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Wasserdampf-Destillation ätherischer Öle aus frischen oder angewelkten Pflanzen Abbildung 1: Neue Versuchsanlage zur Wasserdampf-Destillation „ätherischer Öle“ Marktsituation: Ätherischen Ölen begegnen wir heute auf Schritt und Tritt. Wir schnuppern sie im Super- markt, in der Drogerie, auf dem Wochenmarkt, im Krankenhaus genauso wie in der Wohnung zu Hause. Neben der Verbreitung angenehmer Düfte können sie, gezielt angewendet im Rah- men der Aromatherapie, hormonelle, nervliche und psychische Reaktionen verursachen. Ver- kaufspsychologen setzen sie mittlerweile sogar zur Beeinflussung des Kaufverhaltens von Per- sonen ein. Die fettlöslichen, flüssigen und leicht flüchtigen Stoffgemische aus einer Vielzahl von Einzelsubstanzen, die meist leichter als Wasser sind, stellen eine sehr wichtige Wirkstoffgruppe bei Heil- und Gewürzpflanzen dar. Pharmakolo- gisch werden sie wegen der anregenden, durchblutungsfördernden, krampflösenden, keimhemmenden oder entzündungswidrigen Wirkung in den verschiedensten Arzneimitteln eingesetzt. Wegen ihres jeweiligen charakteri- stischen Geruchs und Geschmacks finden die ätherischen Öle auch vielseitige Verwendung im

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Wasserdampf-Destillationätherischer Öleaus frischen oderangewelkten Pflanzen

Abbildung 1:Neue Versuchsanlage zur Wasserdampf-Destillation „ätherischer Öle“

Marktsituation:

Ätherischen Ölen begegnen wir heute aufSchritt und Tritt. Wir schnuppern sie im Super-markt, in der Drogerie, auf dem Wochenmarkt,im Krankenhaus genauso wie in der Wohnungzu Hause. Neben der Verbreitung angenehmerDüfte können sie, gezielt angewendet im Rah-men der Aromatherapie, hormonelle, nervlicheund psychische Reaktionen verursachen. Ver-kaufspsychologen setzen sie mittlerweile sogarzur Beeinflussung des Kaufverhaltens von Per-sonen ein. Die fettlöslichen, flüssigen und leicht

flüchtigen Stoffgemische aus einer Vielzahl vonEinzelsubstanzen, die meist leichter als Wassersind, stellen eine sehr wichtige Wirkstoffgruppebei Heil- und Gewürzpflanzen dar. Pharmakolo-gisch werden sie wegen der anregenden,durchblutungsfördernden, krampflösenden,keimhemmenden oder entzündungswidrigenWirkung in den verschiedensten Arzneimittelneingesetzt. Wegen ihres jeweiligen charakteri-stischen Geruchs und Geschmacks finden dieätherischen Öle auch vielseitige Verwendung im

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Lebensmittel- und Kosmetiksektor.Große Zukunft dürften diese Stoffeim Pflanzen- und Vorratsschutzsowie bei der Lebensmittelkonser-vierung haben, da sie häufig sehrspezifische Wirkungen gegen Bakte-rien, Pilze oder Schädlinge besitzen.

Doch bei aller Euphorie sind dieQualität und ihre Kontrolle vernach-lässigt worden. Allzuhäufig sind Ver-fälschungen im Handel, deren Aus-maß kaum erfaßbar ist. Eine beson-ders große Gefahr der Verfälschungbesteht bei Ölen mit hohem Markt-wert, wie Zitronenmelissenöl, Angeli-kaöl oder Kamillenöl. Selten findetman Angaben über Herstellungswei-se und Produktionsstandorte. GroßeAnstrengungen werden dagegenunternommen, den Ursprungsnach-weis nachträglich zu führen. Dabeigibt es die wirksame Methode undzugleich Chance für einheimischemarktnahe Erzeuger, den lückenlo-sen Nachweis von der verwendetenAusgangsware über die Herstel-lungs- und Verarbeitungsweise biszu genauen Wirkstoffuntersuchun-gen selber zu erbringen. Schwierigeund teure Identitätsprüfungen unbe-kannter Provenienzen könnten da-durch für den Abnehmer entfallen.

Die Interessen aller Beteiligten liegendabei sehr nahe zusammen. DerHandel verlangt stabile Qualitätenund große Partien. Der Erzeugerwünscht eine bessere Marktakzep-tanz der erzeugten Qualität, und derKonsument honoriert nachvollzieh-bare Qualitätsmerkmale mit höherenPreisen. Trotzdem ist auch bei den

ätherischen Ölen der Markt heißumkämpft und von großen Import-mengen betroffen. Die Preise kön-nen je nach Qualität und Pflanzen-gattung zwischen 2.50 und 12.000.–DM (!) pro Liter Öl schwanken! Daherheißt es, lange vor dem Bau einerAnlage die Fühler nach Absatz-möglichkeiten ausstrecken! DieseArbeit kann dem potentiellen Ölde-stillateur niemand abnehmen! Nut-zen sollte er aber den Trend derBevölkerung zu natürlichen Produk-ten, die in der Region erzeugt wer-den, und zu Produkten aus ökologi-schem Anbau.

Da die Marktchancen für die Gewin-nung ätherischer Öle nicht eindeutigvorhersehbar sind, sollte die Destilla-tionsanlage möglichst kostengünstigund vielseitig nutzbar sein sowie sogeplant werden, daß sie ohne großenPersonalaufwand betrieben werdenkann. Für einzelne innovationsfreudi-ge Betriebe mit technischem Ver-ständnis, die auch beim Absatz neueWege gehen wollen, und kooperati-onsbereit sind, könnte sich in derDestillation ätherischer Öle ausFrischpflanzen eine neue Anbau- undAbsatznische innerhalb der Heil- undGewürzpflanzen ergeben. Dieser Pro-duktionszweig ist aber in Deutsch-land noch wenig bekannt. Deshalbgibt es hier noch keine praxisreifeTechnik für die Destillation ätheri-scher Öle. Firmenangebote gehennicht von den Anforderungen derWasserdampf-Destillation bei Ver-wendung frischer oder angewelkterPflanzen, sondern von denen derAlkohol-Destillation aus. Die LBP hatsich daher in mehrjährigen Versuchenin Zusammenarbeit mit der Staatli-chen Versuchsgüterverwaltung Frei-

sing in München und gefördert durchdas Bayerische Landwirtschaftsmini-sterium intensiv mit dieser Thematikbeschäftigt und ein neues Konzeptzur Destillation ätherischer Öle in Hof-nähe entwickelt (s. Abb. 1). Die nach-folgenden Hinweise beruhen aufunseren umfangreichen Untersu-chungen, insbesondere mit Pfeffer-minze und Zitronenmelisse (s. Abb. 2und 3) sowie auf Auswertungen derinternationalen Fachliteratur. DemNeueinsteiger in diese potentielleMarktnische soll damit weitgehenddas Lehrgeld erspart bleiben, dasüblicherweise bei Investitionen dieserArt zu zahlen ist.

Prinzip der Wasser-dampf-Destillation:

Das Prinzip der Wasserdampf-De-stillation ist schon lange kein Ge-heimnis mehr. Es kommt aber bei derVielzahl von Einflüssen während derVerarbeitung darauf an, wie schnellund mit welcher Methode destilliertwird. Man versteht unter Destillierenden Trennvorgang durch Verdampfenund Kondensieren. Dabei werdenimmer Lösungsmittel und Energiezum Verdampfen benötigt. Beidesbietet in genialer Weise der Wasser-dampf. Er enthält das bei der Kon-densation frei werdende Wasser unddie gleichzeitig frei werdende Kon-densationswärme. Die ursprünglicheGewinnung der ätherischen Öle, dasDestillieren in Erdkesseln mit direkterBefeuerung, ist auch heute noch inseiner einfachsten Form in vielenLändern der Erde weit verbreitet.Hoher Arbeitsaufwand und Verlustean wertvollen Inhaltsstoffen durchlange, unkontrollierte Destillations-

Abbildung 2: Die Blätter der echten Pfef-ferminze enthalten viel ätherisches Öl

Abbildung 3: Der Gehalt des angenehm duftenden ätherischen Öles in den Blätternvon Zitronenmelisse ist sehr niedrig

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zeiten sind die Folgen. Ein weiterer –sehr energieaufwendiger – Verarbei-tungsweg, der ebenfalls häufig prak-tiziert wird, ist die großindustrielleDestillation der getrockneten Ware (=Droge). Auch sie bringt Inhaltsstoff-verluste, insbesondere der leichtflüchtigen Bestandteile, mit sich.Außerdem muß der Erzeuger derRohware die Energie zum Trocknenaufbringen. Ihm bleibt nur wenig Ein-fluß auf die Qualität des ätherischenÖles und nur ein geringer Teil derWertschöpfung. Für die schonendeund rationelle Gewinnung ohnegroße Energieverluste sind einegetrennte Dampferzeugung, einschnelles Be- und Entladen der Anla-ge und eine kurze Destillationszeitdes frischen Pflanzenmateriales not-wendig. Die Wasserdampf-Destillati-on ist zwar die älteste, aber zugleichauch schonendste Art, die ätheri-schen Öle mit relativ einfacher Tech-nik zu gewinnen. Aber nur bei richti-ger Anwendung und zeitgemäßerTechnik im Hinblick auf eine gleich-mäßige Wärmeübertragung und ver-lustarme Wärmeabgabe gewinntman mit der Wasserdampf-Destillati-on unter atmosphärischem Druckvollständige, qualitativ hochwertigeätherische Öle.

Der in die Destillationsblase vonunten einströmende Wasserdampfschlägt sich an den kälteren Pflan-zenteilen in der Blase nieder, er kon-densiert. Dabei werden Wasser alsLösungsmittel und Wärmeenergiefreigesetzt. Das Wasser benetzt dasPflanzenmaterial, das ätherische Öldiffundiert aus den Ölzellen heraus.Es entsteht eine Öl-Wassermi-schung, die durch die Wärmeener-gie des nachströmenden Dampfeswieder verdampft wird. Entschei-dend für viele hitzeempfindlicheBestandteile des ätherischen Ölesist nun die Tatsache, daß sich diepartiellen Dampfdrücke der Öl-Wassermischung addieren und da-durch eine Verdampfung bereitsknapp unter 100°C erreicht wird.Die einzelnen Ölkomponenten wür-den erst bei Temperaturen weit über100°C verdampfen mit negativenFolgen für das Aroma. Die Mischungverdampft durch freie Wärmekon-vektion ohne Zwang nach oben inRichtung Deckel, an dem ein Kühlerangeschlossen ist. In ihm trifft dieDampfmischung auf wassergekühlteFlächen, an denen sie wieder kon-densiert. In einem Gefäß, der soge-nannten „Florentiner Vase“, wird dasKondensat aufgefangen und gelangt

zur Ruhe. Dabei trennen sich dieleichteren ätherischen Öle von demschwereren Wasser und schwimmenje nach Größe der Gefäßoberflächein einer dünneren oder dickeren,meist weiß-gelblichen Schicht aufdem Wasser. Von dort können sie, jenach Menge, von selbst abfließenoder vorsichtig von Hand abgesaugtwerden. Dieser Trennvorgang hängtsehr von der destillierten Pflan-zenmenge und dem Ölgehalt derbetreffenden Pflanzenart ab. So ent-hält zum Beispiel Pfefferminze zehn-mal mehr ätherisches Öl als Zitro-nenmelisse. Besteht kein Tempera-turunterschied mehr zwischen Was-serdampf und Pflanzenmaterial inder Blase, entsteht auch kein Kon-denswasser mehr an den Pflanzen-teilen, und der Destillationsvorgangist beendet. Das nach der Destillati-on verbleibende Pflanzenmaterialkann als Gründüngung breitwürfigauf abgeerntete Felder ausgebrachtwerden. Nach unseren Versuchser-fahrungen ist es bei Pfefferminzeund Zitronenmelisse sogar möglich,die Pflanzenreste auf die soebenbeernteten Flächen, ohne nachteili-ge Folgen für den neuen Aufwuchs,zu verteilen.Das gewonnene ätherische Öl sollte

Abbildung 4

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nun möglichst kühl, unter Lichtab-schluß (z.B. braune Glasgefäße),luftdicht verschlossen und möglichstrandvoll (Sauerstoff kann zu uner-wünschten Ab- und Umbauerschei-nungen führen) aufbewahrt werden.Gut zu reinigende Gefäße, zum Bei-spiel aus Glas oder V4A-Edelstahl,sind am besten geeignet.

Vergleich Alkohol- undWasserdampf-Destillation(s. Abb. 4):Alkohol-Destillation und Wasser-dampf-Destillation werden oft mit-einander verwechselt. Bei der Alko-hol-Destillation erfolgt die Energie-zufuhr in der Regel über eine Mantel-

heizung. Das Füllgut (Wasser undAlkohol) wird somit indirekt beheizt.Leichtflüchtige Substanzen (Alkohol)werden von schwerflüchtigen Sub-stanzen (Wasser) getrennt, sie rei-chern sich im Dampfraum an, siewerden sozusagen verstärkt. Bei derWasserdampf-Destillation mit fri-schen oder angewelkten Pflanzenund Dampfdirekteinspeisung tren-nen sich die leichtflüchtigen nichtvon den schwerflüchtigen Substan-zen. Das Lösungsmittel Wasserbleibt als Begleitstoff bis zur Verflüs-sigung im Kühler erhalten. Das Öltrennt sich erst in der kalten Phasedurch das unterschiedliche spezifi-sche Gewicht vom Wasser, nach-dem der Kühler passiert wurde.

Wie sollte eine funktionie-rende Destillationsanlageaussehen (s. Abb. 5)?

Folgende wesentliche Vorausset-zungen für eine erfolgreiche Was-serdampf-Destillation mit frischenoder angewelkten Pflanzenteilenmuß die Anlage erfüllen:1. Die Dampfmenge muß dem Quer-

schnitt von Blase und ZuleitungenAbbildung 6: Dampfverteiler an der Versuchsanlage

Abbildung 5

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entsprechen, damit eine steteDampfsättigung und eine ununter-brochene Dampfströmung ge-währleistet sind. Nur ein gleich-mäßig strömender, gesättigter,nicht überhitzter Wasserdampfgarantiert einen konstant hohenWärmeinhalt und eine gute Wär-meübertragung beim Kondensie-ren an den kalten Pflanzenteilen.Pro Quadratmeter Blasenquer-schnittsfläche und pro Minutemuß ein Dampffluß von 3–4 kgbei atmosphärischem Druck ge-geben sein. Der Dampfzustandund seine Sättigung sollten genaudurch Temperatur- und Druckan-zeigen kontrollierbar sein (s. Abb.7 und 17). Die Dampfmenge ent-spricht der Kondensatmenge amEnde des Kühlers und läßt sich mitMeßbechern gut kontrollieren.

2. Die Füllhöhe muß dem Feuchtezu-stand des eingefüllten Materialsdurch eine ausreichend hoheBlase (mind. 1,8m Höhe) ange-paßt werden können.

3. Zwischen Blase und Kühler sindgroße Rohrquerschnitte (mind.5, besser 10cm Durchmesser) zuwählen, damit die zu Beginn einerDestillation noch kalte Luft schnellaus dem Kühler entweichen kannund keinen Rückdruck erzeugt.Ein Rückdruck im System würdeden Siedepunkt in der Blaseerhöhen und die Ausbeute ver-schlechtern.

4. Die vorzeitige Kondensation anZuleitungen und Blase muß unbe-dingt mit einer ausreichendenIsolierung vermieden werden, umEnergieverluste zu vermeiden und

Abbildung 7: Genaue Temperatur- und Druckkontrolle des Dampfes sind unumgänglich

Abbildung 8: Blasensockel der Versuchsanlage

den Dampf in seinem gesättigtenZustand zu erhalten.

Das Herzstück einer Anlage bestehtaus der fahrbaren V4A-Edelstahl-Destillationsblase. Blase und Bla-sensockel sind fest verschraubt,durch einen Siebboden getrennt undgemeinsam dreh- und kippbar aufeinem Wagen montiert. Der Sockel(s. Abb. 8) enthält den Anschluß fürdie Zuleitung und die Verteileinrich-tung für den Wasserdampf, der ineinem externen Dampferzeugererzeugt wird. Ein luftdicht aufsteck-barer Deckel mit eingelassener Sili-kondichtung verbindet später bei derDestillation die Blase (s. Abb. 9) mitdem Röhrenkühler. Das im Kühlerverflüssigte Öl-Wasser-Dampfge-misch, das Kondensat, wird in einemindividuell angepaßten Kondensat-

und Phasentrenngefäß aufgefan-gen. Die Blase kann auf Grund ihresfahrbaren Untersatzes mit Dreh- undKippvorrichtung vor Ort auf demFeld befüllt und auch wieder entleertwerden. Für den Anschluß der Blasean die Anlage sind nur wenige Hand-griffe notwendig: Der gefüllte Blasenwagen wird unterden festmontierten, mit dem Kühlerverbundenen Blasendeckel gefah-ren, mit Hilfe eines Gabelhubwagensangehoben und dampfdicht unterden Deckel gepreßt. Über einen fle-xiblen Schlauch wird der Blasen-sockel mit der Dampfleitung verbun-den, und die Destillation beginnt.Zum Destillationsende wird der Bla-senwagen wieder abgelassen undvon der Dampfleitung getrennt. Aufdiese Weise ist ein schneller Wechselverschiedener Blasenwagen mög-lich.

Dampferzeugertypen:

Der Schnelldampferzeuger hat eineHeizschlange, in der der Dampferzeugt wird. Das Speisewasser wirdmit einer Kolbenpumpe zugeführtund im Durchlauf in der Schlangeerhitzt und verdampft. Der Aufbaudes Schnelldampferzeugers ist ge-zielt auf kleinsten Wasserinhalt, ge-ringe Baumaße und schnelle Dampf-bereitschaft ausgerichtet. Die An-schaffungskosten liegen 20–30%günstiger als bei einem Großwasser-raumkessel. Eine separate Erlaubnisgemäß § 10 der Dampfkesselverord-nung (Dampf KV) ist für den Dampf-kessel erforderlich. Es gelten dieAufstellbedingungen in Arbeits- undneben Wohnräumen. Als Nachteile

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gelten schwankende Dampfqualität,schwankende Drücke und eine kür-zere Nutzungsdauer. Diese Art derDampferzeugung eignet sich beson-ders für Betriebe ohne täglichenDampfbedarf und mit regelmäßigenStillstandszeiten von länger als 36Stunden.

Der Großwasserraumkessel liefertsalzarmen Qualitätsdampf mit hoherDruckkonstanz. Seine Nutzungsdau-er ist fast doppelt so lang wie die vonSchnelldampferzeugern, so daß derGroßwasserraumkessel trotz höhe-rer Anschaffungskosten – mehrheit-lich – als idealer Dampferzeugerbeurteilt wird. Er ist besondersrobust gegen Bedienfehler. Für klei-ne Kessel (Dampferzeuger), die derProduktformel (Produkt aus Wasser-inhalt x Betriebsdruck kleiner10.000) entsprechen, gibt es erleich-terte Aufstellbedingungen in Arbeits-räumen und neben Wohnräumen.

Sicherheit und Auflagenfür Dampfanlagen:Früher waren für den Betrieb vonDampfanlagen ständig anwesendeKesselwärter vorgeschrieben. Wennheute die entsprechenden Sicher-heitseinrichtungen vorhanden sind,

ist ein „Betrieb ohne Beaufsichti-gung“ (BoB) möglich. Dann sind nurnoch wenige Minuten pro Tag für dieFunktionskontrolle des Dampfkes-sels und die Überwachung der Spei-sewasseraufbereitung erforderlich.Für den Dampfkessel ist beim

Gewerbeaufsichtsamt ein Erlaubnis-beziehungsweise Anzeigeverfahrenzu beantragen.

Destillationsblasentypen:Die Form der Blase (der Namestammt von der früher verwendetenkugelartigen Form) wird von dem zudestillierenden Produkt bestimmt.Flüssige beziehungsweise überwie-gend flüssige Materialien werden inder Regel in kugelförmigen Behälterndestilliert. Hier verteilt sich die vonaußen zugeführte Wärme schnell undgleichmäßig. Konische, im Quer-schnitt sich verändernde Blasen wer-den zu speziellen Zwecken mit wech-selnden Dampfströmen eingesetzt.Grobstrukturiertes und frisches Pflan-zenmaterial kann mit Dampf – Direkt-einspeisung beheizt und destilliertwerden. Dabei lassen hohe, zylindri-sche Blasen durch ihre Kaminwir-kung den Dampf ohne Zwang beson-ders schnell und gleichmäßig in derFüllung aufsteigen. Die Querschnitts-fläche der Blase muß entsprechendder Leistung des Dampferzeugers sogewählt werden, daß ein Dampfflußvon 3–4kg/m2 bei atmosphärischemDruck gewährleistet ist.Die Destillationsblase und die Ausrü-stung müssen nach der Druckbehäl-

Abbildung 10

Abbildung 9: Destillationsblase der Ver-suchsanlage beim Befüllen

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terverordnung geprüft sein. Auskünf-te hierzu erteilt die TÜV Anlagen-und Umwelttechnik GmbH, Unter-nehmensgruppe TÜV Süddeutsch-land, Westendstr. 199, 80686 Mün-chen, Tel. 089 /5791–1889

Kühlertypen:Kühler werden im Gegenstromver-fahren betrieben. Den abwärts-fließenden Dämpfen beziehungswei-se dem Kondensat wird ein aufwärtsgerichteter Kühlwasserstrom entge-gen geschickt. Dadurch wird einebessere Kühlung erreicht als bei glei-cher Strömungsrichtung. Das Kühl-wasser sollte bei einem effizientenKühler oben am Auslauf über 70 °C,unten am Einlauf ein wenig kälter alsdas auslaufende Kondensat sein. InBrennereien sind zahlreiche Kühler-typen in Gebrauch. Am häufigstenvertreten sind Schlangenkühler undRöhrenkühler.

Schlangenkühler bestehen auseinem zylindrischen Wasserbehältermit einer spiralig gewundenen Rohr-schlange im Inneren. Sie haben einegute Kühlwirkung. Eine gründlicheReinigung ist hier allerdings sehrschwierig und eine mechanische Rei-

nigung nicht möglich, da die Rohr-schlange nicht frei zugänglich ist. Inder Regel ist die Schlange aus Kup-fer, wobei sich Kupferverbindungenbilden, die in das Destillat übergehenund es verderben können. Geradenach längeren Stillstandszeiten lau-fen die ersten Destillate blaugrün ab.Entsprechende Trübungen weisenauf Kupferspuren im Destillat hin.

In Brennereien setzen sich heutzutageimmer stärker Röhrenkühler ausEdelstahl durch. Röhrenkühler setzensich aus mehreren vertikal angeord-neten Röhren zusammen, die obenund unten jeweils in eine Rohrkammermünden. Die Rohrkammern mit demRohrbündel sind in Wasserbehältereingelassen, so daß das Kühlwasserdie Rohre von außen umspülen kann.Die Vorteile dieses Kühlertyps liegenin der leichten Säuberung und denklaren sauberen Destillaten.

Bauliche und technischeVoraussetzungen für eineDestillationsanlage(s. Abb. 10 und 11):Die zum Betreiben einer Wasser-dampf-Destillationsanlage erfor-

derliche Speisewasseraufbereitungund Dampferzeugung solltengrundsätzlich in einem separatenRaum (zweckmäßigerweise ineinem Versorgungs-Container)untergebracht werden. Für zusätzli-che Stromverbraucher ist hier einStromanschluß mit Schaltkastenebenfalls leicht und sicher unterzu-bringen. Dieser Versorgungs-Con-tainer kann fertig montiert und ein-gerichtet, zentral und ebenerdig zuden Destillationsblasen aufgestelltund in Betrieb genommen werden.Von diesem Container führt einUnterflurversorgungsschacht dieDampfleitungen zu den mobilenBlaseneinheiten. Außerdem ist eszweckmäßig, ebenerdig zentral zuden Destillationsblasen den Kühlermit der Kondensat- und Phasen-trennvorrichtung aufzustellen. Ineinem weiteren, separaten, zentralangeordneten Lagercontainer kön-nen die gewonnenen ätherischenÖle sicher und dunkel unterge-bracht werden. Für die Reinigungder Blasen ist ein Waschplatz mitWasseranschlüssen, Hochdruckrei-niger und Abwassertrennung (Ölab-scheider) in unmittelbarer Nähe zurAnlage günstig, damit die Arbeits-wege kurz bleiben.

Abbildung 11

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Vorschriften, Unfall- undBrandschutz:Die ausführende Firma sollte Erfah-rungen mit Dampfanlagen besitzenund über einen geprüften Schweiß-facharbeiter verfügen. Sie sollteaußerdem die sicherheitstechni-schen und genehmigungsrechtli-chen Prüf- und Anmeldeverfahrenfür Dampferzeuger, Dampfanlagen,Destillationsblasen und Kühler nochvor der Installation übernehmen.Hierzu zählen die Zollanmeldung fürBlase und Kühler sowie die TÜV-Prüfungen des Dampfkessels undder Destillationsblase (Druckbehäl-ter). Die Unfallverhütungsvorschrif-ten der Berufsgenossenschaftenund Gewerbeaufsichtsämter sindbei der Erstellung und beim Betriebvon Destillationsanlagen zu beach-ten. Diese Behörden haben die Auf-sicht über den Betrieb der Anlageund sollten vor der Errichtung inKenntnis gesetzt werden. Wird einneues Betriebsgebäude erstellt, soist beim zuständigen Landratsamtbeziehungsweise Baureferat nach-zufragen und entsprechende Anträ-ge zu stellen. Bei großen Anlagenkönnen Umweltauflagen nach demBundesemissionsschutzgesetz an-geordnet werden. Bei der Entnahmegrößerer Mengen an Grundwasserist das Wasserwirtschaftsamt zufragen. Die Einleitung von belaste-tem Abwasser ist mit dem Betreiberder örtlichen Kläranlage abzuspre-chen.

Für Schäden durch Baumängel anGebäuden und Maschinen haftendie ausführenden Firmen. Daher istes wichtig, genaue Leistungsver-zeichnisse zu erstellen und diesebestätigen zu lassen. AuftretendeSchäden müssen von den aus-führenden Firmen im Rahmen derGewährleistung und in der Garantie-zeit behoben werden. Mängel mußder Bauherr fristgerecht schriftlichmelden, damit sich die Gewährlei-stung bis zur endgültigen Mängelab-stellung verlängert. Nach Fertigstel-lung des Bauvorhabens sollte derBetreiber einer Anlage eine Feuer-versicherung für Gebäude, Maschi-nen und Lagervorräte abschließen.

Die vorgenannten Hinweise erhe-ben allerdings keinen Anspruchauf Vollständigkeit, sondern die-nen nur als Anhaltspunkte. JederBetreiber ist allein verantwortlichfür die Einhaltung aller einschlägi-gen Vorschriften!

Einflußfaktoren auf denErfolg der Destillation:

Die Erfüllung der technischen Vor-aussetzungen stellt eine wesentli-che Grundlage für die Produktionqualitativ hochwertiger ätherischerÖle dar. Aber auch das zu destillie-rende Pflanzenmaterial hat nochganz erheblichen Einfluß auf Qualitätund Ausbeute des ätherischen Öles.Nur Pflanzen, die optimale Stand-ort- und Wachstumsbedingun-gen vorfinden, können auch hohe Ölkonzentrationen bilden. So findenLavendel oder Basilikum bei unssicherlich weniger gute Bedingun-gen als etwa Pfefferminze, Baldrianoder Zitronenmelisse. Das geneti-sche Ausgangsmaterial ist eben-falls entscheidend für die Ausbeuteund Zusammensetzung der ätheri-schen Öle. Aus diesem Grunde wur-den von der LBP in mehrjährigenVersuchen eine Vielzahl von Her-künften von Baldrian, Engelwurz,Pfefferminze und Zitronenmelisseunter südbayerischen Verhältnissenbeurteilt und besonders gute Her-künfte an Vermehrungsbetriebe ab-gegeben.

Das Entwicklungsstadium derPflanzen ist ebenfalls sehr wichtigfür die Gewinnung hoher Ölmengenin der gewünschten Zusammenset-zung. Aus Untersuchungen der LBPan Pfefferminze und Zitronenme-lisse wird deutlich, daß dieses Ziel

nur erreicht wird, wenn die Pflanzen-bestände noch nicht überständig, zustengelreich oder bereits stark mitKrankheiten befallen sind. Gute Aus-beuten bei gleichzeitiger arznei-buchkonformer Zusammensetzungwurden bei Pfefferminze zu Blühbe-ginn in der ersten Augustdekade ge-funden.

Gute Ölerträge mit hohen Citralge-halten bei Zitronenmelisse ergabensich jeweils bei Pflanzenhöhen von30 bis 40cm noch vor Knospenan-satz und vor deutlich beginnenderBlattvergilbung im unteren Bereich.In diesem Stadium sind die Blättergroß, und der Stengelanteil ist relativgering.

Zur Vermeidung von Ölverlusten,besonders bei Arten mit auf derBlattoberfläche liegenden Ölzellen(s. Abb. 12) (z.B. Pfefferminze, Zitro-nenmelisse), ist es notwendig, dasErntegut möglichst quetschungs-arm zu ernten und mit speziellenSchneidemaschinen auf 10 bis15cm lange Krautteile zu zerklei-nern. Fehlen in der Anfangsphase speziel-le Schneidemaschinen, so kannauch mit dem Grünguternter (s. Abb.14) mehrfach über den Bestandgefahren werden, wobei die Pflanzen„etagenweise“ in 10–15cm-Ab-schnitten abgeerntet werden. Einenachfolgende Zerkleinerung ist dannnicht mehr notwendig.

Entscheidend für den Erfolg derDestillation ist die gleichmäßigeschichtweise Befüllung der Blase.

Abbildung 12: Die Ölzellen der Pfeffer-minze liegen auf der Blattoberfläche undkönnen bei der Ernte leicht beschädigtwerden

Abbildung 14: Pfefferminzernte mit einemspeziellen Grünguternter

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Die Füllung darf weder Hohlräumeaufweisen noch zu dicht sein. Füreine erschöpfende und zügigeDestillation müssen die vorherbeschriebenen Prozesse der Was-serdampfkondensation an denPflanzenteilen, die Bildung des Öl-Wassergemisches und die Ver-dampfung des Gemisches gleich-mäßig von unten nach oben anallen Pflanzenteilen ablaufen kön-nen. Zu große oder im Verhältniszur Querschnittsfläche zu niedrigeBlasen können hier wegen Hohl-raumbildung und ungleichmäßigerBefüllung Probleme bereiten. DasVerhältnis von Blasenhöhe zu -quer-schnitt sollte nicht kleiner als 2 : 1sein.

Ein mehrstündiges Anwelken derPflanzenteile auf dem Feld oder inbreiter Schüttung, zum Beispiel aufeinem Hallenboden, führt zu einererhöhten Wasseraufnahme (Kon-denswasser) während der Destillati-on, wodurch eine bessere Wärme-übertragung gegeben ist. Dasgewelkte Material erwärmt sich inder Blase schneller. Es ergeben sichhöhere Ölausbeuten durch ein bes-seres Herausdiffundieren des äthe-rischen Öles aus dem Pflanzenma-terial. Der Erfolg der Destillationwird weiterhin von der Füllhöhedes Erntegutes in der Blase inAbhängigkeit vom Feuchtegehaltbestimmt. Für frische Pfefferminzeoder Zitronenmelisse liegt die Füll-höhe bei etwa 170cm, für ange-welktes Material bei 130cm. DieFüllhöhe wurde richtig gewählt,wenn das Füllgut nach der Destilla-tion bis oben feucht und aus-gelaugt, d. h. kein intensiver Ölge-

ruch mehr wahrnehmbar ist. Amsichersten ist es, die richtige Füll-höhe durch eine Probedestillationzu bestimmen.

Feuchtes Erntegut kann höher,trockenes niedriger eingefüllt wer-den. Wird zum Beispiel angewelktesMaterial zu hoch eingefüllt, kann esvorkommen, daß nicht mehr genü-gend Wasserdampf im oberen Füll-bereich kondensiert. Dadurch kön-nen die Öle nicht aus ihren Zellen dif-fundieren, es bildet sich somit auchkein die Verdampfung bei 100°C för-derndes Öl-Wassergemisch mehr.Diese Pflanzenteile gehen dann fürdie Ölgewinnung verloren. Abhilfeschafft in diesem Fall nur eine niedri-gere Füllhöhe. Frisches Kraut enthältgenügend Feuchtigkeit, so daß dieBlase möglichst hoch gefüllt werdenkann. Tropfnasses Erntegut hinge-gen sollte nicht destilliert werden,da hierbei das an den Pflanzen haf-tende Wasser zusätzlich erwärmtund verdampft werden muß. Das zuviel vorliegende Kondenswasserlöst zwar das Öl aus den Zellen,tropft meistens aber wegen zugeringer Erwärmung als Kondensatin den Sockel ab und reißt dabeiwertvolle Öle mit, die unwieder-bringlich verloren sind. Diese Rück-flußverluste gilt es generell währendder Destillation zu reduzieren. Ausdiesem Grunde haben wir an unse-rer Anlage eine Rückfluß-Ablaufkon-trolle in Form eines seitlich an derBlase angebrachten Kondensat-ableiters mit Meßbecher vorgesehen,mit der die vorhandene Rückfluß-kondensatmenge und -farbe genauerfaßt werden können (s. Abb. 5 und

Abbildung 15: Kondensat-Rückfluß-Kon-trolle an der Versuchsanlage

15). Solche Rückflußverluste kön-nen auch bei einer unzureichend iso-lierten Blase durch Kondensatent-stehung an den Blasenwänden auf-treten.

Die Destillation wird solange durch-geführt, bis kein Öl mehr im Konden-sat- und Phasentrenngefäß er-scheint. Bei Pfefferminze undZitronenmelisse ist die Destillationnach 30 Minuten beendet. LängereDestillationszeiten aufgrund unsach-gemäßer Voraussetzungen erhöhennicht nur die Kosten, sondern führenauch zu einer deutlichen Qualitäts-minderung des Öles durch thermi-sche Belastungen. Für die erstenVersuche sollte der angehende De-stillateur Meßbecher unter den Küh-lerauslauf stellen, um das abgekühl-te Öl-Wasser-Kondensat aufzufan-gen und zu trennen. Wenn eineReihe von Meßbechern mit Inhalts-angabe vorhanden ist, können diesefür die ersten Schritte mit der neuenAnlage verwendet werden, um inverschiedenen Zeitabständen dieAusbeute sowie das Ende der Destil-lation beurteilen zu können (s. Abb.16). Später, wenn genügend Erfah-rung vorliegt und kontinuierlichdestilliert wird, lohnt die Anschaffungeiner speziellen Kondensat- undPhasentrennvorrichtung aus Glas(Florentiner Vase) für ein bestimmtesätherisches Öl.

Bei den Destillationsläufen in denVersuchen der LBP wurden aus 50Kilogramm geschnittener Pfeffer-minze (Schnittlänge 9cm) bei zirka50 Kilogramm Dampfbedarf in 30

Abbildung 13: So sieht eine Ölzelle unter dem Elektronenmikroskop aus

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Minuten etwa 150 Milliliter ätheri-sches Pfefferminzöl gewonnen. DieAusbeute aus einem Kilogramm fri-schen Pflanzenmaterial mit einemKilogramm Dampf betrug also in 30Minuten drei Milliliter Pfefferminzöl.Besonders gute Destillationen erga-ben Ausbeuten von 4 bis 5 Milliliter.Bei Zitronenmelisse erhielten wir aus50 kg grob geschnittenem Kraut(Schnittlänge 17cm) bei zirka 50kgDampfbedarf in 30 Minuten etwa 15Milliliter sauberes, reines ätherischesZitronenmelissenöl. Die Ausbeuteaus einem Kilogramm frischen Pflan-zenmaterial mit einem KilogrammDampf betrug also in 30 Minuten 0,3Milliliter Öl. Spitzenwerte könnenhier bei 0,5 Milliliter liegen.

Standort und Größe einerDestillationsanlage: Bei der Standortwahl ist diebetriebseigene Destillation im Pro-duktionsbetrieb eine von drei Mög-lichkeiten. Sie ist vor allem in selbst-vermarktenden Betrieben von Vor-teil, da hier der Betriebsleiter denZeitpunkt der Destillationen und diejeweilige Destillationsmethode freiwählen kann.Für die betriebseigene Anlagespricht auch der kürzere Transport-weg und die schnelle qualitätsscho-nende Verarbeitung nach der Ernte.Außerdem ist die eigene Anlage dortzu empfehlen, wo das Destillierguthohe spezifische Anforderungen andie Destillationsbedingungen stelltund deshalb vorteilhaft in kleinerenBlasen verarbeitet wird.

Sehr nützlich für die Qualitätssiche-rung ist, daß im eigenen Betrieb eine individuelle Kontrolle jederzeitdurchgeführt werden kann, und dasEndprodukt dann auch dem Kun-denwunsch entspricht. Außerdemkann die Anlage dem Kunden imBetrieb direkt vorgestellt werden.Meist ist jedoch ein Produktionsbe-trieb nicht in der Lage, eine Destilla-tionsanlage in einer Größenordnungzu bauen, wie sie für einen rationel-len Ablauf von Ernte-Verarbeitung-Lagerung notwendig wäre. Dadurchergeben sich im Vergleich zu größe-ren Gemeinschaftsanlagen höhereProduktionskosten. Außerdem isteine gleichmäßige Auslastung derAnlage über einen längeren Ernte-zeitraum häufig nicht gegeben, wennnur wenige Kulturarten destilliertwerden sollen. Inwieweit dieseMehrkosten durch bessere Preiseausgeglichen werden können, hängtvom Einzelfall ab. Andererseits be-steht in vielen Betrieben die Mög-lichkeit, leerstehende Gebäude odervorhandene Dampferzeuger so ko-stengünstig umzubauen, daß sie füreine Frischpflanzen-Destillation ge-eignet sind.

Die zweite Möglichkeit ist eine zen-trale, genossenschaftliche Destil-lationsanlage, meist in Verbindungmit großen rationellen Ernte- undAufbereitungseinrichtungen. Zahlrei-che Brennereien sind so organisiert.Solche großen Anlagen sind immerdann gefragt, wenn große Erntemen-gen und eine große Anzahl Kulturar-ten zu großhandelsfähigen Einheitenzusammengefaßt werden sollen.Eine zentrale Station ermöglicht einebessere Position gegenüber denMarktpartnern und erlaubt durch denoptimierten Einsatz von Arbeitskraftund größeren Maschinen eine höhereArbeitsproduktivität. Bei der Planungeiner großen genossenschaftlichenAnlage kommt der Kostenkalkulationbesonders große Bedeutung zu. Hiersind Löhne, Energie und Kapitalko-sten der Folgejahre ebenso zuberücksichtigen wie die technischeNutzungsdauer und die Zukunft-schancen des Anbaugebietes.

Eine dritte Möglichkeit der Anlagen-nutzung ist die Lohndestillation,wie es in ähnlicher Weise bei Trock-nungsanlagen praktiziert wird. DieAnlage ist so über einen größerenZeitraum ausgelastet, bei Mißerntenoder Strukturänderungen sind dieKosten geringer, individuelle Wün-

sche der einzelnen Nutzer könnenberücksichtigt werden. Findet manjedes Jahr genügend Auftraggeber,so bietet sich diese Lösung fürbesonders anspruchsvolle hochwer-tige und somit teure Destillationsan-lagen an.

Die Größe einer Destillationsanlageist für die spätere Kostenbelastungdes Endproduktes von entscheiden-der Bedeutung. Dabei muß sich dieGröße des Dampferzeugers nachder Größe (Querschnittsfläche) derverwendeten Destillationsblasen rich-ten. Die einzelnen Blasen sind aufdie zu verarbeitenden Erntemengenin einem bestimmten Zeitraum aus-gerichtet. Die Größe (Kühlfläche) desRöhrenkühlers mit angeschlosse-nem Kondensat- und Phasentrenn-gefäß richtet sich nach der zukühlenden Dampfmenge, der ge-wünschten Kondensattemperatur,der Kühlwassertemperatur und derzur Verfügung stehenden Kühlwas-sermenge. In unserer Versuchsanla-ge ist ein Röhrenkühler mit einerKühlfläche von 3,2m2 installiert. Um100kg Dampf in einer Stunde auf20 °C Kondensattemperatur zu küh-len, benötigt er 300 l Kühlwasser von15°C. Das abgeführte Kühlwasserhat dann eine Temperatur von80–90°C.

Neben der Anbaufläche und der Pro-duktpalette ist auch die Entfernungzum Feld für die Größe der Blasenausschlaggebend. Transportmöglich-keiten und Transportgeschwindig-keiten sind wichtige Parameter fürdie Schlagkraft und Logistik einerDestillationsanlage. Gleichmäßigesund schnelles Be- und Entladen derBlase entscheiden über die Qualitätdes Produktes und die Produktivitäteiner Anlage, weil dadurch dieDestillation optimiert, Energieverlu-ste reduziert und der Arbeitsanfallminimiert werden. Zu große Blasen(über 1m Durchmesser) erfordernsehr hohe Dampfmengen, die vorge-halten werden müssen, und stellenhohe Anforderungen an die Gleich-mäßigkeit des Erntegutes und derBefüllung. Kleine Einheiten (unter0.3m Durchmesser) sind sehr ar-beitsintensiv und erlauben nur einenTestmaßstab. Zum Testen von neuenProduktarten oder zur Beurteilungder zu erwartenden Ölqualitäten sindTestanlagen aus Glas mit einer Bla-sengröße von 0.1m Durchmesserund einem elektrischen Dampferzeu-ger hervorragend geeignet. FürErzeugerbetriebe mit vielen Einzel-

Abbildung 16: Kondensat-Meßrohre ander Versuchsanlage zur zeitlichen Erfas-sung der Ölausbeute

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flächen empfiehlt sich die Anschaf-fung mehrerer kleiner fahrbarer Bla-sen in einer Größe von 0.5m bis 1mDurchmesser. Sie können mobil aufdem Feld direkt ohne Zwischenlage-rung befüllt und dann an der Anlageschnell ausgetauscht werden. DieseGröße ist auch dort erforderlich, woKulturarten mit unterschiedlichenAbnehmeransprüchen verarbeitetwerden müssen. Wurde der Dampf-erzeuger ausreichend groß dimen-sioniert (500–1000 KW Leistung ent-sprechend 800–1600kg Dampf/h),können die mobilen Blaseneinheitenden wachsenden betrieblichen An-forderungen beliebig angepaßt wer-den, indem ihre Anzahl erhöht wird.Eine größere Zahl mehrerer leicht zubedienender kleiner Blasen läßt sichden jeweiligen Anforderungen anDampfdosierung, Blasenfüllung undPflanzenart besonders einfach, ohnegroßen Aufwand anpassen. Die sta-tionären Anschlußmöglichkeiten derBlasen für den Dampf und die Kon-densatableitung sowie der Raumbe-darf für das Handling sollten aus-baufähig abgestimmt sein.

Je höher die Ansprüche an die Qua-lität sind, um so hochwertiger (Edel-stahl) sollte eine Anlage erstellt, undum so besser sollte das Destillati-

Abbildung 17

onsverfahren durch Meßmöglichkei-ten von Temperatur, Druck und Kon-densatmengen kontrolliert werden.

In der Anfangsphase wird man sicheher an die örtlichen Verhältnisseanpassen, vorhandene beziehungs-weise leerstehende Räume nutzen,arbeitswirtschaftliche Nachteile inKauf nehmen und kostengünstigeine Destillationsanlage im kleinenMaßstab oder sogar nur eine Testde-stillation erstellen. Ist bereits einDampferzeuger, der Sattdampf lie-fert, vorhanden, wird nur noch einezylindrische Blase benötigt und eingünstiger Edelstahl-Röhrenkühler an-geschlossen. Liegen die erstenErgebnisse vor, kann an Hand eige-ner Erfahrungen eine Optimierungder Anlage erfolgen. Zu den einfachzu destillierenden ätherischen Ölenzählen Pfefferminzöl, Majoranöl,Salbeiöl oder Thymianöl.

Kosten:

Wegen der Vielfalt der Anlagentypen,Baumethoden, verwendeten Mate-rialien, Bauvorschriften und örtlichenVerhältnisse lassen sich die Kosteneiner Anlage nur innerhalb großerSpannen angeben. Es erscheintdaher wenig sinnvoll, an dieser Stel-

le detaillierte Kostenvoranschlägeaufzustellen. Die Ermittlung der Ko-sten für eine individuelle Anlage mußvor Ort aktuell geschehen. Ausge-hend von der stationären Pilotanlageauf dem Staatlichen VersuchsgutBaumannshof und anhand unsererErfahrungen ergibt sich nachfolgen-de Modellkalkulation (s. Abb. 18)für eine einfache betriebseigeneDestillationsanlage mit zwei mobilenzylinderförmigen Blasen. Es wirddavon ausgegangen, daß diese klei-ne Wasserdampf-Destillationsanlagezwei Raumcontainer (2 m x 4 m x 3m), einen Dampferzeuger von100kW (entsprechend 150kg Dampf pro Stunde bei 5 bar Druck)und 2 Blasen-Einheiten von 0.5mDurchmesser und 1,8m Füllhöhesowie einen Röhrenkühler mit 3,2m2

Kühlfläche besitzt. Die Befüllung derBlasen erfolgt auf dem Feld. ZweiBlasen können nacheinander ange-schlossen und betrieben werden.Dadurch wird ein nahezu kontinuier-licher Betrieb möglich.

Chancen:Die Destillation ätherischer Öle ausfrischem oder angewelktem Pflan-zenmaterial könnte für die heimischeLandwirtschaft eine kleine weitere

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Impressum:Herausgeber: Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL), Freising-Weihenstephan, Vöttinger Straße 38,

85354 Freising, Internet: http://www.LfL.bayern.deRedaktion: Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung, Am Gereuth 8, 85354 Freising, Tel. (08161)71-3637Text: R. Rinder, U. Bomme, LBPFotos: R. Rinder (8), U. Bomme (1), LBP (1), J. Rintelen (1), G. Wanner (1)Grafiken: R. Rinder (5)1. Auflage August 1998 · Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier

Anbau- und Absatzalternative dar-stellen, wenn die beschriebenen Vor-aussetzungen erfüllt werden können.Dazu sollten auch neue Absatzwegegefunden, potentielle Nachfragergesucht und vom Nutzen und Wertder neuen Ware und Leistung über-zeugt werden. Bei der Suche nachneuen Märkten kommt der Produkt-gestaltung in Form der Verpackungbesondere Bedeutung zu. Qualitätmuß für den Kunden und Konsu-menten nachvollziehbar präsentiertwerden. Der Quellennachweis ge-hört ebenso dazu wie die genaueDeklaration und Bemusterung. Ge-meinsame Vertriebswege führen zuneuen Markterfahrungen. Problemund Chance zugleich stellt die Tatsa-che dar, daß die Ansprüche an ein

und dasselbe Produkt je nach Ver-wendungszweck sehr unterschied-lich sind und von totaler Ablehnungbis zu höchster Akzeptanz reichenkönnen! Pfefferminzöl zum Beispielnach Arzneibuchqualität muß andereAnsprüche erfüllen als für Kosmetik-artikel. Es ist daher sinnvoll, Ölmu-ster an verschiedene Abnehmer zuschicken und beurteilen zu lassen. Neueinsteiger in diese interessanteMaterie müssen sich bewußt sein,daß für den Erfolg sowohl bei der Pro-duktion als auch bei der Vermarktungerst längere Zeit Erfahrung gesam-melt werden muß. Von bereits prakti-zierenden Destillationsbetrieben istaus Wettbewerbsgründen kaum Hilfezu erwarten. Die LBP dagegen istgerne bereit, ihre Erfahrung und ihr

Wissen bei der Produktion ätheri-scher Öle sowie Adressen von Anla-genfirmen bekannt zu geben.

Literatur:Denny, E. F. K., 1991: Field Distilla-tion for Herbaceous Oils. Denny,McKenzie Associates, Lilydale, Tas-mania 7268, P.O. Box 42, Australia.2. Auflage.

Eichlinger, A. und Kriener A., 1998:Schriftliche Mitteilung TÜV Anlagen-und Umwelttechnik GmbH Mün-chen.

Ernst, H., 1996: Hochdruckdampfer-zeugung – Schnelldampferzeugeroder Großwasserraumkessel. Flüssi-ges Obst 3, 1, 26-28.

Kosten der wichtigsten Anlagenteile:

Container für Versorgungstechnik inklusive Dampferzeuger,Frischwasseraufbereitung und Dampf-Reguliereinrichtungen 100.000,- DM

2 Destillationsblasen, mobil auf Rädern mit Dreh-und Kippvorrichtung: 40.000,- DM

Kühler mit Kondensat- und Phasentrennvorrichtung: 15.000,- DM

Container für Aufbereitungstechnik und Lager mit Glasbehältnissen: 15.000,- DM

Gesamtkosten inklusive Projektierung und Nebenkosten ca. 200.000 DM.

Die Kosten einer kleinen Testdestillationsanlage liegen bei etwa 10.000.- DM.

Berechnungsgrundlage für die jährlichen Betriebskosten(Nutzungsdauer 20 Jahre):

Fixkosten

Abschreibung und Zinsen: 8 %

Reparaturen/Instandhaltung: 5 %

Versicherung: 1 %

Betriebsmittel

Heizöl: 7 l pro 100 kg Dampf beziehungsweise 100 kg frisches Kraut

Wasser: 300 l pro 100 kg Dampf beziehungsweise 100 kg frisches Kraut

Strom: 500 W pro 100 kg Dampf beziehungsweise 100 kg frisches Kraut

Arbeitszeit: 100 Minuten pro 100 kg Dampf beziehungsweise 100 kg frisches Kraut(Ernte, Aufbereitung, Einfüllen, Entleeren und Reinigen)

Abbildung 18: Kosten