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Presseinformation: Nachwuchs der Buchbranche initiiert Wahlprüfsteine zur Bundestagswahl Tübingen, Herne, Berlin, 19.08.2013. Lisa Maria Keil und Jana Zawadzki, die ehrenamtlichen Nachwuchssprecher des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels e.V., haben zusammen mit ihrem Amtsvorgänger Tony Stubenrauch Wahlprüfsteine verfasst. Als Sprecher des Nachwuchsparlaments vertreten sie die Interessen der Nachwuchskräfte der Buchbranche und haben in deren Namen Fragen zur Bundestagswahl an die Vorsitzenden aller im Bundestag vertretenen Parteien sowie der Piratenpartei initiiert. Nach interner Befragung von über eintausend anderen jungen Nachwuchskräften entstand so ein Fragenkompendium, das die politischen Themen und Fragestellungen der jungen Generation der Buchbranche ausdrückt. "Wir haben uns bewusst für eine Tätigkeit in der Buchbranche entschieden, um an deren gesellschaftlichen Auftrag und an der Verbreitung sowie Veröffentlichung von Werken unterschiedlichster Autoren mitzuwirken", so Jana Zawadzki, Lisa Maria Keil und Tony Stubenrauch. Besonders unter diesem Aspekt sehen sie ihr ehrenamtliches Engagement, mit dem sie die Zukunft der Buchbranche mitgestalten wollen, die zu einem nicht unerheblichen Teil von gesetzlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen abhängt. "Die ältere Generation meint oft bei uns Jungen Politikverdrossenheit oder mangelndes politisches Engagement zu erkennen. Den Gegenbeweis treten wir nun zusammen mit den anderen Young Professionals unserer Branche an“, so die drei Sprecher weiter. Die Fragen reichen von buchmarktspezifischen Themen wie der Buchpreisbindung oder dem ermäßigten Mehrwertsteuersatz für Bücher bis hin zu allgemeinen Rahmenbedingungen der Kreativwirtschaft, die ihre Geschäftsfelder zunehmend ausweitet. Ebenso finden jedoch Gedanken zur Zukunftsperspektive der jungen Generation Eingang – über nationale Grenzen hinweg. Lisa Maria Keil und Jana Zawadzki wurden im Juni 2013 von über einhundert Teilnehmern des Nachwuchsparlaments zu deren Sprecherinnen im Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. gewählt. Lisa Maria Keil, 22, hat im Juni 2013 ihre Ausbildung bei der Osianderschen Buchhandlung in Tübingen abgeschlossen und arbeitet Kontakt: [email protected]

Wahlprüfsteine Bundestagswahlen 2013 Web viewIm Zeitalter der Online-Kommunikation hat die Bedeutung des Lesens als eine der wichtigsten Grundkompetenzen zur gesellschaftlichen Partizipation

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Presseinformation: Nachwuchs der Buchbranche initiiert Wahlprüfsteine zur Bundestagswahl

Tübingen, Herne, Berlin, 19.08.2013. Lisa Maria Keil und Jana Zawadzki, die ehrenamtlichen Nach-wuchssprecher des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels e.V., haben zusammen mit ihrem Amtsvorgänger Tony Stubenrauch Wahlprüfsteine verfasst. Als Sprecher des Nachwuchsparlaments vertreten sie die Interessen der Nachwuchskräfte der Buchbranche und haben in deren Namen Fra-gen zur Bundestagswahl an die Vorsitzenden aller im Bundestag vertretenen Parteien sowie der Pira-tenpartei initiiert. Nach interner Befragung von über eintausend anderen jungen Nachwuchskräften entstand so ein Fragenkompendium, das die politischen Themen und Fragestellungen der jungen Generation der Buchbranche ausdrückt.

"Wir haben uns bewusst für eine Tätigkeit in der Buchbranche entschieden, um an deren gesellschaft-lichen Auftrag und an der Verbreitung sowie Veröffentlichung von Werken unterschiedlichster Auto-ren mitzuwirken", so Jana Zawadzki, Lisa Maria Keil und Tony Stubenrauch. Besonders unter diesem Aspekt sehen sie ihr ehrenamtliches Engagement, mit dem sie die Zukunft der Buchbranche mitge-stalten wollen, die zu einem nicht unerheblichen Teil von gesetzlichen und wirtschaftlichen Rahmen-bedingungen abhängt. "Die ältere Generation meint oft bei uns Jungen Politikverdrossenheit oder mangelndes politisches Engagement zu erkennen. Den Gegenbeweis treten wir nun zusammen mit den anderen Young Professionals unserer Branche an“, so die drei Sprecher weiter.

Die Fragen reichen von buchmarktspezifischen Themen wie der Buchpreisbindung oder dem ermä-ßigten Mehrwertsteuersatz für Bücher bis hin zu allgemeinen Rahmenbedingungen der Kreativwirt-schaft, die ihre Geschäftsfelder zunehmend ausweitet. Ebenso finden jedoch Gedanken zur Zu-kunftsperspektive der jungen Generation Eingang – über nationale Grenzen hinweg.

Lisa Maria Keil und Jana Zawadzki wurden im Juni 2013 von über einhundert Teilnehmern des Nach-wuchsparlaments zu deren Sprecherinnen im Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. gewählt.Lisa Maria Keil, 22, hat im Juni 2013 ihre Ausbildung bei der Osianderschen Buchhandlung in Tübin-gen abgeschlossen und arbeitet seitdem dort als Buchhändlerin. Im Juli hat sie außerdem ein berufs-begleitendes Studium in Buchhandels- und Medienmanagement begonnen.Jana Zawadzki, 24, absolviert derzeit eine Ausbildung zur Buchhändlerin in der Mayerschen Buch-handlung in Herne. Sie ist im dritten Ausbildungsjahr und wird im Sommer 2014 ihre Ausbildung ab-schließen und plant auch danach in der Mayerschen Buchhandlung zu arbeiten.Tony Stubenrauch, 23, ist als Marketing Manager im Berliner Aufbau Verlag tätig, wo er zuvor seine Ausbildung als Medienkaufmann Digital und Print absolvierte. Er studiert berufsbegleitend Verlags- und Medienmanagement und war von 2011 bis Mitte 2013 Sprecher des Nachwuchsparlaments.

Das Nachwuchsparlament ist eine Initiative des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels und der dortigen Berufsbildung. Einmal im Jahr kommen einhundert Nachwuchskräfte der Buchbranche zu-sammen, um während der Buchtage mit der Hauptversammlung des Börsenvereins über aktuelle branchenpolitische Themen zu diskutieren und sich mit den Mitgliedern des Börsenvereins auszutau-schen. Unterjährig finden zudem weitere Treffen statt und tagen Arbeitskreise, bei denen an relevan-ten Themen

Kontakt: [email protected]

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Fragen des Nachwuchses der Buchbranche an die Vorsitzenden der im Bundestag vertretenen Parteien sowie die der Piratenpartei - initiiert durch die

Nachwuchssprecher des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels e.V.

Das Nachwuchsparlament ist eine Initiative des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels. Einmal im Jahr kommen einhundert Nachwuchskräfte der Buchbranche zusammen, um wäh-rend der Buchtage mit der Hauptversammlung des Börsenvereins über aktuelle branchenpolitische Themen zu diskutieren und sich mit den Mitgliedern des Börsenvereins auszutauschen. Unterjährig finden zudem weitere Treffen statt und tagen Arbeitskreise, bei denen an relevanten Themen der Buchbranche gearbeitet wird und der Branchennachwuchs eine aktive Rolle einnimmt.

Wir, Lisa Maria Keil und Jana Zawadzki, die gewählten Sprecher des Parlaments, und Tony Stubenrauch, der ehemalige Nachwuchssprecher, vertreten die Interessen der Nachwuchs-kräfte der Buchbranche.

Deutschland befindet sich in der günstigen Situation einen noch flächendeckend gut funktionierenden privatwirtschaftlich organisierten Buchmarkt zu haben, in dem ein dicht geknüpftes Buchhandelsnetz auf eine vielfältige Verlagslandschaft trifft. So tragen rund 4.000 Buchhandlungen und ca. 2.000 Verlage als zentrale Institutionen zur Verbreitung von Kultur und Wissen in der Gesellschaft bei.

Wir haben uns für eine Tätigkeit in dieser Branche entschieden, um an diesem gesellschaftli-chen Auftrag und an der Verbreitung sowie Veröffentlichung von Werken der unterschied-lichsten Autoren aktiv mitzuwirken.

Unsere berufliche Zukunft ist maßgeblich von den gesetzlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen unserer Branche abhängig. Wir möchten vor der Bundestagswahl wissen, welche der Parteien aus unserer Sicht zukunftsfähige Konzepte vorlegen kann. Des-halb haben wir diese Wahlprüfsteine formuliert und bitten Sie um Antwort zu den folgenden Fragen:

1. Buchpreisbindung

Einer der wichtigsten Garanten für die kulturelle Vielfalt und die nachhaltige Produktions- und Vertriebsstruktur von Büchern in Deutschland ist die Buchpreisbindung für gedruckte und elektronische Werke. Unter anderem durch die Verhandlungen zum Freihandelsabkommen der EU mit den USA sehen wir die Buchpreisbindung gefährdet.

Frage:Werden Sie sich in diesem Zusammenhang in der nächsten Legislaturperiode für die Ausnahme des Kultursektors aus dem Freihandelsabkommen einsetzen, wie sie beispielsweise Frankreich fordert?

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2. Wettbewerbsverzerrungen

Die Kultur- und Kreativwirtschaft trägt laut Monitoring des Bundeswirtschaftsministeriums in Deutschland schätzungsweise knapp 63 Milliarden Euro (2,4 Prozent) zur volkswirtschaftli-chen Gesamtleistung (Bruttowertschöpfung) bei. Damit ist sie vergleichbar mit den großen Industriesektoren Automobil, Maschinenbau und Chemie. Aus unserer Sicht muss es Ziel jeder Politik sein, Deutschland zu einem der international führenden Standorte der Kreativwirtschaft auszubauen. Der nationale Wettbewerb wird allerdings derzeit zugunsten globaler Internetkonzerne verzerrt, die häufig die nationalen Rechte und Pflichten nicht ach-ten und in vielen Fällen durch internationale steuerliche Regelungen bevorteilt werden. Für den Buchhandel sind diese Wettbewerbsverzerrungen existenzgefährdend und fördern monopolartige Strukturen.

Fragen:

a) Wie wollen Sie die Kultur- und Kreativwirtschaft insgesamt in Deutschland stärken und ihr Potential fördern?

b) Welche Maßnahmen wollen Sie gegen die genannten Wettbewerbsverzerrungen ergreifen, um die vielfältige Struktur von lokalen Einzelhändlern zu wahren, die kultu-relle und wirtschaftliche Verantwortung in ihrer Region übernehmen, und wie wollen Sie einer zunehmenden Verödung der Innenstädte – die nicht nur den Buchmarkt be-trifft – entgegenwirken?

3. Leseförderung / Medienkompetenz

Im Zeitalter der Online-Kommunikation hat die Bedeutung des Lesens als eine der wichtigs-ten Grundkompetenzen zur gesellschaftlichen Partizipation und der Aneignung sowie dem Austausch von Wissen weiter zugenommen. Gleichzeitig sind in unserem Land laut einer Studie der Universität Hamburg über zwei Millionen Menschen Analphabeten und über sie-ben Millionen Menschen so genannte funktionale Analphabeten. Auch auf diesem Feld kommt der Buchbranche eine zentrale Bedeutung zu: Sie betreibt insbesondere kindliche Leseförderung und nimmt über die Organisation von Veranstaltungen und anderen Aktionen, wie beispielsweise den Welttag des Buches oder den bundesweiten Vorlesewettbewerb, ihren gesellschaftlichen Auftrag wahr, indem sie Kompetenzen im Umgang mit Medien vermittelt.

Frage: Welche konkreten Maßnahmen werden sie ergreifen, um Lese- und Medien-kompe-tenz in unseren Kindergärten und Schulen zu fördern?

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4. Geschäftsmodelle

Von einem erweiterten B2B-Vertrieb, Self-publishing, internationalem Lizenzhandel, Merchandising bis hin zu Lending-Modellen sind Verlage heutzutage auf verschiedensten Geschäftsfeldern aktiv. Trotzdem spielt das klassische Verlagsmodell die weiterhin größte Rolle: Verlage investieren in Autoren, und entdecken Inhalte für ihre Verlagspro-gramme, die sie dann über das Lektorat bis hin zur Herstellung “veredeln”, um sie schließlich über Marketing und Vertrieb an die Buchhandlungen zu bringen. Der Buchhandel, der die Produkte im Laden präsentiert und oft über persönliche Empfehlun-gen an den Leser bringt, nimmt für den schlussendlichen Schritt vom Autor und seinem Verlag zum Leser die zentrale Rolle ein. Insbesondere im Zuge der digitalen Entwicklung fordert die Politik von Verlagen und Buchhandlungen die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle.

Fragen:a) Was verstehen Sie konkret unter diesen geforderten neuen Geschäftsmodellen?b) Meinen Sie, dass insbesondere Verlage ihren wirtschaftlichen Erfolg künftig nicht

mehr mit der Veredelung, Verbreitung und Veröffentlichung von Autorenleistungen erzielen sollten, sondern auf kostenlose und werbefinanzierte Modelle setzen sollten?

c) Wie kann in diesem Fall der Grundsatz unabhängiger Kulturverbreitung erhalten und außerdem der Rückschritt zum Mäzenatentum verhindert werden?

5. Mehrwertsteuer

Auch der in Deutschland für Bücher geltende reduzierte Mehrwertsteuersatz für ge-druckte Bücher ist kulturpolitisch motiviert. Er sorgt auch dafür, dass Bücher seit Jahrzehnten zu vergleichsweise niedrigen Preisen für alle gesellschaftlichen Schichten erhältlich sind.

Frage:Werden sie die steuerliche Ungleichbehandlung von gedruckten und elektronischen Büchern und Hörbüchern aufheben und sich dafür bei der EU-Kommission für eine entsprechende Anpassung der Mehrwertsteuerrichtlinie einsetzen?

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6. Urheberrecht

Wir sind mit dem Zugang zum Internet aufgewachsen und erkennen daher die Notwendigkeit, urheberrechtliche Regelungen an neue Kommunikations- und Rezeptionswege anzupassen. Uns interessieren ihre konkreten Reformvorhaben.

Fragen:

a) Die Möglichkeit der digitalen Privatkopie sorgt für große Diskussionen, da die Weiterverbreitung digitaler Werke leicht möglich ist und sich die Wahrung der Urheberrechte nur schwer durchsetzen lässt. Wie, in welchem Umfang und mit wel-chen Einschränkungen wollen Sie die Privatkopie urheberrechtlich ausgestalten?

b) Werden Sie eine Gleichbehandlung von elektronischen und gedruckten Werken auch urheberrechtlich forcieren und den Erschöpfungsgrundsatz auch für elektronische Bü-cher anwendbar machen?

c) Wie stehen Sie zum Weiterverbreitungsrecht und Weiterverkauf bei eBooks? d) Wie soll aus Ihrer Sicht rechtlich mit dem Wunsch von Nutzern umgegangen werden,

Werke als Remix oder Mashup zu bearbeiten? e) Wie wollen Sie in diesem Zusammenhang die Urheberpersönlichkeitsrechte schützen

und die Bestimmungsrechte der Urheber über die Verwendung ihrer Werke sichern?

7. Zukunftsperspektiven unserer Generation

Unsere Generation wird einen entscheidenden gesellschaftlichen Wandel - unter ande-rem ausgelöst durch die Digitalisierung - mitgestalten können, wenn die richtigen arbeits-marktpolitischen Weichen gestellt werden. Gleichzeitig sehen wir insbesondere in unseren europäischen Nachbarländern Menschen in unserem Alter mit großer Perspektivlosigkeit, ja nahezu Hoffnungslosigkeit, konfrontiert, wo jeder Dritte keine Ar-beit findet, man in Spanien bereits von der „generación cero“ spricht und viele unterhalb des Existenzminimums leben.

Frage:Wie wollen Sie diesen Entwicklungen entgegentreten beziehungsweise ähnliche Zu-stände in Deutschland verhindern?