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Christian Thomas Kohl Sichtweisen aus Asien und Europa. Das zwischen den Dingen Liegende. Nagarjuna und A.N. Whitehead. 1

Whitehead und Nagarjuna

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Denkweisen aus Asien und Europa.Selbst scharfen Denkern fällt es mitunter schwer, die Entsprechungen zwischen Ideen zu sehen, die in unterschiedlichen Sprechweisen formuliert und durch unterschiedliche Beispiele illustriert worden sind. A. N. Whitehead

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Page 1: Whitehead und Nagarjuna

Christian Thomas Kohl

Sichtweisen aus Asien und Europa.

Das zwischen den Dingen Liegende.

Nagarjuna und A.N. Whitehead.

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Abstract

In diesem Text geht es um das zwischen den Dingen Liegende und um den Begriff der

Abhängigkeit und um zahlreiche ganz ähnliche Begriffe, die A. N. Whitehead verwendet, um ein

Prinzip zum Ausdruck zu bringen. Ein viel früherer Hinweis auf das zwischen den Dingen Liegende

stammt von dem indischen Philosophen Nagarjuna. Es ist das Terrain der Unschärfe, des Nebels,

des Halbdunkels, der Übergänge und der Ungewissheit, auf dem wir dennoch, mit einer Klarheit,

über die wir im Leben nur selten verfügen, all das sehen, was zu ihm gehört. Bei beiden

Philosophen gibt es Dutzende von Begriffen und Bildern, die sich vom Denken an ein Objekt lösen,

um sich mehr auf das zu konzentrieren, was zwischen den Dingen passiert, auf die Zwischenräume

und Zwischenzustände. Mein Beispiel dafür ist ein Vogelschwarm, bei dem sich die einzelnen

Vögel nicht berühren, ohne dabei auseinander zu fallen. Eine solche Idee von einem

Zwischenzustand lässt sich nicht auf einen einzigen Begriff festnageln, der die Vielfalt der

Beziehungen zum Ausdruck bringen könnte.

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„Selbst scharfen Denkern fällt es mitunter schwer, die

Entsprechungen zwischen Ideen zu sehen, die in

unterschiedlichen Sprechweisen formuliert und durch

unterschiedliche Beispiele illustriert worden sind. Manchmal

ist es zwischen Philosophien, die genau die gleiche Idee auf

verschiedene Weise formuliert hatten, zum erbitterten Streit

gekommen. Deshalb muss man, wenn man in der Religion

einen neuen Anfang machen will, der auf Ideen von profunder

Allgemeinheit basiert, darauf gefasst sein, dass es tausend

Jahre dauer, bis er sich durchsetzen kann. Religionen sind in

dieser Beziehung wie die Spezies im Tierreich: keine von ihnen

entsteht durch einen spontanen Schöpfungsakt in endgültiger

Gestalt (A. N. Whitehead, Abenteuer der Ideen, 323).

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Vorbemerkung

A. N. Whitehead, Denkweisen, Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2001: “Philosophische

Wahrheiten sind daher eher in den Voraussetzungen der Sprache als in ausdrücklichen

Feststellungen zu suchen”(S. 45). “Verbundenheit ist das Wesen jeglicher Art von Dingen”.(...)

„Keine Tatsache ist nur sie selbst”.(...) “Dies bedeutet, dass immer da, wo ein Einzelfaktum erörtert

wird, eine Voraussetzung unterschlagen wird, nämlich die Koordination mit der Umgebung, die

erforderlich ist für die Existenz dieses Faktums”. (S.54) “Die Tatsache ist eine Abstraktion, zu der

man gelangt, wenn man das Denken auf rein formale Beziehungen beschränkt, die schließlich als

endliche Realität maskiert werden. Darum fällt Wissenschaft in ihrer Perfektion auf das Studium

von Differentialgleichungen zurück. Die wirkliche Welt ist der Wissenschaft durch das Netz

gegangen”. (S. 62) “Philosophie ist die Kritik der Abstraktionen, die spezifische Denkweisen

beherrschen”.(S.89) “Diese gegenseitige Durchdringung ist eine fundamentale Erfahrungstatsache”.

(S. 93) “Die Definition der Umgebung ist genau das, was in speziellen Abstraktionen übergangen

wird”. (S. 95) “So suggerieren zum Beispiel einzelne Wörter, jeweils in ihrer lexikalischen

Bedeutung, und einzelne Sätze, abgetrennt durch Schlusspunkte, die Möglichkeit, vollständig von

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jeglicher Umwelt abstrahierbar zu sein. So kann man durchaus sagen, dass das Problem der

Philosophie darin besteht, wechselseitige Verbindungen von Dingen zu verstehen, die auch ohne

Bezug zueinander verstanden werden können. Aber eben diese Voraussetzung ist irrig. Wir sollten

uns von ihr verabschieden und davon ausgehen, dass jede Entität – welcher Art auch immer –

notwendigerweise über eine für sie wesentliche Verbindung mit dem Universum der Dinge verfügt.

Diese Verbindung kann als die Seinsweise betrachtet werden”.(S. 105) “Alles, was in irgendeinem

Sinne existiert, hat zwei Seiten, sein individuelles Selbst und seine Signifikanz im Universum. Und

jeder dieser Aspekte ist ein Faktor des anderen”. (S. 146) “Die Umwelt dringt in die Natur jedes

einzelnen Dings ein”. (S. 170)

1. Einleitung

In der Geschichte des Buddhismus ist der indische Philosoph Nagarjuna, der wahrscheinlich im 2.

Jahrhundert lebte, besonders durch zwei Schlüsselbegriffe seiner Philosophie bekannt geworden, es

sind die Sanskritworte ‚Sunyata‘ und ‚pratityasamutpada‘. Auf diese Begriffe haben sich nicht

etwa Philosophen, sondern ausgerechnet Philologen, also Sprachwissenschaftler, Indologen,

gestürzt.

„Schwerpunkt der klassischen Indologie war seit ihren ersten Anfängen die

Sanskrit-Philologie, bereits in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts kamen

Studien der mittelindischen Sprachen (Pali und Prakrit-Dialekte) hinzu.

Viele von der klassischen Indologie erstellte Übersetzungen oder Fachartikel

bereicherten andere Wissenschaften wie zum Beispiel die vergleichende

Sprach- und Religionswissenschaft oder Archäologie. Auch für die Zukunft

bleiben noch zahlreiche Aufgaben, so etwa die deutsche Übersetzung wichtiger

Sanskrit-Texte, die bislang nur in – oft unvollkommener – englischer

Übertragung vorliegen.

Seit den 1960er Jahren widmet sich die Indologie zunehmend auch dem Studium

der neuindischen Sprachen, insbesondere den nordindischen Sprachen Hindi und

Bengali sowie den südindischen Tamil und Kannada. Bereits 1961 stellte

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Helmuth von Glasenapp in seinem Standardwerk „Die Literaturen Indiens“ die

Literatur dieser und anderer Sprachen vor.“

http://de.wikipedia.org/wiki/Indologie

Sie haben Sunyata meistens mit dem deutschen Wort ‚Leerheit‘ übersetzt und pratityasamutpada

mit der Bezeichnung ‚abhängiges Entstehen‘. Diese Übersetzungen von einzelnen Wörtern, jeweils

in ihrer lexikalischen Bedeutung, ohne Rücksicht auf den Textzusammenhang und auf die

ausgesprochenen und nicht ausgesprochenen philosophischen Ideen, die dem Text zugrundeliegen

und zahllose philologische Interpretationen haben den Eindruck hervorgerufen, Nagarjuna hätte die

Dinge für leer, illusorisch, nicht real, nicht existierend gehalten, für eine Halluzination oder Fiktion.

Stellvertretend möchte ich hier nur zwei herausragende, bedeutende Indologen nennen. L.

Schmithausen schreibt, über den Begriff Sunyata bei Nagarjuna: „Das Zustandekommen in

Abhängigkeit von anderem läuft somit auf [In-Wahrheit] Nichtzustandekommen, auf [In-Wahrheit]

Nichtexistieren hinaus, die Eigenwesenlosogkeit [nihsvabhavata] auf Sunyata im Sinne von

Nichtigkeit“ ( L. Schmithausen, in: Historisches Wörterbuch der Philosophie, Joachim Ritter,

Karlfried Gründer [Hg.]; Bd. 10, Basel 1998, S. 629). Demnach soll Sunyata das

Nichtzustandekommen, die Nichtexistenz oder die Nichtigkeit der Gegebenheiten [dharma]

bezeichnen. An diesem Punkt überschreitet Schmithausen eine Grenze. Es ist eine unzulässige

Verallgemeinerung, die Idee der Abhängigkeit der Dinge, die Idee von einem Zwischenzustand, in

dem sich die Dinge befinden, auf die tatsächliche Existenz der Dinge auszudehnen und das Dasein

in seiner einfachen Tatsächlichkeit in Abrede zu stellen. Etienne Lamotte, ein herausragender

Indologe und Übersetzer und Kenner der Werke Nagarjunas hatte Nagarjuna folgendermaßen

verstanden: „Nicht aufgrund einer Leerheit sind die Wesen und Gegebenheiten leer, sondern sie sind

leer, weil sie nicht sind“ ( Etienne Lamotte, Der Mahayana-Buddhismus, in: Heinz Becher &

Richard Gombrich, Die Welt des Buddhismus, München 2002, S. 93). Dadurch wollen uns

Indologen, überzeugen, in den philosophischen Arbeiten Nagarjunas ginge es um ‚nichts‘, um die

Nichtexistenz der Dinge, sie würden im buchstäblichen Sinn Leere und Abwesenheit von Inhalt

illustrieren. Immer wenn ich höre und lese, der Buddha oder Nagarjuna sollen die Dinge dieser Welt

als ein Nichts oder als eine pure Illusion oder als eine Fiktion und Einbildung erklärt haben überfällt

mich ein Gefühl der Trägkeit, von Langeweile, von Misstrauen, Argwohn und Skepsis über solch

verdrehte, absurde Beleidigungen des gesunden Menschenverstandes und der sinnlichen

Wahrnehmung. Solch ein Unsinn soll der Buddha Sakyamuni gelehrt haben? An solch einen

Schwindel muss man glauben, um Buddhist zu sein? Aber leider ist soetwas zu einem indologischen

und philologischen Standard der vergangenen 100 Jahren geworden. Soll das die philosophische

Idee und die Aussage Nagarjunas sein? Soll das seinem Geist und seinen Absichten entsprechen?

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Wollte Nagarjuna die Außenwelt leugnen? Wollte er zurückweisen, was offensichtlich existiert?

Wollte Nagarjuna die Welt in der wir leben, infrage stellen? War Nagarjuna ein 'Nihilist'? Zu

derartig exotischen, skurilen, absurde und lächerliche Interpretationen können wir kommen, wenn

wir die Bedeutung von zwei zentralen Begriffen übersetzen, ohne nach den Idee zu fragen, die den

Begriffen und dem ganzen Text zugrunde liegen. Denn mit solchen Fragen nach den Ideen, die

einem Begriff und einem Text zugrunde liegen, beginnt eine philosophische Untersuchung. Mit

solchen Fragen sind wir nicht am Ende, sondern am Anfang eines philosophischen Verstehens

angekommen. Sprachwissenschaftler überschreiten ihre Kompetenz, wenn es um eine

philosophische Interpretation der grundlegenden Ideen Nagarjunas geht.

Für solche Fragen ist der Bibelübersetzer Martin Luther (1483 – 1546) bekannt geworden. In der

Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 29. April 2015 schreibt Reinhard Binger über eine Korrektur

der Lutherbibel durch die Evangelische Kirche Deutschlands und nennt die Gründe, warum

Theologen im Jahre 2015 an unzähligen Stellen zum Deutsch Martin Luthers zurückkehren. Binger

schreibt:

„Charakteristisch für Luthers Übersetzung war insgesamt, dass er recht frei mit den einzelnen

Wörtern der Urtexte umging. ‚Die Grammatik soll nicht über die Bedeutung herrschen‘, sagte

Luther einmal. Übersetzung war für den Reformator immer auch Auslegung. Nicht die Bedeutung

einzelner Worte, sondern die Theologie eines Textes wollte er so präzise und prägnant wie möglich

ins Deutsche übertragen. Vom Ergebnis sind die in Leipzig versammelten Fachleute noch immer

angetan“.

Nagarjuna hat bisher keinen philosophischen Übersetzer vom Rang Martin Luthers gefunden, wir

sind durch philologische Methoden des Übersetzens noch immer mit dem Ergebnis konfrontiert,

dass Nagarjunas Philosophie als nihilistisch, schwierig, bestenfalls exotisch gilt. Auch werden ihr

viele paradoxe Tiefsinnigkeiten unterstellt, mit denen uns Nagarjuna Rätsel aufgegeben haben soll.

‘Sunyata‘ wird von Philologen meistens mit Leerheit übersetz und dann fügen sie hinzu, mit diesem

Begriff sei aber eigentlich nicht Leerheit gemeint. Dadurch wollen sie uns dann weismachen,

Nagarjunas Philosophie könne mit europäischen philosophischen Ideen kaum verstanden,

verglichen und interpretiert werden.

Während Nagarjuna bei Indologen und Sprachwissenschaftlern eine Hochkonjunktur erlebt, haben

sich europäische Philosophen im 19. und 20. Jahrhundert nur ganz selten mit indischen

Philosophien auseinander gesetzt. Indische Philosophie war für sie bestenfalls eine Weisheitslehre,

aber keine Philosophie. Darauf ist der Philosophie-Historiker Elmar Holenstein in seinem

Philosophie-Atlas eingegangen. Holenstein schreibt:

„Der Forschungsstand ist heute ein anderer als in den Jahrzehnten unmittelbar vor und nach 1800.

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Zu viele der wahrhaft großen Philosophen außerhalb Europas waren Kant (1724 -1804) und Hegel

(1770 – 1831) wohl noch nicht einmal dem Namen nach vertraut, etwa Nagarjuna, Vasubandhu,

Bhartrihari, Dharmakirti, Shankara, Gangesha in Süd-Asien, Xun Zi, Wang Bi, Fazang Zhu Xi,

Wang Yangming, Yi Hwang und Ogyu Sorai in Ostasien“. (…) Von der Mehrzahl dieser Gelehrten

sind Texte überhaupt erst im Verlauf des 20. Jahrhunderts in europäische Sprachen zugänglich

gemacht worden“(1).

Eine bedeutende Ausnahme war übrigens der Philosoph Karl Theodor Jaspers (1883 – 1969).

Nagarjuna hat seine Idee von der Wirklichkeit keineswegs nur in den Begriffen 'Sunyata' und

'Pratityasamutpada' zum Ausdruck gebracht. Diese beiden Sanskrit-Begriffe sind nur eine

zusammenfassende Verallgemeinerung von 25 Gleichnissen, mit denen er die Wirklichkeit

untersucht und dargestellt hat.

Welche Ideen liegen diesen 25 Gleichnissen zugrunde? Eigentlich nur eine einzige Idee, die auf

dem wiederholten Hinweis auf das zwischen den Dingen Liegende besteht und die mit

verschiedenen Begriffen bezeichnet wird, mit dem Begriff des Zusammenhangs der Dinge, mit dem

Begriff der Abhängigkeit und mit den Begriffen des Zusammenseins und des Nicht-

Zusammenseins. Das sind alles vage Begriffe, die schwer zu übersetzen sind. Auch ergänzende

Begriffe aus anderen Philosophien und Wissenschaften können nicht die vage Bedeutung auflösen.

Ich meine solche Begriffe wie Bindungen, Verschränkungen, Zwischenräume, Verwicklungen,

Verflochtenheit, Wechselspiel, Verbundenheit der Dinge. Diese und zahlreiche weitere Begriffe

drücken nur einen jeweiligen Aspekt von dem aus, was zwischen den Dingen passiert. „Jedes

Einzelding muss notwendigerweise eine Modifikation seiner Umwelt sein und muss aus ihr

herausgelöst unverständlich bleiben“ (A. N. Whitehead in Abenteuer der Ideen, S. 298). Bis heute

gibt es keinen einzelnen, einzigen oder zusammenfassenden Begriff. Warum nicht? Einfach

deswegen, weil jeder dieser ganz ähnlichen Begriffe nur einen etwas anderen Aspekt zum Ausdruck

bringt. Es ist nicht immer von genau demselben Sachverhalt die Rede. Die Worte Sunyata und

Pratityasamutpada können nur als Sammelbegriffe für das zwischen den Dingen Liegende

verstanden werden. Sunyata und Pratityasamutpada lassen sich nicht auf ein einziges Wort, auf

einen einzigen Begriff festnageln.

Die Hauptströmungen der europäischen Philosophien sind ganz andere Wege gegangen. Sie haben

vor allem seit Platon (428 – 348 vor Christus) die Ideen des Absoluten, des Seins und der Substanz

oder aber seit René Descartes (1596 – 1650) das unabhängige Subjekt thematisiert. Sie konnten seit

Aristoteles (384 – 322 vor Christus) mit Zwischenzuständen gar nichts anfangen. Denn Aristoteles

hatte ein logisches Prinzip formuliert nach dem ein Sachverhalt entweder besteht oder nicht, tertium

non datur, ein Drittes gibt es nicht. Diesem Prinzip wagten erst im 20. Jahrhundert einige

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Mathematiker und Physiker zu widersprechen. Für die Mathematik war es Jan Brouwer (1881 –

1966). Allerdings gibt es in der europäischen Philosophie des 20. Jahrhunderts vereinzelte Ansätze,

die in die gleiche Richtung weisen, in die Nagarjuna vor fast 2000 Jahren gegangen ist. Es sind

Ansätze, die durchaus mit Zwischenzuständen etwas anfangen konnten. Ein Ansatz ist von A.N.

Whitehead (1861 – 1947) im 20. Jahrhundert vertreten worden. Er soll in kurz gefasster Form mit

Nagarjunas Ansatz verglichen werden.

2. A. N. Whitehead

A. N. Whitehead war in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein außerordentlicher Mathematiker,

Philosoph und Wissenschaftsphilosoph, der die philosophische Tradition Europas als eine Reihe von

Fußnoten zu Platon charakterisierte und sie gegen den Strich bürstete, aber auch enorm viel von ihr

lernte, um die beiden grundlegenden Ideen der europäischen Philosophie, die Ideen des Absoluten

und des unabhängigen Subjekts, abzuschütteln und hinter sich zu lassen. Damit hat Whitehead den

europäischen Denkweisen eine neue Richtung gegeben. Welche Richtung? Auf das zwischen den

Dingen Liegende, wie es Albert Einstein für die Physik seit Faraday formulierte. Auf die Mitte, auf

die Vereinigung, auf den Durchgang, den Übergang, auf die Beziehung und das Band zwischen den

Dingen, auf den Kontakt, wie es Vincenzo Gioberti 1864 in Neapel für die europäischen

Denkweisen formulierte (2).

Whiteheads organistische Prozessphilosophie ist von Christoph Kann zusammengefasst worden und

soll hier nicht noch einmal dargestellt werden. Doch dient seine meisterhafte Zusammenfassung als

eine bequeme Grundlage für diesen kleinen Überblick: Christoph Kann, Fußnoten zu Platon.

Philosophiegeschichte bei A. N. Whitehead. Felix Meiner Verlag Hamburg 2001.

Hier soll an einen wichtigen Punkt der Philosophie Whiteheads erinnert werden. Ich meine vor

allem den Begriffe der wechselseitigen Abhängigkeiten der Dinge und ganz ähnliche Begriffe, die

ich ohne einen Vollständigkeitsanspruch darstellen möchte. Sie lassen sich nicht auf einen Begriff

bringen.

Whitehead verwendet immer wieder andere Begriffe, er lässt sich nicht auf einen Begriff festnageln,

„denn der voreilige Gebrauch irgendeines geläufigen Worts muss unweigerlich dazu führen,“ meint

Whitehead in Abenteuer der Ideen, „dass wir den angestrebten Grad von Allgemeinheit nicht

erreichen“. „Wir brauchen die Ausdrücke „zusammen“, „das immanent Schöpferische“, „die

Konkreszenz“, „das Erfassen“, „das Fühlen“, „die subjektive Form“, „die Gegebenheiten“,

„Wirklichkeit“, „Werden“ und „Prozess“, sagt Whitehead.

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Relationalität oder die wechselseitige Abhängigkeit der Dinge. Für diese und ähnliche Begriffe hat

sich weder bei Whitehead selber noch in seiner Wirkungsgeschichte ein einzelner Begriff

durchgesetzt. Wie beiläufig taucht der Begriff der Abhängigkeit auf, wenn eine unabhängige,

unbewegliche, starre Existenz der Dinge negiert wird (Seite 66 bei Christoph Kann).

Wie ein roter Faden durchzieht er Whiteheads Gesamtwerk. Wirkliche, konkrete Dinge sind

abhängig von anderen konkreten Dingen, sie befinden sich in einer Vernetzung mit ihrer realen Welt

(Seite 196). Whitehead spricht von einer offensichtlichen Verbundenheit des Universums (Seite

201). An einer anderen Stelle ist von Relationen die Rede, sie bezeichnen die Beziehungen oder

auch die inneren Relationen, die alle Realität aneinander binden (Seite 208).

Bei unseren Anschauungen - macht Whitehead gegenüber Immanuel Kant geltend – geht es nicht

nur um abstrakte Daten. Den Daten entsprechen wechselseitige Zusammenhänge der Realisierung

(Seite 229) in einem mehrstufigen Empfindungsprozess. Christoph Kann fasst Whitehead's

Sichtweise zusammen: „Initiiert durch die Aristotelische Substanzmetaphysik hat für Whitehead

die Philosophie einen Weg eingeschlagen, der den Gesichtspunkt einer universellen Bezogenheit der

Erfahrungswirklichkeit sowie den platonisch Grundgedanken vom Sein als Werden preisgegeben

hat“ (Seite 239).

Bei der Substanzmetaphysik bleibe - nach Whitehead – die Frage nach Zusammenhängen und

Beziehungen zwischen den Dingen außerhalb der Betrachtung, eine Welt, in der es Beziehungen

zwischen realen Individuen gibt, wird „schlechthin unverständlich“ (Seite 126).

Whitehead meint, auch bei den mathematischen Grundlagen der Physik Isaak Newtons lassen sich

keine inneren Gründe des Zusammenwirkens angeben (Seite 181). Es fehlen reale Beziehungen zu

realen Subjekten und realen Objekten (Seite 171). Auch fehlt die Kategorie des Bezogenseins der

Dinge, schreibt Whitehead an einer anderen Stelle mit gänz ähnlichen Worten (Seite 132). Denn

gemäß unserem natürlichen Bewusstsein und unserer Selbsterfahrung erscheint die Natur nicht als

ein Nebeneinander isolierter Materieteilchen, sondern als ein Geflecht organisch verbundener

Wesenheiten (Seite 182).

Dieses Geflecht zwischen den Dingen, taucht unter verschiedenen Bezeichnungen auf. Whitehead

nennt es auch Beziehungsfeld (Seite 183), manchmal ist von einer notwendigen Kohärenz oder

Bezogenheit aller Glieder eines Systems die Rede (Seite 108) oder von einem Kraftfeld (Seite 185)

oder von elementaren Prozesseinheiten, die den materiellen Dingen zugrunde liegen, statt der

überholten Idee eines leeren Raumes (Seite 185).

Whitehead weist darauf hin, in der neuen Physik gebe es eine Wechselwirkung mit der Umgebung

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(Seite 186), atomare Einheiten werden von einem Feld umfasst, das zugleich das Feld anderer

Organismen ist (Seite 187). Hier wird deutlich, wie Whitehead Einheiten der Physik zum Modell

für seinen Begriff einer organistischen Wirklichkeit nimmt, wie Christoph Kann zutreffende betont

(S. 188).

Es geht Whitehead immer wieder um die wesentliche Verbundenheit der Dinge (S. 127) und um den

Strukturzusammenhang der Geschehnisse (S. 187), was manchmal nexus oder

Funktionszusammenhang genannt wird (S. 188).

3. Nagarjuna

„Wenn Darwin oder Einstein Theorien verkünden, die unsere Ideen modifizieren, dann ist das ein

Triumph der Wissenschaft. Wir sagen nicht, dass die Wissenschaft schon wieder eine Niederlage

erlitten hat, weil ihre alten Ideen aufgegeben wurden. Wir wissen, dass ein weiterer Schritt der

wissenschaftlichen Einsicht gelungen ist. Die Religion wird ihre alte Kraft nicht wieder erlangen,

solange sie Veränderungen nicht in demselben Geiste begegnen kann wie die Wissenschaft. Ihre

Prinzipien mögen zeitlos sein, aber der Ausdruck dieser Prinzipien verlangt eine kontinuierliche

Weiterentwicklung“. [A.N. Whitehead. Wissenschaft und moderne Welt. 219]

Nagarjuna war einer der bedeutender und einflussreicher buddhistischer Philosophe Indiens.

Wahrscheinlich lebte er im 2. Jahrhundert. In seinem Hauptwerk, Mulamadhyamaka-Karika,

Lehrstrophen über die grundlegenden Lehren des Mittleren Weges [MMK (2)], war die erste Frage

nicht die nach dem Geist oder dem Bewusstsein, sondern nach den Dingen der Welt, in der wir

leben. Besonders hat Nagarjuna auf die Abhängigkeit der physischen Objekte von anderen Objekten

hingewiesen. Dadurch hatte er eine neue Sichtweise für das zwischen den Dingen Liegende

eröffnet.

Hier ein Überblick von einigen Bildern von abhängigen, an einander gebundenen Objekten, die

Nagarjuna in den 25. Kapiteln der MMK untersucht. Seine Bilder, Metaphern, Allegorien oder

symbolische Beispiele haben eine Frische und Realitätsnähe, die abstrakte philosophische Ideen und

Begriffe nie erreichen können:

1. Ein Ding und seine Ursache. 2. Der Geher, das Gehen und die begangene Strecke. 3. Der Seher

und das Sehen. 4. Ursache und Wirkung. 5. Kennzeichen und Zu-Kennzeichnendes. 6. Leidenschaft

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und der von Leidenschaft Ergriffene. 7. Entstehen, Bestehen und Vergehen. 8. Tat und Täter. 9. Der

Sehende und das Sehen. 10. Feuer und Brennstoff. 11. Anfang und Ende. Leid und Ursachen des

Leids. 13. Der Junge und der Alte, süße Milch und saure Milch. 14. Etwas und etwas anderes. 15.

Der Begriff des Seins und der Begriff des Nichts. 16. Bindung und Befreiung. 17. Tat und ihre

Frucht. 18. Der Begriff der Identität und der Begriff der Verschiedenheit. 19. Vergangenheit,

Gegenwart und Zukunft. 20. Der Grund und die Frucht. 21. Entstehen und Vergehen. 22. Der

ttGedanke ‚den Buddha gibt es über den Tod hinaus’ und der Gedanke ‚es gibt ihn nicht’. 23. Das

Reine und das Unreine. 24. Der Buddha und bodhi [Erwachen]. 25. Nirvana und das Seiende.

Mein Kommentar: Ein Ding ist nicht unabhängig von seinen Bedingungen, aber auch nicht

identisch mit ihnen, ein Geher existiert nicht ohne eine begangene Strecke, aber er ist auch nicht

eins mit ihr. Bei einem Seher gibt es weder eine Identität mit dem Sehen, noch eine Trennung vom

Sehen. Es gibt keine Ursache ohne eine Wirkung und keine Wirkung ohne eine Ursache. Der

Begriff ‚Ursache’ hat keine Bedeutung ohne den ergänzenden Begriff der ‚Wirkung’. Ursache und

Wirkung sind nicht eins, aber sie fallen auch nicht in zwei getrennte Begriffe auseinander. Ohne ein

Kennzeichen können wir nicht von einem Zu-Kennzeichnenden sprechen und umgekehrt. Wie sollte

es einen von Leidenschaft Ergriffenen geben, ohne Leidenschaft? Ohne eine Tat gibt es keinen

Täter, ohne Brennstoff kein Feuer.

Bei diesen Bildern, die meistens aus Zwei-Körper-Systemen, manchmal aus zwei oder drei

Begriffen bestehen, sind die Körper oder Begriffe nicht eins, aber sie fallen auch nicht auseinander.

Die Körper sind abhängig von einander, sie sind aneinander gebunden. Sie befinden sich in einem

Zwischenzustand, in dem sie weder richtig zusammen, noch richtig getrennt sind. Etwas passiert

zwischen ihnen. Das ist der erste und wichtigste Aspekt der Philosophie Nagarjunas. Er soll uns

öffnen für das zwischen den Dingen Liegende und für einen Umgang mit den Dingen, bei denen wir

nicht immer auf Granit beißen müssen, bei dem wir das Loslassen lernen können.

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Page 13: Whitehead und Nagarjuna

Abb. 1. MMK, 1. Kapitel : Ursache und Wirkung. Eine Hochgeschwindigkeits-Photographie von Harold E. Edgerton. Foto: http://www.artsology.com/gfx/edgerton/edgerton_banana.jpgKommentar: Ein Geschoss, das gerade durch eine Banane durchgedrungen ist. Die Durchdringung des Geschosses ist die direkte Ursache für die Wirkung: die Banane beginnt zu platzen. Das Durchdringen und der Beginn des Platzens passieren in demselben Moment. Ursache und direkte Nahwirkung können nicht von einander getrennt werden, weder zeitlich noch räumlich. Beide Prozesse sind nicht dasselbe, aber es sind auch nicht zwei getrennte Prozesse. Es gibt nicht erst das Durchdringen des Geschosses und später den Beginn des Platzens. Die zwei Prozesse sind abhängig von einander. Sie sind aneinander gebunden. Sie befinden sich in einem Zwischenzustand, in dem sie weder zusammen, noch getrennt sind. (etwas passiert zwischen ihnen).

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Abb. 2. MMK, 2. Kapitel: Ein Läufer und die gelaufene Strecke. http://images.wallpapersmela.com/2014/08/Usain-bolt-HD-wallpapers.jpg Usain Bolt (links im Bild). Kommentar: Ein Mensch ist nicht unabhängig von seinen Bedingungen, aber auch nicht identisch mit ihnen. Ein Läufer existiert nicht ohne eine gelaufene Strecke, aber er ist auch nicht eins mit ihr. Ein Läufer und die gelaufene Strecke sind weder eins noch zwei getrennte Körper. Das wichtigste Kennzeichen der Körper ist ihre Interdependenz und die sich daraus ergebende Substanzlosigkeit, die Unmöglichkeit allein und unabhängig zu existieren.

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Abb. 3. MMK, 8. Kapitel: Tat und Täter. Foto: http://fighting.de/wp-content/uploads/2012/04/fighting.jpgKommentar: Wenn es keine Tat gibt, gibt es auch keinen Täter. Beide existieren nicht für sich alleine. Tat und Täter sind keine isolierten Komponenten. Sie entstehen nur in Abhängigkeit von einander. Sie sind aneinander gebunden. Nicht das Verhalten von Körpern, sondern das zwischen ihnen Liegende, das Zusammenspiel, das motorische Nervensystem, zwischen einem Täter, dem Boxer, und seiner Tat, dem Schlag, ist entscheidend.

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Page 16: Whitehead und Nagarjuna

Abb. 4. MMK.10. Kapitel: Feuer und Brennstoff. http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/f/fa/Lightmatter_firebreath.jpgKommentar: Ohne Feuer gibt es keinen Brennstoff. Ohne Brennstoff gibt es kein Feuer. Die materiellen oder immateriellen Komponenten eines Zwei-Körper-Systems existieren nicht isoliert, sie sind nicht eins und existieren doch nicht unabhängig von einander. Etwas passiert zwischen diesen Körpern und deswegen sind sie nicht substantiell real. Nagarjuna betont eine zentrale Idee: Die Körper sind nicht getrennt und sie sind nicht eins. Das wichtigste Kennzeichen der Körper ist ihre Abhängigkeit von einander und ihre Bindung aneinander.

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Page 17: Whitehead und Nagarjuna

4. ErgebnisNagarjuna und Whitehead haben es abgelehnt, sich auf einen einzigen Begriff festzulegen, der das

zwischen den Dingen Liegende bezeichnet. Sogar solche wichtigen Bezeichnungen wie

Zwischenzustände der Dinge, die Zwischenräume, die Zwischenbereiche und die verflochtenen

Zusammenhänge sind nicht umfassend.

Die Dinge gleichen einem Regenbogen oder einer schwebenden, luftigen, in einander fließenden,

leichten Wolke. Durch ihre Bindungen haben sie auch etwas Unwirkliches an sich, das sich schwer

in Worten aber vielleicht etwas leichter in Bildern darstellen lässt. Bei einem Zwischenzustand

verklumpen die Dinge nicht miteinander, aber sie sind auch nicht getrennt voneinander, ganz

ähnlich wie bei einem Vogelschwarm die Einheit nicht durch einen Zusammenprall der einzelnen

Vögel hergestellt wird. Welch ein befreiender Anblick!

1. https://www.youtube.com/watch?v=XH-groCeKbE

2. http://www.weltderphysik.de/gebiete/fluide/news/2013/rollende-schwaerme-mikrokugeln-

organisieren-sich-selbst/

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Page 18: Whitehead und Nagarjuna

5. Anhang I

A. N. Whitehead: „Abenteuer der Ideen“

„Ohne Bildung kann man moralisch, religiös und entzückend sein. Aber man ist nicht

vollständig zivilisiert. Es mangelt an feinem und genauem Ausdruck“[A.N. Whitehead,

Denkweisen, S. 200]

Einige Textpassagen aus Whiteheads Buch „Abenteuer der Ideen“ [A.N. Whitehead. Abenteuer der

Ideen. Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 1971] sollen die eben erwähnten einzelnen Begriffe

zusammenhängend darstellen und seine philosophischen Methoden kurz erläutern.

Whitehead schreibt dort: „Die Aufgabe der Philosophie besteht darin, eine Zusammenordnung von

Ideen auszuarbeiten, die sich in den konkreten Fakten der realen Welt manifestieren soll. Sie sucht

nach den allgemeinen Zügen, die die vollständige Realität eines Faktums charakterisieren, und ohne

die jedes Faktum den Charakter einer Abstraktion annehmen müsste. Die Wissenschaft dagegen

abstrahiert und begnügt sich damit, das Faktum nicht in seiner Vollständigkeit, sondern nur im

Hinblick auf gewisse wesentliche Aspekte zu verstehen. Die Wissenschaft und die Philosophie

kritisieren sich wechselseitig, und die eine regt immer das Vorstellungsvermögen der anderen an.

Philosophische Systeme haben die Aufgabe, die konkreten Fakten zu erleuchten, von denen die

Einzelwissenschaften abstrahieren. Und die Einzelwissenschaften sollten ihre Prinzipien in den

konkreten Fakten finden, die das philosophische System ihnen präsentiert. Die Geschichte des

Denkens ist die Geschichte der Fehlschläge und Erfolge dieses gemeinsamen Unternehmens“(S.

286).

Etwas später lesen wir: „Die griechische Auffassung vom gegliederten Zusammenhang der

Harmonie ist durch den Fortschritt des Denkens gerechtfertigt worden. Aber die lebhafte

Vorstellungskraft der Griechen neigte auch dazu, jeden Faktor des Universums mit einer ganz

eigenständigen Individualität auszustatten, wie sie sich z. B. in dem selbstgenügsamen Reich der

Ideen beobachten lässt, das in Platons frühem Denken dominierte und hin und wieder auch in seinen

späteren Dialogen noch durchschlägt. Man kann den Griechen aus dieser exzessiven

Individualisierung keinen Vorwurf machen. Denn schließlich baut ja unser ganzes Sprechen auf

dem gleichen Irrtum auf. Wir sprechen habituell von Steinen, Planeten und von Tieren, ganz so, als

ob es möglich wäre, dass ein individuelles Ding auch nur einen Augenblick lang losgelöst von

seiner Umwelt existieren könnte, die in Wahrheit doch ein notwendiger Bestandteil seines eigenen

Wesens ist. Diese Weise des Abstrahierens ist einfach eine Denknotwendigkeit, bei der die

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entsprechende systematisch geordnete Umwelt stillschweigend vorausgesetzt und in den

Hintergrund verdrängt wird. Das ist eine Feststellung, der man nicht widersprechen kann“(S. 297).

„Die Newtonsche Physik“, so schreibt Whitehead einige Seiten danach, „beruht auf der

Vorstellung, dass jedes Stück Materie eine vollkommen unabhängige Individualität besitzt: jeder

Stein müsste sich danach absolut vollständig beschreiben lassen, ohne dass man auf irgendeinen

anderen materiellen Körper einzugehen brauchte. Es wäre denkbar, dass er sich - gleichsam als der

einzige Bewohner des Universums – allein in einem überall gleichförmigen Raum befände und

immer noch der gleiche Stein wäre, der er jetzt ist. Und es wäre auch nicht nötig, bei seiner

Beschreibung auf seine Vergangenheit oder Zukunft einzugehen: er lässt sich immer jetzt, in diesem

Augenblick, vollkommen adäquat begreifen.

Das ist die konsequente Newtonsche Grundvorstellung, die im Lauf der Entwicklung der modernen

Physik Stück für Stück verschwand und preisgegeben wurde. Sie beruht ganz und gar auf der

Annahme der ‚eindeutigen Lokalisierbarkeit‘ (simple location) und der ‚Äußerlichkeit‘ aller

Beziehungen zwischen Körpern ( external relations), wobei es allerdings im letzteren Punkt zu

einigen Meinungsverschiedenheiten kam. Newton neigte dazu, diese Beziehungen als Druck und

Stoß zwischen sich berührenden Körpern aufzufassen; seine unmittelbaren Nachfolger – so z.B.

Roger Cotes – fügten dem noch den Begriff der Fernwirkung hinzu. In beiden Fällen aber blieb das,

was vorlag, ein rein in der Gegenwart aufgehendes Faktum, nämlich das Bestehen einer äußerlichen

Beziehung zwischen Körpern, die sich entweder berührten oder voneinander entfernt waren.

Die gegenteilige Auffassung, nach der Beziehungen ‚intern‘ beziehungsweise wesenszugehörig

sind, ist in ihrer Darstellung meist durch eine Sprache verzerrt worden, die die Äußerlichkeit der

Beziehungen im Sinne Newtons als Voraussetzung enthält. Den meisten Vertretern dieser

Auffassung, selbst F.H. Bradley, ist es so gegangen. Man muss sich hier darüber klar werden, dass

nicht nur Beziehungen die durch sie zueinander in Beziehung gesetzten Dinge modifizieren,

sondern dass auch das Umgekehrte gilt und die Dinge das Wesen der zwischen ihnen bestehenden

Beziehungen modifizieren. Eine Beziehung ist nichts Abstrakt – Universales, sondern genauso

konkret wie die Dinge, zwischen denen sie besteht.

Das ist eine Wahrheit, die z.B. durch den Gedanken, dass die Ursache der Wirkung immanent

bleibt, illustriert wird. Wir werden ein Verständnis der Natur finden müssen, in dem diese konkrete

Verbundenheit physischer und geistiger Funktionen ihren Ausdruck findet, ebenso wie die

Verbundenheit zwischen Vergangenheit und Gegenwart und der konkrete Zusammenhang unter

physischen Realitäten, die für sich betrachtet individuell verschieden sind.

Die moderne Physik hat den Standpunkt der eindeutigen Lokalisierbarkeit aufgegeben. Die

physischen Dinge, die wir als Sterne, Planeten, Felsbrocken, Moleküle, Elektronen, Protonen und

19

Page 20: Whitehead und Nagarjuna

Energiequanten bezeichnen, muss man sich als Modifikationen eines Feldes vorstellen, das sich

über die Gesamtheit von Raum und Zeit erstreckt. Diese Modifikation ist in einem bestimmten

Bereich besonders intensiv, und das ist nach normalem Sprachgebrauch der Ort, wo sich der

fragliche Gegenstand befindet. Aber sie bereitet sich von dort – mit endlicher Geschwindigkeit – bis

in die entferntesten Raum – Zeitbereiche aus. Es ist selbstverständlich ganz natürlich und für

gewisse Zwecke auch vollkommen angemessen, wenn man diesen Zentralbereich der Erregung als

das Ding selbst anspricht, das sich dort befindet. Aber man kommt in Schwierigkeiten, wenn man

diese Denkweise zu lange durchhält. Denn in der Physik ist das Ding mit dem identisch, was es tut,

und was es tut, ist eben genau diese Ausbreitung eines Erregungsvorgangs. Und man kann den

Zentralbereich auch nicht von den entfernteren Bereichen der Erregungsausbreitung trennen. Das

Ding widersetzt sich hartnäckig dem Versuch, es als ein rein gegenwärtiges Faktum aufzufassen“(S.

301 – 303).

Die folgenden Zitate sind dem Kapitel ‚Zur philosophischen Methode‘ entnommen: „Unbestreitbar

ist in der Philosophie der Einfluss der früheren Literatur viel größer als in allen anderen

Wissenschaften, und mit Recht. Aber die Ansicht, dass sich in ihr ein technisches Vokabular

herausgebildet hätte, das für alle Zwecke und für alle vorkommenden Bedeutungsnuancen

hinreichend wäre, ist vollkommen unbegründet. Tatsächlich ist die philosophische Literatur ja so

ungeheuer umfangreich und die Vielzahl der philosophischen Schulen so groß, dass sich überall

eine Fülle von Belegen für die – höchst verständliche und endschuldbare – Unkenntnis irgendeines

bestimmten Sprachgebrauchs finden lässt“(S. 406 – 407).

Whitehead schreibt einige Seiten später: „Diese Bezeichnungsweisen sind so gewählt worden, um

der Bedingung Genüge zu tun, dass die Sprechweise einer sich entwickelnden Theorie nach

Möglichkeit zwanglos aus der Sprechweise der großen Meister hervorwachsen sollte, die ihre

Grundlagen gelegt haben. Der Sprachgebrauch, der zu einer bestimmten Zeit in bestimmten

philosophischen Schulen herrscht, bildet immer nur einen kleinen Ausschnitt aus dem

Gesamtvokabular der philosophischen Tradition“. (…) „Mit Hilfe der gerade gängigen

Sprechweisen kann man immer nur die Lehrmeinungen der gerade herrschenden Schule und ihrer

anerkannten Varianten zum Ausdruck bringen“. Und die Forderung, dass eine andere Lehrmeinung,

die in anderen Teilen der Tradition wurzelt, sich ebenfalls auf diese Sprachauswahl beschränken

müsste, läuft auf nichts anderes hinaus als auf den dogmatischen Anspruch, dass gewisse

Vorannahmen niemals revidiert werden dürften. Dann sind nur die Lehrmeinungen zulässig, die sich

mit Hilfe des geheiligten Vokabulars zum Ausdruck bringen lassen. Was man vernünftigerweise

fordern darf ist, dass jede Lehrmeinung sich in ihren Sprechweisen auf die eigene Tradition gründen

sollte. Und wenn in dieser Beziehung Vorsorge getroffen worden ist, kann man in der lauten

Entrüstung über eingeführte Neologismen nicht mehr sehen als ein Maß für den unbewussten

20

Page 21: Whitehead und Nagarjuna

Dogmatismus des Entrüsteten“ (415).

Die Methoden der Philosophie. Immer wieder kommt Whitehead auf die Rolle zu sprechen, die

der Philosophie und ihren Methoden zukommen. Er schreibt: „Das Hauptverfahren der Philosophie

im Umgang mit ihren Gegebenheiten ist die Methode der beschreibenden Verallgemeinerung“(S.

416).

Auf diese Methode der beschreibenden Verallgemeinerung ist Whitehead immer wieder

zurückgekommen. So schreibt er beispielsweise in seinem Werk Prozess und Realität: „Die

wichtigste Methode der Mathematik ist Deduktion; die der Philosophie ist deskriptive

Verallgemeinerung“ ( Zitiert in: Christoph Kann, op. cit., S.144).

Auch für die Metaphysik macht Whitehead in Prozess und Realität Verallgemeinerungen geltend:

„Metaphysische Kategorien sind nicht dogmatische Feststellungen des Offensichtlichen, sie sind

vorläufige Formulierungen der allgemeinen Prinzipien“(Zitiert in: Christoph Kann: op. cit. S. 145).

Für die Forschungsmethode spielt die Verallgemeinerung auch eine Rolle. Die wahre

Forschungsmethode „geht aus von der Grundlage einzelner Beobachtungen, wodurch

Anwendbarkeit gewährleistet werden soll. In einem zweiten Schritt hebt die Methode von diesem

Ausgangspunkt ab, ‚schwebt durch die dünne Luft phantasievoller Verallgemeinerung und versenkt

sich dann wieder in neue Beobachtungen, die durch rationale Interpretation geschärft

sind‘“(Christoph Kann, op. cit. S. 110).

Das Allgemeine. Später lesen wir bei Whitehead über das Allgemeine: „Schon das erste undeutliche

Aufdämmern eines großen Prinzips pflegt von einer ungeheuren emotionalen Kraftentfaltung

begleitet zu sein. Die turbulente Fülle der einzelnen Handlungen, die aus solchen komplexen, einen

Kern tiefer Intuition umgebenden Gefühlen entspringen, fällt in primitiven Zeiten oft abstoßend

und bestialisch aus. Schließlich aber bildet sich in der zivilisierten Sprache eine ganze Gruppe von

Wörtern heraus, von denen jedes die allgemeine Idee in irgendeiner speziellen Form verkörpert.

Wenn wir das Allgemeine erkennen wollen, das in diesen speziellen Ausprägungen enthalten ist,

müssen wir die ganze Gruppe der entsprechenden Wörter einer vergleichenden Betrachtung

unterziehen, in der Hoffnung, das ihnen gemeinsame Element zu entdecken. Das ist ein für die

Zwecke der philosophischen Verallgemeinerung unbedingt notwendiges Vorgehen; denn der

voreilige Gebrauch irgendeines geläufigen Worts muss – infolge der mit seiner üblichen

Konnotationen – unweigerlich dazu führen, dass wir den von uns angestrebten Grad von

Allgemeinheit nicht erreichen“(S. 417).

„Um also durch philosophische Verallgemeinerung – als Verallgemeinerung des Erlebnisakts

zu verstehen – zum Begriff des fundamentalen, konkret Wirklichen (final actuality) zu

21

Page 22: Whitehead und Nagarjuna

gelangen, bedarf es einer scheinbaren Redundanz von Ausdrucksformen: und zwar weil wir

darauf angewiesen sind, dass die jeweils verwendeten Wörter sich wechselseitig korrigieren.

Wir brauchen die Ausdrücke ‚zusammen‘, ‚das immanent Schöpferische‘, ‚die Konkreszenz‘,

‚das Erfassen‘, ‚das Fühlen‘, ‚die subjektive Form‘, ‚die Gegebenheiten‘, ‚Wirklichkeit‘,

‚Werden‘ und ‚Prozess‘ (S. 419).

Anhang II

22

Page 23: Whitehead und Nagarjuna

Christian Thomas Kohl

Denken und Sehen: Ein Zusammenspiel

1. „Ich habe es mit meinen eigenen Augen gesehen“. Ist eine solche Bemerkung im 21, Jahrhundert

noch denkbar, ist darin noch irgendeine Erkenntnis enthalten, widersprechen nicht alle Philosophien

und Wissenschaften einer solchen naiven Aussage? Welche Philosophie oder Wissenschaft

interessiert sich heute noch für das Sehen? Max Planck hatte 1941 in einem Vortrag in Berlin

bemerkt, dass vom Sehen, Hören, Tasten im wissenschaftlichen Weltbild nicht die Rede sei. [1]

Der Aristotelesforscher Ingemar Düring sagte uns im Jahre 1966: Nach einer Meinung die schon

Aristoteles mit fast allen Philosophiekollegen teilte, sei das philosophische Denken die höchste

menschliche Aktivität und der oberste Wert [2]. Wer wollte dem widersprechen? Denkweisen,

besonders philosophische und wissenschaftliche Denkweisen, können nicht vom Sehen infrage

gestellt werden. Auch die Väter des modernen wissenschaftlichen Denkens, Kopernikus, Kepler,

Galilei, Descartes und Newton haben seit dem Jahre 1500 Aristoteles nicht widersprochen,

jedenfalls nicht in der Frage des Denkens. Sie haben das wissenschaftliche, abstrakte Denken noch

einmal eine Stufe höher gehoben. Sie haben es in eine mathematische Form gegossen. Galilei

sprach für ein ganzes wissenschaftliches Zeitalter, als er sagte, das Buch der Natur sei in der

Sprache der Mathematik geschrieben. Mathematische Formeln und geometrische Formen,

Naturgesetze, all das konnte niemand sehen. Mit dem Sehen konnte man nicht die Fallgesetze

bestätigen oder widerlegen. Mit den Augen konnte man nur die Sonne täglich aufgehen sehen. Man

konnte nicht sehen, dass sich die Erde um ihre eigene Achse dreht. Aber man konnte so etwas

denken und mathematisch berechnen. Dementsprechend ist der Satz von René Descartes

wahrscheinlich der bekannteste Satz der Philosophie und Wissenschaft der modernen Welt: Ich

denke, darum bin ich. Denken ist wichtig, meinte René Descartes, das Sehen und die anderen

Formen der Wahrnehmung spielen Verstehen der Welt.keine Rolle beim

2. Und eine zweite Selbstverständlichkeit wurde von nun an behauptet: Denken und Sehen sind

zwei getrennte Dinge, sie haben nichts mit einander zu tun. Die Wahrnehmung und die

wahrgenommen Dinge wurden seit dem 16. Jahrhundert abgewertet. Das Sehen und die gesehenen

Natur, farbige Vögel und bunte Landschaften, sich immer wieder neu bildende Wasserwellen, helle

und dunkle Gegenstände im Licht, diese unendliche Vielfalt der konkreten Bilder, die wir mit

unseren Augen sehen, sie wurden abgewertet. Sie sollten eine geringere Bedeutung und

Wirklichkeit haben, die mehr den Bereichen der Träume, Visionen, Fiktionen, Illusionen und

Phantasien, zugeordnet wurden. Bis heute nennen wir solche inneren Dinge Phänomene. Das

23

Page 24: Whitehead und Nagarjuna

war nur ein anderes Wort für Erscheinungen. Ganze Philosophien und Wissenschaften wurden nach

diesem schillernden Begriff genannt: Phänomenologie. Von nun an wurden die Menschen in eine

Welt der Erscheinungen versetzt. Die konkrete Welt, in der wir leben, hieß nun Erscheinung und die

konkreten Dinge dieser Welt wurden nur noch als subjektive, abstrakte Phänomene zur Kenntnis

genommen. Es war keine Welt für Menschen, die sich auf das Sehen verlassen hatten. Viele

wissenschaftliche Denkweisen versuchten uns nun eines Besseren zu belehren. Man braucht nur ein

beliebiges Physikbuch über Farben aufzuschlagen, um zu erfahren, dass die Welt farblos sein soll.

Farben, so behauptete schon Isaac Newton, gibt es nicht in dieser Welt. Farben gibt es nur in

unserem Bewusstsein (‚in our minds’, wie Newton es formulierte). Farben, so belehrte uns Isaac

Newton, sind nur die Dispositionen von Dingen, bestimmte Lichtstrahlen zu reflektieren [3].

Farben, so belehrte uns Newton, gibt es nur im menschlichen Wahrnehmungsapparat, im

Bewusstsein. Wo dieser Ort genau liegen soll ist keine ausgemachte Sache, jedenfalls nicht da

draußen, in der Natur. Das Sehen spielt keine Rolle mehr beim philosophischen oder

wissenschaftlichen Erkennen der Welt. Es war vollkommen getrennt vom begrifflichen Denken. Es

konnte dem Denken nicht mehr in die Quere kommen, wenn es darum ging, die Welt zu erkennen

und zu verstehen. Das Sehen hatte in den physikalischen Wissenschaften und in den

verschiedensten Spielarten der Phänomenologie abgewirtschaftet.

3. Allerdings wagten in Europa einige Seher und Querdenker zu widersprechen. Sie widersprachen

beiden grundlegenden Annahmen europäischer Philosophien und Wissenschaften, die das Denken

und die die dualistische Trennung von Sehen und Denken betrafen. Ohne Vollständigkeitsanspruch

möchte ich einige Hinweise auf solche Querdenker geben. Der erste europäische Physiker, der das

Sehen wieder aufwertete, war meines Erachten der Physiker Michael Faraday. Sein Kollege, der

berühmte mathematische Physiker James Clerk Maxwell schreibt über Faraday in der Einleitung

seines Werkes 'Treatise on Electricity and Magnetism' im Jahre 1873: « Faraday sah beispielsweise

vor seinem geistigen Auge Kraftlinien, die den gesamten Raum durchdringen, wo Mathematiker

Kraftzentren sahen, die sich über eine Entfernung hinweg anziehen; er gewahrte ein Medium, wo

jene nichts anderes als Distanz sahen «  [4].

4. Auch über den Philosophen Ludwig Wittgenstein haben wir Hinweise, die von dem Philosophen

Ray Monk im Sommer 2012 stammen, nach denen es Ludwig Wittgenstein mehr um das Sehen, als

um das Denken ging. Er dachte offenbar in Bildern [5].

5. Der Philosoph Hans Blumenberg hat sein Leben einem Gebiet gewidmet, das man vielleicht ei-

nen Zwischenbereich zwischen dem Sehen und dem philosophischen Denken in abstrakten Begrif-

24

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fen nennen könnte : Es ist das Denken in Metaphern oder sollten wir sagen, das Sehen von Meta-

phern ? [6]

6. Der Gehirnforscher und Neurobiologe Semir M. Zeki ist nach intensiven Untersuchungen zu

dem Ergebnis gekommen, dass Sehen sich nicht vom Verstehen trennen lässt. Er widerspricht nach-

drücklich der dualistischen Konzeption Immanuel Kants, nach der Wahrnehmen und Verstehen zwei

grundverschiedene Fähigkeiten seien [7].

7. Mit anderen Methoden als mit den Methoden der Neurobiologie ist Irvin Rock in seinen psycho-

logischen Studien über die Wahrnehmung zu ganz ähnlichen Ergebnissen gekommen, wenn er am

Ende seiner vielfältigen Untersuchungen schreibt : « Trotz der Autonomie der Wahrnehmung ge-

genüber dem Bewußtsein würde ich sie als intelligent betrachten : Intelligent drückt dabei Fähigkei-

ten aus, wie sie in ähnlicher Form für Denkprozesse typisch sind : Beschreibung, Schluss und Pro-

blemlösung » [8].

8. Als ein letztes Beispiel für die Aufwertung des Sehens möchte ich einen bedeutenden Maler zu

Wort kommen lassen : Cy Twombly (1928-2011) : ‘The image cannot be dispossessed of a

primordial freshness which ideas can never claim’. ‚Dem Bild kann eine ursprüngliche Frische

nicht genommen werden, die Ideen niemals für sich beanspruchen können’. [9]

Anmerkungen zum Anhang II

[1] Vgl. Max Planck. Sinn und Grenzen der exakten Wissenschaft. München 1971, S.22

[2]. Ingemar Düring, Aristoteles, Heidelberg 1966, S. 220.

[3]. Isaac Newton, Optics., zitiert in: Edwin Arthur Burtt, The Metaphysical Foundations of Modern Physical Science, Kegan Paul, London 1925, p. 233. Newton schreibt: “so colours in the object are nothing but a disposition to reflect this or that sort of rays more copiously than the rest“.

[4] James Clerk Maxwell, Treatise on Electricity and Magnetism zitiert in: Giulio Pruzzi: Maxwell: Der Begründer der Elektrodynamik, Spektrum der Wissenschaft, 2/2000, Heidelberg 2000, Seite 48

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Page 26: Whitehead und Nagarjuna

[5] Vgl.Ray Monk : http://www.newstatesman.com/culture/art-and-design/2012/08/ludwig-wittgenstein%E2%80%99s-passion-looking-not-thinking

[6] Vgl. Hans Blumenberg, Quellen, Ströme, Eisberge, Herausgegeben von Ulrich von Bülow und Doris Krusche, Suhrkamp Verlag Berlin 2012. Blumenberg schreibt in seinem Nachlass, Seite 258 :« Die Metapher erfrischt den Verstand ; aber sie bedarf auch der Auffrischung durch den Vers-tand ».

[7] Semir M. Zeki. Das geistige Abbild der Welt. In : Gehirn und Bewußtsein. Mit einer Einführung von Wolf Singer. Spektrum. Akademischer Verlag. Heidelberg 1994, S. 332

[8] Irvin Rock. Wahrnehmung. Vom visuellen Reiz zum Sehen und Erkennen. Spektrum. Akademi-scher Verlag. Heidelberg 1998, S. 198

[9] Hier die ursprüngliche Formulierung des Satzes von Cy Twombly, er ist von John Crowe Ransom (1888-1974) http://quotes.dictionary.com/the_image_cannot_be_dispossessed_of_a_primordial

http://www.full-stop.net/wp-content/uploads/2011/07/twombly6.jpg

7. Anmerkungen(1) Elmar Holenstein, Philosophie-Atlas: Orte und Wege des Denkens. Amman Verlag, Zürich

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2004, S. 19

(2) Vgl. Paolo Zellini, Eine kurze Geschichte der Unendlichkeit. Verlag C.H. Beck. München

2010

(3) Nagarjuna: Die Philosophie der Leere: Nagarjunas Mulamadhyamaka-karikas.

Übersetzung des buddhistischen Basistextes mit kommentierenden Einführungen / Bernhard

Weber-Brosamer, Dieter M. Back. Wiesbaden Harrassowitz 1997 [ MMK ]

(4) A.N. Whitehead, Abenteuer der Ideen. Suhrkamp Verlag AG, 2000

8. Literaturauswahla) Vorsokratiker

Geoffrey S. Kirk, Die vorsokratischen Philosophen: Einführung, Texte und Kommentare von Geoffrey S. Kirk, John E. Raven und Malkom Schonfield, Stuttgart 1994

Hans-Georg Gadamer, Der Anfang der Philosophie, Stuttgart 1996

Hans-Georg Gadamer, Der Anfang des Wissens, Stuttgart 1999

b) Platon

Hans-Georg Gadamer, Wege zu Plato, Stuttgart 2001

Carl Friedrich von Weizsäcker, Ein Blick auf Platon, Stuttgart 1988

c) Aristoteles

Ingemar Düring, Aristoteles, Heidelberg 1966

d) Geschichte der Metaphysik

Heinrich Schmidinger, Metaphysik. Ein Grundkurs, Stuttgart, Berlin Köln 2000

e) Klassische Mechanik

Edwin Arthur Burtt, The Metaphysical Foundations of Modern physical Science, London 1925

Stephen Shapin, Die wissenschaftliche Revolution, Frankfurt am Main 1998

K. Simonyi, Kulturgeschichte der Physik, Leipzig/Jena/Berlin 1980

Alexandre Koyré, Galilei, Berlin 1988

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f) Philosophie

Clément Rosset, Le réel et son double. Essai sur l'illusion, Gallimard 1984

A.N. Whitehead. Wissenschaft und moderne Welt. Suhrkamp Frankfurt 1988

A.N. Whitehead, Abenteuer der Ideen, Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1971

A. N. Whitehead, Denkweisen, Suhrkampverlag, Frankfurt 2001

Christoph Kann, Fußnoten zu Platon, Philosophiegeschichte bei A.N. Whitehead, Hamburg 2001

g) Nagarjuna

Nagarjuna, Die Philosophie der Leere, Nagarjunas Mulamadhyamaka-Karikas, Bernhard Weber-Brosamer/Dieter M. Back [Hg.], Wiesbaden 1997

Etienne Lamotte, Traité de la Grande Vertue de Sagesse de Nagarjuna, Mahaprajnaparamita-sastra, Tome I-V, Louvain 1944 ff.

h) Ausführliche Literaturangaben in:

Christian Thomas Kohl, Buddhismus und Quantenphysik: Schlussfolgerungen über die Wirklichkeit, Windpferdverlag, Oberstdorf 2013

9. Kurzbiographie.

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Christian Thomas KohlChristian Thomas Kohl, 1945 geboren, hat in Berlin Politikwissenschaft,

Geschichte der Philosophie und Geschichte der Physik studiert, seine

Schwerpunkte sind die Geschichte der Quantenphysik aber auch die Geschichte

des frühen Buddhismus. Seit 1975 ist sein Schwerpunkt Asien. Zunächst hat er

indonesische Musik bei Gutama Soegijo in Berlin studiert, dann widmete er sich

Konzertveranstaltungen mit asiatischer Musik in Freiburg und seit 1985 bemüht

er sich darum, asiatische Denkweisen mit denen der Quantenphysik zu vereinen.

Seit 1990 Oberstufenlehrer für das Fach Geschichte an Rudolf Steiner Schulen

in der Schweiz und in Deutschland. Buchveröffentlichung: Buddhismus

und Quantenphysik. Schlussfolgerungen über die Wirklichkeit.

Windpferdverlag 2013. http://www.amazon.de/Buddhismus-

Quantenphysik-Schlussfolgerungen-%C3%BCber-

Wirklichkeit/dp/386410033X/ref=dp_ob_title_bk

Email: [email protected]

Homepage: http://ctkohl.googlepages.com

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