1
BerWissGesch 5 (1982): Dokumentation und Information 249 gebung der Staaten?" Mit diesem Thema zitierte Wirrau eine Preisfrage, die 1900 von den Professoren Haeckel, Fraas und Conrad gestellt und von Friedrich Krupp finanziert wurde. Die Analyse der ausgezeichneten und in der Reihe "Natur und Staat" veröffent- lichten Arbeiten zeigt, daß sozialdarwinistische Ansätze ganz unterschiedlicher Art disku- tiert wurden. Sie reichen von rassenhygienischen Versuchen über ethische und philoso- phische Entwürfe, über Versuche, das Staatswesen abstrakt evolutionistisch zu begründen, bis zu konkreten machtpolitischen und imperialistischen Ansprüchen. Gemeinsam ist allen Beiträgen der Vorrang der Gemeinschaft, des Staats, vor dem Einzelnen, die Erwar- tung, daß naturwissenschaftliche Kenntnisse den Einzelnen dazu führen, die sich aus der Naturwissenschaft ergebenden Zwangsmaßnahmen einzusehen und gegebenenfalls zu er- tragen; in fast allen Entwürfen wird davon ausgegangen, daß die Erbsubstanz des Volkes gefährdet sei und daß Maßnahmen ergriffen werden müssen, einem weiteren Zerfall ent- gegenzuwirken; aus sämtlichen Entwürfen spricht eine ungebrochene Fortschrittsgläubig- keit. Vor allem wird hier auch die einleitend angesprochene enorme Gefahr sichtbar, die die übertragungbiologischer Gedanken für die politische Entwicklung bedeutete. Dr. Walter Kaiser Johannes Gutenberg-Universität Fachbereich Mathematik Arbeitsgruppe ftir Geschichte der Naturwissenschaften Saarstraße 21 D-6500 Mainz Welllcome Symposium in the History of Medicine: Romanti.cism and Medi- cine- London 28.5.1982 Das Interesse an der Epoche des Deutschen Idealismus und der Romantik ist in den vergangeneu Jahren in der Wissenschaftsgeschichte zunehmend angewachsen. Aufsätze, Monographien und Symposien lenken die Aufmerksamkeit auf diese Phase der neuzeit· liehen Wissenschaftsentwicklung und suchen in ideologischer Unvoreingenommenheit, die für die vergangene Historiographie keineswegs selbstverständlich gewesen ist, die Vielfalt der Positionen zu unterscheiden, in ihrer Beziehung zur Philosophie der Zeit zu begreifen, ihre Herkunft aus der Vergangenheit und ihr Weiterwirken im 19. und 20. Jahrhundert zu bestimmen. Das Wellcome Institute for the History of Medicine lud zum 28. Mai dieses Jahres unter der organisatorischen Leitung von Michael Neve, Roy Porter und W. F. Bynum zu einem Romantiktag nach London ein. Die Vorträge und Diskussionen bezogen sich auf die folgenden Themen: "What on Earth is Romanticism? " (M. Neve); "The Concept of History in the Medicine of the Romantic (D. v. Engelhardt); "Kleist's Indebtedness to Contemporary Romantic Psychology and Medicine" (N. Reeves); "An Apothecary- Surgeon's Prescription? - Davy and the Nature of Science" (D. Knight); "S. T. Coleridge and Philosophical Medicine" (T. Levere); "A Frustrated Reform: Brownian Medical Theo- ry and Practice in Romantic Germany" (G. B. Risse). Prof. Dr. Dietrich von Enge!hardt Ruprecht· Karls· Universität Heidelberg Institut für Geschichte der Medizin Im Neuenheimer Feld 305 D - 6900 Heidelberg 1

Wellcome Symposium in the History of Medicine: Romanticism and Medicine-London 28.5.1982

Embed Size (px)

Citation preview

BerWissGesch 5 (1982): Dokumentation und Information 249

gebung der Staaten?" Mit diesem Thema zitierte Wirrau eine Preisfrage, die 1900 von den Professoren Haeckel, Fraas und Conrad gestellt und von Friedrich Krupp finanziert wurde. Die Analyse der ausgezeichneten und in der Reihe "Natur und Staat" veröffent­lichten Arbeiten zeigt, daß sozialdarwinistische Ansätze ganz unterschiedlicher Art disku­tiert wurden. Sie reichen von rassenhygienischen Versuchen über ethische und philoso­phische Entwürfe, über Versuche, das Staatswesen abstrakt evolutionistisch zu begründen, bis zu konkreten machtpolitischen und imperialistischen Ansprüchen. Gemeinsam ist allen Beiträgen der Vorrang der Gemeinschaft, des Staats, vor dem Einzelnen, die Erwar­tung, daß naturwissenschaftliche Kenntnisse den Einzelnen dazu führen, die sich aus der Naturwissenschaft ergebenden Zwangsmaßnahmen einzusehen und gegebenenfalls zu er­tragen; in fast allen Entwürfen wird davon ausgegangen, daß die Erbsubstanz des Volkes gefährdet sei und daß Maßnahmen ergriffen werden müssen, einem weiteren Zerfall ent­gegenzuwirken; aus sämtlichen Entwürfen spricht eine ungebrochene Fortschrittsgläubig­keit. Vor allem wird hier auch die einleitend angesprochene enorme Gefahr sichtbar, die die übertragungbiologischer Gedanken für die politische Entwicklung bedeutete.

Dr. Walter Kaiser Johannes Gutenberg-Universität Fachbereich Mathematik Arbeitsgruppe ftir Geschichte der Naturwissenschaften Saarstraße 21 D-6500 Mainz

Welllcome Symposium in the History of Medicine: Romanti.cism and Medi­cine- London 28.5.1982

Das Interesse an der Epoche des Deutschen Idealismus und der Romantik ist in den vergangeneu Jahren in der Wissenschaftsgeschichte zunehmend angewachsen. Aufsätze, Monographien und Symposien lenken die Aufmerksamkeit auf diese Phase der neuzeit· liehen Wissenschaftsentwicklung und suchen in ideologischer Unvoreingenommenheit, die für die vergangene Historiographie keineswegs selbstverständlich gewesen ist, die Vielfalt der Positionen zu unterscheiden, in ihrer Beziehung zur Philosophie der Zeit zu begreifen, ihre Herkunft aus der Vergangenheit und ihr Weiterwirken im 19. und 20. Jahrhundert zu bestimmen.

Das Wellcome Institute for the History of Medicine lud zum 28. Mai dieses Jahres unter der organisatorischen Leitung von Michael Neve, Roy Porter und W. F. Bynum zu einem Romantiktag nach London ein. Die Vorträge und Diskussionen bezogen sich auf die folgenden Themen: "What on Earth is Romanticism? " (M. Neve); "The Concept of History in the Medicine of the Romantic Ea~" (D. v. Engelhardt); "Kleist's Indebtedness to Contemporary Romantic Psychology and Medicine" (N. Reeves); "An Apothecary­Surgeon's Prescription? - Davy and the Nature of Science" (D. Knight); "S. T. Coleridge and Philosophical Medicine" (T. Levere); "A Frustrated Reform: Brownian Medical Theo­ry and Practice in Romantic Germany" (G. B. Risse).

Prof. Dr. Dietrich von Enge!hardt Ruprecht· Karls· Universität Heidelberg Institut für Geschichte der Medizin Im Neuenheimer Feld 305 D - 6900 Heidelberg 1