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Wenn in China ein Sack Reis umfällt
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DLR | Dezember 2011 «
» Akzente 549
Eine kleine Gemeinde in Thüringen,
die nach den Angaben des Thüringer
Landesamts für Statistik ca. 2 000 Ein-
wohner zählt und deren Sehenswür-
digkeit eine Klosterruine ist, eines
der wertvollsten Denkmale roma-
nischer Baukunst Deutschlands, hat
auch eine Landfl eischerei. Diese ver-
kauft ihre Fleischwaren (nur) Busi-
ness-to-Consumer über betriebsei-
gene Filialen und Verkaufsfahrzeuge
in zwei benachbarten Landkreisen.
Im Rahmen einer mikrobiologischen
Eigenkontrolle fanden sich Salmo-
nella Agona in einer Mettwurst,
grob; mehrere Kilogramm waren da-
von verkauft worden. Die Landfl ei-
scherei informierte umgehend ihre
Kunden in den Kauffi lialen. So weit,
so gut.
Jedoch sind die Zeiten, in denen es
egal war, „wenn in China ein Sack
Reis umfällt“, (wohl leider) vorbei.
Salmonellosen sind defi nitiv alles
andere als eine Bagatelle. In Deutsch-
land wurden im Jahr 2008 gemäß
Meldepfl icht nach IfSG insgesamt
45 401 Salmonella-Infektionen an das
RKI übermittelt, darunter 42 902 Er-
krankungen. Todesfälle durch Salmo-
nellose sind in Deutschland zwar
selten: 2008 wurden aber 33 Salmo-
nellose-Fälle mit einem Altersmedian
von 79 Jahren als krankheitsbedingt
verstorben an das RKI übermittelt,
wobei die Meldedaten die Todesfälle
eher unterschätzen.
Bei Nachweis von Salmonellen ist
daher ein Rückruf unabdingbar; eine
Meldung in der Ostthüringer Zeitung
(war im konkreten Fall) das Mindes-
te. Aber muss dies auch auf dem Por-
tal der Bundesländer lebensmittel-
„Wenn in China ein Sack Reis umfällt“
warnung.de erfolgen? Was hat das
Risiko einer Infektion mit Salmonel-
len in Thüringen einen Schwaben zu
interessieren? Sicherlich können Be-
hörden im Rahmen ihrer Zuständig-
keit geeignete und erforderliche
Maßnahmen treffen, um die Ge-
fahren durch das Inverkehrbringen
unsicherer Lebensmittel zu mindern
oder zu beseitigen, dies aber unter
Beachtung des rechtstaatlich gebo-
tenen Verhältnismäßigkeitsprinzips
(ausführlich Pache in Meyer/Streinz,
Kommentar § 40 LFGB).
Transparenz darf nicht zu Lasten
des Rechtsstaats gehen.
lebensmittelwarnung.de darf nicht
dazu (ver-)führen, Lokales ohne Not
dem globalen Dorf Internet preiszu-
geben, zumal eine Information via
Portal der Bundesländer (auch noch)
eine höhere Legitimität bescheinigt
als dieselbe einer lediglich regional
tätigen Behörde. Auf lebensmittel-
warnung.de gehören daher nur Mel-
dungen mit überregionalem Bezug.
Und noch etwas: Wie lange soll die
Meldung aus Ende Oktober noch auf
dem Portal gepostet sein? Eine War-
nung ist nur so lange eine solche, als
sie Sicherheitsaspekten folgt; ist dies
nicht der Fall, entfaltet sie nur noch
eine Prangerwirkung – schon wieder,
das geht gar nicht!
Prof. Dr. Alfred Hagen Meyer
Herausgeber der DLR
Alfred Hagen Meyer
Presse