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PD Dr. med. Thomas Ellrott Institut für Ernährungspsychologie
an der Georg-August-Universität Göttingen Universitätsmedizin Humboldtallee 32 37073 Göttingen
Wie Kinder essen lernen Zur Entwicklung des Essverhaltens
EL 2012
Die Grundlagen des Essverhaltens
Im Mutterleib Säugling Kleinkind Schulkind Adoleszenz
Geb
urt
Lernprozesse/Erziehung
Genetische Präferenzen
Prägung
Evolutionsbiologische Programme
Kultur: Gewohnheiten/Verfügbarkeit
Innenreize …………. Außenreize
Diätverhalten
Ellrott T (2011). Pädiatrische Ernährungsmedizin (Kersting/Reinehr), Schattauer, S.44 ff.
EL 2014
Die Grundlagen des Essverhaltens
Im Mutterleib Säugling Kleinkind Schulkind Adoleszenz
Geb
urt
Lernprozesse/Erziehung
Genetische Präferenzen
Evolutionsbiologische Programme
Kultur: Gewohnheiten/Verfügbarkeit
Innenreize …………. Außenreize
Diätverhalten
Prägung
Ellrott T (2011). Pädiatrische Ernährungsmedizin (Kersting/Reinehr), Schattauer, S.44 ff.
EL 2014 Pudel V, Westenhöfer J: Ernährungspsychologie 3. Auflage 2005, Hogrefe
Kultur
◆ Die am Ort bestehende Esskultur gibt den großen Rahmen für die Ausbildung des individuellen Geschmacks vor.
◆ Das gilt für die Verfügbarkeit von Speisen wie auch die Gewohnheiten von Eltern und anderen Modellen.
◆ Überschreitungen des kulturellen Rahmens werden im Erziehungsprozess sozial diskriminiert.
EL 2014 Pudel V, Westenhöfer J: Ernährungspsychologie 3. Auflage 2005, Hogrefe
Kultur
◆ Die am Ort bestehende Esskultur gibt den großen Rahmen für die Ausbildung des individuellen Geschmacks vor.
◆ Das gilt für die Verfügbarkeit von Speisen wie auch die Gewohnheiten von Eltern und anderen Modellen.
◆ Überschreitungen des kulturellen Rahmens werden im Erziehungsprozess sozial diskriminiert.
◆ Durch das Hineinwachsen in das gesellschaftliche Umfeld am Ort (Sozialisation) wird der Rahmen durch den fortwährenden Lernprozess verinnerlicht.
EL 2014 Pudel V, Westenhöfer J: Ernährungspsychologie 3. Auflage 2005, Hogrefe
Kultur
◆ Die am Ort bestehende Esskultur gibt den großen Rahmen für die Ausbildung des individuellen Geschmacks vor.
◆ Das gilt für die Verfügbarkeit von Speisen wie auch die Gewohnheiten von Eltern und anderen Modellen.
◆ Überschreitungen des kulturellen Rahmens werden im Erziehungsprozess sozial diskriminiert.
◆ Durch das Hineinwachsen in das gesellschaftliche Umfeld am Ort (Sozialisation) wird der Rahmen durch den fortwährenden Lernprozess verinnerlicht.
◆ Auf (ungewollte) Überschreitungen wird mit Unwohlsein, Abneigung oder gar Ekel reagiert.
EL 2014
Die Grundlagen des Essverhaltens
Im Mutterleib Säugling Kleinkind Schulkind Adoleszenz
Geb
urt
Lernprozesse/Erziehung
Genetische Präferenzen
Evolutionsbiologische Programme
Kultur: Gewohnheiten/Verfügbarkeit
Innenreize …………. Außenreize
Diätverhalten
Prägung
Ellrott T (2011). Pädiatrische Ernährungsmedizin (Kersting/Reinehr), Schattauer, S.44 ff.
EL 2014 Pudel V, Westenhöfer J: Ernährungspsychologie 3. Auflage 2005, Hogrefe
Angeborene Vorliebe für „süß“
◆ Imprinted (Hirnstamm) ◆ Muttermilch ist leicht süß (Lactose) ◆ Hohe Energiedichte! ◆ Sicherheitsgeschmack der Evolution
(Paul Rozin)! ◆ Wird von allen Rassen präferiert ◆ Salzpräferenz für geringe Konzentrationen ◆ Ablehnung von Bitter und Sauer
EL 2014
Die Grundlagen des Essverhaltens
Im Mutterleib Säugling Kleinkind Schulkind Adoleszenz
Geb
urt
Lernprozesse/Erziehung
Genetische Präferenzen
Evolutionsbiologische Programme
Kultur: Gewohnheiten/Verfügbarkeit
Innenreize …………. Außenreize
Diätverhalten
Prägung
EL 2014
Prägung vor und nach der Geburt
◆ Das Essen der Mutter während Schwangerschaft und Stillzeit führt zur Prägung von Vorlieben.
◆ Kinder bevorzugen später die Geschmackseindrücke, die sie im Mutterleib/mit der Muttermilch kennen gelernt haben.
◆ Wie diese Prägung funktioniert, konnte anhand von Studien mit Schwangeren nachgewiesen werden.
EL 2014
Prägung vor und nach der Geburt
◆ Das Essen der Mutter während Schwangerschaft und Stillzeit führt zur Prägung von Vorlieben.
◆ Kinder bevorzugen später die Geschmackseindrücke, die sie im Mutterleib/mit der Muttermilch kennen gelernt haben.
◆ Wie diese Prägung funktioniert, konnte anhand von Studien mit Schwangeren nachgewiesen werden.
◆ Nach der Geburt erfolgt die Prägung über den Geschmack der Muttermilch.
◆ Muttermilch ist geschmacklich deutlich vielfältiger als Flaschenmilch. Die Neophobie ist bei gestillten Kindern geringer.
EL 2014
Die Grundlagen des Essverhaltens
Im Mutterleib Säugling Kleinkind Schulkind Adoleszenz
Geb
urt
Lernprozesse/Erziehung
Genetische Präferenzen
Evolutionsbiologische Programme
Kultur: Gewohnheiten/Verfügbarkeit
Innenreize …………. Außenreize
Diätverhalten
Prägung
EL 2014
Evolutionsbiologische Programme
◆ Mere Exposure Effect ◆ Spezifisch-sensorische Sättigung
EL 2014
Mere Exposure Effect/liking by tasting
◆ Kleinkinder haben gewöhnlich eine deutliche Neophobie und meiden unbekannte Speisen.
◆ Sie bevorzugen die Speisen, die sie kennen: Mere Exposure Effect.
◆ Sicherheitsprinzip: Speisen, die schon einmal ohne negative Konsequenzen vertragen wurden, werden erneut gewählt, neue potentiell giftige gemieden (Champignon-Fliegenpilz).
EL 2014
Mere Exposure Effect/liking by tasting
◆ Kleinkinder haben gewöhnlich eine deutliche Neophobie und meiden unbekannte Speisen.
◆ Sie bevorzugen die Speisen, die sie kennen: Mere Exposure Effect.
◆ Sicherheitsprinzip: Speisen, die schon einmal ohne negative Konsequenzen vertragen wurden, werden erneut gewählt, neue potentiell giftige gemieden (Champignon-Fliegenpilz).
◆ Der Mere Exposure Effect ist als Sprichwort „Was der Bauer nicht kennt, das frisst er nicht!“ fest im Sprachgebrauch verankert.
EL 2014
Der Mere Exposure Effect stellt aber auch eine Gefahr für den Organismus dar: Durch die
extreme Optimierung des Sicherheitsprinzips ist die ausreichende Versorgung mit
lebensnotwendigen Nährstoffen kaum gegeben. Diese werden erst durch eine
gewisse Bandbreite verschiedener Nahrungsmittel bereit gestellt.
EL 2014 Pudel V, Westenhöfer J: Ernährungspsychologie 3. Auflage 2005, Hogrefe
Spezifisch-sensorische Sättigung
◆ Zunehmende Sättigung gegen einen perma-nent wiederkehrenden Geschmackseindruck.
◆ Destabilisierung von Präferenzen durch häufige Wiederholung des Geschmackserlebnisses.
◆ Viele Sprichworte beschreiben dies • Das hängt mir zum Halse heraus • Das kommt mir schon zu den Ohren heraus • Ich kann das nicht mehr sehen • Ich habe mir das „übergegessen“
EL 2014
Spezifisch-sensorische Sättigung hemmt Vorlieben
kurzfristig.
Der Mere Exposure Effect stabilisiert Vorlieben
langfristig.
EL 2014 Davis CM. Am J Dis Child 1928; 36 (4): 651-79
Das berühmte Experiment von Clara Davis
◆ Drei Säuglinge wählen nach dem Abstillen ihre Speisen für 6 bis 12 Monate selbst aus.
◆ Das Ergebnis: phasenweise einseitig, im Monatsdurchschnitt aber ausgewogen.
◆ Mere Exposure Effect und Spezifisch-sensorische Sättigung sowie weitere Innenreize führen über einen längeren Zeitraum zu einer annähernd bedarfsdeckenden Auswahl.
EL 2014
Entwicklung des Essverhaltens
Im Mutterleib Säugling Kleinkind Schulkind Adoleszenz
Geb
urt
Lernprozesse/Erziehung
Genetische Präferenzen
Evolutionsbiologische Programme
Kultur: Gewohnheiten/Verfügbarkeit
Innenreize …………. Außenreize
Diätverhalten
Prägung
Ellrott T (2011). Pädiatrische Ernährungsmedizin (Kersting/Reinehr), Schattauer, S.44 ff.
Pudel V, Westenhöfer J: Ernährungspsychologie 3. Auflage 2005, Hogrefe
Geburt höheres Alter
Innenreize E
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Pudel V, Westenhöfer J: Ernährungspsychologie 3. Auflage 2005, Hogrefe
Geburt höheres Alter
Innenreize
Außenreize
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Pudel V, Westenhöfer J: Ernährungspsychologie 3. Auflage 2005, Hogrefe
Geburt höheres Alter
Innenreize
Außenreize
Einstellungen, Erfahrungen
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Das Trickteller-Experiment
EL 2013 Ellrott T (2003). Ernaehrungs-Umschau 50, 340-343
Der Außenreiz Menge auf dem Teller, Tütengröße, Packungsgröße ist für das
Stoppsignal entscheidend!
Bei großen Tellern, großen Tüten und großen Packungen essen außenreizabhängige Esser mehr Menge und damit auch mehr Kalorien.
Fraglich ist, ob das häufige Essen nach
Außenreizen negative Konsequenzen für die Gesundheit hat.
Das hängt entscheidend davon ab, ob der
Mehrverzehr aufgrund großer Portionen durch Wenigerverzehr zu den Folgemahlzeiten
kompensiert wird und ob ein Kalorienplus verbleibt. Die Ergebnisse von entsprechenden Experimenten
sind eindeutig …
EL 2014
Entwicklung des Essverhaltens
Im Mutterleib Säugling Kleinkind Schulkind Adoleszenz
Geb
urt
Lernprozesse/Erziehung
Genetische Präferenzen
Evolutionsbiologische Programme
Kultur: Gewohnheiten/Verfügbarkeit
Innenreize …………. Außenreize
Diätverhalten
Prägung
Ellrott T (2011). Pädiatrische Ernährungsmedizin (Kersting/Reinehr), Schattauer, S.44 ff.
EL 2013
Man muss den Kindern nur sagen,
dass sie davon schlechte Zähne und
Übergewicht bekommen …
Kontingenz- verhältnisse
Für kognitive Ernährungserziehung
bestehen ungünstige
Kontingenzverhältnisse
EL 2013
Belohnungsaufschub
◆ Bezeichnet die Fähigkeit, auf eine aktuelle Belohnung (Geschmackserlebnis) zugunsten einer wahrscheinlichen, aber nicht sicheren Belohnung (Gesundheit) in der fernen Zukunft zu verzichten.
◆ Gerade für jüngere Kinder kaum vermittelbar.
EL 2013
Verbote fördern Präferenzen
◆ Man verbietet den Kindern einfach die vermeintlich ungesunden Lebensmittel!
◆ Beispiel 1: Müsli-Erlass/Zuckerfreie Schule
◆ Beispiel 2: Getränke/Süßigkeiten
Jansen E, Mulkens S, Jansen A. Do not eat the red food! Prohibition of snacks leads to their relatively higher consumption in children. Appetite 49 (2007) 572-77
Verbote führen zu höherem Verzehr
!" Phase 1
Jansen E, Mulkens S, Jansen A. Do not eat the red food! Prohibition of snacks leads to their relatively higher consumption in children. Appetite 49 (2007) 572-77
Verbote führen zu höherem Verzehr
" Phase 2
"
Jansen E, Mulkens S, Jansen A. Do not eat the red food! Prohibition of snacks leads to their relatively higher consumption in children. Appetite 49 (2007) 572-77
Verbote führen zu höherem Verzehr
Phase 2
EL 2013
Ernährungswissen?
◆ Im Ernährungsunterricht wird den Kindern erklärt, welches gesunde und welches ungesunde Speisen sind.
◆ Die Kinder erhalten dort die richtigen Informationen (Ernährungswissen).
◆ Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung hat bereits vor 30 Jahren das Ernährungswissen von Schulkindern für den Ernährungsbericht 1984 untersucht:
EL 2013
Die Hit-Listen der Kids!
Vollkornbrot Wurst Tomate Käse
Kotelett Nudelsuppe Kartoffeln Graubrot
Alles, was stark macht! Alles, was gesund ist!
Das sind:
EL 2013
Die Hit-Listen der Kids!
Vollkornbrot Wurst Tomate Käse
Kotelett Nudelsuppe Kartoffeln Graubrot
Die Spitzenreiter: „Mag ich nicht!“
Das sind:
EL 2013
Die Hit-Listen der Kids!
Pudding Bonbons
Hamburger Cola
Schokoriegel Konfitüre
Schokolade Salzgebäck
Alles, was nicht stark macht! Alles, ungesund!
Das sind:
EL 2013
Die Hit-Listen der Kids!
Die Spitzenreiter: „Mag ich gerne!“
Das sind:
Pudding Bonbons
Hamburger Cola
Schokoriegel Konfitüre
Schokolade Salzgebäck
EL 2013
Erwünschtes Essverhalten lässt sich nicht durch viel
Ernährungsinformation (Ernährungsunterricht
etc.) erzwingen!
Kognitionen Fertigkeiten
EL 2013
Kindliche Core Needs
100 Spaß
Gesunde Ernährung
EL 2013
EL 2013 Pudel V, Westenhöfer J: Ernährungspsychologie 3. Auflage 2005, Hogrefe
Imitationslernen/Lernen vom Modell
◆ +++ Lernen durch Beobachtung +++ ◆ Das Kind übernimmt beobachtete
Verhaltensweisen von anderen in sein Verhalten, wenn die Modelle 1. mit ihrem Verhalten Erfolg haben (Macht/Stärke) und 2. wenn sie beim Kind emotional positiv besetzt sind.
◆ Typische Modelle/Vorbilder: Eltern, Geschwister, Freunde, Großeltern, Peers.
◆ Modelle der Neuzeit: Celebrities, Ikonen in der Werbung
Wie man Kindern und Jugendlichen gesunde Ernährung verkaufen
kann …
• Praktische Fertigkeiten • Erfolgserlebnisse • Emotionale Bindung
Mangold - Lasagne
Mangold - Lasagne
Gesunde Ernährung kann man Kindern und Jugendlichen am besten verkaufen, wenn man
gerade nicht „gesund“ auf das Produkt/Essen schreibt!
http://derstandard.at/1397522066090/Nur-Probieren-ist-Pflicht-Aufessen-nicht