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nci Dirim

Zusammenfassung eines Interviews Interviewerin: Ebru Seker Alber (E: )

Die deutsche Zusammenfassung entspricht in der Reihenfolge des trkischen Interviewtexts, ist aber keine wrtliche bersetzung.

6.7.2011

15h

1. E: Sehr geehrte Frau Dirim, erzhlen Sie bitte von sich selbst: wo sind Sie geboren, wie war ihre Schullaufbahn, das Studium an der Universitt und Ihre akademische Karriere.

D: Ich bin in Deutschland geboren, meine Mutter ist Deutsche, mein Vater ist Trke. Mein Vater ist nach Deutschland gekommen, um sein Studium abzuschlieen.Als ich eineinhalb Jahre alt war, sind wir zurck in die Trkei. Dort bin dort in die Schule gegangen und habe dort meinen ersten Universittsabschluss gemacht: Germanistik in Ankara, an der Hacettepe-Universitt. Danach habe ich in Bremen Sprachwissenschaft und Germanistik studiert. An der Universitt Hamburg hab ich in Pdagogik meine Dissertation geschrieben und an diversen deutschen Universitten an Instituten fr Sprachwissenschaft oder Pdagogik gearbeitet. Mein Schwerpunkt war Sprachwissenschaft, meistens zur Thematik: sprachliche Bildung von Migrantenkindern, Entwicklung der Sprache und Mehrsprachigkeit. Und dies immer aus unterschiedlichen Blickwinkeln, weil man von Seiten der Pdagogik und von Seiten der Sprachwissenschaft unterschiedliche Sichtweisen erwartet und unterschiedliche HaltungenLange Jahre war ich an der Universitt Hamburg ttig, aber auch in Freiburg, Hannover und Mnster.

Dann kam ich nach Wien, wo ich jetzt am Institut fr Germanistik ttig bin. Das ist eine neue Situation fr mich. Ich bin hier seit drei Semestern.

2. E: Obwohl Sie an verschiedenen Universitten gearbeitet haben, waren sie am lngsten in Hamburg ttig. Stimmt das? Nehmen Sie Unterschiede zwischen Wien und Hamburg wahr? Was bedeutet Wien fr Sie?

Frau Dirim weist darauf hin, dass der Anteil von Schler/innen mit Migrationshintergrund in Hamburg und Wien etwa gleich ist und beide Stdte sich auch berhaupt im Bereich von Migration sehr hneln. Es gibt ein stndiges Kommen und Gehen.

Im Gegensatz zu Wien setzt man sich aber mit der Migrationsthematik in Hamburg schon viele lnger und aktiver auseinander. In Wien sieht Frau Dirim diesbezglich ein Defizit. Selbst ber das Thema Migration und Mehrsprachigkeit zu sprechen ist schon schwierig, weil oft das Basiswissen dazu fehlt.

An der Universitt ist die Professur fr Deutsch als Zweitsprache am Institut fr Germanistik angesiedelt. Diese neue Professur ist einmalig in sterreich und wird seit drei Semestern von Frau Dirim bekleidet.

Es gibt aber zu viele Student/innen bzw. zu wenig Lehrende, auerdem ist Deutsch als Zweitsprache in professoraler Form akademisch nur in Wien institutionalisiert und so ist es fr Frau Dirim schwierig, die Student/innen persnlich zu betreuen, was ihr aber ein groes Anliegen wre. Dennoch freut sie sich ber die vielen sehr guten studentischen Seminar- und Qualifikationsarbeiten. Viele Studierende sind bereit sich in die Grundlagen einzuarbeiten und darauf basierend speziellere Fragestellungen zu untersuchen.

Da die Professur in der Germanistik angesiedelt ist, sind viele Student/innen ohne Migrationshintergrund, bzw. mit Deutsch als Erstsprache. Jugendliche mit Migrationshintergrund schaffen es kaum, ein Germanistikstudium zu beginnen. Wnschenswert wre, dass Projekte durchgefhrt wrden, um mehr Studierende mit Migrationshintergrund fr das Studium der Germanistik zu interessieren. In Hamburg gibt es viel mehr DAZ Student/innen mit Migrationshintergrund, was ja auch Sinn macht. Dort ist DAZ am Institut fr Pdagogik angesiedelt, auch hier in Wien wre eine interdisziplinre Anbindung von DaZ sinnvoll, was bereits mit vielen Kooperationen begonnen wurde.

Frau Dirim wrde sich wnschen, dass wir auch in Wien Student/innen mit Migrationshintergrund intensiver frdern wrden. Dass Studentinnen mit unterschiedlichem Hintergrund miteinander studieren hat sie in Hamburg erlebt und fnde das auch fr Wien sehr sinnvoll. Auerdem findet sie die Trennung der Lehrer/innenausbildung an PH und Universitt nicht sehr frderlich.

3. Welche sind die Erwartungen und Ziele Ihres neuen Aufgabengebietes als Professorin an der Germanistik fr DAZ (Deutsch als Zweitsprache)?

Seit eineinhalb Jahren hat Frau Dirim die Professur fr DAZ inne, vor zwei Monaten hat Sie die Antrittsvorlesung gehalten

DAZ und DAF (Deutsch als Fremdsprache) sind jetzt zwei eigene Professuren. Es war wichtig, dass das getrennt wurde. DAF bedeutet, sehr allgemein ausgedrckt, im Ausland Deutsch lernen. Es hat mit Kulturpolitik des amtlich deutschsprachigen Raumes im Ausland zu tun.

Bei DAZ ist das anders: DAZ beschftig sich mit dem Deutschlernen von Migranten in sterreich, bzw. in den amtlich deutschsprachigen Lndern. Es geht u.a. um Didaktik und Unterrichtsmethoden...Doch sollte DAZ darber hinaus gehen. DAZ hat mit Integrationspolitik zu tun, die die Lernenden beeinflussen und auch ihre Herkunftsfamilien, ihr soziales Umfeld sind zu bercksichtigen und die Migrationspolitik des Staates in allen Lebensbereichen, vor allem in der Schule. Deshalb pldiert Frau Dirim freine interdisziplinre Arbeit im Bereich DaZ., z.B haben auch Soziologie, Psychologie, Philosophie, Pdagogik sinnvollerweise hier einzuflieen.

Im Zusammenhang mit DAZ werden die Studentinnen auf so viele Themen stoen, auf die sie sonst nicht vorbereitet sind. Frau Dirim gibt Beispiele aus einer Untersuchung in Hamburg: in einer Vorberteitungsklasse frs Gymnasium wird Schler/innen aus unterschiedlichsten Lndern, die kein Wort deutsch sprechen, gemeinsam ein Jahr lang Deutsch beigebracht. Die Jugendlichen sind ca. 15 Jahre alt. Die Frage war: Wie sprechen sie untereinander, wie kommunizieren sie miteinander, da sie ja keine gemeinsame Sprache haben. Man hat festgestellt, dass sie innerhalb dieses Jahres zwei unterschiedliche Variationen von Deutsch entwickeln, bzw. lernen. Das Deutsch, dass ihnen im Lehrgang beigebracht wird ist nicht dasselbe das sie nutzen, um miteinander zu sprechen. Sie haben miteinander ein eigenes, ein Auslnderdeutsch entwickelt.

Um zu verstehen, warum das so funktioniert, reicht die Sprachwissenschaft nicht aus. Man muss die soziologischen Hintergrnde beleuchten.

Fr sterreich hofft Frau Dirim sehr, dass sich eine Zusammenarbeit mit anderen Disziplinen ergibt und DAZ in Zukunft auch an anderen sterreichischen Universitten als eigene Professur eigerichtet werden wird. Derzeit sieht es nicht danach aus, aber man darf nicht aufhren, darauf hinzuweisen und das zu verlangen.

Frau Dirim kommt noch einmal auf Unterschied zwischen Hamburg und Wien, aber auch sterreich zu Deutschland zu sprechen. Sie nimmt in sterreich noch sehr viele Vorurteile wahr, wenn das Migrationsthema angesprochen wird. Besonders unangenehm berrascht war sie ber die Kommentare zum Artikel im Onlinestandard: sterreich: Trkisch ist keine Fremdsprache. (http://derstandard.at/1304554024377/Rassismus-der-Sprache-Oesterreich-Tuerkisch-ist-keine-Fremdsprache ) Sie stellt in dem Artikel fest, dass in sterreich viele Menschen untereinander trkisch sprechen. Das hat groe Aufregung verursacht. (Anm. Hummer : und viele undifferenzierte Postings von anonymen Schreibern.)

Frau Dirim stellt fest, dass sie manchmal als Trkin wahrgenommen wird und nicht als Germanistin, die sich mit Sprachenvielfalt beschftigt. Frau Dirim ist betrbt ber eine derartige gesellschaftliche Atmosphre, zumal sie darber hinaus noch mit Nachrichten mit persnlichen Beschimpfungen konfrontiert war. Auch mit der absurden Frage, ob sie selbst Kopftuchtrgerin ist oder nicht.

Trkisch wird nun mal in sterreich aktiv gesprochen, um auf den Satz einzugehen, der so viel rger ausgelst hatte, auch in den Familien. Nicht so die Fremdsprachen Englisch oder Franzsisch, die in den Schulen gelehrt werden.

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4. sterreich ist ein Einwanderungsland - und das nicht erst seit kurzem. In Wien leben seit jeher Brger aus vielen Nationen zusammen und Stdte waren immer Zentrum von Zuwanderung (sonst gbe es ja wohl keine Stdte).Was knnen wir in den Schulen tun um diese Selbstverstndlichkeit bewusst zu machen und sie als Bereicherung und nicht als Problem zu erkennen? Frau Dirim stellt fest, dass es in erster Linie wichtig ist, das Lehrer/innen eine solide Ausbildung zur Thematik Migration erhalten und lernen, wie sie mit Mehrsprachigkeit und Interkulturalitt in den Klassen umgehen, wie man mit Kindern anderer Erstsprachen kommuniziert.

In sterreich gibt das es diesbezglich im Bereich Lehrerausbildung an den Universitten derzeit in professoral institutionalisierter Form nur in Wien. (DAZ)

DAZ mit dem am strksten ausgebauten Pflichtangebot gibt es derzeit dem entsprechend nur fr Deutsch-Studierende an der Germanistik in Wien. Es gibt Angebote an den pdagogischen Hochschulen im Bereich Lehrerfortbildung.

Umgang mit Mehrsprachigkeit und Interkulturalitt sollte aber schon whrend der Ausbildung fr die Lehramtsstudierende aller Fcher Pflicht sein.

Auerdem wre es sehr gnstig, mehr Lehrer/innen mit Migrationshintergrund an den Schulen anzustellen. Auch diese sollten genauso zur Thematik ausgebildet werden.

Frau Dirim erzhlt dazu von einem Erlebnis, das sie in Hamburg hatte: Sie hospitierte als Pdagogikprofessorin in einer Schulklasse. Die Klassenlehrerin war Trkin wusste aber nicht, dass Frau Dirim trkisch spricht - und sprach natrlich deutsch mit den Kindern. Dann ging sie zu einem Schler und sagte ihm auf Trkisch: Was fr ein Chaos auf deinem Tisch. Rum alles auf. Was werden die Deutschen ber uns denken.Frau Dirim weist darauf hin, dass sich durch derartige Aussagen im Kopf des Schlers eine ethnische Kategorisierung bildet. Ohne dass es ihr mglicherweise bewusst war, hat diese Lehrerin einen Fehler begangen, sie htte allgemein formulieren s