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Gettinger©2014 Seite 1 von 8 Wer bin ich? Warum Biografie-Arbeit? Das Unerhörte ist alltäglich geworden.Ingeborg Bachmann Darf ich mich vorstellen? ICH BIN.......Christine, Hans, Eva, Peter, etc.Und was kommt üblicherweise danach, was wird noch erwartet in Vorstellrunden? Die Beschreibung des Berufs, der sozialen Position etc. Worum es hier geht, das ist die Klärung der SOZIALEN IDENTITÄT, der sozialen Rolle, die man einnimmt:

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    Wer bin ich? Warum Biografie-Arbeit?

    Das Unerhrte ist alltglich geworden.

    Ingeborg Bachmann

    Darf ich mich vorstellen? ICH BIN.......Christine, Hans, Eva, Peter, etc.

    Und was kommt blicherweise danach, was wird noch erwartet in Vorstellrunden? Die

    Beschreibung des Berufs, der sozialen Position etc. Worum es hier geht, das ist die Klrung

    der SOZIALEN IDENTITT, der sozialen Rolle, die man einnimmt:

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    Dieses ICH ndert sich im Leben aber stndig: Vom Baby bis zum Greis durchluft es alle

    Lebensphasen und Lebensstationen:

    Irgendetwas aber bleibt alle Lebensphasen hindurch sich selbst gleich, und dieses sich

    selbst gleich Bleibende, das ist genau das, was man IDENTITT oder den

    IDENTITTSKERN nennt. Das ist unser wahres Ich wahr deshalb, weil es sich nicht

    (wie das fiktive soziale Ich) ndert, sondern mit sich selbst gleich bleibt (d.h. ident).

    Etwas, das sich aber raumzeitlich selbst immer gleich bleibt, sich also nie verndert, das

    sinnlich und begrifflich nicht wahrnehmbar. Wir knnen nur Unterschiede wahrnehmen und

    Unterschiede von Unterschieden, etc. Das ist auch der Grund, warum dieser zentrale Aspekt

    unseres Seins unsere wahre Identitt so leicht entschlpft.

    Daher verwechselt fast jeder Mensch seine wahre Identitt mit dem, was man sein

    Selbstbild nennt.

    Selbstbild, das sind alle jene Zuschreibungen, Beziehungen und Dinge, mit welchen man sich

    identifiziert. Es ist das, was ganz natrlich nach dem ICH BIN kommt: Ich bin ....

    dieser Krper da, mit diesem Gesicht und mit diesem Namen, Sohn bzw. Tochter von..., Frau

    bzw. Mann von...., mit dieser Wohnadresse, diesen Verwandten, diesem Bankkonto, diesem

    Auto, diesem Beruf, etc. Das alles bestimmt den Inhalt dessen, was wir als zu uns gehrig

    empfinden. Das Fachwort heit ichsynton1 (das Gegenwort: ich-dyston).

    Was aber ist dann dieser ominse Identittskern, dieses sich selbst Gleichbleibende? Nun, was

    braucht es, um jedes Selbstbild zu aktivieren? Es braucht dazu das, was man Bewusstsein

    nennt: Eine Person im Koma, eine Person im Tiefschlaf hat kein Selbstbild. Jedes Selbstbild

    endet endgltig mit dem Tod des Krpers. Man sieht, wir haben verschiedene Grade von

    Bewusstheit: vom komatsen Dsen bis hin zu voller Prsenz, zu voller

    GEISTESGEGENWART.

    1 ..... dass eine Person sich in einer gefhlsmigen Harmonie mit der Umwelt befindet.

    http://de.wikipedia.org/wiki/Ich-Syntonie

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    In der Psychologie wird das Ich verstanden als ein Zentrum der Wahrnehmung, das sich im

    Laufe der Lebensphasen und in den verschieden Rollen als ungebrochene Identitt erlebt.

    Ichstrke bezeichnet eine integrierte Persnlichkeit, die mit den eigenen Gefhlen und

    Bedrfnissen in Kontakt steht, Situationen realistisch einschtzen kann und auf die

    Wechselflle des Lebens angemessen und flexibel zu reagieren vermag, ohne Erfahrungen

    bermig zu unterdrcken oder abzuspalten. Damit verbunden ist eine Willenskraft, die dem

    starken und elastischen Ich ermglicht, die eigenen Bedrfnisse und das, was als wichtige

    Lebensziele erkannt wurde, kreativ und auf ethisch vertretbare Weise zu verwirklichen.

    Was in der gesunden Person die Widerstandsfhigkeit in ihrer lebenserhaltenden Funktion

    ausmacht, gert fr den Symptomtrger zum schtzenden, aber auch verarmenden Wall gegen

    sich selbst und gegen sein Umfeld. Der Unterschied ist nur, dass im Gesunden die Ich-

    Grenzen pulsierend, flexibel und durchlssig sind, whrend diejenigen des Symptomtrgers

    alle mglichen Verformungen aufweisen. Der Widerstand tritt, gemessen am Anlass,

    unverhltnismig frh, hektisch, bertrieben auf.2

    Die gesunden Widerstnde, die dem Menschen innere Sicherheit, Stabilitt und eine freie

    Ordnung sichern, werden im erkrankten Menschen zu unvernnftigen, wahnhaften,

    konfusen, fanatischen Widerstnden Die konstruktiven, lebensnotwendigen und hilfreichen

    Widerstnde erweisen sich im neurotisch Kranken als infantil wirkende Trotzeinstellungen,

    als starre Fixierungen, als sture Verneinungen. Sie engen den Raum der Wahlfreiheit ein.

    Das Ich als Garant der seelischen Gesundheit und Ordnung wird berrannt, es kann die

    Anforderungen des Es und des berich und den Druck der Realitt nicht bewltigen.

    Der reife Erwachsene, der die Verantwortung fr sein eigenes Leben zu bernehmen

    vermag, hat eines gelernt: das Gefhl von den Mustern zu lsen, die unter dem Druck der

    Abhngigkeit entstanden sind, und den Drang zum Handeln auf das zu richten, was sich ihm

    als zweckmig erweist. Dank der Kontrolle, der er durch das Verlagern des Gefhlsinhaltes

    erworben hat, ist auch die Gefhlsintensitt unter seiner Kontrolle. Dieses Ziel ist in den

    schon erwhnten Zielen inbegriffen. Es wird oft unbewusst danach gehandelt, daher die

    sprunghaften Erfolge oder Misserfolge. Wenn man das Ziel klar vor sich sieht, dann kann

    man zielen lernen und merken, wenn man daneben zielt.3

    Das also bedeutet Handeln aus dem Identittskern heraus, aus der ungebrochenen

    Identitt. Das setzt voraus, dass man sich von allen Selbstbildern lsen kann, diese

    flexibel und situationsangemessen verwenden kann.

    Handeln und Wahrnehmen aus dem Identittskern heraus ist achtsames Tun:

    Diese Aufmerksamkeit besteht darin, das Denken auszusetzen, den Geist verfgbar, leer und

    fr den Gegenstand offen zu halten, die verschiedenen bereits erworbenen Kenntnisse, die

    man zu benutzen gentigt ist, in sich dem Geist zwar nahe und erreichbar, doch auf einer

    tieferen Stufe zu erhalten, ohne dass sie ihn berhrten. - Simone Weil

    2 http://home.arcor.de/g.mackenthun/lect/keywords/key03.htm

    3 Moshe Feldenkrais, Das starke Selbst, S. 146

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    In der Psychoanalyse spricht man in diesem Zusammenhang von gleichschwebender

    Aufmerksamkeit. Sigmund Freud: Man halte alle bewussten Einwirkungen von seiner

    Merkfhigkeit ferne und berlasse sich vllig seinem 'unbewussten Gedchtnisse', oder rein

    technisch ausgedrckt: Man hre zu und kmmere sich nicht darum, ob man sich etwas

    merke. Und er begrndet das wie folgt: So wie man nmlich seine Aufmerksamkeit bis zu

    einer gewissen Hhe anspannt, beginnt man auch unter dem dargebotenen Materiale

    auszuwhlen; man fixiert das eine Stck besonders scharf, eliminiert dafr ein anderes, und

    folgt bei dieser Auswahl seinen Erwartungen oder seinen Neigungen. Gerade dies aber darf

    man nicht.4

    Warum also Biografiearbeit?

    Die Antwort, warum Therapeutinnen und Therapeuten bzw. Berater und Beraterinnen

    Biografiearbeit brauchen, um aus dem Identittskern heraus wahrnehmen zu knnen, drfte

    jetzt klar geworden sein:

    Der reife Erwachsene, der die Verantwortung fr sein eigenes Leben zu bernehmen

    vermag, hat eines gelernt: das Gefhl von den Mustern zu lsen, die unter dem Druck der

    Abhngigkeit entstanden sind.

    Es geht dabei darum, das EINFACHE, das so schwer zu tun ist, zu lernen: nmlich lernen,

    einfach zuhren zu knnen:

    Denn wir hren einfach fast nie ganz zu; zwischen uns und dem zu Hrenden schiebt sich fast

    immer diese Projektionsleinwand unserer eigenen Gedanken, Wnsche, Schlussfolgerungen

    und Vorurteile. Um einfach zuhren zu knnen braucht es innere Stille, eine Haltung von

    Nicht-Wollen und Nichts-Erreichen mssen, also entspannte Aufmerksamkeit. Erst dieser

    hchst aufmerksame, aber passive Zustand des Geistes macht einfaches Zuhren mglich; ein

    Zuhren, das ber das Ziehen vorschneller Schlussfolgerungen hinausgeht.

    Worte verwirren, wenn man nur auf sie hrt und reagiert; sie sind nur die uerliche

    Erscheinungen von dahinter liegender Geisteszustnden; um wahrhaft kommunizieren zu

    knnen, muss man diese Geisteszustnde unmittelbar erfassen knnen, dem die Worte

    entspringen. Das geht nur, wenn man einfach zuhrt.

    Solche Art von Zuhren findet, wie gesagt, extrem selten statt. Die meisten Zuhrer sind auf

    schnelle Resultate aus, auf flotte Zielerreichung. Es geht in Gesprchen fast immer nur um die

    schnelle und erfolgreiche Durchsetzung von etwas, und somit gibt es fast nie dieses einfache

    Zuhren.

    Die vornehmste Aufgabe von Konfliktreglern, Beratungslehrer/innen, Moderator/innen, etc:

    4 Sigmund Freud: Ratschlge fr den Arzt bei der psychoanalytischen Behandlung [1912]. In: Gesammelte

    Werke - Chronologisch geordnet, Bd. VIII: Werke aus den Jahren 1909 1913. Frankfurt/Main: Fischer, 1999, 376ff

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    ...Zugnge zwischen den Menschen offenhalten. Sie sollten imstande sein, zu jedem zu

    werden, auch zum Kleinsten, zum Naivsten, zum Ohnmchtigsten. Ihre Lust auf Erfahrung

    anderer von innen her drfte nie von den Zwecken bestimmt sein, aus denen unser normales,

    sozusagen offizielles Leben besteht, sie msste vllig frei sein von einer Absicht auf Erfolg

    oder Geltung, eine Leidenschaft fr sich, eben die Leidenschaft der Verwandlung: zu fhlen,

    was ein Mensch hinter seinen Worten ist, der wirkliche Bestand dessen, was an Lebendem da

    ist, wre auf keine andere Weise zu erfassen. Es ist ein geheimnisvoller, in seiner Natur noch

    kaum untersuchter Prozess und doch ist es der einzige wahre Zugang zum anderen

    Menschen.5

    Die narrative Struktur der menschlichen Psyche

    Die menschliche Psyche der Kindheitsforscher und Psychoanalytiker Daniel Stern hat

    immer wieder darauf hingewiesen ist narrativ strukturiert. Sie strukturiert alles Erleben

    entlang der Frage: Wer tut was mit wem, warum und wie?

    Man sieht, diese Frage ist immer nur kontextuell zu beantworten, nie grundstzlich. Das

    Leben ist eine Bhne, und jeder hat auf ihr seine Rolle zu spielen. Wer hat aber das Drehbuch

    geschrieben? Das Leben schreibt das Drehbuch. Das Leben erfindet die Geschichten es ist

    zugleich die Bhne, die Requisiten, die Schauspieler, das Publikum, etc.

    Die narrative Grundstruktur der menschlichen Psyche macht unendlich viele Erzhlformen

    mglich. Jede Erzhlung verweist wiederum auf andere Erzhlungen, auf den Kontext aller

    mglichen Erzhlungen. Und nochmals, ganz grundstzlich: jede Erzhlung ist eine Fiktion.

    Denn die Grundstruktur der menschlichen Psyche ist fiktiv, d.h. auf Phantasie beruhend,

    und Phantastisches bewirkend. Wir handeln und erleben auf Basis unserer Einbildungen.

    Kreatives Erzhlen kommt den Sache des Lebens somit am nchsten. Es wei, dass nie

    alles erzhlbar ist, das meiste nur angedeutet werden kann. Erzhlungen kommen damit

    auch nie zu einem Ende..sie gehen weiter, immer weiter, ohne Ende, weiter gehts,

    immer weiter gehts..jede Erzhlung ist eine Metapher des Wirklichen, nie die

    Wirklichkeit selbst: sie verweist auf Aspekte des Wirklichen, macht diese sicht- und damit

    bewusst erlebbar.

    Wenn es gelingt, das eigene Leben als Erzhlung zu sehen, wobei das Leben selbst sowohl

    der Autor als auch das Publikum selbst ist, dann ist man der ganzen Sache ziemlich nahe

    gekommen. Das Bewusstsein des Einzelnen ist das Bewusstsein der gesamten Menschheit.

    J. Krishnamurti wurde nicht mde, immer wieder auf diese Tatsache hinzuweisen. Es meint

    damit, dass man nicht der Autor seiner persnlichen Taten und Gedanken ist, sondern dass

    man vom Leben gelebt wird. Man ist alle Personen, alle Erzhlungen . und zuvorderst das

    Potential fr alles Erzhlen und Zuhren.

    5 Aus: Elias Canetti, Vom Beruf des Dichters. Im Jnner 1976 hielt er in Mnchen eine berhmt gewordene

    Rede mit diesem Titel.

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    Jeder Mensch hat seine Geschichte zu leben; lebt er sie, dann ist er geistig und psychisch

    gesund. Lebt er sie nicht, verirrt er sich im Labyrinth der Geschichten, findet er sich in

    anderen Geschichten wieder, statt in der eigenen: dann verliert man an Lebenskraft, wird

    krperlich, seelisch und geistig krank. Das Leben findet in dieser Erzhlung nicht jenen

    Ausdruck, den es braucht, um ganz zu sein, d.h. heil. Es ist dann ein verletztes Leben,

    Ergebnis einer angstauslsende Erzhlung. Eine verwirrende Erzhlung, welche die Zuseher

    und Zuhrer verwirrt und den Erzhlenden selber..

    Alle expliziten Erzhlungen haben also ihr Fundament in der Tiefenstruktur aller

    Erzhlungen, im unendlichen Potential kreativer Phantasie. Wenn Erzhlungen dieser Quelle

    entspringen, welche die Wirklichkeit selbst ist, das reine Bewusstsein jenseits aller

    Dualismen, dann sind Erzhlungen heilsam. Und diese implizite Erzhlstruktur

    (Tiefenstruktur) ist nichts anderes wie oben dargestellt - als freischwebende Achtsamkeit,

    wohlwollende Neutralitt. Jedes Baby hat dieses Potential. Es muss sich aber entfalten. Und

    es kann sich nur in freier und kreativer Resonanz ganz entfalten. Jeder Mensch muss seinen

    Lebensweg finden, seine ihm bestimmte Erzhlung verkrpern.

    Dann ist er glcklich. Dann ist er mit sich und der Welt in Frieden.

    Weil wir aber heute in einer fast vollkommen verkehrten und verdrehten Welt leben, deshalb

    gibt es fast nur verwirrende Erzhlungen; gibt es massenweise neurotische und psychotische

    Menschen, die sich ber solche verkehrten Erzhlungen definieren. Ja, wir leben in einer

    verkehrten Welt; aber die meisten wissen es nicht. Und selbst, wenn dieses Wissen dmmern

    sollte, dann wird damit immer noch nicht gewusst, wie man das Krumme wieder gerade

    machen kann. Fast alle Begradigungsversuche machen alles nur noch verkehrter und

    krummer.

    Krmm Dich und verbieg Dich, damit Du Deinen Weg durchs Leben findest! so lautet die

    geheime Devise. Offiziell gilt natrlich: Orientierung am Wahren, Guten und Schnen. Am

    Ntzlichen. Am Glckbringenden.

    Aber die offizielle Doktrin ist Selbsttuschung, denn es gibt heute fast nur unglckliche

    Menschen. Wer ist schon zufrieden mit dem, was er hat? Wer wandelt schon auf seinem

    Lebensweg? Wer lebt ohne innere und uere Konflikte? Wer fhrt schon ein stimmiges

    Leben?

    Es geht bei Biografiearbeit also darum, wohlwollenden Zuhrern und Zuhrerinnen

    solange seine Lebensgeschichte zu erzhlen, bis man in seine eigene Geschichte gefunden

    hat.

    Sprache schafft Realitt

    Sprache spielt beim 'Erschaffen' von Realitt eine zentrale Rolle. 'Am Anfang war das Wort.'

    Am Anfang von 'Realitt' steht die Benennung von Phnomenen. Sprache erschafft auch uns,

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    unser Selbstverstndnis. Nicht wir, knnte man sagen, benutzen Sprache, nein, es ist eher

    umgekehrt: Sprache bedient sich unserer organischen und intellektuellen Fhigkeiten, um

    Realitten zu 'erschaffen'. Das ist eine vllig ungewohnte Betrachtungsweise. Ansatzweise

    wurde sie aber schon zu Zeiten der 'Sprachkritik' entwickelt, wie nachfolgend skizziert

    werden soll:

    >Alfred KORZYBSKI stellt den Menschen als in zwei Welten lebend dar: in einer Welt der

    realen Dinge und deren Beziehungen und in einer Welt der Symbole. Der Mensch nimmt seine

    Umwelt nur durch das Prisma seiner Sprache wahr. Die Sprache ist die "Landkarte" der

    Wirklichkeit. Aber diese Landkarte kann ohne jede Beziehung zum Gelnde, das sie angeblich

    darstellt, hergestellt oder verndert werden. Das menschliche Nervensystem kann darauf

    trainiert werden, allein auf die Landkarte zu reagieren, ohne zu prfen, ob sie genau die

    Realitt darstellt.

    In extremen Fllen wird, nach KORZYBSKI, die ausschlieliche Abhngigkeit von Symbolen,

    die mit der Wirklichkeit identifiziert werden, zur Grundlage des Wahnsinns. KORZYBSKI

    schlug eine Methode vor, um das Seelenleben (das Nervensystem) umzuerziehen, um die

    Aufmerksamkeit von den Symbolen weg auf die hinter ihnen liegende Wirklichkeit zu lenken.

    Diese Methode nannte er allgemeine Semantik.

    "Unsere Vernunft hngt mit dem Gebrauch richtiger Symbole zusammen. Mit zunehmender

    Vernunft wrde sich unser sittliches und ethisches Niveau natrlich heben. Es erscheint

    zwecklos, metaphysische Ethik und Sittlichkeit zu predigen, wenn wir keine Mastbe fr

    geistige Gesundheit haben. Eine grundlegend anormale Person kann sich weder moralisch

    noch ethisch verhalten, auch wenn ihr noch so viel gepredigt wird. Es ist wohlbekannt, dass

    selbst der umgnglichste Mensch mrrisch und irritierbar wird, wenn er krank ist und seine

    sonstigen semantischen Charakteristiken sich dann in hnlicher Weise verndern. Der

    Missbrauch von schdlichen Symbolen ist so schdlich, wie der von schdlicher Nahrung und

    schdlichen Getrnken; er macht die Menschen krank, und dann verwirren sich ihre

    Reaktionen."