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Zum Thema: Uronephrologie | Der Urologe [B] 6•2000 522 Zum Thema Die Nierenfunktion kann bereits höhergradig eingeschränkt sein, bevor klinische Routine- parameter (z. B. Kreatinin) aus ihrem Refe- renzbereich abweichen. Zur Abklärung der Progredienz und des Stadiums einer Nieren- insuffizienz dienen daher zum einen ana- mnestische und klinische Angaben des Patienten und zum anderen eine Reihe laborchemischer Untersuchungen. Dabei ist es mit relativ einfachen und auch günstigen Untersuchungen möglich, eine definitive Beurteilung durchzuführen. Die hier darge- stellten Parameter sollen dem klinisch täti- gen Urologen die Möglichkeit bieten, die Genese und Progredienz der Nierenfunk- tionseinschränkung zu beurteilen, um den Zeitpunkt für eine nephrologische Mitbe- treuung des Patienten gemeinsam festlegen zu können. In Deutschland leiden ca. 60.000 Pati- enten an terminaler Niereninsuffizienz und bedürfen daher einer dauerhaften Nierenersatztherapie.Weitaus mehr Pa- tienten jedoch leben mit einer mehr oder weniger stark eingeschränkten Nierenfunktion und den daraus folgen- den Morbiditätsrisiken. Betroffene Per- sonen werden oft erst in relativ weit fort- geschrittenen Stadien der Niereninsuf- fizienz durch Allgemeinsymptome wie Leistungsknick und Müdigkeit auffällig. Dabei kann die Nierenfunktion bereits über einen längeren Zeitraum stark ver- mindert sein, bevor es in Routinelabor- parametern (z. B. Kreatinin, Harnstoff) zu signifikanten Abweichungen aus dem Referenzbereich kommt. Daher soll im Folgenden auf verschiedene Parameter, die die Progredienz der Nierenfunkti- onseinschränkung charakterisieren, nä- her eingegangen werden. Dabei werden unterschiedliche klinische und labordia- gnostische Möglichkeiten hinsichtlich der chronischen Nierenfunktionsein- schränkung beleuchtet. Charakteristi- ken des akuten Nierenversagens und ap- parative Untersuchungsmöglichkeiten werden an dieser Stelle außer Acht ge- lassen. Klinische Parameter Der Patient mit eingeschränkter Nieren- funktion wird abhängig vom Ausmaß der Niereninsuffizienz durch Allgemein- symptome wie Müdigkeit und Abge- schlagenheit auffällig. Dies ist oft bereits durch die Anämie aufgrund der einge- schränkten Erythropoetinproduktion der Nieren begründet. Im weiteren Ver- lauf kommt es durch die Kumulation von harnpflichtigen Substanzen zu Sym- ptomen und Komplikationen der kom- pensierten Niereninsuffizienz bis hin zur manifesten Urämie. Anfangs klagen Betroffene über einen bitteren Ge- schmack und Appetitlosigkeit, was zu si- gnifikantem Gewichtsverlust führen kann. Im Stadium der Urämie wird dies durch Erbrechen und Durchfall aggra- viert. Hinzu kommen Symptome des ur- ämischen Pruritus, der allerdings am Beginn der terminalen Niereninsuffizi- enz selten im Vordergrund der Be- schwerden steht (Tabelle 1). Bei länger bestehender kompen- sierter Niereninsuffizienz kann es in ei- nigen Fällen durch den erhöhten Kno- chenabbau zu Knochenschmerzen kom- men. Dies resultiert aus dem Mangel an aktivem Vitamin D 3 , welches nicht mehr ausreichend in der Niere gebildet wird (s. unten). Befindet sich der Patient be- reits in der beginnenden Urämie, so kommt es zu Reizung und Entzündung der serösen Häute, was sich in Pleura- und Perikardergüssen widerspiegelt. Be- sonders der urämische Perikarderguss Zum Thema: Uronephrologie Urologe [B] 2000 · 40:522–524 © Springer-Verlag 2000 M. Nitschke · J. Steinhoff Abteilung Nephrologie, Medizinische Klinik I, Medizinischen Universität zu Lübeck Welche Parameter zeigen die Progredienz einer Nieren- funktionseinschränkung an? Dr. M. Nitschke Abteilung Nephrologie, Medizinische Klinik I, Medizinische Universität zu Lübeck, Ratzeburger Allee 160, 23538 Lübeck, E-Mail: [email protected] Tabelle 1 Klinische Parameter Leistungsknick Inappetenz, bitterer Geschmack Foetor uraemicus Übelkeit, Erbrechen, Durchfall Pruritus

Welche Parameter zeigen die Progredienz einer Nierenfunktionseinschränkung an?

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Zum Thema: Uronephrologie

| Der Urologe [B] 6•2000522

Zum Thema

Die Nierenfunktion kann bereits höhergradig

eingeschränkt sein, bevor klinische Routine-

parameter (z. B. Kreatinin) aus ihrem Refe-

renzbereich abweichen. Zur Abklärung der

Progredienz und des Stadiums einer Nieren-

insuffizienz dienen daher zum einen ana-

mnestische und klinische Angaben des

Patienten und zum anderen eine Reihe

laborchemischer Untersuchungen. Dabei ist

es mit relativ einfachen und auch günstigen

Untersuchungen möglich, eine definitive

Beurteilung durchzuführen. Die hier darge-

stellten Parameter sollen dem klinisch täti-

gen Urologen die Möglichkeit bieten, die

Genese und Progredienz der Nierenfunk-

tionseinschränkung zu beurteilen, um den

Zeitpunkt für eine nephrologische Mitbe-

treuung des Patienten gemeinsam festlegen

zu können.

In Deutschland leiden ca. 60.000 Pati-enten an terminaler Niereninsuffizienzund bedürfen daher einer dauerhaftenNierenersatztherapie.Weitaus mehr Pa-tienten jedoch leben mit einer mehroder weniger stark eingeschränktenNierenfunktion und den daraus folgen-den Morbiditätsrisiken. Betroffene Per-sonen werden oft erst in relativ weit fort-geschrittenen Stadien der Niereninsuf-fizienz durch Allgemeinsymptome wieLeistungsknick und Müdigkeit auffällig.Dabei kann die Nierenfunktion bereitsüber einen längeren Zeitraum stark ver-mindert sein, bevor es in Routinelabor-parametern (z. B. Kreatinin, Harnstoff)zu signifikanten Abweichungen aus demReferenzbereich kommt. Daher soll imFolgenden auf verschiedene Parameter,die die Progredienz der Nierenfunkti-onseinschränkung charakterisieren, nä-her eingegangen werden. Dabei werdenunterschiedliche klinische und labordia-gnostische Möglichkeiten hinsichtlichder chronischen Nierenfunktionsein-schränkung beleuchtet. Charakteristi-ken des akuten Nierenversagens und ap-parative Untersuchungsmöglichkeitenwerden an dieser Stelle außer Acht ge-lassen.

Klinische Parameter

Der Patient mit eingeschränkter Nieren-funktion wird abhängig vom Ausmaßder Niereninsuffizienz durch Allgemein-symptome wie Müdigkeit und Abge-schlagenheit auffällig. Dies ist oft bereitsdurch die Anämie aufgrund der einge-schränkten Erythropoetinproduktionder Nieren begründet. Im weiteren Ver-lauf kommt es durch die Kumulationvon harnpflichtigen Substanzen zu Sym-

ptomen und Komplikationen der kom-pensierten Niereninsuffizienz bis hinzur manifesten Urämie. Anfangs klagenBetroffene über einen bitteren Ge-schmack und Appetitlosigkeit,was zu si-gnifikantem Gewichtsverlust führenkann. Im Stadium der Urämie wird diesdurch Erbrechen und Durchfall aggra-viert. Hinzu kommen Symptome des ur-ämischen Pruritus, der allerdings amBeginn der terminalen Niereninsuffizi-enz selten im Vordergrund der Be-schwerden steht (Tabelle 1).

Bei länger bestehender kompen-sierter Niereninsuffizienz kann es in ei-nigen Fällen durch den erhöhten Kno-chenabbau zu Knochenschmerzen kom-men. Dies resultiert aus dem Mangel anaktivem Vitamin D3, welches nicht mehrausreichend in der Niere gebildet wird(s. unten). Befindet sich der Patient be-reits in der beginnenden Urämie, sokommt es zu Reizung und Entzündungder serösen Häute, was sich in Pleura-und Perikardergüssen widerspiegelt.Be-sonders der urämische Perikarderguss

Zum Thema: UronephrologieUrologe [B]2000 · 40:522–524 © Springer-Verlag 2000

M. Nitschke · J. SteinhoffAbteilung Nephrologie, Medizinische Klinik I, Medizinischen Universität zu Lübeck

Welche Parameter zeigen die Progredienz einer Nieren-funktionseinschränkung an?

Dr. M. NitschkeAbteilung Nephrologie, Medizinische Klinik I,

Medizinische Universität zu Lübeck,

Ratzeburger Allee 160, 23538 Lübeck,

E-Mail: [email protected]

Tabelle 1 Klinische Parameter

◗Leistungsknick◗Inappetenz, bitterer Geschmack◗Foetor uraemicus◗Übelkeit, Erbrechen, Durchfall◗Pruritus

Der Urologe [B] 6•2000 | 523

ist eine lebensgefährliche Komplikationund erfordert die sofortige Einleitungeiner intensiven Nierenersatztherapie.

Je nach vorliegender Grunderkran-kung kann es zu weiteren spezifischenSymptomen kommen. Besonders dieGlomerulonephritiden führen häufig zuMikro-, gelegentlich auch zu Makrohä-maturie (IgA-Nephritis). Begründet dieErkrankung einen hohen Proteinverlust(nephrotisches Syndrom), so kommt eszur Ausbildung von Ödemen. Dabei gehtdas Ausmaß der Proteinurie oft einhermit dem Grad der Nierenfunktionsein-schränkung (s. unten).

Ein Nierenversagen kann anurisch,normurisch oder auch polyurisch sein,daher stellt die Harnmenge keinen ver-lässlichen Parameter für die Nieren-funktion dar.

Laborparameter

Retentionswerte und Kreatininclearence

Die isolierte Betrachtung des Kreatinin-werts ist nur zur Verlaufsbeurteilung ei-ner Niereninsuffizienz zu verwerten. Zueinem Anstieg der Retentionswerte imBlut kommt es aber erst dann,wenn mehrals 60% der funktionstüchtigen Nephrenausgefallen sind, d. h., dass die glomeru-läre Filtration gemessen an der endoge-nen Kreatininclearence bereits unter50 ml/min liegt (Norm ≥100 ml/ min).Dies bedeutet, dass die Verabreichungvon nephrotoxischen Medikamentenoder gar die Kombination mit Kontrast-mittelapplikation gerade bei älteren Pati-enten zu einem akuten Nierenversagenführen kann, obwohl noch „normale“Kreatininwerte vorliegen.

Kreatinin entsteht zum überwiegen-den Anteil in der Muskulatur, sodass dieMuskelmasse des Einzelnen bei der Be-trachtung von Kreatininwerten immer

berücksichtigt werden muss. Nuklear-medizinische Methoden zur exakten Be-stimmung der renalen Clearance (z. B.51Cr-EDTA) sind in der täglichen Routinei. Allg. unnötig und sind durch die Be-stimmung der endogenen Kreatin-inclearence im 24-h-Sammelurin zu er-setzen. Zur Abschätzung der endogenenKreatininclearence kann, bei erhöhtenSerumkreatininkonzentrationen, in gu-ter Nährung die Formel von Cockroft u.Gault [1] herangezogen werden (Abb. 1).

Bei einer Kreatininclearence <15 ml/min ist in Absprache mit einem Nephro-logen ein Nierenersatzverfahren zuplanen.

Harnstoff

Die Harnstoffbestimmung wird einer-seits zur Bestimmung der Nierenfunkti-on und andererseits zur Beurteilung desEiweißhaushalts herangezogen. DerNachteil der Harnstoffbestimmung be-steht darin, dass die Harnstoffkonzen-tration im Serum nicht nur von derglomerulären Filtrationsrate (GFR) ab-hängt,sondern auch von der Produktions-rate und der tubulären Rückresorption.

Vermehrte Proteinzufuhr, Katabo-lismus und intestinale Blutungen führenzu erhöhter Harnstoffproduktion. Ge-ringer Harnfluss und hohe ADH-Kon-zentrationen bei geringer Flüssigkeits-aufnahme führen zu verstärkter Harn-stoffrückresorption im distalen Ne-phron. Die gemeinsame Betrachtungvon Kreatinin und Harnstoff ist den-noch für die Beurteilung der Nieren-funktion und des Ernährungszustandesdes Patienten hilfreich.

Elektrolyte

Die Serumelektrolyte Natrium (Na+)und Kalium (K+) eignen sich nicht zurProgredienzbeurteilung der Nieren-funktion. Da die Sekretion von Kaliumim distalen Tubulus bei chronischer Nie-

reninsuffizienz gesteigert ist, bleibt dieKaliumkonzentration im Serum bis weitin die präterminale Phase der Nierenin-suffizienz normal.

Erst bei stark eingeschränkter Nie-renfunktion und zurückgehender Di-urese droht die Gefahr einer Hyperkali-ämie. Dann wird die Kaliumkonzentra-tion im Serum allerdings zu einemwichtigen Entscheidungskriterium fürdie Dialysepflichtigkeit.

Kalziumstoffwechsel und Phosphat

Schon bei ca. 50%iger Einschränkungder Nierenfunktion kommt es zu einerverminderten renalen Phosphataus-scheidung. Erhöhte Phosphatkonzentra-tionen hemmen die renale Produktionvon aktivem Vitamin D3, woraus eineAbnahme des ionisierten Kalziums imSerum folgt (verminderte enterale Re-sorption). Die reaktiv erhöhte Ausschüt-tung von Parathormon in den Neben-schilddrüsen führt zu einer verstärktenkompensatorischen Freisetzung vonKalzium aus den Knochen. In der Sum-me resultiert allerdings eine Hypokalz-ämie, die auf einen chronischen Verlustder Nierenfunktion hindeutet.Dieser se-kundäre Hyperparathyreoidismus, dereiner frühzeitigen Therapie mit Phos-phatbindern und Vitamin-D3-Präpara-ten zugeführt werden muss, deutet aufeine chronische Nierenfunktionsein-schränkung hin.

Hämatologie

Die verminderte Erythropoetinbildungder insuffizienten Nieren und eineverkürzte Erythrozytenüberlebenszeitdurch Anhäufung von Urämiegiftenführt zu einer normochromen, normo-zytären Anämie. Da es sich meist um ei-nen langsam progredienten Verlauf han-delt, werden Patienten oft erst mit Hä-moglobinwerten unter 100 g/l sympto-matisch. Dies gilt für praktisch alle Pa-

Tabelle 2Laborparamrter

◗Kreatinin, endogene Kreatininclearance◗Harnstoff, Phosphat◗Kalium, Kalzium◗Hämoglobin, MCV◗Bikarbonat, Blutgasanalyse◗Urinstatus, quantitative Protein-

bestimmung im Urin

ClKr =(150 – Alter) x kg KGW

Serumkreatinin (µmol / l)

Abb. 1 � Formel nach Cockroft u. Gault [1] zur Abschätzung der Kreatininclearence. Aufgrund derunterschiedlichen Muskelmasse gilt für Männer plus 10% und für Frauen minus 10% des errechnetenWerts (CLKr Kreatininclearence in ml/min, KGW Körpergewicht)

Zum Thema: Uronephrologie

Fazit für die Praxis

Die Parameter aus Tabelle 1 und 2 könnenmit einfachen Mitteln bestimmt werdenund sollten zur Beurteilung der Progre-dienz einer chronischen Nierinsuffizienzbeachtet werden. Sie dienen zudem derAbgrenzung zwischen akuter und chroni-scher Nierenfunktionseinschränkung.

Literatur1. Cockroft DW, Gault MH (1976) Prediction of

Kreatinin clearence from serum Kreatinin.

Nephron 16: 31–41

2. Ginsberg JM, Chang BS, Matarse RA, Garella S

(1983) Use of single voided urin sample to esti-

mate quantitative proteinuria. N Engl J Med

309: 1543–1546

3. Ruggenenti P, Perna A, Mosconi L et. al. (1997)

Proteiuria predicts endstage renal failure in

non-diabetic chronic nephropathies. Kidney Int

63 [Suppl]: 54-57

4. Ruggenenti P, Gaspari F, Perna A, Remuzzi G

(1998) Cross sectional longitudinal study of

spot morning urine protein:creatinine ratio,

24 hour urine protein excretion rate, glomeru-

lar filtratrion rate, and end stage renal failure in

chronic renal disease in patients without

diabetes. BMJ 316: 504–509

| Der Urologe [B] 6•2000524

tienten mit chronischen Kreatininwer-ten über 270–350 µmol/l (3–4 mg/dl). Ei-ne Ausnahme bilden die polyzystischeNierendegeneration, die zu einer über-schießenden Erythropoetinbildung füh-ren kann und die diabetische Nephropa-thie. Hier kann die eingeschränkte Nie-renfunktion mit normaler oder nur we-nig erniedrigter Hämoglobinkonzentra-tion einhergehen.

Proteinurie

Der semiquantitative U-Stix ist für dieProgredienzbeurteilung der Nierenin-suffizienz wenig nützlich. Trotzdem ister unverzichtbarer Bestandteil einer ne-phrologischen Statuserhebung, beson-ders zur Beurteilung glomerulärer Er-krankungen. Zu berücksichtigen ist derfalsch-negative Befund bei diabetischerMikroalbuminurie und Leichtkettenpro-teinurie beim Plasmozytom.

Demgegenüber kommt der Quanti-fizierung (z. B. Biuretmethode) einerProteinurie eine hohe prognostische Re-levanz zu. Dabei korreliert die Protein-zu Kreatininratio im 2. Morgenurin sehrgut mit der 24-h-Proteinausscheidungund hat einen hohen prädiktiven Wertbezüglich der Progression zur termina-len Niereninsuffizienz. Je größer die Pro-tein-zu-Kreatinin-Ratio im Urin, destohöher ist der zu erwartende Verlust derGFR und die Wahrscheinlichkeit der ter-

minalen Niereninsuffizienz. Überschrei-tet die Protein-zu-Kreatinin-Ratio denWert 4, so ist mit der Notwendigkeit ei-ner Nierenersatztherapie innerhalb ei-nes Jahres zu rechnen [2, 3, 4]. Bei Wer-ten unter 1 kann von einem Erhalt derNierenfunktion ausgegangen werden.

Azotämie

Im bereits weiter fortgeschrittenen Sta-dium der Niereninsuffizienz (GFR ca.≤40 ml/min) entwickelt sich langsam ei-ne metabolische Azidose mit negativemBasenexzess und verminderten Bikar-bonatwerten. Eine respiratorische Kom-pensation der Azidose durch Hyperven-tilation kann dabei zu einer subjektivempfundenen Dyspnoe führen.

In der abschließenden Beurteilungdes Stadiums der Niereninsuffizienzsollte der klinischen Symptomatik im-mer der Vorrang gegenüber den labor-chemischen Parametern gegeben wer-den. Dies gilt insbesondere, wenn dieEntscheidung über die Einleitung einerNierenersatztherapie ansteht. Da dieklassischen Retentionsparameter wieKreatinin und Harnstoff stark von denindividuellen Gegebenheiten des Patien-ten abhängen (Muskelmasse, Eiweißzu-fuhr), kann es z. B. sein, dass ein Patientmit Kreatinin- bzw.Harnstoffwerten von400 µmol/l (4,5 mg/dl) und 25 mmol/l(150 mg/dl) bereits urämisch ist, wäh-rend ein anderer sich noch im Stadiumder kompensierten Retention befindet.Sicher ist, dass beide Patienten engma-schig nephrologisch mitbetreut werdensollten.