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haften Unterfinanzierungen, es verur- sacht durch das zeitversetzte Aus- gleichsverfahren zusätzlich Liquiditäts- engpässe. 1999 rutschen die Kranken- häuser in den alten Ländern in die fi- nanzielle Krise; die Krankenhäuser in den neuen Ländern kommen an den Rand des finanziellen Ruins. Zu hoffen, die Krankenhäuser könnten die finanziellen Mehrbelastun- gen anderswo auffangen, ist ein Trug- schluß. Denn nach Jahren der Deckelung und dem pauschalen Abschöpfen über drei Jahre einschließlich 1999 von 2,4 Milliarden Mark wegen angeblich fehl- belegter Betten (Beitragsentlastungsge- setz) sind die Rationalisierungsreserven im Krankenhaus erschöpft. Zudem muß gesehen werden, daß sich der Anteil der Personalkosten an den Gesamtausgaben der Krankenhäu- ser auf nahezu 70% beläuft. Ein Kran- kenhaus ist nun einmal kein „normaler“ Wirtschaftsbetrieb. Im Krankenhaus muß es viele helfende Hände geben, die sich um das Wohl der Patienten küm- mern und die nicht durch Computer er- setzt werden können. Außerdem unter- scheidet die Krankenhäuser etwa von kommunalen Verwaltungsbehörden, deren Mitarbeiter ja auch nach BAT be- zahlt werden, daß sie finanzielle Mehr- belastungen nicht auf höhere Abgaben oder Gebühren überwälzen können. get einzuführen. Unabhängig von der Ausgestaltung bedeutet eine Global- budgetierung langfristig die Rationie- rung von Leistungen. Sollte die Bonner Koalition indes alle Warnungen in den Wind schlagen und an ihren Plänen fest- halten, dann muß es zumindest gesetz- lich festgelegte Kriterien geben, die bei der Bemessung des Budgets für die sta- tionäre Versorgung beachtet werden müssen. Dazu zählen neben der Lohn- kostenentwicklung u.a. die Fallzahlent- wicklung, der medizinische Fortschritt und die demographische Entwicklung. Die in den Eckpunkten zur Struk- turreform vorgesehene Regelung, wo- nach die Krankenkassen das stationäre Budget festsetzen sollen, käme aus Sicht der DKG einem Diktat gleich. Generell sollte die Koalition bei der Konkretisie- rung ihrer Reformpläne darauf achten, daß die Stärkung der Krankenkassen vernünftige Grenzen nicht überschrei- tet. Andernfalls riskiert sie, daß die qualitativ hochstehende, flächendek- kende und bürgernahe Krankenhaus- versorgung in Deutschland aus finanzi- ellen Gründen unter die Räder kommt. Wolfgang Pföhler Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) Tersteegenstraße 9 D-40474 Düsseldorf Voller Ausgleich der „BAT-Schere“ Um zu verhindern, daß die Kranken- häuser ihr Personal mehr und mehr ausdünnen müssen, fordert die DKG die Bundesregierung auf, die „BAT- Schere“ zwischen Tarifentwicklung und Budgetentwicklung in voller Höhe aus- zugleichen. Zugleich weist die DKG darauf hin, daß die Krankenhäuser mit rund 100 Milliarden Mark Umsatz und mehr als 1,1 Millionen Beschäftigten ein wichtiger Wirtschaftsfaktor sind. Auch nach Einschätzung des zuletzt amtie- renden Sachverständigenrates ist der Krankenhausbereich eine der wenigen Wachstumsbranchen, von dem be- trächtliche Beschäftigungsimpulse aus- gehen.Aus Sicht der DKG muß die Poli- tik deshalb aus gesundheitspolitischen, aber auch aus beschäftigungspoliti- schen Gründen sicherstellen, daß für die Krankenhäuser eine ausreichende und verläßliche Finanzierung zur Ver- fügung steht. Globalbudget bringt Rationierung Vor diesem Hintergrund wendet sich die DKG entschieden gegen Pläne der Bun- desregierung, im Zuge der angekündig- ten Strukturreform 2000 ein Globalbud- | Der Internist 6·99 M 174 J. Robbers Weitere monistische Elemente nur bei Gegenfinanzierung Nach Aussagen führender Gesund- heitspolitiker der Bonner Koalition ist die stufenweise Umstellung der bislang von den Krankenkassen und Ländern getragenen, dualen Krankenhausfinan- zierung auf ein monistisches Finanzie- rungssystem, bei dem die Krankenkas- sen die gesamten Ausgaben bestreiten, das „Herzstück“ der geplanten „Struk- turreform 2000“. Die Krankenhausseite hat sich nicht erst seit Bekanntwerden der aktu- ellen Reformpläne für die Weiterent- wicklung der dualen Finanzierung zu einem „teilmonistischen“ Finanzierungs- system geöffnet. Nach unseren Vorstel- lungen wäre es auch unter betriebswirt- schaftlichen Aspekten durchaus sinn- voll, wenn künftig kurz- und mittelfri- stige Anlagegüter von den Krankenkas- sen, mittel- und langfristige Anlagegü- ter aber weiterhin von den Ländern fi- nanziert würden. Bevor jedoch über mehr monisti- sche Elemente entschieden wird, muß die Vorfrage geklärt werden: Woher kommen die bislang von den Ländern getragenen, jährlichen acht Milliarden Mark Investitionsmittel, wenn in Zu- kunft allein die Kassen die Kranken-

Weitere monistische Elemente nur bei Gegenfinanzierung

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haften Unterfinanzierungen, es verur-sacht durch das zeitversetzte Aus-gleichsverfahren zusätzlich Liquiditäts-engpässe. 1999 rutschen die Kranken-häuser in den alten Ländern in die fi-nanzielle Krise; die Krankenhäuser inden neuen Ländern kommen an denRand des finanziellen Ruins.

Zu hoffen, die Krankenhäuserkönnten die finanziellen Mehrbelastun-gen anderswo auffangen, ist ein Trug-schluß. Denn nach Jahren der Deckelungund dem pauschalen Abschöpfen überdrei Jahre einschließlich 1999 von 2,4Milliarden Mark wegen angeblich fehl-belegter Betten (Beitragsentlastungsge-setz) sind die Rationalisierungsreservenim Krankenhaus erschöpft.

Zudem muß gesehen werden, daßsich der Anteil der Personalkosten anden Gesamtausgaben der Krankenhäu-ser auf nahezu 70% beläuft. Ein Kran-kenhaus ist nun einmal kein „normaler“Wirtschaftsbetrieb. Im Krankenhausmuß es viele helfende Hände geben, diesich um das Wohl der Patienten küm-mern und die nicht durch Computer er-setzt werden können. Außerdem unter-scheidet die Krankenhäuser etwa vonkommunalen Verwaltungsbehörden,deren Mitarbeiter ja auch nach BAT be-zahlt werden, daß sie finanzielle Mehr-belastungen nicht auf höhere Abgabenoder Gebühren überwälzen können.

get einzuführen. Unabhängig von derAusgestaltung bedeutet eine Global-budgetierung langfristig die Rationie-rung von Leistungen. Sollte die BonnerKoalition indes alle Warnungen in denWind schlagen und an ihren Plänen fest-halten, dann muß es zumindest gesetz-lich festgelegte Kriterien geben, die beider Bemessung des Budgets für die sta-tionäre Versorgung beachtet werdenmüssen. Dazu zählen neben der Lohn-kostenentwicklung u.a. die Fallzahlent-wicklung, der medizinische Fortschrittund die demographische Entwicklung.

Die in den Eckpunkten zur Struk-turreform vorgesehene Regelung, wo-nach die Krankenkassen das stationäreBudget festsetzen sollen, käme aus Sichtder DKG einem Diktat gleich. Generellsollte die Koalition bei der Konkretisie-rung ihrer Reformpläne darauf achten,daß die Stärkung der Krankenkassenvernünftige Grenzen nicht überschrei-tet. Andernfalls riskiert sie, daß diequalitativ hochstehende, flächendek-kende und bürgernahe Krankenhaus-versorgung in Deutschland aus finanzi-ellen Gründen unter die Räder kommt.

Wolfgang PföhlerPräsident derDeutschen Krankenhausgesellschaft (DKG)Tersteegenstraße 9D-40474 Düsseldorf

Voller Ausgleichder „BAT-Schere“

Um zu verhindern, daß die Kranken-häuser ihr Personal mehr und mehrausdünnen müssen, fordert die DKGdie Bundesregierung auf, die „BAT-Schere“ zwischen Tarifentwicklung undBudgetentwicklung in voller Höhe aus-zugleichen. Zugleich weist die DKGdarauf hin, daß die Krankenhäuser mitrund 100 Milliarden Mark Umsatz undmehr als 1,1 Millionen Beschäftigten einwichtiger Wirtschaftsfaktor sind. Auchnach Einschätzung des zuletzt amtie-renden Sachverständigenrates ist derKrankenhausbereich eine der wenigenWachstumsbranchen, von dem be-trächtliche Beschäftigungsimpulse aus-gehen. Aus Sicht der DKG muß die Poli-tik deshalb aus gesundheitspolitischen,aber auch aus beschäftigungspoliti-schen Gründen sicherstellen, daß fürdie Krankenhäuser eine ausreichendeund verläßliche Finanzierung zur Ver-fügung steht.

Globalbudgetbringt Rationierung

Vor diesem Hintergrund wendet sich dieDKG entschieden gegen Pläne der Bun-desregierung, im Zuge der angekündig-ten Strukturreform 2000 ein Globalbud-

| Der Internist 6·99M 174

J. Robbers

Weitere monistische Elementenur bei GegenfinanzierungNach Aussagen führender Gesund-heitspolitiker der Bonner Koalition istdie stufenweise Umstellung der bislangvon den Krankenkassen und Länderngetragenen, dualen Krankenhausfinan-zierung auf ein monistisches Finanzie-rungssystem, bei dem die Krankenkas-sen die gesamten Ausgaben bestreiten,das „Herzstück“ der geplanten „Struk-turreform 2000“.

Die Krankenhausseite hat sichnicht erst seit Bekanntwerden der aktu-ellen Reformpläne für die Weiterent-wicklung der dualen Finanzierung zueinem „teilmonistischen“ Finanzierungs-system geöffnet. Nach unseren Vorstel-lungen wäre es auch unter betriebswirt-schaftlichen Aspekten durchaus sinn-voll, wenn künftig kurz- und mittelfri-stige Anlagegüter von den Krankenkas-

sen, mittel- und langfristige Anlagegü-ter aber weiterhin von den Ländern fi-nanziert würden.

Bevor jedoch über mehr monisti-sche Elemente entschieden wird, mußdie Vorfrage geklärt werden: Woherkommen die bislang von den Länderngetragenen, jährlichen acht MilliardenMark Investitionsmittel, wenn in Zu-kunft allein die Kassen die Kranken-

hausfinanzierung bestreiten sollen? DieMittel zusätzlich aus den Krankenhäu-sern herauspressen zu können, hält dieDKG für eine Utopie.

Instandhaltungsfinanzierungweiter pauschal

Die DKG begrüßt den Willen der Koali-tion, die Instandhaltung der Kranken-häuser über das Jahr 1999 hinaus zu fi-nanzieren. Sie hält es jedoch für unsin-nig, die Mittel für die Instandhaltung –wie in den Reformeckpunkten vorgese-hen – nur gegen Einzelnachweis zu be-willigen. Die Umstellung auf ein solchesindividualisiertes System brächte we-gen der äußerst schwierigen Beweis-führung einen enormen Bürokratie-schub, der nicht viel weniger kostenwürde als die Instandhaltung selbst. DieDKG plädiert deshalb dafür, die In-standhaltungsfinanzierung nur dann

Verzahnungsansatzmit positiven Elementen

Positive Elemente enthalten nach Auf-fassung der Krankenhausseite die Re-formansätze für eine bessere Verzah-nung der Versorgungssektoren. DieDKG begrüßt, daß die Krankenhäuserfür hochspezialisierte ambulante Be-handlungen geöffnet werden sollen.Wir plädieren aber zugleich für einenbehutsamen Einstieg, um Rivalitätenund Verteilungskämpfe zu vermeiden.Für die in Frage kommenden hochspe-zialisierten Leistungen hat die DKG ei-nen Katalog mit lndikationen vorgelegt,auf dessen Grundlage der Gesetzgeberdie Krankenhäuser zulassen sollte.

Rechtsanwalt J. RobbersHauptgeschäftsführer derDeutschen Krankenhausgesellschaft (DKG)Tersteegenstraße 9D-40474 Düsseldorf

an einen Einzelnachweis zu binden,wenn die entsprechenden Mittel dieHöhe des weiter pauschal zu gewähren-den Aufschlags von 1,1% auf das Budgetüberschreiten.

Pläne der Koalition, die Kranken-hausplanung künftig allein von den Län-dern und Krankenkassen vornehmen zulassen, lehnt die DKG ebenfalls entschie-den ab. Die Krankenhäuser sind die Be-troffenen und müssen deshalb alsgleichberechtigte Partner an den Pla-nungsentscheidungen beteiligt werden.Außerdem ist die Koalition aufgefordert,eine Regelung für den Fall der Nichteini-gung in PIanungsfragen vorzusehen.Nach Auffassung der Krankenhausseitekann die entsprechende Kompetenz nurbei den Ländern liegen. Die DKG fordertdeshalb die politisch Verantwortlichenin den Ländern auf, sich zur staatlichenLetztverantwortung für die Kranken-hausversorgung zu bekennen.

Der Internist 6·99 | M 175

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D. Blaßkiewitz

Krankenhäuser in den neuen Ländernnicht abkoppeln

Die 327 ostdeutschen Krankenhäuserstehen fassungslos vor einem gedan-kenlosen gesetzgeberischen Vollzug,der zum finanziellen Desaster führt.Zugleich zeichnet sich ab, daß der bis-lang erfolgreich verlaufene, achtjährigeAnpassungsprozeß an den westdeut-schen Krankenhausstandard konterka-riert wird.

Die hohe Arbeitslosigkeit in denneuen Ländern hat im vergangenenJahr zu rückläufigen Einnahmen derdortigen Krankenkassen geführt. AlsResultat beträgt die Veränderungsrate,an die nunmehr die Krankenhausbud-gets nach dem Gesetz angepaßt werdenmüssen, minus 0,48%. Das bedeutet:Auf die ostdeutschen Krankenhäuserkommen nach dem Gesetz flächen-deckende Budgetkürzungen zu.

Gleichzeitig haben die ostdeut-schen Krankenhäuser wie die Kranken-

häuser in Westdeutschland die tariflichvereinbarten Gehaltserhöhungen um3,1% ab April zu realisieren. Damit sindin diesem Jahr 583 Millionen Mark zu-sätzlich aufzubringen. Davon sind 222Millionen im Zuge des gesetzlich fest-gelegten Ausgleichsverfahrens erst imJahr 2000 zu erwarten – 361 Millionensind überhaupt nicht finanziert.

Unterdeckung von 5.000Vollkräften in neuen Ländern

Bei Durchschnittskosten von 69.200Mark jährlich je Vollbeschäftigtem imKrankenhaus entspricht dies rechne-risch einem Personalvolumen von5.000 Vollkräften. Gibt es kein anderesVentil, müssen die Krankenhäuser inden neuen Ländern bis zu 5.000 Be-schäftigte abbauen, wobei die Sachko-stenentwicklung und weitere belasten-

de Entwicklungen noch nicht berück-sichtigt sind.

Personalausstattungin Sachsen unzumutbar

Im Freistaat Sachsen, wo ich Vorsitzen-der der dortigen Krankenhausgesell-schaft bin, führt die aktuelle Entwick-lung zu einer akuten Gefährdung vonrund 2.000 der insgesamt 47.000 Stel-len in den 96 Krankenhäusern. Damitzeichnet sich eine Personalsituation inden Krankenhäusern ab, die aus Sichtder Patienten als unzumutbar bezeich-net werden muß. Denn nach Angabenvon Experten liegt die derzeitige perso-nelle Ausstattung der sächsischenKrankenhäuser ohnehin ca. zehn bis15% unter dem notwendigen Bedarf.

Zudem muß damit gerechnet wer-den, daß die sächsischen Krankenhäu-