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Events der Woche Storytelling Rock‘n‘Roll im Hafen Thees Uhlmann ist den meisten sicher als Frontmann der Indie- Band Tomte ein Begriff. Seit August ist Uhlmann allerdings erst einmal mit seiner gleich- namigen Soloplatte unterwegs. Darauf zu finden: Storytelling Rock‘n‘Roll vom Feinsten, Wall of Sound, Bläser, Klaviere und Hymnen verteilt auf zwölf Titel. Mit diesem und anderem Lied- gut wird der Sänger morgen im Rostocker M.A.U. Club zu Gast sein. Das Vorprogramm bestrei- ten Monta und die Imaginary Cities. Klingt spannend? Ist es auch! Einlass wird ab 20 Uhr gewährt. www.mauclub.de Herzensbrecher auf der Leinwand Ein junger Mann und eine junge Frau aus Montréal sind sich in- nig zugetan, können aber durch seine Homosexualität kein Paar werden. Beide verlieben sich in denselben geheimnisvollen Adonis und konkurrieren um ihn. Ein frecher und unbekümmerter Film, ein erfrischend wildes Kino, dass ihr vom 27. Oktober bis 2. November jeweils um 18 Uhr in der Alten Kachelofenfab- rik in Neustrelitz erleben könnt. www.basiskulturfabrik.de > > W i e a l t o d e r j u n g f ü h l t i h r e u c h ? A b w a n n i s t m a n e u r e r M e i n u n g n a c h a l t ? P h i l o s o p h i e r t u n d d i s k u t i e r t m i t u n s . E n t w e d e r a u f w w w . n o r d k u r i e r . d e / j u n o o d e r u n t e r w w w . f a c e b o o k . d e / n o r d k u ri e r . W ir f r e u e n u n s a u f e u r e K o m m e n t a r e , w ü n s c h e n v i e l, v i e l S p a ß b e i m G r ü b e l n u n d b e d a n k e n u n s r e c h t h e r z l i c h f ü r e u r e A u f m e r k s a m k e i t . M e r c i ! < < ............................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................ S EITE 23 F REITAG, 21. OKTOBER 2011 J UGEND TZ PZ PAZ HZ MZ SZS DZ IZ AZ MST MSM NBN NBF NBS TZ PZ PAZ HZ MZ SZS DZ IZ AZ MST MSM NBN NBF NBS Neubrandenburg (Anne Breitspre− cher). Wann ist man alt? Ist man mit 28 Jahren zu alt, um für eine Ju− gendseite zu schreiben? Sind die größtenteils über 50−Jährigen Nord− kurier−Leser zu alt, eine Jugendsei− te zu lesen? Was ist überhaupt Ju− gend? Unbeschwertheit? Pickel? Albernheit, Rebellion… und ist alles vorbei, wenn man alt ist – wann auch immer das ist? Manchmal hat das Leben einfach zu viele Fragen auf Lager. Zeit für Antworten! Zeit für das Dr. Sommer−Team! Vielleicht können die Bravo−Psy− chologen neben sexuellen und pu− bertären auch bei philosophischen Problemen weiterhelfen. Also, Dr. Sommer: Wann ist man alt? Keine zehn Minuten später erreicht mich folgende Antwort: „Hast Recht, lie− be Anne, das ist eine philosophi− sche Frage. Denn was bedeutet 'nicht mehr jung'? Wie definierst du das? Und gilt das dann für alle oder nur für dich? Meine Idee wäre, das du dieses Thema im Religions− oder im Ethikunterricht vorschla− gen könntest. Oder such dir Men− schen, die mit dir darüber diskutie− ren und philosophieren mögen. Ich wünsch dir viele schöne Gesprä− che. Liebe Grüße Jutta vom Dr.−Sommer− Team.“ Super Jutta, statt Antworten nur noch mehr Fragen. Das hat− te ich mir an− ders vorgestellt. Der Vorschlag mit dem Reli− gionsunterricht ist irgendwie schmeichelhaft, kommt jedoch über zehn Jahre zu spät. Zugege− ben, das konnte Jutta nicht wis− sen. Aber gegen Diskussionen und schöne Ge− spräche ist wirk− lich nichts einzu− wenden. Danke trotzdem. Anna studiert Erziehungswis− senschaften und Psycholo− gie in Erfurt, sie ist diskussions− bereit und 23 Jahre alt oder jung. Das vari− iert bei ihr. „Ich fühle mich im− mer dann alt, wenn mir auf− fällt, wie erwach− sen meine klei− ne Schwester schon ist“, sagt Anna. „Jung füh− le ich mich da− gegen, wenn ich immer noch eine riesen Freu− de beim Schaukeln auf dem Spiel− platz habe.“ Älter werden findet An− na einerseits beängstigend, weil es unumgänglich ist. Andererseits sei es für sie auch beruhigend, da es ganz natürlich sei. „Ich habe nur Angst davor, irgendwann einmal wehmütig an meine jungen Jahre zurückzudenken.“ Eine Befürchtung, die Emanuel gar nicht erst aufkommen lässt. „Ich glaube, die größte Angst vorm Älterwerden ist es, eines Tages fest− zustellen, dass man etwas verpasst hat. Das kann man dann nicht mehr nachholen. Ich denke nicht, dass mir das passieren kann, da ich ein recht intensives Leben führe“, sagt der 25−Jährige. Er genieße das Le− ben, egal wie es gerade läuft. „Wer sich zu viele Gedanken darüber macht, was die ,anderen' denken, wird nie glücklich und seine Jugend− lichkeit eines Tages ganz verlie− ren“, sagt der Student, der in Erfurt Bauingenieurwesen studiert. Be− sonders jung fühle er sich, wenn er das Leben in sich spürt und alt, wenn er mal wieder bemerkt, dass alle um ihn herum ihr Leben ändern und meinen, er müsse das jetzt auch tun, weil er ja jetzt älter sei. Lu− kas kann sich mit seinen 22 Jahren auch noch nicht recht mit dem Alter anfreunden, obwohl der Medien− kunst−Student eine recht romanti− sche Vorstellung davon hat. „Als al− ter Knacker sehe ich mich pfeif− chenschmauchend im Schaukel− stuhl vor meinem Strandhaus“. Ei− lig hat er es damit allerdings nicht. „Alt werden kann ich noch früh ge− nug“, erklärt Lukas. Wenn junge Mädchen um ihn rum sind, fühlt sich Andreas in der Regel ziemlich jung. Dem 25−jähri− gen Studenten der Kommunika− tionswissenschaften macht der Ge− danke ans Altern aber auch schon zu schaffen. „Ich habe Angst vor dem Alter und hoffe, dass es keiner merkt oder denkt, dass ich alt bin“, sagt er. Um sich jung zu halten, macht er einfach was er will, wann er will – ohne Rücksicht. Soll das heißen, junge Menschen sind skru− pellos und alte vielleicht nicht? Versuchen wir trotz schöner Ge− spräche auch den nüchternen Weg. Was sagt denn Wikipedia zu dem Thema: „Unter dem Alter ver− steht man den Lebensabschnitt rund um die mittlere Lebenserwar− tung des Menschen, also das Le− bensalter zwischen dem mittleren Erwachsenenalter und dem Tod. Das Altern in diesem Lebensab− schnitt ist meist mit einem Nachlas− sen der Aktivität und einem allge− meinen körperlichen Niedergang (Seneszenz) verbunden.“ Scheiße, kein Wunder, dass unsere Gesell− schaft der Jugend so nachläuft, wenn man Alter so definiert. Die ein− zelnen Religionen sind sich auch nicht ganz einig, was sie vom Älter− werden halten sollen. Im Buddhis− mus wird das Alter als Leiden begrif− fen. Na, schön. Im Judentum hin− gegen feiert man das Älterwerden. Allerdings nur unter der Vorausset− zung des lebenslangen Lernens, dass dem Alter angeblich den be− sonderen Wert verleiht. Eine Hürde, die vermutlich nicht jeder nehmen kann und will. Der Talmund, eines der bedeutendsten Schriftwerke des Judentums, unterscheidet zwi− schen dem „Alter“ ab 60 Jahren, dem „Greisenalter“ ab 70, dem „Ho− hen Alter“ mit 80 und den seltenen Stufen mit den tollsten Namen über− haupt. Denn Achtung: Menschen über 90 Jahren sind „dem Grabe zu− gebeugt“ und wer die 100 Jahre knackt, ist im Judentum „wie tot und der Welt entrückt“ erstrebens− wert klingt anders. Im Al− ten Testa− ment widerum wird das Alter mit Stärken wie Klugheit und Weis− heit in Verbindung gebracht, aber auch mit Schwächen wie nachlassender Liebesfä− higkeit, Sinnesleistung und Gesundheit. Weis− heit sei laut Bibel zwar eine Gabe des Alters, doch auch der alte Mensch sei gegen ju− gendliche Torheit nicht geschützt. Das ist eine irgendwie beruhigende Aussage. Eines haben alle Erklärungen aber gemeinsam – sie sind veraltet. Die moderne Wissenschaft nimmt Abstand von einer scharfen Definition von „alt vers. jung“, wie Prof. Dr. Dr. Gerald Kolb, Vorsitzen− der des Dachverbandes der Geron− tologischen und Geriatrischen Ge− sellschaft Deutschlands e.V. und damit Experte in Sachen Alterswis− senschaft, bestätigt. Demnach be− ginnt Altsein, wenn der Mensch sich nicht mehr um sich selbst küm− mern kann und der Körper nicht mehr richtig will. Ist dann aber ein 80−Jähriger, der alleine klar kommt und sich fit hält, nicht alt? Und ein 21−Jäh− riger, der bei Ma− ma wohnt und der vor 12 Uhr nicht alleine aus dem Bett kommt „wie tot und der Welt ent− rückt“? Die Wis− senschaft hatte ihre Chance. Was sagt eine Promis zur Al− tersfrage wie Ka− nurennsportle− rin und Olympio− nikin Birgit Fi− scher? Die 49− Jährige will im nächsten Jahr noch mal bei Olympia an den Start gehen, ob− wohl sie für den Leistungssport eigentlich schon zu alt wäre. „Wenn ich keine Ideen mehr ha− be und nicht mehr neugierig auf mich bin, wenn ich früh nicht mehr auf− stehen will, weil ich mich auf nichts freuen kann – dann bin ich alt“, so die Ausnahmesportlerin. Die Puhdys wünschten sich in einem ihrer größten Hits so „Alt wie ein Baum“ zu werden. Wie definie− ren die Rockerrentner das Alter heu− te? „Ich bin nach wie vor der Mei− nung, dass der Spruch: ,Man ist so alt wie man sich fühlt' treffend ist“, erklärt Keyboarder und Saxopho− nist Peter „Eingehängt“ Meyer. „Bei mir steht schon eine 7 vorn, aber Herz, Verstand und Liebesle− ben geben gut und gern vorn eine 3 her…“, sagt‘s und schmunzelt. „Und um mit Franz Kafkas Worten zu sprechen: Jeder, der sich die Fä− higkeit erhält Schönes im Leben zu erkennen, wird nie alt werden!“ Anna (23): „Ich habe nur Angst davor, irgendwann weh- mütig an meine jungen Jahre zurückzudenken.“ Lukas (22): „Alt werden kann ich noch früh genug.“ FOTOS (4): PAUL-RUBEN MUNDTHAL Andreas (25): „Ich habe Angst vor dem Alter und hoffe, dass es keiner merkt oder denkt, dass ich alt bin.“ Emanuel (25): „Man ist nur alt, wenn man sich auch so fühlt. Deswegen versuche ich das zu vermeiden.“ „In meinen Fotografien geht es um strukturelle gesellschaftliche Zwänge, das Älter werden und um die Dokumentation des Hier und Jetzt. Einige Serien ha- ben einen dokumentarischen Charakter, sie zeigen Bewegung und Orte und wirken auf den ersten Blick verschwommen. Andere Fotografien sind jedoch sehr fixiert, geplant und starr, nahezu leb- und zeitlos. Alle meine Arbeiten sind von der Art der Entstehung abhängig. Wenn ich mit meiner Mamiya Mittelfor- mat Kamera fotografiere, sind die Bilder von vornherein durchgeplant. Fotogra- fiere ich mit einer Yashica T3 Kompaktkamera entstehen Snapshots. Die hier publizierte Reihe trägt den Namen „Kopfsachen“ und ist eine Auswahl aus 22 Portraits. Diese Serie ist zusammen mit anderen Fotografien ab heute 20 Uhr in der Ausstellung „WAS BISHER GESCHAH“ in der Magdeburger Allee 137 in Erfurt zu sehen. Paul-Ruben Mundthal (22), gebürtiger Neubrandenburger, studiert seit 2009 an der Bauhaus Universität Weimar Medienkunst www.paulrubenmundthal.de „Man ist so alt, wie man sich fühlt.“ „Ich habe Angst vor dem Alter.“ Wann ist man zu alt, um jung zu sein? Worte vom Fotografen JUNO-Redakteurin auf der Suche nach Antworten und Lebensweisheiten

Wann ist man zu alt, um jung zu sein? - Nordkurier 21. Oktober

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Fotografien aus der Serie "Kopfsachen" für den Artikel "Wann ist man zu alt, um jung zu sein?" im Nordkurier vom 21. Oktober 2011

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Page 1: Wann ist man zu alt, um jung zu sein? - Nordkurier 21. Oktober

■ Events der Woche

Storytelling Rock‘n‘Roll im HafenThees Uhlmann ist den meisten sicher als Frontmann der Indie-Band Tomte ein Begriff. Seit August ist Uhlmann allerdings erst einmal mit seiner gleich-namigen Soloplatte unterwegs. Darauf zu fi nden: Storytelling Rock‘n‘Roll vom Feinsten, Wall of Sound, Bläser, Klaviere und Hymnen verteilt auf zwölf Titel. Mit diesem und anderem Lied-gut wird der Sänger morgen im Rostocker M.A.U. Club zu Gast sein. Das Vorprogramm bestrei-ten Monta und die Imaginary Cities. Klingt spannend? Ist es auch! Einlass wird ab 20 Uhr gewährt. www.mauclub.de

Herzensbrecher auf der LeinwandEin junger Mann und eine junge Frau aus Montréal sind sich in-nig zugetan, können aber durch seine Homosexualität kein Paar werden. Beide verlieben sich in denselben geheimnisvollen Adonis und konkurrieren um ihn. Ein frecher und unbekümmerter Film, ein erfrischend wildes Kino, dass ihr vom 27. Oktober bis 2. November jeweils um 18 Uhr in der Alten Kachelofenfab-rik in Neustrelitz erleben könnt.

www.basiskulturfabrik.de

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TZ PZ PAZ HZ MZ SZS DZ IZ AZ MST MSM NBN NBF NBS

Neubrandenburg (Anne Breitspre−cher). Wann ist man alt? Ist manmit 28 Jahren zu alt, um für eine Ju−gendseite zu schreiben? Sind diegrößtenteils über 50−Jährigen Nord−kurier−Leser zu alt, eine Jugendsei−te zu lesen? Was ist überhaupt Ju−gend? Unbeschwertheit? Pickel?Albernheit, Rebellion… und ist allesvorbei, wenn man alt ist – wannauch immer das ist? Manchmal hatdas Leben einfach zu viele Fragenauf Lager. Zeit für Antworten! Zeitfür das Dr. Sommer−Team!

Vielleicht können die Bravo−Psy−chologen neben sexuellen und pu−bertären auch bei philosophischenProblemen weiterhelfen. Also, Dr.Sommer: Wann ist man alt? Keinezehn Minuten später erreicht michfolgende Antwort: „Hast Recht, lie−be Anne, das ist eine philosophi−sche Frage. Denn was bedeutet'nicht mehr jung'? Wie definierst dudas? Und gilt das dann für alle odernur für dich? Meine Idee wäre, dasdu dieses Thema im Religions−oder im Ethikunterricht vorschla−gen könntest. Oder such dir Men−schen, die mit dir darüber diskutie−ren und philosophieren mögen. Ichwünsch dir viele schöne Gesprä−che. Liebe Grüße Jutta vomDr.−Sommer−Team.“

Super Jutta,statt Antwortennur noch mehrFragen. Das hat−te ich mir an−ders vorgestellt.Der Vorschlagmit dem Reli−gionsunterrichtist irgendwieschmeichelhaft,kommt jedochüber zehn Jahrezu spät. Zugege−ben, das konnteJutta nicht wis−sen. Aber gegenDiskussionenund schöne Ge−spräche ist wirk−lich nichts einzu−wenden. Danketrotzdem.

Anna studiertErziehungswis−senschaftenund Psycholo−gie in Erfurt, sieist diskussions−bereit und 23Jahre alt oderjung. Das vari−iert bei ihr. „Ichfühle mich im−mer dann alt,wenn mir auf−fällt, wie erwach−sen meine klei−ne Schwesterschon ist“, sagtAnna. „Jung füh−le ich mich da−gegen, wenn ichimmer nocheine riesen Freu−de beim Schaukeln auf dem Spiel−platz habe.“ Älter werden findet An−na einerseits beängstigend, weil esunumgänglich ist. Andererseits seies für sie auch beruhigend, da esganz natürlich sei. „Ich habe nurAngst davor, irgendwann einmalwehmütig an meine jungen Jahrezurückzudenken.“

Eine Befürchtung, die Emanuelgar nicht erst aufkommen lässt.„Ich glaube, die größte Angst vormÄlterwerden ist es, eines Tages fest−zustellen, dass man etwas verpassthat. Das kann man dann nicht mehrnachholen. Ich denke nicht, dassmir das passieren kann, da ich einrecht intensives Leben führe“, sagt

der 25−Jährige. Er genieße das Le−ben, egal wie es gerade läuft. „Wersich zu viele Gedanken darübermacht, was die ,anderen' denken,wird nie glücklich und seine Jugend−lichkeit eines Tages ganz verlie−ren“, sagt der Student, der in ErfurtBauingenieurwesen studiert. Be−sonders jung fühle er sich, wenn erdas Leben in sich spürt und alt,wenn er mal wieder bemerkt, dassalle um ihn herum ihr Leben ändernund meinen, er müsse das jetztauch tun, weil er ja jetzt älter sei. Lu−kas kann sich mit seinen 22 Jahrenauch noch nicht recht mit dem Alteranfreunden, obwohl der Medien−kunst−Student eine recht romanti−sche Vorstellung davon hat. „Als al−ter Knacker sehe ich mich pfeif−chenschmauchend im Schaukel−stuhl vor meinem Strandhaus“. Ei−lig hat er es damit allerdings nicht.„Alt werden kann ich noch früh ge−nug“, erklärt Lukas.

Wenn junge Mädchen um ihnrum sind, fühlt sich Andreas in derRegel ziemlich jung. Dem 25−jähri−gen Studenten der Kommunika−tionswissenschaften macht der Ge−danke ans Altern aber auch schonzu schaffen. „Ich habe Angst vordem Alter und hoffe, dass es keinermerkt oder denkt, dass ich alt bin“,sagt er. Um sich jung zu halten,macht er einfach was er will, wanner will – ohne Rücksicht. Soll das

heißen, junge Menschen sind skru−pellos und alte vielleicht nicht?

Versuchen wir trotz schöner Ge−spräche auch den nüchternenWeg. Was sagt denn Wikipedia zudem Thema: „Unter dem Alter ver−steht man den Lebensabschnittrund um die mittlere Lebenserwar−tung des Menschen, also das Le−bensalter zwischen dem mittlerenErwachsenenalter und dem Tod.Das Altern in diesem Lebensab−schnitt ist meist mit einem Nachlas−sen der Aktivität und einem allge−meinen körperlichen Niedergang(Seneszenz) verbunden.“ Scheiße,kein Wunder, dass unsere Gesell−schaft der Jugend so nachläuft,wenn man Alter so definiert. Die ein−zelnen Religionen sind sich auchnicht ganz einig, was sie vom Älter−werden halten sollen. Im Buddhis−mus wird das Alter als Leiden begrif−fen. Na, schön. Im Judentum hin−gegen feiert man das Älterwerden.Allerdings nur unter der Vorausset−zung des lebenslangen Lernens,dass dem Alter angeblich den be−sonderen Wert verleiht. Eine Hürde,die vermutlich nicht jeder nehmenkann und will. Der Talmund, einesder bedeutendsten Schriftwerkedes Judentums, unterscheidet zwi−schen dem „Alter“ ab 60 Jahren,dem „Greisenalter“ ab 70, dem „Ho−hen Alter“ mit 80 und den seltenenStufen mit den tollsten Namen über−haupt. Denn Achtung: Menschenüber 90 Jahren sind „dem Grabe zu−gebeugt“ und wer die 100 Jahreknackt, ist im Judentum „wie tot

und der Weltentrückt“ –erstrebens−wert klingtanders. Im Al−ten Testa−ment widerumwird das Altermit Stärken wieKlugheit und Weis−heit in Verbindunggebracht, aber auchmit Schwächen wienachlassender Liebesfä−higkeit, Sinnesleistungund Gesundheit. Weis−heit sei laut Bibel zwareine Gabe des Alters,doch auch der alteMensch sei gegen ju−gendliche Torheit nichtgeschützt. Das ist eineirgendwie beruhigendeAussage. Eines haben alleErklärungen aber gemeinsam – siesind veraltet.

Die moderne Wissenschaftnimmt Abstand von einer scharfenDefinition von „alt vers. jung“, wieProf. Dr. Dr. Gerald Kolb, Vorsitzen−der des Dachverbandes der Geron−tologischen und Geriatrischen Ge−sellschaft Deutschlands e.V. unddamit Experte in Sachen Alterswis−senschaft, bestätigt. Demnach be−ginnt Altsein, wenn der Menschsich nicht mehr um sich selbst küm−

mern kann undder Körper nichtmehr richtig will.Ist dann aberein 80−Jähriger,der alleine klarkommt und sichfit hält, nicht alt?Und ein 21−Jäh−riger, der bei Ma−ma wohnt undder vor 12 Uhrnicht alleine ausdem Bettkommt „wie totund der Welt ent−rückt“? Die Wis−senschaft hatteihre Chance.Was sagt einePromis zur Al−tersfrage wie Ka−nurennsportle−rin und Olympio−nikin Birgit Fi−scher? Die 49−Jährige will imnächsten Jahrnoch mal beiOlympia an denStart gehen, ob−wohl sie für denLeistungssporteigentlich schonzu alt wäre.„Wenn ich keineIdeen mehr ha−be und nichtmehr neugierigauf mich bin,wenn ich frühnicht mehr auf−stehen will, weilich mich aufnichts freuenkann – dann binich alt“, so die

Ausnahmesportlerin.Die Puhdys wünschten sich in

einem ihrer größten Hits so „Alt wieein Baum“ zu werden. Wie definie−ren die Rockerrentner das Alter heu−te? „Ich bin nach wie vor der Mei−nung, dass der Spruch: ,Man ist soalt wie man sich fühlt' treffend ist“,erklärt Keyboarder und Saxopho−nist Peter „Eingehängt“ Meyer.„Bei mir steht schon eine 7 vorn,aber Herz, Verstand und Liebesle−ben geben gut und gern vorn eine 3her…“, sagt‘s und schmunzelt.„Und um mit Franz Kafkas Wortenzu sprechen: Jeder, der sich die Fä−higkeit erhält Schönes im Leben zuerkennen, wird nie alt werden!“

Anna (23): „Ich habe nur Angst davor, irgendwann weh-

mütig an meine jungen Jahre zurückzudenken.“

Lukas (22): „Alt werden kann ich noch früh genug.“

FOTOS (4): PAUL-RUBEN MUNDTHAL

Andreas (25): „Ich habe Angst vor dem Alter und hoffe,

dass es keiner merkt oder denkt, dass ich alt bin.“

Emanuel (25): „Man ist nur alt, wenn man sich auch so

fühlt. Deswegen versuche ich das zu vermeiden.“

„In meinen Fotografien geht es um strukturelle gesellschaftliche Zwänge, dasÄlter werden und um die Dokumentation des Hier und Jetzt. Einige Serien ha-ben einen dokumentarischen Charakter, sie zeigen Bewegung und Orte undwirken auf den ersten Blick verschwommen. Andere Fotografien sind jedochsehr fixiert, geplant und starr, nahezu leb- und zeitlos. Alle meine Arbeiten sindvon der Art der Entstehung abhängig. Wenn ich mit meiner Mamiya Mittelfor-mat Kamera fotografiere, sind die Bilder von vornherein durchgeplant. Fotogra-fiere ich mit einer Yashica T3 Kompaktkamera entstehen Snapshots. Die hierpublizierte Reihe trägt den Namen „Kopfsachen“ und ist eine Auswahl aus 22Portraits. Diese Serie ist zusammen mit anderen Fotografien ab heute 20 Uhrin der Ausstellung „WAS BISHER GESCHAH“ in der Magdeburger Allee 137 inErfurt zu sehen. Paul-Ruben Mundthal (22), gebürtiger Neubrandenburger,studiert seit 2009 an der Bauhaus Universität Weimar Medienkunst

www.paulrubenmundthal.de

„Man ist so alt, wie mansich fühlt.“

„Ich habe Angst vordem Alter.“

Wann ist man zu alt,um jung zu sein?

Worte vom Fotografen

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