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Weitere Untersuchungen fiber die Wirkung inkretorischer Driisensubstanzcn auf die )Iorphogenie. III. ~ber (lie Sprengung-der Harmonie der EntwicklungX). Von Werner Schulze. (Anatomisches Institut Wiirzburg.) ~Iit 27 Textabbildungen. (Einffeffangen am 1. Juli 1923.) Bei den bekannten Ffitterungsversuchen mit inkretorischen Drfisen- substanzen an Anurenlarven ist schon den ersten Beobachtern auf- gefallen, dab bei Verffitterung yon Schilddr[ise die Wirkung (Hemmung des Wachstums und Beschleunigung der Metamorphose) nicht alle Organe der Tiere gleichm~fiig betraf. AuI]er Gudernatsch haben vor allen Dingen Romeis und Cotronei auf diese ungleiehm~Bige Beein- flussung verschiedener Organe hingewiesen. Gleiche Beobachtungen, n~mlich differente Wirkung auf die einzelnen Organe, haben auch alle jene Autoren gemacht, die durch Ver~ndelxmg auBerer Milieu- bedingungen, z. B: von Temperatur, Sauerstoffgehalt und anorganiseh- chemisehen Substanzen des Wassers die Entwicklung yon Amphibien- larven experimentell ver~tnderten. Bei genauer Durchsicht der Literatur babe ich gefunden, dab zwar fast alle Untersucher der Entwick- lung yon Amphibienlarven, die die huBeren oder inneren Entwick- lungsbedingungen der Versuchstiere im Experiment modifizierten, solche St6rungen der normalen harmonischen Entwicklung beobachtet haben. Schaut man sich abet darnach urn, ob eine gewisse Regel- maBigkeit vorhanden ist in bezug auf die Ar~ des Organes, das bei den versehiedenen Versuchsbedingungen am schnellsten und st~trk- sten reagierte, so macht man die Feststellung, dab einerseits die- jenigen Organe am ehesten ver/indert werden und am st~rksten reagieren, die noch am wenigsten welt ausdifferenziert sind, anderer- seits diejenigen Organe am st~rksten beeinfluBt werden, die bei den verEnderten Versuchsbedingungen eine erhShte funktionelle Bedeutung ffir den Gesamtorganismus bekommen (Oskar Hertwig, Doms und Hart- mann). Ein Zusammenhang zwisehen der Herkunft der Organe in 1) Uber die dieser Arbeit zugrunde liegenden Versuchscrgebnisse habc ich im April dieses Jahres in einem Vortrag in dcr Biologischen Gescllschaft in Kopcnhagen berichtet.

Weitere Untersuchungen über die Wirkung inkretorischer Drüsensubstanzen auf die Morphogenie

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Weitere Untersuchungen fiber die Wirkung inkretorischer Dri isensubs tanzcn auf die )Iorphogenie.

III . ~ b e r (lie Sprengung-der Harmonie der EntwicklungX). Von

W e r n e r Schulze. (Anatomisches Institut Wiirzburg.)

~Iit 27 Textabbildungen.

(Einffeffangen am 1. Juli 1923.)

Bei den bekannten Ffitterungsversuchen mit inkretorischen Drfisen- substanzen an Anurenlarven ist schon den ersten Beobachtern auf- gefallen, dab bei Verffitterung yon Schilddr[ise die Wirkung (Hemmung des Wachstums und Beschleunigung der Metamorphose) nicht alle Organe der Tiere gleichm~fiig betraf. AuI]er Gudernatsch haben vor allen Dingen Romeis und Cotronei auf diese ungleiehm~Bige Beein- flussung verschiedener Organe hingewiesen. Gleiche Beobachtungen, n~mlich differente Wirkung auf die einzelnen Organe, haben auch alle jene Autoren gemacht, die durch Ver~ndelxmg auBerer Milieu- bedingungen, z. B: von Temperatur, Sauerstoffgehalt und anorganiseh- chemisehen Substanzen des Wassers die Entwicklung yon Amphibien- larven experimentell ver~tnderten. Bei genauer Durchsicht der Literatur babe ich gefunden, dab zwar fast alle Untersucher der Entwick- lung yon Amphibienlarven, die die huBeren oder inneren Entwick- lungsbedingungen der Versuchstiere im Experiment modifizierten, solche St6rungen der normalen harmonischen Entwicklung beobachtet haben. Schaut man sich abet darnach urn, ob eine gewisse Regel- maBigkeit vorhanden ist in bezug auf die Ar~ des Organes, das bei den versehiedenen Versuchsbedingungen am schnellsten und st~trk- sten reagierte, so macht man die Feststellung, dab einerseits die- jenigen Organe am ehesten ver/indert werden und am st~rksten reagieren, die noch am wenigsten welt ausdifferenziert sind, anderer- seits diejenigen Organe am st~rksten beeinfluBt werden, die bei den verEnderten Versuchsbedingungen eine erhShte funktionelle Bedeutung ffir den Gesamtorganismus bekommen (Oskar Hertwig, Doms und Hart- mann). Ein Zusammenhang zwisehen der Herkunft der Organe in

1) Uber die dieser Arbeit zugrunde liegenden Versuchscrgebnisse habc ich im April dieses Jahres in einem Vortrag in dcr Biologischen Gescllschaft in Kopcnhagen berichtet.

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Weitere Untersuch. iiber d. Wirkung inkretor. Driiscnsubstanzert usw. III. 339

bezug auf ihre Ableitung von Grundeinheiten des Embryos, den ver- schiedenen Keimblat tern, und der Starke der BeeinfluBbarkeit laBt sich aber bei den Experimenten an Anurenlarven nach Verlassen der Keimhiillen bei dieser Durchsieht der Literatur nicht feststellen.

Bei meinen experimentellen Untersuchungen an Anurenlarven, bei denen ich durch Athyreose oder Hyperthyreosc eine Starung der normMen Entwicklungsvorgange erhielt, konnte ich nun eine gewisse Beziehung zwischen der Abstammung der Organe yon den einzelnen Keimbl~ttern und ihrer Beeinflui]barkeit durch valliges Feh[en oder dnrch ein Zuviel yon Schilddrfise im Organismus des Versuehstieres feststellen, woriiber ich im folgenden beHchten will.

Eine vollsti~ndige Athyreose erhhlt man bei Anurcnlarven durch die radikale Exstirpation der beiderseitigen Schilddrfisen. Uber die im AnschluB hieran auftretenden Veranderungen, n~mlich ~)bedingte Neotenie<( in den ersten neun Monaten naeh der Operation, habe ieh in meiner zweiten Mitteilung in diesem Archiv im Herbs t vergangenen Jahres berichtet. Bei langerer Dauer der Beobachtungszeit treten Veranderungen am vallig thyreopriven Versuchstier auf, die ich heute erg~nzend beschreiben muB, und die eine radika[e Starung der nor- malen Entwicklungsharmonie darstellen.

Wahrend die Erreichung einer Athyreose durch die radikale Ent- fernung der Schilddriisenanlage auch theoretisch unangreifbar ist, vet- halt es sich anders mit der Erzeugung einer Hyperthyreose. So sagt Gley noch 1921 in seinem kurzen AbriB fiber die inkretorischen Drfisen, dass die Erzielung einer echten Hyperthyreose bisher noch nicht ge- lungen sei, wobci er sich auf die bis dahin bekannt gewordenen Schilddriisenfiitterungs- und hnplantationsversuche bezieht. Er ist der Ansicht, dab man es bei der Resorption von Schilddriisensubstanz vom Darmkanal a u s und bei d e m raschen Abbau auch arteigener Schilddriisenimplantate im Saugerorganismus nicht nur mit quantita- riven Veranderungen des inkretorischen Gleichgewichts in bezug auf die Schilddriise zu tun habe, sondern dal~ dabei auch stats qualitative Abweichungen anzunehmen seien. Ein ahnlicher Einwand 15f~t sich a priori bei den Schilddriisenfiitterungsversuchen yon Guderneltsc]~, Romeis, Abderhalden und anderen an Amphibicnlarven machen. In meiner vorl~ufigen Mitteilung in der Kiln. Wochensehr. (Jahrg. 1, Nr. 18) habe ieh schon darauf hingewiesen, wie ich versucht habe, exl)eri- mentell bei Anurenlarven eine rein quanti tat ive Verschicbung des Thyreoideagleichgewichts im Sinne einer Hyperthyreose durch Implanta- tion arteigener Schilddriisen zu erzielen. Bekanntlich zeiehnen sich die Amphibienlarven dadurch aus, dab bei ihnen homoioplastische Transplantationen auf Dauer gelingen (Born u.a.). So heilen auch art- eigene Schilddriisen erwachsener Bombinatoren, die man auf Larven

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340 Werner Schulze: Weitere Untersuchungen fiber die Wirkung

derselben Art iiberpflanzt, reaktionslos ein und bleibcn w~hrend der ganzen :Dauer der Versuchsperiode vSllig oder wenigstens zura groI3en Tell unverhndert. Ieh glaube, dab man so bei dieser Versuchstechnik der Erzielung eines cehten Hyperthyreoidismus ziemlieh nahekommt. AuBer solchen arteigenen Schilddrfisentransplantationen habe ich ouch Transplantationen artfremder Sehilddriisen vorgenommen (Rinder-, nor- male menschliche Schilddriise und Basedowstruma). Die Ergebnisse der Transplantationsversuche und ihr Vergleieh mit den bekannten ]~'iitterungsve~suchcn der Autoren, die ich ebenfalls ausfiihrtd, lassen

durch ihre ~bereinstimmung in wesent- lichen Punkten die Bedeutung der ]~'iitte- rungsversuehe als Mitre1 zur Erzieiung einer Hyperthyrcose erkennen. Bei den Sehilddr~sentransplantationstieren tritt wie bei den Fiitterungstieren eine Hem- mung des Wachstums und eine starke Beschleunigung der Metamorphose auf. Die genaue Untersuchung der Tiere in histologischen Querschnittserien best~- tigt den schon makroskopisch erkenn- baren Befund, dal3 bei der Hyperthyreose ebenfalls eine vollsti~ndige Sprengung der normalen Entwicklungsharmonie auf- tritt. Die Ergebnisse der Exstirpations- versuche an Rana/usca-Larven und die Implantationsversuche an ]3ombinator- Larven, also Tieren einer anderen Anuren- art, bilden so schSne Gegenstiicke, dal3 sieh bemerkenswerte allgemeinere Schlul3-

Abb. t . Frel3al)lmr~tt eiaer n~rmalen folgerungen daran ankniipfen lassen. 2"~tscr Etwa 3~< vergr. V o n den Versuehslarven meiner

Exstirpationsserie yon Fusca- Larven vora Sommer 1921 behielt ich zwei Vcrsuchstiere, bei denen die Entfernung der Schilddriise restlos gelungen war, monatelang am Leben, wobei der Entwicklungszustand der Tiere zun~tchst volikom- men unveriindert blieb, whhrend sie gleichzeitig zu Riesenlarven heranwuehsen (II. Mitteilung in diesem Archly). Eines yon diesen Tieren erhiel~ nach dreimonatigem Verharren in diesem Zustand Schilddriisensubstanz zu fressen und gab mir durch das Einsetzen gewisser Umwandlungsvorg~nge das experimentum crucis fiir die Not- wendigkeit der Schilddrfise fiir die Metamorphose der Amphibienlarven (Arch. f. Entwicklungsmech. d. Organismen Bd. 52, H. 1 u. 2, Abb. 2 u. 3). Das zweite Tier blieb bis Anfang April des niichsten Jahres un-

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inkretoriseher Driisensubstanzcn auf die Morphogenie. HI. 341

ver~ndert und entsprach in seinem Aul]eren dem Bild vom November 1921, wie ich es in meiner II. Mitteilung gegeben habe. Es handelt sich um eine harmonisch gebaute Riesenlarve, deren K6rper und Kopfform und deren F~rbung vollkommen larval ist. Das Tier besal3 einen langen Ruderschwanz mit breitem Flossensaum, relativ kleine weir zuriickstehende Augen, an denen keine Lidfalten gebildet waren. Es hatte einen rein larvalen Frel3apparat mit Papillen, Hornzhhnchen, tlornleisten und -kiefern. Die hiIlteren Extremitiiten sind noch An-

Abb. ~2. Frel3apparat des thyreopr iven Versuchst iercs 1".~. Schwund und Abnutzung der Horn- kiefer und -zithnchen. Vergr. e twa 7:/~ >(.

fang April 1922 in ihrer Entwieklung unver~ndert im Vergleich zu dem Entwicklungszustand beim Operationstermin im Juni des vorher- gehenden Jahres. Sie sind abet im harmonischen Verhi~ltnis zur Zu- nahme der KSrpergrSl~e gewachsen. Beim Schwimmen machen sic leiehte Mitbewegungen. Mitte April 1922 gehen Ver~nderungen an der jetzt 13 Monate alten Versuchslarve vor sich. Das bisher sehr leb- hafte und gefri~13ige Tier wird matt , fri2t nicht und w/ihlt sich in den Sehlammboden des Aquariums ein. Die genaue Besichtigung zeigt merk- wiirdige Ver~nderungen und Abnutzung des larvalen Frel]apparates. Als absolute Neubildung in der Natur hatte das Riesentier bei seinem

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Wachstum einen seiner GrSl3e und Gestaltung nach harmonisehen larvalen FreI~apparat ausgebildet. Der larvale Kieferapparat der Anurenl~rven wird gewShnlich auch bei ungiinstigen Milieubedingungen nur in ganz seltenen Ausnahmef~llen l~nger als 3 - - 4 Monate gebraucht. GewShnlich wird er schon viel eher bei der Metamorphose abgeworfen und durch die bleibenden FreI3organe ersetzt. Bei dem neotenischen Versuchstier (Protok. Nr. F25, 1921) ist der larvale Frel3apparat nach 13 mona- tiger Beanspruchung abgenutzt worden und wird nun als typisches Larvenorgan nicht mehr neu gebildet. Dies illustrieren die Abb. 1 und 21), yon denen das erste den Frel3apparat einer normalen Fusca- Larve auf der H6he seiner Entwieklung zeigt, w~hrend das zweite Bild die Abnutzungserscheinungen nach ]3monat iger Benutzung wiedergibt. W:~hrend die Papillen um die MaulSffnung herum in ihrer GrSl3e zwar etwas zuriickgegangen sind, jedoch erhalten blieben, sind die Hornz~hnchen und die ttornleisten und -kiefer des Tieres

Abb. 3. Thyreoprives Versuchstier F~:, nach der Fixierung. Maul-, Kopf- und KSrperform larval. Langer Ruderschwanz mit breitcm Flossensaum, dagegen grofle und weitentwickelte hintere Ex-

tremit/iten. Vergr. etwa 1~/,., X.

fast vollstiindig der fiber die normale Zeit hinaus dauernden mecha- nischen Beanspruchung zum Opfer gefallen. Der ganze Apparat gibt so den Anblick eines ~)Greisengebisses~. Es gelang mir, dem Tier noch eine Zeit lang Nahrung zuzufiihren, indem ich ihm eine ziemlich diinnbreiige Paste yon Trockenmilch und Eigelbpr~paraten mit kleinen Mengen von geriebenen und getrockneten Algen vermischt, anbot, die es gerne nahm. Im Mai traten dann weitere Veri~nderungen auf, die das bisherige Bild einer harmonisch gebauten, in ihrem Entwieklungs- zustand zuriickgebliebenen, Riesenlarve vSllig ver~nderten.

Zuni~chst wurde die Hau~ an der Ventralseite weialich und un- durehsichtig. Am Riicken traten die bei jeder glteren Larve vor- handenen Driisenl~ngswiilste sti~rker hervor. Gleichzeitig zeigten sich Ver/inderungen der hinteren Extremitgten, die beim Schwimmen starker mitbewegt werden. Sie werden l~nger, am Ober- und Unterschenkel zeigen sich kri~ftige Muskelwfilste. Auch die Zehen waehsen und die

z) Die Zeichnungen dieser Arbeit verdanke ieh Herrn Oberzeichner A. Vier- ling in Heidelberg.

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inkretorischer Drilscnsubstanzen auf die Morphogenie. IIL 343

Haut zeigt zahlreiche Driisenpunkte. Ob auch an den vorderen Ex- tremit~ten Ver~nderungen vorgehen, und ob sic beim Schwimmen und bei Abwehrbewegungen mitbenutzt werden, ist nicht sicher zu entscheiclen, da sic beiderseits unter dem Operculum liegen bleiben. D~bei beh~tlt das Tier seine ~ibrigen Larvencharaktere bei. Insonder- heit bleiben die KSrperformen und Pigmentierung, der lange Ruder- schwanz mit breitem Flossensaum und die Reste des larvalen Mund- apparates erhalten, wie die makroskepische Beobachtung zeigt. Die AnalSffnung liegt veto KSrperende entfernt in der ventralen Schwanz-

Fig. -~. Dorsa l - end "~'eli tralansic| l t dcsso]hen Versucbs t ie res F~:, ll;|c|l de r l*'ixil,rullg, (Vg|, Abb . 3 u n d Text.) Vergr. e t w a 1,85 des Origirm]s.

flosse. Einzig der Kopf scheint kfirzer (vgl. Abb. 3 u. 4). So ist das Bild der harmonisch entwickelten Ricsenlarve jetzt durch die Weiter- entwicklung der Extremiti~ten grob entstellt. Von Mitte Mai 1922 an verweigerte das Versuchstier auch die Aufnahme der besonderen Kost ; es wird matt . Am 19. Mai trit t an der Ventralseite vor dem After 0dem auf. Das Tier l~il~t sich 5fters an die Wasseroberfl~che treiben, we es senkrecht im Wasser steht und anhaltende angestrengte Atembewegungen maeht. Da in den folgenden Tagen das Tier neeh mat ter wird, und das 0dem an der Ventralseite zunimmt, wird es, um dem Absterben zuvor zu kommen, im Petersenschen Fixiergemisch eingelegt. Die Nachmessung vet seiner Fixierung zeigte, dal~ es in

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letz~er Zeit etwas k/irzer geworden ist. Die K6rperl/~nge hat um 1 und die Schwanzl~nge um 6 mm abgenommen. Die gr6f~te Breite des Tieres ist gleieh geblieben. Die auf den Abb. 3 und 4 auffallende Schrumpfung des Leibes ist bei der Nachhartung im Alkohol ent- standen.

])as Tier wurde in eine liickenlose Querschnittsserie (Serie 3, 1922) zerlegt, Einbettung fiber Tetrachlorkohlenstoff, Schwefel- kohlenstoff in Paraffin, Schnittdicke 10!1. F~rbung: Delafields H~- matoxylin, Methylenblau, Pikrofuchsin. Um es gleieh vorweg zu nehmen, die Schilddr/isen des Tieres waren beiderseits restlos ent- fernt. Im /ibrigen best~tigt der histologische Befund meine Beob- achtungen, die ich schon makroskopisch machen konnte. W[~hrend

Abb. 5. R i i ckenhau t yon F.,~. La rva le Epidermis , dickes, v ie l sch ieh t iges Cor ium m i t seh6nen senkrech ten ~aserz i igen . Vergr. 117 X. (Dio Grenze zwischen Ep ide rmis und Cor ium is t nach

dem Pr~iparat durch e inen Ieinen weil3en Str ich betont . )

ein Tell der Gewebe und Organe vtillig auf dem Larvenzustand ver- harrt, ist die Ausdifferenzierung bestimmter anderer Gewebe und Organe fiir sich weiter gegangen und entspricht dem Entwicklungszustand, wie man ihn nur bei den entsprechenden Organen yon FrSschen finder, die ihre Metamorphose hinter sich haben. So ergibt sich eine voll- kommene StSrung der harmonischen Entwicklung des Tieres. Die histologisehe Schnittserie des thyreopriven F~ habe ich verglichen mit Schnittserien von Tieren desselben Laichballens im Anfang und nach Vollendung der Metamorphose. Es zeigt sieh nun, dab die epithelialen Organe, insonderheit die Epidermis des Tieres, Gehirn und Riicken- mark, die Epithelien des Darmkanales, ferner die grol~en Anhangsdriisen des Darmes, die Kiemen, Lungen, Zunge und Frel~apparat larvale Ver- h~ltnisse zeigen. Im Gegensatz dazu ist die histologische Ausdiffe- renzierung bei der Keimdriise und dem Thymus, ferner auch das Wachstum der t typophyse und Epiphyse weiter gegangen. Die binde- gewebigen Teile der Haut, das Corium, ferner der ganze aktive und

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inkretorischer ])riisensubstanzen auf dic Morphogcnic. III. 345

passive Bewegungsapparat des Tieres sind ausdifferenzicrt. Die Vor- nieren sind zuriickgebildet und die Urnieren weiterentwickelt.

Auf einem bestimmten Entwicklungsstadium dec Ontogenesc cnt- spricht der Entwicklungszustand eines Organes odor Organsystcmcs dem der andercn innerhalb der physiologischen Varia, bilit~ttsbreite. Diese normalen Verh~tltaisse sind nun bier grob gestSrt. Nicht n u t ,

da{~ einzelne Organe, im Ganzen miteinander verglichen, vollkommc~ verschieden welt entwickelt sind, die Dissoziation dcr Entwickhmg betrifft aueh d~e einzelnen Bestandteile eines Organes, soweit sic yon verschiedenen Keimbli~ttern herstammcn. Das ist besonders deutlich an der Haut, bei der Epidermis und dem Cerium, wclchc vollst~ndig

Abb. 6, Entwicklung der Epidermi~ und Hautdrttsen, Au~differenzier~mg des Ceriums bei eim, m thyreopriven Tier mi~ Schilddriisennachiiit terung (F._,~). Vergr. 117)<. (Die Kerngrc~men in der

Epidermis sind nach dem Pritparat verstfirkt.)

dishaxmonisch entwickelt sind. Die Epidermis der dorsalcn Rumpf- haut besteht aus einer zweireihigen Lage platter Epithelze|len und enth~tlt bis auf die beiden dorsalen Driisenl'~ngswiilste nur erst wenige intraepidermale Drfisenknospen. Diese diinne larvale Epidermis ist ver- bunden mit einem Cerium, wie mail es so dick und differenziert bei einer derartig geringen Entwicklung der zugeh6rigen Epidermis sonst nicht finder. Es besteht aus zah]rcichen Lagen parallelfaserigen Binde- gewebes, die yon vielen senkrechten Fasern durehbohrt werden (Abb. 5). Der KSrper des Versuchstieres hatte einen hohen Turgor; vielleicht be- dingt~ er die starke Entwicklung des Ceriums mlt seinen zahlreiehen Lamellen and senkrechten Fasern. Fiittert man beim thyreopriven Tier Thyreoide~ nach (F24 Serie 1921), so verwandelt sich die ganze Riicken- haut in allen ihren Teilen. Die Epidermis wird vielschichtig. Die obcrstc Zellage verhornt. Es entstohen zahlreictm Drfisen, und das Cerium bildet die beiden periphercn kompakten Lagen and die dazwischcn gclegcnc Substantia spongiosa aus. Es zeigen diese VorgZ, tnge sehr sch6n die

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Abh~ngigkeit der epithelialen Hautelemente v o n d e r Schilddrfise und die Bedeutung ihres Inkretes fiir die sekundi~re Ausbildung der typischen Coriumschichten (Abb. 6). Die einzelnen Provinzen der Haut des thyreopriven Versuchstieres F2.5 differieren ebenfalls in ihrem Entwicklungszustand, wie es Abb. 7 zeigt. W~hrend, entsprechend der larvalen Epidermis, an der Bauch- und Rfickenseite des Tieres bis auf die dorsalen I)riisenl~,ngswiilste alle weiter entwickelten Hautdrfisen fehlen, zeigt dieses Ubersichtsbild fiber der hier getroffenen vorderen ExCremit~t, die unter dem Operculum liegt, eine anscheinend welt ent- wickelte Haut, die durch groBe, sch6n entwickelte serSse Driisen ausge- zeichnet ist. So ist fiber dem Bewegungsapparat der vorderen Ex-

Abb. 7. Differente E n t w i c k ] u n g yon l~f ickenhaut und t I a u t fiber vorderer Ex t remi t f i t (unter Operculum) bei _~::,. Vergr. 17 X.

tremit~t, der, wie die Abbildung zeigt, welt entwickelt ist, auch die tIaut zum Tefl in ihrer Ausdifferenzierung fortgeschritten. Die Untersuchung mit st~rkerer VergrSl3erung (Abb. 8) zeigt abet, dab hier die einzelnen Bestandteile der Haut verschieden weir sind. Nur das bindegewebige Corium und die in ihm gelegenen, zum grol]en Teil schon zur Zeit des Operationstermines abgeschniirten Hautdrfisen sind so stark aus- differenziert, wie es dieAbbildung zeigt. Das Corium, das in eine periphere und basale kompakte Lage und eine dazwischen befindliche spongiSse Schicht zerf~llt, ist auch viel welter als das Corium der Rficken- und Bauchhaut. Diese weitentwickelten bindegewcbigen Anteile der Haut fiber der Extremit~t werden nun yon einer ganz larvalen Epidermis bedeckt, die von zweireihigem plat ten Epithel gebildet wird. Wi~hrend so die Annahme nahe liegt, das in Abh~ngigkeit yon dem welt ent-

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inkretorischer Drfisensubstanzen auf die Morl)hogenie. III. 347

wickelten Bewegungsapparat die bindegewebigen Teile und die Drfisen der bedeckenden Haut zur Weiterentwicklung angeregt wurden, ist es besonders auffallend, dal~ die zugeh6rige Epidermis in ihrer Diffe- renzierung so welt zurfick ist, wie es der Vergleich mit der Ko'ntrollabbild. 9 zeigt. Hier finden wir bei einem Versuchstier, das nach Mil~- lingen der Thyreoidektomie die Metamorphose gerade beendet hat (12 b-Serie), eine vielsehichtige Epidermis mit verhornter oberfl~tchlichster Zellenlage, die einem aus- differenziertem Corium mit zahlreichen Drfisen aufsitzt. So ist beim Integument des thyreopriven Tieres aul~er einer dissoziierten Entwick- lung der verschiedenen Hautprovinzen auch ein vSl- Abb. S. Haut tiber vorderer Extremit~tt vo,~ F::, 1)(,i stiirkcrcr

Vergr. l)isharrnonie zwischen Epidermis tlll~l Corium m'bsI lig disharmonischer Ent- ])riisen. vergr. 150 3'(.

wicklungszustand der ein- zelnen Teile der Haut innerhalb verschiedener Regionen vorhandcn. Es ist die Sprengung der normalen Entwicklungsharmonie im Bereieh der Haut besonders auffgllig und zeigt am thyreoprivcn Tier bei v611igem Sistieren der Epidermis- differenzierung eine iso- lierte :Fortentwickhlng der bindegewebigenEle- mente und der sehon vorher abgeschniirten I)riisenanlagen, wahr- seheinlich in Abh~tngig- keit von dem darunter

befindliehenBewegungs- Abb. 9. Vielsctf ichtige EI)idt ' rmis m i t ve rhorn te r obemt(,r Zell- apparatdervorderenEx- lage, groBe Hau td r i i s en bei ausmetamorphos i~r le r K~mirollc zu tremit~t. Icherinnere a n F.~:,. Vergr. ~]3 ~(. (Entspr~'cht~nde Stellc der t l au t der vorderctl

Ext remiti t t . ) den Befund yon T a u b e

fiber die ortsgemiil3e Umstimmung von Transplantaten der Haut bei Tri- tonen dureh die Unterlagel). Der passive und aktive Bewegungsapparal

1) Nach neueren amerikanischen Untersuchungen yon Wil l iam t i . ('oh,, dit, mir leider nur im Referat zug~inglieh waren, ist das bei der Transplantation

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348 Werner Setmlze: Weitere Untersuchungen fiber die Wirkung

des thyreopriven Tieres ist ni~mlieh weir entwickelt. In Ubereinstimmung mit dem erhaltenen larvalen FreBapparat und dem larvalen Darm sind die zugeh5rigen Schiidelknorpel wohl erhalten. Die Kapseln des Geh6r -und Gleichgewichtsapparates sowie der Gehirnschitdel zeigen starke VerknScherung, wie sic Bur die Kontrolle Bach vollst~ndigem AbschluB der Metamorphose annMmrnd gleich stark aufweist (1210-Serie). Die WirbelkSrper, -bSgen und -qucrforts~tze sind ebenfalls so weit verknSchert wie beim fertigen Jungfrosch. Die vom WirbelkSrper eingeschlossenen Chordateile sind stark geschrumpft, ihre Querschnitte, besonders peripher, von dieken Bindegewebsfasern und zugeh6rigen Bindegewebszellen erfiillt. Der Stiitzapparat der vorderen Extremi-

t~tten zeigt VerknScherung bis in die Zehen hinein. Die Knoehenschalen am 0berarm- und Unterarm- knochen sind sehr dick. Ein weit entwickeltes Cleithrum ist der Suprascapula aufge- lagert. Die Muskulatur so- wohl der Extremit~ten wie auch des Rumples ist voll- st~ndig ausdifferenziert. Die Muskelfasern zeigen iiberall die typische Querstreifung. Bei einem Kontrolltier mit Bur partiell gelungener Ent- fernung der Thyreoidea (12c- Serie), das seiner KSrperform

Abb. t0. Weit entwickeltes Ovarium des thyreopriven Bach mit deE thyreopriven Tieres Fzn. Vergr. 33 X.

Tier verglichen werden kann, zeigt der Oberarm Bur eine ganz zarte Knochenmanschette. Eine Mark- raumbildung im Knorpel fehlt noch. In den peripheren Teilen der Extre- mit~t sind die Muskeln noch blastematSs, ohne Ausbildung der Querstrei- fung der Fasern. Von den inkretorischen Drfisen des thyreopriven Tieres

der tIaut bei Anurenlarven anders, tticr wu'd das transplantierte Hautstfick nicht yon der Unterlage beeinfluBt, sondern entwiekelt sich herkunftsgemi/l~. Da alle andern Befunde bei meineu Experimenten daffir sprechen, dab zwar weiter entwiekelte ~Epithel-Organe, ihr zugehSriges Stiitzgewebe zur Differen- zierung anregen, dab aber gerade, z.B. beim Darm des thyreopriven Tieres, die ausdifferenzierte Muskulatur das Epithel nicht zur Umwandlung bringt, mSchte ieh diesen einen Fall registrieren, ohne seine Bedeutung zu hoch an- zusehlagen, tticr mug die Thyreoidektomie bei jiingeren Larven ergi~nzend hinzukommen, bei denen noch nicht vor der Operation ein Teil der Hautdriisen der vorderen Extremitgt wenigstens sehon in Anlage vorhanden war wie bei F~.

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inkretorischer Driisensubstanzen auf dic Morphogenie. ]II. 349

zeigt die Keimdriise ein sehr welt entwickeltes Ovarium, dessen Keimzellcn entsprechend den Ovarien von ausmetamorphosierten Jungfr6sehen auf dem ~)Wachstumstadium(~ (Witscld) stehen. Die einzelnen Keimel)ithelien sind sehr groB, dotterhaltig und von isolierten Genitalstrangzellkapscln umgeben. Nur in der Peripherie finder man noch einzelne kleine Eizellnester. Einige der groBen Keimepithelien zeigen Merkmale der Degeneration (Abb. 10). Ho/mei#ter beobachtcte (nach Biedl) nach dcr Exstirpation der Schilddriise bei jungen Kaninchen am Ovarium neben degenerativen Ver~nderungen verfriihte Reifung zahlreicher Follikcl. Die Thymusanlagen entsprechen in ihrer Entwicklung ebenso wie die Keimdriisen denen des thyreopriven, mit Schilddriise naehgefiitterten Tieres (F24), das ieh in meiner vorigen Arbeit beschrieb. Die kleinen Thymuszellen sind fast vollst~ndig aus dem Quersehnittsbild ver- schwunden und nur noch in der Peripherie zu finden. Die epithe- liMen Zellen bilden Cysten, die unter Um- st~nden so viel Inhalt haben, dab die Epithel- zellen der Wandung fiach sind (Abb. 11). Die Thymusanlagen haben sich somit wie die Keim- driisen welter entwik- kelt. Die Hypophyse ist A~b. l i . Cys tenb i ldung in d e m T h y m u s yon F~:,.

Vergr . 233 X. sowohl ihrer Limge wie ihrem relativen Querschnitt (zum Gehirn) nach sehr groin. Die Zell- elemente des driisigen Absehnittes zeigen keine Besonderheiten. R~iflle. sah beim Warmbliiter nach Entfcrnung der Thyreoidea Hypertrophie der Hypophyse auftreten. Ebenso wie bei der Hypoi)hyse f~llt beim thyreopriven Tier die aul~erordent!iche GrSl]e der Epiphyse im Ver- gleieh mit den Kontroilen auf (Tabelle VII). Auch hier sind Besonder- heiten des histologischen Baues nicht zu erkennen.

Gehirn und R(ickemnark des thyreopriven Tieres zeigen Organ- systeme, wie sie ihrem Bau und ihrer relativen GrSBe naeh fiir Larvcn charakteristisch sind. Aus dem Umstand, da[] die Organo bis zu dem Tode des Tieres normal funktionieren, kann man aui]erdem den Riick- sehluB machen, dab sie in ihrem Funktionszustand dem Larventyp

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350 Werner Schulze: Weitere Untcrsuchungcn fiber die Wirkung

des Tieres ad~,quat waren. (Jber das Herz und das GefiiBsystem vermag ich in bezug auf die HShe der Differenzierung keine bin- dende Aussage zu machen, da mir hier vergleichende Untersuchungen noch fehlen. Jedoch zeigte das Tier bis kurz vor seinem Tode, wo 0dembildung an der Ventralseite auftrat, keine St6rungen, die man auf ein Versagen des Herzens und des Gef~Bsystems zuriickfiihren kSnnte. Im Bereich des Darmsystems im weitesten Sinne des Wortes ist die Sprengung des normalerweise harmonisehen Merkmalkomplexes wieder auBerordentlich deutlich. Soweit er nicht abgenutzt war, ist noch ein rein larvaler FreBapparat vorhanden. Die Zunge des Tieres ist auBerordentlich klein (wie bei i~lteren Larven), an der Oberflaehe finden sieh zahlreiehe kleinere Drfisenanlagen, in der Tiefe tr i t t die

Muskulatur noch rein blastematSs auf.

Das Darmrohr zeigt in seinem Anfangsteil und in seinem Endab- sehnitt den typischen Bau des Darmrohrs i~l- terer Froschlarven vor Eintr i t t der Metamor- phose. Der mittlere Tell des Darmkanals ist in seinem histologischen Aufbau auBerordentlich

Abb. 12. Darm yon F=. Larvales Epithel, Muscularisschichten interessant. Zun'~chst gebildet. Vergr. 83 X.

ist der Darm noch sehr lang und zeigt eine dreifaehe Doppelspirale. Das Epithel ist ein- his zweireihig, hoehkubiseh und lal3t st/~rkere F~ltelungen, ,)Epithel- cystenbildung(( und andere Merkmale der Metamorphose vollkom- men vermissen. Zu diesem larvalen Epithel steht die periphere Wand des Darmrohres in merkwiirdigem Gegensatz. Man findet eine deutliehe Verdiekung der peripheren Lagen der Darmwand im Vergleich mit einem Kontrolltier (12 c-Serie), das im Beginn der Metamorphose steht und an Stellen des Darmrohrs, die noch nicht in Umwandlung begriffen sind, gleiehe Epithelverhi~ltnisse aufweist wie F2~. Man finder eine deutliehe Ring- und L~ngslage von Darm- muskulatur, die yon der Serosa iiberzogen wird. Die Submueosa ist ebenfalls vorhanden. Bei dem Kontrolltier mit larvalen Epit.helverhi~lt- nissen fehlt die Ausdifferenzierung der Muskelschichten noch voll- stiindig (Abb. 12 und 13). So maehen wir hier die bemerkenswerte Erfahrung, dab aueh im Bereieh des Darmrohres das Epithel in seiner Entwicklung zur[iekgeblieben ist, wi~hrend sich die Muskelsehichten,

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inkretorischcr Driiscnsubstanzen auf die Morphogenie. IlI. 351

als Derivate des mittleren Keimblat tes, ausdifferenziert haben. So ist es zu einer Sprengung des normalen Komplexzusammenhanges gekommen. Dieser merkwiirdige Befund besitzt dadurch eine bcsondere Bedeutung, dab er mit der Ansicht Reichenow# iiber die VorgSnge am Anurendarm bei der Metamorphose unvereinbar ist. Reicheuow ist der Ansicht, dab primgr durch Verschiebung und Kontrakt ion yon MuskelzeUen bei der Metamorphose die Muskelschichten des Darmes entstehen. So sollen die ersten Umwandlungsvorgitnge bei dec Darm- umbildung die periepithelialen Elemente betreffen. Sekundgr sollen dann diese Vergnderungen die Umwandlungsvorg~tnge des E])ithel- rohres zur Folge haben. Dieser Ansieht Reichenows wird dutch den Befund ausgebildeter Muskelschichten bei lar- valen Darmepithelver- hgltnissen der Boden entzogen. Auch die spiegelbildlichen, spii- ter zu besprechenden, histologischen Befunde bei hyperthyreotischen Anurenlarven zeigen, dab offensichtlich das Epithel bei den Um-

wandlungsvorgiingen vorangeht und sekundgr die Ver~nderungen der bindegewebigen Elemen- te, die mit ihm verbun- den sind, zur Folge hat. Abb. 13. Typischer, larvaler ])arm eincr Anurenlarve. ],arvales

Die Leber des thyreo- El)ithel attf sehrnochZarternichtBindcgcwebsuntcrlage.gebildel. Vergr. 83 X.M uskclschit'hten

priven Tieres ist relativ grol3, welt verzweigt und pigmentarm, also larval. Das Pankreas ist relativ grol3 wie bei Larven. Die Kiemen sind noch voll ausgebildet, besonders in den dorsalen Partien. In den ventrMen Kiementeilen findet sich eine Schimmelpilzinfektion. In ihrem Bereieh ist das Epithel der Kiemen- zSttchen stark zusammcngesintert. Die Kicmengef~[3e sind prall mit Blut gefiillt. Niichst der Unm5glichkeit der Nahrungsaufnahme infolge Abnutzung des Kieferapparates halte ich diese Infektion der Kiemen mit fiir eine wichtige Todesursache, wozu nun allerdings noeh der ganze grol~e Komplex der Disharmonien, teilweise Fortentwicklung und teilweises Stehenbleiben der Organentwicklung, kommt. Es ist charakteristisch, daI~ auch hier ein Organ erkrankt ist, das sehr viel l~ngere Zeit funktionell beansprueht wurde, als es bei normahm

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352 Werner Schulze: Weitere Untersuchungen fiber die Wirkung

Frosehlarven der Fall zu sein pflegt. Das Epithel der Lungens~ckchen des thyreopriven Tieres unterscheidet sich seiner Struktur nach nicht von dem der Kontrollen. Die pcricpithclialen Lagen der Lungen- s~tckchen sind sehr dick. Sie bestehen aus zahlreichen unregelm/i]]igen Bindegewebslagen, die mit unregelm~fiigen Zfigen glatter Muskulatur abweehseln. Die Wandungen sind sehr gefi~8reich. ])as Epithel ist in Form 1Rnglicher Krypten und einfacher tubulfser Drfisensehl~uche in die dicken Wiinde der periepithelialen Lagen hineingewflbt. Die Vornieren von F25 sind vollstiindig zurfickgebildet, die Urnieren grolt und welt entwickelt. Bei den Sinnesorganen ergaben sich am Auge des thyreopriven Tieres bemerkenswerte ]3efunde. W~hrend Retina und Linse, die ja schon vor der Metamorphose welt entwickelt sind, gegenfiber den Kontrolltieren vor und nach AbschluB der Metamor- phose keine ]3esonderheiten zeigen, verh~lt es sich anders mi~ der Cornea. Beim thyreopriven Tier wie bei einer vollentwickelten Frosch- larve vor Metamorphosebeginn besteht sie aus einem flachkubisehen zweischiehtigen Epithel, das sieh auf einer dicken, kompakten, wenig gegliederten, parallelfaserigenBindegewebsl~melle mit wenigen Zellkernen aufbaut. Im Gegensatz dazu ist alas Epithel bei den Kon~rollen nach AbschluB der Metamorphose vielschichtig, die obersten Lagen der Zellen sind flach, die L~ngsachsen der gestreckten Zellen sind parallel zur Oberfl~che. ])as unter dem Epithel liegende Bindegewebe ist breiter, locker in der Zusammenlagerung seiner Fasern, und zeigt viele Bindegewebskerne. So zeigt die Cornea beim thyreopriven Tier ein Larvalbleiben des Epithcls. Die Driisen der Orbita sind bei F25 nicht entwickelt, auch fehlt die Bildung yon Lidfalten. So machen wir bei der (Jbersieht fiber den histologischcn Bau der Organe des thyreo- priven Tieres die merkwiirdige Erfahrung, dai] die epithelialen Ge- webe und Organe, soweit sie sich von dem ~u~eren und inneren Keimblatt ableiten, in der Entwicklung zuriickbleiben, w~hrend die Abk5mmlinge des mittleren Keimblattes in ihrer Entwicklung weiter- gehen. Nach vflliger Ausschaltung der Sehilddriise sistiert also die ]~'ortentwicklung der Gewebe und Organe der ersten Gruppe, wenn die Reizstoffe der Thyreoidea tehlen, der ,)Sensibilisator% der die Milieufaktoren als ~)formative Reize(( wirksam werden li~{]t (vgl. Herbst, Format. Reiz.). Eine Ausnahme bilden die Keimdriise und die Thymus- knftchen, ferner beziiglich ihrer Grffie die Hypophyse und die Epi- physe. So muB es nun often bleiben, ob die Fortentwicklung der Derivate des mittleren Keimblattes nach vflliger Ausschaltung der Schilddriise yon sieh aus geschieht, oder in Abh~ngigkeit yon den sich welter entwickelnden Ovarien. I)a wir aus den Untersuchungen Leo Adlers wissen, dal] die radikale Entfernung der Thymusdriisen ohne jede Bedeutung fiir die Weiterentwicklung yon Anurenlarven

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inkretorischer Driisensubstanzcn auf dic Morphog(,nie. IlL 353

ist, so liegt die Annahme nahe, dab ihre sclbst~ndige Umbildung zu Thymusdriisen, wie wir sie bei ausmetamorphosierten Fr6schchen finden, keine groi3e Bedeutung fiir die andern Organe des thyreopriven Tieres hat. Ich bin vielmehr der Ansicht, da~ die Weiterentwiekhmg der AbkSmmlinge des mittleren Keimblat tes in AbhSngigkeit v o n d e r welt entwickelten Keimdrfse gesehieht, wofiir auch die spiegelbild- lichen Befunde bei hyperthyreotisehen Tieren sprechen, bei denen die Entwicklung der Keimdriise und des ganzen Bewegungsapparates spiLt er zuriickbleibt.

Die makroskopischen und histologischen Befunde ~m hyperthyreo- tischen Anurenlarven, denen ich arteigene und artfremde Schilddriisc implantierte, verhalten sieh zu den Befunden beim thyreopriven Tier wie die Form zum Abgul3. Die einen sind das Negativ der andevn. Sie verleihen iiberhaupt erst den Befunden bei diesem Tiere Bedeu- tung. Ohne sie k/Snnte man cinwenden, dab es sieh bei den Befimden yon F,2~ um ~)zuf~tllige(* Beflmde an einem Einzeltiere handele. Gegen diesen an und fiir sich berechtigten Einwand spreehen die Befunde an Serien yon hyperthyreolischen Larven, die wir jetzt zu t)esl)reehen haben.

Die lmplantationsversuche babe ich schon im Sommer 192o an- gestellt und fiber einige Befunde in eincr vorF, tufigen Mitteilung in dem ersten Jahrgang der klinischen Wochenschrift, Nr. 18, 1922, kurz beriehtet. Die Versuche wurden an Bombinator-Larven angestellt, in mehrercu Versuchsserien. Die erste Serie umfaBt die Implantat ion arteigener Sehilddriise (e-Serie), die zweite Serie die Einpflanzung yon arteigenem Brunsthoden (e-Serie), die dritte Serie die Einpflanzung yon Rinderschilddriisenstfickchen in Unkenlarven (g-Serie), die vierte Serie die Einpflanzung yon mensehlieher Sehilddriise (h,-Scrie) und yon Basedowstruma (h:,,-Serie). Die DurchschnittsmaiJe der Tiere bei Versuchsbeginn und wahrend der Versuche sind aus den bcigcf/igten Mal3tabellen zu ersehen. Soweit sie nicht in Serien geschnitten wurden, habe ich sSmtliche Vcrsuchstiere unicr der Priiparierlupe untersueht. Es folge ein kurzer Auszug aus den Versuehsprotokollen.

1. Implanta t ion a r t e igener Thyreo idea (e-Serie). Nach Anstellung von Vorversuchen pflanzte ich am 6. VIII. 20 acht

gleieh groi~en und gleich welt entwickelten Bombinalor-Larven (Mal.~e siehe Tabelle I) je eine der bciden lateralen Schilddr/isen eines er- w~chsenen Bombinator rechtsseitig unter die I~iickenhaut, wobei ieh dic Tiere in Chloroformwassernarkose hielt. Die erwachsenen Entnahme- tiere wurden cbcnfalls narkotisiert. Nach vorsichtiger Freilegung dc.~ Zungenbeines exstirpierte ieh den Entnahmetieren den unteren medialen Zungenbeinfortsatz mi~samt der angelagerten Thyreoidea und den Enden

Archly f. m i k r . Ana t u. E n | w i c k l u n g s m e e h a n i k Bd. 101. ~.3

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354 Werner Schulze: Weit.ere Untersuehungen iiber die Wirkung

Tabelle I. Ma[3tabelle der c- und e-Tiere in mm.

Tiefl)ezeicimung : lange

Bombinator-Larven der I 10,0 e- u. e-Tiere bei Ver- suchsbeginn 6. VIII.

2. Gruppe: cs mitten in Urn- 6,0 wandlung fixiert ]

e~ in Umwandlung~ 8,0 fixiert

e12 metam., jedoch Sehwanz noeh nicht reduziert

] Gr. K6rper- Schwanzl~inge K6rper - breite A n m c r k u n g

el0 naeh m fixiert

8,0

12,5 I I

7,5 hintere Extrcm. unaus- diff. (Kegel)

: Stummel 5,0 7,0 hint. Extrem ausdiff. I

i 5 mm lang

8,0 5,0 hint. Extrem. ausdiff. schmaler 7 mm lang

Flossensaum

8,0

8,0 4,5 v. Extrem. 6, h. 10 mm sehmaler, ge- lang kriiuselter

l~lossensaum

4,0 v. Extrem. 5, h. 8,5 mm lang, von denin Serien gesehnittenen Tieren e7 und e~t s o w i e y o n

ela und el~ keine Mal~c angegeben

6,0 Kontrollen am Ver- suehsende noeh rein larval, da spi~te Jahres- zeit, kalte Witterung und letzter Laich

6,5 aus denselben Griin- den nieht welter ent- wiekelt.

2,0 kurzer

Stummel

Kontrolle: 10,0 13,0

Ebcnso e-Tiere (Hoden- 11 14,5 impl.) Durchschnitt

der in dieser Gegend anse tzenden Muskeln. Die mi ten t fe rn ten Knorpel-

und Muskelsti ickchen waren sehr klein und d ienten zum Anfassen der

Imp lan t a t e bei der Uber t ragung, um d~bei die Schilddriise sicher zu

schonen. Die Opera t ionswunden der erw~chsenen E n t n a h m e u n k e n

werden sorgfMtig mi t Haaren zugen~ht und die Tiere in e inem grof~en

Aquar ium geh~lten. Sie sind zun~chst sehr munter , gehea abe t Mle

in den n~chsten 3 Wochen un te r Ausbi ldung eines 0 d e m s zugrundel) .

1) Diese Beobaehtung ~n den thyreopriven erwachsenen Bombinatoren steht in Widersprueh mit den Befunden yon Gayda nach Thyreoidektomie bei er- wachsenen t~anae, stimmt aber nach Gayda mit den Exstirpationsergebnissen yon Christiani bei Reptilien fiberein.

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inkretorischer Driisensubstanzen auf die Morphogenie. 11I. 355

Die Wunden der lmplantationslarven (e:--e14) werden mit Haaren zugen~tht. Die Tiere werden unter mSglichst optimalen und gleich- m~13igen ~tuBeren und Fiitterungsbedingungen gehalten, wie ich es 1921 in meiner ersten Mitteilung in eben diesem Archiv beschrieben habe. Ebenso die Kontrollen. Bei dem Entnahmetier ffir ela und el4 hatte ich bei der Entnahme die Sehilddriisen verfehlt. Die Tierc verhalten sich wie die Kontrollen, sie zeigen die Bedeutungslosigkeit der Einpflanzung yon Knorpel- und Muskelgewebe und seheiden fiir die Beurteilung aus. Die iibrigen Versuchstiere eT--el~ zeigen ein gleiehmhl~iges Verhalten, das in gewissem Gegensatz zu dem der Sehiiddriisenfiitterungstiere steht. L:Angere Zeit, 14 Tage lang, bis zum 20. VIII., lassen die Versuchstiere keinerlei Besonderheiten gegen-

Abl). i4. e~ (links) und eg, dazwischen Kontr(,Htier. Millimet.ermal3stab recll~s.

fiber den Kontrollen erkennen. Dann erst treten pl6tzlieh, w~ihrend die Kontrolltiere keinerlei Ver:~tnderung zeigen, die Merkmale einer beginnenden Metamorphose auf, die in den n~chsten 3 Tagen raseh deutlicher werden und zu beschleunigter Umwandlung fiihren. Im Gegensatz zu dem gewShnlichen Fiitterungsversuch verlituft die Um- wandlung zwar besehleunigt, aber nicht so atypiseh und iiberstiirzt, da6 die Tiere zugrunde gehen, sondern es gelingt, die Versuchslarven bis zum vollkommenen Abschlul3 derVerwandlung und noah 2 -- 3 Woohen dariiber hinaus am Leben zu erhalten. Die Reihenfolge der Umwand- lungsprozesse entsprieht der bei der gew/Shnliehen Metamorphose. Zu- n~ehst beobachtet man ein starkes Wacllstum und Ausbildung der Formen an den hinteren ExtremitSten. Gleiehzeitig setzt die Re- duktion der Schwanzl/inge, Schmalerwerden der Sehwanzflossensihlme und Verkiirzung des Kopfes ein. Der Kopf wird breit, es bilden sich

23*

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356 Werner Schulze: Wciterc Untersuchungen iiber die Wirkung

die Augenlidfalten, und die Haut wandelt sich urn. Wi~hrend die Um- wandlungsprozesse einsetzen, ist zunt~chst noeh der larvale FreBapparat eine gunze Zeitlang erhalten und die Darmspirale durch die Haut hindureh mit der Lupe erkennbar. Die Tiere nahmen wiihrend dieser Zei~ noeh Nahrung auf. Erst naehdem die Schwanz-Extremit~ten- ver~nderungen welter fortgeschritten sind, kommt es zum Abwurf des larvalen FreBapparates, Umwandlung des Maules und des Darmes, schon ~uBerlich erkennbar an der VerjiJngung des Leibes. Gleiehzeitig erfolgt eine ziemlich starke Reduktion der KSrpergrSBe. Abb. 14 zeigt die fixierten Tiere es und e~ w~hrend der Umwandlung, noeh vor dem

Abb. 15. ct~ in Ventralansicht . Links ein Hodenimplan ta t ions t ie r (c:), rcchts gleichalte Kott trolle. V(~rgl'. wie Abb. 14. Man beachte ]{umpfgrOBe im Verh~ltnis zu den Extremit / i ten mid

d~a ~,unterstfin(lige~ M~ml.

Durehbruch der vorderen Extremiti~ten. Die Tierc gleichen makro- skopisch Bombinator-Larven wi~hrend der Metamorphose. Beziiglich der KSrperproportionen und der Art der gleichzeitig ausgebildeten Merk- male seheinen sie bei makroskopischer Betrachtung harmonisch ent- wickelt zu sein. Die histologische Untersuchung von ev (Serie In) und die Lupenbeobachtung yon es und e, zeigt abet, dab doch bedeutende Harmoniest6rungen gegen/iber der normalen Umwandlung vorhanden sind. Anfang September vollenden elo, eu und e12 die Metamorphose, indem die vorderen Extremit~ten durchbrechen, der Schwanz reduziert wird und die Tiere an Land gehen. Diese ausmetamorphosierten Ver- suchstiere mit arteigenen Schilddrfisenimplantaten zeichnen sich schon makroskopiseh dureh StSrung ihrer GrSl~en- und Proportionsverhiflt-

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inkretorischcr ])rfisen.~ubstanzcn auf die Morphogcnic. 11I. 357

nisse aus (vgl. Abb. 15). lm ganzen sind sie abnorm klein~). Rumpf und Kopf sind relativ sehr groft fiir (tie kleinen, grazilen, ver- kriimmten Extremit~tten, mit denen sie nur unbcholfeq kleine Spriinge ausfiihren kSnnen. W~hrend also die Extremit~ten zu Beginn der Umwandlungsprozesse bet den Versuehstieren in Wachstum nnd Aus- differenzierung voran sind, bleibt das Wachstum und teilwcise aueh die Differenzierung bet dan weiteren Vorg~ngen zuriiek. AUl K6rper selbst ist der Kopf wiederum viel zu groft im Verh~ltnis zum Rumpf. Die Augen stehen stark hervor und geben den Tieren ein ,)basedowiihnliches Aussehen(, (Romei.s). Das Maul sitzt unterst~tndig an der Ventt'alseite und nicht am vorderen K/Srperpol. Es ist vollstYmdig zu cintra Froschmaul umgewandelt. Die F~rbung der Tiere ist die der fertigen Unke. Sehon makroskopiseh f~llt der auBerordentliche Drfisenreichtum tier Haut, be- sonders am Kopf und an der Dorsalseite des Rumpfes und den dorso- laterrrlen Seiten der Extremit~ten, auf. Dureh Stopfen mit Blattlituse,~ gelingt es, die ausmetamorphosierten Versuehstiere 8 - - 1 4 Tage am Leben zu erhalten. Dann wevden dig Tiere, deren Zwcrghaftigkeit be- sonders auffS~llt, und deren gest6rte Proportionsverhitltnisse den Tieren ein groteskes Aussehen verleihen, mat t und werdeu fiir die histologisehc~ Nachuntersuehung fixiert. Die Schnittserienunte,'suchung yon e~ ISerie 11) und die Untersuehung der iibrigen Tiere unter der Brans- Drfiner-Lupe zeigt, da[~ sieh nicht nur atypisehe Proportiousverh~lt- nisse finden, sondern daft auch eine verschieden weite Entwicklung der Gewebe und Organe vorhanden ist. Entsprechend der vorgertickten Jahreszeit sind die Kontrollen zun~ehst noch gew,'~ehsen. Sp:,tter ist. ein Entwieklungsstillstand aufgetreten. Sic werden noeh als vollstfin- dige Larven zusammen mit den ausmetamorphosierten Implantations- tieren naeh Ablauf der Versuchsperiode fixiert.

~. hnplanta t ion yon ar te igenem Brunsthoden (c-Serie). Anfang Juli and August desselben Jahres wurde bci je eincr

Gruppe yon 6 bzw. 8 Bombinator-Larvcn auf der HShe itlrer larvalen Entwicklung yon 18 bzw. 22 mm Gesamtl~nge je ein Stiiekehen Brunst- hoden eines Bombb~ator-M~nnchens rechts unter die l~/ickenhaut kranial yon der Sehwanzwurzel eingepflanzt. Bet der ersten Gruppe, bet der das eingepflanzte Stfick nieht besonders klein gewiihlt wurde, erweist sieh die implantierte Hodensubst.anz als stark toxiseh. In den ersten 3 Wochen nach tier Operation gehen filnf yon den seehs Versuchs-

~) Eine statistiseh-histologische Untersuchung iibt.r den Zusammenhang von Zwergwuchs und inkretorischem System, vor allcm dcr Schilddriisc, hat Friiu- lein Margarete JIeifiner, anatom, lnstitut Heidelberg, auf meinc Anrcgun~ dm'<,h vergleichsweise Bearbcitung yon Zwerghunden and normal grol~t,n Hun(h,n dcr- selben Rasse untcrnommen.

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358 Werner Schulze: Weitere Untersuchungen ~iber die Wirkung

tieren zugrunde. ])as sechste Versuchstier, bei dem das Implantat zuni~chst l~ngere Zeit durch die Riickenhaut durchsehimmerte, ver- wandelt sich einige Tage vor seiner Kontrolle, nachdem es wi~hrend seiner Larvenzeit weder durch GrSl~e noch Fi~rbung oder durch Ent- wicklungsbesonderheiten gegeniiber dem Kontrolltier aufgefallen war. Bei den acht Tieren der zweiten Gruppe wird das Implanta t mSglichst klein gew~ihlt, so daB es an GrSl~e ungef~hr einer Unkenschilddriise entspricht (1 m m i m Kubus). Von diesen Versuchstieren stirbt eines einige Tage nach der Operation, wohingegen die fibrigen Tiere sich w~hrend der achtwSchigen Versuchszeit in keiner Weise von den

Kontrolltieren unterscheiden (Abb. 16). Nach dieser Beobachtungszeit werden die Tiere gleichzeitig mit den Kontrollen fixiert (MaBe vgl. Tabelle I). Die vorgerfiekte Jahreszeit und auch der Umstand, dab die Tiere yon sp~ttem Laich stammen, haben bewirkt, dab innerhalb der Versuchsfrist weder Versuchs- noch Kontrolltiere die Metamorphose voll- enden. Die histologische Schnittserienunter- suchung von c7 (Serie 7) besti~tigt, dal~ sich die Tiere in keiner Weise von den Kon- trollen (Schnittserie n) unterscheiden. So best[ttigt dieser Versuch das negative Er- gebnis von Hodenfiitterungsversuchen Guder- natschs an Anurenlarven. Auf dem larvalen Entwicklungsstadium zur Zeit der Opera- tion sind die Keimdriisen zwar schon an- gelegt, aber noch nicht in best immter Rich-

Abb. liL c: (Hodenimplantationstier)tung ausdifferenziert. Zu dieser Zeit sind mit freipr~tpariertem Implantat . die Gewebe des Tieres noch nicht fahig,

Vergr. 3~/:~ ~(. auf den durch die Hodenimplantat ion ge-

setzten Reiz anzusprechen. Es liegt nahe, daraus den SchluB abzuleiten, dalil zu best immten Zeiten der Morphogenese nur bestimmte inkretorische Driisen ffir die Bildungsvorg:~tnge yon Bedeutung sind, worauf ich schon auf Grund anderer Befnnde in meiuer ersten Mitteilung in diesem Archly hingewiesen habe. Auch BabaIc hat sich in ~thnliehem Sinne ge~ul3ert.

3. Einpflanzung von Rinderschi lddr i ise in Bombina to r l a rven (g-Serie). Als es sich Ende August 1920 herausstellte, dab die Einpflanzung

arteigener Schilddriise bei Bombinator-Larven gut gelingt und eine beschleunigte, atypisch verlaufende Metamorphose und Entstehung yon Zwergtieren zur Folge hat, habe ich trotz der vorgeschrittenen Jahreszeit,

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inkretorischer Driisensubstanzen auf die Morphogcni(,. IIL 359

da mir noch Versuchstiere zur Vel~iigung standen, die vergleichsweise Implantation von Rinderthyreoidea (g-Serie) und yon menschlicher, normaler Schilddriise (ha-Serie) sowie Basedowstruma (h~-Scrie) aus- gefiihrt. Ich pflanzte Schilddriisenstiickchen eincs eben geschlachteten l a/2j~hrigen Farren unter die Riickenhaut voll entwickelter Bombinalor- Larven. Die StiickgrSBe suchte ich mSglichst der yon einem arteigencn Thyreoidcaimplantat anzupassen, indem ich Wfirfel von mSglichst 1 mm Kantenl~tnge einpflanzte. Ictl zielte darauf ab, Wirkungsunter- schiede in bezug auf die Morphogencse festzustellen. Wie bei den Versuchstieren mit arteigenen Einpflanzungen wurden die Operations-

Abb. 17. gt und g~ (Rinderthyr. implantiert) mit gleichalter Konlrolle in der Mitte. (:estSrt(. Prop(,rtionen. (~dembildung. Vergr. vgl. Mil[imetermafistab rechts.

wunden durch HaarnShtc geschlossen. Die Implantate heilten reak- tionslos ein. lm Gegensatz zu den Schilddriisenfiittcrungsticren, bci denen besonders bei etwas hSherer Dosierung die Wirkung sehr rasch in Erscheinung tritt, dauerte es bei den Versuchstiercn 8 Tagc, ehe Besonderheiten zu bcmcrken waren. Dann aber setzten sehr starke Ver~nderungen ein. Die Tiere begannen eine sehr iiberstiirzte und atypisch verlaufende Metamorphose. Ich konnte keines der Versuchs- tiere bis zum vSlligen AbschluB der Umwandlungsprozesse am Lebcn erhalten. Besonders auffiillig war die sehr starke Reduktion dcr K6rpergr61~e und die rascll auftretende starke StSrung dcr KSrper- proportionen und 0dembildung. lhnen gegenfiber traten die gewShn- lich vorhergehenden Wachstums-und Differenzierungsvorgitnge an den hinteren Extremitiiten vollkommen zurfick (Abb. 17). Dic Erseheinungen

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360 Werner Schulze: Weitere Untersuchungen tiber die Wirkung

verliefen sehr stiirmisch, die Umwandlung des Maules, der rasche Ab- wurf des Kieferapparates und die starke Verjiingung des Leibes sowie Riickbildung des Sehwanzes liel3en mil]bildete Formen entstehen. Die vorderen Extremitiiten blieben unter dem Operculum verborgen. Die Haut i~hnelt in Farbe und Giftdriisenreichtum der bei ausmetamorpho- sierten Unken. Die K6rperproportionen sind gestSrt. Der Rumpf tri~gt einen verhi~ltnism~13ig viel zu grolten Kopf mit welt vorsprin- genden Augen und breitem Manl mit stark ausgebogenem Unterkiefer und often freiliegender groger Zunge. Der Rumpf verjfingt sich nach dem Sehwanzende hin sehr stark und zeigt Keil- oder ,)Flaggen- wimpel(~-Form. Bei einigen Tieren hat der Leib Hantelform. Die hinteren Extremit~ten sind sehr klein, das 0dem an der Ventralseite des lCumpfes und der Obersehenkel ist sehr stark. Spontane Blut- ergiisse unter der Haut habe ich hier beobachtet. Nur einmal sah ich den Durehbruch einer vorderen Extremitiit, die sowohl nach GrSBe wie Differenzierung ,)nicht fertig(( war. Die Tiere wurden nach an- fSnglicher LTbererregbarkeit sehr matt und wurden zusammen mit den KontroUen, die noch vgilige Larvenform zeigten, Mitte September

Tabelle II. g-Tiere (Rinderthyr. impl.). Mal~tabelle in mm.

Tierbezeichnung I K6rper-l~ilgo Schwanzl~inge K0rper- Anll/er l,:u llgen bleite

I Rinderimplant.Tiere ! Gesamt- -- Larven. tiintere

bei Versuchsbe- liinge Extrem., unau~- ginn 26. VIII. 25 mm differcnz. Kegel

VersuchsabschluB i 9,0 6,0 wiihrend iiberstiirz- 10. X. g2 terunddisharmon.

! Metam. fixiert

7,5 ,> Stummcl~, ganz schmale Flossen-

saumreste

4,5 )~ Stummel(, mit

Flossensaumresten

ga 8,0 5,0 dass.

gr 6,0 4,5 dass. 3,0 sehr kleiner

Stummel

13,5 g- Kontrollen bei 11,5 7,5 Versuchsabschlu[t

Larven

fixiert (vgl. Tabelle II). Die histologische Nachuntersuchung (Serie c yon gl) zeigt, da0 auch in der histologischen Schnittserie die Un- gleichheit der Differenzierung der einzeinen Gewebe und Organe des Tieres sehr auffiillig ist. Ich hatte zuni~chst bei Beginn der Vet-

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inkretorischer Driisensubstanzea auf die Morphogenic. IlL 3(il

5nderungen den Verdacht gchabt, dab die Untcrschicde gegeniiber den Versuchstieren mit arteigenen Implantaten evcntuell dutch eine qualitativ andere Wirkung der artfremdcn Schilddriiscntransplant~te bedingt seien. Die Serienuntersuchung zeigt aber, da[3 eine quali- tativ andere Wirkung nicht notwendig anzunehmen ist.

Wie zu erwarten, wird das artfrcmde Iml)lantat (w~s aus dem histologisehcn Bihi hcrvor- geht) sehr viel schncllcr zer- st~irt und resorbicrt, wie das art- cigene, so dal~ die Versuchstierc in der Zeiteinheit viel mchr abgcbautc wirksame Sehild- driisensubstanz zugefiihrt er-

Ahb. IS. F~ese~-Larve, die nu t 24 Stun(lea Thyreoidea zu fressen erhielt . ( 'bers t i i rz tc Metamorphose . l 'ro- portionensverhii . l tnisse wenig und paral lel Abb. 1'5 u.

16 gestSr t . Vcrgr. 0 X.

Abb. 19. h~se'a-],arve, (li(~ S Tage mi t Rimlerthyre,~i(h~a gef i i t te r t wurde. !XI, Q0.) Vcrgr. l; )~. Kiirperproport iouel l s t a lk gt, s tSrt (Maul, K o p f : RUml)f , ],:x

t remitSfcn) . 0 d e m an Ventral~eite.

halten. Es spielt also offenb~r die Quantii~t der den tierischen Geweben zugefiihrten Schilddriisensubstanz eine Hauptrolle. Die Tiere mit art- eigenen Schilddriiseneinpflanzungen :~thneln weitgehend Schilddriisen- fiitterungstieren, die wenig und nur kurze Zcit Thyreoidea zu fressen bekommen (vgl. Abb. 18 mit Abb. 14 u. 15). Demgegenfibcr entsprieht die atypische Metamorphose und starke Reduktion von KSrpcr- und 8chwanzgrSl~e bei den Tieren mit artfremden Schilddr/iseneinpflanzungen den Vorggngen bei stark und lange mit Schilddriisensubstanz gcfiitterten Tieren (vgl. Abb. 19 mit Abb. 17 und den Bildern und Befundcn der Romeisschen Arbeiten). So bleibt es bedeutungsvoll, dal] einerseils art-

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362 Werner Schulze- Weitere Untersuchungen fiber die Wirkung

eigene wie artfremde Sehilddriiseneinpflanzung die Morphogenese bei anuren Larven prinzipiell 5hnlich beeinflul3t, und dal3 andererseits die Resultate den Erfolgen der Fiitterungsversuehe vergleichbar sind.

4. huplan ta t ion von menschl icher Schilddri ise (h~:Serie) und B a s e d o w s t r u m a (hfi-Serie).

Je drei Bombinator-Larven (Mal3e vgl. Tabelle I I I und IV) werden Stfickchen menschlicher Schi|ddriise und Basedowstruma von mSglichst ] cbmm GrSl]e unter die Riiekenhaut gebracht. Die menschliche Schilddriise s tammt yon einem 54j~hrigen, 12 Stunden vorher ver- storbenen Mann, die Basedowstruma war 2 Stunden vorher in der chirurgischen Klinik einer 50 j~thrigen Frau enlfernt worden. Wie art- eigene und Rinderschilddriisen heilen auch diese Implantate glatt ein und haben eine prinzipiell ~hnliche Wirkung, n~imlich Metamorphose- beschleunigung bei gleichzeitiger Wachstumshemmung. Dabei ver- halten sich beide Gruppen untereinander und auch gegeniiber den iibrigen Schi!ddriisenimplantationstieren verschieden. Bei den h(:-Tieren treten die Merkmale einer atypiseh verlaufenden, nicht bis zum Ende durchfiihrbaren Metamorphose schon sehr friih auf. Vom vierten Tage nach der Operation ab beginnen die Ver~nderungen mit beschleunigtem Wachstum und :Differenzierung der hinteren Extremit~ten. Diese Vor- g~nge kommen aber nach einiger Zeit zum Stillstand, und wie bei den Rinderschilddriisenimplantationstieren beherrschen Riiekbildung des Schwanzes, Schrumpfung des K6rpers, Abwerfen des larvalen FreB- apparates und VeIjiingung des Leibes das Bild, so dal3 die Tiere den g-Tieren ~thnlich sind. Wie dort kommt es nicht zur Vollendung der Metamorphose. :Die Sch~digungen sind so stark, dal3 noch vor voll- st~ndiger Riickbildung des Schwanzes und Hervorbrechen der vorderen Extremit~ten die Tiere fixiert werden mfissen, um sie der histologi- sehen Untersuchung zu erhalten (vgl. Tabelle III). Im Gegensatz zu den ha-Tieren treten bei den Unkenlarven mit Implanta ten yon Basedowstruma (hfl-Serie) die Ver~nderungen erst nach sehr langer Zeit auf und verlaufen nieht so raseh wie dort. Dabei treten Wachstum und Entwicklung der hinteren Extremitgten und Breiter- werden des Kopfes besonders hervor. Der Sehwanzflossensaum ver- schmi~lert sieh auch. Doch wird die Schwanzli~nge nicht so stark verkiirzt wie bei den h a- und g-Tieren. Der Leib verjfingt sich nicht so stark, und die Untersuchung unter der Pr~tparierlupe lg[3t keine stgrkere Verkiirzung der Darmspirale erkennen (vgl. Tabelle I I I und IV). Am 15. X. werden die Versuehe abgeschlossen und die Versuchstiere der h~-Serie, die Bombinator-Larven im Beginn der Metamorphose gleichen, fixiert. :Die schw~ehere Wirkung der Implantat ion von Base- dowstrumr~ st immt iiberein mit den Versuchsergebnissen yon Abelin

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inkretorischer 1)riisensubstanzen auf die Morphogenie. 111.

Tabe l l e I I I . h , , -Tiere . M a g t a b e l l e in ram.

363

! Ticrbezeichnung

Versuchs- und Kon- trolltiere bei Ver- suchsbeginnl3.IX. 1

Versuchstier, lebend gemessen 18. IX.

Lebendmage 24. IX.

h,, (fixiert nachVer- suchsablauf) 6. X.

h,..

Kontrollen (fixiert nach Versuchsab- lauf)

KSrper- Schwanzliinge i K6rl)er liinge I breite

13,0 13,5 - -

12,5 15,0 6,5

.A.LI nleL'k tllX gt+ix

Larven. HintereEx- tremitiit +Kegel+

i

9,0 6,0

7,0 6,0 (Stummcl mit schmalem Flosscn-

sanE)

6,0 i Umwandhmg ginnt

I I

5.0

Iw -

8,0 5,0 (,Stummcl mit schmMem Flosscn-

sanE)

5,0 I-Iintere Extremitiit. 3,5 mE.

9,0 10,0 5,0 Larvenform.

T a b e l l e IV. h : - T i e r e . Mag tabe l l e in m E .

T i e r b e z e i e h n u n g

Versuchs- und Kon- i trolltiere bei Ver- suchsbeginn 13.IX.

Versuchstiere. Lebendmessung :

24. IX. i I

Versuchstiere fixiert nach Versuchsschl. 15. X.

h :l

h :~

Kontrollen nach VersuchsabschluB

KSrper l~inge Schwanzl/inge K6rper-

I brt'ite

13,0 13,5

10,5

8,0

15 ,0

7,0 (schmaler 5,5 Flossensaum)

8,0 10,0 (schmaler 5,5 Flossensamn)

12,0 15,0 7,0

AlXll lpl 'kt l n g p l |

Larven, Hinterc Ex- t remitSten ~> Kegel <<

Veritnderungen schwS~cher als bei

iibrigen Thyr. impl. Tieren

Larvenfornlen

Page 27: Weitere Untersuchungen über die Wirkung inkretorischer Drüsensubstanzen auf die Morphogenie

364 Werner Schulze: Weitere Untersuchungen iiber die Wirkung

und Wegelin, die bei Fiitterungsversuchen feststellten, daf] kolloidarme Strumen bei der :Ffitterung an Froschlarven schw~chere Wirkung zeigen als kolloidreiche. Von den hu- und hj-Tieren wird je ein Tier in eine Quersehnittserie zerlegt (h~l-Serie 2, h/1-Serie 1). Die iibrigen Tiere werden unter der Braus-Driiner-Lupe untersucht. Die ebenfalls fixierten Kontrollen zeigen noch alle larvalen Merkmale. Die ausfiihrliehen PrS- parierlupenbefunde der nicht in Querschnittserien zerlegten hyperthyreoti- schen Versuehstiere gebe ich nicht in extenso wieder. Sie best~tigen die jeweiligen histologischen Befunde der Versuchstiergruppe, zu der sie gehSren. Nut soweit Besonderheiten auftreten, werde ich sie erwiihnen.

:Die mikroskopische Untersuchung hyperthyreotischer, in liickenlose Querschnittserien zerlegter Versuchstiere der einzelnen Gruppen zeigl wieder, wie stark die Gewebe und Organe der Versuchstiere in ihrem

Abb. 20. ILiickenhautvonc; . I (e la t iveGrSSevonGehi rnundAugeimVerh~i l tn i szum Querschnitt des Kopfes. Vielschichtige ~]i)iderlni~ und znhlreiche ser6~e Hautdrtisen. Ausdifferenziertcs, diinnes Corimn. u 58 X. (Die Kcrngrcnzen in der Epidermis sind nach dem Priiparat verst/irkt.)

Entwicklungszustand untereinander differieren. So zeigt sich bei der Haut der hyperthvreotischen Tiere bei genfigend langer Dauer der Ver- suchszeit eine auf~erordentlich weitgehende Vermehrung der Zellschichten der Epidermis. Ferner ist die Haut sehr driisenreich. Fast alle ge- bildeten Driisen sind serSse I)riisen, stellen also den Endentwicklungs- zustand der Amphibienhautdriisen dar. Im Gegensatz zu den epi- thelialen Bildungen der Haut sind die mcsodermalen Elemente des Coriums auf~erordentlich zart. Sie freten an Quantit~it sehr stark zu- riick. So finder sieh urn die Driisen herum nur sp~rliches Bindegewebe und glatte Muskulatur, und die basalen Lagen, wie auch das Stratum spongiosum des Coriums sind sehr dfinn (vgl. Abb. 20 und im Gegen- satz dazu das histologisehe Bild der dorsalen Kopfhaut bei einer Kon- trolle Abb. 21). In und unter der H~ut finden sich sehr reichlich

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inkrctorischcr Driisensubstanzen auf die Morphogenie. lII. 365

Pigmentzellen. Ihr reichliehes Vorkommen bei gleichzeitiger Vcrmeh- rung und vorgeschrittener Differenzierung allcr ektodermalen E|emente der Haut stiitzt die Annahme, dal3 die Pigmentzellen bier ektodermaler Herkunft sind. Die einzelnen I)rovinzen der Haut sind nicht gleichmSl3ig welt entwickelt. Entsprechend den gewShnlichen VcrhMtnisscn ist die Differenzierung der Haut an den Stellen des ticrischen KSrpers voraus, wo sie auch sonst zuerst und am st~rksten bemerkbar wird. So ist z. B. der Drfisenreichtum und die Vielschichtigkeit der Epidermis am aus- gesprochensten in der ])orsalhaut, vor allen I)ingen des Kopfes, ferncr an dem lateralen Umfang der vorderen Extremit~ten, und aueh an den Beuge- und lnnenseiten der Oberschenkel. Demgegeniiber k/Snnen andere Gegen- den, wie z.B. der Unterbauch, noch fast larvale HautverhSltnissc mit der Anlage zahlreicher I)riisenknospen zeigen. Es macht so den Eindruck, als wenn dutch die iiberstfirzten UmbildungsvorgSnge bei den hyperthyreoti- schen Tieren Differen- zen im Entwicklungs- zustand der einzelnen Provinzen eines und desselben Organes, der Haut, noeh starker her- vortreten als bei den normalen Entwicklungs- vorg~ngen. Vielleieht bietet sieh so die MSg- lichkeit, ~) Differenzie- rungsgefiille(~ iln Sinne v. Ubischs aueh i n l r Abh.~l. Kopfquerschnitt einergleichaltcnKontrolh' zu er(Abb. 2~).

~ 'ua Andrcs GrSBenverhSltnis Gchivn, Auge zu Kopf. Larva[c Epi- teren Larven leben in- ~lermis urn) b~rva|es Corium. Hautdriis(m m>eh nieht /Z~,|)ildt, t.

nerhalb eines Organ- vergr. 58 >(. systems durch l iyperthyreose der Versuehstiere bemerkbar und der Untev- suchung zug~nglieher zu machen. Wenn die Versuchsdauer nieht bis znm AbschluB der Metamorphose ging, wie z .g . bei den Tieren mit einge- pfianzter Rinder- und mensehlieher Sehilddriise, so sind die VeV, mde- rungen der Haut noeh nieht so stark, dal3 (lie weitest entwickelten Stellen schon den Befunden nach der Vollendung der Metamorphose entsprechen. Sie bieten Bilder, wie man sie gewShnlich bei Beginn der Umwandlung sieht. Die Epidermis zeigt ]ebhafte Zellteihmg und enth~lt viele Driisenknospen. Die vorerwithnten Stellen erst spiiterer Differenzierung der Haut zeigen noch rein larvale Verhiiltnisse.

Der passive und aktive Bewegungsapparat der Tiere mit impl~n- tierter Schilddriise entspricht in seinem Entwieklungszustand a uch bei Tieren, die makroskopisch den Abschlul3 der Metamorphose erreichten (el0--el~), nieht den Verhiiltnissen beim gew6hnlich ausmetamorpho-

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366 Werner Sehulze: Weitere Untersuchungen fiber die Wirkung

sierten Tier. Zwar ist das Stiitzgeriist bis in die Zehen hinein aus- gebildet, jedoch ist die Knochenbildung, besonders der peripheren Teile, nicht so welt wie bei den Kontrollen; die perichondral gebildeten Knochenschalen sind dfinner, an manchen Stellen, z. B. den Oberarm- knochen, hat die enchondrale VerknScherung noch nicht angefangen. Die Muskulatur ist meistens fertig und zeigt, typisch ausgebildet, quer- gestreifte Muskelfasern. Im Bereich der Vorderarme und Unterschenkel finden sich zum Teil noch Muskelblasteme. Besonders deutlich und auffi~llig gegeniiber der anfi~nglichen Wachstums- und Ausbildungsbe-

schleunigung der Extremit~ten bei allen hyperthyreotischen Ver- suchstieren ist dieses spiitere Zuriickbleiben der Entwicklung an den Extremit~ten der stark hyperthyreotischen Tiere mit

Rinderschilddriisenimplantaten zu beobachten. W~thrend bei diesen Tiercn als eines der ersten auffi~lligen Symptome des Ex- perimentes die hinteren Extre- mitSten zun~chst stark heran- wachsen, bleiben sie spi~ter in der Entwicklung vollkommen zuriick. Sie weisen gerade die ersten Anf~nge yon Knochen- bildung an Oberschenkel und Oberarm aut, wi~hrend der iibrige Stiitzapparat noch vollkommen

Abb. 22. Arteignes Thyrcoideaimplantat yon ett. Zahlreiche FoIlikel mit ihrenl Epithel gut erhalten, a u s Knorpel oder V o r k n o r p e [ b e - ebenso die mitiiberpflanz~cn Bindegewebssubstan steht. Sis auf die Muskeln des

zen. Vergr. 25 X. Schulter- und Beckengiirtels ist

die iibrige Muskulatur der Extremit~ten noch blastemat6s. Es ist auf fi~llig, dab dieses Zurfickbleiben in der Entwicklung bei den Extremitiiten nach anf~nglicher Wachstumssteigerung, wie es Romeis auch bei seinen schilddriisengeffitterten Tieren bei best immter Versuchsanordnung be- obachtet und beschrieben hat, parallel geht mit einem Zurfickbleiben der Entwicklung der Keimdriisen, wohingegen bei den vollkommen athyreotischen Tieren den welt entwickelten Keimdriisen ein wohl aus- differenzierter Bcwegungsapparat entspricht. Auch das Sch~delskelett und die Wirbel der Tiere mit implantierten Schilddriisen sind bei den e-Tieren (arteigene Schilddriise) nicht so weit entwickelt wie bei ausmeta- morphosierten Kontrollen. Soweit Knochenbildung beobachtet wird, ent- spricht sie den Verh/~ltnissen normaler Tiere im Beginn dec Metamorphose.

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inkretorischer Driisensubstanzen auf die Morphogcnie. IlL 367

Bei dell endokrinen Driisen interessiert vor allem der Erhaltungs- zustand der Thyreoideaimplantate. Bei den Tieren mit arteigener Schilddrfiseneinpflanzung zeigen sich die transplantierten Stiickchen histologisch wohl erhalten. Die FollikelepithelzeUen unterscheiden sich in nichts yon denen normaler Schilddriisen. Die Drhsensehl~uche selbst sind mit durch Pikrofuchsin leuchtend rot r Kolloidsubstanz ge- fiillt. Auch in den F~tllen, wo das Implantat im ganzen in den Rand- zonen stRrkeres Einwachsen yon Zellen des Wirtes erkennen l~tl3t, sind mindestens noch einige Follikelschl~uche voll- kommen erhalten. Auch die iibrigen mitfiber- pflanzten Gewebe, wie Knorpel, Bindegewebe und Muskulatur, sind histologisch wohl erhal- ten, die Knorpelgrund- substanz meistens nor- mal auff/irbbar. So ist histologiseh das Resul- tat der arteignen Schild- driisenimplant ationen

als aul3erordentlieh giin- stig zu bezeichnen. Man kann infolgedessen an- nehmen, dab bei den Tieren der e-Gruppe (arteigene Schilddriisen- implantation) die Her- stellung einer wahren Ityperthyreose erreieht .~hb. 25. Implan t i e r t e l~inderthyreoidea bei gl- VOllige Auf- i s t (vgl.Abb. 22). Gegen- 16s,J,,g und Untergang tics t . . . . . . p lant icr t .... Gewcbsstfiel . . . .

Vergr. 20 X. fiber diesen Befundcn bei den arteigenen Implantationstieren ist der Erhaltungszustand der artfremden Implantate ein denkbar schlechter. Die eingepflanzten Men- schen- und Rinderschilddriisenst/ickchen gleichen grol3en Triimmerhaufen. In dem eingepflanzten Gewebe sind die Zellen, besonders die Schilddriisen- epithelzellen, zugrunde gegangen. Bindegewebsstr~tnge umsehliel3en die Follikelhohlrgume, die von mctachromatischen Kolloidmassen ungleich- m~il3ig ausgefiillt sind. Von der Peripherie her wandern zahlreiche Wirts- zellen ein (vgl. Abb. 23). So sind die artfremden Drfisenimplantate schnell und vollst~ndig zugrunde gegangen. Da die Versuchszeit, vor allen Dingen bei den Rinderschilddriisentieren, die nicht bis zum Ende der Metamor-

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368 Werner Schulze: Weir,ere Untersuchungen iiber die Wirkung

phosc ~m Leben zu erhalten waren, eine kiirzere ist, so erhel|t daraus, dab bei diesen Tieren in der Zeiteinheit eine grSl~ere Menge yon Schild- drfisensubstunz dem tierischen Organismns aus den in der Aufl6sung begriffenen Implantaten zugeffihrt wird. So liegt die Annahme nahe, die Differenzen der Schilddriisenimplantationsversuche bei arteigner und ~rtfremder Schilddrfisenzufuhr ~uf cine st~rkere Abgabe wirk- samer Substanzen bei den Tieren mit artfremden Einpflanzungen zu- rfiekzuffihren. Die arteigenen Schilddrfisen der Versuchstiere sind auf- fMlig durch die im Verhitltnis zu den Kontrollen geringere Anzahl yon Follikeln im Querschnitt, fcrner dutch das niedrige Epithel und die st~irkere Auff~rbbarkeit der Kolloidsubstanz mit Pikrofuehsin, Resultate, die mit den histologischen Befunden bei den Fiitterungsexperimenten yon Romeis iibereinstimmen. W~hrend die arteigenen Schilddriisen- implantate auch histologisch d~s vSllige Gelingen der Transplantation zeigen, sind die iiberpflanzten arteigenen Hodenstfickchen zugrunde gegangen. Von den Keimzellen und ihren Vorstufen ist nichts mehr wahrzunehmen. Bindegewebe deutet die Form der Spermatocvsten an. So zeigt, schon das histologische Bild an, dab der arteigene Brunst- hoden fiir den larvalen Organismus einen FremdkSrper darstellt, der nicht wie die arteigenc Schilddrfise unter E[haltung seiner histologi- schen Bausteine einheilt, sondern ~bgebaut und dutch Bindegewebe ersetzt wird. Trotzdem durch diese Abbauprozesse die St, offe des im Abbau begriffenen Hodens in dem Larvenorganismus verteilt werden, haben sie doch keinen EinfluB auf Wachstum und Ausdifferenzierung. So wird dutch diese Experimente besonders deutlieh gezeigt, wie zu gewissen Zeitcn der Ontogenese nur bestilnmte inkretorische I)riisen Bedeutung fiir W~chstum und Ausdifferenzierung der Form besitzen.

Im Gegens~tz zu z~}flreichen anderen Organen sind die Keim- driisen der hyperthyreotisehen Tiere anch bei den Versuchslarven, die bis fiber die Metamorphose hinaus ~m Leben b|ieben, weit in der Ent- wicklung zuriick. Sic zeigen Bi|der eines noch vollkommen indiffe- renten Entwicklungszustandes, wie sie sieh bei den gleichalten Kontroll- l~rven finden. Wo eine Entwicklung in bestimmter Richtung schon zu erkennen ist, handelt es sich durchweg um ganz junge Stadien yon Hodenbildung, wobei ieh reich auf die Versuchsergebnisse und die Abbildungen der Witschischen Arbeiten stiitze. Die Thymusdriisen zeichnen sich nicht dutch GrSBenunterschiede gegeniiber den Kon- trollen aus. Ihr Entwicklungszustand ist ziemlich welt und entspricht bei den Tieren, die die Metamorphose abgeschlossen haben, dem bei ausmet~morphosierten Kontrollen. Die Hypophyse und Epiphyse wie auch die EpitheIkSrperchen zeigen keine Gr6ilendifferenzen gegeniiber den Kontrollen. Auch in ihrer Differenzierung bieten sie keine Be- sonderheiten. Diese 1Ubereinstimmung in B~u und Gr~il~e der iibrigen

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inkretorischer Driisensubstanzeu auf die Morphogenie. lII. 369

inkretorischen Driisen der hyperthyreotischen Tiere mit denen der Kon- trollen macht es wahrscheinlich, dab die beobachteten Besonderheiten an den anderen Organen dutch direkte Beeinflussung des tierischen Organismus yon seiten der eingepttanzten Schilddriise zustande kom- men uncl nicht fiber den Umweg durch die anderen inkretorischen Driisen (vgl. Tab. VII). Gehirn und Riickenmark der hyperthyreoti- schen Tiere sind in vielem auflerordentlich auff~llig. Zuni~chst zeigt sieh bei allen Tieren eine Inkongruenz der Weite des Schadel- raumes und der GrSl3e des Gehirns. Das Gehirn ist relativ zu grol3 und liegt der Kapselwandung eng an. Sein Querschnittsbild ist aus- gezeichnet durch eine aul3erordentlich starke H~ufung yon Nerven- zellkernen mit zahlrei- chen Mitosen, besonders in der Umgebung der Hohlraumsysteme. Auch in den Markschichten finden sich viele Kerne. Fiir dieses MiBverh~lt- nis zwischen Sch~del- weite und GehirngrSfle k6nnte man, analog den Befunden an den Ex- tremit~ten, ein Zuriick- bleiben der Entwicklung der Schgdelkapsel ver- antwortlich machen. Der Zellreichtum des Gehirns in allen seinen Abb. U4. Graphische Rekonstruktion der Enccphalo('clc bci t~:.

Beschreibung vgl. Text . Vergr. 12~/..,)<.

Abschnitten weist aber darauf hin, dal~, wie die ektodermalen Bestandteile der Haut, auflerdem auch das aus dem Ektoderm entstehende Gehirn bei den hyperthyreotischen Tieren eine starke Entwieklungsbeschleunigung erf~hrt, die sich in GrSBe und Zellreichtum ~ul3ert. So kSnnen beide Vorg~nge zu der beschriebenen GrSl3endisharmonie fiihren 1). In einem der von mir untersuchten F~tlle mit arteigenem Schilddriisenimplantat (eT) ist es infolge dieser Diffe- renz zwischen SchKdelweite und GehirngrSBe zur Ausbildung einer Encephalocele gekommen, wie die graphische Rekonstruktion zeigt

1) Wie ich aus einem Referat in den Springerschen Berichten entnehmc, hat jiingst ein amerikanischer Autor, Cooksey, ebenfalls ein Millvcrh~iltnis yon Sch~delweite und GehirngrSfle bei Anurenlarven beobachtet, die cr mit Schild- drfise geffittert hatte.

Archly f. mikr . Anat . u. En twick lungsmechan ik Bd. 10i. o J:

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370 Werner Schulze: Weitere Untcrsuchungen fiber die Wirkung

(Abb. 24). Sie geht v o n d e r linken Hemisphere aus und tr i t t durch das Foramen pro nervo optico des linken Parabasale (Gaupp) vor dem Sehnerven in die Augenh6hle. Dort senkt sie sich an den Augen- hShlenboden, wo der Prolaps zwischen Parabasale und Arcus subocu- laris des Quadraturns licgt und bis an die Schleimhaut des Schlundes heranreicht. An der Bildung des Prolapses ist yon der Hirnsubstanz der Nucleus basalis und Teile der Pars lateralis der linken Hemisphere samt der umgebenden weil~en Substanz beteiligt. Der Hirnprolaps hat einen m~l~ig diinnen Stiel. Auf mindestens 3/4 seines gesamten Um- ranges ist er deutlich yon Dura iiberkleidet. Von kaudal-lateral her

zieht ein Gefiil~ schri~g dutch die basalen Teile der Encephalocele hin- durch. So filhrt die Dis- harmonie im Entwick- lungszustand des Schh- dels und des Gehirns zur Entstehung einer Mil3bildung und liefert ein Beispiel, wie unter Umst~nden kausalge- netisch Mii~bildungen, auch mit erkennbaren groben Massenverlage- rungen, auf rein chemi- schem Wege durch StS- rung des inkretorischen Gleichgewichtes ausge-

Abb. 25. D a r m yon e7 in vol ler Umwand lung . Kle ine , engver- 16st werden k6nnen, zweigte Lebe r m i t s t a rke r in ter- und in t race l lu l i i re r P igmen t -

einlagerung. Vergr. S3• ohne da~ mechanische Faktoren als primate

Ursache anzusehen sind. Ferner ist interessant, dab diesc Mil~bil- dung formalgenetisch bei einer ziemlich welt entwickelten Larve, also spi~t, ausgelSst wurde.

He rz -und Gef~l~system in ihrem 'Entwicklungszustande konnte ich bisher leider noch nicht ausgiebig im Vergleich mit den Kontrollen untersuchen. Die friihe Ausbildung yon 0demen bei den starker und schneller reagierenden Tieren mit Rinder- und mcnschlichen Schild- driiseneinpflanzungen spricht aber ffir ein Versagen von tierz- und Gef~tl~system, zumal die Vornieren zwar vollst~ndig riickgebildet, die Urnieren abet schon ausgebildet und grol~ sind, so dal~ fiir die Ent- stehung des 0dems der uropoctische Apparat weniger in Betracht zu kommen scheint. Diese funktionell erschlossene Insuffizienz des Kreis-

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inkretorischer 1)riisensubstanzen auf die Morphogenie. lII. 371

laufapparates stimmt /iberein mit dem Zuriickbleiben der Entwicklung anderer Organe und Organteile, die mesodormaler Herkunft sind. Auch die spontanen Blutungen in dem Unterhautgewebe der Oberschenkel weisen auf eine mindere Entwieklung oder Sch~digung der GeftLl3e hin.

Der Darmapparat der hyperthyreotischen Tiere ist entweder in voller Umwandlung begriffen, wie bei den Tieren mit R inder -und Menschenschilddrfise, oder hat die Metamorphose abgeschlossen, wic bei den Tieren mit arteigenen Implantaten, die auch schon makro- skopisch die Metamorphose hinter sieh hatten. Bei allen Tieren ist der larvale Frel3apparat abgeworfen worden. Meist finder sich auch eine Verkiirzung des Kopfes, wie sie durch Riickbildung gewisser Sch~delknorpel ffir die Metamorphose charak- teristisch ist. In einigen FMlen bleibt diese Ver- kiirzung aber unvoll- kommen, so dal3 das gebildete Froschmaui nicht am vorderen K6rperende, sondern ~unterst~ndig(~ gelegen ist. B e i den Tieren, die sehr starke Ver~nde- rungen aufweisen, z. B. g-Serie mit Rinder- schilddriisenimplanta-

ten, ist auch die Um- wandlung des Unter- kieferknorpels eine un-

Abb. ~6. V61lig larwtler Darm einer rai l e, g le ichal ten 17nkvn- vollst~ndige und ent- lar,,', vergr. 83 X. spricht keinesfalls der GrSl~enverminderung der im ganzen kleiner werdenden Schilddriisen- tiere. So kommt es zur Ausbildung abenteuerlicher Verbiegungen des zu grof~en Unterkieferknorpels, die den MundschluLI erschweren oder unm6glich machen. Analoge Befunde haben Romeis, Cotronei u. a. bei Schilddrfisenfiitterungstieren erhoben. Die Zunge ist gro$ und zeigt an der Oberfl~ehe zahlreiche I)riisen und Papillenbildungen, denen die Ausdifferenzierung der gut entwiekelten quergestrciften Muskulatur der Zunge folgt. Die Driisen der Mundh6hle und des Schlundes sind voll entwickelt. Wie Abb. 25 im Vergleich zu gleich- alten Kontrollen (Abb. 26) zeigt, ist das Darmrohr in roller Um- bildung. Die Vielschiehtigkeit des Epithels, seine F:,kltelungen und die >>Epithelcystenbildung(~ zeigen die im Gange befindlichc Meta-

24*

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372 Werner Schulze: Weitere Untersuchungen fiber die Wirkung

morphose an, Submucosa- und Museularisschichten sind voll entwickelt. Whhrend sich bei den athyreotischen Tieren eine Entwicklung und Ausdifferenzierung der Muskelschichten ohne Ver~nderung des larvalen Epithels findet, ist bei den hyperthyreotischen Tieren die Umwand- lung des Epithels mit der Ausbildung der fertigen Submucosa und Muscularis vergesellschaftet. Der letztere Befund spricht dafiir, dab die Epithelverinderungen die Ausbildung der iibrigen Darmwand naeh sich ziehen, wohingegen die Betunde beim athyreotischen Tier erkennen lassen, da~ die Ausdifferenzierung der Muskelschichten auch ohne Epithelumwandlung auftreten kann. Beide Befunde sprechen gleichsinnig gegen die Reichenowsche Theorie des Umwandlungsge- schehens am Anurendarm. Die Vcrinderungen am Epithel sind often- sichtlieh die prim~ren und vermSgen die iibrigen Umwandlungsprozesse nach sich zu ziehen. Die Leber und das Pankreas der hyperthyreoti-

schen Tiere sind klein. Letzteres sehaut nicht mehr zwischen dem Darm hervor. Die Leberzell- ziige sind dieht, die einzelnen Epithetzellen klein, mit stark tingier- tem Zellplasma. Es findet sich starke intra- und interzellul~re Pigment-

Abb. 27. Comealcyste beieT. (Tier mi t acteignem Thyreoidea- ablagerung in diesem implantat.) Beteiligungde~s~imtlichen Cornealepithelschichten

am Au[bau der Cyste. Yergr. 267 X- Organ. Die Milz ist klein. Die kleinen Lymphzellen

iiberwiegen. Die Kiemen sind vollstindig zuriickgebildet, auch bei den Tieren, die makroskopisch den Abschlui~ der Metamorphose nieht erreichten. Die Lungens~ckchen zeigen eine aui~erordentliehe Viel- schiehtigkeit und Filtelung des Epithels, das yon einer dichten Zone von Bindegewebe und glatter Muskulatur umgeben wird. Die voll- stindige Riiekbildung der Vornieren und weite Ausbildung der Ur- nieren habe ich schon erw~hnt. Von den Befunden an den Sinnes- organen ist besonders auffillig die starke relative GrSl~e der Augen )m Verhiltnis zum ganzen Kopf, wie sie sigh schon makroskopisch aus den Photographien und aus dem mikroskopischen Querschnitts- bild (vgh Abb. 20 und 21) erkennen lil~t. Die Ausbildnng yon Retina und Linse ist bei Versuchs- nnd Kontrolltieren gleieh. Die Augenh6hlendriisen sind bei den Versuchstieren gebildet, wihrend sie bei den gleichalten Kontrollen fehlen. Gegeniiber den gleiehalten Kontrollen ist die Cornea in ihrer Entwicklung voraus. Das Epithel ist vielschichtig, die oberfliehlichsten Zellagen zeigen eine Orientie-

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inkretorischer Drhsensubstanzen auf die Morphogenie. llI. 373

rung der L~ngsa~hse der platten Zellen parallel zur Oberfli~ehe. Das bindegewebige Stroma ist vielsehichtig und aufgelockert, mit zahlreiehen zers~reuten Bindegewebskernen, im Gegensatz zu den Befunden bei den gleichaltrigen Kontrollen, wo eine einfache, aber sehr dicke und diehte Bindegewebslage unter einem zweischichtigen kubischen Epithel gelegen ist.

Die Entwicklungsbeschleunigung der epithelialen Elemente der Cornea ist so stark, dab sie in drei Fi~llen bei Tieren mit arteigenem und artfremdem Schilddriisenimplantat zur Entstehung yon Mif~- bildungen innerhalb des Epithels geffihrt hat, von denen ich eine in Abb. 27 wiedergebe. Es entstehen Cysten, die in ihrer bas~len Partie yon den basalen kubischen Epithelzellen der Cornea gebildet werden. Die oberflEchliehen Teile der Cystenwand bilden flachere Epithelzellen, wie sie den oberflEchlichen Epithelien der Cornea entsprechen. Im Inneren fmdet sich 5frets eine rein granulierte Masse, die sich mit Sehleim- farbstoffen zartblau tingiert. So sind diese Cysten Hautdriisen ~hn- lich. Entsprechend ihrer Herkunft aus dem allgemeinen KSrperekto- derm reagiert die Cornea auf den, dutch die Hyperthyreose gesetzten, iibermal3igen Differenzierungsreiz mit der Ausbildung yon Hautdriisen ~hnliehen Cysten.

Ergebnisse.

FaBt man die Resultate der experimentellen Erzeugung yon Athy- reose und I4yperthyreose bei ziemlich welt entwickelten Anurenlarven, die sich gegenseitig gut ergiinzen, zusammen, so wird die Abh~ngigkeit der Harmonie der Entwicklung von den inkretorischen Driisen beson- ders deutlich. Wird die Sekretion eines Inkretes dutch Exstirpation der kSrpereigenen I)riisen vollkommen unterbunden, oder geht yon einem arteigenen Implantat eine iiberm~Bige Sekretion aus, so geht die Entwicklung der einzelnen Teile des Organismus vollkommen aus- einander. Die epithelialen Organe und Organteile, vor a~lem soweit sie sich yore Ektoderm oder Entoderm herleiten, stellen ihre Weiter- entwicklung beim vollkommenen Ausfall der Schilddriise ein. Eine Ausnahme bilden die Keimdriisen, der Thymus und Epiphyse sowie Hypophyse. Entweder spontan oder in Abhiingigkeit yon diesen sich weiter differenzierenden inkretorischen Driisen entwickeln sich die mesodermalen Organe und Organbestandteile beim thyreopriven Tier weiter. W~hrend beim Darm diese Weiterentwieklung der Muskulatur keine Differenzierung des Epithels ausl6st, scheint die Ausbildung des Bewegungsapparates der Extremit~ten die Ausdifferenzierung des in seinem Bereich gelegenen Coriums und der Drfisen hervorzurufen, zumal wenn diese bei Versuchsbeginn sehon abgeschniirt sind. So k a nn dutch die Sprengung des normalen Komplexzusammenhanges

Page 37: Weitere Untersuchungen über die Wirkung inkretorischer Drüsensubstanzen auf die Morphogenie

374 Werner Schulze: Weitere Untersuchungerf fiber die Wirkung

Tabelle V. I. Modell der StSrung der harmonischen Entwicklung der Organe bei Athyreose.

(Quersohnittsbilder des Entwicklungszustandes.)

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: : = ~ Th3~eoprives u nach l~V'-' Monaten Larvenleben.

dutch Verschiebung des inkretorischen Gleichgewichtes die KausalitSt und Abhi~ngigkeit der Entwicklung yon Geweben und Organen der sp~teren Embryonalzeit aufgedeekt werden. In zwei schematischen Modellen babe ich versucht, die Ergebnisse iibersichtlich zusammenzustellen.

Legt man zu einer bestimmten Entwicklungszei~ einen Querschni~t durch den Entwicklungszustand einer normalen Anurenlarve, so stellt man einen bestimmten Entwicklungszustand der einzelnen Organe lest, die sich in ihrem Ausbildungszustand entsprechen. Solehe Querschnitts- bilder liefern uns die Normentafeln, die wir leider weder fiir die l ~ a n a -

Arten noch fiir B o m b i n a t o r besitzen. Innerhalb der physiologischen Variationsbreite stimmt die Entwicklung der einzelnen Organe fiber-

Page 38: Weitere Untersuchungen über die Wirkung inkretorischer Drüsensubstanzen auf die Morphogenie

201

inkretoriseher DrSsensubstanzcn auf die Morphogenic. III. 375

T~belle VI. II . Modell de r St6rungen der ha rmonischen En twick lung der Organe bei Hype r thy reose dutch I m p l a n t a t i o n a r te igner Thyreoidea .

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�9 : ~ Versuchst iere m i t a r t e ignen T h y r c o i d e a i m p l a n t a t e n naeh Ahlauf der Versuchsfr is t .

ein. In meinen Modellen will ich die Var ia t ionsschwankungen aul3er acht lassen. Man erh~lt in den Modellen, die als eine Ar t morpho- logischer Kons t i t u t i onsku rve gedacht s ind, eine gute ~ b e r s i c h t fiber die Sprengung der Ha rmon ie d e r En twick lung nach Ablauf der Ver- suchsper ioden (Tab. V u n d Tab. VI). Der gerad l in igen K u r v e ffir die Versuchst iere und Kont ro l l en zu Beginn der E x p e r i m e n t e en tspr ich t eine K u r v e mi t s t a rken Schwankungen zum SchluB der Versuchszeit . Hie r zeigt die Kurven l in i e bei den Versuchs t ie ren so grol3e Ausschl ige , d. h. Differenzen im En twick lungszus t ande der e inzelnen Teile des Organismus, dab diese im Vergleich mi t den Verh i l tn i s sen bei den Kon t ro l l t i e r en u n b e d i n g t aul]erhalb des Rahmens der physiologischen Var ia t ionsbre i te l iegen, selbst wenn das Feh l en der Normen ta fe ln nu t

Page 39: Weitere Untersuchungen über die Wirkung inkretorischer Drüsensubstanzen auf die Morphogenie

376 Werner Schulze: Weitere Untersuehungen fiber die Wirkung

rein schematische Grfflendarstellungen erlaubt. Ich habe die Organe und Gewebe naeh ihrer Entstehung aus dem ~ul3eren, mittleren und inneren Keimblatt gruppenweise zusammengestellt. Abgesehen yon den inkretorischen Driisen zeigt sich dabei, dal3 bei Athyreose die Diffe- renzierung der Derivate des inneren und i~ul3eren Keimblattes aus- bleibt, w~thrend die Abkfmmlinge des mittleren Keimblattes sich fort- entwickeln. Ein gerade entgegengesetztes Verhalten zeigt die Kurve fiir die hyperthyreotischen Tiere, bei denen sich entodermale und ektodermale Elemente entwickeln, w~hrend die mesodermalen Bestand- teile des Organismus eine Entwicklungshemmung zeigen. Bei solchen Geweben, die wie Retina und Linse sehon zu Versuchsbeginn in der Art ihres Aufbaues fertig sind, bleibt die Kurve natfirlich sowohl bei athyreotischen wie hyperthyreotischen Tieren, bei Versuchstieren und Kontrollen, zuriick. So zeigen diese graphischen Darstellungen be- sonders deutlich die Abh~ngigkeit der epithelialen Teile des Organis- mus yon der Sehilddriise und die Unabh~ngigkeit der t terkfmmlinge des mittleren Keimblattes yon der Sehilddriise, dagegen ihre vermut- liche Abh~ngigkeit yon dem Entwicklungszustande der Keimdrfisen und des Thymus. Von bestimmten Organen abgesehen verhalten sich einer- seits epitheliale Organe und Organteile andrerseits das Bindegewebe im weitesten Sinne und seine Derivate dem dutch Athyreose und ttyper- thyreose ver~tnderten Chemismus des Organismus gegeniiber als Einheiten.

Wie die zusammenfassende Mal~tabelle (Tab. VII) der inkretorischen Driisen der hyper- und athyreotischen Tiere zeigt, ist die Abhii, ngig- keit der epithelialen Elemente des Kfrpers yon der Thyreoidea bei Hyperthyreose eine direkte. :Die anderen inkretorischen :Driisen zeigen auffallenderweise keine gr613eren Schwankungen in ihren L~ngenmal3en gegeniiber den Kontrollen 1). Bei den athyreor Tieren finden wir eine exquisite iiberm~Bige Li~ngenentwicklung der Epiphyse und Hypophyse gegeniiber der Kontrolle, auch nach Thyreoideanachfiitte- rung. Diese iiberm~13ige L~ngenausbildung unterbleibt, sowie Reste der Sehilddriise stehen geblieben sind (12c-Serie). In dem Falle be- ginnt ja sowieso die Metamorphose wie beim normalen Tier. Die Thymusdrfisen beim thyreopriven Tier sind l~nger wie bei der Kon- trolle. Da bier aber die Schwankungen nicht sehr grol3 sind, daft man dem keine grfDere Bedeutung beimessen. Immerhin ist es auff~llig, dab bei Thyreoideanachfiitterung diese vikariierende Vergr6flerung des Thymus nicht mehr beobaehtet wird.

z) Einige Mal3zahlen der Hypophyse und Epiphyse von F2, und 12b- und 12c-Serie differieren mit den Angaben in meiner 2. Mitteilung. Es lieg~ dies daran, daft ioh erst mit zunehmender Ubung gelernt habe, den driisigen Lappen der ]-Iypophyse und die Epiphyse ganz sieher gegen die benaehbarten Organe abzugrenzen.

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378 Werner Schulze: Weitere Untersuchungen fiber die Wirkung

Die Dissoziierung der Entwicklung der einzelnen Teile des KSrpers lai3t gewisse Prozesse von Selbstdifferenzierung, die von anderen Autoren beobachtet wurden, besonders deutlich hervortreten. So geben unsere Experimente z .B. eine Erg~nzung zur Operculumfrage. Nach den Experimenten yon Braus kann bei Bombinator ein Perforationsloch im Operculum auch bei fehlender vorderer Extremit~t gebildet werden, so dal3 bier ein besonders schSnes Beispiel yon Selbstdifferenzierung vorliegt. Beim athyreotischen Tier liegt eine bis auf die Epidermis vollkommen ausgebildete Vorderextremitat unter dem Operculum. Trotzdem wird beim Fehlen der Sehilddriise des Tieres kein Perfo- rationsloch im Operculum gebildet. Die ausgebildete Extremiti~t be- sitzt also nicht einmal "die F~higkeit zur meehanischen Perforation. Wird aber Schilddriise an ein thyreoprives Tier verfiittert, so entsteht, wie ich in meinem zweiten Beitrag abgebildet habe, nach kurzer Frist das Perforationsloch, w~hrend gleichzeitig die Epidermis der Extre- mitis fertig entwickelt wird. So sind die 5brigen Faktoren nur bei Vorhandensein des Schilddriisensensibilisators f~hig, den Selbstdifferen- zierungsprozeI3 der Perforationslochbildung auszulSsen. Kreist das Inkre~ beim hyperthyreotischen Versuehstier in anomaler Menge im Organismus, so entsteht das Perforationsloch, auch wenn die darunter gelegene Extremit~t noch vollst~ndig unfertig ist. Eine schSne Par- allele dazu sind die ]3efunde, die Braus bei Esculentenlarven erhob, denen er die vordere Extremit~it als Knospe exstiqaiert hatte. Hier bildet sieh naeh diesem Eingriff ein Regenerat der vorderen Extre- miter, und es bildet sich ein Perforationsloch im Opereulum, noeh bevor das Regenerat vollst~ndig ausgebildet ist. Auch hier wird eine ~)nnfertige(( Extremit~t durch das Perforationsloch hindurch entbunden. Die noch nicht fertig entwickelte regenerierte Extremit~tt hat sicher nicht die Entstehung des Perforationsloehes bewirkt. So wird dutch meine Versuche die Selbst~ndigkeit und Unabh~ngigkeit der beiden Prozesse, einerseits Ausbildung der Extremit~t und andererseits Per- fora~ionslochbfldung im Opereulum, besonders sehSn deutlich gemacht. Tab. VIII gibt eine Zusammenstellung dieser Verhi~ltnisse.

Abgesehen von ihrer Bedeutung fiir die Aufkl~rung der Abhangig- keit einzelner Teile des sich entwickelnden Organismus von bestimmten inkretorisehen Driisen und abgesehen yon der MSglichkeit, durch die Sprengung des normalen Komplexzusammenhanges bisher verborgene abh~tngige Differenzierungen der sp~teren Larvenentwicklung bei Anuren aufzukl/iren, besitzen meine Experimente eine allgemeinere biologische Bedeutung in bezug auf die Frage der Kausalit~t yon Mil3bildungen und auf die Selbst~ndigkeit der Ausbildung epithelialer und mesen- chymaler Teile des Organismus. Wie die Ausbildung einer Encephalo- eele und die Entstehung drfisenahnlicher Cornealcysten bei hyper-

Page 42: Weitere Untersuchungen über die Wirkung inkretorischer Drüsensubstanzen auf die Morphogenie

inkretorischer Driisensubstanzen auf die Morphogenie. III.

Tabelle VIII . Operculum.

379

K6rper Vordere Ext remi t l l t Perforationsloch im Oper- Cuhlm

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1. Larval

2. Umwandlung von KSr- perform u. Organen in die des fertigen Frbsch- chens

3. Umwandlung yon KSr- perform u. Organen in die des fertigen FrSsch- chens

4. Uberstiirzte und dishar- monische Umwandlung n. Thyreoideaimplan- ration oder Fftterung

5. Umwandlung yon Kilr- perform u. Organen in die des fertigen Fr6sch- ehens

6. Kiirperform und zahl- reiche Organe nach Thy- reoidektomic noch lar- val

7. Beginn der Umwand- lung von KSrperform und der zuriickgeblie- bencn Organe des thy- reopriven Tieres nach Thyreoideafiittcrung

wachsende Knospe I noch nieht gebildet

fertig ausdifferenzicrtes entsteht Bcin

bei Bombinator- Larven vordere Extremit:ci~t als Knospe exstirp. (Braus)

~>unrcife(~, noch nieht Icr- tig ausdifferenzierte,vor- dere Extremitlt (oft

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vordere Extremit'~t bei Esculenta-Larven als

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gebildet, obwohl vordere Extremit[it oft noeh ~) Stummel (c

gebildet, obwohl Rege- nerat der vordcren Ex- trcmitSt noch nieht fer- rig entwickclt ist

wird nieht gebildet

Epidermis zeigt Z e U - entsteht jetzt sehiehtenvermehrung,

oberste Lage verhornt. Sonst wie sub 6b

thyreotischen Versuchslarven zcigt, k6nnen aueh auf zicmlich spi~tcm Entwicklungsstadium dutch bloI~e quant i ta t ive Verschiebung des inkre- torischen Gleichgewichtes so starke selbstii.ndige Entwicklungs- und Vermehrungsprozesse einzelner Gewebe des KSrpers einsetzen, dai~ grebe Massenverlagerungen und Mil]bildungen resultieren. Es k6nnen auch, wie bei der Cornea, Formbildungsprozesse auftrcten, zu denen die Po tenz zwar in den betreffenden Geweben vorhanden ist, normalcr- weise aber dutch andere unbekannte Fak toren unterdrfickt wird. Von denjenigen Autoren, die die inkretorischen Driisen fiir die J~tiologie der Blastome heranziehen, wird eine StSrung des ~)harmonischen Zu- sammenarbei tens von Epithel und Bindegewebe<~ fiir die Blastombil- dung verantwortl ich gemacht. Meine Versuche zeigen, wie eine Grund-

Page 43: Weitere Untersuchungen über die Wirkung inkretorischer Drüsensubstanzen auf die Morphogenie

380 Werner Schulze: Weitere Untersuchungen fiber die Wirkung

b e d i n g u n g d ieser T h e o r i e erffi l l t ist. D u r e h e in faehc q u a n t i t a t i v e

V c r s c h i e b u n g des i n k r e t o r i s c h e n G le i chgewich t e s w i rd se lbs tSndige

D i f f e r e n z i e r u n g u n d d issoz i ie r tes W a c h s t u m y o n B i n d e g e w e b e im wei- t e s t e n S i n n e u n d E p i t h e l i m V e r t e b r a t e n k 6 r p e r h e r v o r g e r u f e n .

L i t e r a t u r v e r z e i c h n i s .

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Page 44: Weitere Untersuchungen über die Wirkung inkretorischer Drüsensubstanzen auf die Morphogenie

inkretorischer Drfisensubstanzen auf die Morphogenie. III. 381

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(Die Spezialliteratur fiber die Beeinflussung der Entwieklung und Meta- morphose bei den Anurenlarven dutch Fii t terung mit inkretorisehen Driisen- substanzen ist, soweit ieh sic in die Literaturverzeichnissen meiner beiden emten Mitteilnngen in diesem Arehiv aufgenommen hahe, nicht noch einmal angegeben.)