9
DIE NATLIRWISSENSCHAFTEN 2 7. Jahrgang 27. Januar I939 Heft 4 Wie ein Wespennest entsteht 1. (Nach Versuchen und Beobachtungen an Vespa vulgaris L. und V. germanica F.) Von WOLFGANG WEYRAUCH, Lilna (Peru). 1. Fragestdlung. Dutch Aufbau und relative Gr6Be sind die Nester vieler sozialer Insektendeiien atler fibrigen Tiere weir. tiberlegen, So schien eine Analyse jener verwickelteii Haiidlungen reizvoll, die ein solches Nest in Unzahl und in ihrem Endergebnis form- erstarrt aufweist. Die nach Vielzahl, Mannigfalt~g- keit und Anordnung ihrer Einzelteile komplizier- testen Nester baut ~unter den sozialen Insekten die Gattung Vespa. Ich Irage nach den sinnesphysio- logischen und psychologischen Bedingungen der Reaktionen, denen die einzelnen Teile eines solchen Wespennestes ihre 2'orm, ihre GrOfie, ihr Aujtreten an bestimmter Stelle verdanken. Welter wird gefragt nach der Zusamra,enarbeit der verschiedenen Indi- viduen beim ]3auen am gemeinsamen Neste, nach der Plastizit(~t des Verhaltens beim ]3au und ob die Wespen die 2Formen der Einzelteile und. des ganzen Nesteswahrnehmen. Als Versuchstiere dienen Vespa vulgaris L. urid V. germanica F., zwei Arten, die nah verwandt und in Mitteleuropa sehr h/tufig sind. 2. Das Nest und seine 2Einzelteile (Fig, x), Die einfachsten, fertigen Bauteile in einem Nesie dieser Vespa sind die Zelle, das Stielehen und das Mantelbl(ittehen. Die Zellen, in denen die ]3rut auf- w/tchst, sind, mit den 0ffnungen nach niiten, in scheibenfSrmigen, horizontal liegeiiden Waben an- geordnet. Die Stielchen sind in gleichm~Biger tichter Verteilung fiber die W'abenfl/tehen verstreut. Sic halten die Waben an der Bauunterlage und eine symmetrisch unter der anderen lest. AuBerdem sichern die Stielchen durch ihre gteiche LAnge den Vqaben einen gleichmXt3igen Abstand voneinander, einen Abstaiid der den Arbeiterinnen hinreichenden Spielraum zur t3rutpflege gew/thrt. Um die ganze Wabenmasse herum liegt die mehrschichtige I-Itille. Diese ermSglicht den \¥espen, im Nestinnern eine hShere Bruttemperatur gleichm/tBig zu bewahren. Zwischen dieser Hiille und den Waben besteht fiber- all eben soviel Zwischenraum, dab sich eine Wespe bequem h!ndurchbewegen kann. Die einzelnen Sebichten der Hiitle bestehen angen aus vielen kteinen ]31/tttchen, die muscheIf6rmig gew61bt sind. Eiiis liegt immer fiber der Nische, die yon zwei oder drei zusammenstoBenden anderen gebildet wird. Ich widme diese Arbeit in Dankbarkeit Herrn Prof, Dr. RICHARD HESSE zum 7b. Geburtstage am 2o. Februar 1938. Auszug aus meiner Schriftenreihe: ,,Wie entsteht eln Wespennest?" Die eingeklammerten r6misehen Ziffern weisen auf die im Literaturverzeiehnis angeftihr- ten Teile dieser Arbeit him In dem Mal3e, wie die Hfille a ul3en bei fortschreiten- dem Wachstum erweitert wird, wird sie innen ab- getragen. Tiefere kleine ttohlr/tume, die bei diesem Abbau an den verschiedensten Stelleii gleiehzeitig entstehen, werden durch ein B1/tttchen wieder zu- gebaut, das in den Rahmen des bestehenden Mantelgertistes eingespannt ist. Diese innereii Mantelbl/tttchen sind nicht gew61bt, sondern eben. Das Mantelbl/tttchen setzt sieh aus vielen schmalen Streifen zusammen, die exzentrisch nach unten hin gesehichtet sind. Gr61?ere Nester, in denen noch Fig. i. s/tmtliche ~Afaben zur Aufzucht yon Jungen ver- wende± werden, sind der Kugelform aiigen~hhert. Das Nestiniiere steht mit auBen gew6hnlich IIur durch ein Flugloch in Verbindung, das sich im unteren Teile der Htille befindet. Die Nester yon Vespa germanica und V, vulgaris werden nie im Freien, etwa an ~3aum~sten, angebracht, sondern stets in geschlossenen R/tureen, meist im Erdboden (Verf. 2, I935 ). SO siiid sie geschfitzt gegen Regen, Wind und st/trkere Schwankuiigen der Aul3en- temperatur uiid des Feuchtigkeitsgehaltes der Luft. Vom ,,W'espenloche", an dem die Wespen aus- und einfliegen, ffihrt ein verlassener und hergerichteter M/tuse- oder Maulwurfsgang seitlich in den Nest- ranm, den die Wespen dutch Abtragen der Erde selbeL schaffen. Das !Nest h/tngt an der Decke dieses Nestraumes sehr :~est, h/tit aber in den fibri- geii, seitlichen und Unteren Teile yon der Erde einen gleichm/tBig geringen Abstand. 3, Die Papierbereitung (s. Verf. I). Die papierartige Masse der Nester wird aus ttolz herges~ellt. Vespa germanica verarbeitet die z~hen Fasern yon der grau verwitterten Oberfl/tche yon Zaunpf/thten und dergleichen. Daher hat ihr Nest Nw. x939. 4

Wie ein Wespennest entsteht

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Wie ein Wespennest entsteht

DIE NATLIRWISSENSCHAFTEN 2 7. Jahrgang 27. Januar I939 Heft 4

Wie e i n Wespennes t entsteht 1. (Nach Versuchen und Beobachtungen an Vespa vulgaris L. und V. germanica F.)

Von WOLFGANG WEYRAUCH, Lilna (Peru).

1. Fragestdlung. Dutch Aufbau und relative Gr6Be sind die

Nester vieler sozialer Insektendei ien atler fibrigen Tiere weir. tiberlegen, So schien eine Analyse jener verwickelteii Haiidlungen reizvoll, die ein solches Nest in Unzahl u n d in ihrem Endergebnis form- erstarrt aufweist. Die nach Vielzahl, Mannigfalt~g- keit und Anordnung ihrer Einzelteile komplizier- testen Nester baut ~unter den sozialen Insekten die Gat tung Vespa. Ich Irage nach den sinnesphysio- logischen und psychologischen Bedingungen der Reaktionen, denen die einzelnen Teile eines solchen Wespennestes ihre 2'orm, ihre GrOfie, ihr Aujtreten an bestimmter Stelle verdanken. Welter wird gefragt nach der Zusamra, enarbeit der verschiedenen Indi- viduen beim ]3auen am gemeinsamen Neste, nach der Plastizit(~t des Verhaltens beim ]3au und ob die Wespen die 2Formen der Einzelteile und. des ganzen Nesteswahrnehmen. Als Versuchstiere dienen Vespa vulgaris L. urid V. germanica F., zwei Arten, die nah verwandt und in Mitteleuropa sehr h/tufig sind.

2. Das Nest und seine 2Einzelteile (Fig, x),

Die einfachsten, fertigen Bauteile in einem Nesie dieser Vespa sind die Zelle, das Stielehen und das Mantelbl(ittehen. Die Zellen, in denen die ]3rut auf- w/tchst, sind, mit den 0ffnungen nach niiten, in scheibenfSrmigen, horizontal liegeiiden Waben an- geordnet. Die Stielchen sind in gleichm~Biger tichter Verteilung fiber die W'abenfl/tehen verstreut. Sic halten die Waben an der Bauunterlage und eine symmetrisch unter der anderen lest. AuBerdem sichern die Stielchen durch ihre gteiche LAnge den Vqaben einen gleichmXt3igen Abstand voneinander, einen Abstaiid der den Arbeiterinnen hinreichenden Spielraum zur t3rutpflege gew/thrt. Um die ganze Wabenmasse herum liegt die mehrschichtige I-Itille. Diese ermSglicht den \¥espen, im Nestinnern eine hShere Brut temperatur gleichm/tBig zu bewahren. Zwischen dieser Hiille und den Waben besteht fiber- all eben soviel Zwischenraum, dab sich eine Wespe bequem h!ndurchbewegen kann. Die einzelnen Sebichten der Hiitle bestehen angen aus vielen kteinen ]31/tttchen, die muscheIf6rmig gew61bt sind. Eiiis liegt immer fiber der Nische, die yon zwei oder drei zusammenstoBenden anderen gebildet wird.

Ich widme diese Arbeit in Dankbarkeit Herrn Prof, Dr. RICHARD HESSE zum 7 b. Geburtstage am 2o. Februar 1938.

Auszug aus meiner Schriftenreihe: ,,Wie entsteht eln Wespennest?" Die eingeklammerten r6misehen Ziffern weisen auf die im Literaturverzeiehnis angeftihr- ten Teile dieser Arbeit him

In dem Mal3e, wie die Hfille a ul3en bei fortschreiten- dem Wachstum erweitert wird, wird sie innen ab- getragen. Tiefere kleine ttohlr/tume, die bei diesem Abbau an den verschiedensten Stelleii gleiehzeitig entstehen, werden durch ein B1/tttchen wieder zu- gebaut, das in den Rahmen des bestehenden Mantelgertistes eingespannt ist. Diese innereii Mantelbl/tttchen sind nicht gew61bt, sondern eben. Das Mantelbl/tttchen setzt sieh aus vielen schmalen Streifen zusammen, die exzentrisch nach unten hin gesehichtet sind. Gr61?ere Nester, in denen noch

Fig. i.

s/tmtliche ~Afaben zur Aufzucht yon Jungen ver- wende± werden, sind der Kugelform aiigen~hhert. Das Nestiniiere steht mit auBen gew6hnlich IIur durch ein Flugloch in Verbindung, das sich im unteren Teile der Htille befindet. Die Nester yon Vespa germanica und V, vulgaris werden nie im Freien, etwa an ~3aum~sten, angebracht, sondern stets in geschlossenen R/tureen, meist im Erdboden (Verf. 2, I935 ). SO siiid sie geschfitzt gegen Regen, Wind und st/trkere Schwankuiigen der Aul3en- temperatur uiid des Feuchtigkeitsgehaltes der Luft. Vom ,,W'espenloche", an dem die Wespen aus- und einfliegen, ffihrt ein verlassener und hergerichteter M/tuse- oder Maulwurfsgang seitlich in den Nest- ranm, den die Wespen dutch Abtragen der Erde selbe L schaffen. Das !Nest h/tngt an der Decke dieses Nestraumes sehr :~est, h/tit aber in den fibri- geii, seitlichen und Unteren Teile yon der Erde einen gleichm/tBig geringen Abstand.

3, Die Papierbereitung (s. Verf. I). Die papierartige Masse der Nester wird aus ttolz

herges~ellt. Vespa germanica verarbeitet die z~hen Fasern yon der grau verwitterten Oberfl/tche yon Zaunpf/thten und dergleichen. Daher hat ihr Nest

Nw. x939. 4

Page 2: Wie ein Wespennest entsteht

50 WXYRAUeH: Wie ein

die graue Farbt6nung. Vespa vulgaris dagegen verarbeitet mtirberen R o h s t o f f wie das faulig ihorsche t-Iolz im Inneren alter Baumsttimpfe. Daher ha t ihr Nest die hell- oder dunkelbr~iunliche F~irbnng. Die Holzfasern bzw. Holzkriimel werden durch AbbeiBen mit den Mandibeln gewonnen, unter Zusatz einer leimfreien Fliissigkeit, die den zu gewinI~enden. Holzstoff erweich±'uild die ge- wonnenen Fasern zu einem ruilden Kltimpchen zu- sammenh~tt. Mit dem Holzbreikltimpchen in den Mandibeln~fl!egt die Wespe zum Neste. Dort kant sie den Holzbrei durch, unter reichliclxem Zusatz eines leilnhaltigeil Sekretes. Die Wespe, die ein Papierbreikltimpchen bereitet hat, verarbeitet es stets selber welter. Dieses Fehlen eines Instinktes, mit dem Baustoff soziat umzugehen, ist darum bemerkenswert, well die Abgabe und Abnahme yon fliissiger Nahrung und festen Futterbrocken unter Stockgenosseil bei allen sozialen Wespen verbrei tet ist. Mit dem I41fimpchen Papierbrei in den Mundteilen l~iuft die Wespe eine Zeitlang im Neste in allen Bezirken umber, aid der Suche nach einer zum Anbau geeigneten Stelle. Diese miBt die Wespe mit den Ffihlern tastend, unter abwechseln- dem Hin- und Herdrehen des K6rpers auf der Stelle um i8o ° in der ganzen Ausdehilung ab, in der sie diese Ms Baugrund ben6tigt. Dann driickt sie ihr Breildiimpchen an ein Ende der ausgemessenen Stelle und legt, langsam rtickw~rts schreitend. stfickchenweise ihren ganzen Holzbreivorrat in einem tiber k6rperlangen Streifen aus. Diesen wurst- f6rmigen, klebrigen Papierfaden pl~ittet die Wespe anschliel3end, indem sie ihn unter harkenden und pressenden ]3ewegungen mit den Mandibetn von seiner Basis zum Rande hin sttickchenweise diinn- zieht und entsprechend verbreitert . Nach mehre- ten solchen Pl~ttg~ingen ha t der Papierstreifen eine bestimmte Diinne erreieht; er ist fertig und trocknet an der Luft.

Suchen nach einer Holzstelle, Gewinnuilg der Holzfasern, Verleimung des Holzbreies, Suche nach einer Baustelle, Ausmessen des Baugrun'des, An- drticken des Papierbreies und schlieglich Diinil- ziehendes ausgelegten Papierbreistreifchens~ diese Reihen]olge der einzelnen Handlungeil des Instinkt- ganzen ist zwar best4mmt, aber nichtin jedem Falle zwangsl~u]ig.

Ein Tier, das Holz holen will, l~l~t sich davon nicht dutch ein voriiberfliegendes Beutetier ab- lenken. Ebensowenig kiimmert sich eine V~'espe, die Nahrung sucht, um eine sonst begehrte Holz- stelle, an der sie vorbeikommt. Demnach ist ein innerer, atle AuJmerksamkeit konzentrierender ~rieb die Grundlage, die eiil aus verschiedensten T~tig- keitsbereichen zusammengesetztes Geffige ~ie den Papierbereitungsinstinkt erst ermSglieht, dadurch ermSglicht, dab diese innere psychische Einstellung des Tieres ungleieh viel st~irker ist als alle anderen, zuf~illig eintreffenden Sinneseindriicke,

In diese Gesamttriebeinstellung zur Papier- bereitung sind Teiltriebeinstellungen eingebailt. Gekennzeiclcnet sin& diese Teileinstellungen da-

Wespennest entsteht. [ Die Natur- [wissenschaften

dutch, dab mit ihnen in zWangsl~ufiger 13indung eine maximale Zeitdauer gegeben ist, innerhalB deren ausschliel31ich T~itigkeiten vorkommen, die aus der betreffenden Triebeinstellung entspringen und augerhalb deren Mle diese T~itigkeiten nicht welter auftreten, auch dann nicht, wenn sie ihren Zweck nicht oder nnvoHst~ndig erffillten. So fliegt eiile Wespe, die bei der Holzgewinnung immer wie- der aufgescheucht wird, schlieBlich mit einem kleineren Holzbreikliimpchen als gew6hnlich zum Neste. Eine \¥espe, die, mit dem Papierbrei- kliimpchen in den Mundteilen, nach eiiler ge- eigneten Baustelle sucht und yon uns immer wieder aufgescheucht wird, l~iBt sich nicht beliebig lange hiilhalten, sondern baut schliel31ich einmal den Papierbrei an jeder beliebigen, auch unpassenden Stelle an,

Diese •eiltriebe s'ind nicht immer gleich stark, sondern werden, ]e lgnger unbe]riedigt, um so stiirker. Weriigstens scheint mir diese Annahme nahegelegt dutch fotgende Versuchsergebnisse: So oft eine XNTespe sich eben anschickte, den Papierbrei der gew~thlten Unterlage anzudrficken, scheuchte ice das Tier auf. Die Wespe suchte dailn yon neuem eiile Baustelle, aber nach jeder neuen St6rung kiirzere Zeit als beim vorhergehenden Mate. Auch wurde die \¥espe immer weniger w~hlerisch in Hin- sicht auf eine sonderlich zum Anbau geeignete Kante einer Zelle oder eines Mantelbl~ttchens. SchlieBlich unter'blieb die Suche nach dem passen- den Baugrunde und seine Vermessuilg. In diesem Zustande baute die .Wespe ein PapierwXndchen an eine Glasplatte, auf die ich sie vom Neste abschob. Dieser wahtlose Zwang, unter dem das Tier hier Sinnloses baut, nur um den Holzbrei los zu werden, steht in schroffem Gegensatz zu clem so ~iu[3erst ~v~ihlerischen Umhersuchen unmittelbar nach der Verleimung des Holzbreies. Unter durchschnit t- lichen, giinstigen Bedingungen wirken also yon Innen ein Drailg und von AnBeii Reize so zu- sammen, dab die dem Trieb entspringellde T~tig- keit dutch ~iuBere Reize in bestimmte t3ahnen ge- lenkt wird. DaB diese Reize die Handtung nut leiten, nicht erzeugen, geht eindeutig daraus hervor, dab die Handlung unter den nngewShnlich un- gtinstigen Bedingungen im mitgeteilten Versuche auch ohne jede Mitwirkung yon Reizen zustande kommt.

4. Der Ban tier Nesthi~lle.

Die Reize, die der Wespe bei der Herste]lung der Nesthfille ,,passende Gelegenheiten" zum An- ban eines Papierstreifchens anzei-gen, wurden ein~ gehendst untersucht mit tier allgemeineren Frage/ stettung nach der Reichweite taktil-kin~sthetischer Formwahrnehmung bei hochstehenden Insekten (VerI. I I A, I I B~. Es war yon vornherein zu ver- tauten, dab die Herstellung eines in seinen Einzel- teilen so verschiedenartigen, in deren Zusammen- ftigung abet so eindeutig geordneten t3auwerkes, wle eines Wespepnes~es, den Banmeistern nicht m6glich w~ire ohne eine gestaltliche Wahrnehmung

Page 3: Wie ein Wespennest entsteht

_Heft 4- ] 27. i . t939]

~VE¥RAUCH: Wie ein Wespennest entsteht. 5 1

zum mindesten des Einzelteiles, a n dem gebaut wird, und dessen n~herer Umgebung. Da nun Vespa unterirdisch, also im Dunkeln nistet, ist opfische Formwahrnehmung sicher ausgeschlossem Der Geruchssinn wurde im Versuche dadurch aus- geschaltet, dab den \¥espen an Stelle der ausgepr~gt riechenden B15ttchen ihrer Nesthfille d e r dtmne Karton yon Visitenkarten geboten wurde. Die WespeI1 behandeln diesen Karton wie ein XuBeres Mantelbl~Lttchen : Sie verbreitern ihn an den Kanten mit Papierstreifchen. Oder - - auch dieser Kunst- griff wurde in die Versuchsmethodik eingebaut --. schneider man eine Figur aus dem Karton heraus, so schliel3en die Wespen das ,,Loch" mit einem. ebenen W~ndchen ebenso wie sie ein Loch in ihrer natfirlichen Nesthtille verschlieBen. Die folgenden Versuche fiber Formwahrnehmung der Nestteile richten sich also ausschliel31ich an den ' taktil- kin~sthetischen Sinn der Wespen. Wenn die Wespe auf dem Baugrund l~tuft oder sich dreht und ihn dabei st~ndig mit den Ftihlern betastet, arbeiten Tast- und Muskelsinn so zusammen, dab sie durch keine Versuchsanordnung zu trennen sind. Um ffir diese Versuche gleichm~Bige Ausgangs- und gfinstige Beobachtungsbedingungen 'zu schaffen, legte ich mit ten in eine of.fene ZigarrenMste eine Wabe aus einem gr6geren Wespenneste. Das Volk eines natfirlichen Nestes wurde bet~ubt und in dieses Kistehen geschtittet. Es lebte sich schnell ein und tiberdeckte die Wabe i~n ganzer Aus- dehnung m i t einer meh~sehichtigen Nesthtille. Mitten in diese Nesthfille Iieg ich von den ~vYespen einen genau horizontal gelegten Kartonrahmen test einbauen. Innerhalb dieses Rahmens konnten die Versuc}lsfiguren jederzeit 'beliebig eingelegt und ausgewechselt werden, ohiie dab ;Nestteile dabei zerst6rt wurden und der Nestbetrie b' in Unordnung geriet. Fig. 2 zeigt die Photographie der Aufsicht auf ein solches Versuchsnest.

der Ebene des Kartons anklebt, Mit einigen zehn dieser, Streifchen schlieBen die "Wespen eine ein- geschnittene Figur dieser Gr6Be. Aus dieser ViM- zahl yon Streifchen und der Zuf~lligkeit ihrer Ver- .teilung an der kreisf6rmigen Kante ergibt sich am Elide ein genaukoiizentrisch ge- schichteter Aufbau. Fig. 3 zeigt im Lichtbild dieses Werk im Stadium der ersten zehn ferti- gen Streifchen, wie sie in einem gleichm~Big breiten Ringe in 3 Schichten aneinander ange- ordnet sind. Aus diesem Ver- suche l~il3t sich folgern, dab Fig. 3- an einer stetig gekriimmten und geschlossenen Kontur in Horizontallage kein Bereich besonders ausgezeichnet wird.

Wie abet verh~lt sich die Wespe, weiin ein sonst steter Verlauf der Randkante einer geschlosse- hen, eingeschnittenen und im tibrigen ~hnlichen Figur irgendwo unterbrochen wird ? Ich biete die Fig. 4: Die Randkontur l~uft an einer Stelle aus dem Kreis allm~hlich ill eine spitzwinklige Ecke tiber. In dieser wie in den folgenden gezeichneten Figuren ist der Natron schwarz ausgefiihrt. Die MantelflSche, die die Wespen in die Figur einbauen, ist punktier t ein- getragen. Die Wespe ffillt stets Fig. 4- zuerst die spitzwiiiklige Nische aus. Dabei bau t sie den Mantelstreifen in der Regel nicht einer der fast geraden Schenkelkanten des \¥inkels an, sondern migt durch Abtasten mit den Ftihlern unter abwechselndem t t in- und Herwenden und -laufen die nghere Umgebung dieser Stelle so ab, dab das Mantelstreifchen am Ende genau in der Mitre quer tiber der Nische liegt und diese gleich- m~gig ausftillt, Demnach werden Figurenteile, in denen ein sonst steter Konturverlau] unterbrochen wird, vor de.n i~brigen Bereichen ausgezeichnet.

~Nird ein so lcher unvermittel ter Richtungs- wechsel des Konturverlaufes nur qualitativ erfagt oder auch quant i ta t iv ? Eine l~ngere gerade Kante wlrd nu t an einer Stelle unterbrochen dutch zwei gleichgroge spftze und zwei gleichgroBe stumpfe einspringende Winkel, die im Wechsel unmit te lbar nebeneinander liegen (Fig. 5)- Stets erhalten die

Fig. 2.

Die denkbar einfachste Figur ist der Kreis. Ich biete ihn, in Karton eingeschnitten, in der GrSBe eines Einmarkstfickes. Die Wespe, die mit Papier- brei ankommt und nach einer geeigneten' Baustelle Sucht, l~tuf~ an der Kante dieser Figur mehrmals entlang, ehe sie der Kante ein Papierstreifchen in

Fig. 5.

spitzeren Einschnitte Mante!bau vor den sttmlpfen. Auch durch andere Versuche wurde best~tigtl, d a b der spitzere vo~ zwei winklig einspringenden f lgur - te~leci bevorzugt wird.

]~:s fragt sich, ob diese Unterschiede IIur wahr- geiiommen werden bei unvermittel tem Richtungs-

4*

Page 4: Wie ein Wespennest entsteht

52 WEYRAUCH: Wie ein Wespennest entsteht.

wechse! winklig zusammenstogender IKanten, oder ob auch allm~ihliche Riehtungs~nderung wie an diner konkav runden Kante q u a n t i t a t i v erfaBt wird. Ich biete an der Kante einer, abgerundeten, ausgesehnittener~Figur (Fig, 6) wellenf6rmige Ein- schnitte, die gleich fief, aber bei verschiedener

L~nge abwechselnd s tark und schwach gekrfimmt sind, Wie der eingetragene Mantel- bau ant der Figur zeigt, wird stets der s tarker gekrfimmte,

Fig. 6. bogenf6rmige Einsprung vor dem schw~cher welligen Ein-

schnit t bevorzugt. Es wird also aueh allmi~hliche Richtungs~nderung einer Kontur quantitativ erjaflt.

Aber anders als bei Einzeldarbietung k6nnen Einzelfiguren in gr6geren gestaltlichen Zusammen- h5ngen behandelt werden; Geboten wird die ein- geschnittene Fig. 7, Die Randkontur d e r Grund- figur ist ein Kreis, der einmal yon einer gr6Beren einspringenden quadratischen Figur unterbrochen

wird und ein anderes Mal yon einem ungefa.hr gleichgroBen, spitzwinkligen Einsprung. Mit den beiden ersten 2¢[antel- streifen werden die beiden Ecken der quadrat ischen TeiI- figur ausgezeichnet. ~Venn die Winkel ieder ffir sich einzeln erfal3t wfirden, mfiI3te der spitzwinklige I~insprung

Fig. 7. vor dem quadratischen aus- gezeichnet werden, denn ~4e ich oben zeigte, wird der einspringende spitze Winkel vor dem weniger spitzen (hier rechten) Winkel bevorzugt. DaB dies bei dieser Versuchsanordnung nicht ein- t r i t t , zeigt besonders sch6n, dab nicht nut der Eiu- zelteil, sondern auch dessen Lage im Situations- ganzen er/aflt wird und dab dieses Ganze, das ein- springende Quadrat, st4rker q~irksam ist als die

Einzelteile, die rechten Win- kel, aus deueu es zusammen- gesetzt ist,

An einer gr6Beren kreis- f6rmigen Grundfigur werden vier gleichkleine spitzwinklige Zacken, zwei einspringend und zwei vorspringend, so angebracht, wie Fig. 8 zeigt.

Fig, 8. W~ihrend die einspringenden Zacken mit Papierbrei ausgefiillt werden, beiBen Wespen, die gerade ohne best immte Besch~iftigung sind, die vorspringenden Zipfelchen ab. Die Wespe unterseheldet demnach flgchengleiche vorspringende und einspringende Zip]el; die den gleichJ6~migeu Konturverlau] der weitereu Umgebung unterbrechen. Die beiden 2~igurenteite werdeu entgegengesetzt be- handelt. Abet das Ziet belder Verhaltensweisen ist dasselbe: die Ausgle$chung des Verlau]es der Haupt- koutur des 2klantelrandes,

Die folgenden beiden Versuche zeigen, wie genau ausgleichend diese Tendenz sich auch an Formen

Die. Natur- wissenschaften

aus~drkt, die st{irker gegliedert sind. Gin Quadrat , dessen Kanten in gleichm~iBig treppenarfige Stufen aufgel6st sind. Diese Form, eingeschnitten geb0ten, wird so behandelt, wie Photographie 9 zeigt. Die- selbe Figur, nut ausgeschniiten geboten ant

Fig. 9. Fig. to,

Fig. IO: Ein erstes Stadium des Mantelbaues ist dicht punktier t , ein spgteres Stadium rein punkt ier t eingetragen. Also in beiden Fgllen dasselbe ¥o r - gehen: Erst werden die einspringenden Winkel gleichm~Big ausgefifllt, dann in einem einheitlich abgerundet.

J. v. UEXKOLL vergleicht (in briefl. Mitteilung) ,,den Weg einer ~Wespe um die Kontur der Liicke, die sie ausftillen soll, mit dnem Gummiring, der je nach den verschiedenen Zacken, um die er gelegt wird, verschieden gedehnt ist, und be t rachte t diese Dehnung als den den Bau anregenden Fak to r " . Dieser Vergleich gibt eine sehr anschauliche Vor- stellung dieses allgemeinsten ~Virksehe,mas nach ein- heitlicher Atrrundung aller im Baubereiehe befind- lichen Nestteile.

Grundform der eingeschnittenen Fig. I I ist ein Quadrat, das den Gr6Benverhgltnissen nach ein- deutig F igurmi t te lpunkt ist. In die Mitre jeder Seite mfindet ein Spalt. Diese sind gleich breit , abet v~rsehieden lang. N i t dem ersten Mantel- streifen wird meist die Nische am Ende des l~ingsten Spaltes ausgezeichnet. Also : Sind gleiehe ~igureu- teile einer selben lVigur yon ihrem Mittelpunkte ver- sehieden ~eit ent]ernt, so wixd der ent]ernteste Teil vor den niiheren Teilen ausgezeiehnet,

Fig. Ix.

Sind in einer eingeschnittenen Form zwei gegen- fiberHegende Kanten so weir genfihert, dab die bauende Vc'espe beide gleichzeitig berfihren kann, so verbindet sie beide IKanten brfickenartig mi t einem schmalen Mantelstreifchen. Dadurch zer- fiillt die zuvor einheitliche FJgur in zwei gleich- wertige Baubereiche, wie z. ]3. an der gestreckten eingeschnittenen Fig. I2 in einem fortgeschrittene- ren Baustadium zu sehen ist,

In den bisher angefiihrten Versuchen waren Figuren einzeln in gleichf6rmiger Umgebung.

Page 5: Wie ein Wespennest entsteht

H e f t 4. ] 2y. I . I9391

WEYRAUCn: Wie ein Wespennest entsteht. 53

Liegen Figuren nahe beieinander,, so ist mit dem Situationsganzen eine andere Figur gegeben, deren Teile anders behandelt werden, Ms wenn einzeln geboten. Auf Fig. 13 z. B. liegt nahe einer kreis-

Fig. i2. Fig. ~3.

f6rmig eingeschnittenen Figur das eingeschnittene Teilst/ick einer Ringscheibe. Das zum Mantelbau verftigbare Material wird, wie punktier t ein- gezeichnet, um den beiden Figuren gemeinsamen 1Kittelpunkt konzentrisch angebracht. Somit liegen die Mantelstreifchen in beiden Figuren in dieser Situation exzentriseh, w~ihrend sie, w/iren die Figuren einzeln geboten, konzentrisch angeordnet wtirden. Nahe beieinander gelegene Nestteile wett- ei]ern also miteinander, d~;e Wespen zum Anbau zu reizen.

O. z-uR ST~ASSnN fielen zwischen diesen Ver- suchspr~paraten und entwicklungsmechanischem Geschehen mancherlei -~bereinstimmungen auf. Abet, obwohl die ]3ehandIung der Figuren sehr einheitlich ist, ist sie nicht rein mechanistisch er- klarbar. Denn diese aufgezeigten Gesetze gelten nu t fiir den Mantelbau. F fir den Bau der Zell- winde sind zum Teil andere Regeln gtiltig in F~illen, in denen die rein figurale Situation gleich ist.

In den mitgeteilten Versuchen waren die Aus, gangsbedingungen darin vereinfacht, dab das Mantelbl i t tchen oder der dieses ersetzende Karton eben waren und horizontal lagen. Unter natfir- lichen 13edingnngen dagegen ist das Mantelbt~ttt- chert gew61bt und mehr oder weniger nach unten geneigt.

In der Nesthiille gr6Berer natiirlicher Nester Nlden diese Mantelbl~ttchen Meine Sehuppen, in denen die einzelnen Papierstreifen musehelf6rmig

a Fig. 14. b

exzentrisch nach unten geschichtet sind. Eine s01che Schuppe liegt fiber der Nische, die yon zwei anderen Schuppen gebildet wird, wie Fig. i4a in der Aufsicht, I4b im Schnitt zeigt. Die einzelnen Schuppen sitzen mit der ganzen, im anniihernden Nreisrund geschlossenen basaten !Kante ltickenI0s dicht ihrer Unterlage an. So entstehen in der Htille der Nester yon Vespa germanica und vulgaris die vielen kleinen, allseitig dicht geschlossenen t~sch- chenartigen Hohlr~tume, die, in 3- -4 Schichten iibereinander, als isolierende Luftkammern der

Erhal tung der W/irme f6rderlich sind, die im Nestinneren meist die Aul3entemperatur tibersteigt (s. Verf. 5, 1938). Dieses muschelf6rmige Mantel- bl~ttchen kommt durch das verwickelte Zusammen- wirken folgender Bauinst inkte .zustande: An der Basis der Mantelschuppe wirkt die Tendenz, die Mantelwand ann~ihernd senkrecht auf dem Bau- grund zu errichten. Sobald dieser basale Teil der Mantelschuppe eine gewisse H6he erreicht hat, wirkt am st~irksten die Tendenz, die Mantelr~tnder nach innen umzubiegen. Sobald diese Umbiegung zustande gekommen ist, wirkt an der Vollendung der Hauptfl~iche des Mantelbl~ttchens am st~rksten die Tendenz mit, das MantelbHittchen im bestimm- ten Abstande yon dem ~lteren Nachbarmantel zu halten. Atle diese ]3autendenzen treten stets nur in Verbindung mit zwei weiteren Tendenzen auf: i . Der Tendenz, unter i4reislaufen und entsprechen- der K6rperhaltung zu bauen, und 2. der Tendenz, an einem begonnenen Mantelbl~ttchen den neuen Streifen im gleichen Sinne des ~iIteren Nactibar- streifens anzulegen. Aul3erdem ist diesen Tenden- zen fast stets eine dritte Tendenz gesellt, n~mlich die, im gegebenen Rahmen der einzelnen Schuppe den obersten Tell beim Ban fast ausschlieBtich 'v0r den iibrigen Teilen zu bevorzugen. Dur&i die I. Tendenz werden alle st~irker hervortretenden Randkonturen. in dem durch die ersten Mantelstrei- fen angelegten Rahmen eines kleinen Baubereicties zum einheitlichen ZusammenschluB gebraeht u ~ d damit zum abgegrenzten einzelnen Mantelbl~ttchen gestaltet. Dutch die 2. Tendenz werden Uneben- heiten und seharfe Knieke im Mantelbl/~ttchen ver- mieden und damit ist der geringste 3/Iaterialauf- wand gew~ihrleistet. Durch die 3. Tendenz ist der Erweiterung der Nesthtille die gemeinsame I~dch- tung ,,v0n oben nach unten" vorgeschrieben. Da- durch wird eine einheitliche feste Baugrundlage Ifir alle, an verschiedensten Stellen der Hfille ent- stehenden einzelnen Mantelbl~ittchen verbfirgt.

In zahlreichen, Bier nicht erw~hnten Versuchen (Verf. I I B) t ra t das Mantelbl~ttchen in verschie- densten Formen auf, die oft einer Hfille nicht ein- mal ~.hnlich waren. DaB das Mantelbl~ttchen am natfirlichen Nest nur bei der Bi!dung einer Hiilte auftritt , liegt daran, dab der Rand eines gleic~- f6rmigen Nestteiles beim Mantelbau vor der fibrigen Fl~che stark bevorzugt wird. Als Beis'piel nu t das Ergebnis eines Versuchesf I )u rch eine horizontalliegende Wabe und durch ein Kork- p l i t tchen darunter (auf Fig. 15 punktiert) ffihrt senkrecht e i n St~ibchen~ ,das auf dem Vertikal, schnitt tier Fig. 15 schwarz gezeichnet ist. Der Rand der \~abe reizt zum Anbau einer Nesthiille, Die untere Randkante des KorkpEittchens reizt zum Anbau eben solchen Mantels in Form einer sinnlosen Nesthiille, fiber der sogar noch weitere Hfillen, eine immer in einigem Abstande fiber der anderen, errichtet werden. Die Sinnlosigkeit der letzteren Hiillen beweist die Reizst~irke der Rand- kante an sich, ohne Bezug auf den Zusammenhang, in dem sie geboten ist.

Page 6: Wie ein Wespennest entsteht

54. W~YRAuctt: Wie ein ~Vespennes% entsteht. Die Natur- wissenschaften

Ebenso wie im letzten Versuctie die verschiede- hen Schichten einer Nesthii l le in e inem bes t immten Abs tande vone inander e r r ich te t werden, h M t die Nesthti l le yon der Wabenmasse einen gleichmAl3ig geringeil Abstai ld. Beide Ersche inungen werden durch eine gleiche Bau tendenz verursacht .

Fig. I5.

Was schon die Neigung der Mante l schuppen nach unten andeute t , wird du t ch Versuche be-: wiesen: Die Erdschwere wi rk t entscheidend auf die W a h l der Baustel le f fir den Mantels t re i fen ein: Stets wird der oberste R a n d eines v e r t i k a l aus- gedehnten Nest tei les durch den Bau eiiles ersteil Streifens ausgezeichnet . Dabei werden sehr geringe H6hennnte rsch iede wahrgenommen.

Es hande l t sich bei dieser Baureak t ion auf die Erdschwere n ich t blog n m eine Auszeichnung des oberen Randes eines Nesttei les, sondern e s ist auBerdem eine besondere Tendenz vorhanden , w o n oben Ilach n n t e n " zu bauen. Diese Tei ldenz ist so stark, dab die Wespen , wenn uni la t f i r l iche Bedingungen es so ermhgtiehen, den Mante l eher siilnlos neben der Wabe ailbringen, ans t a t t m i t i b m die ~Vabe zu bedecken. E in Beispiel : In d e m

]j c Fig. 16.

Versuche, der auf Fig. 16 im Ver t ikaIscbni t t dar- gestel l t ist, bef indet sich auf eineln hor izonta l l iegenden, dick schwarz gezeichneten B r e t t ein \¥abens t f i ck mi t den ZelI6ffnungen nach oben. Dieses wird den Wespen an Stelle ihres Nestes ge- boten. R u n d u m den obers ten R a n d dieses Bau- bereiches beginnen die Tiere nun mi t dem durch punk t i e r t e Linie e inget ragenen Bau einer Htille. Abe t an s t a t t diese s inngem~g fiber den Zellmfin- dungen zu err ichten, wird sie un te r dem Zwang der Tendenz, yon oben nach unten zu bauen, rund um

den R a n d der Wabe a i lgebracht und in gleichem Stile wei tergef i ihr t wie auf Fig. I 6 b punk~ciert an- gezeigt ist. Die verschiedei len hache inander in R ich tung yon der Wabe nach augen i ibereinailder- gelegten Mail te lschichten sind durch besondere Linien gekennzeichnet . Nachdem dieser sinnlose Bau ziemlich wei t vorgeschr i t t en ist, beginilen die Wespen in die kompak te Masse aus Mantetbl~Lttchen G~nge hineinzubeil3en (Fig. I6C), die e inmal zur Anlage der ers ten Zellen b e n u t z t werden sollen. Die Tendeilz, den Mante l yon oben nach un ten zu bauen, is t so stark, dab sie meis t alle anderen ihr entgegenwirkei lden Reakt io i len auf gfiilstige tak t i le S i tua t ionen vo l lkommen oder weitgehei ld uil ter- drt~ckt. Da diese Tendenz so einschr~nkungslos yon oben nach unten wirkt , b le ibt ffir das Flugloch keine andere Lage als zuunte r s t in der Hfille. Das Flugloch ist also nach Form, Lage und Gr6Be nicht das W e r k einer ins t ink tm~gig fes t l iegenden Bau- kuns t wie die Zelle, der Pfeiler oder das Mantel- bl~t tchen, sondern ein technisch no twendiger Bautei l , der sich rein mechanisch gegen die Tendenz durchsetz t , die Wabenmasse in einer Htille voll- s tgndig einzuschliegen.

5. Der B a u d e r Brutzeller~ u ~ t Waben.

Die Haup tmasse eines Nestes yon Vespa be- s t eh t aus l~nglichen sechskant igen Zellen, die senk- recht s tehen, deren L~ilgsw~nde aneinander liegeil und die so eiile Scheibe, die Wabe, bilden, die genau hor izonta l l iegt. In den Grundzi igen sind die Ins t ink te ffir den Bau dieser Brutze l len dieselben wie ftir die Hers te l lung der Mantelblhottchen. Wir gehen yon einer Wabe aus, der eine neue Zelle an- gebaut wird. Diese neue Zelle bes teh t aus hor izon- ta l l iegenden Streifchen, die mi t dem Rande an- e inandergeklebt sind uild eine tnnne la r t ige VV6I- bung fiber der Nische bilden, die yon zwei oder drei anderen Zellw~nden gebi ldet wi rd :

I. En t sp rechend der Tendenz, ein ~ a n t e l - s t reifchen an ver t ika l ausgedehn tem Baubere iche nu t an der h6chstei l Stelle anzutegen, geschieht dieser A n s a t z des ersten Strei /chens einer Zelle stets n u r an der obersten Stelte einer Nische yon Zelt- wXnden. Wie s ta rk diese Tendenz auch be im Zellenbau wirkt , zeigt folgender Versuch: Eine ausge- bau te \ ¥ a b e wird ver t ika l auf- ger ichte t den Wespen an Stelle ihres Nestes geboten. Die ~¥espen zeichnen nun mi t den ers ten Zellen- Fig. 17.

s t reifchen den oberen R a n d der Zel lmtindungen so aus, wie in der Aufs icht der Fig. 17 punk t i e r t einge- t ragen ist. Obwohl diese Zellen ausgewachsen, d . h . ft~r die dar in befindliche B r u t lang genug sind, ziehen die Wespen die oberen R~tnder der Zellen dachar t ig vor und biegen sie dann sparer nach un ten um.

2. Als wei tere 7'endenz wirk t beim Zellenbau die, alas erste Zellstrei/chen ann(~hernd senkrecht dee Bauunterlage, der AuBenwand einer Randzel le au/zusetzen. Also dieselbe Tendenz, die auch be im Bau der Basis des Mante lb la t tchens wirkt .

Page 7: Wie ein Wespennest entsteht

Heft 4. '1 27.' i . i939j

3. An drit ter Stelle wirkt die Tendenz, die ich darin erkannte, dab an meinen kfinstlichen Karton- figuren IV~antetstreiichen n u r in der Ebene des Kartons errichtet wurden. Diese Tendenz ftihrt an der Basis der Zelte dazu, die ersten Zellstrei[dien, die den Boden einer Zelle bilden, in einer Ebe~e mit der horizontal liegenden,:gleichm~Big ebenen Ri~clc- ]liiche der Wabe anzulegen.

4. Sobald der Zellboden eineli gewissen Abstand yon der Bauunterlage gewonnen hat, wirkt wieder genau so wie beim MantelblXttchen die Tendenz, das Zellw~ndchen yon oben nach unten umzubiegen. Sobald dies geschehen is%, wird ein Streifchen ul i ter das andere gesetzt, immer in gleichm~Big weitem Bogen die Nische der benachbarten ~lteren Zell- ~v~nde /iberspalinend.

Wie sehr diese Tendenz, yon oben nach unten zu bauen, die galize Zellenherstellulig beherrscht, geht aus folgenden beiden Versucheli hervor :

a) Ich hXnge eilie Wabe, dereli Larven und Puppeli enthaltelide Randzellen ausgewachsen sind, horizontal auf, abet mit den Zell6ffnungeli nicllt wie iiblich IIach uliten, sondern nach oben. Die Wespen verl~ngern die Randzellen einer solchen Wabe ill sinnloser Weise r6hrenf6rmig und biegen

diese R6hren nach unten &"7- 3

Q j • . .::: : : : :.=

Fig. i8.

urn, wie auf dem VertikM- schnitt der Fig. I8 punk- tier% liniert eingetragen ist. Der punktierte Neu- bau schreitet in der be- zeichneten Reihenfolge 1-- 4 verschieden schnell fort.

b) Ich h~nge eine noch im Bau befilidliche Wabe, deren Zelleli gegeli den Rand lain zuliehmend kleiner werden und in den Randzellen nut Eier enthMterg wie im Versuehe zuvor horizontal alif und~ mit den ZelI6ffnungen IIach oben. Da die Randzellen dieser Wabe keine Larven und Puppen elithalten, welclle die Brutpflegeinstinlc~e der ~¥es- pen st/~fker aktivieren als Eier, werden die R~nder dieser Zellen nicht verl~tngert und nach unten um-

gebogeli. Aiistatt dessen wird am Rficken der Randzelle eilie neue nach uliteli gerichtete Zelle (i in Fig. 19) angelegt. Von bier aus w~chst eine richtig orientierte Wabe, nur ohne Stielcheli, die auf dem Vertikalschnitt der Fig. 19 punktiert ge- zeicl~net ist und deren Zellen in der Reihenfolge ihrer Entstehung numeriert sind; Die ZelleI1 der ursprfiuglich gebotenen, fertigen ~¥abe sind ans- gezogeli gezeichnet,

5. Bevor die Wespe sieh zum Bau des Streif- ctlens einer neuen Zelle elitschliel3t; l~.uft sie lange

WEYRAUCH: Wie ein Wespennegt entsteht. 55

rund um den Rand der ~Vabe, bis sie die jeweils am st~rksten einspringende Stelle am Wabenralide gefunden hat . Hier beginnt sie zu baueli, nachdem sie durch abwechselndes Hill- und Herwendeli des K6rpers genau die Mitte der Nische ausgemessen hat. Also wieder dieselbe Tendeliz, die ich an den kfilistlichen Pr~paraten oben ftir den Hfillenbau als besonders ~c l l t i g erkannte: Die Tendenz, ein- springende Kanten dutch den Anbau eines Papier- strei]chens auszuzeichnen und auszugleichen.

In dell Grundztigeli deck% sich demnach die Entstehungsweise der Zelle tiberraschend mit der eilies Malitelbl~ttchelis. Aber in folgelidem besteheli erhebliche Unterschiede :

z. Die Holzteilchen werden bei der Bereitung eines Zellenstreifchelis starker zerkleiliert als bei der Bereitung eines Streifchelis des auBeren Mali- telbl~tttchens.

2. Bei der Anlage des einzellieli Zellstreifchens wird vim mehr Sorgfalt verwendet als beim Ansatz eilies neuen Schuppelistreifens. Letzterer wird oft' o h l i e v o r h e r g e h e n d e Ausmessulig der Baustelle vorgenommen, die Anlage eines IIeuen Zellen- streifens immer erst nach l~ngerem Abtasteli m i f den F~ihlern und unter wiederholtem Hin- und Herwenden des K6rpers in entgegengesetzte Rich- tung.

3. Und der gr6Bte Unterschied : Malitelbl~ttchen silid in Form und Gr6Be sehr variabel. Dagegeli is% die ZelM in der Form fiberhaupt nicht variabel und kommt bei Vespa, wie scholi MAgcttAI~ 1896 feststellte, nur in zwei iibergangsl0s ges'chiedenen und genau eingehaltenen Gr6Ben vor : einer kleinen Zelle, aus der die oberen jiiligsten Waben eines Nestes bestehen, und einer groBen Zelle, aus der die letzten unteren kYabeli eines Nestes bestehen. Die kleinen Zellen dienen der Aufzucht yon Arbeite- rinnen, die groBeli Zelleli der Aufzucht yon K6niginnen. Die Zeltelimage sind dementsprechend geliau der mittleren Gr613e der beiden Kasten an- gemessen: So betrXgt der Durchmesser der Zelt- miindungeli bei Vespa germaliica 4,5 ram (kIeine Zelle) und 6, 3 mm (grol3e Zelle), bei Vespa vulgaris 4,6 mm (Kleilizelle) und 6, 5 mm (GroBzelle). Diese beiden 2¢iaBe sind 0ffensichtlich erbl ich festgelegt. Es is% mir nicht gelungen, diese zweifellos iliter- essantesteii aller Papierbereitungsinstinkte zu ana- lysieren. Wie es kommt, daJ3 dieselbe Arbeiterin abweehsetnd eine groBe und kleilie Zelle in Iichfiger Gr6ge erweiterli kaliii und wie es kommt, dab so verschieden groi3e Arbeiterilinen, wie die einer.Nest- bev61kerung, s~mtlich dieseIben Mage anlegeli, dies is% das eigentliche Problem der Brutzelle im Neste yon Vespa.

Demgegenfiber is% die Frage der Sechsecldgkeit der Wespenzellen untergeordnet. Dies zeigt ~ol-' gende Zusammenfassulig, die ich IIach meinen Beobachtungen an bauenden Wespen und .iiach c-tell Er6rterungen zusammenstetle, die f r t~ere Autoren a u f Grund der Betrachtulig voli fertigeli Nestern, ohne direkte ]3eobachtuligen an lebelideli XYespen, angestellt haben.

Page 8: Wie ein Wespennest entsteht

5 6 WEYRAITCH: Wie ein Wespennest entsteht

Wie AR~BRus~r~:R (I9~O) fiberzeugend dar- gelegt hat, ist die Urform der Bienen- und ~Vespen- zelle zylindrisch. Die sechskantig .prismatische Form kommt nur bet den sozlalen Wespen und Bienen vor. Dementsprechend wird auctl die Zelle bet Vespa in ihrem freiliegenden Teile meist rund gebaut, so wie der Zellentunnel, dessert Ent- stehung ich oben als maBgebend fiir den Zellenbau zugrnnde legte. Sobald eine neue Zelle die gleiche L~nge erreicht hat wie ihre Nachbarzelle, liegen die Kanten der Mfindungen beider in einer Ebene und werden nun von der bauenden \¥espe dureh gemeinsamen Streifenaufsatz verl~ngert. Der neue Aufsatz gemeinsamer Zellw~inde ist hie fund, sondern framer gerade und in gleichm~Bigen Ab- st~tnden geknickt, der Ffihrung der fertigen Zell- kanten entsprechend. W~hrend die ~Tespe beim Bau eines Mantelstreifchens einige Male nur in derselben Richtung rfickw~irts l~iuft, l~iuft sie beim Bauen a n einem Zellenrande wiederholt abwechselnd in entgegengesetzten Richtungen rfickw~rtS, kleine Ungenauigkeiten der Form- gebung auf diesen Pl~ttgXngen verbessernd. Die Sechskantigkeit der Zellen ist also die natfirliche Folge der ]3autendenz, Kanten im Sinne des durch sie gegebenen Figurennetzes zu verl~ngern. Zell- wXnde, die einmal fund angelegt wurden, werden nachtr~glich nicht mehr wesentlich ver~indert. M~YER-GRXTt~R (I937) n immt an, dab die Sechs- kantigkeit der Papierzetlen der sozialen Wespen dadurch zustande kommt, dab die Wand einer nenen Zelle ant die ~iltere Zellwand, der sie winklig aufgesetzt wird, einen Zug ausfibt, der die vorher runde Wand kantig zieht. Nach meinen Beob- achtungen kann w~ihrend der Baut~tigkeit ein Zug auf die Mte Zellwand nicht ausgefibt werden, denn diese ist trocken und test. Die im ]3au befindliche neue Zellwand dagegen ist so weich, dab das pl~ttende Dfinnziehen der Wespe nur die letztere Wand deformierei1 kann. Auch nach dem' Trocknen ist die Ver~nderung, welche die Zellform:auf diese Weise erfahren k6nnte, sehr gering oder fehlt, denn wie FREISLINa (1938) richtig bemerkt, treten , ,in fertigen oder im Ban befindlichen Zellverbgnden, die man durchschneidet, niemals besondere wirk- same Zugkomponenten oder Spannungen der ZelI- w~nde ant". V6tlig irrtfimlich ist die Ansicht ARI'~BRUSTERS (I92O), nach der die Sechskantig- keit dadurch zustande k~ime, dab die Wespen bet der Zellenbereitung so dicht eine neben der anderen s~iBen, dab dutch den Druck, den sie aufeinander ausfibeii, rein mechanisch die Sechskantigkeit der Zetlen erzeugt werde. Dieser Ansicht liegt often- sichtHch keine direkte Beobachtung zugruiide, son- dern sie ist eine rein gedankliche iJbertragung vom Gesehehen im Bienennest auf die Wespen. An gleieher Stetle bauen nie mehrere Wespen gleich- zeitig. Sie wfirden sich gegenseitig bet ihrem ab- wechselnden Vor- ~nd Rfickw~irtslaufen behindern. Treffen einmM zuf~llig zwei bauende Wespen zu- sammen, r~iumt bald ein Tier dem anderen den Ptatz. Angerdem erfordert der Anbau eines weichen, dehnbaren Holzbreistreifens einen festen,

Die Naturo wissenschaf ten

trockenen, d, h. l~nger verlassenen Baugr~and. W'enn eine Wespe einmal zuf~illig an eine im Bau befindliche oder yon kfirzlicher I-Ierstellung noch fenchte Baugrundlage ihren Holzbrei an- heftet, zieh± sie beim Diinnziehen des ausgelegten Papierbreies die noch weiche ]3auunterlage mit, deformiert sie dadurch, ja reiBt eventuell eine Lficke ein. In solchen F~llen gibt die Wespe abet meist schon, bevor es dazu kommt, die Banstel le auf, beiBt den ausgelegten und abgerissenen Papier- brei zu einem IKlfimpchen zusammen und baut es an einer anderen Stelle an.

V~RLAINE (193 o) fiel auf, dab die erste~ Zellen eines V~respennestes am freien Rande immer rund sind. Dagegen sparer, wenn die Wespen schon viel an sechskantigen Zellen gebaut haben, yon Anfang an kanfig angetegt werden. Schon die ]36den der jiingsten Randzellen der sp~teren Waben zeigen dies deutlieh. VERLAI?CB folgert daraus, dab es keine ferfig angeborenen Inst inkte ffir die Her- stellung sechskantiger Zellen gibt, sondern dab die \¥espen diese F~ihigkeit erst dutch VorbiId fertiger Zellen und durch ~ b u n g im Laufe des individuellen Lebens erwerben.

So wird der Erscheinung der Sechseckigkei± des Kantenmosaiks der Wabenoberfl~iehe der Schein des Wunderbaren entzogen, mit dem eine rein ~uBer- liche Betraehtnng fertiger ]3auten die Wespennester umgab nnd populate und wissenschaftliche Schrift- steIler framer wieder zu neuen Auslassungen anregte.

In einigen Versuchen zum Zellenbau konn±e ich Baufiihigkeiten nachweisen, die weft fiber fertig angeborene Anlagen hinansgehen. Fertigkeiten, die unter gew6hnlichen Umst~inden nicht gebraucht und gefibt werden k6nnen, sondern in Anpassnng an ungew6hnliche guBere Gegebenheiten der per- s6nlichen einsichtigen Initiative entspringen. Zum Belege ~olgendes: An Stelle des Nestes ~drd den Wespen eine leere Kartonschachtel geboten, in die sie durch ein kleines Loch gelangen k6nnen. Diesen I4arton ffillen die VCespen mit zahlreichen Mantelfahnen aus, die mehr oder minder vertikal nebeneinander yon der Decke dieses Nestranmes niederh~ngen. Die ersten Zellen treten erst auf, wenn die Mantelfahnen fast den Boden des Kartons erreichen. Bevor dies geschieht, teilen die ~Vespen l~nglich schmale Zwischenr~iume, die zwei winldig gegeneinanderstehende Man±elft~ichen bilden, yon denen eine (2 ant Fig. 20a und b) auf tier gr6Beren Fl~iche ether ~ilteren (i ant Fig. 2oa und b) errichtet ist. Die Wespen teilen solehe Zwischenr~inme durch Eiiibau ebener Querw~indchen, d i e auf den Mantelfl~ichen senkrecht stehen, in bestimmte Zwischenr~iume ein, deren Durchmesser dem Zet- lendurchmesser angen~ihert ist. Auf Fig. 2o zeigt a einen vertikalen Querschnitt dutch zwei winklig gegeneinanderstehende Mantelfahnen. Bet Fig. 2ob sind in der Aufsicht yon unten auf eine solche yon den Fahnen i und 2 gebildete LXngsnische die Querw~indehen 3 zu sehen. Wo der vorhandene Zwischenraum zu breit ist, werden auch, wie rechts ant der Fig. 2ob, 2 Zellr~iume eingebaut. Diese Zellen werden als Brutzellen erriehtet und als

Page 9: Wie ein Wespennest entsteht

H e f t 4 . 1 27. z. x939J

Kurze Originalmitteilung.

solche a u c h v o n d e r K 6n i g i n m i t je e i n e m Ei belegt . Diese Zellen we ichen in der E n t s t e h u n g s w e i s e voll- k o m m e n v o m Ob l i chen ab, H ie r z i ehen die W e s p e n aus den G e g e b e n h e i t e n de r 3/ iantelf l~chen N u t z e n u n d v e r w e n d e n das V o r h a n d e n e d u r c h die sehr s innvo l le E r f i n d u n g yon a b t e i l e n d e n Que rwgnd- ehen. Fig. 2oc u n d d zeigen in de r Auf s i ch t den unteren R a n d yon a n d e r e n S te l len de r Man te l - f a h n e n i m gle ichen K a r t o n r a u m , c zeigt eine groge 5{ante l I l~che i , d e r e ine kleine t~{antel-

, ..... , J . s c r o o g e 2 I i I ~, setzt wurde. Diese

-2 z-' "'- .-- wurde n i e h t voll- e n d e t u n d u n t e n zu-

~-1-- ' /--- . .~ g e b a n t , s o n d e r n in a ~ , ~ ' ~ ' ~ I ~ d de r M i t t e d u r c h das

~-~.d Q u e r w ~ n d c h e n 3 Fig. 20. in den A n f a n g yon

2 B r u t z e l t e n zerlegt , fiir die der v o r h a n d e n e R a u m gerade aus re i ch te . Bei d w u r d e n nSp f chen f 6 r mige ZellanfS~nge re ihenweise n e b e n e i n a n d e r oder e inzeln a n eine ebene ~{an te l f ahne (t) a n g e b a u t . Diese Zellen h a b e n z u m Tei l s c h o n eine g e m e i n s a m e W a n d . Sie w e r d e n n a c h u n t e n gle ichm~Big m i t de r M a n t e l f a h n e ver lXnger t u n d b i lden so Tunne l s , die m i t h a l b k r e i s - f 6 r m i g e m D u r c h m e s s e r de r e b e n e n 3/fantelfl~che a u g liegen, die i h n e n eine W a n d u n d die Ansa tzf lXche bietet . I n a l len d iesen Zellen wi rd die B r u t v o m Ei his zur P u p p e in i ib l icher ~¢Veise aufgezogen.

Wie e l e m e n t a r i s t gegenf iber d ie sem E r f i n d u n g s - r e i c h t u m bei de r Ze l l enb i ldung de r B a u de r Man te l - b l~ t t chen , de r s i c h res t los au f s innesphys io log i sehe u n d s t i m m n n g s m ~ B i g e E i e m e n t e zur f ickf i ihren lieB.

6. Der Baq~ der stielchenjSrmigen Tr~ger.

Die s t i e l chen f6 rmigen Tr~ger , die in groBer A n z a h l zwisehen d e n V~raben eines Nes tes y o n

57

Vespa v e r t e i l t s ind, werden v o l l k o m m e n ab- we ichend yon den Grunds~i tzen e r b a u t , n a c h d e n e n Bru tze l l e u n d M a n t e l b l ~ t t c h e n e r r i c h t e t werden . Das S t i e lchen b e s t e h t in se inem m i t t l e r e n senk- r ech ten , sgtulchenf6rmigen Teile aus feinen, lgngs- ge fase r t en Schieh'cen, die n i c h t in Meinen A b s t a n - den f ibe re inande r e r r i ch te t , s o n d e r n d i c h t au~- e i n a n d e r g e k l e b t werden , und zwar n i c h t in ho r i - zonta le r , s o n d e r n in v e r t i k a l e r Sch ich tung . A n der o b e r e n Bas i s t e i l t s ich d a s - S ~ u l e h e n in schmale , s e n k r e c h t s t e h e n d e Fli igel auf, m i t d e n e n es a n den K a n t e n de r Z e l l m a n d u n g e n e n t l a n g l~uf t u n d sich a n i h n e n festh~ilt, u m den d a r u n t e r l i e g e n d e n Teil der unteren W a b e zu t r agen , Der Ri ickf l~che d ieser W a b e s i t z t das S t i e lehen .durch die un te re , s t r a h l e n f 6 r m i g v e r b r e i t e r t e ]Basis so les t an, d a b m a n mi'c d e m St ie lchen ehe r die B 6 d e n de r be- t r e f f e n d e n Zellen m i t abre iBt , als das S t ie lchen yon der Riickf l~che t r e n n t . D i e s t i~ lchenf6 rmigen Tr/ tger w e r d e n s tarker mi t Le im d u r c h t r ~ n k t Ms die 3 / fan te lb l~ t tchen u n d Bru tze l l en . A u c h w e r d e n die Ho lz t e i l chen i m S t ie lchen fe iner z e r k a u t u n d d i c h t e r ge lager t als in de r Man te l s chuppe . Die S t i e lchen t r e t e n i m m e r in de r :Anzahl , V e r t e i l u n g u n d Dicke auf, in de r sie e r forder l ich s ind : sie s ind z iemtich gleichm/iBig f iber die Wabenf l / i che ve r - tei l t , s ind a n g rSgeren u n d s c h w e r e r e n N e s t e r n dicker u n d zahl re icher . A n diesen S t ie lchen h ~ n g t n i c h t n u r die gesamte , m i t ]Brut ve rh~ l tn i smSBig schwere W a b e n m a s s e , s o n d e r n a u B e r d e m das m a n e h m a l noch b e t r ~ c h t l i c h e r e Gewich t de r l eben- den Nes t insassen , die s ich grSBtente i l s zwischen den W a b e n a u f h a l t e n . A n groBen N e s t e r n g e - n ~ g e n die S t i e l chen zwischen den %Vaben nich/c; sie t re ten i m o b e r e n Nes t t e i l a u c h zwischen ~¢Vaben u n d H a l l e u n d zwischen t t i i l Ie u n d E r d - decke auf. (SchluB folgt.)

K u r z e O r i g i n a l m i t t e i l u n g . Fiir die kurzen Originatmittei lungen ist ausschlieBlich der Verfasser verantwortt ich.

Isomorpher Ersatz des Phosphors in Apatiten durch SiIicium und Schwefel.

I). McCONNELL 1 untersnchte vor kurzem Proben yon Wilkeit, einem ApatitmineraI, in dem etwa die H~ilfte des Phosphors dutch Silicium und Schwefel ersetzt ist. Dabei wurde eine neue Abart des Wilkeits gefunden, die nut noch fund 3 % P205 enthielt und also nahezu dem Endglied der isomorphen Reihe der Mischapatite von der Zusammen- setzung CaloSi3SaO~4F~ entsprach und die den Namen Ellestadit erhielt.

Dieses in der Natur in reiner Form noch nicht aufgefun- dene Mineral liiBt sich iiberraschend leicht synthetisch dar- stellen. Es brauchen nur die Komponenten ]m stiSchio- metrischen Verh~iltnis, z. B. nach der Gleichung 3 Ca2SiO4 + 3 CaS04 + CaF2 = Ca10SiaS3024F2, gemischt und die Mischung einige Stunden bei i2oo ° gesintert zu werden. Das Pnlverdiagramm des so erhaltenen Stoffes ist das eines Apatits (s. Fig. r, Diagr. c).

Auch Mischverbindungen, die noch Phosphor enthalten, lassen sieh auf dieselbe einfache Weise darstellen, z. B. ent- steht die Verbindung yon der Summenformel Cal0Si2P2S~O~4F ~ nach der Gleichung: e CaeSiO 4 + Ca3(PO4) ~ + 2 CaSO 4 + CaFe. Auch ih r Pulverdiagramm ist das eines Apatits (s. Fig. I, Diagr. b).

Bereits qualitativ l{iBt sleh aus dem Diagramm des

1 D. ~TvIcCoNNt~LL, Amer. Mineralogist 2z, 977 (1937).

a i,iili l, 1,1111Ltilt

I, it, rt I,t,l, 1 ̧

lm Ii l,l,,I,,I I I I

zz? 3g

11

IwJt II I [

qa ya

Fig. I. Pulverdiagramme yon Mischapatiten (CuK~-Strah- lung, Kameradurchmesser 57,3 ram): a) Fluorapatit (zum Vergteich)l; b) CaloSi~P~S20~4F~; c) synthetiseher Ellestadit.

i ST. N~.RAY-SZAB6, Z. Kristattogr. 75, 387 (I93o}.