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i6 Einleitung des Herausgebers ersten Band des »Kapitals« sich >umzusehen< (V, 1 122). Bekannt war ihm die Theorie des Warenfetischismus wohl in erster Linie in ihrer Lukacs'schen Version; gleich vielen linken Intellektuellen seiner Generation verdankte Benjamin sein marxistisches Riistzeug weit- gehend dem Verdinglichungskapitel aus »Geschichte und Klassen- bewufksein«. Wie Lukacs den okonomischen Tatbestand des Warenfetischismus ins Philosophische zuriickiibersetzte und die Kategorie der Ver- dinglichung auf die Antinomien des burgerlichen Denkens anwandte, so wollte Benjamin mit der Kultur im Zeitalter des Hochkapitalismus verfahren. Das von Marx in den Wertabstraktio- nen der kapitalistischen Produktion aufgewiesene ideologische Bewufksein, dem die gesellschaftlichen Charaktere der Arbeit als gegenstandliche, dinghafte Charaktere der Arbeitsprodukte zunickgespiegelt werden, erkannte Benjamin in der gleichzeitig herrschenden »verdinglichten Vorstellung von Kultur« wieder, von der unterschlagen wird, dafi »die Schopfungen des menschlichen Geistes« »nicht ihr Entstehen allein sondern auch ihre Uberliefe- rung einer dauernden gesellschaftlichen Arbeit verdanken« (V, 1255). Das Schicksal der Kultur im neunzehnten Jahrhundert war nichts anderes als eben ihr Warencharakter, der Benjamin zufolge in den >Kulturgutern< als Pbantasmagorie sich darstellte. Phantasma- goric: Trugbild, Blendwerk, ist bereits die Ware selbst, in der der Tauschwert oder die Wertform den Gebrauchswert verdeckt; Phantasmagoric ist der kapitalistische Produktionsprozeft insge- samt, der sich den Menschen, die ihn vollziehen, als Naturmacht gegeniiberstellt. Was nach Benjamin die kulturellen Phantasmago- rien ausdriicken: »die Zweideutigkeit, die den gesellschaftlichen Verhaltnissen und Erzeugnissen dieser Epoche eignet« (V r 55), das bestimme auch bei Marx »die okonomische Welt des Kapitalis- mus«: eine Zweideutigkeit, welche »sehr deutlich z.B. an den Maschinen sichtbar [werde], die die Ausbeutung verscharfen statt das menschliche Los zu erleichtern« (K 3, 5). Der von Benjamin immer wieder gebrauchte Begriff der Phantasmagoric scheint nur ein anderes Wort fur das zu sein, was Marx den Fetischcharakter der Ware nannte; ein Wort uberdies, das sich bei Marx selbst bereits findet: im Fetischismuskapitel des »Kapitals« heifk es an einer beriihmten Stelle von dem »bestimmten gesellschaftlichen Verhalt- nis«, welches die Arbeit unter kapitalistischen Produktionsbedin- Einleitung des Herausgebers 27 gungen pragt, dafi es fur die Menschen »die phantasmagorische Form eines Verhaltnisses von Dingen« annehme 13 . Der Sachver- halt, der Marx vor Augen stand, ist das >notwendig falsche< Bewufitsein der biirgerlichen Okonomie, das deshalb nicht weniger falsch ist, weil es dies notwendig ist. Was Benjamin an der Kultur

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Walter Benjamin

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Page 1: Walter Benjamin

i6 Einleitung des Herausgebers

ersten Band des »Kapitals« sich >umzusehen< (V, 1 122). Bekannt war ihm die Theorie des Warenfetischismus wohl in erster Linie in ihrer Lukacs'schen Version; gleich vielen linken Intellektuellen seiner Generation verdankte Benjamin sein marxistisches Riistzeug weit- gehend dem Verdinglichungskapitel aus »Geschichte und Klassen- bewufksein«.

Wie Lukacs den okonomischen Tatbestand des Warenfetischismus ins Philosophische zuriickiibersetzte und die Kategorie der Ver- dinglichung auf die Antinomien des burgerlichen Denkens anwandte, so wollte Benjamin mit der Kultur im Zeitalter des Hochkapitalismus verfahren. Das von Marx in den Wertabstraktio- nen der kapitalistischen Produktion aufgewiesene ideologische Bewufksein, dem die gesellschaftlichen Charaktere der Arbeit als gegenstandliche, dinghafte Charaktere der Arbeitsprodukte zunickgespiegelt werden, erkannte Benjamin in der gleichzeitig herrschenden »verdinglichten Vorstellung von Kultur« wieder, von der unterschlagen wird, dafi »die Schopfungen des menschlichen Geistes« »nicht ihr Entstehen allein sondern auch ihre Uberliefe- rung einer dauernden gesellschaftlichen Arbeit verdanken« (V, 1255). Das Schicksal der Kultur im neunzehnten Jahrhundert war nichts anderes als eben ihr Warencharakter, der Benjamin zufolge in den >Kulturgutern< als Pbantasmagorie sich darstellte. Phantasma- goric: Trugbild, Blendwerk, ist bereits die Ware selbst, in der der Tauschwert oder die Wertform den Gebrauchswert verdeckt; Phantasmagoric ist der kapitalistische Produktionsprozeft insge- samt, der sich den Menschen, die ihn vollziehen, als Naturmacht gegeniiberstellt. Was nach Benjamin die kulturellen Phantasmago- rien ausdriicken: »die Zweideutigkeit, die den gesellschaftlichen Verhaltnissen und Erzeugnissen dieser Epoche eignet« (V r 55), das bestimme auch bei Marx »die okonomische Welt des Kapitalis- mus«: eine Zweideutigkeit, welche »sehr deutlich z.B. an den Maschinen sichtbar [werde], die die Ausbeutung verscharfen statt das menschliche Los zu erleichtern« (K 3, 5). Der von Benjamin immer wieder gebrauchte Begriff der Phantasmagoric scheint nur ein anderes Wort fur das zu sein, was Marx den Fetischcharakter der Ware nannte; ein Wort uberdies, das sich bei Marx selbst bereits findet: im Fetischismuskapitel des »Kapitals« heifk es an einer beriihmten Stelle von dem »bestimmten gesellschaftlichen Verhalt- nis«, welches die Arbeit unter kapitalistischen Produktionsbedin-

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gungen pragt, dafi es fur die Menschen »die phantasmagorische Form eines Verhaltnisses von Dingen« annehme 13 . Der Sachver- halt, der Marx vor Augen stand, ist das >notwendig falsche< Bewufitsein der biirgerlichen Okonomie, das deshalb nicht weniger falsch ist, weil es dies notwendig ist. Was Benjamin an der Kultur interessierte, war jedoch nicht so sehr der ideologische Gehalt, den Ideologiekritik in ihrer Tiefe aufdeckt, als ihre Oberflache oder Aufienseite, die Trug und Versprechen ineins enthalten. Die »vor allem durch die Warenproduktion bedingten Schopfungen und Lebensformen, welche dem vorigen Jahrhundert zu danken sind«, werden »in unmittelbarer Prasenz sinnlich >verklart<« (V, 1256): um diese unmittelbare Prasenz ging es ihm, das Geheimnis, dem er im Passagenwerk nachspiirte, war ein erscheinendes Geheimnis. Phan- tasmagorisch ist »der Glanz, mit dem die warenproduzierende Gesellschaft sich [. . .] umgibt« (V, 1256) - ein Glanz, der mit dem

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>schonen Schein< der idealistischen Asthetik kaum weniger zusam- menzuhangen scheint als mit dem Fetischcharakter der Ware. Phantasmagorien sind die »Zauberbilder des Jahrhunderts« (I, 1 1 53), sie sind »Wunschbilder« seines Kollektivs, mit denen es »die Unfertigkeit des gesellschaftlichen Produkts sowie die Mangel der gesellschaftlichen Produktionsordnung sowohl aufzuheben wie zu verklaren« (V, 46L) suchte. Zuvorderst scheint die Funktion der Phantasmagoric eine verklarende zu sein: so verklaren die Weltaus- stellungen den Tauschwert der Waren, indem sie die Abstraktheit ihrer Wertbestimmungen iiberblenden; so verklart der Sammler die Dinge, indem er den Warencharakter von ihnen abstreift; und so werden in den Passagen Eisenkonstruktion und Glasarchitektur verklart, weil »das Jahrhundert den neuen technischen Moglichkei- ten nicht mit einer neuen gesellschaftlichen Ordnung zu entspre- chen« vermochte (V, 1257). Als Ende 1937 Blanquis »L'Eternitepar les Astres« - eine spate, im Gefangnis geschriebene kosmologische Phantasmagoric des grofien Revolutionars- Benjamin in die Hande fiel, begegnete er seinen eigenen Spekulationen iiber das neun- zehnte Jahrhundert als Holle wieder. Das Scheinhafte alles Neuen, mit dem dies Jahrhundert als Moderne par excellence aufwartete, vollendete sich in seiner hochsten Idee, der des Fortschritts, die er

13 Karl Marx, Das Kapital I, in: Karl Marx/Fried rich Engels, Werke. BcL 23. 3. Aufl., Berlin 1969, S. 86.

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von Blanqui als »Phantasmagorie der Geschichte selbst« denunziert fand: »als ein unvordenklich Altestes, das im Gewand des Neuesten einherstolziert«, als ewige Wiederkunft des Gleichen, in der »die Menschheit als eine Verdammte« (V, 1256) figuriert. Von Blanqui war zu lernen, daft in der Phantasmagoric zugleich »die bitterste Kritik« , »die f urchtbarste Anklage gegen die Gesellschaf t« (V, 1 2 5 6 f .) beschlossen lag. Das Verklarende der Phantasmagoric schlagt urn in Aufklarung, in die Einsicht, »dafi die Menschheit solange der mythischen Angst ausgeliefert sein wird, wie die Phantasmagoric in ihr eine Stelle hat« (V, 1256). Dialektisch transzendiert das Jahrhun- dert in den Phantasmagorien seiner Kultur immer auch die >alte gesellschaftliche Ordnung<. Als »Wunschsymbole« sind die Passa- gen und Interieurs, die Ausstellungshallen und Panoramen »Ruck- stande einer Traumwelt« ; Blochisches Traumen nach vorwarts als Antizipation der Zukunft: »Jede Epoche traumt ja nicht nur die nachste sondern traumend drangt sie auf das Erwachen hin. Sie tragt ihr Ende in sich.« Indem es dieses Ende der zerfallenden biirgerli- chen Kultur zu bestimmen, es auch zu befordern sucht, wurde das dialektische Denken fur Benjamin zum »Organ des geschichtlichen Aufwachens« (V, 59).

»Die Eigenschaft, die der Ware als ihr Fetischcharakter zukommt, haftet der warenproduzierenden Gesellschaft selber an, nicht zwar so wie sie an sich ist, wohl aber so wie sie sich stets dann vorstellt und zu verstehen glaubt, wenn sie von der Tatsache, dafi sie eben Waren produziert, abstrahiert.« (X 13 a) Marx' Meinung war das schwerlich. Ihm zufolge besteht der Fetischcharakter der Ware umgekehrt darin, daft den Menschen die Charaktere ihrer Arbeit als das erscheinen, was sie sind: »als sachliche Verhaltnisse der Perso-

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nen und gesellschaftliche Verhaltnisse der Sachen« 14 ; das quid pro quo des Warenfetischismus erweist sich der Kapitalanalyse als ein objektives, nicht als Phantasmagoric Marx hatte den Gedanken abweisen miissen, die warenproduzierende Gesellschaft konne von der Tatsache, daft sie Waren produziert, auf andere Weise abstra- hieren, als indem sie, im Ubergang zu einer hoheren Gesellschafts- formation, konkret aufhorte, Waren zu produzieren. Es ist nicht schwierig, fiihrt aber nicht sehr weit, Benjamin seine Mifiverstand- nisse der Marxschen Theorie nachzuweisen. - An marxistischer

14 ebd., S. 87.

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Kunsttheorie, die er »bald bramarbasierend und bald scholastisch« befand (N 4 a, 2), zeigte Benjamin sich wenig interessiert; drei kurze Satze von Proust waren ihm wertvoller als das meiste, was auf dem Gebiet materialistischer Analyse existierte (K 3, 4). Die Mehrzahl der marxistischen Kunsttheoretiker erklart die Kultur als blofie Widerspiegelung der okonomischen Entwicklung: dem ver- weigerte sich Benjamin. Die Lehre von der asthetischen Widerspie- gelung erschien ihm bereits durch Marxens Bemerkung, »dafi die Ideologien des Uberbaus die Verhaltnisse falsch und verzerrt abspiegeln«, iiberholt (K 2, 5). Er schlofi daran die Frage an: »Wenn der Unterbau gewissermafien im Denk- und Erfahrungsmaterial den Uberbau bestimmt, diese Bestimmung aber nicht die des einfachen Abspiegelns ist, wie ist sie dann [. . .] zu charakterisieren? Als deren Ausdruck. Der Uberbau ist der Ausdruck des Unterbaus. Die okonomischen Bedingungen, unter denen die Gesellschaft existiert, kommen im Uberbau zum Ausdruck; genau wie beim Schlafer ein iibervoller Magen im Trauminhalt, obwohl er ihn kausal >bedingen< mag, nicht seine Abspiegelung sondern seinen Ausdruck findet.« (K 2, 5) Benjamin verfuhr im Passagenwerk nicht ideologiekritisch 15 , er hing der Idee einer materialistischen Physiognomik nach, die er wohl als Erganzung oder Erweiterung der marxistischen Theorie sich vorstellte. Physiognomik schliefk vom Aufieren aufs Innere, sie entziffert das Ganze aus dem Detail, stellt im Besonderen das Allgemeine dar. Nominalistisch geht sie vom leibhaften Diesda aus, induktiv setzt sie in der Sphare des Anschaulichen ein. Das Passagenwerk hat »es im Grunde mit dem Ausdruckscharakter der fruhesten Industrieerzeugnisse, der friihe- sten Industriebauten, der fruhesten Maschinen aber auch der fruhesten Warenhauser, Reklamen etc. zu tun« (N 1 a, 7); in diesen Ausdruckscharakteren hoffte Benjamin zu finden, was sich dem unmittelbaren Zugriff entzog, die Signatur des neunzehnten Jahr- hunderts. Ihm kam es »auf den Ausdruckszusammenhang an«: »Nicht die wirtschaftliche Entstehung der Kultur sondern der Ausdruck der Wirtschaft in der Kultur ist darzustellen.« (N 1 a, 6) Dokumentiert Benjamins Weg vom ersten zum zweiten Passagen- entwurf die Anstrengung, seine Arbeit gegeniiber den Anforderun-

15 vgl. Jiirgen Habermas, Walter Benjamin. Bewufitmachende oder rettende Kritik, in: Philosophisch-politische Profile. 3, AufL, Frankfurt a.M. 198 1, S. 336-376.

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gen des historischen Materialismus zu behaupten, so iiberlebten gerade in der physiognomischen Konzeption der Spatzeit ungebro- chen Motive, die in Metaphysik und Theologie beheimatet waren. Den Ausdruck der Wirtschaft in der Kultur darstellen, das war der Versuch, »einen wirtschaftlichen Prozefi als anschauliches Urpha- nomen zu erfassen, aus welchem alle Lebenserscheinungen der Passagen (und insoweit des 19. Jahrhunderts) hervorgehen« (N 1 a, 6). Bereits fur den »Ursprung des deutschen Trauerspiels« hatte Benjamin zur Explikation seines Wahrheitsbegriffs das Goethesche Urphanomen herangezogen 16 : der Begriff des Ursprungs im Trau- erspielbuch sollte »eine strenge und zwingende Ubertragung dieses goetheschen Grundbegriffs aus dem Bereich der Natur in den der Geschichte« sein: »Nun habe ich es in der Passagenarbeit auch mit einer Ursprungsergriindung zu tun. Ich verfolge namlich den Ursprung der Gestaltungen und Veranderungen der pariser Passa- gen von ihrem Aufgang bis zu ihrem Untergang und erfasse ihn in den wirtschaftlichen Fakten. Diese Fakten, angesehen unter dem Gesichtspunkt der Kausalitat, also als Ursachen, waren aber keine Urphanomene; das werden sie erst, indem sie in ihrer selbsteignen Entwicklung - Auswicklung ware besser gesagt - die Reihe der konkreten historischen Formen der Passagen aus sich hervorgehen lassen, wie das Blatt den ganzen Reichtum der empirischen Pflan- zenwelt aus sich herausfaltet.« (N 2 a, 4) Da kehren die metaphysi- schen Spitzfindigkeiten und theologischen Mucken in der Erkennt- nistheorie wieder, die doch abgetan schienen, nachdem sie an der Okonomie ihre ironische Demaskierung erfahren hatten. Urpha- nomene, die als Ausdruck wirtschaftlicher Fakten sich darstellen: wodurch waren sie unterschieden von den im Mittel der Empirie sich darstellenden Ideen des Trauerspielbuches? Es ist Benjamins friihe Vorstellung einer monadologischen Wahrheit, die auch das Passagenwerk in alien Stadien beherrschte und noch in den Thesen »Uber den Begriff der Geschichte« gultig blieb. Wenn im Trauer- spielbuch die Idee als Monade »das Bild der Welt« in sich birgt (I, 228), dann enthalt im Passagenwerk der Ausdruck als Urphanomen in sich das der Geschichte. An den konkreten historischen Formen, in denen die Okonomie ihren kulturellen Ausdruck findet, sollte das Wesen der kapitalistischen Produktion sich greifen lassen.

16 vgl. R. Tiedemann, a.a.O., S. 79-89.

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Blofier B egrif f lichkeit, deren Abstraktionen nicht zulangten, dieses Unwesen zu entzaubern, war ein mimetisch-anschauliches Korrek- tiv zugedacht, welches die Bilder sollte entziffern konnen, in denen das Allgemeine chiffriert war. Physiognomischem Denken fiel es zu, »die Monumente der Bourgeoisie als Ruinen zu erkennen noch ehe sie zerfallen sind« (V, 59). - Die Prolegomena zu einer materialistischen Physiognomik, die dem Passagenwerk zu entneh- men sind, zahlen zu den bedeutendsten Konzeptionen Benjamins. In ihnen kiindigt programmatisch jene asthetische Theorie sich an, die der Marxismus bis heute schuldig blieb. Ob die Ausfiihrung dem hatte geniigen konnen, was das Programm verspricht; ob Physiognomik ihrer materialistischen Aufgabe gewachsen gewesen ware, hatte nur die Ausfiihrung des Passagenwerks selbst erweisen konnen.

Veranderte Begriffe von Geschichte und Geschichtsschreibung sind die Klammer zwischen den beiden Entwiirfen des Passagenwerks. Ihre polemische Spitze ist gegen die im neunzehnten Jahrhundert

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herrschende Vorstellung von Fortschritt gerichtet. Mit der einen Ausnahme Schopenhauers, bei dem nicht zufallig die objektive Welt bereits den Namen der Phantasmagoric fiihrt, haften die idealistischen Philosophien den Fortschritt »zur Signatur des Geschichtsverlaufes im ganzen« (N 13, 1) gemacht und dadurch seiner aufklarerisch-kritischen Funktion ihn beraubt. Selbst das Marxische Vertrauen in die Entfaltung der Produktivkrafte hypostasierte den Fortschrittsbegriff und muftte Benjamin ange- sichts der Erfahrungen des zwanzigsten Jahrhunderts als unhaltbar erscheinen. Entsprechend hatte die politische Praxis der Arbeiter- bewegung vergessen, daft ein Fortschritt von Fertigkeiten und Kenntnissen noch keiner der Menschheit selber war; daft den Fortschritten in der Naturbeherrschung Ruckschritte der Gesell- schaft entsprachen (I, 700 f.). Benjamin forderte bereits im ersten Passagenentwurf eine die »Ideologie des Fortschritts« »an alien Teilen iiberwindende Geschichtsphilosophie« (O , 5), die er dann in den geschichtsphilosophischen Thesen ausfuhrte, deren Bild der Geschichte starker an Klages' morderisches Gaukelspiel zwischen Urbildern und Phantomen gemahnt als an die Dialektik von Produktivkraften und Produktionsverhaltnissen. Es ist jener Engel der Geschichte, der in einer der Thesen als Allegorie des - im

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Benjaminschen Sinn - historischen Materialisten auftritt 17 und vor dessen gelahmtem Blick alle bisherige Geschichte als Katastrophe daliegt, »die unablassig Triimmer auf Trummer hauft und sie ihm vor die Fiifie schleudert« (I, 697); von dem alle Kategorien, mit denen bislang Geschichte dargestellt wurde, aufter Kraft gesetzt werden: »alles >Allgemach< des Werdens« sieht dieser Materialist widerlegt, die »Entwicklung« erweist sich ihm als »scheinbare« (F°, 6; K i, 3), vor allem aber verzichtet er auf die »Herstellung einer Kontinuitat« (N 9 a, 5) der Geschichte, die einzig als eine des Schreckens Evidenz besafie, wahrend es ihm um Rettung und Erlosung zu tun ist. Der geschichtlichen Anschauung sollte im Passagenwerk nicht weniger als eine »kopernikanische Wendung« (F°, 7; K 1, 1-3) gegeben werden, nach der, analog zu Kants erkenntniskritischer Begriindung von Objektivitat in der Tiefe des Subjekts, vergangene Geschichte als in der Aktualitat fundiert sich zeigte. Eine Wendung erfuhr zunachst das Verhaltnis, unter dem in der historischen Erkenntnis Subjekt und Objekt, Gegenwart und Vergangenheit zusammenfinden: »Man hielt fiir den fixen Punkt. das >Gewesene< und sah die Gegenwart bemiiht, an dieses Feste die Erkenntnis tastend heranzufiihren. Nun soil sich dieses Verhaltnis umkehren und das Gewesene zum dialektischen Umschlag, zum Einfall des erwachten Bewufkseins werden. Die Politik erhalt den Primat iiber die Geschichte. Die Fakten werden etwas, was uns soeben erst zustiefi, sie festzustellen ist die Sache der Erinnerung.« (K i, 2) Der historische Blkkstrahl fallt nicht langer aus der Gegenwart zuriick in die Geschichte, sondern aus dieser voraus in jene. Benjamin suchte »aus dem Leben und aus den scheinbar sekundaren, verlorenen Formen« des neunzehnten Jahrhunderts »heutiges Leben, heutige Formen« abzulesen (N 1, 11). Das aktuelle Interesse fiir einen geschichtlichen Gegenstand fiihlt »sel- ber sich praformiert in jenem Gegenstande, vor allem aber« fiihlt »es jenen Gegenstand in sich selber konkretisiert, aus seinem Sein von damals in die hohere Konkretion des Jetztseins (Wachseins!) aufgeriickt« (K 2, 3). Der Gegenstand der Geschichte verandert sich weiter, wird zu einem im emphatischen Sinn geschichtlichen iiber- haupt erst, wenn er einer spateren Zeit aktuell wird. Die kontinu-

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17 vgl. R. Tiedemann, Historischer Materialismus oder politischer Messianismus? Politische Gehahe in der Geschichtsphilosophie Walter Benjamins, in: Materialien zu Benjamins Thesen »tJber den Begriff der Geschichte*. Hg. von Peter Bulthaup. Frankfurt a.M. 1975, S. 86.

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ierlichen Beziehungen in der Zeit, von denen Geschichte handelt, wurden bei Benjamin abgelost durch Konstellationen, in denen ein Gewesenes mit der Gegenwart derart zusammenfallt, dafi jenes zum »Jetzt« seiner »Erkennbarkeit« gelangt. Das »Jetzt der Erkennbarkeit«, von dem Benjamin gelegentlich als von >seiner< Erkenntnistheorie sprach (V, 1148), wurde aus einer doppelten Frontstellung gegen den Idealismus wie gegen einen positivisti- schen Historismus entwickelt. Wahrend der letztere den Geschichtsschreiber gleichsam in die Vergangenheit zuriickver- setze, um alles Gewesene, das als blofie »Masse der Fakten« »die homogene und leere Zeit« ausfiille (I, 702), allein aus sich heraus, >einfuhlend< zu verstehen, usurpierten die idealistischen Geschichtskonstruktionen umgekehrt die Perspektive der Zukunft und unterstellten in der Geschichte den Naturplan eines sowohl selbsttatig sich vollziehenden wie prinzipiell unabschlieftbaren Progresses. Von beiden wird »die Geschichte in allem was sie Unzeitiges, Leidvolles, Verfehltes von Beginn an hat« (I, 343), dem Vergessen iiberantwortet. Gerade dieses jedoch: das in der Geschichte Angelegte, aber von ihr nicht Eingeloste, ware Gegen- stand jener materialistischen Geschichtsschreibung, wie Benjamin sie im Passagenwerk iiben wollte. Dafi jedes Gewesene erst in einer bestimmten Zeit erkennbar wird, ist nicht der Willkur des Histori- kers anheimgegeben, sondern stellt eine objektive geschichtliche Konstellation dar. »Die Geschichte ist Gegenstand einer Konstruk- tion, deren Ort nicht die homogene und leere Zeit sondern die von Jetztzeit erfullte bildet. So war fur Robespierre das antike Rom eine mit Jetztzeit geladene Vergangenheit, die er aus dem Kontinuum der Geschichte heraussprengte. Die franzosische Revolution ver- stand sich als ein wiedergekehrtes Rom. Sie zitierte das alte Rom.« (I, 701) Nicht anders wollte Benjamin im Passagenwerk verfahren: die Gegenwart hatte den Text des Buches abgegeben, die Geschichte die Zitate in diesem Text; »Geschichte schreiben heifk [. . .] Geschichte zitieren« (N 11, 3).

Kopernikanische Wendung der geschichtlichen Anschauung - das hieft des weiteren und vor allem, dafi der traditionelle Wahrheitsbe- griff vom Kopf auf die Fiifte zu stellen war: »Entschiedne Abkehr vom Begriffe der >zeitlosen Wahrheit< ist am Platz. Doch Wahrheit ist nicht - wie der Marxismus es behauptet - nur eine zeitliche Funktion des Erkennens sondern an einen Zeitkem, welcher im

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Erkannten und Erkennenden zugleich steckt, gebunden. Das ist so wahr, dafi das Ewige jedenfalls eher eine Riische am Kleid ist als eine Idee.« (N 3, 2) Nicht als eigentlich geschehender, in der realen Zeitdimension sich erstreckender lafit an der Geschichte ihr Zeit- kern sich fassen, sondern wo Entwicklung einen Augenblick lang

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einsteht, die duvauMg des Geschehens zur atdaig gerinnt und Zeit zum Differential sich verdichtet; wo jeweils ein Jetzt sich als das »Jetzt einer bestimmten Erkennbarkeit« ausweist: »In ihm ist die Wahrheit mit Zeit bis zum Zerspringen geladen.« (N 3, 1) So hatte das Jetzt als »innerstes Bild« (O , 81) der Passagen selber, der Mode, des burgerlichen Interieurs; als Bild alles Gewesenen, um dessen Erkenntnis es im Passagenwerk ging, sich gezeigt. Benjamin fand solchen Konfigurationen von Gewesenem und Jetzt den Namen der »dialektischen Bilder« ; ihren Gehalt definierte er als den einer »Dialektik im Stillstand«. Dialektisches Bild und Dialektik im Stillstand bilden fraglos die zentralen Kategorien des Passagen- werks. Ihre Bedeutung jedoch blieb schillernd, sie gelangte zu keiner terminologischen Konsistenz. Mindestens zwei Bedeutun- gen lassen sich in Benjamins Texten unterscheiden, die einigerma- fien unvermittelt bleiben, jedenfalls nicht bruchlos zur Deckung zu bringen sind. Einmal - in dem Expose von 1935, das in diesem Punkt eher die Motive des ersten Entwurfs zusammenzufassen scheint - lokalisierte Benjamin die dialektischen Bilder als Wunsch- und Traumbilder im kollektiven Unbewufiten, dessen »Bildphanta- sie, die von dem Neuen ihren Anstofi erhielt«, auf »das Urver- gangne« zuriickweisen sollte: »In dem Traum, in dem jeder Epoche die ihr folgende in Bildern vor Augen tritt, erscheint die letztere vermahlt mit Elementen der Urgeschichte, das heifit einer klassen- losen Gesellschaft. Deren Erfahrungen, welche im Unbewufken des Kollektivs ihr Depot haben, erzeugen in Durchdringung mit dem Neuen die Utopie.« (V, 47) Die Moderne zitiere die »Urge- schichte* »durch die Zweideutigkek, die den gesellschaftlichen Verhaltnissen und Erzeugnissen dieser Epoche eignet. Zweideutig- kek ist die bildliche Erscheinung der Dialektik, das Gesetz der Dialektik im Stillstand. Dieser Stillstand ist Utopie und das dialekti- sche Bild also Traumbild. Ein solches Bild stellt die Ware schlecht- hin: als Fetisch.« (V, 55) Diese Satze zogen die entschiedene Kritik Adornos auf sich, der nicht zugestehen konnte, dafi das dialektische Bild »die Auffassungsweise des Fetischcharakters im Kollektivbe-

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wufksein« sei, da doch der Fetischismus der Ware gerade keine »Tatsache des Bewufttseins« ist (V, 1 128). Unter dem Eindruck der Adornoschen Ausstellungen hat Benjamin solche Gedankengange spater preisgegeben; in dem zweiten Expose wurden 1939 die entsprechenden Stellen als ihren Autor nicht mehr befriedigend fortgelassen (vgl. V, 11 57). 1940, in den Thesen »Uber den Begriff der Geschichte«, scheint dann die Dialektik im Stillstand fast wie ein heuristisches Prinzip zu fungieren, als ein Verfahren, nach dem der historische Materialist seine Gegenstande handhabt: >>Auf den Begriff einer Gegenwart, die nicht Uberg'ang ist sondern in der die Zeit einsteht und zum Stillstand gekommen ist, kann der historische Materialist nicht verzichten. Denn dieser Begriff definiert eben die Gegenwart, in der er fur seine Person Geschichte schreibt. [. . .] Der materialistischen Geschichtsschreibung [. . .] liegt ein konstruktives Prinzip zugrunde. Zum Denken gehort nicht nur die Bewegung der Gedanken sondern ebenso ihre Stillstellung. Wo das Denken in einer von Spannungen gesattigten Konstellation plotzlich einhalt, da erteilt es derselben einen Chock, durch den es sich als Monade kristallisiert. Der historische Materialist geht an einen geschichtli- chen Gegenstand einzig und allein da heran, wo er ihm als Monade entgegentritt. In dieser Struktur erkennt er das Zeichen einer messianischen Stillstellung des Geschehens, anders gesagt, einer revolutionaren Chance im Kampfe fur die unterdriickte Vergangen-

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heit.« (I, 702 f.) Tatsachlich war Benjamins Denken stets eines in dialektischen Bildern. Im Gegensatz zur Marxschen Dialektik, die »jede gewordne Form im Flusse der Bewegung [. . .] auffafit« 18 , suchte die seine, den Fluft der Bewegung anzuhalten, jedes Werden als Sein aufzufassen. Benjamins Philosophic eignete, mit Adornos Worten, »den Warenfetischismus sich selber zu: alles mufi ihr zum Ding sich verzaubern, damit sie das Unwesen der Dinglichkeit entzaubere« 19 . Sie verfuhr bildlich, indem sie geschichtlich-gesell- schaftliche Phanomene wie naturgeschichtliche zu >lesen< trachtete; die Bilder wurden ihr zu dialektischen durch den historischen Index jedes einzelnen. Im dialektischen Bild war ihr »das Gewesne einer bestimmten Epoche doch immer zugleich das >Von-jeher-Gewe- sene<« (N 4, 1), durch das es dem Mythischen verhaftet blieb;

18 Marx, a.a.O., S. 28.

19 Adorno, a.a.O., S. 17.

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zugleich jedoch sollte dem historischen Materialisten, der sich des Bildes bemachtigte, die Gabe beiwohnen, »im Vergangenen den Funken der Hoffnung anzufachen«, die geschichtliche Uberliefe- rung »von neuem dem Konformismus abzugewinnen, der im Begriff stent, sie zu iiberwaltigen« (I, 695). Durch die Stillstellung der Dialektik wird den geschichtlichen >Siegern< der Vertrag gekiin- digt und alles Pathos auf die Rettung des Unterdruckten gelegt. Offenkundig war die Fixierung diaiektischer Bildlichkeit fur Benja- min keine Methode, die der Historiker beliebigen Gegenstanden gegeniiber zu beliebigen Zeiten anwenden konnte. Geschichts- schreibung war f iir ihn so wenig wie fur Marx von politischer Praxis ablosbar: Rettung der Vergangenheit durch den Geschichte Schrei- benden blieb an die praktische Befreiung der Menschheit gebunden. Verglichen mit der marxistischen Vorstellung allerdings, derzu- folge »die kapitalistische Produktion [. . .] mit der Notwendigkeit eines Naturprozesses ihre eigne Negation« erzeuge 20 , iiberleben in Benjamins Theorie anarchistische und blanquistische Elemente: »In Wirklichkeit gibt es nicht einen Augenblick, der seine revolutionare Chance nicht mit sich fuhrte [. . .]. Dem revolutionaren Denker bestatigt sich die eigentumliche revolutionare Chance jedes geschichtlichen Augenblicks aus der politischen Situation heraus. Aber sie bestatigt sich ihm nicht minder durch die Schlusselgewalt dieses Augenblicks uber ein ganz bestimmtes, bis dahin verschlos- senes Gemach der Vergangenheit. Der Eintritt in dieses Gemach fallt mit der politischen Aktion strikt zusammen.« (I, 123 1) Die politische Aktion soil »sich, wie vernichtend immer, als eine messianische zu erkennen« (I, 123 1) geben. Der historische Mate- rialismus Benjamins ist von politischem Messianismus kaum zu scheiden. In einer spaten, vielleicht unter dem Schock des Hitler- Stalin-Pakts entstandenen Notiz formulierte er als »die Erfahrung unserer Generation : dafi der Kapitalismus keines natiirlichen Todes sterben wird« (X 11 a, 3). Dann aber konnte der Eintritt der Revolution nicht mehr mit Marxscher Geduld abgewartet werden, dann liefi sie sich nur noch als eschatologisches Ende der Geschichte denken: »Die klassenlose Gesellschaft ist nicht das Endziel des Fortschritts in der Geschichte sondern dessen so oft miftgluckte, endlich bewerkstelligte Unterbrechung.« (I, 123 1) Das Erwachen

20 Marx, a.a.O., S. 791.

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aus dem Mythos hatte dem messianischen Modell einer in der Erlosung stillgestellten Geschichte zu folgen, wie es dem Geschichtsschreiber des Passagenwerks vor Augen stand. »Das Subjekt historischer Erkenntnis ist die kampfende, unterdriickte Klasse selbst« (I, 700); den Historiker der Dialektik im Stillstand mag man als den Herold dieser Klasse sich vorstellen. Ihm ist »eine schwache messianische Kraft mitgegeben, an welche die Vergangen- heit Anspruch hat«, er stellt sich diesem Anspruch, wenn er jenes »unwiederbringliche Bild der Vergangenheit« festhalt, »das mit jeder Gegenwart zu verschwinden droht, die sich nicht als in ihm gemeint« erkennt (I, 694 f.)- Benjamin, der innerhalb der geschicht- lichen Evolutionen nur das mythische Immergleiche, aber keinen Fortschritt zu erkennen vermochte, diesen vielmehr nur als Sprung - als »Tigersprung ins Vergangene« (I, 701), der in Wahrheit ein Sprung aus der Geschichte heraus ist -, als Eintritt des messiani- schen Reiches denken konnte, suchte dieser mystischen Geschichtsauffassung mit einer Version von Dialektik zu entspre- chen, in der die Vermittlung vollig zugunsten des Umschlags zuriicktrat, das versohnende dem destruktiven und kritischen Moment weichen muftte. Seine »Absprengung« des dialektischen Bildes »aus dem Kontinuum des Geschichtsverlaufs« (N 10 a, 3) wulke sich eins mit jenem anarchischen Impuls, der in den Revolu- tionen es unternahm, die Zeit anzuhalten durch Einfiihrung eines neuen Kalenders oder indem man, wie im Paris der Juli-Revolution, nach den Turmuhren schofi. Der Blick, der die aus der Zeit herausgesprengten Dinge zu Bildern bannte, ist der gorgonische auf »die facies hippocratica der Geschichte«, die »erstarrte Urland- schaft« des Mythos (I, 343). In dem mystischen Augenblick aber, wo Gewesenes und Jetzt »blitzhaft« zu einer Konstellation zusam- mentreten; wo »im Jetzt der Erkennbarkeit« das Bild des Gewese- nen >aufblitzt< (N 9, 7), wird es zum dialektisch-umschlagenden, wie es aus der Perspektive des Messias oder, materialistisch gespro- chen, der Revolution sich darbietet. Allein aus dieser Perspektive zeichnete denn auch im Passagenwerk eine »echte Bestimmung« des Fortschritts sich ab : »In jedem wahren Kunstwerk gibt es die S telle, an der es den, der sich dareinversetzt, kuhi wie der Wind einer kommenden Friihe anweht. Daraus ergibt sich, daft die Kunst, die man oft als refraktar gegen jede Beziehung zum Fortschritt ansah, dessen echter Bestimmung dienen kann. Fortschritt ist nicht in der

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Kontinuitat des Zeitverlaufs sondern in seinen Interferenzen zu Hause.« (N 9 a, 7) In diesem Sinne mag selbst jene problematische Bestimmung des ersten Exposes zu retten sein, derzufolge im dialektischen Bild die mythisch-urgeschichtlichen Erfahrungen des kollektiven Unbewufiten »in Durchdringung mit dem Neuen die Utopie« erzeugen, »die in tausend Konfigurationen des Lebens, von den dauernden Bauten bis zu den fliichtigen Moden, ihre Spur hinterlassen hat« (V, 47). Um solche Spuren sichtbar zu machen, die >Abfalle der Geschichte< einzusammeln und fur deren Ende sie zu >retten<, ersann Benjamin die Dialektik im Stillstand: unternahm er den so paradoxen wie stupenden Versuch, im Geist eines antievolu- tionistischen Geschichcsverstandnisses dennoch Geschichte darzu- stellen. Als >messianischer Stillstellung des Geschehens< hatte der Dialektik im Stillstand obgelegen, jene Einsicht im Passagenwerk

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heimzubringen, die Benjamin langst besafi, als er an diesem zu arbeiten begann: dafi »das Profane [. . .] zwar keine Kategorie des [messianischen] Reichs, aber eine Kategorie, und zwar der zutref- fendsten eine, seines leisesten Nahens« ist (II, 204). So >erleuchtet< blieb bis zuletzt Benjamins Idee einer profanen Erleuchtung, so >inspiriert< seine materialistische Inspiration, so theologisch geriet, durch alle >Umschmelzungsprozesse< hindurch, der Benjaminsche Materialismus. Er war der historische wahrhaft nur als jene Puppe, den »die Theologie in ihren Dienst nimmt«. Gleichwohl sollte er »gewinnen« (I, 693). Man kann mit Fug bezweifeln, ob der intrikate Anspruch sich uberhaupt einlosen laftt. Dann mag der Leser, der geduldig die Topographie des Passagenwerks ausgeschritten und jedem Um- und Abweg, deren die Ausgabe ihm keinen erspart, gefolgt ist, am Ende eher Trummern als jungfraulichen Baumate- rialien sich gegeniiber wahnen. Auch von den Fragmenten des Passagenwerks gilt jedoch, was Benjamin iiber das deutsche Trauer- spiel des Barock schrieb : daft »aus den Trummern grofier Bauten die Idee von ihrem Bauplan eindrucksvoller spricht als aus geringen noch so wohl erhaltenen« (I, 409).

Die Ausgabe wird eroffnet mit den beiden Exposes, in denen Benjamin 1935 und 1939 sein Projekt zusammenfassend darstellte. Neben dem fruhen Aufsatz »Der Saturnring oder Etwas vom

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Eisenbau« sind die Exposes die einzigen Texte aus dem Passagen- komplex, die als abgeschlossen gelten konnen. Zur Veroffentli- chung waren die Exposes nicht bestimmt. Das friihere, deutsch- sprachige verfafke Benjamin fur das Institut fur Sozialforschung, welches das Passagenwerk daraufhin unter die von ihm geforderten Forschungsvorhaben aufnahm. Das franzosische Expose entstand auf Veranlassung Horkheimers, der mit ihm einen amerikanischen Mazen fiir Benjamin zu interessieren hoffte. Der bedeutendste, auch aufierlich bei weitem umfangreichste Teil der Ausgabe enthalt sodann das nach Themen und Gegenstanden geordnete Manuskript der »Aufzeichnungen und Materialien« : das eigentliche Passagenmanuskript, das wahrend des Krieges in der Bibliotheque Nationale versteckt war, Wahrscheinlich arbeitete Benjamin von Herbst oder Winter 1928 bis Ende 1929 und dann wieder ab Anfang 1934 an diesem Manuskript; die letzten Eintra- gungen erfolgten im Fruhjahr 1940, unmittelbar vor seiner Flucht aus Paris. Die Reihenfolge der Aufzeichnungen entspricht nicht der Chronologie ihrer Entstehung. Anscheinend legte Benjamin immer dann ein neues Konvolut an, wenn sich im Verlauf seiner Studien ein neues Thema ergeben hatte, das behandelt sein wollte. So wurde ' etwa das Konvolut m: MUfiiggang nicht vor Fruhjahr 1939 begon- nen. Innerhalb der einzelnen, nebeneinander fortgeschriebenen Konvolute diirften die Aufzeichnungen der Chronologie ihrer Nie- derschrift folgen. Aber auch diese ist nicht stets identisch mit der ihrer Entstehung: in denjenigen Konvoluten, die Themen gelten, welche die Arbeit bereits wahrend des ersten Stadiums bestimmt hatten, finden sich jeweils am Anfang Notizen, die Benjamin aus alteren Manuskripten ausgezogen und in das der »Aufzeichnungen und Materialien« iibertragen hat. In diesen Fallen sind die Aufzeich- nungen neu geordnet worden, und insoweit folgen die ersten Seiten der respektiven Konvolute auch bestimmten einsichtigen Prinzipien . Die spateren, seit 1934 geschriebenen Seiten sowie die uberhaupt

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erst 1934 und danach angelegten Konvolute insgesamt scheinen da- gegen ihre Anordnung im allgemeinen dem Zufall von Benjamins Studien oder, haufiger noch, dem seiner Lektiire zu verdanken. Die im Abdruck folgenden »Ersten Notizen« - fortlauf end gefiihrte Aufzeichnungen, die etwa Mitte 1927 angefangen und im Dezem- ber 1929, spatestens Anfang 1930 abgebrochen wurden - werden, obwohl ihr Inhalt weitgehend in das grofte Manuskript der »Auf-

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zeichnungen und Materialien« eingegangen ist, gleichfalls vollstan- dig mitgeteilt, weil allein mit ihrer Hilfe jener >Umschmelzungspro- zefi< sich nachvollziehen lafit, der den Ubergang vom ersten zum zweiten Stadium der Arbeit bestimmte.

Von den »Friihen Entwiirfen«, die den Abschlufi des Textteils bilden, entstammt der erste, »Passagen« iiberschriebene Text der allerfriihesten Phase der Arbeit, als Benjamin noch zusammen mit Franz Hessel einen Zeitschriftenartikel schreiben wollte. Verfafit wurde der auf Mine 1927 zu datierende Entwurf moglicherweise von Benjamin und Hessel gemeinsam. - In den »Pariser Passagen II« betitelten Texten ist Benjamins Versuch zu erblicken, jenen Essay zu schreiben, als den er um 1928/29 das Passagenwerk plante. Niedergeschrieben wurden diese Texte auf einem besonders kost- baren Buttenpapier, das Benjamin sonst niemals benutzt hat, zudem in einem bei ihm ganz ungewohnlichen Format: man mochte sich vorstellen, dafi er sich wie zu einem Fest an diese Niederschrift begab. Allerdings kam er nicht allzu wek. Die einzelnen, in sich abgeschlossenen Texte, deren Reihenfolge er nicht festgelegt hat, werden bald wieder von kommentierten und unkommentierten Zitaten und Literaturhinweisen abgelost und schlieftlich iiberwuchert. Wahrend sowohl die »Aufzeichnungen und Materialien« wie die »Ersten Notizen« in extenso und in der Anordnung der Manuskripte selber abgedruckt werden, glaubte der Herausgeber, bei den »Pariser Passagen II« anders verfahren zu sollen. Da die unausgefiihrten Notizen und die Zitate dieses Manuskripts entweder in die »Aufzeichnungen und Materialien« iibertragen worden oder als verworfen anzusehen sind, wurde auf ihren Abdruck verzichtet. Der Abdruck beschrankt sich auf die durchformulierten Texte, deren Anordnung vom Herausgeber besorgt wurde. Auch wenn diese Texte, die zu den gewichtigsten und, wenn das zu sagen erlaubt ist, zu den schonsten Benjamins gehoren, in den »Aufzeichnungen und Materialien« an verstreuten Stellen wiederbegegnen, so vermittelt ihr geschlossener Abdruck doch einen gewissen Eindruck von jenem Essay, an den Benjamin dachte, den er aber nicht geschrieben hat. - Der letzte Text, »Der Saturnring oder Etwas vom Eisenbau«, gehort gleichfalls dem ersten Arbeitsstadium an; nicht auszuschliefien ist, dafi es um einen vom Passagenkomplex abgezweigten Zeitschriftenartikel sich han- delt, der ungedruckt blieb.

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Der Leser, der sich mit den Exposes vertraut gemacht hat, wiirde sein Studium des Passagenwerks sinnvollerweise mit der Lektiire des Konvoluts N: ErkenntnistheoretischeSy Theorie des Fortscbritts beginnen, um danach erst dem Anfang'der »Aufzeichnungen und Materialien« sich zuzuwenden. Deren Lektiire wiederum konnte

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sich zunachst auf die in grofierem Schriftgrad gedruckten Stiicke beschranken, welcher Benjaminschen Reflexionen sowie solchen Exzerpten vorbehalten ist, die von ihm in irgendeiner, sei es auch embryonalen, Form kommentiert wurden. Unkommentierte Zitate und Aufzeichnungen, die lediglich Notate von Materialien darstel- len, Faktisches ohne jede Stellungnahme Benjamins festhalten, werden in kleinerem Schriftgrad gedruckt 21 . Im vollendeten Passa- genwerk ware zwar eine derartige Scheidung der Theorie vom Material gerade aufgehoben worden; in der f ragmen tarischen Gestalt jedoch, in der das Werk verblieb, ist den theoretischen Reflexionen Benjamins objektiv die Bedeutung zugewachsen, die Materialien in jenes Licht zu riicken, das er in ihnen entziinden wollte. Um so entschiedener ist freilich darauf zu insistieren, dafi voile Einsicht in Benjamins Intentionen allererst die Lektiire samtli- cber Aufzeichnungen, ein Studium noch des letzten verlorenen Zitats zu gewahren vermag.

21 Zu beachten 1st, dafi die Unterscheidung von grofierem und kleinerem Schriftgrad beim Abdruck der »Ersten Notizen« eine abweichende Bedeutung hat: hier bezeichnet der kleinere Schriftgrad Aufzeichnungen, die im Manuskript gestrichen und in ihrer Mehrzahl in die »Aufzeichmingen und Materialien« iibertragen worden sind.

Exposes

Paris, die Hauptstadt des XIX. Jahrhunderts

»Die Wasser sind blau und die Gewachse sind rosa; der Abend ist siifi anzuschauen;

Man geht spazieren. Die groften Damen gehen spazieren; hinter ihnen ergehen sich kleine Damen. «

Nguyen-Trong-Hiep: Paris capitate de la France. Recueil

de vers. Hanoi 1897. Poesie XXV.

I. Fourier oder die Passagen

»De.ces palais les colonnes magiques A l'amateur montrent de toutes parts, Dans les objets qu'etalent leurs portiques, Que l'industrie est rivale des arts.«

Nouveaux tableaux de Paris, Paris 1828. I, p. 27.

Die Mehrzahl der pariser Passagen entsteht in den anderthalb Jahrzehnten nach 1822. Die erste Bedingung ihres Aufkommens ist die Hochkonjunktur des Textilhandels. Die magasins de nouveau- tes, die ersten Etablissements, die grofiere Warenlager im Hause unterhalten, beginnen sich zu zeigen. Sie sind die Vorlaufer der Warenhauser. Es war die Zeit, von der Balzac schrieb: »Le grand

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poeme de l'etalage chante ses strophes de couleurs depuis la Madeleine jusqu'a la porte Saint-Denis. « Die Passagen sind ein Zentrum des Handels in Luxuswaren. In ihrer Ausstattung tritt die Kunst in den Dienst des Kaufmanns. Die Zeitgenossen werden nicht mude, sie zu bewundern. Noch lange bleiben sie ein Anzie- hungspunkt fur die Fremden. Ein »Illustrierter Pariser Fuhrer« sagt: »Diese Passagen, eine neuere Erfindung des industriellen Luxus, sind glasgedeckte, marmorgetafelte Gange durch ganze Hausermassen, deren Besitzer sich zu solchen Spekulationen verei- nigt haben. Zu beiden Seiten dieser Gange, die ihr Licht von oben erhalten, laufen die elegantesten Warenladen hin, so daft eine solche Passage eine Stadt, ja eine Welt im kleinen ist.« Die Passagen sind der Schauplatz der ersten Gasbeleuchtung.

Die zweite Bedingung des Entstehens der Passagen bilden die Anfange des Eisenbaus. Das Empire sah in dieser Technik einen Beitrag zur Erneuerung der Baukunst im altgriechischen Sinne. Der Architekturtheoretiker Boetticher spricht die allgemeine Uberzeu-

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gung aus, wenn er sagt, daf? »hinsichtlich der Kunstformen des neuen Systemes das Formenprinzip der hellenischen Weise« in kraft treten musse. Das Empire ist der Stil des revolutionaren Terroris- mus, dem der Staat Selbstzweck ist. So wenig Napoleon die funktionelle Natur des Staates als Herrschaftsinstrument der Biir- gerklasse erkannte, so wenig erkannten die Baumeister seiner Zeit die funktionelle Natur des Eisens, mit dem das konstruktive Prinzip seine Herrschaft in der Architektur antritt. Diese Baumei- ster bilden Trager der pompejanischen Saule, Fabriken den Wohn- hausern nach, wie spater die ersten Bahnhofe an Chalets sich anlehnen. »Die Konstruktion nimmt die Rolle des Unterbewufit- seins ein.« Nichtsdestoweniger beginnt der Begriff des Ingenieurs, der aus den Revolutionskriegen stammt, skh durchzusetzen, und die Kampfe zwischen Konstrukteur und Dekorateur, Ecole Poly- technique und Ecole des Beaux-Arts beginnen. Erstmals in der Geschichte der Architektur tritt mit dem Eisen ein kiinstlicher Baustoff auf. Er unterliegt einer Entwicklung, deren Tempo sich im Laufe des Jahrhunderts beschleunigt. Sie erhalt den entscheidenden Anstofi als sich herausstellt, dafi die Lokomotive, mit der man seit Ende der zwanzigerjahre Versuche anstellte, nur auf eisernen Schienen verwendbar ist. Die Schiene wird der erste montierbare Eisenteil, die Vorgangerin des Tragers. Man vermeidet das Eisen bei Wohnbauten und verwendet es bei Passagen, Ausstel- lungshallen, Bahnhofen - Bauten, die transitorischen Zwecken dienen. Gleichzeitig erweitert sich das architektonische Anwen- dungsgebiet des Glases. Die gesellschaftlichen Voraussetzungen fiir seine gesteigerte Verwendung als Baustoff finden sich aber erst hundert Jahre spater. Noch in der »Glasarchitektur« von Scheer- bart (1914) tritt sie in den Zusammenhangen der Utopie auf.

»Chaque epoque reve la suivante.« Michelet: Avenir! Avenir!

Der Form des neuen Produktionsmittels, die im Anfang noch von der des alten beherrscht wird (Marx), entsprechen im Kollektivbe- wufksein Bilder, in denen das Neue sich mit dem Alten durch- dringt. Diese Bilder sind Wunschbilder und in ihnen sucht das

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Kollektiv die Unfertigkeit des gesellschaftlichen Produkts sowie die Mangel der gesellschaftlichen Produktionsordnung sowohl aufzu-

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heben wie zu verklaren. Daneben tritt in diesen Wunschbildern das nachdriickliche Streben hervor, sich gegen das Veraltete - das heifit aber: gegen das Jiingstvergangene - abzusetzen. Diese Tendenzen weisen die Bildphantasie, die von dem Neuen ihren Anstoft erhielt, an das Urvergangne zuriick. In dem Traum, in dem jeder Epoche die ihr folgende in Bildern vor Augen tritt, erscheint die letztere vermahlt mit Elementen der Urgeschichte, das heifit einer klassen- losen Gesellschaft. Deren Erfahrungen, welche im Unbewufiten des Kollektivs ihr Depot haben, erzeugen in Durchdringung mit dem Neuen die Utopie, die in tausend Konfigurationen des Lebens, von den dauernden Bauten bis zu den fluchtigen Moden, ihre Spur hinterlassen hat.

Diese Verhaltnisse werden an der Fourierschen Utopie kenntlich. Deren innerster Anstofl liegt im Auftreten der Maschinen. Aber das kommt in ihren Darstellungen nicht unmittelbar zum Ausdruck; sie gehen von der Unmoral des Handelsgeschafts sowie von der in seinem Dienste aufgebotenen falschen Moral aus. Das phalanstere soil die Menschen zu Verhaltnissen zuriickfuhren, in denen die Sittlichkeit sich eriibrigt. Seine hochst komplizierte Organisation erscheint als Maschinerie. Die Verzahnungen der passions, das verwickelte Zusammenwirken der passions mecanistes mit der passion cabaliste sind primitive Analogiebildungen zur Maschine im Material der Psychologic Diese Maschinerie aus Menschen produziert das Schlaraffenland, das uralte Wunschsymbol, das Fouriers Utopie mit neuem Leben erfiillt hat. In den Passagen hat Fourier den architektonischen Kanon des phalanstere gesehen. Ihre reaktionare Umbildung durch Fourier ist bezeichnend: wahrend sie urspriinglich geschaftlichen Zwecken dienen, werden sie bei ihm Wohnstatten. Das phalanstere wird eine Stadt aus Passagen. Fourier etabliert in der strengen Formwelt des Empire die farbige Idylle des Biedermeier. Ihr Glanz dauert verblafk bis auf Zola. Er nimmt die Ideen Fouriers in seinem »Travail« auf, wie er von den Passagen in der »Therese Raquin« Abschied nimmt. - Marx hat sich Carl Griin gegeniiber schiitzend vor Fourier gestellt und dessen »kolossale Anschauung der Men- schen« hervorgehoben. Auch hat er den Blick auf Fouriers Humor gelenkt. In der Tat ist Jean Paul in seiner »Levana« dem Padagogen Fourier ebenso verwandt wie Scheerbart in seiner »Glasarchitek- tur« dem Utopisten Fourier.