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Seminar 5: Vorgehen bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung in der Praxis und im Notdienst. B. Herrmann, Klinikum Kassel Witten, 30.4.2016 14. Pädiatrie à la carte Copyleft Verwendung mit Quellenangabe erlaubt 1 Kindesmisshandlung und Kinderschutz Seminar 5: Vorgehen bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung in der Praxis und im Notdienst Bernd Herrmann Ärztliche Kinderschutzambulanz & Kinderschutzgruppe Verteilungsmuster Verteilungsmuster - Ort Ort akzidentell misshandlungsverdächtig Leading edgesBei Unfällen ungewöhnlich und selten betroffen Wie alles festhalten? Der Kliniker auf forensisch korrekten Pfaden Korrekte Spurensicherung, Fotografie, Dokumentation & Arztbriefschreibung Bernd Herrmann Ärztliche Kinderschutza mbula nz & Kinderschutzgruppe, Klinikum Kassel Download unter : kindesmisshandlung.de Dokumentation Kurzbögen (z.B.Nachtdienst)

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Seminar 5: Vorgehen bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung in der Praxis und im Notdienst. B. Herrmann, Klinikum Kassel

Witten, 30.4.2016 14. Pädiatrie à la carte

Copyleft – Verwendung mit Quellenangabe erlaubt

1

Kindesmisshandlung und Kinderschutz

Seminar 5: Vorgehen bei Verdacht auf

Kindeswohlgefährdung in der Praxis und im Notdienst

Bernd Herrmann Ärztliche Kinderschutzambulanz & Kinderschutzgruppe

Verteilungsmuster Verteilungsmuster -- OrtOrt

akzidentell misshandlungsverdächtig

“Leading edges”

Bei Unfällen

ungewöhnlich

und selten

betroffen

Wie alles festhalten?

Der Kliniker auf forensisch korrekten Pfaden

Korrekte Spurensicherung, Fotografie,

Dokumentation & Arztbriefschreibung

Bernd Herrmann Ärztliche Kinderschutzambulanz & Kinderschutzgruppe, Klinikum Kassel

Download unter: kindesmisshandlung.de

Dokumentation Kurzbögen (z.B.Nachtdienst)

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Witten, 30.4.2016 14. Pädiatrie à la carte

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Geeignete Messinstrumente

Korrekt: ABFO-Winkellineal! Bezug über www.krimtech.de

„Shooting“ Tipps

• Vorher mit Kamera vertraut machen, üben!

• Automatikmodus bevorzugen

• Höchste Auflösung, geringste Kompression

• Große Speicherkarte benutzen

• Immer Blitz benutzen, vorzugsweise indirekt blitzen, um Spiegelung zu vermeiden

• Bildstabilisator nutzen

„Shooting“ Tipps

• Name des Patienten einmal mitfotografieren

• Fotos immer ohne und mit Messhilfe; Farbtafel nicht obligatorisch

• Immer mehrere Aufnahmen, verbessert Ausbeute qualitativ guter Bilder

• Alle Befunde (auch) vor einer Säuberung/

Reinigung des Kindes dokumentieren

• Verlaufsbilder anfertigen

Allgemeine Allgemeine

Intervention Intervention

Multiprofessioneller Ansatz unabdingbar!

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Das Mantra des Kinderschutzes: Multiprofessionelle Kooperation Medizinischer Kinderschutz

Pädiatrie, Sozialpädiatrie, Kinderchirurgie, Kinder-

Jugendpsychiatrie, Kinderradiologie, Kinder-/

Jugendgynäkologie, Rechtsmedizin, Gynäkologie,

Augenheilkunde…

Niedergelassene, Kliniker, SPZ, ÖGD, rechtsmedizinische Institute

Auch innermedizinisch multiprofessionell:

…und unterschiedliche Arbeitsfelder:

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Sozialdienst

Das neue Mantra des medizinischen Kinderschutzes:

Innermedizinische multidisziplinäre Kooperation

(Kinder-) Radiologie Kinderpsychologie

(Kinder-/Jugend-)

Gynäkologie

Augenklinik

Neurochirurgie

Hautklinik

Labor

Rechtsmedizin

Kinder- u.

Jugend-

Psychiatrie

Pflege

Klinik für Kinder und

Jugendmedizin Neuropädiatrie

Kinderchirurgie

1313

Bedeutet: Kinderschutzgruppe!

• „Dran denken“, Vorstellbarkeit

• Aus- und Fortbildung

• Rationale diagnostische Strategie

• Rechtssicherheit („Schweigepflicht“ ?!)

• Kooperationsfähigkeit und -bereitschaft

• Soziale Kompetenz

• Strukturiertes, verbindliches Vorgehen!

Umgang mit Kindesmisshandlung

Güterabwägung: Ethisches Dilemma

• Recht des Kindes auf körperliche und seelische Unversehrtheit: Verpflichtung des Staates, dieses Recht zu schützen

• Recht des Kindes, möglichst in Herkunftsfamilie aufzuwachsen: Verpflichtung des Staates, Eltern dabei zu unterstützen

• Recht des Kindes auf Sicherung seiner Ansprüche: auf Förderung und Bildung; u.U. gegenüber Eltern (Rentenansprüche)

Thy en 2005

Güterabwägung: Ethisches Dilemma

• Rechtsbedürfnisse der Gesellschaft: Keine Toleranz von Gewalt gegen Kinder, Kinder mit gleichen Rechten wie Erwachsenen

• Recht der oft selbst jungen Eltern: psychologische Hilfe und Therapie zu erhalten

• Öffentliches Interesse an Prävention: Verhütung weiterer Gewalt am Opfer & weiteren Kindern der Familie; allgemeine Gewaltprävention

Thy en 2005

Unterscheide Ziele der Intervention

• Oberstes Gebot: Kinderschutz

• Versuch der Prävention künftiger KM

• Bewältigung der erlittenen Misshandlung

• Rechtliche Überlegungen: Strafe

Unterscheide Intervention bei Körperlicher Misshandlung, Vernachlässigung

Sexuellem Missbrauch

• Vereinfacht: „Hilfe durch Strafe“

• Trennung des Kindes vom Täter meist unabdingbar

• Tätertherapie (auch gerichtlich angeordnete !) wichtiges Element der Prävention

• Vereinfacht: „Hilfe statt Strafe“

• Stärkung der Familie

• Bearbeitung Misshandlung fördernder/auslösender Bedingungen

MSBP

• Trennung des Kindes von Täter(in) unabdingbar

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• Kann schädigend aber auch „primär therapeutisch“ wirken

• Ruhe bewahren - kein unüberlegter, hektischer Aktionismus

• Eltern nicht primär über Verdacht informieren

• Kripo nicht primär einschalten

Intervention bei sexuellem Missbrauch

Intervention bei sexuellem Missbrauch

• Dran denken ! Vorbereitet sein ! Fortbildung !

• Professionelles Netz im Vorfeld kennen lernen

• Vom vagen zum begründeten Verdacht

• Genaueste, sorgfältige und wörtliche Dokumentation; Befundphotos

• Interventionsplanung, Aufgabenverteilung

• Aufdeckungsgespräch erst nach gründlicher Vorbereitung

Intervention bei sexuellem Missbrauch

Intervention bei sexuellem Missbrauch

Körperliche Kindesmisshandlung

• Stationäre Aufnahme meist indiziert ! Sicherung des Kindesschutzes, De-Eskalation, Diagnostik

• Gründliche Anamnese-Untersuchung-Diagnostik

• Zusatz-Infos einholen (Kinderarzt, andere Kliniken)

• Immer Jugendamt (+/- andere Institutionen) involvieren

• Weiterbetreuung + Kontrolle sicherstellen (JA, KA)

• Dann erst Diagnoseeröffnung - nicht konfrontativ !

• „Hilfe-statt-Strafe“-Konzept: Chance & Risiko !

Initiales Vorgehen bei Misshandlungsverdacht

• Zeit und Ruhe schaffen- keine individuellen Entscheidungen im Affekt

• Aggressive Konfrontation vermeiden: Interesse für die Eltern („wegen, nicht trotz der Misshandlung“) und Interesse für die zugrunde liegenden Konflikte („vom Symptom zum Konflikt“)

• Unmissverständlich Diagnose sichern und mitteilen

• Gespräche mit beiden Eltern mit dem Ziel, dass diese die Verantwortung für die Verletzungen übernehmen

• Kontakt zum Jugendamt oder/und Beratungsstelle noch während des Klinikaufenthaltes

• Ziel: Gemeinsame Orientierung an Schutz und Sicherheit des Kindes

Interdisziplinäres Management

Forensische Dokumentation durch spezialisierte Kinderärzte und/oder Rechtsmediziner

• Exakte, ausführliche und gerichtsfähige schriftliche und Bilddokumentation

• Differenzialdiagnostische Abklärung

Stationäre Beobachtung durch Pflege:

• Elterliche Fähigkeiten ...der Empathie und Kommunikation mit dem Kind ...das Kind realistisch wahrzunehmen ...Erkennen der kindlichen Bedürfnisse ...Fähigkeit, aggressives Verhalten dem Kind gegenüber zurückzuhalten ...der Kooperation mit Pflegepersonal

• Kennen der lokalen Kinderschutz-Infrastruktur

• Nutzen der langfristigen Arzt-Patient-Beziehung

• Sorgfältige Dokumentation

• Entscheidung ob akute Intervention oder Beobachtung; Klinik? Praxis-Warnsystem bei Noncompliance?

• Konsultation Rechtsmedizin, erfahrener Pädiater, KSG

• Konsultation Jugendhilfe, Familiengericht, Beratungs-stellen:

• Helferkonferenz

• Anbindung an Jugendamt, Fachberatungsstellen

• Therapie?

Fallmanagement in der Kinderarztpraxis

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Copyleft – Verwendung mit Quellenangabe erlaubt

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DAKJ Praxisleitfaden 2013 Niedergelassene Pädiater

dakj.de

FachkenntnisseFachkenntnisse (Leitlinie, Fachbuch, Kasseler Fortbildung)(Leitlinie, Fachbuch, Kasseler Fortbildung)

StrukturiertesStrukturiertes VorgehenVorgehen (AG KiM/DAKJ(AG KiM/DAKJ--Leitfaden)Leitfaden)

KinderschutzgruppeKinderschutzgruppe (Verantwortung verteilen, Entlastung)(Verantwortung verteilen, Entlastung)

Multiprofessionell agieren Multiprofessionell agieren (Netzwerk & Kooperationspartner kennen)(Netzwerk & Kooperationspartner kennen)

AG KiM Mitglied werden!AG KiM Mitglied werden!

Tagungshinweis

Themen u.a.:

Praktischer medizinischer

Kinderschutz, Kooperation

mit der Jugendhilfe

Infos unter ag-kim.de

Infos: dgfpi.de

kindesmisshandlung.de

13. Internationale Kasseler Fortbildung Medizinische Diagnostik bei Kindesmisshandlung

17.-18.März 2017

Kooperationspartner:

DGfPI Deutsche Gesellschaft für Prävention und Intervention bei Kindesmisshandlung und -vernachlässigung

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