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XLVI .Jahrgang AnzeigerfurSchadlingskunde,Pflanzen-undUmweltschutz vereinigtmitSchadlingsbekampfung Begrundet1925vonGeh .-Rat Prof .Dr .med .et . p hil .Dr.h .c .Dr .h.c .K .Escherich TundProf .Dr.F .Stellwaag UniversitatMiinchen, Forstwiss . Fakultat,Inst .1 .Angew .Zoologie WaldscliutzundDDT-Verbot VonW .SCHWENKE Am23 .7 .1971erliel3dieBundesregierungdas DDT-Verbot,dasdieAnwendungvonDDT-halti- genMittelnnurnochbefristet,hisspatestens Ende1974,aufzweiTeilgebietendesWaldschut- zeserlaubt :zurBekampfungeinigerversteckt lebenderRaupenarten(Kiefern-undTannentrieb- wickler)sowiezurTauchungundSpritzungvon Fichten-undKiefernjungpflanzenalsSchutzge- gendenGrol3enBraunenRiisselkafer .Seitdem sinddieWaldschutzinstitutederBundesrepublik undzahlreicherandererUnder,dieebenfallsden GebrauchvonDDT-Mittelngesetzlich einge- schrankthaben,bemiiht,Ersatzmittelzufinden,die auchindiesemRestbereichdesPflanzenschutzes dieVerwendungvonDDTiiberfliissigmachen . DiesenBemuhungenwarbishernureinzweifel- hafterTeilerfolgbeschieden :manglaubt,gegen denGrollenBraunenRiisselkaferHCHanstelle vonDDTverwendenzukonnen .Diedamitver- bundenenNachteilemachenesjedochfraglich, obdieserWeggangbarist(s . u .) . VielensichdemUmweltschutzverpflichtetfiih- lendenOrganisationen,BehordenundPersonen dauerntheseBemuhungenbereitszulange .Sie drangendarauf,diedemWaldschutzineinigen Bereichen eingeraumte Verlangerungsfrist zu verkiirzenundwerfendenForstverwaltungen undWaldschutzinstitutionenmangelndesUm- weltbewul3tseinvor .Aberauchinnerhalbder ForstwirtschaftnimmtdieZahlderer,welchedie Fristnichtausnutzenwollenunddienichtver- stehen,warummannochimmeramDDTfesthalt, vonTagzuTagzu . EinemsolchenDrangenmullvonSeitendes Waldschutzesenergischwidersprochenwerden . Undnichtnurdas.Inden20Monatenseitdem Erlal3desDDT-VerbotsinderBRDsolltensich dieGemutersoweitberuhigtunddievonder weltweitenemotionalgefUhrtenAnti-DDT-Kam- pagnegetriibtenBlickewiedersoweitgeklart haben,dal3hierimfolgendennebenderBeant- wortungderFrage,obDDTimWaldschutzheute nochbenotigtwird,aucheinigegrundsatzliche BemerkungenzumDDT-Verbotgemachtwerden konnenundmussen .DennnochistZeitzueiner wenigstensteilweisenUmkehrinderHaltung unsererRegierungundBevolkerungzumDDT . DieseZeitgilteszurAufklarungzunutzen .An- dernfallswirdmitSicherheitinnichtsehrferner Heft4 April1973 ZukunftfiberdasDDT-VerbotundseineIniti- atoreneinwenigschmeichelhaftesUrteilgefallt werden. DasDDT-Verbot,einPolitikum DieLiteraturfiberdasDDTistfastunilberseh- bargeworden .Eskanndaherhiernichtalien jenenBehauptungen,diefiberdieerwunschten undunerwiinschtenWirkungendesDDTaufge- stelltwurden,nachgegangenwerden .Esgeniigt, einGesamtbildzuskizzieren . DerDDT-Wirkstoff (Dichlordiphenyltrichlor- athan),derimvergangenenWeltkriegMillionen vonMenschenvorMalaria,Fleckfieberundande- renSeuchenrettete(undf1drdessenEinfiihrung indieSchadlingsbekampfungP .MULLER,Basel, deshalbdenNobeipreiserhielt),deraberauch nochhiszumheutigenTageAbermillionenMen- schenderSubtropenundTropenvorderartigen KrankheitenundvordemHungerbewahrt,ist dasbilligste,zugleichgegenInsektenwirksamste undgegenWarmbluterundMenschamwenig- stengefahrlicheInsektizid,dasesjegabund wohlauchgebenwird .Trotz30jahrigenGe- brauchsistnieeineTierart,auchkeineInsekten- art,regionaloderlokaldurchDDTinihrerExi- stenzbedrohtodergarausgerottetworden,was manvonzahlreichenanderenEinwirkungendes MenschenaufdieTierweltleidernichtsagen kann . DasHauptargumentgegendasDDTistseine vorubergehende(nichtdauernde,wieoftbehaup- tetwird)SpeicherungimFettgewebevonWarm- bliiternunddesMenschen .Diedabeiakkumu- lierteDDT-Mengelagfastimmerweitunter 10ppm(partspermillion=millionstelTeile ; z .B .1ppm=1mgprokgKorperfett) .Nurin Einzelfallenwurdenbeieinigenfischfressenden MeeressaugernundVogelnimAnschlul3anum- fangreicheDDT-Anwendungenin KUstennahe AnreicherungenvonDDTaufdemWegeaber dieNahrungskette(Plankton-Fische-Fischfresser) imGrollenbereichvonetwa100ppmfestgestellt . WasesmitdiesenRiickstandeningesundheit- licherBeziehungaufsichhat,dariiberkonnendie UntersuchungenenglischerWissenschaftleran HUhnerembryos(1)einBildvermitteln .DenEm- bryosimEi(alsodemempfindlichstenEntwick- lungsstadiumeinesTieres)wurdeDDTinver-

Waldschutz und DDT-Verbot

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XLVI. Jahrgang

Anzeiger fur Schadlingskunde, Pflanzen- und Umweltschutzvereinigt mit Schadlingsbekampfung

Begrundet 1925 von Geh.-Rat Prof. Dr. med . et . p hil . Dr. h . c . Dr . h. c . K . Escherich T und Prof . Dr. F . Stellwaag

Universitat Miinchen, Forstwiss . Fakultat, Inst . 1. Angew. Zoologie

Waldscliutz und DDT-VerbotVon W. SCHWENKE

Am 23.7.1971 erliel3 die Bundesregierung dasDDT-Verbot, das die Anwendung von DDT-halti-gen Mitteln nur noch befristet, his spatestensEnde 1974, auf zwei Teilgebieten des Waldschut-zes erlaubt: zur Bekampfung einiger verstecktlebender Raupenarten (Kiefern- und Tannentrieb-wickler) sowie zur Tauchung und Spritzung vonFichten- und Kiefernjungpflanzen als Schutz ge-gen den Grol3en Braunen Riisselkafer . Seitdemsind die Waldschutzinstitute der Bundesrepublikund zahlreicher anderer Under, die ebenfalls denGebrauch von DDT-Mitteln gesetzlich einge-schrankt haben, bemiiht, Ersatzmittel zu finden, dieauch in diesem Restbereich des Pflanzenschutzesdie Verwendung von DDT iiberfliissig machen .Diesen Bemuhungen war bisher nur ein zweifel-hafter Teilerfolg beschieden : man glaubt, gegenden Grollen Braunen Riisselkafer HCH anstellevon DDT verwenden zu konnen . Die damit ver-bundenen Nachteile machen es jedoch fraglich,ob dieser Weg gangbar ist (s . u .) .

Vielen sich dem Umweltschutz verpflichtet fiih-lenden Organisationen, Behorden und Personendauern these Bemuhungen bereits zu lange . Siedrangen darauf, die dem Waldschutz in einigenBereichen eingeraumte Verlangerungsfrist zuverkiirzen und werfen den Forstverwaltungenund Waldschutzinstitutionen mangelndes Um-weltbewul3tsein vor . Aber auch innerhalb derForstwirtschaft nimmt die Zahl derer, welche dieFrist nicht ausnutzen wollen und die nicht ver-stehen, warum man noch immer am DDT festhalt,von Tag zu Tag zu .Einem solchen Drangen mull von Seiten des

Waldschutzes energisch widersprochen werden .Und nicht nur das. In den 20 Monaten seit demErlal3 des DDT-Verbots in der BRD sollten sichdie Gemuter so weit beruhigt und die von derweltweiten emotional gefUhrten Anti-DDT-Kam-pagne getriibten Blicke wieder so weit geklarthaben, dal3 hier im folgenden neben der Beant-wortung der Frage, ob DDT im Waldschutz heutenoch benotigt wird, auch einige grundsatzlicheBemerkungen zum DDT-Verbot gemacht werdenkonnen und mussen. Denn noch ist Zeit zu einerwenigstens teilweisen Umkehr in der Haltungunserer Regierung und Bevolkerung zum DDT .Diese Zeit gilt es zur Aufklarung zu nutzen . An-dernfalls wird mit Sicherheit in nicht sehr ferner

Heft 4

April 1973

Zukunft fiber das DDT-Verbot und seine Initi-atoren ein wenig schmeichelhaftes Urteil gefalltwerden.

Das DDT-Verbot, ein PolitikumDie Literatur fiber das DDT ist fast unilberseh-

bar geworden. Es kann daher hier nicht alienjenen Behauptungen, die fiber die erwunschtenund unerwiinschten Wirkungen des DDT aufge-stellt wurden, nachgegangen werden . Es geniigt,ein Gesamtbild zu skizzieren .Der DDT-Wirkstoff (Dichlordiphenyltrichlor-

athan), der im vergangenen Weltkrieg Millionenvon Menschen vor Malaria, Fleckfieber und ande-ren Seuchen rettete (und f1dr dessen Einfiihrungin die Schadlingsbekampfung P. MULLER, Basel,deshalb den Nobeipreis erhielt), der aber auchnoch his zum heutigen Tage Abermillionen Men-schen der Subtropen und Tropen vor derartigenKrankheiten und vor dem Hunger bewahrt, istdas billigste, zugleich gegen Insekten wirksamsteund gegen Warmbluter und Mensch am wenig-sten gefahrliche Insektizid, das es je gab undwohl auch geben wird . Trotz 30jahrigen Ge-brauchs ist nie eine Tierart, auch keine Insekten-art, regional oder lokal durch DDT in ihrer Exi-stenz bedroht oder gar ausgerottet worden, wasman von zahlreichen anderen Einwirkungen desMenschen auf die Tierwelt leider nicht sagenkann .Das Hauptargument gegen das DDT ist seine

vorubergehende (nicht dauernde, wie oft behaup-tet wird) Speicherung im Fettgewebe von Warm-bliitern und des Menschen . Die dabei akkumu-lierte DDT-Menge lag fast immer weit unter10 ppm (parts per million = millionstel Teile ;z . B. 1 ppm = 1 mg pro kg Korperfett) . Nur inEinzelfallen wurden bei einigen fischfressendenMeeressaugern und Vogeln im Anschlul3 an um-fangreiche DDT-Anwendungen in KUstennaheAnreicherungen von DDT auf dem Wege aberdie Nahrungskette (Plankton-Fische-Fischfresser)im Grollenbereich von etwa 100 ppm festgestellt .Was es mit diesen Riickstanden in gesundheit-licher Beziehung auf sich hat, dariiber konnen dieUntersuchungen englischer Wissenschaftler anHUhnerembryos (1) ein Bild vermitteln . Den Em-bryos im Ei (also dem empfindlichsten Entwick-lungsstadium eines Tieres) wurde DDT in ver-

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schiedener Dosierung eingeimpft (d. h, in dermassivsten Form der Applikation einer Substanz) .Dabei zeigten sich bis zu einer Hohe von 500 ppm(bei dieser Dosis endeten die Versuche) keineSchaden bei den schliipfenden Kiicken . Entspre-chend ist denn auch von den beim Menschen fest-gestellten DDT-Spuren im Fettgewebe nie einegesundheitsschadliche Wirkung nachgewiesenworden. Ein biochemisch-okologisch arbeitendesForscher-Team der Universitat Bonn fal3te 1970das Ergebnis seiner sorgfaltigen Ermittlungenfiber die DDT-Wirkungen in dem Satz zusam-men: ,Nach unserer heutigen Kenntnis entstehtaus der Anwendung von DDT bei Einhaltung derempfohlenen Anwendungsbedingungen fur denMenschen keine Gefahr" (2) .Was als einigermaBen begriindet iiberbleibt

von den Anklagen gegen das DDT sind : ortlichbegrenztes Verhungern der Bruten von insekten-fressenden Vogeln, wenn die fiitternden Tierenach groBflachiger Anwendung von DDT nichtmehr geniigend Nahrung fur die Jungen fan-den, - angeblicher Tod von Drosseln, die inNordamerika nach oft wiederholter TropfnaB-Spritzung von Ulmen Regenwurmer frallen, inderen Korper sich das abgetropfte DDT akkumu-liert hatte, - and als Hauptargument : die Ab-nahme der Schalendicke bei Eiern einiger fisch-fressender Vogel z . B. der Silbermove (s . o . An-reicherung von DDT fiber die Wassernahrungs-kette) and im Gefolge damit das Zerdrtickender Eier durch die briitenden Tiere. Von diesenFallen scheint der letzte Fall der gravierendste,der auch stets bei Diskussionen fiber das DDTin den Vordergrund geriickt wurde . Aberselbst wenn man diesen vermuteten Zusam-menhang zwischen Eischalendicke and DDT alssicher annimmt (er ist physiologisch and toxi-kologisch bis jetzt nicht bewiesen), so gibter doch nur ein lokal and zeitlich eng be-grenztes Zeugnis aus einer Zeit, wo in eini-gen Gebieten der Erde, vor allem in den USA,in einem UbermaB and mit einer Leichtfertigkeitohnegleichen DDT angewendet wurde . DieseUber-Anwendung mit ihren z . T. sichtbaren Fol-gen (vor allem : Verhungern von Vogeln) gab deramerikanischen Schriftstellerin RACHEL CARSON

den AnstoB zu ihrem Buch „Silent Spring" (,,DerStumme Frtihling"), in welchem sie allerdings inunverantwortlicher and vollig unwissenschaft-licher Weise das DDT zum Weltverderber Nr . 1machte, dessen Gefahrlichkeit jene der Wasser-stoffbombe noch iibertreffe. Dieses Buch erregteweltweit ein ungeahntes Aufsehen . In ihm schienendlich bestatigt, was die meisten Menschen schonlange von allen diesen „vom Himmel regnendenGiften" vermuteten . Die ganze Aversion des heu-tigen Menschen gegen die Allmacht der Chemieschuf sich nunmehr in einem Anti-DDT-Feldzugein Ventil .

Man kann vielen Organisationen and Personenden Vorwurf nicht ersparen, daB sie - vielleicht

W. SCHWENKE : Waldschutz and DDT-Verbot

in bester Meinung, aber dennoch fachlich unbe-griindet - die Verteufelung dieses wichtigstenaller Pflanzenschutzmittel, das, wie gesagt, auchheute noch zur Rettung eines grollen Teils derMenschheit vor dem Verhungern benotigt wird,betrieben zu haben . Als ein Beispiel unter vielensei nur die regelmallige, von Millionen Menschenempfangene Fernsehsendung eines maBgeblichenVertreters des deutschen Naturschutzes genannt,der bei seinen Plaudereien fiber die bedrohteTierwelt nicht miide wurde, das DDT als argstesaller Ubel hinzustellen. So kam es, wie es kom-men mul3te : die verangstigte Bevolkerung inmehreren Landern forderte immer dringender einVerbot von DDT-Mitteln. Pflanzenschutzforscher,die fur das DDT eintraten, wurden ignoriert odergar als ,Handlanger der chemischen Industrie"diffamiert . Einige Regierungen, darunter die derBRD, gaben schlielllich dem Druck der Offent-lichkeit nach and erliellen DDT-Verbote, dieallerdings noch gewisse Ausnahmeregelungenenthielten .Das von der Regierung der BRD im Juli 1971

erlassene Verbot zur Anwendung von DDT wurdedamit begriindet, daB gesundheitliche Schadendes Menschen durch DDT zwar nicht erwiesen,aber auch nicht auszuschlieBen seien . Ein derartmotiviertes Verbot war schon deshalb wenigsinnvoll, weil zu dieser Zeit gerade dort, wo eszu Kontaminationen von Lebensmitteln mit DDTkommen konnte and damit Bekampfungsaktionenallenfalls EinfluB auf die menschliche Gesundheithatten nehmen konnen, namlich bei der Bekamp-fung von Schadlingen in der Landwirtschaft sowiein Haushalten, DDT-Praparate nur noch eine sehrgeringe Rolle spielten . So machten, nach einerMitteilung der Biologischen Bundesanstalt furLand- and Forstwirtschaft, Braunschweig, 1970,die in der Landwirtschaft der BRD 1969 verwen-deten DDT-Praparate weniger als 1 0/o der Pflan-zenschutzmittel aus. Den Landwirten and Gart-nern war die mit der DDT-Anwendung verbun-dene lange Karenzzeit (Wartezeit zwischen letzterAnwendung and Ernte) viel zu unbequem . Siehatten sich langt auf zwar teurere, aber kiirzerwirkende, weil schneller abbauende Mittel um-gestellt. Und in den Haushaltungen hatte dasDDT als Mittel vornehmlich gegen Fliegen ohne-hin keine Bedeutung mehr, da es kaurn nochHausfliegen-Stamme gibt, die nicht DDT resistentrind.Betroffen vom DDT-Verbot wurde somit nur

der Waldschutz, der zur Bekampfung einigerwichtiger Schadinsekten noch DDT benotigte . Eszeigt eindeutig den politischen Charakter desDDT-Verbots in der BRD, daB in einer Situation,wo praktisch nur noch die Forstwirtschaft DDTbenotigte, das DDT-Verbot erlassen, aber zugleichfur die Forstwirtschaft eine Ausnahmegenehmi-gung fur die nachsten Jahre erteilt wurde . Dasvon der Regierung angestrebte Ziel, sich ein

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umweltfreundliches Image zuzulegen, wurde da-mit jedoch erreicht. Die verangstigte Bevolkerungsah im DDT-Verbot eine groBe Umweltschutz-Tat .

Ist DDT im Waldschutz noch notwendig?Zum Zeitpunkt des Erlasses des DDT-Verbots

wurde DDT im Waldschutz noch zur Bekampfungvon 3 wichtigen Schadlingen bzw . Schadlings-gruppen unbedingt benotigt: dem GroBen Brau-nen Russelkafer, dem Kiefern- and dem Tannen-triebwickler sowie der Kiefernbuschhornblatt-wespen. Fur diese drei Schadlingsgruppen istcharakteristisch, daB ihr Erscheinen and damitihr SchadfraB sich fiber mehrere Wochen bis zueiner ganzen Vegetationsperiode hinzieht . Es gibtkein Insektizid aul3er DDT, dessen Wirkung beieinmaliger Ausbringung so lange anhalt . Wollteman anstelle von einmal DDT hier mehrere Malehintereinander einen anderen Wirkstoff ausbrin-gen, so wurde das keinen vertretbaren DDT-Ersatz bedeuten, sondern den Umweltschutz-Be-strebungen zuwiderlaufen .Der GroBe Braune Kulturriissel-

k a f e r, Hylobius abietis, ohne dessen standigeBekampfung auf groBen Flachen keine Fichten-und Kiefernwalder aufgezogen werden konnten,wurde bisher durch Tauchen der Pflanzen vordem Setzen in eine 1 °/oige DDT-Bruhe - z. T .auch spater, in etwas alteren Kulturen, durchSpritzen mit DDT-Bruhe, erfolgreich bekampft .Der angetrocknete DDT-Belag halt vom Fruhjahrbis Herbst vor and totet die wahrend dieser Zeitaus dem Winterlager oder aus den Entwicklungs-statten (den Stocken) hervorkommenden Kaferbeim Besteigen der Baumchen ab . Auf Grund von1971 and 1972 durchgefiihrten Versuchen glaubtman jetzt einen DDT-Ersatz in dem hochkonzen-trierten HCH-(Hexachlocyclohexan-)WirkstoffLindan gefunden zu haben. „Lindan-stark"-Prapa-rate erhielten auch bereits von der BiologischenBundesanstalt Braunschweig die vorlaufige An-erkennung als Mittel zur Tauchung von jungenPflanzen gegen Hylobius-FraB . Aber erst die mitdiesen Praparaten gewonnenen Erfahrungen wer-den dariiber entscheiden, ob diese Anerkennungbestehen bleiben kann. Bislang sieht es nichtdanach aus, denn „Lindan stark" weist gegenuberdem DDT folgende 6 Nachteile auf : 1 . es hat einekurzere Wirkungsdauer von nur etwa 3 Monatengegenuber 6 Monaten des DDT ; 2. wahrend dasDDT in Kontaktwirkung die an den Stammchenlaufenden Kafer abtotet, dringt das Lindan in dieRinde ein and wirkt als FraBgift, d. h . : die Kafermussen erst Rinde fressen and damit Schadenverursachen, ehe sie absterben ; 3. wie alle HCH-Mittel wirkt Lindan bei tieferen Temperaturenungeniigend, so daB bei der gerade im Mai, demHauptfrallmonat des Schadlings, oft herrschendenkiihlen Witterung trotz Bekampfung erheblicheFralschaden zu erwarten sind ; 4. am bedenk-lichsten ist die hygienische Seite: wahrend gegen

W. SCF WENKZ : Waldschutz and DDT-Verbot 51

die stark gepanzerten Kafer das DDT in 10facherDosierung zur Anwendung kommt (statt normal0,1 °/oig: 1 °/oig) mull Lindan in 50facher Dosierung(!) (statt normal 0,02 °/oig : I °/oig) angewendetwerden. Das zwingt aber in Anbetracht, dalI Lin-dan viel leichter als DDT verdampft and in dieAtemwege and die Haut gelangt, zur Anwen-dung besonderer SchutzmaBnahmen (Atemmaske,Handschuhe), die insbesondere an warmen Tageneine auBerordentliche Belastung der mit der Tau-chung beauftragten Personen darstellen ; 5 . gegen-uber dem DDT 1st Lindan auch wesentlich leichterim Bodenwasser loslich and birgt daher die Ge-fahr in sich, in das Grundwasser zu gelangen ;6. ein Schutz von Fichten- oder KiefernpflanzenI oder 2 Jahre nach dem Setzen mittels Spritzenist mit Lindan nicht oder nur unvollkommen mog-lich, weil dieser Wirkstoff bei etwas warmeremWetter schon zum groBen Teil in der Spruhwolkeverdampft.

Viele Forstdienststellen, die es satt haben, sichals umweltfeindlich hinstellen zu lassen, habentrotz dieser Nachteile bereits im vorigen Jahrdas Tauchverfahren gegen Hylobius von DDTauf Lindan-stark umgestellt. Ihre Erfahrungenwerden zeigen, ob Lindan-stark als DDT-Ersatzzur Hylobius-Bekampfung akzeptiert werdenkann .Im Gegensatz zum GroBen Braunen Russelkafer

hat man bei den an jungen Kiefern and Tannenschadenden T r i e b w i c k I e r n trotz zahlrei-cher Versuche noch kein Insektizid gefunden, dasals DDT-Ersatzmittel in Frage kame . Die beidenSchadlinge verursachen oft so starke Pflanzen-ausfalle, daB ohne BekampfungsmaBnahmenkeine geschlossenen Kulturen hochzubringensind. Insbesondere gilt dies fur den Kieferntrieb-wickler Rhyacionia buoliana, der im letzten Jahr-zehnt in Mitteleuropa an Starke standig zunimmt .Es ist abzusehen, daB auch bis Ende 1974 einwirkungsvolles Bekampfungsmittel nicht gefun-den wird. Das einzig Sinnvolle ware dann, dieAusnahmegenehmigung vom DDT-Verbot furdiese Schadlinge zu verlangern.Unverstandlich ist, warum der Gesetzgeber

die Bekampfung von Kiefernbuschhorn-b 1 a t t w e s p e n (Diprion-Arten) nicht mit inden Ausnahmekatalog zum DDT-Verbot einbe-zog. Diese Schadlingsgruppe, welche ausgedehnteAltkiefernbestande in kurzer Zeit zum Absterbenbringen kann, ist z . Z. ohne DDT-Anwendungvom Hubschrauber aus in verniinftiger, dem Um-weltschutz gegenuber vertretbarer Weise nichtbekampfbar. Im Juni 1960 muBten in Nordbayernetwa 5000 ha Kiefernwald, die 1959 von der Ge-meinen Buschhornblattwespe, Diprion pini, kahl-gefressen waren, durch Bespriihen mit DDT vordem TodfraB bewahrt werden. Die Blattwespenkonnen aus ihren im Waldboden uberwinterndenKokons vom Fruhjahr bis in den Sommer hineinin mehreren ,Wellen" schliipfen . Diprion pini

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M, AMIRESSAMI : Verhalten der Mycetomzellen nach Insectizid-Einwirkung

hatte 1960 zwei solcher Wellen, Anfang Mai andMitte Juni . Mit einem kurz wirkenden andschnell abbauenden Mittel wie z . B. einem Phos-phorsaureester, hatte jeder der zwei Schube ein-zeln bekampft werden mussen . Mit DDT war esdagegen moglich, durch nur eine Bekampfung derAfterraupen im Juli beide Schube zu vernichten(3) . Wie andere Beobachtungen ergaben, konnensogar 3 Schliipfwellen: im Mai, Juni and Juliauftreten. Soll man nun, wenn der Schadlingkunftig etwa in dieser Weise auftritt, dreimalhintereinander in monatlichem Abstand den Waldmit einem Phosphorsaure-Ester bespriihen?!

Nicht generelles, sondern differenziertesDDT-Verbot

So lange der Praxis keine nicht-chemischenMittel and Verfahren zur Schadlingsbekampfungzur Verfiigung stehen, mussen zur Sicherung andErhohung der landwirtschaftlichen Produktionsowie zur Erhaltung der Walder chemische Pflan-zenschutzmittel angewendet werden . Die Regie-rungen sollten ihre Hauptaufgabe darin sehen,mit allen Mitteln die Entwicklung nicht-chemi-scher, die Umwelt schonender Bekampfungsver-fahren zu untersti tzen and zugleich den noch not-wendigen Umgang mit chemischen Bekampfungs-mitteln so weit wie irgend moglich einzuschran-ken. Es diirfen nur dort chemische Mittel in derDosis and dem Umfang eingesetzt werden, woand wie es unbedingt notwendig ist . Um das zuerreichen, gilt es, die Beratungs- and Kontroll-arbeit des Pflanzenschutzdienstes wesentlich zuverstarken. Ein chemisches Pflanzenschutzmittelzu verbieten, d . h . es durch ein anderes zu er-setzen, tragt wenig dazu bei, um die Situationzu verbessern,Wenn man jedoch schon einmal in einem be-

stimmten Pflanzenschutzmittel ein nicht tragbaresUmweltrisiko sieht (wozu im Falle des DDT aller-dings kein begriindeter Anlal3 besteht), so mullder Grundsatz gelten, dieses Mittel nur insoweitzu verbieten, als sein gleichwertiger Ersatz ge-wahrleistet ist . Diesem Grundsatz, den auch eineEmpfehlung der FAO enthalt, folgen alle Lander,die sich zu Einschrankungen der DDT-Anwen-dung entschlossen haben . Es gibt aber keinenStaat, der these Einschrankung so rigoros durch-fiihrte wie die BRD. In keinem Land der Erdewird das DDT in absehbarer Zeit vollig verboten

sein. Es ist zu hoffen, dal3 die BRD bier nicht einenAlleingang unternimmt, sondern dal3 sie die vonihr bis Ende 1974 gewahrte Ausnahmegenehmi-gung fur einige Waldschadlinge auf unbestimmteZeit verlangert and zugleich auf die Buschhorn-blattwespen ausdehnt . Es hat keinen Sinn, fur dasFinden von Ersatzstoffen eine Frist zu setzen,denn Forschungsergebnisse lassen sich nicht ter-mingemai3 erzielen .Es ist zu hoffen, dal3 die Bundesregierung den

Mut and den Weitblick haben wird, ihre Haltungin der DDT-Frage kunftig nicht mehr so starknach der Meinung der Offentlichkeit auszurichten,sondern dal3 sie vielmehr versucht, durch Auf-klarung die unbegriindete Angst der Bevolkerungvor diesem Pflanzenschutzmittel abzubauen .Dieselbe Hoffnung and Bitte ist an die Natur-

schutzverbande zu richten . Sie konnen die ihnenin unserem Jahrhundert zugewiesenen groflenAufgaben nur erfiillen, wenn sie den Naturschutzals angewandte Naturwissenschaft auffassen andobjektiv an ihre Aufgaben herangehen. Hierhaben sie in ihren eigenen Reihen noch vielAufklarungsarbeit zu leisten .

SummaryForest protection and ban on applying DDT

The bans on applying DDT enacted by the govern-ments of BRD an other States are founded politicallybut not scientifically. DDT is the best and most harm-less insecticide we ever have had . Its accumulationwithin the fat body of animals and men for a certaintime does not cause pathological symptoms . Someeffects unfavourable to wildlife animals are conse-quences of incorrect application .In forest protection in Germany DDT is needed also

in future for controlling the weeviel Hylobius abietis,the lepidopters Rhyacionia buoliana and Choristo-neura murinana as well as the sawflies of genusDiprion . It is demanded of the legislator to prolongthe use of DDT in these cases until equivalent insec-ticides have been found. Lindan (y-BHC) -compoundsare not suitable for controlling Hylobius beetles .

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Department of Biology, University of Isfahan, Isfahan, Iran

Verhalten der Myeetomzellen naeh Insectizid-Einwirkungbei Pemphigus bursarius L. (Aphidina)

Von MOHSEN AMIRESSAMI

mit einer Abbildung

Einleitung

vor. Die Mycetomzellen der Pappel-BlattlausUber die Mycetomzellen von Blattlausen and Pamphigus bursarius L . sind in dem Fettgewebe

ihre Symbionten liegen mehrere Untersuchungen der hinteren Haute des Abdomens in groller Zahl