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Was machen sie anders? Incentivierung in Familienunternehmen Sie folgen in ihrer Unternehmensführung oftmals anderen Gesetzen als Publi- kumsgesellschaften. Dies findet auch in der Anreizsetzung seinen Niederschlag. Neben finanziellen spielen auch nicht-finanzielle Ziele eine wesentliche Rolle. Könnte der Erfolg vieler Familienunternehmen auch darauf zurückzuführen sein? Kai Sandner 20 Controlling & Management Review 1 | 2014 Schwerpunkt | Anreizsetzung

Was machen sie anders? Incentivierung in Familienunternehmen

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Page 1: Was machen sie anders? Incentivierung in Familienunternehmen

Was machen sie anders? Incentivierung in FamilienunternehmenSie folgen in ihrer Unternehmensführung oftmals anderen Gesetzen als Publi-kumsgesellschaften. Dies findet auch in der Anreizsetzung seinen Niederschlag. Neben finanziellen spielen auch nicht-finanzielle Ziele eine wesentliche Rolle. Könnte der Erfolg vieler Familienunternehmen auch darauf zurückzuführen sein?

Kai Sandner

20 Controlling & Management Review 1 | 2014

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Bei Familienunternehmen ist manches anders. Nicht nur in ihren Eigen-tumsverhältnissen und in ihren Entscheidungsstrukturen unterscheiden sie sich von Publikumsgesellschaften. Sie haben bei ihren unternehmerischen Aktivitäten auch meist die folgenden Generationen der Familie im Blick und agieren daher mit einem anderen Zeithorizont. Darüber hinaus sind sie maßgeblich von der Persönlichkeitsstruktur der Eigentümer bestimmt, und soziale Präferenzen, emotionale Faktoren und Vertrauen spielen eine größere Rolle als bei Publikumsgesellschaften. Damit ist auch die Ausgangslage für die Incentivierung von Managern und Mitarbeitern eine grundsätzlich andere als bei Publikumsgesellschaften. Eigene Modelle müssen entwickelt und sehr individuell auf die besonderen Gegebenheiten in dem jeweiligen Unternehmen abgestimmt werden – eine Herausforderung, gilt es doch, unterschiedlichste Interessen unter einen Hut zu bringen.

Potenzial für Interessenkonflikte gibt es in Familienunternehmen zur Genüge. Es steckt in den gegenseitigen Abhängigkeiten von Eigentümern und Geschäftsführern, in der Beteiligung mehrerer Generationen der Eigen-tümerfamilie und in der Konkurrenz von wirtschaftlichen und familiären Zielen. Hinzu kommt, dass nicht alle Eigentümer die einzelnen Unterneh-mensziele in gleicher Weise gewichten. Auch die personelle Trennung von Eigentümern und Unternehmensführung kann ein Grund für Divergenzen sein. Ist denn immer gewährleistet, dass ein Vertreter der Unternehmens-

führung das vom Eigentümer eingesetzte Kapital in dessen Interesse verwendet? Oder verfolgt er vielleicht auch eigene, persönliche Ziele? Eine Möglichkeit für die Eigentümer, einen gemeinsamen Nenner für alle Kapi-talgeber und alle Mitarbeiter zu definieren, ist die Erstellung einer Corpo-rate Governance. Sie beinhaltet gesetzliche und formelle wie auch informelle Regelungen, beispielsweise zum auf wenige Familienmitglieder konzentrier-ten Eigentum oder zur Festlegung der Unternehmensgrenzen, und sie gibt auch die Gestaltung von innerbetrieblichen Anreizmechanismen und Ver-tragsstrukturen vor (vgl. Shleifer/Vishny 1997).

Ein Anreizsystem kann ein effektiver Hebel sein, um Management und Mitarbeiter zur Umsetzung der unternehmerischen Ziele zu motivieren, muss jedoch immer im besonderen Kontext eines Familienunternehmens gesehen und ausgewählt werden. Auf der einen Seite gibt es durch das besondere Verhältnis von Eigentümern und Unternehmensführung in Familienunternehmen weniger Anreizprobleme als in Publikumsgesell-schaften, andererseits entstehen in Familienunternehmen Anreizprobleme, die in Publikumsgesellschaften weniger ausgeprägt sind. So kann es sein, dass sich große und weniger einflussreiche Anteilseigner bezüglich der

Prof. Dr. Kai Sandnerist Juniorprofessor an der Ludwig- Maximilians-Universität (LMU) München, Tel.: +49 (0)89 2180 3889, E-Mail: [email protected]

„Ein Anreizsystem muss immer im besonderen Kontext eines Familienunternehmens gesehen und ausgewählt werden.“

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Unternehmensziele und ihrer Gewichtung – und damit auch bezüglich der zu setzenden Anreize – nicht einig sind. Oder aber das Management wird demotiviert, weil durch altruistische Präferenzen von Familienmitgliedern beispielsweise die Unternehmensnachfolge trotz fehlender Qualifikation innerhalb der Familie vergeben wird. Die Unterschiede in den Anreizsyste-men von Familienunternehmen und Publikumsgesellschaften ergeben sich jedoch auch durch die unterschiedlichen Ziele, die in den beiden verschie-denen Unternehmensformen in der Regel verfolgt werden.

Welche Ziele verfolgen Familienunternehmen?Das übergeordnete Ziel der Familie ist es, der nächsten Generation ein wirt-schaftlich erfolgreiches Unternehmen zu übertragen. Dies erfordert ein nachhaltiges Handeln und Entscheiden. Die Erfolgspotenziale des Unter-nehmens sollen erhalten oder auch gesteigert werden. Neben finanziellen sind dafür insbesondere auch eine Reihe nicht-finanzieller Zielgrößen von Bedeutung. Diese können anhand von Kennzahlen gemessen werden, welche sich entsprechend Abbildung 1 in Anlehnung an die Struktur einer Balanced Scorecard (vgl. Kaplan/Norton 1992) unterschiedlichen Perspek-tiven zuordnen lassen.

Die einzelnen Zielgrößen sind nicht unabhängig voneinander, sondern miteinander verknüpft und beeinflussen sich wechselseitig. In Publikums-gesellschaften liegt im Gegensatz dazu der Schwerpunkt oft auf dem Share-holder Value. Das Ergebnis einer Shareholder-Value-Orientierung ist die Konzentration auf eine finanzielle Kennzahl, die sich im Aktienkurs aus-drückt. Alle anderen Zielgrößen wie z. B. Produktqualität, Betriebsklima und Umweltschutz werden im Sinne einer Wertorientierung im Hinblick auf ihre Auswirkung auf diese eine finanzielle Kennzahl betrachtet (vgl. Kaplan/Norton 2004). Eine Shareholder-Value-Orientierung würde der Generatio-nenphilosophie in Familienunternehmen entgegenwirken. Stattdessen wer-den die in Abbildung 1 dargestellten Beziehungen unabhängig von kurzfris-tigen Erfolgsschwankungen der finanziellen Kennzahlen so berücksichtigt, dass eine langfristige Stabilität in den wesentlichen Unternehmenspoten-zialen gewährleistet ist. Dazu gehören insbesondere zufriedene Mitarbeiter, nachhaltige Beziehungen zu Lieferanten, ein gutes Betriebsklima in Über-einstimmung mit den Werten des Gründers bzw. der Familie, Einkommens-sicherheit für die Familie, ein nachhaltiges Wirtschaften in der Gesellschaft  – zu dem auch ein nachhaltiger Umgang mit knappen Ressourcen gehört –, aber auch einfache Grundsätze wie, dass nicht mehr Geld ausgegeben wer-den kann, als eingenommen wird. Das bedeutet, dass eine eindimensionale Bewertung des Unternehmenserfolges wie etwa durch den Shareholder Value zu kurz greifen würde. Die Performance von Familienunternehmen muss mehrdimensional anhand von Kennzahlen bewertet werden, die auch die entsprechenden nicht-finanziellen Zielgrößen widerspiegeln. Auch die Anreizmechanismen müssen diesen mehrdimensionalen Zielen gerecht werden. Sie umfassen in der Regel neben finanziellen auch nicht-finan zielle Kennzahlen.

Zusammenfassung•Familienunternehmen unterscheiden sich in ihrer Corporate Governance oft deutlich von Publikumsgesellschaften. Dies betrifft auch die Anreizsysteme, bei denen es ganz besondere Herausfor-derungen zu meistern gilt. •Familienmitglieder verfolgen typi-scherweise mehrere finanzielle und nicht-finanzielle Ziele, sodass Anreizsys-teme nicht wie bei Publikumsgesell-schaften auf die Renditeziele einer wei-testgehend homogenen Gruppe von Kapitalgebern reduziert werden können. •Die Gestaltung von Anreizsystemen muss zwischen operativ tätigen Eigentü-mern und familienfremden Führungs-kräften und Mitarbeitern unterschei-den. Neben finanziellen werden häufig auch nicht-finanzielle Anreize gesetzt.

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Wie incentivieren Familienunternehmen?Grundsätzlich können Anreize sowohl in monetärer als auch in nicht- monetärer Form gesetzt werden. Beispiele für monetäre Anreize sind leis-tungsabhängige variable Vergütungen, die häufig in der Form von Boni und als Ergebnis einer Erfüllung zuvor vereinbarter Ziele gewährt werden, Gewinnbeteiligungen sowie die Prämierung von Verbesserungsvorschlä-gen und besonderen Leistungen. Nicht-monetäre Anreize erfolgen über die Einbindung von Mitarbeitern in geplante Veränderungsprozesse, Mit-arbeitergespräche zur besseren Verständigung, Belobigungen sowie die Vergabe bzw. Ausdehnung von Aufgabenbereichen und Entscheidungsbe-fugnissen bis hin zu einer Beteiligung an der Geschäftsführung. Die Ent-scheidung über die Gestaltung der Anreizsysteme für die Geschäftsfüh-rung bzw. das Management treffen in Familienunternehmen entsprechend der Darstellung in Abbildung 2 die Eigentümer. In Publikumsgesellschaf-ten hingegen ist für diese Aufgabe der Aufsichtsrat zwischengeschaltet. Neben der Geschäfts führung sind auch die übrigen Mitarbeiter Adressa-ten von Anreizsystemen, die wiederum von der Geschäftsführung mit-bestimmt werden.

In Familienunternehmen wird die Eigentümerstruktur mit der Genera-tionenfolge durch Nachfolgeregelungen und Erbschaft typischerweise umfangreicher. Auf den Gründer in der ersten Generation folgen dessen Kinder als direkte Nachkommen in der zweiten Generation sowie Enkelkin-der als deren Nachkommen in der dritten Generation (vgl. Ward/Dolan

Die Incentivierung ist für Fami-lienunternehmen in manchen Bereichen einfacher, in anderen problematischer als für Publi-kumsgesellschaften.

Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Kaplan/Norton, 1992

Abb. 1 Beziehungen zwischen Zielen von Familienunternehmen

• Rendite

• Liquidität

• Verschuldungsgrad

Finanzperspektive

• Qualität

• Preisgestaltung

• Zuverlässigkeit

Kundenperspektive

• Investitionen

• Umwelt

• Soziales

Gesellschaft

Familienunternehmen

• Entgelt

• Betriebsklima

• Arbeitsplatzsicherheit

Arbeitnehmer

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1998). Ferner ist zu unterscheiden, in welchem Umfang Familienmitglieder als Eigentümer auch in der Geschäftsführung aktiv sind. Abbildung 3 stellt die verschiedenen möglichen Fälle dar.

Die Gestaltung von monetären Anreizsystemen erfolgt in Familienunter-nehmen für Familienmitglieder und familienfremde Mitarbeiter unter-schiedlich. Dies ergibt sich daraus, dass Familienmitglieder in Führungs-positionen häufig gleichzeitig auch Anteile am Eigentum halten und sie hier-durch entsprechende Ansprüche auf einen Teil des Gewinns haben. Deren Höhe bestimmt sich nach dem kurzfristigen finanziellen Erfolg des Unter-nehmens und kann die Funktion leistungsabhängiger Vergütungsbestand-teile erfüllen (vgl. Ulrich 2011, S. 56). Familienfremde Mitglieder der Geschäftsführung und sonstige Mitarbeiter haben in der Regel keine Antei-le am Eigentum, sodass eine variable Vergütung in Abhängigkeit von zu definierenden Performance-Maßen erfolgen muss.

Gibt es nur einen Eigentümer, der zugleich auch alleiniger Geschäfts führer ist, entstehen zwischen Eigentum und Management keinerlei Anreizprobleme. Ungeachtet dessen können aber Anreizprobleme zwischen Management und

Mitarbeitern existieren, wenn die Mitarbeiter am Erfolg nicht beteiligt wer-den. Gibt es wenige Kinder als Eigentümer in der zweiten Generation und mehrere Enkelkinder als Eigentümer in der dritten Generation, die jeweils gleichzeitig auch in der Geschäftsführung aktiv sind, wird in vielen Famili-enunternehmen der Gewinnanteil entsprechend der im Gesellschaftsvertrag festzuhaltenden Beteiligungsquote zu einem wichtigen Anreizmechanismus (vgl. Rohlfing/Sandner 2014). Hohe Gewinnbeteiligungen bergen jedoch die Gefahr, dass davon Anreize zu kurzfristiger Gewinnsteigerung – möglicher-

Quelle: eigene Darstellung

Abb. 2 Verknüpfung zwischen Eigentümern, Management und Mitarbeitern bei der Entschei-dung über Anreizsysteme

Eigentümer

MitarbeiterGeschäftsführung / Management

„Die Entscheidung über die Gestaltung der Anreizsysteme treffen in Familienunternehmen die Eigentümer.“

Aufgrund der generationen-übergreifenden Perspektive haben nicht-finanzielle Ziele ein hohes Gewicht.

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weise zulasten des langfristigen Erfolgs – ausgehen. Denkbare Auswirkun-gen sind Produktmängel, Reklamationen, Unzufriedenheit der Kunden, Ge-währleistungsansprüche, ein Verlust von Marktanteilen und die Verschlech-terung der Lieferantenbeziehungen.

Mit zunehmendem Alter und Wachstum des Unternehmens kann die Not-wendigkeit entstehen, die Geschäftsführung um das Wissen und Know-how von außerhalb der Familie Stehenden zu erweitern. In einem ersten Schritt kommt es häufig zu einer gemischten Geschäftsführung, die sich aus Mit-gliedern der Familie und aus Familienfremden zusammensetzt. Während für Familienmitglieder als Eigentümer nach wie vor die Gewinnbeteiligung als Anreizmechanismus zur Verfügung steht, müssen Familienfremde über Anreizverträge zu Leistung motiviert werden. Entsprechend werden die Fa-milienmitglieder eine andere Anreizsetzung für die familienfremden Mit-glieder bevorzugen, wobei ihre individuellen Interessen wiederum durch die Gewinnverteilung beeinflusst sind. Es kommt in der Regel zu einer unter-schiedlichen Gewichtung finanzieller und nicht-finanzieller Ziele durch die verschiedenen Eigentümer. Eine Einigung kann nur im Zuge von Verhand-lungen erreicht werden. Je nach Ergebnis wird die Geschäftsführung dann in Abhängigkeit von den ihr gesetzten Anreizen wiederum entsprechende Anreize für die weiteren Mitarbeiter des Unternehmens gestalten (vgl. Rohl-fing/Sandner 2014).

Eine grundsätzliche Veränderung des Unternehmens tritt dann ein, wenn sich die Familie inklusive Gründer vollständig aus der operativen Geschäfts-führung zurückzieht und durch ein hauptberufliches Management in dieser Funktion ersetzt wird. Gibt es in dieser Situation nur den Gründer oder eine Familie mit homogenen Interessen als einzigen einflussreichen Eigentümer, liegt eine vergleichbare Situation zu Publikumsgesellschaften vor. Anreize für das professionelle Management sollen sicherstellen, dass dieses die Inte-ressen der Familie bzw. des Gründers verfolgt. Sie bergen aber auch die Gefahr einer kurzfristigen Erfolgsorientierung. Grundsätzlich sind die Interessenkonflikte durch das konzentrierte Eigentum der Familie und die

Je nach Generationenfolge tre-ten spezifische Anreizprobleme auf, die in den Anreizsystemen zu berücksichtigen sind.

Abb. 3 Situationen von Anreizproblemen in Familienunternehmen

Geschäftsführung

Eigentümer

Nur Familie Gemischt Nur Fremde

Gründer Kein Anreizproblem Anreizsetzung über Vertrags-gestaltung nur für Fremde

Anreizsetzung über Vertragsgestaltung

Kinder Anreizsetzung über Gewinnverteilung

Anreizsetzung über Gewinnverteilung und Vertragsgestaltung

Anreizsetzung über Vertragsgestaltung

Enkelkinder Anreizsetzung über Gewinnverteilung

Anreizsetzung über Gewinnverteilung und Vertragsgestaltung

Anreizsetzung über Vertragsgestaltung

Quelle: eigene Darstellung

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damit verbundenen Möglichkeiten der Einflussnahme jedoch nicht so stark ausgeprägt.

Befindet sich ein Familienunternehmen in der zweiten oder dritten Generation, besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass es mehrere einfluss-reiche Eigentümergruppierungen mit unterschiedlichen Interessen gibt. Hinzu kommt, dass eine zunehmende zeitliche Entfernung von der Unter-nehmensgründung häufig mit einer geringeren Identifikation der Nachfah-ren des Gründers mit dem Unternehmen einhergeht und persönliche Inte-ressen stärker in den Vordergrund rücken. Dies kann zu Uneinigkeit zwi-

schen verschiedenen Eigentümern bezüglich der Anreizgestaltung für das professionelle Management führen. Beeinflusst werden solche Konflikte wiederum durch die Gewinnverteilung. Je höher die Gewinnbeteiligung eines Familienmitglieds ist, desto stärker liegt der Fokus auf dem kurzfris-tigen finanziellen Erfolg. Je geringer der Gewinnanteil, desto mehr Bedeu-tung erhalten nicht-finanzielle Zielgrößen. Die Uneinigkeit verschiedener Eigentümer über die Ausrichtung des Unternehmens, die zu verfolgenden Ziele und über deren Gewichtung kann erneut nur über Verhandlungen ge-löst werden. Die Verhandlungsmacht der beteiligten Parteien wird insofern zu einem entscheidenden Parameter für die Ausrichtung des Unternehmens. Sie variiert in Abhängigkeit von den Vorgaben der Corporate Governance wie beispielsweise der Höhe der von den Eigentümern eingebrachten Kapi-talanteile und entscheidet letztendlich darüber, ob ein Unternehmen einen stärkeren Fokus auf finanzielle oder auf nicht-finanzielle Zielgrößen hat und seine Anreizsysteme entsprechend gestaltet (vgl. Peter/Sandner 2013).

Kann man von Familienunternehmen lernen? Ob die Unternehmens- oder Governanceform von Familienunternehmen grundsätzlich erfolgreicher ist als jene von Publikumsgesellschaften, darü-ber lässt sich anhand von finanziellen Erfolgskennzahlen aufgrund der unterschiedlichen Zielsysteme keine klare Aussage treffen. Erfolg ist immer in Relation zu den gesetzten – bei Familienunternehmen auch nicht-finan-ziellen – Zielen zu definieren. Eine Reihe von Wissenschaftlern hat die Fra-ge deswegen in einem engeren Kontext aufgegriffen und vergleicht derzeit börsennotierte Familienunternehmen und Publikumsgesellschaften. Die bis-her durchgeführten Untersuchungen kommen zu unterschiedlichen Ergeb-nissen (vgl. Hack 2009, S. 13 ff.): Familienunternehmen erweisen sich nicht per se als weniger erfolgreich, wobei der Rolle des Gründers eine Bedeutung zuzukommen scheint (vgl. Villalonga/Amit 2006). Ist dieser noch in den Führungsorganen aktiv, sind Familienunternehmen Publikumsgesellschaf-

„Die Gestaltung von monetären Anreizsystemen erfolgt für Familienmitglieder und familienfremde Mitarbeiter unterschiedlich.“

Die Berücksichtigung nicht- finanzieller Zielgrößen könnte ein Grund für den langfristigen Erfolg von Familienunterneh-men sein.

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ten oft sogar überlegen. Die gewonnenen Erkenntnisse geben Hinweise darauf, inwiefern Familienunternehmen im Vergleich zu Publikumsgesell-schaften einen Vorteil beim Einsatz von Anreizsystemen haben. So sind als Vorzüge z. B. die häufig vorzufindende Personalunion von Eigentümer und Manager, der Einfluss und das Interesse der Familie im Hinblick auf die Stra-tegie und Führung sowie die großen Eigentumsanteile der Familie, welche sich entsprechend nicht im freien Umlauf befinden, zu nennen.

Allerdings ist die Mehrzahl der Familienunternehmen im Schnitt deutlich kleiner als die meisten Publikumsgesellschaften und nicht an der Börse notiert. Auch ist eine eindeutige Abgrenzung zu Publikumsgesellschaften schwierig, weil es auf beiden Seiten eine Fülle von Organisationsformen mit zahlreichen Überschneidungen gibt. Der in diesem Beitrag gestellte Ver-gleich bezieht sich daher auf die Extreme von rein am Shareholder Value orientierten Publikumsgesellschaften und nicht an der Börse gehandelten Familienunternehmen (z. B. als OHG, KG, GmbH etc.).

Gerade diese Familienunternehmen sind besonders typisch und verfolgen neben finanziellen auch nicht-finanzielle Ziele. Dies unterscheidet sie von Publikumsgesellschaften, bei denen alle unterschiedlichen Einzelziele in ers-ter Linie das übergeordnete Ziel, den Shareholder Value zu steigern, unter-mauern. Viele nicht-finanziellen Ziele werden häufig aus der Überzeugung des Gründers, einer oft jahrzehntelangen unternehmerischen Familientra-dition mit entsprechender Philosophie sowie aus der für Familienunterneh-men typischen nachhaltigen und generationenübergreifenden Ausrichtung heraus verfolgt. Kurzfristige Schwankungen der Konjunktur sowie des wirt-schaftlichen Erfolgs des Unternehmens sind oft von geringerer Bedeutung.

Ob sich eine Orientierung von Anreizen für Führungskräfte an nicht- finanziellen Zielgrößen auf den langfristigen finanziellen Erfolg auswirkt, ist bisher noch nicht eindeutig erforscht. Jüngere Untersuchungen deuten aber darauf hin, dass auch in Publikumsgesellschaften verstärkt nicht-finan-zielle Zielgrößen für die Incentivierung des Managements verwendet wer-den (vgl. Ittner/Larcker/Rajan 1997; Speckbacher/Bischof/Pfeiffer 2003). Der zugrunde liegende Gedanke ist, dass sich dies positiv auf den Sharehol-der Value und damit auf das langfristige finanzielle Maß auswirken könnte. Sollte sich dies bestätigen, dann gäbe es ein Indiz dafür, dass gerade die Berücksichtigung verschiedener nicht-finanzieller Zielgrößen in den Anreizsystemen von Familienunternehmen dafür ausschlaggebend ist, dass sie langfristig auch finanziell so erfolgreich sind und sich am Markt gerade in Krisenzeiten als stabil erweisen.

LiteraturHack, A.: Sind Familienunternehmen anders? Eine kritische Bestandsaufnahme des aktuellen Forschungsstands, in: Witt, P. (Hrsg.): Management von Familienunter-nehmen, Zeitschrift für Betriebswirtschaft, Sonderheft 2/2009, Wiesbaden 2009, S. 1 – 29.

Ittner, Ch. D./Larcker, D. F./Rajan, M. V.: The Choice of Performance Measures in Annual Bonus Contracts, in: The Accounting Review, 72 Jg. (1997), Heft 2, S. 231 – 255.

Handlungsempfehlungen•Nutzen Sie Verhandlungen, um Eini-gungen bei unterschiedlichen Interessen von Eigentümern zu erzielen.•Berücksichtigen Sie bei der Gewinn-verteilung die Auswirkungen auf die Interessen der verschiedenen Eigentü-mer sowie deren jeweilige Positionen im Unternehmen. •Incentivieren Sie Familienfremde über Anreizverträge.•Gewichten Sie finanzielle und nicht-finanzielle Kennzahlen in den Verträgen entsprechend der Schwerpunktsetzung der Inhaber.

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Kaplan, R. S./Norton, D. P.: The Balanced Scorecard – Measures that Drive Perfor-mance, in: Harvard Business Review, January-February (1992), S. 71 – 79.

Kaplan, R. S./Norton, D. P.: Strategy Maps: Converting Intangible Assets Into Tangible Outcomes, Watertown 2004.

Peter, R./Sandner, K.: Firm Performance When Principals Bargain About Incentives and the Distribution of Earnings, Working Paper 2013.

Rohlfing, A./Sandner, K.: Optimal Distribution of Earnings Between Partners in Family Firm Contracting, in: Schmalenbach Business Review (2014), forthcoming.

Shleifer, A./Vishny, R. W.: A Survey of Corporate Governance, in: The Journal of Finance, 52. Jg. (1997), Heft 2, S. 737 – 783.

Speckbacher, G./Bischof, J./Pfeiffer, Th.: A Descriptive Analysis on the Implementa-tion of Balanced Scorecards in German-speaking Countries, in: Management Accounting Research, 14. Jg. (2003), Heft 4, S. 361 – 387.

*a Ulrich, P.: Führungskräfteincentivierung in Familienunternehmen, in: Zeit-schrift für Controlling und Management, Sonderheft 3 (2011), S. 51 – 58. (ID: 3023958)

Villalonga, B./Amit, R.: How do Family Ownership, Control and Management Affect Firm Value?, in: Journal of Financial Economics, 80. Jg. (2006), Heft 2, S. 385 – 417.

Ward, J./Dolan, Ch.: Defining and Describing Family Business Ownership Configu-rations, in: Family Business Review, XI. Jg. (1998), Heft 4, S. 305 – 310.

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