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04-05 | 2014 42 WASSERVERSORGUNG PROJEKT KURZ BELEUCHTET Wasserleitung von der Türkei nach Zypern PE 100-Transportleitung d 1600 und deren technische Flanschlösung Die Verwendung von Polyethylen-Druckrohrleitungen wird international immer angesehener und anspruchsvoller. Die Gründe dafür sind vielschichtig, angefangen mit der hervorragenden Beständigkeit gegen Korrosion, der Flexibilität der PE 100-Rohre und den sich dadurch ergebenen Verlege- und Kostenvorteilen. Mit dem Bau der 80 km langen Trinkwasserleitung quer durch das Mittelmeer werden neue Maßstäbe in der Was- serversorgung gesetzt. Die von der Türkischen Republik Nordzyperns (TRNC) dringend benötigte Wasserleitung führt vom türkischen Festland (Provinz Mersin) zum türki- schen Teil der Insel Zypern. Für das TRNC-Project werden 500 m lange PE-Rohrstränge in einem Stück hergestellt und ca. 250 m unter dem Meeresspiegel freischwebend verlegt. Eine sonst übliche Verlegung am Meeresgrund war bei diesem Projekt nicht die erste Wahl. Einer der Gründe dafür sind die Tiefen der Verlegungsstrecke von bis zu 1.400 m unter dem Meeresspiegel. Der Meeresgrund weist außer- dem eine schwierige geologische Struktur auf. Die Planung des Projektes ist bereits mehr als 15 Jahre alt. Bereits 1998 wurde der Alaköprü-Damm auf der türkischen Seite geplant. Die Verlegung der PE 100-Druckrohrleitung ist nur der Abschluss einer längeren Prozesskette. In den Bergen, nordöstlich der Mittelmeerstadt Anamur, begann 2011 der Bau des Alaköprü-Dammes, der zusätzlich zur Stromgewinnung mittels Wasserkraftwerk genutzt wer- den soll und das benötigte Wasser aufstaut. Von dort aus führt eine Leitung das Wasser zum Pumpwerk der Stadt Anamur, von wo aus die PE-Druckleitung in das Mittel- meer eintritt. Nach der ca. 80 km Meeresüberquerung trifft die PE-Druckleitung auf das Festland der Türkischen Republik Nordzyperns. Dort wird das Wasser in das ca. 3 km entfernte Reservoir des Geçitköy-Damms gepumpt. Das einmalige PE-Projekt beginnt dort, wo in unmittel- barer Nähe zum Auffangbecken von Taşucu bereits seit vielen Monaten auf drei Extruder-Anlagen parallel die PE 100-Druckrohre mit einem Außendurchmesser von 1.600 mm und der benötigten Länge von je 500 m her- gestellt werden. Dies führt nicht nur zu Kostenvorteilen, sondern ist auch für viele Projekte ein gewünschter und vorgeschriebener Sicherheitsvorteil. Diese Länge ergab sich aus der Tatsache, weil PE-Rohre normalerweise auf- Bild 1: Aufbau der Meeresquerung zwischen der Türkei und Zypern

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WASSERVERSORGUNG PROJEKT KURZ BELEUCHTET

Wasserleitung von der Türkei nach ZypernPE 100-Transportleitung d 1600 und deren technische Flanschlösung

Die Verwendung von Polyethylen-Druckrohrleitungen wird international immer angesehener und anspruchsvoller. Die Gründe dafür sind vielschichtig, angefangen mit der hervorragenden Beständigkeit gegen Korrosion, der Flexibilität der PE 100-Rohre und den sich dadurch ergebenen Verlege- und Kostenvorteilen.

Mit dem Bau der 80 km langen Trinkwasserleitung quer durch das Mittelmeer werden neue Maßstäbe in der Was-serversorgung gesetzt. Die von der Türkischen Republik Nordzyperns (TRNC) dringend benötigte Wasserleitung führt vom türkischen Festland (Provinz Mersin) zum türki-schen Teil der Insel Zypern. Für das TRNC-Project werden 500 m lange PE-Rohrstränge in einem Stück hergestellt und ca. 250 m unter dem Meeresspiegel freischwebend verlegt. Eine sonst übliche Verlegung am Meeresgrund war bei diesem Projekt nicht die erste Wahl. Einer der Gründe dafür sind die Tiefen der Verlegungsstrecke von bis zu 1.400 m unter dem Meeresspiegel. Der Meeresgrund weist außer-dem eine schwierige geologische Struktur auf. Die Planung des Projektes ist bereits mehr als 15 Jahre alt. Bereits 1998 wurde der Alaköprü-Damm auf der türkischen Seite geplant. Die Verlegung der PE 100-Druckrohrleitung ist nur der Abschluss einer längeren Prozesskette. In den Bergen, nordöstlich der Mittelmeerstadt Anamur, begann

2011 der Bau des Alaköprü-Dammes, der zusätzlich zur Stromgewinnung mittels Wasserkraftwerk genutzt wer-den soll und das benötigte Wasser aufstaut. Von dort aus führt eine Leitung das Wasser zum Pumpwerk der Stadt Anamur, von wo aus die PE-Druckleitung in das Mittel-meer eintritt. Nach der ca. 80 km Meeresüberquerung trifft die PE-Druckleitung auf das Festland der Türkischen Republik Nordzyperns. Dort wird das Wasser in das ca. 3 km entfernte Reservoir des Geçitköy-Damms gepumpt.Das einmalige PE-Projekt beginnt dort, wo in unmittel-barer Nähe zum Auffangbecken von Taşucu bereits seit vielen Monaten auf drei Extruder-Anlagen parallel die PE 100-Druckrohre mit einem Außendurchmesser von 1.600 mm und der benötigten Länge von je 500 m her-gestellt werden. Dies führt nicht nur zu Kostenvorteilen, sondern ist auch für viele Projekte ein gewünschter und vorgeschriebener Sicherheitsvorteil. Diese Länge ergab sich aus der Tatsache, weil PE-Rohre normalerweise auf-

Bild 1: Aufbau der Meeresquerung zwischen der Türkei und Zypern

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PROJEKT KURZ BELEUCHTET WASSERVERSORGUNG

grund ihrer speziellen Dichte unter 1 g/cm-3 auf dem Was-ser schwimmen würden. Zusammen mit der niedrigeren Dichte von Frischwasser, gegenüber dem Meerwasser, führt dies zu enormen Auftriebskräften. Dem entgegen wirken die Verbindungspunkte der Rohre, bestehend aus je zwei Flanschverbindung und einem Stahlbogens, an dem diese Flanschverbindung befestigt wird. Die Stahl-bögen mit einer Abmessung von 1.514 mm Außendurch-messer, einem Biegeradius von 8.000 mm und einem Biegewinkel von 30° wiegen allein ohne Anschlussstücke ca. 10 Tonnen. Mit den zwei Anschlussstücken beläuft sich das Gewicht auf ca. 13 Tonnen. Die Stahlbögen, die auch als Fix- und Ankerpunkte dienen, werden mittels Stahlseil anschließend auf 250 m Tiefe heruntergezo-gen und am Meeresboden verankert (Bild 1), womit die Besonderheit des Projektes noch besser veranschaulicht werden kann. Die speziell hergestellten Verbindungselemente werden vor Ort an die langen PE-Rohre angeschweißt und mittels eines dafür vorgesehenen Stahlflansches an die Stahlbö-gen angeschraubt. Anschließend wird diese Verbindung als Fix- und Ankerpunkte mittels Stahlseilen am Meeresboden verankert. Die Herausforderung für REINERT-RITZ bestand darin, mit ihrem Produkt die PE-Rohre und Stahlbögen sicher und dauerhaft zu verbinden, so dass ihr auch die widrigen Verhältnisse im Mittelmeer der Verbindung nichts anhaben können. In ca. 250 m Tiefe entstehen bei dieser Konstrukti-on folgende technische Herausforderungen: Auftriebskräfte der PE 100-Rohrleitung; dynamische und starke Meeresströ-mungen, hohes Schiffs- und U-Boot-Verkehrsaufkommen sowie mögliche Erdbeben und 7 bar Betriebsdruck.

Entscheidung für hohe Qualität und SicherheitAls Spezialist für Halbzeuge und druckklassengerechte Formtei-le, insbesondere für große Abmessungen bis zu einem Außen-durchmesser von d 2000 mm, ist das nordhorner Unterneh-men der richtige Partner für anspruchsvolle Problemlösungen. Die Erfahrung von über 40 Jahren im Kunststoffbereich und das ausgeprägte Qualitätsbewusstsein waren die ausschlag-gebenden Argumente für die Zusammenarbeit des Projektpla-ners mit REINERT-RITZ. Angefangen mit dem hochwertigen Granulat für die Herstellung der Halbzeuge bis hin zum fer-tigen Bauteil konnte das Unternehmen mit einer lückenlosen Qualitätssicherung die hohe Fertigungsqualität garantieren, die für die Realisierung und Umsetzung des anspruchsvollen Projektes unerlässlich ist. Das hohe Qualitätsdenken wurde vor allem von der Gasindustrie in Deutschland mit geprägt. Sie gehörte bereits historisch zu den ersten Anwendern von PE, um die hohe Biegebelastbarkeit des Werkstoffes in Berg-senkungsgebieten zu nutzen. Erst danach haben, innerhalb von nur 50 Jahren, die Sicherheits- und Kostenvorteile PE zur Marktführerschaft in der Versorgungstechnik geführt.Somit ist nicht verwunderlich, dass bereits mehr und mehr positive Erfahrungen bei der Verwendung von PE-Druck-rohrsystemen bei großen Industrie-Feuerlöschsystemen und Kraftwerksanlagen vorliegen, wozu auch die Nuklearindustrie gehört. Für diese voll druckbelastbaren Formteile gibt es zwei Fer-tigungsverfahren, den Spritzguss oder die Zerspanung von Halbzeugen. Bei diesen Verfahren werden die von REINERT-RITZ hergestellten Hohl- und Vollstäbe verwendet. Diese Fertigungsmethode garantiert ein Produkt mit über 40 Jahren Erfahrung in Design sowie Verarbeitung, das frei von Lunkern ist.

Bild 2: Links: Bereits gefertigter Vorschweißbund bei Reinert-Ritz; rechts: Vorschweißbund inklusive Stahlkammerung, Rohrverlängerung und Versteifung

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Lösung des komplexen FlanschkonzeptesFür die Herstellung der speziellen Flanschverbindungen werden im ersten Schritt Hohlstäbe in einer Größe von 1.900/1.400 mm und einer Wanddicke von ca. 250 mm produziert. Die anschließende Bearbeitung erfolgt mittels einer Fräsmaschine. Diese kann Formteile bis zu einer Größe von 2.800 x 1.500 x 4.800 mm bearbeiten. Eine besondere Herausforderung bestand in der für PE-Rohrleitungsteile großen Dimension und sehr genauen Maßhaltigkeit von -0,0 mm sowie +0,5 mm. Der fertige PE 100-Bund wird in der Türkei formschlüssig in zwei Stahl- Flanschschalen eingefasst, in die er sich perfekt einfügen muss. Die mit hoher Genauigkeit gefertigten Flanschverbindungen werden auf einem Spezialschiff mit jeweils 24 Verbindungsbolzen beidseitig an den Stahlbogen montiert. Anschließend erfolgt die Verankerung auf dem Meeresgrund, um die Druckrohr-leitung auf durchschnittlich 250 m Tiefe frei schweben zu lassen.

FazitVoraussetzung für das erfolgreiche Gelingen des Projektes war, ein Formteil aus PE 100 für die höchstanspruchsvolle und innovative Flanschlösung zu realisieren, das sicher und dauerhaft Stahl und PE 100 verbindet. Vor allem die extre-men dynamischen Belastungen, denen die Flanschverbin-dung im Meer ausgesetzt ist, wurden bei der Entwicklung berücksichtigt. Die gute Kommunikation und Zusammenar-beit zwischen REINERT-RITZ und den Projektplanern führten zu einer erfolgreichen Installation vor Ort. Das vorhandene Expertenwissen gibt ein Höchstmaß an Vertrauen in die dauerhafte Sicherheit der Flanschverbindung.

KONTAKT: REINERT-RITZ GmbH, Nordhorn, Tel. +49 5921 83470,

E-Mail: [email protected], www.reinert-ritz.com

Halle B6, Stand 143

Bild 3: 500 m Rohrstrang in der Türkei

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