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Vorteile und Gefahren von Impfungen für die Stillzeit Thomas Ledig, Ditzingen

Vorteile und Gefahren von Impfungen für die Stillzeit · Beispiele: • Tetanus (+ Diphtherie + Keuchhusten) sofern keine oder nur sehr lang zurückliegende Impfungen dokumentiert

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Vorteile und Gefahren von Impfungen für die Stillzeit

Thomas Ledig, Ditzingen

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Agenda • Das Feld bereiten: Impfungen

– mütterliches vs. kindliches Immunsystem • Vorteile des Impfens für die Stillzeit

– Aufbau maternaler Immunität – Leihimmunität durch das Stillen – Unterstützung des kindl. Immunsystems

• Mögliche Risiken: – Übergang von Impfviren in die Muttermilch

– Übergang von Hilfsstoffen in die Muttermilch

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Fazit • Säuglinge sind (nicht nur) immunologisch

keine „kleinen Erwachsenen“ • Muttermilch ist weit mehr als nur Nahrung

• Impfen nützt nicht nur der Mutter • Wir wissen noch längst nicht genug!

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1. Das kindliche Immunsystem Unspezifische Abwehr Spezifische Abwehr

(„angeboren“) (adaptive, • Leukozyten „erworbene“ Abwehr)

• Phagozyten • Antikörperbildung (IgA, IgM, IgG) • Mastzellen

• T-Lymphozyten • dendritische Zellen (Thymus)

• Epithelzellen • B-Lymphozyten

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1. Das kindliche Immunsystem

Unspezifische Abwehr („angeboren“)

• Leukozyten • Phagozyten

Spezifische Abwehr(adaptive,„erworbene“ Abwehr) • dendritische Zellen • Antikörperbildung(IgA, IgM, IgG)

• T-Lymphozyten(Thymus)

• B-Lymphozyten • Epithelzellen

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2. Leihimmunität – warum Stillen gut für das Baby ist

Muttermilch enthält (unter vielem anderen):

• Makrophagen, B- und T-Lymphozyten • immunmodulierende Eiweiße (TNF,

Interleukine) • Enzyme (z.B. Lysozym, Lactoferrin) • mütterliche Immunglobuline (IgG, IgA)

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Catherine M. Michaud; Christopher J. L. Murray; Barry R. Bloom: Burden of disease – implicatiosn for future research JAMA. 2001;285(5):535-539

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Beispiel: Influenza

Neuzil K. et al.: Effect of Influenza on hospitatlizations, outpatient visits, and courses of antibiotics in children. N Engl J Med 2000; 342:225-31

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Rates of Outpatient Visits and Courses of Antibiotics Attributable to the Treatment of Influenza, According to Age, during the Influenza and Peri-Influenza Seasons.

Neuzil KM et al. N Engl J Med2000;342:225-231.

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Einfluss des Stillens Thymusgröße im Alter

von 4 Monaten (Hasselbalch et al., 1996)

• ausschließliches Stillen: 38,3 (16,2-83,2)

• Mischkost: 27,3 (15,6-50)

• ausschließlich Flaschenkost: 18,3 (12,2-32)

Fieber nach Impfungen (Pisacane et al., 2010)

• ausschließliches Stillen: 30 (25%)

• Mischkost: 48 (31%) • ausschließlich

Flaschenkost: 94 (53%)

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Einfluss des Stillens Akute

Mittelohrentzündung im Alter von 2 Mon. (Sabirov et al., 2009)

• ausschließliches Stillen: 2%

• Mischkost: 11% • ausschließlich

Flaschenkost: 16%

Akute Mittelohrentzündung im Alter von 6 Mon. (Sabirov et al., 2009)

• ausschließliches Stillen: 13%

• Mischkost: 17% • ausschließlich

Flaschenkost: 62%

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3. Sekundärer Nutzen des Stillens

Immunmodulation (Pabst, 1997): • Mütterliche Neutrophile und Makrophagen

• inhibieren oder neutralisieren Keime im kindlichen Darm

• steigern die Produktion von IgA • Lactoferrin fördert die natürliche

Darmbesiedlung • Oligosaccharide verhindern die

Oberflächenbindung von Bakterien und Virenim kindlichen Darm

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3. Sekundärer Nutzen des Stillens

Immunantwort (AK-Konzentration) auf Hib- und Pneumokokken-Impfung des Kindes (Silfverdahl et al, 2006):

(Serotyp 14, besonders häufig bei IPD*) Stillzeit: GMC • < 90 Tage: 1,8 • ≥ 90 Tage: 4,6

*) IPD = invasive pneumococcal disease)

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3. Sekundärer Nutzen des Stillens

direkte Bakterizidie und Virozidie: die orale Rotavirus-Impfung ist bei

Stillkindern deutlich weniger wirksam (Moon et al., 2010)

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3. Sekundärer Nutzen des Stillens

direkte Bakterizidie und Virozidie: die orale Rotavirus-Impfung ist bei

Stillkindern deutlich weniger wirksam (Moon et al., 2010)

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Einfluss mütterlicher Impfungen

• Tetanus

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Einfluss mütterlicher Impfungen

• Pneumokokken

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Einfluss mütterlicher I •  Pneumokokken

mpfungen

MunozF et al. , 2001

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4. Risiken

• Übergang von Impfstoffen in die Muttermilch: Gelbfiebervirus: Traiber C, April 2011 u.a.

• Übergang von Hilfsstoffen: Thimerosal-Nachweis bei Amazonas-Bewohnern: Dórea J, Juni 2011

• Indirekte Übertragung von Vaccinia: Garde V, Nov. 2004

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5. Was unklar bleibt • Wann ist die beste Zeit für Impfungen in

der Schwangerschaft? • Zeitpunkt für Impfungen des Babys? • Welche Bedeutung haben die

Konservierungs- und Hilfsstoffe für die kindliche Entwicklung?

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Fazit • Säuglinge sind (nicht nur) immunologisch

keine „kleinen Erwachsenen“ • Muttermilch ist weit mehr als nur Nahrung

• Impfen nützt nicht nur der Mutter • Wir wissen noch längst nicht genug!

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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

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Anhang: Impfempfehlungen

STIKO-Empfehlungen Juli 2011, Epid. Bulletin 30/2011, S. 288

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Anhang: Impfempfehlungen Während der Schwangerschaft bzw. Stillzeit können also

alle notwendigen Impfungen mit Totimpfstoffen durchgeführt werden

Beispiele: • Tetanus (+ Diphtherie + Keuchhusten) sofern keine oder nur sehr

lang zurückliegende Impfungen dokumentiert sind und von einem nicht ausreichenden Schutz ausgegangen werden muss

• Hepatitis B, sofern ein Infektionsrisiko vorliegt und kein oder unzureichender Impfschutz vorhanden ist (Beschäftigte inGesundheitsberufen, Gemeinschaftseinrichtungen, Labors)

• Pneumokokken und Meningokokken bei schwerenGrunderkrankungen oder bekanntem Immundefekt der Mutter (Diabetes, kortisonpflichtiges Asthma, Multiple Sklerose unter Behandlung, Zust. n. Milzentfernung u.a.)

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Kontraindikationen In Schwangerschaft und Stillzeit sollten

Impfungen mit Lebendimpfstoffen vermieden werden:

• Mumps – Masern – Röteln • Varizellen • Gelbfieber

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ausdrücklich empfohlen: die Influenza-Impfung ist für alle Schwangere ab dem 2.

Schwangerschaftsdrittel ausdrücklich empfohlen

bei schwerwiegenden Grunderkrankungen sollten Schwangere auch schon im ersten Trimenon gegen Influenza geimpft werden!

STIKO-Empfehlungen Juli 2011, Epid. Bulletin 30/2011, S. 283

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Sonderfall postexpositionelle Impfungen sollten

durchgeführt werden, wenn eine relevanteInfektionsgefahr für die Schwangere /Stillende besteht.

Beispiele • Tetanus bei unzureichendem Schutz (vergl.

Epid. Bull. 30/2011, Tab. S. 292) • Hepatitis A, B nach Nadelstichverletzung • Tollwut nach Tierbiss mit realistischem (!)

Risiko