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Welpenaufzucht
Neugeborenen- und Säugephase
bei Hundewelpen
-Physiologie und Pathologie-
Tierärztin Anke Baumeister
Reproduktionsmedizinische Einheit
Tierärztliche Hochschule Hannover
Einrichten einer Wurfkiste
Einrichten einer Wurfkiste
Material: außen Holz, Kunststoff, Korb
innen Gummimatte, Zellstoff, Handtuch
Wärmequelle: Rotlichtlampe, Heizkissen
Muss so angebracht werden, dass Muttertier und Welpen sie meiden können
Thermometer (Überprüfung Umgebungstemperatur)
Luftfeuchtigkeit um 60 %
Fehler beim Einrichten einer
Wurfkiste
Unterlage aus:
- Zeitungspapier
(begünstigt „Swimmer puppy syndrome“)
- Stroh, Heu, Sägespäne
(Gefahr durch Abschlucken oder Aspiration)
- zu trockene Luft (Austrocknung)
Anzeichen für unangemessene
Haltungsbedingungen
Zu hohe Umgebungstemperatur
→ Hecheln, Hautrötung
→ Welpen liegen weit auseinander
Zu niedrige Umgebungstemperatur
- Welpen liegen dicht beieinander
Kalte Welpen werden vom Muttertier nicht mehr
versorgt!!!
Versorgung der Neugeborenen
durch das Muttertier direkt nach
der Geburt • Entfernung der Fruchthüllen von Maul
und Nase
• Lecken des Welpen zur Anregung von
Kreislauf und Kotabsatz (Mekonium)
• Durchtrennung der Nabelschnur
• Anregung zum Saugen, Stupsen
Richtung Zitze
Betreuung nach der Geburt durch
Besitzer
• Kontrolle und Jodierung des Nabels
• Kennzeichnung der Welpen
• Ermittlung des Geburtsgewichtes
• Kontrolle der Kolostrumaufnahme
(Übertragung von Immunglobulinen
erfolgt zu 5% transplazentar, 95% über
Kolostrum)
Reanimation von Welpen
(auch nach Kaiserschnitt)
• Trockenreiben
• Entfernen (Absaugen) von Fruchtwasser aus Nase und Rachen
• Brustmassage im Rhythmus der Atmung (für 15-20 min!)
• Stabilisierung der Lungenfunktion (z.B. Doxapram)
• Sauerstoffzufuhr
• Verabreichung eines Anästhesie-Antidots
Kennzeichnung der Welpen
Definition der Altersstufen von
Hundewelpen
• Neugeborene: Geburt bis 10 Tage
• Saugwelpen: bis 9 Wochen
• Absetzwelpen: 5.-9. Woche
• Welpen: bis 6 Monate
• Jungtiere. bis ca. 12 Monate
• Adulte Tiere: ab ca. 12 Monate
Neugeborenenphase
= erste 10 Lebenstage
NESTHOCKER
Absolute Abhängigkeit von der Mutter
hinsichtlich:
• Körpertemperatur
• Nahrung
• Stimulation von Kot- und Harnabsatz
Körpertemperatur der Welpen
• Umstellung von konstanter Temperatur im
Uterus auf variable Umgebungstemperatur
• Körpertemperatur bei Geburt ca. 39°
(entspricht Temperatur im Uterus)
• Absinken auf 36°C (bis 35,5°C) innerhalb
weniger Stunden
• Anstieg auf 38°C innerhalb der ersten 7
Lebenstage
Körpertemperatur der Welpen
• Fähigkeit zur eigenständigen Regulation der Körpertemperatur erst im Alter von 3-4 Wochen vollständig
Umgebungstemperatur:
1. Lebenswoche 30-32°C
2. u. 3. Lebenswoche 26-28°C
4. Lebenswoche 22-24°C
ab 5. Lebenswoche 20-22°C
Körpergewicht der Welpen
• wichtiger Indikator für Entwicklung Neugeborener
• tägliche Gewichtszunahme 5-10 %
• Verdopplung des Geburtsgewichtes innerhalb der ersten 10 Lebenstage
• Geringe Tageszunahmen durch
• Milchmangel
• Erkrankung der Welpen
Entwicklung von Hundewelpen I
• Nesthocker mit physiologischer Unreife
• Reflexe in der ersten Woche kaum entwickelt (außer Saug- und Schluckreflex)
• Geruchssinn unvollständig
• Reaktionen auf taktile Reize und Schmerzen
• Augen und Gehörgänge epithelial verschlossen
• Stimulation von Atmung, Kot- und Harnabsatz durch Pflegeverhalten der Mutter
Entwicklung Hundewelpen II
• Körperhaltung: erste 4 Lebenstage
Kommaform; danach gestreckt
• Öffnen der Augen ca. Tag 10 (8-14)
• Iris bei Geburt blaugrau: endgültige Farbe mit
4-6 Wochen
• Öffnen der Ohrkanäle ca. Tag 10
Entwicklung der Motorik I
1. Lebenswoche
Robben, Kopfpendeln, Muskelzittern im Schlaf
7-14 Tage
Krabbeln, Vordergliedmaße stützen das Körpergewicht
11-15 Tage
Hintergliedmaße stützen Körpergewicht
Entwicklung Motorik II
• Ca. 16 Tage erste Gehversuche
• Ca. 21 Tage sicheres, gerichtetes
Laufen
In Verbindung mit der Fortbewegung
→ selbstständiger Absatz von Harn und
Kot
Neugeborenenphase
von
Hundewelpen
(Pathologie)
Umgebungstemperatur
und
Nahrungsangebot
essentiell für Entwicklung/Wachstum
der Neonaten
sind sie suboptimal, begünstigen sie das Entstehen
von Krankheiten
Anzeichen einer Erkrankung oder
unzureichenden Entwicklung von Welpen
- Gewichtsstagnation oder Gewichtsverlust
→ Kälte, Hunger, Vernachlässigung, Krankheit
- rauhes, trockenes Fell
→ Krankheit, Vernachlässigung durch Mutter
- Schreien / Unruhe (länger als 20 Min.)
→ Kälte, Hunger, Vernachlässigung, Krankheit
- Durchfall, Krämpfe
Anzeichen einer Erkrankung oder
unzureichenden Entwicklung von Welpen
- herabgesetzter Muskeltonus, beschleunigte Atmung,
zyanotische (bläuliche) Schleimhäute
→ schwerwiegende Erkrankung
- Ausfall von Saugreflex und/oder Schluckreflex
→ schwerwiegende Erkrankung
- Problem: sehr ähnliche Symptome für
unterschiedliche Ursachen
Immunsystem neugeborener Hundewelpen
- Zufuhr von Immunglobulinen über Plazenta (5%)
- über die Milch (95%) innerhalb der ersten 48 h p. natum
- Welpen erreichen Immunkompetenz gegen spezifische
Infektionen im letzten Trächtigkeitsdrittel
- Entwicklung eines relativ unreifen Immunsystems
während der ersten Lebenswochen
- volle Immunkompetenz erst im Alter von 3-4 Monaten
Immunsystem neugeborener Hundewelpen
- Durchlässigkeit der Darmschleimhaut für Immunglobuline
beginnt 8 Stunden nach Geburt abzunehmen
nach 48-72 Stunden keine Resorption mehr möglich
- Kolostrumaufnahme innerhalb von 24 Std. sicherstellen
______________________________________________
Immunglobulinkonzentrationen in Kolostrum und Milch von
Hündinnen (Tizard 2002)
IgG (mg/dl) IgM (mg/dl) IgA (mg/ml)
Kolostrum 500-2200 70-370 150-340
Milch 10-30 10-54 110-620
Erkrankungen
- Hypogammaglobulinämie
- Hypothermie-Hypoglykämie-Komplex
- Toxisches Milchsyndrom
- Swimmer-Puppy-Syndrome
- Canines Herpes Virus
Hypogammaglobulinämie
• Mangel an mütterlichen, kolostralen Antikörpern
Gammaglobulin ist wichtiger Bestandteil des
Kolostrums
• Antikörperaufnahme über Plazenta nicht ausreichend
(nur 5%)
• daher Kolostrumaufnahme zwingend erforderlich für
Infektionsschutz der Welpen
Hypogammaglobulinämie
Ursache:
- mangelnde Kolostrumaufnahme
- verspätete Kolostrumaufnahme
- Würfe nach Kaiserschnitt, Nachschlafphase Hündin
- mehr Welpen als Zitzen
- Tod der Mutterhündin
- Ablehnen der Welpen
- Trinkschwäche der Welpen
Hypogammaglobulinämie
Therapie:
- Ausgleich des Antikörpermangels innerhalb von 24 Stunden
- 2 ml aufgetautes Hundeerstkolostrum (z.B. von Hündin mit weniger Welpen)
- Auftauen in 38°C warmem Wasser
- Alternativ 2 ml Serum der Hündin oral bzw. 0,2 ml Serum/100g KGW s.c.
Hypogammaglobulinämie
Prophylaxe:
- Kolostrumaufnahme sicherstellen
- ausreichender Impfschutz der Mutter sorgt für vollwertiges Kolostrum
- kein Ortswechsel in letzten 3 Wochen vor Geburt → Auseinandersetzen der Mutter mit Keimen vor Ort
- Antikörperdichte im Erstkolostrum am höchsten
→ Nachteil für zuletzt geborene Welpen
Glukose aus
Energiedepots oder
Nahrungsaufnahme
Thermoregulation Stoffwechsel
kalte
Umgebungstemperatur
Hypothermie
vermehrter
Glukosebedarf
Hypothermie-Hypoglykämie-Komplex
(Untertemperatur – Unterzuckerung)
nach Trasch (2006)
Glukosemangel, Körpertemperatur < 36 °C
Schreien, erhöhte Motorik
Depression
Lethargie
Koma
Tod
Hypothermie-Hypoglykämie-Komplex
(Untertemperatur-Unterzuckerung)
- Erhöhung der Energiezufuhr
5% Glukose / Elektrolytlösung s.c., i.p.,
(i.v., i.o.)
- Reduktion des Energieverbrauchs durch
langsame Erhöhung der Umgebungstemperatur
Wichtig:
Ursache des Energiemangels ermitteln!
(z.B. Gesäugeentzündung, zu wenig Milch)
Hypothermie-Hypoglykämie-Komplex
Therapie:
Prophylaxe:
Gewichtszunahmen kontrollieren
Umgebungstemperatur
1. Lebenswoche 30 - 32 °C
2. u. 3. Lebenswoche 26 - 28 °C
4. Lebenswoche 22 - 24 °C
ab 5. Lebenswoche 20 - 22 °C
Hypothermie-Hypoglykämie-Komplex
Toxisches Milchsyndrom
• Erkrankung des Muttertieres
(z.B. Gesäugeentzündung, bakterielle Infektion der
Gebärmutter, Nachgeburtsverhaltung) führt zur
Erkrankung der Welpen
• Bakterien und Toxine werden über Milch vom Welpen
aufgenommen
• Folge: Verdauungsstörung zwischen 3. und 14.
Lebenstag
Toxisches Milchsyndrom
Meist ist der ganze Wurf betroffen
Klinische Symptomatik:
- geblähte Bäuche
- Anus gerötet und geschwollen
- Durchfall
- Austrocknung; Untertemperatur
- Unruhe und Schreien durch Hunger und Schmerz
- Gewichtsstagnation bzw. -verlust
Toxisches Milchsyndrom
Diagnose: Klinisches Bild
Untersuchung Mutterhündin
Therapie:
- Absetzen der Welpen von der Mutter
- Antibiotische Versorgung
- Fütterung der Welpen mit Glukose/Milchaustauscher
- Flüssigkeitssubstitution
Behandlung der Grunderkrankung des Muttertieres
„Swimmer Puppy Syndrome“
• betroffene Tiere können die Gliedmaßen nicht unter den Körper führen und laufen
• meist nur Hinterbeine betroffen
• Tiere liegen auf dem Bauch
• zeigen Paddelbewegungen
• Beine seitlich abgespreizt
• einzelne Tiere oder gesamter Wurf
„Swimmer Puppy Syndrome“
- klinisch sichtbar im Alter von 14 bis 21 Tagen - erste Anzeichen jedoch mit 4 bis 5 Tagen sichtbar
- hauptsächlich bei größeren Rassen - Sensorik ungestört
„Swimmer Puppy Syndrome“
Ursache unbekannt
(genetischer Defekt? Infektion Hündin?)
Häufung bei mutterloser Aufzucht bzw. Zufütterung
von Milchaustauscher
→ hohes Körpergewicht prädisponierender Faktor
- glatter Boden (kein Halt)
- durch Druck auf das Brustbein
→ Abflachung des Brustkorbes
„Swimmer Puppy Syndrome“
Therapie:
- Unterstützung der Selbstheilung durch
Physiotherapie (Aufstellen, Belasten der Beine)
- Heilung nach 2 bis 4 Wochen
- hochgradige Abflachung des Brustbeins
→ Therapieausschluß, Schäden meist irreversibel
Canines Herpes Virus
Übertragung
- Tröpfcheninfektion durch Belecken, Beschnuppern
- transplazentar (über die Gebärmutter)
- Genital-(Deck-)infektion
- Welpen hauptsächlich bei der Geburt über virushaltiges Vaginalsekret
- Virusausscheidung für eine Dauer von 2-3 Wochen über Nasensekret, Vaginalsekret und Präputialsekret
Canines Herpesvirus
- Typisch für Herpesviren = lebenslange latente Infektion
- Infizierte Hund können klinisch gesund, aber Virusträger sein
- Virus latent im Körper vorhanden („Schläfer“)
- Reaktivierung durch Stress, Geburt, Kortison-Therapie, hormonale Veränderungen
- Ausscheidung reaktivierter Viren über Nasen- und Vaginalsekret
Canines Herpes Virus
Beim erwachsenen Hund
- milder Verlauf, teilweise symptomlos
- Augenentzündung (Konjunktivitis)
- Nasenausfluß, Bronchitis
- bläschenartige Läsionen an der Genitalschleimhaut
- Symptome verschwinden nach wenigen Tagen von selbst
Akute neonatale Form
• Infektion während oder kurz nach der Geburt
• Besonders gefährdet Welpen < 10 Tage alt
• Hohe Morbidität und Mortilität
Generalisierte Infektion begünstigt durch:
- mangelhafte eigene Thermoregulation
- niedrige Körpertemperatur
- unausgereiftes Immunsystem
Akute neonatale Form Diagnose schwierig → unspezifische Symptome
- Meist Welpen in den ersten 3 Lebenswochen
- Wimmern, Gewichtsverlust
- Apathie, Saugunlust, angespannter Bauch
- gelblich-grüner Durchfall
- hohe Welpensterblichkeit, 80% in infizierten Würfen
- überlebende Welpen = Virusträger
Tod 24-48 Stunden nach Auftreten der ersten Symptome
Akute neonatale Form
Diagnose post mortem
- Niere, Leber, Lunge zeigen
typische rötliche Sprenkelung
(„red spots“)
Therapie
- bei klinisch manifester Erkrankung selten erfolgreich
- schlechte Prognose
- nur symptomatisch
(Antibiotika, Flüssigkeit, Glucose)
- WÄRME!!!
Vermehrung des caninen Herpesvirus lässt sich wirkungsvoll durch eine warme Umgebung verhindern
Canines Herpes Virus Diagnose:
- Klinisch: Welpensterblichkeit, Fortpflanzungsstörungen, Aborte
- Virusnachweis aus Sekreten Nasen-Rachen-Raum
- nur positives Ergebnis aussagekräftig, negatives Ergebnis schließt latente Infektion nicht aus
- Virusantikörpernachweis im Blutserum; positive Tiere sind höchstwahrscheinlich latent infiziert und können jederzeit Virus ausscheiden
- verstorbene Welpen in Pathologie untersuchen lassen
Canines Herpes-Virus (CHV)
Prävention
Impfung der Hündin zum Schutz ihrer Welpen (EURICAN® Herpes205)
Impfstoff zur aktiven Immunisierung von Hündinnen
> Verhinderung von Tod, klinischer Erkrankung
und Herpesvirus-bedingten Organläsionen in den
ersten Lebenstagen
Impfung der Hündin während der Trächtigkeit
> hohe Spiegel virusneutralisierender Antikörper zum
Geburtstermin zum Schutz der neugeborenen Welpen
über Muttermilch
Impfschema: 1. Impfung während der Läufigkeit
2. Impfung im letzten Trächtigkeitsdrittel
Impfungen
Impfempfehlungen Bundesverband
Praktizierender Tierärzte (BpT):
Core-Vakzine( richten sich gegen die Erreger,
gegen die JEDES Tier zu JEDER Zeit geschützt sein
muss):
Parvovirose, Staupe, Tollwut,
Leptospirose, HCC (Hepatitis contagiosa canis)
Non-Core: CHV, Zwingerhusten
Impfungen
8 LW Staupe, Hcc, Parvovirose, Leptospirose
12 LW Staupe, Hcc, Parvovirose, Leptospirose,Tollwut
16 LW Staupe, Hcc, Parvovirose, Leptospirose,Tollwut
15 Monate Staupe, Hcc, Parvovirose, Leptospirose, Tollwut