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Würde kostet mehr als 4000 Euro Was darf eine würdevolle Beerdigung kosten – und wie viel Geld dürfen alte Menschen für ihre Bestattungsvorsorge ausgeben, ohne dass das Sozialamt im Pflegefall darauf zugreift? Mit dieser Frage hat sich am Dienstag das Sozialgericht in Gießen befasst. Seine Entscheidung hat Folgen für den Landkreis. Von Burkhard Möller A uf die Ostanlage prasselt der Regen, der Himmel ist grau, ein Wetter fast wie im Trauermonat November. Das kann die gute Stimmung von Hermann Hubing aber nicht trüben. »Sie können sich vorstellen, dass wir zufrieden sind«, sagt der Geschäftsführer des in Bad Wildungen ansässigen Deutschen In- stituts für Bestattungskultur (DIB). Minuten zuvor hat die 18. Kammer des Gießener So- zialgerichts eine Entscheidung verkündet, die für das Sozialamt des Landkreises weg- weisend sein könnte. Denn sollte der Land- kreis nicht in Berufung gehen oder sollten die nächsthöheren Instanzen das Gießener Urteil bestätigen, muss er künftig im Um- gang mit Bestattungsvorsorgeverträgen, die pflegebedürftige Senioren abgeschlossen ha- ben, kulanter umgehen. Die vom Kreissozial- amt bislang als Schonvermögen anerkannten 4000 Euro, um eine Bestattung zu bezahlen, »sind zu gering«, verkündet der Vorsitzende Richter Dr. Robert Horn. Geklagt hatte eine mittlerweile 88-jährige Wieseckerin. Die alte Dame, die seit Oktober 2015 in einem Gießener Heim lebt und seit Juni 2016 Sozialhilfe zur Deckung von Pfle- gekosten erhält, wollte die Gewissheit, am Ende eines langen Lebens würdevoll im Fa- miliengrab bestattet zu werden. Mit dem Wiesecker Bestattungsunternehmen Kümmel schloss sie einen Vorsorgevertrag in Höhe von 6300 Euro ab und beglich die Bestat- tungskosten aus ihrem privaten Restvermö- gen. Aber das Kreissozialamt erkennt Be- stattungsvorsorgeverträge bislang generell nur bis zu einer Höhe von 4000 Euro als zu- sätzliches Schonvermögen an und rechnete die Differenz auf die Pflegekosten an. Kon- kret angefochten von der Seniorin wurde ein Kostenbescheid des Landkreises in Höhe von gut 587 Euro aus dem August vergangenen Jahres. Die Anwältin der Dame sowie Hubing, dessen Verband die Klage unterstützt, argu- mentieren, dass der Kreis in diesem Fall pau- schal entschieden und nicht die örtlich un- terschiedlich hohen Friedhofsgebühren be- rücksichtigt habe. »Die Gebühren der Stadt Gießen sind mit die höchsten in ganz Hes- sen«, sagt die Anwältin der Klägerin. So sei der teuerste Posten die Bestattung im Fami- liengrab, aber sei es »würdig«, die Asche sei- ner Schwiegermutter entgegen dem eigenen Wunsch in einem Einzelgrab zu bestatten, um 1000 Euro zu sparen, hatte ihr Schwie- gersohn im Januar gefragt, als die GAZ über den Fall berichtete. Daneben soll das Kreis- sozialamt auch zwei Traueranzeigen in der Lokalpresse für knapp 400 Euro, Blumen- schmuck für 175 und eine Urne für 220 Euro als »keinesfalls erforderlich« für eine würde- volle Bestattung angesehen haben. Details, die in der mündlichenVerhandlung keine Rolle spielen. Die beiden Vertreterin- nen des Landkreises verweisen darauf, dass die Frau denVorsorgevertrag erst nach ihrem Umzug in das Pflegeheim abgeschlossen ha- be. Aus Sicht des Sozialamts »spricht sehr viel dafür, dass damit dasVermögen vorsätz- lich verkürzt wurde, um Leistungen zu er- halten«, sagt die Anwältin der Beklagten. Außerdem hätte die Möglichkeit bestanden, denVertrag »herunterzuschrauben«, überdies gebe es »bestattungspflichtige« Angehörige, die die Kosten übernehmen könnten. »Verantwortungsbewusst« gehandelt Hubing weist diese Argumente zurück. Die Seniorin habe »mit eigenem Geld für den Fall ihres Todes vorgesorgt und damit ver- antwortungsbewusst gehandelt«. Es sei durch die Rechtsprechung und die Sozialäm- ter längst klargestellt und akzeptiert, dass es zwei Arten von Schonvermögen gebe: eines für »allgemeine Dinge« und eines speziell, umVorsorge für den Todesfall zu treffen. Die angemessene Höhe des Schonvermögens für die Bestattungsvorsorge bewegt sich laut Hubing mittlerweile bei Beträgen zwischen 6000 und 8000 Euro. Auch Richter Horn wundert sich angesichts der Argumente der Beklagtenseite, da der Kreis bislang Schon- vermögen zur Bestattungsvorsorge in Höhe bis zu 4000 Euro anerkennt. »Ich habe fast den Eindruck, sie stellen es infrage, dass es ein zweites Schonvermögen geben darf.« Folgt der Kreis der Entscheidung der Kam- mer, muss er künftig 1000 Euro mehr aner- kennen, denn Horn und die beiden ehren- amtlichen Richter kommen zum Ergebnis, das mindestens 5000 Euro ein »angemesse- ner« Betrag sind, um eine würdevolle Bestat- tung zu gewährleisten. Das Gericht mahnt daneben eine »Einzelfallprüfung« bei Ent- scheidungen über die Höhe des für Vorsorge- verträge eingesetzten Schonvermögens an. Das letzte Sparbuch ist für die Beerdigung Rechtsanwältin Ingrid Claas Foto: Schepp

W ürde kostet mehr als 4000 Euro - kuemmel-bestattungen.de sc häftsber eic hsleiter Ber gspor t des in Mün - chen ansässigen Dac hv erbands. »J ede Sek - tion ist eigenständig

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Mittwoch, 26. Juli 2017 Nummer 171 - Seite 18Aus der Stadt Gießen

Finanzprobleme beim Alpenverein

Bundesverband haftetnicht für örtliche Sektionen

Gießen (mö). Der Bundes- und Dachver-band des Deutschen Alpenvereins würde imFall einer Insolvenz seiner Gießener Sekti-on finanziell nicht einspringen. Eine solcheHaftung sehe das Regelwerk nicht vor, er-klärt auf Anfrage Wolfgang Wabel, Ge-schäftsbereichsleiter Bergsport des in Mün-chen ansässigen Dachverbands. »Jede Sek-tion ist eigenständig und muss mit einersolchen Situation selbst klarkommen«, sagtWabel.

Der Dachverband, der die Geschehnissein Gießen aufmerksam verfolge, sei zwarangesichts der Finanzlage der Sektion »be-sorgt«, gehe aber von einer Konsolidierungaus. Mit dem Beschluss der Jahreshauptver-sammlung, eine weitere Sonderumlage zumAbbau von Verbindlichkeiten aus dem Bauder Kletterhalle, sei die Sektion auf demrichtigen Weg. Auch die Entscheidung derMitglieder, einen Teil der Umlage zur An-stellung eines hauptamtlichen Betriebslei-ters für die Kletterhalle zu verwenden,wird von Wabel als sinnvoll angesehen.Gleichwohl fehlten dem Bundesverbanddetaillierte Informationen für eine genaueEinschätzung der Lage der Sektion Gießen-Oberhessen.

Es gebe zwar keinen Automatismus, dassder Dachverband finanziell einspringe,»wir lassen unsere Sektionen aber natür-lich nicht im Regen stehen«, betont Wabel.Der Bundesverband hat den Bau der 2,25Millionen Euro teuren Kletterhalle an derRödgener Straße mit einem Darlehen undeiner Zwischenfinanzierung von zusammengut 900000 Euro gefördert.

»Kein Einzelfall«

Die im Zusammenhang mit dem Bau derHalle aufgetretenen Finanzprobleme derGießener Sektion sind kein Einzelfall. Auchandere Ortsvereine des Alpenvereins hattenschon Probleme bei der Finanzierung vonHallen oder Klettertürmen.

Der nach der turbulent verlaufenen Jah-reshauptversammlung nur noch kommissa-risch im Amt befindliche geschäftsführendeVorstand mit Gunnar Theiß an der Spitzehat sich zur Lage der Sektion in einem Ge-spräch mit der GAZ-Stadtredaktion aus-führlich geäußert. Es soll als »Interview derWoche« am Donnerstag erscheinen.

❯ Aus den Parteien

DKP zur Hessenkasse – In einer Mitglieder-versammlung diskutierte die Gießener DKPüber die »Hessenkasse«, mit der die Lan-desregierung Kommunen und Kreisen beider Rückzahlung von Kassenkrediten hel-fen will. Es handele sich dabei um ein »ver-giftetes Geschenk«, sagt Henning Mächerle,Direktkandidat der DKP für die Bundes-tagswahl. Die Nutznießer der Hessenkassemüssten pro Jahr und Einwohner mindes-tens 25 Euro selbst beisteuern, für Gießenseien das 2,1 Millionen Euro pro Jahr. Wiebeim »Schutzschirm« bedeutet das wiederhöhere Steuern und Gebühren und/oderverringerte kommunale Leistungen. DerGrund für die Schulden der Kommunen seidie ungleiche Verteilung von Einnahmenund Ausgaben. Die Kommunen müsstenden größten Teil der öffentlichen Investitio-nen finanzieren, erhielten aber den kleins-ten Steueranteil. Die DKP fordere schonseit Jahrzehnten, die Verteilung der Steuer-einnahmen an die Aufgaben anzupassen.

Zwei Schwerverletztebei Motorradunfall

Gießen (pm). Offenbar unter dem Ein-fluss von berauschenden Mitteln stand der30-jährige Fahrer eines Motorrades amSonntagmorgen im Asterweg. Der Kradfah-rer war aus Richtung Sudetenlandstraßezur Nordanlage unterwegs, als er gegen9 Uhr nach rechts von der Fahrbahn abkamund gegen zwei dort abgestellte Autosprallte. Sowohl der 30-jährige Gießener alsauch seine 21-jährige Mitfahrerin ausWetzlar wurden schwer verletzt und muss-ten in ein Krankenhaus gebracht werden.Bei den Ermittlungen ergaben sich Hinwei-se darauf, dass der Fahrer offenbar zuvorAlkohol getrunken hatte und keine Fahrer-laubnis besitzt. Der Schaden liegt zusam-men bei etwa 7000 Euro.

❯ Die Polizei meldet

Bierglas ins Gesicht bekommen – Kopfver-letzungen erlitt ein 48-Jähriger am Sonn-tag gegen 3 Uhr in der Bahnhofstraße. Erwar mit einem 21-Jährigen in einer Disko-thek in Streit geraten. Dieser verletzte sei-nen Widersacher mit einem Bierglas.

Starkstromkabel entwendet – Auf Stark-stromkabel hatten es Langfinger zwischenSamstag und Montag in der Straße Weil-burger Grenze abgesehen. Dazu brachen siemehrere Scheunentore auf. Der Schadenbeläuft sich auf einige Hundert Euro.

»Gorilla Courts« in der StadtNeues Sponsoring-Konzept der Stadtwerke – Ziel: Kindern Spaß am Sport vermitteln

Gießen (cg). Kinder und Jugendliche be-wegen sich zu wenig. Und wenn sie es tun,fehlen in ihrem Verein oft die Mittel, umSport- und Spielgeräte zu erneuern. Daswollen die Stadtwerke ändern. Sie haben einneues Sponsoring-Konzept mit dem Titel»Spiel dein Spiel« erarbeitet. Vereine, Schu-len und Privatinitiativen können sich perOnlineformular unter www.swg-spieldein-spiel.de bewerben und mit einem eigenen Vi-deo ergänzen. MTV-Geschäftsführer MarioBröder, der mit einigen Jugendlichen zurAuftaktveranstaltung ins Freibad Ringalleegekommen war, hat schon einige Ideen fürseine Abteilungen.

Aktionstag am 27. August

»Eine schöne Airtrackbahn wäre toll«, fielihm ein. Diese Luftkissen können alternativzu Bodenläufern ausgerollt werden, unter-stützen die Sprungkraft und bringen nochmehr Spaß in den Sport. »Wir legen unserenFokus jetzt deutlich stärker auf die Jugendim Breitensportbereich, denn gerade hierbraucht es finanzielle Unterstützung«, sagtSWG-Unternehmenssprecherin Ina Weller.

Dass man nicht viel braucht, um spontanSport zu treiben oder zu tanzen, konnte manan mehreren »Gorilla Courts« im Freibad an-schauen: Da werden Säulen zum Fußballtor,

Kreidestriche verwandeln den Gehweg in ei-ne Laufbahn und aufgemalte Schrittfolgenermöglichen auch Nicht-Tänzern einen flot-

ten Hip-Hop. Demnächst werden überall imStadtgebiet immer mal wieder solche »Goril-la Courts« zu sehen sein. Ausprobieren undmitmachen ist ausdrücklich erwünscht! ZurDemonstration waren Jugendliche des Tanz-vereins TSG Blau Gold Gießen, des MTV1846 Gießen und des TV Linden gekommen –viel ausprobieren konnten sie aufgrund desDauerregens aber nicht. Stattdessen flüchte-ten sie in einen Stadtbus, der auf dem Ge-lände auf die Aktion aufmerksam machte.Apropos Bus: Künftig wird auf vielen Stadt-bussen das Projekt »Spiel dein Spiel« prä-sentiert. »Wir möchten zeigen, dass Bewe-gung nicht notwendiges Übel ist, sondernSpaß macht«, sagt Stephanie Orlik, bei denSWG zuständig für Marketing, Service undSponsoring. Jedes Kind kann etwas finden,was es richtig gerne macht, aber dazubraucht es oftmals einen kleinen Anstoß undUnterstützung.

Viele Ideen wird man bei einem großen Ak-tionstag sehen können, den die Stadtwerkefür den 27. August planen. An diesem Sonn-tag wird es von 11 bis 18 Uhr im FreibadRingallee sportlich und spaßig zugehen. DieSportvereine präsentieren ihre Angebote fürKinder und Jugendliche und zeigen dabeiauch wenig bekannte und »exotische« Sport-arten. Neben den Demonstrationen werdendie Besucher auch beliebte Wassererlebnis-stationen erobern können.

Tanzen kann man überall, zeigten die Ju-gendlichen bei der Auftaktveranstaltungim Freibad. (Foto: cg)

Würde kostet mehr als 4000 EuroWas darf eine würdevolleBeerdigung kosten – und wieviel Geld dürfen alteMenschen für ihreBestattungsvorsorge ausgeben,ohne dass das Sozialamt imPflegefall darauf zugreift? Mitdieser Frage hat sich amDienstag das Sozialgerichtin Gießen befasst. SeineEntscheidung hat Folgen fürden Landkreis.

Von Burkhard Möller

Auf die Ostanlage prasselt der Regen, derHimmel ist grau, ein Wetter fast wie im

Trauermonat November. Das kann die guteStimmung von Hermann Hubing aber nichttrüben. »Sie können sich vorstellen, dass wirzufrieden sind«, sagt der Geschäftsführer desin Bad Wildungen ansässigen Deutschen In-stituts für Bestattungskultur (DIB). Minutenzuvor hat die 18. Kammer des Gießener So-zialgerichts eine Entscheidung verkündet,die für das Sozialamt des Landkreises weg-weisend sein könnte. Denn sollte der Land-kreis nicht in Berufung gehen oder solltendie nächsthöheren Instanzen das GießenerUrteil bestätigen, muss er künftig im Um-gang mit Bestattungsvorsorgeverträgen, diepflegebedürftige Senioren abgeschlossen ha-ben, kulanter umgehen. Die vom Kreissozial-amt bislang als Schonvermögen anerkannten4000 Euro, um eine Bestattung zu bezahlen,»sind zu gering«, verkündet der VorsitzendeRichter Dr. Robert Horn.

Geklagt hatte eine mittlerweile 88-jährige

Wieseckerin. Die alte Dame, die seit Oktober2015 in einem Gießener Heim lebt und seitJuni 2016 Sozialhilfe zur Deckung von Pfle-gekosten erhält, wollte die Gewissheit, amEnde eines langen Lebens würdevoll im Fa-miliengrab bestattet zu werden. Mit demWiesecker Bestattungsunternehmen Kümmelschloss sie einen Vorsorgevertrag in Höhevon 6300 Euro ab und beglich die Bestat-tungskosten aus ihrem privaten Restvermö-gen. Aber das Kreissozialamt erkennt Be-stattungsvorsorgeverträge bislang generellnur bis zu einer Höhe von 4000 Euro als zu-sätzliches Schonvermögen an und rechnetedie Differenz auf die Pflegekosten an. Kon-kret angefochten von der Seniorin wurde einKostenbescheid des Landkreises in Höhe vongut 587 Euro aus dem August vergangenenJahres.

Die Anwältin der Dame sowie Hubing,dessen Verband die Klage unterstützt, argu-mentieren, dass der Kreis in diesem Fall pau-schal entschieden und nicht die örtlich un-terschiedlich hohen Friedhofsgebühren be-rücksichtigt habe. »Die Gebühren der StadtGießen sind mit die höchsten in ganz Hes-sen«, sagt die Anwältin der Klägerin. So seider teuerste Posten die Bestattung im Fami-liengrab, aber sei es »würdig«, die Asche sei-ner Schwiegermutter entgegen dem eigenenWunsch in einem Einzelgrab zu bestatten,um 1000 Euro zu sparen, hatte ihr Schwie-gersohn im Januar gefragt, als die GAZ überden Fall berichtete. Daneben soll das Kreis-sozialamt auch zwei Traueranzeigen in derLokalpresse für knapp 400 Euro, Blumen-schmuck für 175 und eine Urne für 220 Euroals »keinesfalls erforderlich« für eine würde-volle Bestattung angesehen haben.

Details, die in der mündlichenVerhandlungkeine Rolle spielen. Die beiden Vertreterin-nen des Landkreises verweisen darauf, dassdie Frau den Vorsorgevertrag erst nach ihremUmzug in das Pflegeheim abgeschlossen ha-be. Aus Sicht des Sozialamts »spricht sehrviel dafür, dass damit das Vermögen vorsätz-lich verkürzt wurde, um Leistungen zu er-halten«, sagt die Anwältin der Beklagten.Außerdem hätte die Möglichkeit bestanden,den Vertrag »herunterzuschrauben«, überdiesgebe es »bestattungspflichtige« Angehörige,die die Kosten übernehmen könnten.

»Verantwortungsbewusst« gehandelt

Hubing weist diese Argumente zurück. DieSeniorin habe »mit eigenem Geld für denFall ihres Todes vorgesorgt und damit ver-antwortungsbewusst gehandelt«. Es seidurch die Rechtsprechung und die Sozialäm-ter längst klargestellt und akzeptiert, dass eszwei Arten von Schonvermögen gebe: einesfür »allgemeine Dinge« und eines speziell,um Vorsorge für den Todesfall zu treffen. Dieangemessene Höhe des Schonvermögens fürdie Bestattungsvorsorge bewegt sich lautHubing mittlerweile bei Beträgen zwischen6000 und 8000 Euro. Auch Richter Hornwundert sich angesichts der Argumente derBeklagtenseite, da der Kreis bislang Schon-vermögen zur Bestattungsvorsorge in Höhebis zu 4000 Euro anerkennt. »Ich habe fastden Eindruck, sie stellen es infrage, dass esein zweites Schonvermögen geben darf.«

Folgt der Kreis der Entscheidung der Kam-mer, muss er künftig 1000 Euro mehr aner-kennen, denn Horn und die beiden ehren-amtlichen Richter kommen zum Ergebnis,das mindestens 5000 Euro ein »angemesse-ner« Betrag sind, um eine würdevolle Bestat-tung zu gewährleisten. Das Gericht mahntdaneben eine »Einzelfallprüfung« bei Ent-scheidungen über die Höhe des für Vorsorge-verträge eingesetzten Schonvermögens an.

“Das letzte Sparbuch istfür die Beerdigung„

Rechtsanwältin Ingrid Claas

Foto: Schepp