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Vortrag zur aktuellen Lage in den Philippinen bei Promigra am 18.07.2019 Die Philippinen sind ein Inselstaat mit 7.107 Inseln und 107 Millionen Einwohner/innen (2018). 1,8 Millionen arbeiten in Übersee. Das Land ist sehr fruchtbar, Obst und Gemüse werden ganzjährig angebaut. Es besitzt sehr viele Rohstoffe wie Kupfer, Gold, Magnesium, Nickel, Errol, Kobalt usw. Ausländische Konzerne vieler Nationen plündern das Land aus. Der Einfluss des chinesischen Imperialismus ist im Steigen begriffen. Der Wert der Einfuhren der EU betrug 2017 7,6 Mrd. € (2016: 6,7 Mrd. €), in die EU gingen 6,6 (VJ. 6,2) Mrd. €. Bezogen auf die BRD Einfuhren 3,6 Mrd. € in 2017, Ausfuhren 2,0 Mrd. €. 84 Betriebe aus Deutschland wie u.a. die BASF und Bayer oder Thyssen Krupp haben Niederlassungen in den Philippinen. Durch eine veränderte Investitionspolitik des internationalen Finanzkapitals entstanden aus der nationalen Großbourgeoisie private Monopole. Das Land hat sich von einem neokolonial abhängigen Land zu einem kapitalistischen Land entwickelt. Beim Bruttoinlandsprodukt gibt es steigende Raten von im Schnitt 7-8%. Es stieg nominal von 313,6 Mrd. US Dollar in 2017 auf 331,7 in 2018 und nach Schätzungen in 2019 auf 354,3 Mrd. US Dollar. (Quelle: GTAI, Germany Trade and Invest vom November 2018). Doch die Mehrheit der Bevölkerung, 60-70% ist arm. Viele leiden an Fehlernährung oder Hunger. Mit der Monopolisierung der Wirtschaft begann die Umwandlung neokolonial abhängiger in neuimperialistische Länder. Es bleibt abzuwarten, ob sich auch die Philippinen in diese Richtung entwickeln werden. Das Potential ist dafür durchaus vorhanden. Ein wichtiger Gradmesser für die Beurteilung ist die Entwicklung des Kapitalexports. In der „Morgenröte der internationalen sozialistischen Revolution“ heißt es u.a.: „6. Der besondere Charakter der internationalen Revolution, Inhalt und Form des Kampfs um die Macht in den einzelnen Ländern, hängen von vielen Bedingungen ab. Auf den Philippinen sind die geografischen Bedingungen wichtig: Tausende von Inseln prägen die ökonomische und politische Struktur, bilden die Grundlage der Tradition des erfolgreichen Guerillakampfs. Um das Land vom Imperialismus zu befreien, muss der Guerillakampf mit dem Kampf des Industrieproletariats in den großen Zentren wie Manila verbunden werden.“ (a.a.o., S. 331-332) Dieser langanhaltende Volkskrieg dauert inzwischen schon 50 Jahre. Nach diesen grundsätzlichen Vorbemerkungen möchte ich jetzt auf die aktuelle Entwicklung eingehen.

Vortrag zur aktuellen Lage in den Philippinen bei Promigra ...€¦ · Ländlichen Missionaren für Writ of Amparo und Habeas Corpus durch das Appellationsgericht. Es gäbe dazu keine

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Vortrag zur aktuellen Lage in den Philippinen bei Promigra am 18.07.2019 Die Philippinen sind ein Inselstaat mit 7.107 Inseln und 107 Millionen Einwohner/innen (2018). 1,8 Millionen arbeiten in Übersee. Das Land ist sehr fruchtbar, Obst und Gemüse werden ganzjährig angebaut. Es besitzt sehr viele Rohstoffe wie Kupfer, Gold, Magnesium, Nickel, Errol, Kobalt usw. Ausländische Konzerne vieler Nationen plündern das Land aus. Der Einfluss des chinesischen Imperialismus ist im Steigen begriffen. Der Wert der Einfuhren der EU betrug 2017 7,6 Mrd. € (2016: 6,7 Mrd. €), in die EU gingen 6,6 (VJ. 6,2) Mrd. €. Bezogen auf die BRD Einfuhren 3,6 Mrd. € in 2017, Ausfuhren 2,0 Mrd. €. 84 Betriebe aus Deutschland wie u.a. die BASF und Bayer oder Thyssen Krupp haben Niederlassungen in den Philippinen. Durch eine veränderte Investitionspolitik des internationalen Finanzkapitals entstanden aus der nationalen Großbourgeoisie private Monopole. Das Land hat sich von einem neokolonial abhängigen Land zu einem kapitalistischen Land entwickelt. Beim Bruttoinlandsprodukt gibt es steigende Raten von im Schnitt 7-8%. Es stieg nominal von 313,6 Mrd. US Dollar in 2017 auf 331,7 in 2018 und nach Schätzungen in 2019 auf 354,3 Mrd. US Dollar. (Quelle: GTAI, Germany Trade and Invest vom November 2018). Doch die Mehrheit der Bevölkerung, 60-70% ist arm. Viele leiden an Fehlernährung oder Hunger. Mit der Monopolisierung der Wirtschaft begann die Umwandlung neokolonial abhängiger in neuimperialistische Länder. Es bleibt abzuwarten, ob sich auch die Philippinen in diese Richtung entwickeln werden. Das Potential ist dafür durchaus vorhanden. Ein wichtiger Gradmesser für die Beurteilung ist die Entwicklung des Kapitalexports. In der „Morgenröte der internationalen sozialistischen Revolution“ heißt es u.a.: „6. Der besondere Charakter der internationalen Revolution, Inhalt und Form des Kampfs um die Macht in den einzelnen Ländern, hängen von vielen Bedingungen ab. Auf den Philippinen sind die geografischen Bedingungen wichtig: Tausende von Inseln prägen die ökonomische und politische Struktur, bilden die Grundlage der Tradition des erfolgreichen Guerillakampfs. Um das Land vom Imperialismus zu befreien, muss der Guerillakampf mit dem Kampf des Industrieproletariats in den großen Zentren wie Manila verbunden werden.“ (a.a.o., S. 331-332) Dieser langanhaltende Volkskrieg dauert inzwischen schon 50 Jahre. Nach diesen grundsätzlichen Vorbemerkungen möchte ich jetzt auf die aktuelle Entwicklung eingehen.

Am 1. Mai 19 demonstrierten große Massen von Arbeiter/innen, unterschiedlichen Berufsgruppen, Studenten/innen, Bäuer/innen und städtischen Armen zusammen von verschiedenen Treffpunkten zur Chino Roces Brücke (in der Nähe des Präsidentenpalastes). Sie beklagten die Verschärfung der neoliberalen Politik, z.B. durch die Steuerreform TRAIN, die zu einer enormen Preissteigerung zu Lasten der unteren Einkommensgruppen geführt hat, und sie stellten ihre Forderung nach einer landesweiten Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohnes auf 750 Pesos (ca. 12,50 € pro Tag). Nach Angaben der KMU nahmen in Manila 25.000, landesweit 38.000 Menschen an den Aktionen teil. Wie schon im Jahr zuvor marschierten die zunächst getrennt laufenden Arbeitergruppen von unterschiedlichen Gewerkschaften am 1. Mai 2019 dann gemeinsam für Forderungen, die von allen vertreten werden. Nach dem Ende der gemeinsamen Demonstrationen wurden auch die Senatskandidaten/innen der sog. Labor Win Allianz vorgestellt, unter ihnen auch Neri Colemenares von dem fortschrittlichen Parteilistenbündnis Makabayan.

Anlässlich des internationalen Pressefreiheitstages berichtete ein Netzwerk von fortschrittlichen Medienorganisationen in den Philippinen über 128 Fälle von Drohungen und Angriffen seit dem Amtsantritt von Duterte. Unter anderem wurden 12 Journalisten/innen ermordet.

Gesundheitsarbeiter/innen nutzen den rationalen Gesundheitsarbeitertag am 7. Mai zu

einer Protestaktion und prangern ihre Überarbeitung, Unterbezahlung und Schikanieren an. Sie unterstützen die Forderung nach der Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohnes auf 750 Pesos am Tag.

Seit dem 1. Mai läuft eine intensivierte Kampagne der fortschrittlichen Opposition zur Wahl am 13. Mai 2019. Betrügerische Parteilisten, die das Parteilisten-System konterkarieren werden aufgedeckt, auf das mangelnde Funktionieren der Wahlmaschinen hingewiesen.

Am Wahltag selber wird über umfangreichen Stimmenkauf in 14 Provinzen berichtet. Die fortschrittliche Wahlbeobachtungskommission Kontra Daya bringt die Sachen ans Licht. Direkt vor den Wahllokalen verteilen Polizisten Flugblätter, in denen die Wähler/innen vor Stimmenabgaben für die fortschrittlichen Parteilisten des Makabayan Blockes von Bayan

Muna, Gabriela, Kabataan, Anakpawis und ACT gewarnt werden. Das seien Fronten der CPP und NPA. Diese Aktion ist ein klarer Verstoß gegen das bestehende Wahlgesetz, was aber nicht geahndet wird. Kontra Daya veröffentlicht zahlreiche technische Probleme mit den automatischen Wahlmaschinen. Makabayan Aktivisten/innen erhalten Todesdrohungen per SMS.

Dies und anders Faktoren führen dazu, dass Duterte's Parteigänger bei den Wahlen jetzt auch im Senat die Mehrheit stellen. Damit kann er dann Gesetze durchpeitschen, die eine weitere Rechtsentwicklung der Regierung bewirken werden. Dazu gehört die geplante Herabsetzung des Strafmündigkeitsalters auf 9 Jahre, die Ergänzung von Sicherheitsgesetzen, eine Verfassungsänderung u.a. zur Einführung einer sog. Föderativen Republik, der Wiedereinführung der Todesstrafe usw. In der Summe läuft das m.E. auf die Einführung einer faschistischen Diktatur hinaus. Dem müssten wir größte Aufmerksamkeit schenken und gegebenenfalls internationale Solidarität entwickeln.

In der philippinischen Bevölkerung entbrennt eine heftige Debatte über das Ergebnis. Manche plädieren dafür auszuwandern, andere beschimpfen die Massen. Demgegenüber betonen die fortschrittlichen Volksorganisationen: Wir müssen Erziehungs-, Organisations- und Mobilisierungsarbeit in den Massen leisten. Die Massen als Idiotien zu beschimpfen unterstelle u.a. auch, dass alle den gleichen Zugang zu Informationen hätten. Am 17. Mai gehen Tausende in Manila auf die Straße, um gegen den Wahlbetrug zu protestieren.

Am 22. Mai werden die endgültigen Wahlergebnisse bekanntgegeben. Der fortschrittliche Makabayan Block hat 2.236.155 Stimmen erhalten, wodurch er 4 Sitze im 18. Kongress

einnehmen wird. Gabriela hat 449.440 Stimmen und davon einen Sitz erhalten, die Lehrerparteiliste ACT 395.327, ebenfalls einen Sitz. Die Jugend-Parteiliste Kabataan bekam 196.385 Stimmen und ebenfalls einen Sitz. Sehr schmerzhaft ist, dass Anakpawis als Vertretung der Arbeiter/innen, Bauern, Fischer und anderen Unterdrückten mit 146.511 Stimmen seinen bisherigen Sitz verloren hat. Am 24. Mai führten verschiedene Organisationen einen traditionellen schwarzen Freitag Protest durch und zogen Bilanz über zwei Jahre Kriegsrecht in Mindanao. 93 Aktivisten/innen wurden getötet, 136 konnten dem Tod entkommen.

12 Arbeiter/innen werden zum Teil schwer verletzt bei einem brutalen Überfall von Hunderten Schlägern auf Streikende bei Pepmaco in Laguna am 28. Juni um ein Uhr morgens. Pepmaco ist landesweit der größte Hersteller von Systema Zahnpasta, Haarkonditionierer und Shampoo. Die Angreifer benutzten Knüppel, Wasserkanonen und warfen Steine auf die noch Schlafenden.

Der Streik begann am 24. Juni gegen Massenkündigungen, Kontraktarbeit, Gewerkschaftszerstörung, niedrige Löhne usw. . Trotz dem brutalen Angriff setzen sie Ihren Streik fort. Mehrere fortschrittliche Organisationen wie Kapitän und Anakpawis rufen zum Boykott von Pepmacoprodukten auf. Am gleichen Tag wird in Negros ein weiterer Aktivist ermordet, das 67. Opfer in Negros seit Duterte's Amtsantritt. Und am gleichen Tag folgt die Zurückweisung der Petitionen von Gabriela, Karapatan und den Ländlichen Missionaren für Writ of Amparo und Habeas Corpus durch das Appellationsgericht. Es gäbe dazu keine substanzielle Notwendigkeit. In der Woche bis 28.06. hat die größte antiiimperialistische Allianz der Welt in Hong Kong ihre 6. Weltversammlung mit mehr als 425 Delegierten aus 45 Ländern durchgeführt. Die

ILPS sprach sich auf Empfehlung von Joma Sison eindeutig für die Verstärkung des antiimperialistischen Kampfes durch die Bildung einer antiimperalistischen Einheitsfront mit anderen fortschrittlichen Kräften auf der Welt aus. Dieser Beschluss ist von großer Bedeutung und wird diesem Projekte große Schubkraft verleihen. Das sog. Red Tagging (antikommunistische Hetze) geht verstärkt weiter. Die Staatsanwaltschaft der Stadt Quezon stellte am 2. Juli Strafanzeigen gegen Gabriela, Karapatan und die Ländlichen Missionare. Am 9. Juli führt die fortschrittliche Volksorganisation Bayan eine Solidaritätskarawane durch, um ihre Solidarität mit den Pepmaco Streikenden und den inhaftierten NutriAsia Arbeiter/innen zu zeigen.

Am 11. Juli stimmte der UN-Menschenrechtsrat mehrheitlich einer von Island eingebrachten Resolution zu, wonach die Menschenrechtssituation in den Philippinen untersucht werden soll.

Das ist ein großer Erfolg der Bemühungen verschiedenster Menschenrechtsorganisationen in den Philippinen. Prompt weist die reaktionäre Duterte Regierung dieses Anliegen zurück und bezeichnet es als ein Manöver der CPP. Eine CPP, die er und andere seiner Gefolgsleute an anderer Stelle als bedeutungslos runter spielten. Am 12. Juli protestieren ca. 300 Menschen vor dem chinesischen Konsulat in Makati gegen die geplanten 7 Militärbasen im westphilippinischen Meer. Zurzeit bereiten sich die philippinischen Fortschrittskräfte intensiv auf die sog. SONA am Montag, den 22. Juli vor. Sona steht für State on nation address, in etwa Erklärung zur Lage der Nation. Traditionell ziehen die Menschen hier in einer People Sona Bilanz und tragen ihre Forderungen auf die Straße.

Aktueller Nachtrag zum 22. Juli 2019 Am Montag, den 22.07. demonstrierten ca. 40.000 Menschen trotz heftiger Regenströme aus unterschiedlichen Sektoren in Manila und Delegationen verschiedener Regionen des Inselstaates.

Darunter befanden sich Benektiner Nonnen von der Bewegung gegen Tyrannei, die fortschrittliche Fischer/innenorganisation Pamalakaya, Mütter von Rise Up for Life and Rights (Organisation gegen den brutalen Krieg gegen Drogen, dem schon 29.000 Menschen zum Opfer gefallen sind), Gewerkschaftsmitglieder der KMU, der Menschenrechtsorganisation Karapatan, Bayan, die Bäuerinnenorganisation Amihan, der städtischen Armutsorganisation Kadamay, Kalipunan und vielen anderen mehr. Sie wandten sich gegen die Unterwürfigkeit der Regierung gegenüber dem chinesischen Imperialismus, die Zunahme der Menschenrechtsverletzungen, insbesondere die außergerichtlichen Morde, gegen das Reistarifierungsgesetz, mit dem die Einfuhr von Importreis gesteigert wird, gegen Kontraktarbeit usw. Viele forderten zudem den Rücktritt von Duterte und ein Impeachmentverfahren, eine Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohnes und eine Verschärfung des Gesundheits- und Arbeitsschutzes. Hier ein paar Bilder von der beeindruckenden Demonstration:

Quellen: Soweit nicht direkt zitiert, verschiedene Ausgaben des fortschrittlichen Online-Magazins Bulatlat vom 1. Mai – 23. Juli 2019, Bilder ebenfalls von Bulatlat