sich um ein berechtigtes Anliegen des Pati-enten oder nicht“, so eine Sprecherin auf Anfrage. Bislang sei der KVNo aber nicht bekannt, dass die Kassen gezielt in dieser Richtung prüfen. Ilse schlIngensIepen ■

Unabdingbares PatientengesprächBei Überweisungen zu Fachärzten bewegen sich Hausärzte auf einem schmalen Grat. Liegt ein medizi-nischer Grund vor, ist die Sache klar: Der Hausarzt stellt die Überweisung aus, und wenn es dringend ist, macht er sich beim Kollegen für eine schnelle Terminvergabe stark. Anders bei Überweisungen auf Patienten-wunsch: Gerade wenn Patienten Anfang des Quartals gleich mehrere der Formulare einfordern, scheint der medizinische Sinn fraglich. Haus ärzte sind aber zur Prüfung verpflichtet, ob die Erbringung therapeutischer oder diagnostischer Leistungen durch einen Kollegen nötig ist.

An einem Gespräch mit dem Pati-enten über den Grund der Überwei-sung kommt der Hausarzt deshalb in der Regel nicht vorbei, so lästig das auch sein mag.

Kennzeichnet ein Arzt auf der Über-weisung, dass sie auf Wunsch des Patienten erfolgt und er selbst sie offensichtlich nicht für erforderlich hält, tut er sich keinen Gefallen. Der Arzt geht zwar kurzfristig einer Aus-einandersetzung mit dem Patienten aus dem Weg, kann sich aber Ärger einhandeln. Denn er dokumentiert schwarz auf weiß den Verstoß gegen vertragsärztliche Pflichten.

Ilse schlIngensIepen ■

Kommentar

_ Das gehäufte Interesse an Überwei-sungen am Quartalsanfang ist vielen Hausärzten ein Dorn im Auge. Ärgerlich finden es manche auch, wenn die Medizi-nischen Fachangestellten (MFA) beim Facharzt dem Patienten den Tipp geben, sich wegen beschleunigter Terminvergabe an den Hausarzt zu wenden. Die Haus ärzte sollten vor allem vorsichtig damit sein, Überweisungen offensiv als Wunsch des Patienten zu kennzeichnen.

„Hausärzte sind diejenigen, die in den ersten zwei Tagen des Quartals sämtliche Überweisungen ausstellen müssen, weil die Patienten davon ausge-hen, dass der Hausarzt am dritten Tag nicht mehr lebt“, sagte der Essener In-ternist Dr. Ralph-Detlef Köhn bei einer Fortbildungsveranstaltung.Viele Pa-tienten hätten keine Lust, beim Facharzt lange auf einen Termin zu warten, egal wie dringend er wirklich ist. In einem solchen Fall sollten die Mitarbeiterinnen in den Facharztpraxen den Patienten aber nicht raten, den Hausarzt einzu-schalten, bat Köhn.

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