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Verwandlungskräfte Mut, Unbefangenheit und Vergebung Der unterschwelligen Angst begegnen Liebe Mitglieder und Freunde W ir leben in einer Welt, die von Furcht und Angst beherrscht wird. Wir begeg- nen ihnen in einer konkreten äußeren Gefahr oder Bedrohung oder als inneres Unbehagen angesichts einer zunehmenden Instabilität in den Jahreszeiten, der Ökologie, der Wirtschaft und angesichts einer hohen sozialen Komple- xität. Diese unterschwellige Angst kann sich auf vielerlei Weise manifestieren, beispiels- weise als Lähmung und Vermeidungsverhal- ten, im Leugnen der Lebenswirklichkeit, in Panikreaktionen sowie als Aggression und Gewalt gegenüber sich selbst und anderen. Die Lebensumstände verlangen immer wie- der, dass wir in uns selbst erkennen, wie oft wir der Herrschaft der Angst zum Opfer fallen, die unsere Wahrnehmungen und Reaktionen im Alltag so leicht prägt. Durch Selbstverwandlung zur Weltwirksamkeit Derzeit wird viel Aufmerksamkeit darauf gerichtet, Angst mit den Mitteln der Selbst- verwandlung anzugehen, um die Welt zu verändern. Drei Fähigkeiten helfen dabei: Mut, Unbefangenheit und Vergebung. Un- ter welchen Bedingungen lassen sich diese Qualitäten erwerben und leben? So hat beispielsweise die internationale Tagung ‹Courage› der Jugendsektion von 23. bis 27. April am Goetheanum rund 650 Schülerinnen und Schüler dazu gebracht, herauszufinden, was es bedeutet, Mut zu entwickeln. Eine Jugendtagung in Spring Valley (New York, US) wird sich von 8. bis 11. August auf ‹Questions of Courage› (Fra- gen des Mutes) konzentrieren. Die Sommer- tagung mit den vier Mysteriendramen Ru- dolf Steiners von 29. Juli bis 4. August am Goetheanum konzentriert sich auf Angst als Tor zu Gesundheit und Spiritualität. Das Social Initiative Forum ist ein wachsendes Netzwerk von Organisationen, Initiativen und Individualitäten. Es setzt sich aktiv da- für ein, Diskriminierung, Marginalisierung und Ungleichheit durch Unbefangenheit, Empathie und Vergebung zu überwinden. Das Forum wird von 18. bis 20. Oktober das Seminar ‹Ethischer Individualismus: Trans- formation von Selbst und Gesellschaft› am Goetheanum durchführen. Zudem findet von 12. bis 15. Dezember in Sekem (EG) das Forum ‹Unfolding Individual Potential for the Future› (Entfaltung individueller Zu- kunftspotenziale) statt. Wir laden Sie herzlich ein, durch Teilnah- me an diesen und anderen Veranstaltungen zu einer mutigen, offenen Zukunft beizu- tragen, die auf den Verwandlungskräften Vergebung und Liebe basiert. | Joan Sleigh, Goetheanum ■ Anthroposophische Gesellschaft Anthroposophie weltweit Was in der Anthroposophischen Gesellschaft vorgeht 6/19 31. Mai 2019 | 4.50 Franken Anthroposophie weltweit Nr. 6 Denkanstoß 3 Umgang mit der digitalen Welt Anthroposophische Gesellschaft 1 Der unterschwelligen Angst begegnen 2 Rudolf Steiner: Impfen 3 Brief von Justus Wittich 3 Initiative junger Mitglieder 4 Zusatz ‹Allgemeine› 4 Frankreich: An drei Orten 5 Deutschland: Zweigblatt 10 100. Geburtstag: Traute Lafrenz Page 11 Jaime Padró 11 Verstorbene Mitglieder Goetheanum 5 Leitung: Christus-Verständnis 5 Bühne: Angst und Gesundheit Freie Hochschule für Geisteswissenschaft 6 Medizinische Sektion: Wie stellen wir uns weltweit zum Thema Impfen? 7 Medizinische Sektion: Luzerner Psychiatrie 7 Anthroposophic Council for Inclusive Social Development: Aktuelles via Newsletter 8 Jugendsektion: Handeln aus dem Herzen (Tagung ‹Courage›) 9 Sektion für Redende und Musizieren- de Künste: Thomastik-Geige Anthroposophie in der Welt 9 Schweiz: Bedeutung und Ziel 9 Russland: Spirituelle Ökologie Forum 10 Zum Treffen der Zweigverantwort- lichen und zur Generalversammlung Feature 12 Sozialstudie ‹(Re)Search›: Immer in Entwicklung Mut entwickeln: Teilnehmende der Jugendtagung ‹Courage› auf dem Münsterplatz in Basel Foto: Tim Lucas Bauer

Was in der Anthroposophischen Gesellschaft vorgeht 6/19 · als Tor zu Gesundheit und Spiritualität. Das Social Initiative Forum ist ein wachsendes Netzwerk von Organisationen, Initiativen

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Page 1: Was in der Anthroposophischen Gesellschaft vorgeht 6/19 · als Tor zu Gesundheit und Spiritualität. Das Social Initiative Forum ist ein wachsendes Netzwerk von Organisationen, Initiativen

Verwandlungskräfte Mut, Unbefangenheit und Vergebung

Der unterschwelligen Angst begegnen

Liebe Mitglieder und Freunde

Wir leben in einer Welt, die von Furcht und Angst beherrscht wird. Wir begeg­

nen ihnen in einer konkreten äußeren Gefahr oder Bedrohung oder als inneres Unbehagen angesichts einer zunehmenden Instabilität in den Jahreszeiten, der Ökologie, der Wirtschaft und angesichts einer hohen sozialen Komple­xität. Diese unterschwellige Angst kann sich auf vielerlei Weise manifestieren, beispiels­weise als Lähmung und Vermeidungsverhal­ten, im Leugnen der Lebenswirklichkeit, in Panikreaktionen sowie als Aggression und Gewalt gegenüber sich selbst und anderen. Die Lebensumstände verlangen immer wie­der, dass wir in uns selbst erkennen, wie oft wir der Herrschaft der Angst zum Opfer fallen, die unsere Wahrnehmungen und Reaktionen im Alltag so leicht prägt.

Durch Selbstverwandlung zur Weltwirksamkeit

Derzeit wird viel Aufmerksamkeit darauf gerichtet, Angst mit den Mitteln der Selbst­verwandlung anzugehen, um die Welt zu verändern. Drei Fähigkeiten helfen dabei: Mut, Unbefangenheit und Vergebung. Un­ter welchen Bedingungen lassen sich diese Qualitäten erwerben und leben?

So hat beispielsweise die internationale Tagung ‹Courage› der Jugendsektion von

23. bis 27. April am Goetheanum rund 650 Schülerinnen und Schüler dazu gebracht, herauszufinden, was es bedeutet, Mut zu entwickeln. Eine Jugendtagung in Spring Valley (New York, US) wird sich von 8. bis 11. August auf ‹Questions of Courage› (Fra­gen des Mutes) konzentrieren. Die Sommer­tagung mit den vier Mysteriendramen Ru­dolf Steiners von 29. Juli bis 4. August am Goetheanum konzentriert sich auf Angst als Tor zu Gesundheit und Spiritualität. Das Social Initiative Forum ist ein wachsendes Netzwerk von Organisationen, Initiativen und Individualitäten. Es setzt sich aktiv da­für ein, Diskriminierung, Marginalisierung und Ungleichheit durch Unbefangenheit, Empathie und Vergebung zu überwinden. Das Forum wird von 18. bis 20. Oktober das Seminar ‹Ethischer Individualismus: Trans­formation von Selbst und Gesellschaft› am Goetheanum durchführen. Zudem findet von 12. bis 15. Dezember in Sekem (EG) das Forum ‹Unfolding Individual Potential for the Future› (Entfaltung individueller Zu­kunftspotenziale) statt.

Wir laden Sie herzlich ein, durch Teilnah­me an diesen und anderen Veranstaltungen zu einer mutigen, offenen Zukunft beizu­tragen, die auf den Verwandlungskräften Vergebung und Liebe basiert. | Joan Sleigh, Goetheanum

■ Anthroposophische Gesellschaft

Anthroposophie weltweitWas in der Anthroposophischen Gesellschaft vorgeht

6/19

31. Mai 2019 | 4.50 Franken Anthroposophie weltweit Nr. 6

Denkanstoß 3 Umgang mit der digitalen Welt

Anthroposophische Gesellschaft 1 Der unterschwelligen

Angst begegnen 2 Rudolf Steiner: Impfen 3 Brief von Justus Wittich 3 Initiative junger Mitglieder 4 Zusatz ‹Allgemeine› 4 Frankreich: An drei Orten 5 Deutschland: Zweigblatt 10 100. Geburtstag: Traute Lafrenz Page 11 Jaime Padró † 11 Verstorbene Mitglieder

Goetheanum 5 Leitung: Christus­Verständnis 5 Bühne: Angst und Gesundheit

Freie Hochschule für Geisteswissenschaft

6 Medizinische Sektion: Wie stellen wir uns weltweit zum Thema Impfen?

7 Medizinische Sektion: Luzerner Psychiatrie

7 Anthroposophic Council for Inclusive Social Development: Aktuelles via Newsletter

8 Jugendsektion: Handeln aus dem Herzen (Tagung ‹Courage›)

9 Sektion für Redende und Musizieren­de Künste: Thomastik­Geige

Anthroposophie in der Welt 9 Schweiz: Bedeutung und Ziel9 Russland: Spirituelle Ökologie

Forum 10 Zum Treffen der Zweigverantwort­

lichen und zur Generalversammlung

Feature 12 Sozialstudie ‹(Re)Search›:

Immer in Entwicklung

Mut entwickeln: Teilnehmende der Jugendtagung ‹Courage› auf dem Münsterplatz in Basel

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2 | Anthroposophie weltweit Nr. 6/19

Umgang mit der digitalen Welt

Wärme, Kraft und TechnologieAls Laura Scappaticci diesen Beitrag schrieb, saß sie an ihrem Laptop in einem Café, ein weit verbreitetes Bild in den heutigen USA. Wir haben Technologie bei uns, ob wir uns für sie interessieren oder nicht. Warum sollten wir uns für sie interessieren? Wie können wir sie als Werkzeug für eine Verbindung zur Anthroposophie und zueinander nutzen?

Die Anthroposophische Gesellschaft in Amerika nutzt Technologie, um

einen Raum zum Lernen und einen Ort für Begegnungen zu schaffen. Wir haben Webi­nare (interaktive Online­Kurse) zu anthropo­sophischen Themen wie Wirtschaft, Medi­tation und Gesundheit erstellt. Wir verwen­den digitale Plattformen für Zweigtreffen auf Landesebene, um uns über Aufgaben und neue Erkenntnisse auszutauschen. Wir haben einen Podcast (ähnlich einer Radio­sendung) mit Interviews mit Anthropo­sophen auf der ganzen Welt.

Ersetzt all dies den begabten Redner, der mit Menschen vor Ort arbeitet? Das wird nie der Fall sein. Jedoch werden Zuhörerinnen und Zuhörer durch Online­Technologien ermutigt, ein Thema entweder live oder zu einem für sie günstigen Zeitpunkt auf eine Weise zu erforschen, die leicht zugänglich, erschwinglich und ökologisch ist. Unsere Mitglieder danken uns für unsere via Inter­net bereitgestellten Inhalte und verweisen beispielsweise auf eingeschränkte Mobilität oder das Fehlen einer anthroposophischen Gemeinschaft in ihrer Region.

Kräfte der Seele stärken

Heutzutage werden die Menschen auf ihrem Lebensweg von Technologie begleitet. Per Google könnte ein suchender Mensch eine echte Frage stellen. Wenn er in die Suchmaschine eintippt: «Was ist Anthropo­sophie?», dann sollten wir diese Frage mit einem herzlichen, einladenden «Guten Tag» beantworten, mit einem Gruß, der einen Weg zur menschlichen Begegnung und Er­kenntnis bietet.

Gleichzeitig müssen wir für die Kräfte, mit denen wir arbeiten, wach sein. Rudolf Steiner sagt in ‹Kunst im Lichte der Mysterienweis­heit› (GA 275), Vortrag vom 28. Dezember 1914: «Es wäre das Allerfalscheste, wenn man nun etwa sagen würde, da müsse man sich sträuben gegen das, was nun einmal die Tech­nik uns in dem modernen Leben gebracht hat, man müsse sich hüten vor dem Ahriman, man müsse sich eben zurückziehen von die­sem modernen Leben. Das würde in gewis­sem Sinne eine spirituelle Feigheit bedeuten. Das wahre Heilmittel besteht darinnen, […] die Kräfte der Seele stark zu machen, damit das moderne Leben ertragen werden kann.

Ein tapferes Sich­Verhalten zum modernen Leben ist dasjenige, was notwendig ist nach dem Weltenkarma, und deshalb hat die wah­re Geisteswissenschaft diesen eigentüm­lichen Charakter, dass sie von vornherein […] mehr oder weniger sogar intensive Anstren­gungen von der menschlichen Seele fordert.»

Begegnungsmöglichkeiten

In unserer Arbeit mit dem Internet muss ein warmes Interesse für den anderen Men­schen sein. Wir können Technologie nicht in unser Leben einbeziehen und sie dabei ‹kalt› lassen. Wenn die Technologie uns isolieren kann, müssen wir sie nutzen, um dieser antisozialen Kraft entgegenzuwirken. Wir müssen uns bemühen, gemeinsam etwas Herzliches zu schaffen, eine Stimmung des Willkommens, ein Gefühl der Gemeinschaft. In unseren Online­Kursen fragen wir die Teilnehmenden, woher sie kommen, wir ver­wenden ihre Namen, wir beziehen Zeichnen und Schreiben mit ein.

Es ist nicht allen möglich, an Veranstal­tungen mit wirklich persönlichen Begeg­nungen teilzunehmen, aber wenn es doch möglich ist, dann können wir dadurch et­was Mächtiges und Tiefes schaffen, das in uns tage­, monate­ oder jahrelang lebt. Wir brauchen sowohl die Zugänglichkeit von Online­Räumen als auch von Erfahrungen aus direkten menschlichen Begegnungen, um all jene zu erreichen, die einen tieferen Sinn im Leben suchen.

Technologie ist ein Werkzeug, und wir können sie nutzen, oder sie nutzt uns. Wenn wir sie mit Aufgeschlossenheit und Kraft aufnehmen, kann sie zu einer positiven Erfahrung führen, die für das Reifen der Menschheit genutzt wird – und das kön­nen wir gemeinsam vollbringen. | Laura Scappaticci, Placerville (CA/US)

Web www.anthroposophy.orgAus dem Englischen von Sebastian Jüngel.

Laura Scappaticci ist Programm­direktorin der Anthroposophi­schen Gesellschaft in Amerika. Mit ihrem Hintergrund in der Erwachsenenbildung und Ver­anstaltungsplanung schafft Laura Scappaticci barrierefreie Bildungsmöglichkeiten für alle,

die sich für Anthroposophie interessieren. Sie lebt mit ihrem Mann und drei Kindern in Kalifornien.

■ DenkanstossRudolf Steiner

ImpfenFrage: Wenn die Verhältnisse so liegen, wie zum Beispiel in unserer Gegend, wo die Einwirkung durch die Erziehung und so weiter sehr schwie­rig ist, wie soll man sich da verhalten?

Da muss man eben impfen. Denn das fanatische Sichstellen gegen diese

Dinge ist dasjenige, was ich, nicht aus medizinischen, aber aus allgemein an­throposophischen Gründen, ganz und gar nicht empfehlen würde […]

Ich habe das immer, wenn ich mit Ärzten befreundet war, als etwas zu Be­kämpfendes angesehen, zum Beispiel bei Dr. Asch, der absolut nicht geimpft hat. Ich habe das immer bekämpft. Denn wenn er nicht impft, so impft eben ein anderer. Es ist ein völliges Unding, so im einzelnen fanatisch vorzugehen.

Siehe Beitrag von Georg Soldner auf Seite 6. Quelle Rudolf Steiner, GA 314, Zur Therapie und Hygiene, S. 287f.

Impressum Das Nachrichtenblatt ‹Anthroposophie weltweit. Was in der Anthroposophischen Gesellschaft vorgeht› erscheint monatlich in deutscher, eng lischer, französischer und spanischer Sprache als Mitglieder­beilage der Wochenschrift ‹Das Goetheanum› und zusätzlich im Direktversand. Herausgeber Allgemei­ne Anthroposophische Gesellschaft, vertreten durch Justus Wittich. Redaktion/Produktion Sebastian Jüngel (verantwortlich) Übersetzung Margot Saar (englischsprachige Aus gabe), Michael Kranawet vogl (spanischsprachige Ausgabe), Jean Pierre Ablard und Anselme Killian (französischsprachige Ausga­be; Koordination: Louis Defèche). Korrektur Merle Rüdisser. Adresse ‹Anthropo sophie weltweit›, Postfach, 4143 Dornach, Schweiz, Fax + 41 61 706 44 65, [email protected] • Die aktive Unterstüt­zung und Mitarbeit ist ausdrücklich erwünscht. Bezug Bezogen werden kann ‹Anthropo sophie weltweit› über www.anthroposophie.org/de/bestellen. Der digitale Bezug und der Bezug im Rahmen eines Abonnements der Wochenschrift ‹Das Goetheanum› sind für Mit­glieder kostenlos; beim Direktversand der gedruckten Ausgabe wird eine Spende zur Deckung der Unkosten er beten: www.anthroposophie.org/de/unterstuetzen. Druck Birkhäuser + GBC, 4153 Reinach, Schweiz Gestaltungskonzept nach Karl Lierl, DE­Unterföhring.

© 2019 Allgemeine Anthroposophische Gesellschaft, Dornach, Schweiz.

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Anthroposophie weltweit Nr. 6/19 | 3

■ Anthroposophische Gesellschaft

Initiative junger Mitglieder

Ein offenes OhrSeit der vorjährigen Generalversammlung arbeiten über zwölf Mitglieder bis 35 Jahre (überwiegend Studierende) an den Inhal-ten der Weihnachtstagung 1923/24.

Auf der diesjährigen Generalversamm­lung sind neue Wege der Zusammen­

arbeit zwischen Mitgliedern und dem Vor­stand am Goetheanum entstanden. Wir, eine Gruppe junger Mitglieder, die sich bil­dete, um sich mit der Weihnachtstagung 1923/24 zu beschäftigen, hatten die Möglich­keit, etwas von dem, woran wir gearbeitet haben, in die Praxis umzusetzen. Es zeigte sich, dass uns die Rhythmen der Grund­steinmeditation und die schönen Inhalte der Weihnachtstagung darauf vorbereiteten, einander trotz unterschiedlicher Ansichten respektvoll zu begegnen.

Gegenseitiges Vertrauen

Diese Art des Zusammenhaltens wird auch weiterhin unsere Ausrichtung sein. Es motivierte auch unseren Open Space wäh­rend der Generalversammlung, für die uns der Vorstand das Vertrauen schenkte, die Mitglieder offen einzuladen, ihre Anliegen zu äußern. Auf Grundlage des gegenseitigen Vertrauens konnten viele sehr kontroverse Diskussionen stattfinden; sie werden das ganze Jahr über auf persön liche Einladung in unserer Gruppe fortgesetzt.

Ein offenes Ohr für andere Mitglieder, die darauf blicken, wie sich die Weihnachts­tagung im Laufe der Zeit entwickelt hat, wird unser nächster Schwerpunkt sein. Die Arbeit an einem gemeinsamen Ideal könnte helfen, das Misstrauen in unserer Gesellschaft zu überwinden. | Michael Sölch, Bern (CH)

Kontakt (deutschsprachig) Michael Sölch, [email protected]

Kontakt (englischsprachig) Andrea De la Cruz, [email protected]

Allgemeine Anthroposophische Gesellschaft

Brief von Justus Wittich

Liebe Mitglieder der Anthroposophischen Gesellschaft!

Herzlich möchte ich Ihnen für das auf der Generalversammlung ausgesprochene

Vertrauen und Ihre Zustimmung zu meiner weiteren Mitwirkung im Vorstand und als Schatzmeister der Allgemeinen Anthropo­sophischen Gesellschaft danken. Auch die Mitarbeiterschaft des Goetheanum hat sich offensichtlich darüber gefreut, dass die Zu­sammenarbeit fortgesetzt werden kann. Beide Voten empfinde ich als einen ernsten Auftrag für mich.

Dichte Wochen gingen der General­versammlung und der Jahreskonferenz der anthroposophischen Weltgesellschaft mit zusätzlichen Konferenzen der verantwort­lichen Repräsentanten aus 30 Ländern vor­aus. Das Goetheanum ‹brummte› nur so, vor allem weil gleich darauf mehr als 1100 Erzie­herinnen aus Kindergärten in aller Welt und anschließend 700 Waldorfschüler/innen – alle unter dem Motto ‹Waldorf 100› – das Gebäude und den Campus bis in die letzte Ecke belebten. Hier konnte das Goetheanum in seiner Herzfunktion für eine kräftige Bewe­gung mit Zukunft wahrgenommen werden.

Bejahen des werdenden Menschen

Zusammen mit meinen Mit­Vorständen Joan Sleigh (für die englischsprachige Welt), Constanza Kaliks (zugleich Jugendsektion) und Matthias Girke (zugleich Medizinische Sektion) sowie den anderen Sektionsleiten­den des Goetheanum fühlen wir uns im eingeschlagenen Kurs für die Anthroposo­phische Gesellschaft bestärkt und ermutigt.

‹Im Herzschlag der Zeit› ist unser Motto in diesem Jahr, verbunden mit der Frage nach einem Wirksamwerden der Anthroposophie in ihrem bald beginnenden zweiten Jahr­hundert. Wie wird zum Beispiel im Sozialen gestaltet, die Zukunft im Handeln kennen­gelernt und überall der werdende Mensch bejaht? Konkrete Beispiele aus aller Welt, wie die Erkenntnis eines geistigen Zusam­menhanges lebenspraktisch wird, haben uns begeistert. Dazu ist eine Anthroposophische Gesellschaft notwendig! Jetzt gilt es, zusam­men mit Ihrer Initiative und Tätigkeit vor Ort und in Ihrer Lebenssituation die Aufgabe und das Bild der Anthroposophischen Gesell­schaft zu wandeln und sichtbar zu machen – denn nur gemeinsam wird uns dies gelingen.

So geht unser herzlicher Aufruf vor allem auch an alle Mitglieder der Freien Hochschu­le für Geisteswissenschaft! Als Repräsentant

der ‹anthroposophischen Sache‹ benötigen wir Ihr Engagement in der Arbeit vor Ort, in den Zweigen oder Gruppen (auch in der Regi­on oder Landesgesellschaft). Bringen Sie Ihre Erfahrungen und Sachthemen, mit denen Sie beruflich oder erkenntnismäßig in der Hoch­schule verbunden sind, ins besondere auch sich selbst rein menschlich mit in die anthro­possophische Arbeit in Ihrer Umgebung ein. Nur so kann die Hochschule die «Seele der Anthroposophischen Gesellschaft» (Rudolf Steiner) werden und zur Überwindung der Nöte der Gegenwart beitragen.

Sind Sie in einer anthroposophisch orien­tierten Institution oder Unternehmung tätig, lohnt es sich zu prüfen, ob diese schon der Charta unserer World Goetheanum Asso­ciation beigetreten ist und so im Verbund der weltweiten Tätigkeiten aus anthropo­sophischen Impulsen aktiv mitwirken kann. Weisen Sie Menschen auf das interessante World Goetheanum Forum zu Michaeli 2019 hin (www.worldgoetheanum.org).

Sich zivilgesellschaftlich engagieren

Und schließlich gilt es, sich individuell für zivilgesellschaftliche Einsätze zu wapp­nen, denn zurzeit gibt es Bevormundung gegenüber freien Entscheidungen des Ein­zelnen – etwa im Bereich der Anwendung anthroposophischer oder komplementär­medizinischer Therapien und Arzneimittel – auch in als liberal geltenden Ländern wie denen Skandinaviens. Ähnlich verhält es sich mit einem staatlich verordneten Impfzwang oder der Digitalisierung der Schule. Aus der bewuss ten Erkenntnisbemühung und Pflege des Lebens im Zusammenhang der Anthro­posophischen Gesellschaft könnten Initiati­ven und Allianzen für zivilgesellschaftliches Engagement erfolgen.

Gelingt eine solche Haltung aus dem er­kenntnis­ und schulungsmäßigen Umgang mit Anthroposophie, so kann die Anthropo­sophische Gesellschaft die Wirksamkeit der Geisteswissenschaft mit ihren vielfältig die lebenspraktischen Verhältnisse heilenden Beiträgen immer wieder erneut sichtbar werden lassen – was auch für viele jüngere Menschen ein klares Ziel sein könnte.

In diesem Sinne freuen wir uns in der Goetheanum­Leitung und der Mitarbei­terschaft sowie mit den Verantwortungs­trägerinnen und ­trägern in aller Welt mit Ihnen auf das bevorstehende Arbeitsjahr bis zur näch­sten großen Jahreskon­ferenz in der ersten April­woche 2020. | Ihr Justus Wittich, Goetheanum

Ein Teil der Gruppe junger Mitglieder berichtet bei der Jahreskonferenz 2019 aus ihrer Arbeit

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4 | Anthroposophie weltweit Nr. 6/19

■ Anthroposophische Gesellschaft

Frankreich

An drei OrtenDie Anthroposophische Gesellschaft in Frankreich lud erstmals die Mitglieder zu einem Treffen zeitgleich an drei Orten ein. Ergebnis: drei Mal so viele Teilnehmende.

Um den Mitgliedern der Anthroposophi­schen Gesellschaft in Frankreich eine di­

rektere Begegnung zu ermöglichen, hat der Vorstand am 23. Februar 2019 alle Mitglieder zu einem Treffen eingeladen, das zeitgleich an drei verschiedenen Orten stattfand. Jahrzehntelang fanden die halbjährlichen Treffen von Zweig­ und Gruppenverantwort­lichen in Paris statt – mit durchschnittlich je 30 bis 50 Personen (von 1220 Mitglie­dern). In diesem Jahr kamen insgesamt fast 150 Mitglieder nach Colmar, Avignon und Paris, um sich über das Thema ‹Welche Zukunft für die Anthroposophische Gesell­schaft – und wie kann ich dazu beitragen?› auszutauschen.

Allein die reichen Momente des Austau­schens in Plenum und Arbeitsgruppen, das Begegnen in den Pausen, die Gelegenheit, neue Menschen kennenzulernen, lassen uns wünschen, dass diese Initiative wiederholt wird.

In diesem Zusammenhang gab es noch eine weitere Premiere: Die Technik ließ uns gleichzeitig am Geschehen an den drei Standorten teilhaben. Wir nahmen mit dem nötigen Bewusstsein die finanzielle Situa­tion, die der Schatzmeister Marc Brosius lebendig und kompetent präsentierte, und weitere Aspekte des anthroposophischen Lebens als nachvollziehbar und interessant, aber auch herausfordernd auf.

Wärme, Licht und Leben

Viele erlebten diesen Tag als von Wär­me, Licht und Leben erfüllt. Freude und Be geiste rung sind in den Herzen vieler Mitglieder entstanden. Dank der Betei­ligung aller wurde an drei Orten ein Raum geschaffen, der für eine Lebensform steht, die dazu dient, das Wesen Anthroposophia aufzunehmen.

Solche Samen mögen der Anthropo­sophischen Gesellschaft eine Zukunft ge­ben, die sich ihrem 100­jährigen Bestehen nähert und eine Metamorphose durchlaufen muss, damit sie ihren Impuls bestmöglich in die heutige Zeit einbringen kann. | René Becker, Landesrepräsentant der Anthroposo-phischen Gesellschaft in Frankreich

Aus dem Französischen von Sebastian Jüngel.

Web www.anthroposophie.fr

Zusatz ‹Allgemeine›

Warum Allgemeine Anthroposophische Gesellschaft?Uwe Werner ist es ein Anliegen, zu erläutern, dass der Zusatz ‹Allgemeine› im Namen der Gesellschaft der Weihnachtstagung 1923/24 enthalten ist. Er bezieht sich dabei auch auf den Antrag 7 von Eva Lohmann-Heck und Thomas Heck vom 15. Februar 2019 (‹Anthroposophie weltweit› Nr. 3/2019 und unter www.anthroposophie.org).

Aus dem genauen Hinschauen auf die Entstehung der Gesellschaft ist die Be­

deutung des Namens ‹Allgemeine Anthropo­sophische Gesellschaft› ablesbar. Allerdings scheinen Rudolfs Steiners Äußerungen in diesem Punkt zunächst widersprüchlich. Das zeigt sich in seinem Bericht über die Weih­nachtstagung 1923/24 im Titel des an der Tagung beschlossenen Nachrichtenblatts ‹Was in der Anthroposophischen Gesell­schaft vorgeht›. Titel seines Berichts vom 13. Januar 1924: ‹Die Bildung der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft durch die Weihnachts­Tagung 1923›, der erste Satz: «Der anthroposophischen Gesellschaft eine Form zu geben, wie sie die anthroposophi­sche Bewegung zu ihrer Pflege braucht, das war mit der eben beendeten Weihnachts­tagung am Goetheanum beabsichtigt.»

Bezeichnung des Innenraums und der Form

Hier ist eindeutig, dass Rudolf Steiner die Gesellschaft ‹Allgemeine Anthroposophi­sche Gesellschaft› nannte. Warum spricht er gleich darauf nur von der «anthropo­sophischen Gesellschaft» – wie auch im Titel des Nachrichtenblatts, durchwegs im Text der Statuten selbst und auch auf den Mitgliedskarten? Selbstverständlich gehört auch der Name zur Form der Gesellschaft; aber wenn es um das ‹Anthroposophische› der Gesellschaft geht – um ihren Innenraum –, sind die Statuten das Formentscheidende; dass sie eine ‹Allgemeine› ist, tritt in den Hintergrund. Rudolf Steiner charakterisier­te einen solchen Innenraum während der Gründungsversammlung der englischen Landesgesellschaft am 2. September 1923, als er sagte, es müsse eben die Konstitution der Gesellschaft so sein, «dass gewisserma­ßen […] auch eine Art Vakuum geschaffen wird, ein leerer freier Raum, in dem sie sich wirklich entfaltet» (GA 259, S. 604).

Es ist ja leicht zu erkennen und für jeden einsehbar, dass Rudolf Steiner bei jeder Grün­dung einer Landesgesellschaft, an der er im Laufe des Jahres 1923 teilnahm, betonte, dass aus den nationalen Gesellschaften zu Weihnachten 1923 in Dornach der Zusam­menschluss zur Internationalen Anthropo­sophischen Gesellschaft hervorgehen solle (GA 259). So sah es noch das Programm der Einladung zur Weihnachtstagung vor (GA

260, S. 28f.). Schon in seinem Eröffnungs­vortrag am 24. Dezember 1923 unterstrich Rudolf Steiner dezidiert, dass die Bezeich­nung ‹Internationale› durch ‹Allgemeine› ersetzt werden müsse (GA 260, S. 41). Dieser Übergang ist schon in Rudolf Steiners Aus­führungen am genannten 2. September 1923 während der Gründung der englischen Lan­desgesellschaft spürbar: «Es ist das einfach ein okkultes, sagen wir, Gesetz, dass jede wirklich tragfähige und fruchtbare spiritu­elle Bewegung allgemein menschlich ist, dasjenige ist, was man im trivialen Leben international nennt […]» Und weiter: «Das hindert natürlich nicht, dass sie gerecht wird allen menschlichen Gruppenzusammenhän­gen. Man kann ebenso gerecht sein gegen seine eigene Nation wie gegen die anderen. Jede Nation hat selbstverständlich mehr oder weniger ihre großen Impulse in die Gesamt­menschheit zu tragen. Und zu glauben, dass das Internationale verknüpft ist mit einer Missachtung etwa des eigenen Nationalen, das ist gar nicht berechtigt. Gerade innerhalb des Internationalen werden die Gesichts­punkte gegeben, um das eigene Nationale in der richtigen Weise zu taxieren und in das richtige Licht zu stellen.» (GA 259, S. 604f.)

Föderativer Gestus

Aus seiner Sicht soll demnach das ‹Inter­nationale›, das das ‹Allgemeine› ist, nicht das ‹Nationale›, das ‹Spezifische›, auslöschen, wenn es um das ‹Allgemein­Menschliche› geht, sondern ihm in der gemeinsamen Ge­sellschaft Rechnung tragen. Der Duktus der Bildung der Gesellschaft war, wie gesagt, zunächst die Landesgesellschaften – also das Spezifische – am Ort zu gründen und zusammen – aus der Peripherie – die ge­meinsame ‹allgemeine› Gesellschaft zu bil­den – und nicht das Gegenteil. Das war ein föderativer Gestus. Wenn heute seitens der Goetheanum­Leitung vorgeschlagen wird, in der Gesellschaft ein konsultatives Organ der Länderrepräsentant/inn/en zu bilden, er­scheint mir das als eine sinnvolle Weiterent­wicklung des Statuts der Weihnachtstagung.

In diesem Sinne meine ich, dass die Bedeutung des Zusatzes ‹Allgemeine› im Namen der Gesellschaft an der Weih­nachtstagung nicht unterschätzt werden sollte. | Uwe Werner, Malaucène (FR)

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■ Anthroposophische Gesellschaft

Goetheanum-Bühne

Angst und GesundheitWährend der Sommertagung ‹Spiritua-lität. Angst und Gesundheit› von 29. Juli bis 4. August führt die Goetheanum-Bühne die Mysteriendramen Rudolf Steiners auf.

Was ich innen erlebe, ist immer mehr sofort außen relevant – da gibt es kei­

ne Schon­ und Schutzzone.» Das sagt Gioia Falk. Sie trägt die künstlerische Gesamt­verantwortung der aktuellen Inszenierung der Mysteriendramen Rudolf Steiners am Goethe anum. Mysteriendramen sind ein Schauraum für innere Vorgänge. Rudolf Steiner zeigt in ihnen Menschen, die anein­ander innere Herausforderungen erleben und versuchen, gemeinsam im Leben zu wir­ken. Das eine gelingt, das andere scheitert.

Wucht geistiger Erlebnisse

Durch Geistrealismus und in den Persön­lichkeiten der Protagonistinnen und Pro­tagonisten lassen sich eigene Lebensfragen erkennen. Stefan Hasler, Intendant der Goe­theanum­Bühne: «Angst und Bodenlosigkeit sind Ausdruck dafür, die Wucht geistiger Erlebnisse zu spüren. Die eigene verletzbare Seelensituation kann durch die Bilder der Mysteriendramen ein Verhältnis zum Erleb­nis. vor einem Abgrund zu stehen, finden.» Hier setzt Gioia Falk mit einem weiteren Gesichtspunkt an: «Nehme ich Anteil an der Außenwelt, wie sie ist, höre ich womöglich mein Gewissen sprechen und übernehme Verantwortung in meinem Handeln.»

Allgemeine Anthroposophische Sektion, Medizinische Sektion und Jugendsektion am Goetheanum ergänzen die Aufführung der vier Dramen in einer Sommer­Festival­woche mit einem Rahmenprogramm rund um die Themen ‹Angst› und ‹Gesundheit›. Joan Sleigh von der Allgemeinen Anthropo­sophischen Sektion: «Die Mysteriendramen ermöglichen die Auseinandersetzung mit einer Spiritualität, die Angst nicht leugnet, sondern dazu ermutigt, aus einem bewuss­ten Umgang mit ihr die eigene Kraft zu ent­decken.» | Sebastian Jüngel

Aufführungen (auf Deutsch) Vier Mysteriendramen Rudolf Steiners, Goetheanum­Bühne.

Tagung (Vorträge und Arbeitsgruppen auf Deutsch und Englisch) Spiritualität – Angst und Gesundheit. Herausforderungen für Mensch und Gesellschaft, 29. Juli bis 4. August 2019, Goetheanum.

Web www.mysteriendramen.goetheanum.orgKontingent mit Spezialangebot für junge Menschen unter 35 Jahre: 250 Franken (inklusive Verpflegung und Unterkunft), www.youthsection.org/event/mys tery­dramas­2019­at­the­goetheanum­youth­offer

Deutschland

ZweigblattSeit 2018 erscheint das ‹Zweigblatt› als Newsletter für Mitglieder mit Gedanken, Zitaten und Veranstaltungshinweisen. Es erscheint je nach Vorliegen von Beiträgen.

Gegründet hat das ‹Zweigblatt› Franziska Bücklers 2018. Ihr Anliegen ist, dass man

sich über diesen Newsletter untereinander in Verbindung hält und den «anthroposophi­schen Gesellschaftsorganismus aufleben» lässt. Eine Leitfrage dabei ist: Wie können wir uns gegenseitig stützen, voneinander wis­sen und Anthroposophie voranbringen, ohne aufeinander zu schimpfen und einander zu kritisieren? Eine andere Fragestellung ist: Wie können aus engagierten Einzelkämp­fern (mit allen möglichen Zwischenstufen) ein freier Gesellschaftswille und selbstlose Mitarbeit entstehen? Und schließlich: Leben wir im anthroposophischen Zusammenhang in einer Parallelgesellschaft? Wo erleben wir das ‹richtige› Leben? Inwieweit gelingt es, Anthroposophie auch im alltäglichen Dasein darzuleben?

Anregungen für die innere Arbeit

Wechselnde Farben unterscheiden die Beiträge: Erläuterungen der Herausgeberin, inhaltliche Beiträge, Berichte aus Zweigen, Hinweise auf Initiativen, Erinnerungen und Zitate Rudolf Steiners oder von anderen wie Elisabeth Vreede. Bisher behandelte Themen betrafen beispielsweise das Zu­sammenleben, den 100­Jahresrhythmus, Dreigliederung und das Verhältnis von An­throposophischer Gesellschaft und Christen­gemeinschaft. Die Zitate regen zur inneren Arbeit an, etwa die Erinnerung von Adelheid Petersen an eine Äußerung Rudolf Steiners, dass die jahrelange Arbeit an einer Charak­terschwäche «geistig viel weiterbringt, als das Anhören von 100 Vorträgen und meinet­willen Auswendigkönnen von allen Zyklen».

Das Zweigblatt erscheint zurzeit in Deutsch und Französisch. | Sebastian JüngelKontakt [email protected]

Zweigblatt Durchlebtes, Ergründetes, Anregendes 9. Ausgabe, 26. Januar 2019 „Es ist nichts schrecklicher als eine tätige Unwissenheit.“ J.W.v. Goethe Liebe Mitglieder, dieses Zweigblatt hat „Die Christenge-meinschaft“ im Verhältnis zur „Anthropo-sophischen Gesellschaft“ zum Thema. Grund dafür ist untenstehender Artikel von Frau Gerhild Hobe vom Johannes-Zweig Alfter über die Gründung der „Be-wegung für religiöse Erneuerung“ in Russland 2018. Schon 1913 gab es in Moskau und Peters-burg anthroposophische Zweige, die je-doch 1922/23 wieder schlossen, da mit einem Verbot durch die Bolschewiken zu rechnen war. Über Jahrzehnte hielt man unauffälligen Kontakt. Ganz ohne Inter-netpräsenz wuchs die Untergrundbewe-gung und in den 70gern bildeten sich heimlich Studiengruppen. Aus dem Aus-land wurden die Gruppen mit anthropo-sophischem Material versorgt, eine le-bensgefährliche Aufgabe mutiger anthro-posophischer Freunde. Anfang der 90ger änderte sich die politi-sche Lage, die „Anthroposophische Ge-sellschaft in Russland“ eröffnete neu, erst in Moskau, Petersburg und Odessa, bald gab es auch an anderen Orten Zweige. Heute hat sie etwa 500 Mitglieder. Ich bitte die Leserschaft weiter-hin um Artikel-Beiträge für das Zweig-blatt. Es darf in jeder Sprache geschrie-ben werden - auch in Russisch - die Ver-antwortung für das Geschriebene liegt beim Autor. Franziska Bücklers Meckenheimer Allee 86, D - 53115 Bonn [email protected] Inhalt Die Gründung der Christengemeinschaft in Russland, Gerhild Hobe Zitate Rudolf Steiners Folgender Artikel von Frau Gerhild Hobe erscheint verspätet, da ich eine Ergän-zung zu ihrem Artikel anforderte, nämlich den Bezug zur Anthroposophischen Ge-sellschaft in Russland. Stattdessen erhielt ich ein Buch über die „Menschenweihe-handlung“ samt eines Briefes, sodass der

Bezug zwischen Ge-sellschaft und Christengemein-schaft noch offen bleibt und von Zweigblatt Lesern gerne ergänzt wer-den darf. ,,Die Gründung der Christengemein-schaft in Russland Gestiftet worden ist die Christenge-meinschaft von den Engeln im Himmel, so führte Vicke von Behr, Erzoberlenker der Christengemein-schaft Rudolf Steiner zitierend aus, aber gegründet werden muss sie von den Menschen auf der Erde. Und so fand diese Gründung in Russland in der Micha-eli-Zeit diesen Jahres (2018) statt, 100 Jahre nach der Oktober-Revolution. Es war ein freudiges, tief bewegendes Fest, von russischen Freunden liebevoll und kundig vorbereitet, das Vertreter der Christengemeinschaft und der Anthropo-sophischen Gesellschaft aus der ganzen Welt in Moskau feierten. In einem geräu-migen, herbstlich geschmückten Kon-gress-Zentrum war drei Tage lang, von der Bühne herab, die Menschen-Weihe-handlung zu erleben, über dem Altar ein Bild, das die Gemeinde in Samara ge-meinschaftlich gestaltet hatte, im Beisein vieler weißgekleideter Priester mit ihren michaelisch pfirsichblütfarbenen Stolen und Gürteln. Es gab Vorträge in deut-scher und russischer Sprache, jeweils ent-sprechend übersetzt, Darstellungen von Eurythmie, Musik, Sprachgestaltung, Bothmergymnastik, fröhliche Sketche und im Vorsaal Ausstellungen, mit denen sich die fünf russischen Gemeinden vor-stellten und Geschenke empfangen konn-ten. Es gab gemeinsame Mahlzeiten, Be-gegnungen, Gespräche, immer wieder er-klang plötzlich ein gemeinsames Lied. Wie kam es jetzt zur Gründung in Russ-land? Schon seit vielen Jahren reisen Priester, die des Russischen mächtig sind, besonders nach Moskau und St. Peters-burg, um die Sakramente zu spenden, die schon seit längerer Zeit übersetzt sind, Vorträge zu halten, Ferienlager mit zu or-ganisieren. Aber erst 2014 wurde die

erste russische Persönlichkeit geweiht, und das ist Anna Geyer (liebevoll Anuschka genannt), die seit Herbst 2017 in Moskau wohnt, einen deutschen Ehe-mann und zwei erwachsene Kinder hat und die derzeit bestehenden fünf Ge-meinden betreut, jeweils hunderte von Kilometern voneinander entfernt: Mos-kau, St. Petersburg, Samara, Rostow am Don, Molino, eine in den Waldai-Höhen gelegene Dorfgemeinschaft. Anna Geyer ist eine ebenso kräftige wie (aus-) strahlende „Wanderpriesterin“. Lenker für Russland ist Gerhard Ertlmaier aus Deutschland. 2004 haben die Wala und die Christenge-meinschaft gemeinsam ein halb verfalle-nes Gebäude gekauft und aufgebaut. Heute ist das stattliche, rosafarbene Ge-bäude von einem biologisch-dynamisch gepflegten Garten umgeben und ist eine Insel des aktiven Friedens in einer Hoch-haus-Siedlung in Moskau. – Mögen viele mutige Gedanken, Gefühle und Taten diese Gründung auch in Zukunft beglei-ten! „Mit dem Verstand ist Russland nicht zu fassen. Mit dem gemeinen Maß nicht zu ermes-sen. Es hat besondere Gestalt – An Russland muss man wissend glauben.“ F.J.Tjutschew Gerhild Hobe, Alfter bei Bonn“ Ausgesuchte Zitate Rudolf Steiners: ... „Da mag die Anthroposophische Ge-sellschaft in gewissen Epochen so oder so ausschauen -–die Anthroposophie ist un-abhängig von jeder anthroposophischen

‹Zweigblatt›: Cover der neunten Ausgabe

■ Goetheanum

Goetheanum-Leitung

Christus-VerständnisDie Goetheanum-Leitung befasst sich mit dem Christus-Verständnis, zieht Schlüsse aus der Situation der Anthroposophie und blickt auf die Verfasstheit der Sektionen.

Die Goetheanum­Leitung hat sich ein Jahr mit der Grundsteinmeditation befasst.

Jetzt geht es inhaltlich um den Christus­Impuls als Allgemein­Menschliches. Eine Besonderheit des überkonfessionellen Be­zugs auf den Christus ist die Loslösung von lokal oder kulturgebundenen Geistbezügen zugunsten einer für die ganze Menschheit auf allen Kontinenten wirksamen Kraft. Die­se Fragestellung ist auch daher von beson­derem Interesse, weil die Anthroposophie verstärkt in Kulturen praktiziert wird, die nicht im konfessionellen Sinne mit dem Christentum verbunden sind. Zugleich sind alle derzeitigen Mitglieder der Goetheanum­Leitung durch das christliche Abendland geprägt und wollen daher gewisse Gewohn­heiten befragen.

Einige Monate blickte die Goetheanum­Leitung auf die Situation der Anthropo­sophie und anthroposophischer Einrichtun­gen in verschiedenen Ländern. Dabei geht es auch darum, die Konsequenzen aus den Beobachtungen für das Verständnis und die gemeinsame Arbeit an den jeweiligen Orten zu ziehen und entsprechend zu handeln. Ein Beispiel ist das Bedürfnis nach Absicherung und Sicherheit in der britischen Gesellschaft und der aktuelle Umgang mit diesem Thema an den Waldorfschulen. Was heißt das für die Goetheanum­Leitung? Wie geht sie mit dieser Frage um?

In der Freien Hochschule für Geistes­wissenschaft wird an einer Neubesetzung der Leitung der Allgemeinen Anthropo­sophischen Sektion, der Sektion für Bildende Künste und der Naturwissenschaftlichen Sektion gearbeitet. Im Zuge dieses Prozes­ses reflektiert die Goetheanum­Leitung die Verfasstheit aller Sektionen und ihrer Leitungen. | Sebastian Jüngel

Goetheanum-Leitung mit Gästen

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6 | Anthroposophie weltweit Nr. 6/19

Medizinische Sektion

Wie stellen wir uns weltweit zum Thema Impfen?Am 15. April 2019 veröffentlichten die Medizinische Sektion und die Internationale Vereinigung Anthroposophischer Ärztegesellschaften (IVAA) eine Stellungnahme zum Thema Impfungen – auf vielfältige Bitte von anthroposophischen Ärzten. Der stellver-tretende Sektionsleiter Georg Soldner erläutert die Zusammenhänge dieser Erklärung.

Anthroposophische Ärzte werden im Rahmen weltweiter Impfkampagnen

als ‹Impfgegner› diffamiert. Außerdem gibt es Bestrebungen, unter diesem Vorwand die Anthroposophische Medizin zu verbieten. Umgekehrt gibt es einseitige Impfgegner­kampagnen, die gegen ‹das Impfen› zu Felde ziehen.

In dieser Situation war es das Ziel, die Dis­kussion zu versachlichen und die Anthropo­sophische Medizin vor einseitigen Angriffen und Vereinnahmungen zu schützen. Es zeig­te sich rasch, dass diese Stellungnahme in einzelnen Ländern für die öffentliche Stel­lung der Anthroposophischen Medizin von großer Bedeutung ist und entsprechende Zustimmung findet. Andere äußerten je­doch auch deutliche Kritik, nicht selten auf­grund von Missverständnissen. Hier folgt deshalb die gemeinsame Stellungnahme, die ich abschnittweise erläutere.

Differenzierter Blick auf die Art der Erkrankung

«Zusammen mit Gesundheitserziehung, Hygiene und adäquater Ernährung sind Impfungen ein wesentliches Instrument in der Prävention infektiöser Erkrankungen. Sie haben dazu beigetragen, dass seit dem vergangenen Jahrhundert ungezählte Leben gerettet werden konnten. Dank Impfstoffen konnte die Pockenkrankheit ausgerottet wer-den und wird es derzeit möglich, die Kinder-lähmung zu eliminieren.»

Eine gute Kommunikation erfordert zu­nächst Anerkennung und Positivität dort, wo sie am Platz ist. So betonen unsere Kolleg/inn/en aus Indien, welchen Beitrag gewisse Impfungen zur Senkung der Kinder­sterblichkeit in ihrem Lande leisten.

«Anthroposophische Medizin würdigt ausdrücklich den Beitrag von Impfungen zur weltweiten Gesundheit und unterstützt sie als wichtige Maßnahme zur Vermeidung lebensbedrohlicher Erkrankungen. Anthropo-sophische Medizin vertritt keine Anti-Impf-Haltung und unterstützt keine Anti-Impf-Bewegungen.»

Hier wird deutlich differenziert, dass es um Impfungen gegen lebensbedroh liche Erkrankungen geht. Dies trifft so zum Bei­spiel für Impfungen gegen Mumps und Wind pocken nicht zu, während die Masern­

impfung, global betrachtet, sehr viele Kinder vor dem Tode schützt.

Deutlich spricht sich das Statement ge­gen eine undifferenzierte Anti­Impf­Haltung aus. Während beispielsweise viele glauben und verbreiten, dass die Masern­Mumps­Röteln­Impfung die Ursache einer epidemie­artigen Zunahme autistischer Störungen sei, rechtfertigen weder die eigene Erfahrung noch die wissenschaftliche Datenlage eine solche Feststellung.

Das bedeutet nicht, dass die Sicherheit dieses Impfstoffes wirklich befriedigend geklärt ist. Als sogenannte ‹Lebendimpfung› kann die Masernimpfung auch zu einer positiven Reifung des Immunsystems bei­tragen (in armen Ländern senkt sie auch die Kindersterblichkeit an anderen Erkran­kungen).

Landesspezifischer Umgang mit Impfen

«Von in Anthroposophischer Medizin ausgebildeten Ärzten wird erwartet, dass sie im Einklang mit der jeweiligen natio-nalen Rechtsgebung handeln und dass sie PatientInnen beziehungsweise deren Be-treuungspersonen für ein gutes Verständ-nis wissenschaftlicher Informationen und nationaler Impfempfehlungen umfassend beraten. In Ländern ohne Impfpflicht, in denen eine informierte Zustimmung zur Impfung erforderlich ist, kann diese Be ratung mit PatientInnen beziehungsweise deren Betreuungspersonen zu einem gegebenen-falls individualisierten Impfschema führen,

zum Beispiel bezüglich des Impfzeitpunkts während der frühen Kindheit.»

Dieser Absatz weist auf nationale Impf­empfehlungen wie auf wissenschaftliche Informationen hin. Letztere können den jeweiligen nationalen Impfempfehlungen durchaus widersprechen, welche sich von Land zu Land unterscheiden. So empfiehlt Frankreich eine Säuglingsimpfung gegen Durchfallerreger (Rotaviren) nach mehreren Todesfällen nicht mehr – im Gegensatz zu Deutschland, wo keine (von mehr als 100) Tageszeitung über diese Todesfälle je be­richtet hat (eigene Recherche), obwohl auch hier diese Komplikation wissenschaftlich bekannt ist.

Es wurde bemängelt, dass dieses State­ment sich nicht klar gegen eine Impfpflicht ausspricht. Dies ist aus zweierlei Gründen der Fall: Erstens handelt es sich um eine weltweite Stellungnahme. Es gibt global Regionen mit hoher Kindersterblichkeit bei entsprechender Armut, es gibt Situationen im Zusammenhang mit großen Flüchtlings­bewegungen, wo eine Impfpflicht gegen lebensgefährliche Krankheitserreger ge­rechtfertigt erscheint. Aber auch dort, wo ohne zureichenden Grund eine umfassende Impfpflicht eingeführt wurde (zum Beispiel in Italien oder Ungarn), ist es vor Ort nicht unbedingt hilfreich, wenn sich ein globa­les Statement zur Anthroposophischen Medizin zu nationalen Impffragen äußert. Das bedeutet in keiner Weise, dass dieses Statement eine Impfpflicht rechtfertigt! Das Gegenteil ist der Fall.

Ausdrücklich wird die informierte Einwil­ligung der Eltern beziehungsweise Patienten angesprochen. Betont wird deren Recht, in­formiert nicht nur über die Impfung selbst, sondern insbesondere über den Impfzeit­punkt mitzuentscheiden. Wissenschaftlich gesehen führt beispielsweise eine im ersten Lebensjahr verabreichte erste Masernimp­fung – wie sie die Schweiz (ab neun Mona­ten) empfiehlt – dazu, dass eine größere Anzahl der Geimpften später als Erwachsene einen unsicheren Impfschutz hat.

Sogenannte ‹Totimpfstoffe› – etwa gegen Tetanus oder Diphterie – mit aluminium­haltigen Zusatzstoffen stehen im Verdacht, bei Impfung im frühen Säuglingsalter die Asthmarate und Infektanfälligkeit zu er­höhen und in sehr armen Ländern auch die Gesamtsterblichkeit an Infektionen.

Wissenschaftsorientierter Ansatz

«Einzelne anthroposophische Ärzte beteiligen sich – unter Berücksichtigung der laufenden Forschung, der lokalen Ver-breitung infektiöser Erkrankungen sowie

■ Freie Hochschule für Geisteswissenschaft

Für eine differenzierte Impf-Haltung (Symbolbild)

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Anthroposophie weltweit Nr. 6/19 | 7

■ Freie Hochschule für Geisteswissenschaft

Medizinische Sektion

Luzerner PsychiatrieSeit Anfang 2019 wird auf der Rehabilita-tionsstation der Klinik St. Urban Anthro-posophische Medizin praktiziert, darunter auch Heileurythmie.

Nach Absolvieren der Ärzteausbildung Arlesheim (CH) führte der leitende

Arzt Thomas Glinz die anthroposophische Medizin im Bereich Spezialstationen ein. Nebst den herkömmlichen psychiatrischen Behandlungsformen kommen anthropo­sophische Medikamente und Heileuryth­mie zur Anwendung. Die Heileurythmistin findet Zugänge, die sich anderen Methoden schwerer öffnen. Ab Sommer wendet die Pflege Wickel und Auflagen an, die Schulung wurde durch die Luzerner Psychiatrie, den Trägerverein Paracelsus­Spital und Soleo ermöglicht.

Die Akzeptanz bei Mitarbeitenden sowie Patientinnen und Patienten ist sehr hoch, und Befürchtungen, Komplementärmedizin könnte auf Ablehnung stoßen, haben sich nicht bestätigt. Die Welt der Manuale und Leitlinien zu verlassen und einzutauchen in das Universum einer medizinischen Welt, in der das Verständnis von Zusammenhängen manchmal etwas Flüchtiges hat, ist eine bereichernde Herausforderung.

Erste Erfolge bei der Behandlung ma­chen Mut, und Thomas Glinz sammelt mit Basistherapeutika erste Erfahrungen. Die Stärkung der Lebenskräfte und des Wohl befindens wirken sich positiv auf die Grunderkrankungen aus und alle Beteilig­ten sind froh, diesen Schritt gewagt zu ha­ben. | Thomas Glinz, St. Urban (CH)

Thomas Glinz, Dr. med., ist Chefarzt­Stellvertreter und Leitender Arzt Spezialstationen an der Klinik St. Urban (CH).

Web www.lups.ch

■ Freie Hochschule für Geisteswissenschaft

sozioökonomischer Risikofaktoren – an der wissenschaftlichen Diskussion zu spezifischen Impfungen und zu jeweils angemessenen Impfplänen. Anthroposophische Medizin ist wissenschaftsorientiert; dies gilt umso mehr, als in der zurzeit polarisiert geführten Impf-debatte ein kontinuierlicher wissenschaft-licher Diskurs wichtiger denn je ist.»

Damit betont dieses Statement, dass jede einzelne Impfung vor dem Hintergrund der konkreten gesundheitlichen Herausforde­rungen für die Betroffenen (Klima, Armut, Massenunterkünfte, Unterernährung und anderes) differenziert beurteilt werden soll­te. Wo sich anthroposophische Ärzte und Patienten entsprechend differenziert und sachkundig zu Impffragen äußern, besteht am ehesten die Chance, dass sie auch in der Zivilgesellschaft, bei den Gesundheits­behörden und in der Politik Gehör finden. Demgegenüber zerstört eine polarisierende Debatte, in der sich mächtige ökonomische Interessen einerseits und ein gewisser Fa­natismus andererseits in die Hände spielen, die Grundlagen der Freiheit, die im freien Geistesleben wurzelt und im Rechtsleben, in der Zivilgesellschaft verteidigt werden muss.

Frage nach dem Sinn einer Krankheit

Es bleibt zuletzt die entscheidende Frage nach dem möglichen Sinn einer Krankheit, die heute kaum gestellt wird. Für die Reifung des kindlichen Immunsystems sind akut fieberhafte Erkrankungen im Kleinkindalter jedoch wichtig. Dies kann unterstützt wer­den durch den Verzicht auf fiebersenkende Medikamente und unnötige Antibiotika, eine kompetente Pflege, angepasste Ernäh­rung und ärztliche Betreuung. Dafür setzen sich anthroposophische Ärzte ein und finden zunehmend Gehör bei Fachleuten. Durch das Fieber überwindet das Kind nicht nur die Infektionskrankheit, sondern individualisiert dabei seinen Organismus.

Es ist eine Tatsache, dass heute die Ma­sern global als eine zu riskante Erkrankung erlebt werden. Es gibt aber eine Vielfalt fieberhafter, medizinisch heute gut lenk­barer Infektionskrankheiten. Eine gesunde kindliche Entwicklung ist auch ohne Masern möglich, wenn Kinder in Liebe, mit guter Ernährung, im Sonnenlicht aufwachsen und bei Fieber eine entsprechende Pflege und Behandlung erfahren. | Georg Soldner, Goetheanum

Web www.medsektion­goetheanum.org Web www.ivaa.info/latest­news/article/article/an­throposophic­medicine­statement­on­vaccinationWeb www.individuelle­impfentscheidung.deWeb www.gaed.de/informationen/merkblaetter/masern.html

Council for Inclusive Social Development

Aktuelles via NewsletterDer Anthroposophical Council for Inclusive Social Development informiert neben der Zeitschrift ‹Seelenpflege› und der Website neu auch über einen Newsletter.

Der Anthroposophic Council for Inclusive Social Development (früher: Konferenz

für Heilpädagogik und Sozialtherapie) hat sich vorgenommen, vierteljährlich Einblicke in seine und die Aktivitäten der internationa­len Bewegung für anthroposophische Heil­pädagogik, Sozialtherapie, Sozialpädagogik und soziale Arbeit zu geben. Der Newsletter kann von allen Interessierten abonniert und auf der Website angesehen werden. Dort vermittelt der Council (Jan Göschel, Bart Van­mechelen, Sonja Zausch) einen Überblick über Forschungsarbeiten, stattgefundene Veranstaltungen, Publikationen sowie kom­mende Kolloquien und Tagungen.

So ist zu lesen, dass Bernd Kalwitz an der Alanus­Hochschule Alfter (DE) eine Langzeit­studie zum Umgang mit selbstverletzen­dem Verhalten initiiert hat, der Lehrstuhl für Anthroposophische Gesundheitspflege der Hochschule Leiden (NL) unter Leitung von Eric Baars an der Planung quantitati­ver und qualitativer Studien zu Outcomes, Werten und Praktiken der anthroposophi­schen Langzeitpflege arbeitet und Wissen­schaftler der University of Botswana eine evaluative Studie von Fördermaßnahmen für Menschen mit Autismus in Zusammen­arbeit mit dem Camphill Community Trust in Botswana durchführen.

Förderung von jungen Mitarbeitenden

Ein anderes Arbeitsfeld sind ‹Arbeitsfor­men und Begegnungsformate›. Die Arbeits­gruppe ‹Junge Mitarbeitende› arbeitet daran, Auszubildende, Studierende und junge Mit­arbeitende zu vernetzen, zu fördern und in die internationale Bewegung der Heilpädagogik und Sozialtherapie einzubinden. Ein erstes Ergebnis ist ein Arbeitspapier für Mitarbeiter­gespräche. Zudem haben jüngere Mediziner/innen eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe für medizinisch­therapeu tische Berufe in der Heilpädagogik und Sozial therapie gegründet.

Im Zuge der internationalen Ausrichtung wird die vom Council herausgegebene Zeit­schrift ‹Seelenpflege› zu einer zweisprachi­gen (Englisch und Deutsch) Fachzeitschrift weiterentwickelt. | Sebastian Jüngel

Web (Deutsch, Englisch) www.inclusivesocial.orgHerbsttagung ‹Übe Geist­Erschauen›, 3. bis 5. Okto ber 2019 Web inclusivesocial.org/event/ offene­hochschultagung

Thomas Glinz und Noëmi Böken

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8 | Anthroposophie weltweit Nr. 6/19

Jugendsektion

Handeln aus dem HerzenUm Mut ging es bei der internationalen Schülertagung ‹Courage› von 23. bis 27. April. Rund 650 Schülerinnen und Schüler aus mehr als 30 Ländern tauschten sich über Mut auf verschiedenen Ebenen ihres Lebens aus. Ihre Anliegen gestalteten sie auch öffentlich auf künstlerische Weise auf dem Münsterplatz in Basel.

Frage 1: Was ist Mut? In welchen Situa­tionen bist du mutig, und wo kommt

dieser Mut her? Welche Rolle spielt Mut für uns junge Menschen heute, welchen Einfluss haben Mut und Angst auf inter­kulturelle Begegnungen und persönliche sowie gesellschaftliche Entwicklungen?

Im Begrüßungsvortrag ging Constan­za Kaliks, Leiterin der Jugendsektion am Goethe anum, auf den Ursprung des Wortes ‹Courage› ein, welches wörtlich übersetzt ‹Handeln aus dem Herzen› heißt. Diese De­finition stieß auf große Resonanz.

Im Foyer konnten die Schüler/innen ihre Antworten zu den jeweiligen Fragen auf Plakate schreiben. Einige der Antworten wurden am nächsten Morgen vorgelesen. Antworten auf Frage 1 waren beispielsweise: «Mut ist es, aus Normen auszubrechen» und «Mut ist die Abwesenheit von Angst».

Wahlmöglichkeit und Entscheidung

Um Angst ging es auch in den Fragen des nächsten Tages. Frage 2: Wie erlebst du Angst und Leichtsinn in dir und der Welt? Wo verlaufen die Grenzen zwischen Mut, Leichtsinn und Angst? Gibt es Situationen, in denen Angst und Leichtsinn hilfreich sein können? Marina Helou, Provinzabgeordnete von São Paulo (BR), erklärte hierzu, dass für sie Mut in Verbindung mit einem Impuls aus dem Herzen stehe, der vom Verstand ab­gewogen werde. Ohne eine vorher gehende Wahl und eine darauf folgende Verbind­lichkeit der Entscheidung oder Handlung gegenüber könne man nicht von Mut sprechen. Dann würde man eher aus Angst oder Leichtsinn handeln.

Einige Antworten auf Frage 2: «Leicht­sinn kommt von Unsicherheit, Unsicherheit kommt von Angst.» «Ich erlebe Leichtsinn und Angst in mir selber in Situationen, in denen ich die Kontrolle verliere oder mich alleine fühle.» «Angst ist ein Instinkt und Mut eine Entscheidung.»

Frage 3: Wie würde die Welt aussehen, wenn das, was in dir lebt, Realität würde, und was wirst du tun, damit dies geschieht? Diese Frage, inspiriert von einer Frage Rudolf Steiners, stellten wir am dritten Tag. Zu dieser Frage findet in der Jugendse ktion am Goetheanum ein Forschungsprojekt statt (Seite 12 dieser Ausgabe).

Im Vortrag von Helmy Abouleish (Ge­schäftsführer von Sekem, EG) hörten wir von den beiden Zukunftsströmen Futurum und Adventus. Schauen wir aus dem Fu­turum heraus, so schauen wir aus der Ver­gangenheit in die Zukunft. Man kann so die Zukunft als Abfolge logischer Konsequenzen verstehen. Handeln wir aus dem Adventus heraus, so schauen wir, was aus der Zukunft heraus unsere Aufgabe ist beziehungsweise was zu uns kommen möchte.

Einige Antworten zu Frage 3: «Ein Ort der Balance zwischen Geben und Nehmen.» «Eine Welt, in der sich jeder bedingungslos lieben kann.» «Ist es möglich, eine gemein­same Utopie zu schaffen? Ist meine Utopie möglicherweise die Dystopie [pessimisti­sches Zukunftsbild] eines anderen?»

Fordernde Freiheit

Die gemeinsame Auseinandersetzung mit diesen Themen führte zu Frage 4: die nach Identität, persönlicher und gemein­samer. Was ist Identität? Womit identi­fizieren wir uns, und warum?

Wie können wir ein Verständnis des Selbst entwickeln, das es nicht mehr nötig macht, uns mit äußeren, meist ausgrenzenden Um­ständen wie Kultur oder Waldorfschülersein zu identifizieren? Was bleibt uns als junge Generation, in der viele mit der durchaus for­dernden Freiheit aufgewachsen sind, sich im­mer weniger an gesellschaftlichen Normen, Religion oder strengen Regeln orientieren zu müssen, noch übrig, wenn wir all das, was ein Wir und Ihr entstehen lässt, loslassen?

Die Frage, wie es sich mit Identität in Gruppen verhält, wurde mit zur ‹Creative Intervention› in Basel gegeben. Die Teil­nehmenden wurden eingeladen, sich als Teil einer Gruppe im Kontakt mit Außen­stehenden zu beobachten. Dort fiel eine große Offenheit und Wärme nach innen wie nach außen auf, die von der Gruppe aus­ging. Nicht ausgesprochenes Fazit könnte also sein, dass es möglich ist, Teil einer fest definierten Gruppe zu sein und gleichzeitig eine Bereicherung für Außenstehende. Dass es möglich ist, eine Wärme in sich und nach außen zu tragen, die die Frage nach Innen und Außen irrelevant erscheinen lässt.

Der Musiker und Journalist André Stern sprach anschließend über die freie Entwick­

lung des Kindes, wobei die Frage aufkam, inwiefern Erziehung und Bildungsinstitu­titionen dieser im Wege stünden. Wie stehen Erziehung und Bildung im Zusammenhang mit der Identitätsfindung eines Kindes?

Abgeschlossen wurde der Tag mit Schü­leraufführungen von Gruppen aus verschie­denen Ländern. Dabei bedankte sich eine Schülerin aus Brasilien für die Waldorfpäd­agogik und die Möglichkeit, sich in ihrer Schule in Brasilien frei entfalten zu können.

Für seine Ziele kämpfen

Am letzten Tag stellten wir noch einmal Frage 1: Was ist Mut? In den Schülervorträgen wurde nach fünf Tagen Diskussion die Essenz dessen, was auf der Tagung gelebt hat, veran­schaulicht. Lorena Carazo aus Spanien sagte, wie wichtig es sei, immer wieder kritisch zu hinterfragen, mit welcher inneren Haltung man der Welt entgegentrete. Wenn Hass über Fehler anderer die treibende Kraft hinter meinem Handeln sei, könne die Botschaft in meinem Tun keine Botschaft der Liebe sein.

Pedro Munizaga Sgombich, ein Schü­ler aus Chile, schloss die Vorträge mit der Ermutigung, auch in Zeiten der Dunkelheit für seine Ziele zu kämpfen und die Dunkel­heit als notwendiges Gegenstück zum Licht zu sehen und als Chance für die eigene Ent­wicklung und die der Welt.

Einige Antworten auf die Frage: «Mut ist es, ein Risiko einzugehen, um Veränderung zu schaffen.» «Mut ist Vertrauen in dich und die Welt.» «Mut braucht Liebe und Liebe braucht Mut.»

Die Frage ‹Kann Mut zur Freiheit führen?› haben wir den Teilnehmenden mit auf den Weg gegeben. | Ronja Eis und Till Höff-ner, Mitarbeitende der Jugendsektion und Haupt organisatoren der Tagung ‹Courage›

«Vertrau dem Herzen, es kann nicht falsch liegen»: Liedzeile, gesungen auf dem Münsterplatz in Basel

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Anthroposophie weltweit Nr. 6/19 | 9

■ Freie Hochschule

Sektion für Redende/Musizierende Künste

Thomastik-GeigeAm 4., 12. und 19. Mai fanden im Goethe-anum drei Konzerte statt, die der Basler Geiger Volker Biesenbender auf einer Thomastik-Violine gab.

Mit diesen Konzerten unterstützt die Sek­tion für Redende und Musizierende

Künste am Goetheanum die Bestrebungen, den Reformimpuls des Wiener Geigenbauers Franz Thomastik (1883–1951) neu zu beleben und fortzuführen. Er ließ 1910 ein neues Mo­dell einer Violine patentieren. 1922 und 1923 besuchte Rudolf Steiner seine Werkstatt und gab ihm Anregungen zur Weiterentwicklung seiner Ideen. Im Zweiten Weltkrieg wurden seine Werkstatt und damit ein Großteil seiner Instrumente Opfer einer Bombardierung. Derzeit ist die Existenz von nur noch sieben Thomastik­Violinen bekannt. Das Instrument, das Volker Biesenbender zur Ver fügung ge­stellt wurde, wurde dem Goetheanum 2014 durch Renate Schmidt vermacht.

Offene Aufgabe: Weiterentwicklung

Nachdem in den letzten Jahrzehnten die Instrumente und jene Bauweise im Vor­dergrund standen, die Thomastiks Schüler und Mitarbeiter Karl Weidler (1901–1987) ent wickelt hatte, findet jetzt eine Neu­besinnung auf die Ideen und Konzepte von Thomastik selbst in ihrer ursprünglichen Form statt. Sie wurden nach dessen Tod in vielen Aspekten noch gar nicht erforscht und wieder aufgegriffen. Im Moment sind hier vor allem der Geigenbauer Arthur Bay (DE) sowie der Geiger Adolf Zinsstag von der Himmelsbach­Stiftung in Basel (CH) aktiv.

Am Schluss des zweiten dieser beiden Konzerte mit Werken für Violine solo von Johann Sebastian Bach und Georg Philipp Telemann konnte ein direkter Vergleich mit derjenigen Violine stattfinden, die Yehudi Menuhin in seiner Jugend spielte, einem Instrument von Carlo Ferdinando Landolfi

(1714–1787) aus dem «goldenen Zeitalter des italienischen In­strumentenbaus». Der positive Höreindruck zeigte, dass es loh­nend und dringlich wäre, den Impuls zur Erforschung und Weiterentwicklung der Tho­mastik­Instrumente tatkräftig zu fördern. | Felix Lindenmaier, Goetheanum (CH)

Web Arthur Bay www.geigenbau­meister.de/bay Web Adolf Zinsstag www.stiftungehs.ch

Bild Instrument Nummer 62 von 1924

Russland

Spirituelle ÖkologieBei den Sommerwochen ‹Spirituelle Öko-logie› geht es um Licht und Schatten auf dem Weißen Meer, um Klangraum und Zeitenstrom und die nordischen Mysterien.

Zwischen dem Kalevala­Land Karelien im Westen und der russischen Region Ar­

changelsk im Osten liegt die Mysterienstät­te der Solowezki­Inseln mit ihren geheim­nisvollen Steinlabyrinthen. Die Griechen haben davon erzählt: Von hierher – aus dem Land der Hyperboräer – zog der Sonnengott Apollon jedes Jahr im Frühjahr in Delos und Delphi ein. Menschen begleiteten den Zug mit Opfergaben auf Schiffen über Ostsee, Dnjepr und Schwarzes Meer. Druiden hüte­ten hier die verborgenen Drottenmysterien.

Rudolf Steiner bringt den Archipel in Zu­sammenhang mit dem Menschheitslehrer Skythianos. An diesem Ort der reinsten Son­nenkräfte galt es, das Hellsehen der Natur in reinster Form aufzubewahren: durch die Verfinsterungen von Atlantis, Kali Yuga und intellektuellem Zeitalter hindurch bis in eine zukünftige Kulturentfaltung zwischen Europa und Sibirien. Unter Lenin und Stalin wurde auf diesem Archipel der erste Gulag errichtet, der seinen Schatten noch in die Gegenwart wirft.

Wegen dieser vielschichtigen Vergan­genheit führt eine kleine Gruppe von Geo­manten ‹energetische Aufräumarbeiten› aus. Dann folgen Johanni­Feiertage in der Mitternachtssonne mit neuen Musikinstru­menten. Während des Retreats gibt es Wahr­nehmungsübungen und Exkursionen. Dabei geht es um einen Dialog im und mit dem Lebendigen durch seelische Beobachtung der Natur und Bildekräfteforschung, bio­dynamische Präparate und Mistel­Blüten­Essenzen zur Landschaftsheilung. Ob die Vereinigung druidischer Schulung mit mo­derner Naturerkenntnis gelingen kann – in Zusammenarbeit mit Engeln und Elementar­wesen? | Raphael Kleimann, Vinterbro (NO)Kontakt [email protected] summerweek.baldron.org, spiritualecology.de

Aus der Arbeit 2018: Mysterien in Nord und West

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Schweiz

Bedeutung und ZielIm Buch über Bedeutung und Ziel der Frei-en Hochschule für Geisteswissenschaft geht es um ihre Öffentlichkeits-Wirksam-keit, die Rudolf Steiner wollte.

Die Anthroposophische Gesellschaft der Schweiz stellt ihre Jahrestagungen un­

ter das Thema ‹Zum Verständnis und Weiter­wirken der Weihnachtstagung 1922/23›. Die Jahrestagung 2017 war – bis auf die Klassen­stunden – für die allgemeine Öffentlichkeit zugänglich. Das Anliegen der Organisatoren war es unter anderem, die Bedeutung des Zusammenwirkens der Mitglieder der Ersten Klasse für die Wirksamkeit der Arbeit der Freien Hochschule zu zeigen.

Der ganzen Menschheit dienen

Rudolf Steiner wollte, dass die Arbeit der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft am Goetheanum dem Kulturleben der gan­zen Menschheit dienen solle, ja sogar zu des­sen Rettung maßgeblich beitragen. Mit der Einsetzung der Ersten Klasse bildete er den esoterischen Kern dieser Hochschule; ihren Schulungsweg sah Rudolf Steiner als unab­dingbare Voraussetzung für die Wirksamkeit derselben. Wenngleich die Mitgliedschaft in der Ersten Klasse besondere Bedingungen fordert, so steht sie doch allen Menschen­seelen offen, die mit ihrer Bereitschaft, Verantwortung für die Anthropo sophie auf Erden zu übernehmen, den frei gefassten Entschluss zur bewussten Zugehörigkeit zur Michael­Gemeinschaft treffen. Dass er mit seiner Gesamthochschulkonzeption einen «Fels für die Wirkung der Anthroposophie» errichten wollte, das vermitteln die Bei träge der Tagung, die im Buch ausgearbeitet wer­den.

Warum die Früchte des begangenen Schulungsweges nicht dem Eigennutz ei­nes esoterischen Zirkels vorbehalten blei­ben dürfen, sondern der Entwicklung der ganzen Menschheit zur Verfügung gestellt werden müssen und können, sind wichtige und hochaktuelle Fragestellungen und kön­nen in dieser Publikation nachgelesen wer­den. | Andrea Meyer Jeserich, Dornach (CH)

Peter Selg / Marc Desaules (Hg.): Die Freie Hochschu­le für Geisteswissenschaft. Ihre Bedeutung und ihr Ziel. Mit Beiträgen von Peter Selg, Marc Desaules, Mario Betti, Matthias Girke, Tomas Bonek, Stefano Gasperi, Johannes Greiner, Johannes Kühl und Tho­mas Meyer, Verlag des Ita­Wegman­Instituts, 2018.

Eine Übersetzung ins Englische ist für Winter 2019/20 geplant.

Web www.wegman­verlag.de

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10 | Anthroposophie weltweit Nr. 6/19

Zum Treffen der Zweigverantwortlichen und zur Generalversammlung

Nach dem ‹Herzstillstand›, den einige Mitglieder an

der Generalversammlung 2018 erlebt haben, blieb als Wahr­nehmung in diesem Jahr zurück: der Wille, sich an der Zukunft zu orientieren, vorsichtiger Opti­mismus und das Bekämpfen von Emotionen, die in der letztjäh­rigen Generalversammlung eine größere Rolle gespielt haben.

In dem Treffen der Zweigver­antwortlichen fanden Gesprä­che über die unterschiedlichsten Formen und Ansätze der Zweig­arbeit statt. Ein Thema kristalli­sierte sich immer mehr heraus: Wie gehen wir mit gegensätzli­chen Überzeugungen um. Muss ich dem anderen ‹die Wahrheit› sagen? Und wie sage ich sie ihm, ohne ihn zu verletzen? Oder lebe ich mich in die Weltbetrachtung des anderen tolerant ein?

«Was du in einem der gering­sten deiner Brüder mit innerer Toleranz verstehst, auch wenn es ein Irrtum ist, das hast du von mir verstanden, und ich werde dich die Vorurteile über­winden lassen, wenn du diese deine Vorurteile abschleifst an dem toleranten Aufnehmen desjenigen, was der andere denkt und fühlt.» (GA 189, Vor­trag vom 16. Februar 1919) Diese Fragestellung beschrieben und bewerteten die Teilnehmenden unterschiedlich – sie wurde in ihrer gegensätzlichen Hand­habung stehengelassen, ohne dem Drang nachzugeben, einen Konsens finden zu müssen.

Das nächste Zweigverant­wortlichentreffen im Novem­ber geht um ‹Gesprächskultur üben› – in Zusammenarbeit mit einem Prozessbegleiter, der mit den Zweigverantwortlichen übt.

Der Blick auf die Generalver­sammlung mit der begeistern­den Darstellung von Initiativen der verschiedenen Länder und der großen Zustimmung bei der Bestätigung von Justus Wit­tich als Vorstand hat bei vielen

Mitgliedern eine optimistische Stimmung aufkommen lassen und den Eindruck bestärkt, dass die Zusammenarbeit von Mit­gliedschaft und Vorstand der Anthroposophischen Gesell­schaft Kraft zuführen kann.

Der Blick auf die Antragsflut nimmt davon allerdings wieder etwas zurück: Was verbirgt sich hinter den Anträgen? Jedes Jahr werden viele Anträge gestellt:

– 2018 zum Beispiel der Antrag, dass im ‹Goetheanum› jede Woche auf einer Seite Texte von Rudolf Steiner veröffent­licht werden sollen. Dazu gab es eine konsekutive Abstim­mung, die eine Mehrheit im Saal dafür zeigte.

– Der Antrag von 2018, ob Vor­stände mit Zweidrittelmehr­heit bestätigt werden sollen, wurde 2019 zurückgezogen.

– Es gab 2018 und 2019 Fragen nach einer anderen Bewer­tung der Bilanzzahlen. Die­se Darstellung setzte voraus, dass alle Anwesenden buch­halterisch zu Höchstleistun­gen im Denken fähig sein oder in fünf Minuten alles Gesagte durchschauen und bewerten mussten.

– Und die Frage nach den Be­zügen von nicht mehr amtie­renden Vorstandsmitgliedern, welche schriftlich vom Vor­stand beantwortet worden war, trotzdem aber vor gro­ßem Publikum noch einmal ausführlich dargestellt wurde.Frage: Warum geschieht das?

Offensichtlich geht es nicht nur um die persönliche Suche nach Antworten. Also worum geht es bei den Anträgen?

Wie können die Anträge und deren Antragsteller, Mit­gliedschaft und Vorstand dazu beitragen, dass gemeinsam an der Zukunft gearbeitet wird und im Bewusstsein bleibt, dass hinter der Anthroposo­phischen Gesellschaft etwas Wesenhaftes steht? Das sind ungelöste Fragen, die in irgen­deiner Form bearbeitet werden sollten, denn sie haben große Wirkungen. | Heike Oberschelp, Hannover (DE)

■ Forum ■ Anthroposophische Gesellschaft

100. Geburtstag

Traute Lafrenz Page

Traute Lafrenz Page feierte am 3. Mai ihren 100. Ge­

burtstag. Sie ist in jedem Sinne bei guter Gesundheit. Während des Dritten Reiches war sie Mit­glied der Widerstandsgruppe ‹Weiße Rose›. Sie ist die ein­zige Überlebende (siehe ‹Being human›, Frühjahr 2019). Sie er­hielt zu ihrem 100. Geburtstag den Verdienstorden 1. Klasse der Bundesrepublik Deutschland. Das Auswärtige Amt schreibt dazu auf Twitter: «Sie gehört zu den wenigen, die den Mut hatten, sich gegen die Verbre­chen der Nationalsozialisten aufzulehnen.» 1947 zog sie von Deutschland nach San Francisco (US), um ihre medizinische Aus­bildung weiterzuführen. Danach ging sie nach Chicago.

Ruhe, Einsicht, Erfahrung

Traute Page zeigte Wärme, menschliches Verständnis und bei vielen Gelegenheiten Humor. Sie leistete bedeutende Beiträge während einer Umwandlungs­zeit in der Anthroposophi schen Gesellschaft in Amerika. Seit den späten 1970er­Jahren war die Ar­beit auf drei Regionen aufgeteilt, jede bildete einen ‹Council›. Die regionalen Councils bildeten ei­nen nationalen Council: für den Westen René Querido und Vir­ginia Sease, den Mittelwesten Traute Page und Werner Glas, den Osten Dietrich von Asten, Henry Barnes und Carlo Pietzner.

Als sich der nationale Council erstmals im Februar 1981 im Zen­trum der Anthroposophischen Gesellschaft in New York City traf, war gleich das erste The­ma dringlich: New York hatte für das Gebäude den Status Gemeinnützigkeit aberkannt; dies bedeutete eine jährliche Steuer von etwa 20 000 Dollar. Der Landesvorstand entschied, das Haus zu verkaufen. In dieser Situation zeigte Traute Page Ruhe, Einsicht in die Empfindun­gen der Mitglieder und Erfah­rung mit Regierungsbelangen.

Diese schwierige Entschei­dung wurde an der General­versammlung im Mai 1981 vor die Mitglieder gebracht; der Council lud den Vorstand am Goetheanum ein, an der Gene­ralversammlung und der Tagung ‹Herzen beginnen, Gedanken zu haben› teilzunehmen. Vor der Generalversammlung trafen sich Council und Vorstand, um auf die Zukunft der Anthroposophie im Westen zu blicken. Heute le­ben von diesem ersten Gesamt­Council noch Traute Page und die Autorin; sie konnten die Entwick­lungen und Metamorphosen in der anthroposophischen Arbeit seit diesem entscheidenden Mo­ment vor 38 Jahren verfolgen.

Teilnahme an Wendepunkten

Traute Pages Aufgaben für die Gesellschaft umfassen auch ihre Zeit als Co­Generalsekre­tärin Ende der 1980er­Jahre bis ins folgende Jahrzehnt hinein. Bis vor Kurzem besuchte sie re­gelmäßig das Goetheanum; so bleibt sie mit der weltweiten Arbeit verbunden.

Dieser Rückblick soll auch ein Dank an Traute Page sein für ihre Arbeit mit der Ersten Klasse der Freien Hochschule für Geistes­wissenschaft, die viele Men­schen – jung und alt – inspiriert hat. Es ist eine große Freude, von Herzen Geburtstagsgrüße und gute Wünsche an eine besonde­re Person zu richten, deren Le­ben wesentliche Wendepunkte des 20. Jahrhunderts bis ins 21. Jahrhundert umfasst. | Virginia Sease, emeritiertes Vorstands-mitglied der Allgemeinen An-throposophischen Gesellschaft

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Anthroposophie weltweit Nr. 6/19 | 11

30. April 1946 • 12. März 2019

Jaime Padró

Jaime Padró hat sein Leben dem Wesen Anthroposophia

gewidmet. Sein Ideal war es, das Wirken dieses Wesens in übender Annäherung erfahr­bar zu machen, sein Bestreben, jedem Menschen einen indivi­duellen Zugang zu Rudolf Stei­ner zu ermöglichen. Er war ein Erforscher des Denkens und der Wahrnehmung; es lag ihm an der Begegnung zwischen bei­den – als Keim der Wirklichkeit.

Jenseits nationaler Egoismen

Als Vorreiter der anthroposo­phischen Bewegung in Spanien gab er sein abgesichertes Leben auf und vertraute sich der geis­tigen Welt, der Liebe und Hin­gabe an das zu Erschließende an. Eines seiner ersten Anliegen war die Schaffung eines Europa von Geist und Kultur, wozu er sich ein tiefes Verständnis der Beziehungen der Volksseelen er­arbeitete. Er schrieb in seinem Buch ‹Der geistige Werdegang der spanischen Kultur. Goethe­anistische Methode und Integra­tion Europas›: «Der spanische Volksgeist will Europa die geisti­ge Frucht seines Wirkens schen­ken; seine zukünftige Gestalt wird aus einem langen Weg zur Brüderlichkeit der Menschheit hervorgehen. Europa wird dieses Geschenk annehmen, wenn es einsieht, dass jenseits der natio­nalen Egoismen die Zeit beginnt, in der das Geistesleben und das praktische Leben gemeinsam die Wege der Zukunft begehen.»

Sein Leben lang suchte Jaime Padró, Erkenntnistheorie als Schlüssel und Leitfaden für den Wahrheitssuchenden zu vertie­fen. Auf dieser soliden Grund­lage gab Jaime Padró zahlreiche Seminare zur Sinneslehre und ging damit in Richtung des Auf­baus des Auferstehungskörpers, wie ihn sein Lehrer Friedrich Be­nesch beschrieb.

Als Meister der Gemein­schaftsbildung und des umge­kehrten Kultus fand Jaime Pa­

dró immer wieder Bilder aus der nichtsinnlichen Welt und gab sie an seine Wegbegleiter weiter, um sie auf die Aufgabe vorzu­bereiten, der Erde das Jenseits der Schwelle näher zu bringen.

Erleben des anderen

Aus dem Mund seiner Freun­de hört man oft den Satz: «In meinem Leben gibt es ein Vor­her und ein Nachher der ersten Begegnung.» Eine Lichtsäule in seiner Seele stützte sein Wirken: die Pflege des Guten und der Lie­be. Diese silizische Eigenschaft war stets in seinem Blick wahr­zunehmen.

Einige Tage vor seinem Weg­gang sprach er noch mit Begeis­terung von Rudolf Steiners ‹Die Schwelle der geistigen Welt› (GA 17): «Liebe ist ein Erleben des an­dern in der eigenen Seele. [...] Die Liebe ist für den Menschen die bedeutsamste Frucht des Er­lebens in der Sinneswelt. Durch­dringt man das Wesen der Liebe, des Mitgefühls, so findet man in diesen die Art, wie das Geistige in der Sinneswelt sich in seiner Wahrheit auslebt. [...] man muss aber ebenso sagen, dass in der Liebe das Geistige innerhalb der Sinneswelt aufwacht.»

Vor 20 Jahren gründete Jaime Padró die Fundación Círculo de Arte Social (Stiftung Soziale Kunst). Diese sollte für ihn ein le­bendiger Organismus sein, eine Schule der Wahrnehmung, Auf­merksamkeit und Meditation. In diesem Sinne hat er auch einen Weg für die bewusste Schaffung von Gemein schaft eröffnet. | Marta Arahuetes, Jesús Aten-cia, Marta Garbayo (ES)

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Wir erhielten die Mitteilung, dass folgende 48 Mitglieder durch die Pforte des Todes gegangen sind. In deren Gedenken geben wir den Freunden hiervon Kenntnis. | Mitglieder-sekretariat am Goethe anum

Sonja Zimmermann Radebeul (DE) 8. Oktober 2017Helen Holloran Rochester/NY (US) 30. November 2017Jánosné Földes Budapest (HU) im Jahr 2017Dorothea Pollok Überlingen (DE) 16. Dezember 2018Marilou Coats Chattanooga/TN (US) 17. Dezember 2018Martina Polo Treviso (IT) 11. Januar 2019Anneke Wijnbergh Zeist (NL) 13. Januar 2019Greet Crum Maarssen (NL) 17. Januar 2019Christoph Schenk Wesenberg (DE) 18. Januar 2018Rian Lapré Son (NL) 25. Januar 2019Timothy Mowrey Dallas/TX (US) 28. Januar 2019Juske Manssen Leersum (NL) 2. Februar 2019Ine Krijgsman Nieuwekerk aan den Ijsse (NL) 7. Feb. 2019Nelly Gravestein Sneek (NL) 8. Februar 2019Jacobus Gelaudie Haarlem (NL) 11. Februar 2019Boudewijn Wilmar Nuenen (NL) 18. Februar 2019Euphemia te Riele Beverwijk (NL) 24. Februar 2019Hans Neumann Berlin (DE) 5. März 2019Mária Scherák Budapest (HU) 12. März 2019Irmgard Mertens Dörverden (DE) 20. März 2019Monika Vonarburg Oberwil (CH) 29. März 2019Inger Carlsen Frederiksberg (DK) 2. April 2019Frieda Stauffacher Weggis (CH) 3. April 2019Edeltraud Nietz Kassel (DE) 9. April 2019Irene Schalk Nürnberg (DE) 9. April 2019Elisabeth Allenbach Matten­Interlaken (CH) 11. April 2019Tim Gibbons Hebden Bridge (GB) 11. April 2019Hanni Sommer Binningen (CH) 11. April 2019Helmut Hoffmann Mesekenhagen (DE) 13. April 2019Gustaaf Claes Capelle a/d IJssel (NL) 15. April 2019Hans Haberl Wien (AT) 15. April 2019Hiltrud Werner Stuttgart (DE) 15. April 2019Mairis Wittkowsky Überlingen (DE) 16. April 2019Ingo Craubner München (DE) 17. April 2019Carlo Portner Haldenstein (CH) 17. April 2019Ingo Hackel Spardorf (DE) 18. April 2019Volker Kurz Gundelfingen (DE) 20. April 2019Mona Jacobi Stuttgart (DE) 22. April 2019Elisabeth Oswald St. Gallen (CH) 26. April 2019Gisela Krämer Griesheim (DE) 28. April 2019Paul Schweizer Riehen (CH) 28. April 2019Donna Martin Thornhill (CA) 29. April 2019Peter Matthiessen Herdecke (DE) 30. April 2019Volker Zielonka Bautzen (DE) 30. April 2019Maria Schütz Wien (AT) 2. Mai 2019Erdmute Gustafsson Tumba (SE) 2. Mai 2019Annemarie König Kilkeel (GB) 3. Mai 2019Yarlan De Carvalho Piment Vignate (IT) 3. Mai 2019

■ Anthroposophische Gesellschaft

Im Monat April 2019 wurden dem Mitgliedersekretariat am Goetheanum 76 neue Mitglieder gemeldet.

Zwischen 13. April und 10. Mai 2019 traten 45 Menschen aus der Gesellschaft aus.

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■ Feature

Sozialstudie ‹(Re)Search› über das spirituelle Streben der Jugend

Immer in EntwicklungSeit 2017 stellt ein Team junger Forscherinnen und Forscher zwei Fragen an ihre Alters-genossen: Wie würde die Welt im Jahr 2030 aussehen, wenn das, was in dir lebt, Realität wird? Was tust du dafür, damit das der Fall sein wird? Ein erster Bericht – auf Grundlage der Antworten junger Menschen aus 23 Ländern – wurde gerade veröffentlicht.

Eine der Zielsetzungen der Studie ist es, mehr darüber zu erfahren, wie junge

Menschen die Wirklichkeit erleben. Wir führ­ten dafür Interviews mit Altersgenossen, in denen sie ihre Lebenserfahrungen, Wünsche und Hoffnungen reflektieren konnten. In der ersten Phase fanden 40 Interviews mit Menschen zwischen 18 und 35 Jahren aus 23 Ländern und mit einer Vielfalt an kul­turellen Hintergründen statt. Die jungen Leute wählten die Gesprächsthemen selbst. Wir identifizierten einige universelle The­men: Herkunft, Bildung, Beruf, Spiritualität und Beziehungen.

Raum für eigene Fragen

Diese jungen Menschen nehmen das Le­ben als eine ständig wechselnde und den Menschen verwandelnde Erfahrung wahr. Das erfordert, sich ständig seiner selbst bewusst und wach für die anderen zu sein, sowie ein ständiges Befragen und Gespräch vor dem eigentlichen Tätigwerden. Wir nannten dies den Zustand des ‹bewussten Werdens‹: «Ich bin mir wirklich dessen be­wusst, dass sich ein Mensch als Ganzes ent­wickelt und immer weiterentwickelt», sagte eine 21­Jährige aus Deutschland.

Die Befragten suchen ein Umfeld mit der Möglichkeit für Veränderung und Wer­den; sie lehnen Situationen ab, in denen sie eingegrenzte, von anderen bestimmte Auf­gaben ausführen sollen und eigene Fragen keinen Platz haben.

Wie kann man in einer ständig veränderli­chen Welt Stabilität und Sicherheit schaffen? «Wenn alles in Bewegung ist – und das ist so in Ordnung –, muss ich verstehen, was ich brauche, um da durchzukommen», sagte ein 29­Jähriger aus Großbritannien.

Für diese jungen Menschen fordert die Wirklichkeit dazu auf, sich mit Gegensätzen, Unterschieden und Multikulturalität aus­einanderzusetzen. Um dieser Anforderung nachzukommen, blicken die Befragten zu­nächst auf ihre eigene nationale, kul turelle und familiäre Herkunft. Die meisten erkun­den und beschreiben ihre Herkunft locker, akzeptieren sie, auch wenn sie mit Heraus­forderungen kämpfen. Es ist nachvollziehbar, dass junge Menschen nach ihrer Herkunft fragen und nach dem, was zu ihrer Iden­titätsbildung beigetragen hat, besonders wenn sie mehrere Nationalitäten in sich vereinen. «Ich leite meine Identität nicht von einem bestimmten Teil der Welt ab, denn ich fühle mich der ganzen Welt verbunden», so eine 18­jährige Bolivierin.

Gesehen und verstanden werden

Für einige war eine positive Bildungs­erfahrung das Gefühl, von den Lehrern als Individualität ‹gesehen› und verstanden zu werden. Wir stellten eine Spannung fest, die vor allem (wenn auch nicht ausschließlich) Befragte aus asiatischen Ländern erlebten: zwischen den Bildungs­ und Berufserwar­tungen ihrer Familie und dem, was sie sich selbst wünschen.

In ihrem Beruf können sie oft ihre Inter­essen und Potenziale nicht voll entfalten; auch stellt er nicht immer den nötigen finan­ziellen Ausgleich sicher, um von anderen – Familie oder Staat – finanziell unabhängig zu sein. Es gibt ‹null Toleranz› für ein Berufs­umfeld ohne Ethik oder ohne die Möglich­keit, sinnvolle Beziehungen aufbauen zu können. Auch empfinden sie es als schwierig, die eigene Berufung mit der Wirklichkeit ihres Berufs zu verbinden.

Die große Mehrheit der Befragten kri­tisierte Religionen, die für sie mit Unter­drückung und institutioneller Moral ver­bunden sind. Gleichwohl sprachen die jungen Menschen oft davon, dass für sie eine Beziehung zu einem göttlichen Wesen oder Spiritualität von Bedeutung ist. Auf der Suche nach tieferer Selbsterkenntnis ex­perimentieren sie mit spirituellen Ansätzen, Meditation, Ritualen und auch Drogen. Diese Erfahrungen ermöglichen ihnen, wie sie sa­gen, über sich selbst nachzudenken und nach dem Wesen des Lebens, der Menschlichkeit und menschlicher Beziehungen zu fragen.

Leben mit Vielfalt und Unterschieden

Für die Befragten sind Beziehungen ein – wenn nicht der wichtigste – Aspekt ihres gegenwärtigen Lebens. Dazu gehört auch das Verhältnis zu sich selbst, das sich ihrer Meinung nach auf die Art und Weise ihrer Beziehung zu anderen auswirkt. Ein star­kes Zusammengehörigkeitsgefühl entsteht, wenn Beziehungen auf dem Austausch von Ideen und Fragen zum Menschsein all­gemein basieren.

Die Befragten reflektieren oft ihre Bezie­hungen, als wollten sie fortdauernd durch Versuch und Irrtum lernen. Dies lässt sie immer wieder Beziehungen mit Menschen knüpfen, mit denen sie Erfahrungen teilen. Unerlässlich für sinnvolle Beziehungen sind für sie Authentizität, Ehrlichkeit und Trans­parenz – Werte, die zu einer guten Kom­munikation führen, die für sie wiederum sinnvollen Beziehungen zugrundeliegt. Sie wollen zudem lernen, Vielfalt und Unter­schiede zu integrieren, denn es ist ihnen ein Anliegen, ‹Anderssein› zu verstehen und dadurch akzeptieren zu können.

Die Interviewten waren nicht an vor­gefertigten Lösungen für persönliche und weltweite Probleme interessiert. Sie hat­ten vielmehr das Bedürfnis, Werkzeuge zu finden, die es ihrem Denken ermöglichen, den ihnen sich stellenden Herausforderun­gen zu begegnen. In den jungen Menschen lebt eine starke Sehnsucht, Bedingungen zu schaffen, die es möglich machen, dass wir bewusst und aus einer tiefen Erkenntnis heraus die Herausforderungen angehen, denen wir gegenüberstehen. Für die Befrag­ten beginnt alles mit individuellem Handeln. | Andrea de la Cruz Barral, Goetheanum

Aus dem Englischen von Sebastian Jüngel.

(Re)Search Team Andrea de la Cruz Barral und Ioana Viscrianu Mentoren Constanza Kaliks, Pepa und Luis Miguel Barral Mitwirkende Alina Fessler, Janna De Vries, Johannes Kronenberg, Nahuel Waroquiers und Sibel Caliskan.

Web www.youthsection.org/research

Zentral im Leben: Beziehungen – Austausch im Rahmen des Forschungsprojekts ‹(Re)Search›

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