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Weihe D-0700 Leistungssegelflugzeug der Holz-Ära Eine Lebenslauf-Dokumentation von Peter Ocker www.peterocker.de Übersicht 1. Einleitung 2. Hans Jacobs – der Konstrukteur 3. Geschichtliche Bedeutung der Weihe 4. Lebenslauf der Weihe HB-554 bzw. D-0700 5. Dreiseitenansicht 6. Technische Daten 7. Grundüberholung der D-0700 8. Bildersammlung und -stimmungen 9. Fliegen mit der Weihe 10. Quellenverzeichnis, Beteiligte, Kleingedrucktes und Kontakt

Weihe D-0700 - Peter Ocker · Ab 1934 wurde sein Dienstsitz nach Darmstadt verlegt. Dort entstanden unter seiner Leitung ... letzte ihres Typs Teilnehmer eine Weltmeisterschaft, ist

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  • Antonov A-15 – eine Flugzeugdokumentation 1

    Weihe D-0700

    Leistungssegelflugzeug der Holz-Ära

    Eine Lebenslauf-Dokumentation von Peter Ocker www.peterocker.de

    Übersicht

    1. Einleitung 2. Hans Jacobs – der Konstrukteur 3. Geschichtliche Bedeutung der Weihe 4. Lebenslauf der Weihe HB-554 bzw. D-0700 5. Dreiseitenansicht 6. Technische Daten 7. Grundüberholung der D-0700 8. Bildersammlung und -stimmungen 9. Fliegen mit der Weihe 10. Quellenverzeichnis, Beteiligte, Kleingedrucktes und Kontakt

    http://www.peterocker.de/

  • Weihe D-0700 – eine Lebenslauf-Dokumentation

    Stand: 10.10.2016 Peter Ocker

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    1. Einleitung

    Im Jahr 1989 fand das Treffen des Vintage Glider Club, der weltweit aktiven Oldtimer-Segelflugvereinigung, in Farkashegy/Ungarn statt. Ich hatte im ersten Jahr meines Luftfahrerschein-Besitzes und als frischer Abiturient nichts anderes vor und begleitete Otto Grau (Gö 1 Wolf, D-9026) zu diesem Treffen. Da stand sie am Start, ein riesiger weißer Vogel von unglaublicher Eleganz. Mir war klar: das ist etwas Besonderes. Bald lernte ich mehr zu diesem Flugzeugtyp, und eine fünfjährige Suche begann. Sie führte mich nach England, in die Schweiz und schließlich zurück zu der eleganten weißen Weihe von 1989. Ohne sie je geflogen zu sein, wurde es mein Traumflugzeug Nummer 1 – und jeder Flug beweist mir, dass es noch immer so ist.

    Dieses Dokument soll meine Weihe, die D-0700 und ehemalige HB-554 besonders würdigen, indem die Vergangenheit, die Gegenwart und die Grundüberholung des Flugzeuges genauer beleuchtet werden. Weitere Informationen zur Entstehung, Bau, Einsatz und viele unbekannte Bilder zum Typ Weihe sind natürlich in meinem Buch enthalten. Anmerkungen und weitere Informationen von interessierten Lesern sind gerne willkommen. Ettringen, im Oktober 2016 Peter Ocker

    Hinweis: diese Unterlage ist ein kostenloser Download von der Website www.peterocker.de. Bitte beachten Sie dort das zweibändige Werk über Leben und Werk von Hans Jacobs, der zwischen 1927 und 1951 sehr viele weltberühmte Segelflugzeuge entworfen hat, darunter auch die Weihe. Aus seiner Feder stammen auch die zivil und militärisch genutzten Lastensegler DFS 230 und DFS 331 sowie Komponenten für den ersten Einsatz-Düsenjäger der Welt, der Messerschmitt Me 262. Erfahren Sie mehr zum Buch auf der Homepage, dort können Sie auch in das Buch direkt hineinschauen.

    http://www.peterocker.de/

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    Stand: 10.10.2016 Peter Ocker

    Weihe D-0700 – eine Lebenslauf-Dokumentation 3

    2. Hans Jacobs – der Konstrukteur

    Der gebürtige Hamburger Hans Jacobs (1907-1994) kam nach Abschluss seines Schiffbau-Studiums in Hamburg 1927 als Konstrukteur auf die Wasserkuppe. Dort fand er im Leiter der Abteilung Flugtechnik der Rhön-Rossitten-Gesellschaft, Alexander Lippisch, einen begnadeten Lehrmeister. Bis zum Ende des ersten Weltkrieges war der Aerodynamiker Lippisch bei Dornier in Friedrichshafen beschäftigt und wandte sich nun dem vom Versailler Vertrag erlaubten Segelflug zu. Schon 1932 erschien das erste von Jacobs eigenständig konstruierte Flugzeug „Rhönadler“, gefolgt von den Baumustern „Rhönbussard“, „Rhönsperber“, „Seeadler“, „Kranich“, „Habicht“, „Reiher“, „Weihe“ und schließlich dem Olympia-Segelflugzeug „Meise“. Schon ab dem „Seeadler“ hatten seine Flugzeuge die damals üblichen „Knickflügel“, also eine möwenartige Tragflächenform, wie sie auch die Gö3 „Minimoa“ sehr deutlich aufweist. Erst ab der „Weihe“ kehrte er wieder zu den geraden Tragflächen zurück. Ab 1934 wurde sein Dienstsitz nach Darmstadt verlegt. Dort entstanden unter seiner Leitung neben den genannten Segelflugzeuge auch Grundlagen für den sicheren Betrieb von Segelflugzeugen (Bremsklappen, Sitze, Prüfwesen, Nachrichten für Bauprüfer, Werkstatthandbuch), welche bis heute Gültigkeit haben. Schon sehr früh bestand eine enge Verbindung zum Flugzeugbau Schweyer nach Mannheim.

    Sein Kunstflug-Flugzeug „Habicht“ wurde zuerst von Schweyer, dann von der Wolf Hirth GmbH in Nabern in Serie gebaut. Diese Firma war nach Unterlagen der Bank für Luftfahrt (Quelle: Bundesarchiv) eigens hierfür gegründet worden. Die „Weihe“ entstand 1938 als Ableitung aus dem „Reiher“ und sollte für die Verbreitung des Leistungssegelfluges sorgen, der bis dato nur wenigen Piloten vorbehalten war. Sie wurde von 1938 bis 1958 gebaut und war lange Zeit das unangefochtene Leistungsflugzeug ihrer Zeit – einschließlich mehrfacher Weltmeisterschafts-Teilnahmen und -Siegen. Nach Kriegsende entwarf Jacobs noch ein weiteres Flugzeug, den „Kranich III“, wandte sich aber dann vom noch unsicheren Beruf im Luftsport ab und ging in die Stahlindustrie. Seine Flugzeuge gelten heute als die schönsten Segelflugzeuge der 1930er bis 1950er Jahre. (001)

    Hans Jacobs mit Herbert Lück und Konstrukteur

    (von links)

  • Weihe D-0700 – eine Lebenslauf-Dokumentation

    Stand: 10.10.2016 Peter Ocker

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    3. Geschichtliche Bedeutung der Weihe

    Die Weihe erschien 1938 und war gleichzeitig der Entwicklungshöhepunkt im Holzflugzeugbau bis Mitte der 1950er Jahre. Der aufwändige Bau von Segelflugzeugen mit Knick-flügeln wich hier einer rationellen Konstruktion für einen Großserienbau. So wurden vor Kriegsende in Deutschland beim Flugzeugbau Schweyer in Mannheim 334 Stück Weihe und in Schweden 19 weitere Exemplare hergestellt. Zum Kriegsende fand eine regelrechte Jagd nach „Weihen“ statt, aus England und Frankreich kamen Segelflieger um noch nicht zerstörte Exemplare in ihre Länder zu verbringen. Auch in der Tschechoslowakei und Polen waren „Weihen“ begehrtes Gut. Selbst in den 50er Jahren, als es zahlreiche neuere Konstruktionen gab, war die Weihe hinsichtlich ihrer Flugleistungen nicht zu schlagen und wurde –ohne Lizenz - in Frankreich und Jugoslawien weitergebaut. Nach der Wiederzulassung des Segelfluges entstanden bei Focke-Wulf in Bremen weitere optimierte Weihen unter der Bezeichnung „Weihe 50“.

    Das äußerst gelungene einsitzige Holzflugzeug mit 18 Metern Spannweite erzielte erste Streckenflug-Weltrekorde bereits während des Krieges (die leider nicht gewertet wurden). Bemerkenswert die Dauerflug-Rekorde von Erich Vergens (45 Stunden, 28 Minuten) in Österreich und Ernst Jachtmann (55 Stunden, 52 Minuten) in Ostpommern – im Alleinflug!

    Erst ab 1948 wurden wieder Weltmeisterschaften im Segelflug durchgeführt, hier zählte die Weihe über viele Jahre und trotz neuerer Konstruktionen, zum besten Flugzeug.

    • Eine in Schweden nach Originalzeichnungen gebaute Weihe erzielte mit Per Axel Persson 1947 einen FAI-anerkannten Höhen-Weltrekord in Schweden (8700m über Meer) und gewann mit demselben Piloten die erste Segelflugweltmeisterschaft 1948 in Samedan/Schweiz.

    • Dieselbe Weihe siegte dann 1950 in Örebro/Schweden erneut, diesmal mit Billy Nilsson. Bei dieser WM waren unter den ersten 8 insgesamt 7 Piloten auf der Weihe !

    • Ebenfalls auf diesem schwedischen Flugzeug wurde 1956 ein schwedischer Frauen-Streckenflugrekord aufgestellt, der bis heute Gültigkeit hat !

    • 1952 wurden noch immer 14 Weihen bei der Weltmeisterschaft in Quatro Vientos / Spanien gezählt, die beste Platzierung war der 5. Platz eines Schweizer Piloten.

    • 1954 waren es im englischen Camphill noch vier Weihen, drei davon noch immer unter den ersten 6, darunter auch Persson mit seiner Weihe auf dem 6. Platz.

    • 1956 startete Per Axel Persson mit seiner Rekordmaschine erneut in St. Yan / Frankreich und erreichte einen sehr respektablen 12. Platz im Feld von 45 Piloten.

    • 1958 war keine Weihe am Start, 1960 in Köln zeigte der Schweizer Bernhard Müller mit seiner Weihe noch einmal die Klasse und flog nicht nur einen Tagessieg ein, sondern belegte den beachtlichen 8. Gesamtrang (von insgesamt 20 Startern). Diese Weihe, als letzte ihres Typs Teilnehmer eine Weltmeisterschaft, ist die heutige D-0700.

    Der letzte Rekord einer Weihe war der Höhen-Weltrekord von Karl Bauer von Dettingen/Teck aus: 9665 Meter über der Teck am 20.Juni 1959.

    Heute fliegen weltweit noch ca. 13 Exemplare der Weihe, darunter jedoch nur 4 Stück im Originalzustand: in den USA (Jacobs-Schweyer-Bau), in England (schwed. Lizenzbau), in Frankreich (franz. Lizenzbau) und in Deutschland (D-0700). Alle anderen Weihen (in Deutschland, Schweiz, Slowenien, Japan) sind entweder baulich modifizierte Exemplare oder entstammen - bereits werksseitig modifiziert - einer Nachkriegsproduktion. Die Modifikationen umfassten einteilige, sogenannte „geblasene“ Haube, Einbau eines Hauptrades, Kürzung der Querruder oder den Ersatz der DFS-Bremsklappen gegen Schempp-Hirth-Klappen. (001) Detaillierte Informationen enthält mein Buch „Hans Jacobs – Pionierleben im Flugzeugbau“.

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    Stand: 10.10.2016 Peter Ocker

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    4. Lebenslauf der Weihe HB-554 bzw. D-0700

    Die Zeichnungen zum Bau dieser Weihe stammen direkt von Hans Jacobs, der im Tausch gegen Lebensmittel 1947 einen Zeichnungssatz in die Schweiz gab. Der damalige Fertigungsleiter der Farner-Flugzeugwerke in Grenchen / Schweiz, Bernhard Müller, baute sich seine Weihe im Eigenbau. Vom November 1949 bis Juli 1951 investierte er 3600 Arbeitsstunden, um dieses Flugzeug in seiner Freizeit fertigzustellen. Sie trug fortan das Kennzeichen HB-554.

    Rohbau 1951

    Erstflug in Grenchen 1951

    Mehrfach nahm er an nationalen Meisterschaften (1953 Sieg, 1957 6. Rang, 1958 Sieg, 1962 3. Rang, 1965 6. Rang) sowie an der Weltmeisterschaft in Köln 1960 (8. Rang, ein Tagessieg) teil. Seine Frau stellte 1952, 1961 und 1964 je einen nationalen Frauenrekord, Müller selbst 1962 einen nationalen Rekord in der einfachen Strecke auf. Der weiteste Segelflug führte Müller mit seiner Weihe im Mai 1959 von Grenchen nach Marseille, 458 km weit. Als einzige Modifikation erhielt sie 1959 eine einteilig geblasene Haube, welche in den Originalausschnitt des Rumpfes mit dem Originalverschluss eingepasst wurde. Mit dieser Ausführung und mittlerweile in elfenbeinfarbener Lackierung nahm er auch an der Weltmeisterschaft 1960 teil. Er platzierte sich mit dem „Oldtimer“ im vorderen Mittelfeld. Ab Ende der 60er Jahre bevorzugte Müller dann ein aktuelles Kunststoff-Segelflugzeug, die Weihe wurde an Fritz Fahrni verkauft. (004) Dieser verkaufte sie weiter an einen Herrn Culmann, so landete sie Anfang der 80er Jahre vergessen und nicht mehr flugtauglich in einer Halle in Blumberg / Schwarzwald. (002) (003)

    Weltmeisterschaft 1960 in Köln

    B. Müller in der HB-554, Köln 1960

  • Weihe D-0700 – eine Lebenslauf-Dokumentation

    Stand: 10.10.2016 Peter Ocker

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    Ulli Seegers aus Hildesheim rettete die einstige Schönheit. Er brachte sie 1984 nach sorgsamer Restaurierung und weitere ohne Modifikationen mit ihrem neuen Kennzeichen D-0700 wieder in die Luft. (002) 1994 konnte ich die Weihe erwerben und in Aalen-Elchingen stationieren. Schon im Folgejahr erhielt sie eine nach Originalzeichnungen gebaute Haube. Damit war die einzige Modifikation, welche die Weihe 1959 erfahren hatte, wieder entfallen. Die einteilige Haube ist in meiner Garage als Zeitdokument aufbewahrt. Zwischen 1995 und 1997 war die Maschine in der Flugwerft Schleissheim ausgestellt und hing hoch über dem „Fliegenden Zirkus“ an der Decke. Zahlreiche Veröffentlichungen in Zeitschriften und Büchern berichten von ihrer einzigartigen Geschichte. Seither war sie viele Stunden von Aalen aus in der Luft und hat immer am Boden und in der Luft für begeisterte Blicke gesorgt. Auf Oldtimertreffen in ganz Europa (Deutschland, Ungarn, Frankreich) hat sie bisher teilgenommen, um dieses Zeugnis deutscher Holzflugzeugbaukunst lebendig zu halten. Aus diesem Grund sind bis dato keine neuartigen Instrumente wie Bordcomputer oder akustische Steig-Anzeigen (elektrisches Variometer) eingebaut.

    Flugbetrieb 2009

    Mit „Habicht“ in der Thermik, 2009

    Mit Ablauf der Flugsaison 2009 jährte sich die letzte Grundüberholung zum 25. Mal. Seither waren lediglich 170,5 Flugstunden bei 127 Starts gemacht worden. Neben einem neuen Anhänger, der „Wohnung“ und Hauptlagerstätte eines jeden Segelflugzeuges (gleichzeitig konservierender Raum), war eine grundlegende Überprüfung des Segelflugzeuges notwendig. Dies wurde nach sorgfältiger Inspektion mit dem zuständigen Prüfer vereinbart. Im Rahmen dieser Grundüberholung sollte nicht nur ein aus Sammlerhand in England zurückgebrachtes originales Jacobs-Schweyer-Instrumentenbrett eingebaut werden, sondern auch eine originale Lackierung erhalten. Die erste Idee war eine Lackierung aus ihrer früheren Zeit, also die Darstellung eines individuellen Betriebszustandes, jedoch schied das Aufbringen der originalen Schweizer Lackierung aus. Anfang der 1950er Jahre war dies silber (Vorschrift des Eidgenössischen Luftamtes zur UV-Resistenz), eine Farbe welche zu wenig Kontrast in der Landschaft bringt und somit eine Gefährdung des heutigen Flugbetriebes darstellt. Da in der Geschichte dieser Maschine keine signifikante besondere Lackierung bestand, sollte sie eine typische „Weihe“-Lackierung erhalten, also einen typischen Betriebszustand verkörpern. Aktuell trägt dieses Kleid kein anderes fliegendes Exemplar und sollte somit den Zustand während dem stückzahlmäßigen Höhepunkt der Geschichte verkörpern. Ziel war das Aufbringen einer weitestgehenden Originallackierung.

    Als Fotovorlage diente ein Farbfoto von 1943, welches am Hornberg aufgenommen wurde. Die Grundfarbe „hellelfenbein“ blieb bis Ende der 50er-Jahre Standard im Segelflug und ist heute selten anzutreffen, da entweder weiß (in Anlehnung an die Kunststoffsegelflugzeuge) oder mit deutlich erkennbarer Kontrastfarbe (vorwiegend für Flugzeuge in Holz- oder Gemischtbauweise, diese werden sehr verbreitet in der Schulung eingesetzt und sollen daher gut gesehen werden) aufgebracht ist.

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    Stand: 10.10.2016 Peter Ocker

    Weihe D-0700 – eine Lebenslauf-Dokumentation 7

    Vorschlag einer typischen Lackierung

    Eine JS Weihe auf dem Hornberg, Sommer 1943

    Im April 2013 wurde die Weihe auf der größten europäischen Messe für Luftsport in Friedrichshafen der interessierten Fachwelt gezeigt. Besonders der teilweise in offenem Zustand gezeigte Rumpf brachte dem Ausstellungsstück hohen Zulauf. Es wurden viele Gespräche geführt, in denen interessierte Flieger (meist zertifizierte Werkstattleiter aus den Vereinen) Detailfragen zur Holzbauweise und zu angewandten Arbeitsweisen gestellt haben, da sie selbst im Verein Flugzeuge in Holzbauweise haben, jedoch in den letzten Jahren wenig Arbeit damit hatte. Hier war ein Trend zu ermitteln, dass viele Holzflugzeuge (meist aus den Baujahren 1955-1970) in den frühen 1980er-Jahren noch von Personen mit Alterfahrungsschatz betreut wurden und sich noch in diesem Zustand befinden. Seither sind die Wissensträger weniger geworden, und anstehende Arbeiten werden wegen nichtvorhandenem Personal so weit als möglich geschoben. Diese Tendenz schlägt sich in der erhöhten Nachfrage nach Qualifikationsmöglichkeiten im Holzflugzeugbau nieder. Daher fanden laufend an der „Weihe“ in der Werkstatt zahlreiche Einzelbesuche mit entsprechendem Informationsaustausch statt.

    Messe Aero Friedrichshafen 2013, Besuch von

    Fachjournalisten

    Ausstellung mit Habicht, einer weiteren Jacobs-

    Konstruktion Nach jahrelanger Arbeit fand am 6. Februar 2016 der neuerliche Erstflug statt. Es hat sich ge-zeigt dass es nicht nur aus optischer, sondern auch aus fliegerischer Sicht ein voller Erfolg war!

  • Weihe D-0700 – eine Lebenslauf-Dokumentation

    Stand: 10.10.2016 Peter Ocker

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    5. Dreiseitenansicht

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    Stand: 10.10.2016 Peter Ocker

    Weihe D-0700 – eine Lebenslauf-Dokumentation 9

    6. Technische Daten

    Tragflächen Spannweite 18m Flügelfläche 18,34m2 Streckung 17,7 Seitenverhältnis 3,56 mittlere aerodynamische Flügeltiefe 1,01 Länge an der Wurzel 1,6m Länge an der Flügelspitze 0,45m Profil Wurzel Gö 549 Profil Flügelspitze Gö 676 / M12 V-Stellung 3° Flächenbelastung 18,25kg/m2 Querruder Länge (pro Ruder) 5,85m Querruder Fläche (pro Ruder) 1,9m2 Querruder Ausschläge (oben/unten) 170mm ± 10 / 65mm ± 5 Leitwerk Spannweite 3,5m Gesamtfläche je Hälfte 2,25m2 Profil Gö 409 Ruderfläche je Hälfte 1,24m2 Ausschläge (oben/unten) 180mm ± 20 / 180mm ± 20 Rumpf Länge 8,13m Höhe 1,56m Rumpf-Querschnittsfläche 0,5m2 Leistungen bestes Gleiten 29 bei 70km/h geringstes Sinken 0,58m/s bei 60km/h min. Geschwindigkeit 55km/h max. Geschwindigkeit (ruhige Luft) 170km/h max. Geschwindigkeit (böige Luft) 110km/h max. Schleppgeschwindigkeit 90km/h (Winde) / 110km/h (F-Schlepp) Landegeschwindigkeit 65km/h Gewichte Leergewicht 230kg Zuladung 105kg max. Fluggewicht 335kg Bemerkung: Einige Daten haben sich im Verlauf der Lebenszeit der Weihe verändert. So wurde das erste Leergewicht mit 190kg angegeben. Die Länge entspricht der JS- bzw. FW Weihe. In diese Tabelle sind letztbekannte und bei realen Flugzeugen festgestellte Werte eingepflegt.

  • Weihe D-0700 – eine Lebenslauf-Dokumentation

    Stand: 10.10.2016 Peter Ocker

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    7. Grundüberholung der D-0700 Festlegung der notwendigen Maßnahmen aus flugtechnischer Sicht Da es sich um ein Flugzeug handelt, welches den Vorschriften des Luftfahrtbundesamtes genügen muss, ist bei jeglicher Arbeit an einem Flugzeug der zuständige Bauprüfer vor Beginn der Arbeiten, während der Arbeiten und nach Abschluss der Arbeiten einzuschalten. Die Notwendigkeit der Arbeiten legt dieser fest und ordnet die genaue Ausführung an. Im Rahmen der Arbeiten waren neun Besuche des Prüfers erfolgt, der sich regelmäßig vom Fortschritt und der Arbeitsausführung überzeugt hat. Schon vor Beginn aller Arbeiten war ihm der Denkmalhintergrund bekannt und alle Entscheidungen wurden – auch wenn viele Maßnahmen mit moderneren Methoden „einfacher“ zu erreichen gewesen wären – entsprechend getroffen. Der Prüfer stellt selbst Holzflugzeuge her und kennt daher historische und moderne Arbeitsverfahren. Einzelmaßnahmen Tragfläche Erstes in sich geschlossenes Gewerk waren die beiden Tragflächen. Nach Entfernung der gealterten Bespannung zeigte sich folgendes: Flügelbereich vor dem Holm:

    • Guter Zustand der Beplankung und Verleimung vor dem Holm • Ein Beplankungsfeld delaminierte beim Abziehen der Bespannung, d.h. die Verleimung

    der Schichten des Sperrholzes war nicht mehr gegeben. Dies war durch die darüber liegende Bespannung stets kaschiert. Ein derartiges Holzversagen ist sehr gefährlich, ist doch die Torsionssteifigkeit des Flügels an dieser Stelle nicht mehr gegeben. Ein Austausch des Beplankungsfeldes war nötig. Beispielhaft wurde das delaminierte Sperrholz eigens aufgehoben, um für Anschauungszwecke zu dienen.

    Flügelbereich hinter dem Holm: • Guter Zustand von Rippen und Verleimung der Rippen hinterhalb des Holmes • Sperrholz teilweise mit hoher Alterung (Welligkeit und Feuchtigkeitseintrag) • Ein Klappenkasten schlechter Zustand wegen Feuchtigkeitseintrag („klassische“

    Problemstelle bei allen Segelflugzeugen) und Beschädigung mit nicht korrekter Reparatur (unerklärliche „Ausstanzung“, welche mit Harz zugeklebt wurde – dieses Bauteil wurde für Anschauungszwecke aufgehoben).

    • Steuerseile zeigen Verschmutzung und Alterung incl. Litzenbrüche (strukturelle Schwächung) sowie im Bereich der Querruder nicht zeitgemäße Verpressung (rationale Technik seit den frühen 1980er Jahren)

    • Steuerstangen für Bremsklappen fehlende Konservierung • Aufnahme Steuerstange für Bremsklappe außen angerissen bzw. durchgebrochen

    (Metallbeschlag) sowie nächstes Bauteil Holzrippe beschädigt durch Bedienungsfehler.

    Fotobeispiele:

    Lackrisse, welche durch mangelhafte Verarbeitung

    des Füllers entstanden waren

    Durchbruch am Klappenkasten, mangelhafte

    Reparatur

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    Stand: 10.10.2016 Peter Ocker

    Weihe D-0700 – eine Lebenslauf-Dokumentation 11

    Delaminierung des Schicht-Sperrholz, links erkennbar es fehlt oberste Lage stellenweise

    Delaminierung des Schicht-Sperrholz, rechts durch

    Einschieben eines rechteckigen Karton-Anhängers verdeutlicht

    Bruch des Beschlages und der Rippe in der

    Aufnahme der Steuerstange

    Neubeplankungsfläche – dieses Ausmaß hatte die

    delaminierte Holzfläche Folgende Instandsetzungsmaßnahmen wurden ergriffen: Flügelbereich vor dem Holm:

    • Austausch des delaminierten Beplankungsfeldes durch zeichnungsgemäßes Sperrholz. Einbringung von Konservierung. Keinerlei Sichtbarkeit, da durch Decklackierung verdeckt. Gleichzeitig Kontrolle des somit einsehbaren Vorderflügels, der eine ausgezeichnete Verfassung aufweist.

    Flügelbereich hinter dem Holm: • Stellenweise Austausch von Sperrholz durch zeichnungsgemäßes Sperrholz. Keinerlei

    Sichtbarkeit und gleiche Ausführung wie im Fundzustand. • Ein Klappenkasten als Neubau in zeichnungsgemäßer und dem ausgebauten Bauteil

    identischer Weise. Klappenkasten als Anschauungsobjekt aufgehoben. • Konservierung aller Holzinnenseiten (offene Holzflächen sowie Rippen, für Alt- und

    Neuholz gleichermaßen) • Steuerseile zu den Querrudern durch neue identische Seile ersetzt, jedoch im sichtbaren

    Bereich mit Spleißtechnik verbunden (fast vergessene Handwerkstechnik, dank Spezialwerkzeug aus der ehem. DDR möglich)

    • Steuerstangen für Bremsklappen teilweise grundiert und lackiert • Aufnahme Steuerstange für Bremsklappe außen Reparaturschweißung durch

    zertifizierten Flugzeugschweißer des Deutschen Museums sowie Reparatur der anschließenden Holzrippe

  • Weihe D-0700 – eine Lebenslauf-Dokumentation

    Stand: 10.10.2016 Peter Ocker

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    Gesamter Flügel:

    • Bespannung mit Baumwollstoff analog zeitgenössischer Vorgehensweise. • Lackierung des Flügels und der Querruder in Farbton „hellelfenbein“.

    Diese Maßnahmen waren zur öffentlichen Präsentation des Flugzeuges im April 2013 abgeschlossen. Fotobeispiele:

    Neuaufgebauter Klappenkasten

    Reparierter Metallbeschlag und Rippe (Ansicht von

    der anderen Seite)

    Gesäuberte Rollen, Konservierung, neue

    Steuerseile Einzelmaßnahmen Leitwerk (Höhen- und Seitensteuer) Zweites Gewerk war das Leitwerk, bestehend aus Höhen- und Seitensteuer. Beide Komponenten befanden sich in einem guten Allgemeinzustand mit sehr guter Leimqualität. Allerdings war die Beplankung des Höhensteuers sowie die Endleiste des Seitensteuers aufgrund Alterung so nicht belassbar. Folgende Instandsetzungsmaßnahmen wurden ergriffen: Beim Höhensteuer fiel nach Entfernen der Bespannung auf der Flosse auf, dass die Reparatur von 1995 verbesserungsfähig war sowie die Holzbeplankung einen sehr schwachen Eindruck machte. Dies kann durch altersbedingte Schwächung sowie durch Feuchtigkeitseintrag möglich sein (ungünstige Lagerung des Höhensteuers im alten Anhänger). Daher wurde eine neue Beplankung aufgebracht und somit die Schwachstellen aufgrund Alterung und Reparatur beseitigt. Ferner konnte damit eine Konservierung innerhalb der beplankten sowie der bespannten Fläche vorgenommen werden, die sonst nicht möglich gewesen wäre.

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    Stand: 10.10.2016 Peter Ocker

    Weihe D-0700 – eine Lebenslauf-Dokumentation 13

    Die Metallbeschläge des Höhensteuers wurden ausgebaut, grundiert und lackiert um so besser konserviert zu sein. Die Bespannung wurde im Februar 2013 aufgebracht.

    Reparaturstelle von 1995, umgebendes Holz

    geschwächt

    Neue Holzbeplankung vor dem Aufleimen (nach

    dem Biegen)

    Beim Seitensteuer wurde festgestellt, dass nur 2 statt in der Zeichnung 3 Scharniere sichtbar waren. Nach dem Entfernen der Bespannung wurde festgestellt, dass das mittlere Scharnier zwar verbaut, jedoch einfach überbespannt worden war und der Gegenbeschlag am Rumpf nicht mehr existent war (siehe „Einzelmaßnahmen Rumpf“). Die hintere Leiste des Seitensteuers war aufgrund der Alterung nicht mehr gerade, ein S-Schlag hatte sich eingestellt (Verzug bei der Bespannung Anfang der 1980er-Jahre). Dies wirkt sich negativ auf die Flugeigenschaften aus. Ferner zeigten sich zahlreiche unsachgemäße Reparaturen (Seitensteuer ist hinterstes Teil des Flugzeuges und wird gerne bei Hangarabstellung beschädigt (erster Kontaktpunkt bei Fremdkontakt). Daher wurde die hintere Leiste von den Rippen gelöst und durch eine neue Leiste gem. Zeichnung und entdecktem Bauzustand eingezogen. Komplette Konservierung aller Holzinnenflächen und Rippen. Keine Sichtbarkeit nach erfolgter Bespannung. Die Bespannung wurde direkt nach der Messe Aero noch im April 2013 aufgebracht.

    Unsachgemäße Reparatur früherer Schäden

    Neue Endleiste

  • Weihe D-0700 – eine Lebenslauf-Dokumentation

    Stand: 10.10.2016 Peter Ocker

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    Einzelmaßnahmen Rumpf

    Der Rumpf befand sich zu Beginn der Arbeiten in einem optisch sehr guten Zustand. Es waren die o.g. Beschädigungen durch eine Außenlandung 1995 und durch den alten Anhänger in den frühen 2000er-Jahren sichtbar. Bei genauerer Inspektion des Flugzeughecks zeigte sich, dass hier mehrere Instandsetzungen vorgenommen worden waren, wobei erheblicher Farb- und Wassereintrag festgestellt werden konnte. Dies war ein schlechtes Zeichen und wegen der Schwerpunktsverschiebung ein Punkt besonderen Augenmerks.

    Nach Entfernung der Bespannung wurden zahllose Reparaturstellen am Rumpf entdeckt, welche sich vorher bei genauerem Hinsehen schon abgezeichnet hatten. Einige dieser Reparaturen waren unsachgemäß ausgeführt, ferner wurde ein größeres neubeplanktes Feld entdeckt, dessen Stärke um 0,4mm unterhalb der notwendigen vorgeschriebenen Stärke lag. Diese „Reparatur“ konnte auf die Zeit der 1970er-Jahre eingeschränkt werden und waren bei der letzten Überholung 1980-1984 nicht aufgefallen! Dieser sicherheitskritische Mängel musste beseitigt werden, erlaubte aber zeitgleich den Einblick in die sonst sehr gesunde Rumpfstruktur. Ferner wurde durch die neue Beplankung wesentlich Gewicht eingespart, welches gerade am Heck des Rumpfes notwendig war. Die offene Rumpfstruktur wurde für die Messe Aero (siehe später unter „Öffentliche Zugänglichkeit“) genutzt.

    Im Bereich des Piloten konnte fehlende Konservierung an Metallteilen festgestellt werden, d.h. leichte Korrosion war erkennbar. Eine vom Vorbesitzer nicht genutzte Sitzschale war von ihm ausgebaut und zwei notwendige Holzklötze zur Befestigung ebenfalls entfernt worden. Seit 1994 wurde die Sitzschale zwar wieder verwendet, jedoch ohne die notwendigen Befestigungspunkte. Nach Ausbau des Instrumentenbrettes zeigten sich mehrere unsachgemäße Befestigungen und Improvisationsarbeit, welche von einer sicheren Verankerung des Instrumentenbrettes nicht sprechen ließen. Das Instrumentenbrett war mit teilweise neuzeitlichen Instrumenten bestückt, deren Anzeigenqualität teilweise schlecht war (gegenläufig anzeigende Variometer, hängender Höhenmesser, undichter Kompass). Der Prüfer ordnete eine Verbesserung der Instrumentenlage an.

    Das bisher verbaute Instrumentenbrett, welches bei der letzten Grundüberholung 1980-1984 neu erstellt worden war und keinen geschichtlichen Bezug hat, wird incl. verbauter Instrumente vollständig erhalten und eingelagert.

    Ansammlung von Reparaturstellen an der

    Unterseite der Rumpfröhre

    …und auf der anderen Seite war es nicht besser

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    Stand: 10.10.2016 Peter Ocker

    Weihe D-0700 – eine Lebenslauf-Dokumentation 15

    Folgende Instandsetzungsmaßnahmen wurden ergriffen:

    • Neubeplankung von unsachgemäßen Reparaturstellen an der Rumpfröhre • Neubeplankung einer zu dünn beplankten Reparaturstelle an der Rumpfröhre

    Saubere, durchgängige Holzbeplankung linke

    Rumpfseite

    Dito, rechte Rumpfseite

    • Austausch von Holzteilen am Heck wegen Feuchtigkeitseintrag, unsachgemäßen

    Reparatur und notwendige Konservierungsmaßnahmen (da typische Wassereintragsstelle).

    • Lackierung von Steuerstangen und Beschlägen sowie Pedalerie wegen Konservierung • Einbau der vorhandenen Rückenschale (seit 1984 nicht mehr benutzt, aber im Original

    erhalten). • Neuanfertigung eines Beschlages zum Seitensteuer wegen kompletten Fehlens. Dieser

    Beschlag wurde vom renomierten Unternehmen „Bitz Flugzeugbau“ in Augsburg nach Originalzeichnung angefertigt.

    Neuer Beschlag von Fa. Bitz

  • Weihe D-0700 – eine Lebenslauf-Dokumentation

    Stand: 10.10.2016 Peter Ocker

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    • Einbau eines neuen Instrumentenbrettes wegen neu überholter, historischer Instrumente

    (Überholung ist Behördenvorgabe und Grundlage für sicheren Flugbetrieb). Dieses Brett entspricht auch dem ursprünglich im diesem Exemplar verbauten Brettes (überlieferte Fotos), welches Anfang der 1980er-Jahre aus Schönheits- und Gewichtsgründen ersetzt worden war (Vorbesitzer war sehr groß, musste daher Gewicht im Cockpit sparen – durch Entfall „überflüssiger“ Instrumente sowie durch Verkleinerung des Brettes – für Beinfreiheit. Mit dem rekonstruierten Instrumentenbrett kann die Originalinstrumentierung nach Herstellervorgabe wieder hergestellt werden. Das neue Instrumentenbrett nach Originalvorlage ist aus Aluminium gefertigt. Fast genausoviel Aufwand entstand durch die Neuherstellung der Gummilagerungen: diese sind heute nicht mehr erhältlich und wurden nach alten Zeichnungen neu gefertigt. Zusätzliche, reversibel einzubauende Zusatzinstrumentierung soll einfach im Flugzeug untergebracht werden, ohne den historischen Anschein zunichte zu machen. Das heute übliche Anti-Kollisionsgerät „Flarm“ sowie eine Segelflugsoftware auf einem Smartphone werden so gestaltet, dass sie von außen kaum sichtbar untergebracht werden (Flarm) bzw. an einem Kniebrett des Piloten befestigt werden (Smartphone).

    Beispiel aus USA: Originales „Weihe“-Brett nach

    Restaurierung

    Bild aus dem Fotoalbum der Weihe, ca. Anfang 1960er Jahre, zeigt den dieselbe Anordnung wie

    links.

    Vom Vorbesitzer zur Platzgewinnung minimierte und sehr schwache Aufnahme mit vielen Flicken,

    musste noch gem. Zeichnungsvorgabe wiederhergestellt werden.

    Kleine alte Normbauteile – heute ganz neu in Mini-Serie gefertigt. Was im ersten Moment

    einfach aussieht, verursacht viele Arbeitsstunden.

  • xx

    Stand: 10.10.2016 Peter Ocker

    Weihe D-0700 – eine Lebenslauf-Dokumentation 17

    Erstflug und Fertigstellung

    Nachdem die Tragflächen schon 2013 ihre Farbe bekommen hatten, folgte Ende 2015 die Fertigstellung des Rumpfes. Dieser wurde, wie schon immer vorher bei dieser Weihe gehandhabt, bespannt und dann schichtweise lackiert. Anschließend erfolgten die notwendigen Montagen, u.a. auch mit neuen Tennisbällen zur Kufenfederung. Das neue schwarze Kufenleder wurde angebracht und kufenseitig mit einem Alu-Vierkantprofil befestigt. Dieses Profil ist Meterware aus dem Baumarkt, alle 5cm mit Loch zur Vernagelung versehen und so ließ es sich auch sehr gut verarbeiten – Tricks & Kniffe eines alten Flugzeugbaumeisters. Der Innenbereich um den Piloten wurde mit Bespannstoff kaschiert und dann lackiert.

    Am 6. Februar 2016 war es dann soweit. Nach einer sehr umfassenden Prüfung des Flugzeuges ging es auf die Waage. Davor hat jeder, der ein Flugzeug grundüberholt hat, immer Lampenfieber. Um wieviel ist es schwerer geworden, wieviel Zuladung verbleibt, wo liegt der Schwerpunkt. Das Ergebnis war fantastisch: trotz schwerer Instrumentierung und neuer Lackierung blieb die Waage bei 247 kg stehen – das sind 1,5kg weniger als vor der Grundüberholung! Und die Zuladung reicht von 66kg bis 88kg. Das war die erste Überraschung des Tages. Anschließend erfolgte ein Flugzeugschlepp mittels eines Scheibe-Falken und ein 15-minütiger Testflug. Alle für den Flugbericht notwendigen Manöver wurden erfolgreich geflogen. Die Flugeigenschaften haben sich dank der neuen Seitenruder-Endleiste sowie der nun geraden Querruder-Endleisten wesentlich verbessert und entsprechen den Erwartungen – endlich.

    Frisch aus der Lackierung – genügend

    Trockenzeit vor dem Aufbringen der Kennzeichen

    Erstmals aufgebaut – die Weihe nach der

    Lackierung. Welch Anblick nach 6 Jahren Arbeit.

    Einsteigen zum Erstflug, hier noch mit den

    Kennzeichen in üblicher Anbringung.

    Sanfte Landung nach einem erfolgreichen Erstflug

    in Heubach, 6. Februar 2016

  • Weihe D-0700 – eine Lebenslauf-Dokumentation

    Stand: 10.10.2016 Peter Ocker

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    Leider traf die Genehmigung für das angestrebe historische Kennzeichen erst eine Woche nach dem Erstflug ein, so dass die Kennzeichen zum Erstflug (sie entsprachen der bisherigen Kennzeichen-Positionierung) wieder entfernt wurden. Die Genehmigung sieht das Führen des eingetragenen Kennzeichens D-0700 sowie der Bundesflagge unterhalb des Höhenruders vor. Als Farbe wurde der Farbton Lichtgrau gewählt, während die historische Kennung D-15-1406 in schwarz ausgeführt wurde. Nach umfangreichen Recherchen und Messungen sowie Maßstabsumrechnungen und Plausibilitätsprüfung zwischen historischen Fotos und den zeitgenössischen Vorschriften wurden die Kennzeichen-Abmessungen ermittelt und die korrekte Schriftart rekonstruiert. In der Technischen Mitteilung Nr. 17 des RLM, LC2 vom 19. Februar 1939 wurden zwar die Kennzeichen-Abmessungen in Relation zum Flugzeug definiert, die Vorschrift lässt aber Raum für Interpretation und hatte keine Schriftart vorgegeben.

    Rekonstruktion der Kennzeichengrößen am Rumpf

    Rekonstruktion der Kennzeichengrößen an der Tragflächenoberseite

  • xx

    Stand: 10.10.2016 Peter Ocker

    Weihe D-0700 – eine Lebenslauf-Dokumentation 19

    Das Aufbringen der Kennzeichen klingt zwar leicht, man sollte die Größe jedoch nicht unterschätzen. Während auf der Tragflächen-Unterseite die vorgeschriebenen 50cm hohen Buchstaben schon eine Herausforderung sind, sieht es mit den 85cm hohen Buchstaben auf der Tragflächen-Oberseiten noch ganz anders aus. Dasselbe auch für den roten Streifen am Leitwerk und dem weißen Kreis darauf. Auch der Innenraum wurde langsam fertig. Das neue Instrumentenbrett macht sich sehr gut. Einzig die farbliche Markierung des Höhenmessers mit den notwenigen Geschwindigkeits-Bereichen ist der aktuellen Vorschriftenlage geschuldet. Die Beschriftung aller Betätigungen erfolgte nach Originalvorlage aus dem Zeichnungssatz.

    Vermutlich hatte die Weihe auch noch nie einen alternden Piloten und verfügte daher nie über den Griff überm Instrumentenbrett. Dieser ist zum Hochziehen beim Aussteigen, aber auch zum Reinsitzen beim Einsteigen sehr hilfreich. An derartigen Hilfen sollte man nicht sparen.

    Erstes Einpassen des „neuen“ Brettes

    Fertiger Einbauzustand und Einsteige-Griff

    Beschriftungen nach Originalvorlage

    Düse zum Antrieb des künstlichen Horizontes

  • Weihe D-0700 – eine Lebenslauf-Dokumentation

    Stand: 10.10.2016 Peter Ocker

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    8. Bildersammlung und -stimmungen

    Eine Seitenruder-Endleiste kann richtig Arbeit

    machen

    Ein (mühsames) Schlachtfest, die Bespannung

    vom Rumpf zu ziehen.

    Erster Blick: ist doch ganz gut, der Sporn

    Zweiter Blick: nein, ist er nicht!

    Das sieht viel besser aus – neuaufgebauter

    Sporn.

    Systematische Arbeit . Neubeplankung der

    unteren Rumpfhälfte

  • xx

    Stand: 10.10.2016 Peter Ocker

    Weihe D-0700 – eine Lebenslauf-Dokumentation 21

    Hahnweide 2016

  • Weihe D-0700 – eine Lebenslauf-Dokumentation

    Stand: 10.10.2016 Peter Ocker

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    9. Fliegen mit der Weihe

    Das Pilotieren der Weihe ist schnell umschrieben: sie fliegt wie sie aussieht. Elegant, majestätisch und in keinem anderen Flugzeug fühle ich mich dem Himmel näher.

    Den Arbeitsplatz einrichten ist bedingt möglich. Während die Rückenlehne nicht verstellbar ist und die optimale Sitzposition mit Kissen gebaut werden muss, sind die Pedale auf einem gemeinsamen Schlitten einstellbar. Ein Sonnendach nimmt die gröbste Einstrahlung von oben, auf eine Kopfbedeckung ist trotzdem nicht zu verzichten. Eine Belüftung erfolgt nur durch die beiden Schiebefenster links und rechts im Bereich der vorderen Haube. Eine sonst übliche kleine Klappe in der Nase fehlt bei der D-0700. Die Haube erlaubt gute Rundumsicht, dank der handwerklich sauber gemachten sphärischen Verglasung vorne oben (hier schaut man oft durch) kann die Umgebung trotz Streben gut wahrgenommen werden.

    Startvorbereitungen sind im üblichen Rahmen, zu beachten ist dass diese Weihe über eine Schwerpunktkupplung und keinen Radabwurfsmechanismus verfügt. Ein Auslöseknopf ist zwar noch original verbaut, aber ohne Funktion! Der Kuller vor dem Start abgenommen sein muss. Gestartet wird rutschend auf der Kufe, was eine ausreichend starke Schleppmaschine erfordert. Der Start erfolgt normal, wenn sie einmal vom Boden wegkommt möchte sie steigen, d.h. mit dem Nachdrücken nicht zu lange warten. Ansonsten folgt sie der Schleppmaschine. Windenstart ist grundsätzlich möglich, aufgrund ihres Alters möchte ich es ihr jedoch aufgrund der hohen Belastung ersparen.

    Das Flugverhalten im Geradeausflug ist normal, die Rollrate ist ausreichend, jedoch nicht berauschend. Die Wirkung der Ruder ist gut und direkt. Die Trimmung wirkt ausreichend auf das Flettnerruder am Höhenruder. Im Langsamflug geht sie brav auf die Nase. Ich habe sie nie absichtlich überzogen und kann & möchte daher zu Trudelneigung nichts sagen.

    Das Kreisen im Aufwind ist einfach, sie will jedoch mit dem Seitenruder gestützt werden.

    Zur Landung keine besonderen Vorkehrungen, die Klappenwirkung ist ausreichend (aber nicht berauschend), wenn die Anfluggeschwindigkeit bei 70km/h gehalten wird. Seitengleitflug ist ebenfalls klassisch möglich. Nach dem sanften, geraden Aufsetzen setzt sofort die Bremswirkung der Kufe ein. Achtung: nicht schiebend aufsetzen, sonst ist die Kufe ab!!! Beim Ablegen des Flügels bitte den Knüppel entgegen der Ablegerichtung bewegen, dass sie nicht aufs Querruder fällt – das ist bespannt und muss nicht unbedingt Löcher oder Abschürfungen an der Endleiste bekommen. Höhenruder am Schultergurt einhängen, da es sonst sehr tief über dem Boden ist.

    „Wo kann ich das Ding mal fliegen….“: Bei aller Freude über Fliegerkameraden, welche sich

    für dieses Flugzeug begeistern – (zumindest) meine Weihe ist nicht zu chartern. Wenn ein fremder Pilot in der Weihe sitzt, dann ist es ein mir seit Jahren bekannter Freund, dessen fliegerischen Hintergrund und dessen Fähigkeiten ich kenne. Bitte daher um Verständnis, dass ich nicht auf Anruf auf andere Flugplätze reise, dort die Maschine aufbaue und zur freien Verfügung stelle. Ausnahme sind natürlich Veranstaltungen von öffentlichem Interesse in Absprache mit dem Denkmalamt, wobei zeitliche Verfügbarkeit, Wetter- und Unterbringungssicherheit sowie Kostenneutralität ausschlaggebende Faktoren sind. Aber auch hier gilt das Geschriebene zum Pilot. Und ein „Ding“ ist es auch nicht!

    Finger weg: das gilt grundsätzlich bei allen Flächen – bitte nicht unnötig berühren. Sie fühlt sich an wie jedes stoffbespannte Holzflugzeug, also wie jede Ka 6 oder ASK- 13-Tragfläche!! Das gilt auch fürs Dagegenklopfen und Herumtrommeln auf der Bespannung.

  • xx

    Stand: 10.10.2016 Peter Ocker

    Weihe D-0700 – eine Lebenslauf-Dokumentation 23

    10. Quellenverzeichnis, Beteiligte, Kleingedrucktes und Kontakt 001 Buch „Hans Jacobs – Pionierleben im Flugzeugbau“ 002 Lebenslaufakte D-0700 / HB-554 003 Bordbuch HB-554 004 Besuch bei Irene Müller-Borer Flugbilder und Messeaufnahmen von Alexander Gilles, aktuellste Flugbilder von Wolfgang Kizler Historische Fotos aus dem Archiv von Peter Ocker Werkstattaufnahmen von Christian Fröhlich und Philip Stengele Zeichnungen von Vincent Cockett Erstflugbilder Michael Auberger

    Holzarbeiten, Innenarbeiten, Bespannung: LTB Christian Fröhlich, Walchshofen Beschlagbau: Fa. Bitz, Augsburg Spleissmeister: Roland Sturm, Peter Hanickel, Peter Ocker Instrumentenprüfung: Fa. Gebr. Winter GmbH & Co KG, Jungingen Flächenlackierung & Prüfwesen: LTB Sammet, Heubach Rumpfkaschierung, Endlackierung, Folien: LTB Eichelsdörfer, Bamberg Finish: Stengele & family & friends Avionic: XC-soar / Top Hat Soaring und LX Flarm mobile Absender der meisten Einzelrechnungen: LBA

    Weisheit zur Weihe: „Peter, eine Weihe verkauft man nicht“

    (Fritz Fahrni, Oberschleißheim 1995)

  • Weihe D-0700 – eine Lebenslauf-Dokumentation

    Stand: 10.10.2016 Peter Ocker

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    Kleingedrucktes Diese Dokumentation ist kostenlos auf meiner Website www.peterocker.de verfügbar. Alle Informationen sind nach bestem Wissen und Gewissen zusammengetragen worden. Sollte ein Leser noch weitere ergänzende Angaben machen können oder über weitere Bilder/Dokumente/ Unterlagen/Memorabilia verfügen, möge er bitte sehr gerne mit mir Kontakt aufnehmen. Die hier verwendeten Bilder entstammen verschiedenen Quellen, zum Teil mit unklarer Urheberlage. Sollte jemand einen Urheberrechtsanspruch zu einem gezeigten Bild haben, bitte direkt melden. Es handelt sich hier um keine kommerzielle Dokumentation, sondern um eine wissenschaftliche Aufarbeitung.

    Kontakt: Peter Ocker, Tussenhauser Str. 30, 86833 Ettringen, Germany

    www.peterocker.de [email protected]

    http://www.peterocker.de/http://www.peterocker.de/mailto:[email protected]