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22.02.2017 Ratzeburg 16.02.2017 Dr. Siepelmeyer 1
Mastitistherapie im Wandel
Wie können wir Antibiotika sparen?
Antibiotikaresistenz
Eigenschaft von Mikroorganismen, die es ihnen ermöglicht, die Wirkung von Antibiotika abzuschwächen oder ganz zu neutralisieren.
Resistenz durch Mutationen
Resistenz durch Übertragung von Resistenzgenen
Der Transfer von antibiotikaresistenten Bakterien und der Transfer von Resistenzgenen ist zwischen Mensch und Tier wechselseitig möglich.
22.02.2017 Dr. Siepelmeyer 3
MRSA Methicillin-resistente Staphylococcus aureus
Keime,
die gegen viele Antibiotika resistent sind
die beim Menschen unter anderem Wundinfektionen und Entzündungen der Atemwege hervorrufen können
treten vor allem in Krankenhäusern auf, wo sie von Mensch zu Mensch übertragen werden.
werden auch bei Nutztieren und in Lebensmitteln nachgewiesen, die so eine Infektionsquelle für den Menschen sein können. (50% der Mastschweine- und 20% der Kälber- und Putenbestände sind MRSA-pos., 4% der Tankmilchproben sind MRSA-pos.)
25 % der Personen mit Nutztierkontakt in Nds. MRSA-pos. (Vergleich: 1,5% ohne Nutztierkontakt)
22.02.2017 Dr. Siepelmeyer 4
ESBL Extended Spectrum Beta Lactamase
Keime aus der Familie der Enterobakterien (E. coli, Klebsiellen, Proteus) erzeugen ein verändertes Enzym der Beta-Laktamase, welches Antibiotika inaktiviert.
veränderten Gene können Bakterien auch art- und gattungsfremd untereinander austauschen.
ESBL-Infektionen erleiden vorzugsweise Menschen mit schwachem Immunsystem.
Übertragung am ehesten durch Fäkalien.
Infektionsrate bei ESBL inzwischen ähnlich hoch wie Infektionsrate wie MRSA
22.02.2017 Dr. Siepelmeyer 5
Reserveantibiotika = Antibiotika, die nur für einen Einsatz mit strenger Indikation vorgesehen sind
Verminderung der Entstehung von Antibiotikaresistenzen
Vermeidung von Nebenwirkungen
22.02.2017 Dr. Siepelmeyer 6
Reserveantibiotika in der Tiermedizin
Wirkstoffe, die für die Humanmedizin reserviert bleiben sollen
Fluorchinolone Cephalosporine der 3. u. 4. Generation (Makrolide)
22.02.2017 Dr. Siepelmeyer 7
AB-Verbrauch in der Tierhaltung: Gesamt 2011: 1706 t 2012: 1619 t 2013: 1452 t 2014: 1238 t 2015: 805 t
Reserve-AB: Fluorchinolone 2011: 8,2 t 2012: 10,4 t 2013: 12,1 t 2014: 12,3 t 2015: 10,6 t
- 15%
+ 29%
Reserve-AB: Cephalosporine 3.+ 4. 2011: 3,6 t 2012: 4,0 t 2013: 3,8 t 2014: 3.7 t 2015: 3,6 t
+ 0%
- 53% - 15%
- 35%
2,3% der Gesamtmenge
22.02.2017 Dr. Siepelmeyer 8
AB-Verbrauch in der Tierhaltung: 2015 LLT: 797 t (= 99 %) (geschätzt: 100 t => Milchkuh/Rinderbereich) N-LLT: 7,2 t (= 1 %)
Oral: 739 t (= 92%) Parenteral: 50 t Intramammär: 8 t Intrauterin: 5 t Sonstige: 4 t
Laut QS entfallen nur 1/3 der Reserveantibiotika auf Schweine und Geflügel, Tendenz rückläufig, Intramammär: > 50% => „Trockensteller“ => reicht für 2,3 Mill. Kühe => 80% der Kühe -> AB-TS (4,3 Mill. Kühe gesamt, Remontierungsrate 30%)
Dr. Siepelmeyer 9
16. Novelle AMG 2013 verabschiedet, am 1. April 2014 in Kraft getreten
Ziel: Antibiotikaminimierung
neue Regelungen für Tierhalter→ direkt gültig nach § 58a-g AMG
Meldepflicht für Mast-Tier-Haltung (Rind, Schwein, Huhn, Pute) Meldepflicht für Antibiotika-Anwendungen in der Mast Regelungen über die Ermittlung der Therapiehäufigkeit (TBI)
Einzelbetriebliche Therapiehäufigkeit Bundesweite Kennzahlen I (Median) und II (oberes Quartil)
Kontroll- und Reaktions-Verpflichtungen für den Landwirt Benchmarking der betriebl. Therapiehäufigkeit, ggf. Antibiotikaminimierungsplan erstellen und durchführen
Anordnungsbefugnisse der zuständigen Behörde
Mastitis ist die am intensivsten untersuchte
Erkrankung der Milchkuh
22.02.2017 Dr. Siepelmeyer 10
Die Mastitisbekämpfung erfordert 68 % der in Milchviehbeständen
verbrauchten Antibiotika
Herausforderungen in der Mastitisbekämpfung?
Herden wachsen
=> Chronisch euterkranke Tiere bleiben
=> „Mastitisbekämpfung ist nicht so wichtig“
Zu viel „Feuerwehr“
Zu wenig kontinuierliche systematische Arbeit
Zellzahl in der Herdensammelmilch zu hoch
Antibiotikaverbrauch muss sinken
Gesetzliche Vorgaben
Dr. Siepelmeyer 22.02.2017
Mastitisbekämpfung
Trockenstehbehandlung
Laktationsbehandlung
Dr. Siepelmeyer 22.02.2017
Mastitisbekämpfung
Trockenstehbehandlung
Laktationsbehandlung
Dr. Siepelmeyer 22.02.2017
Trockenstehbehandlung
22.02.2017 Dr. Siepelmeyer 14
Ziele der Trockenstehbehandlung: Ausheilung bestehender subklinischer Mastitiden hohe Ausheilungsrate Verhinderung von Neuinfektionen in der Trockenstehphase niedrige Neuinfektionsrate
Dr. Siepelmeyer 15
Generelles antibiotisches Trockenstellen
Selektives Trockenstellen
Interner Zitzenversiegler
Externer Zitzenverziegler
Kombination von antibiotischem Trockensteller und Zitzenversiegler
22.0
2.2
017
Trockenstellstrategien
Trockenstellen – wie?
22.02.2017 Dr. Siepelmeyer 16
Trockensteller dem vorherrschenden Erreger anpassen, Leitkeim Standardtrockensteller
hochzellige Tiere beproben Feinjustierung ZZ > 150.000 Zellen/ml alle Tiere AB-TS abrupt trockenstellen (?) Hygiene beachten! alle 4 Viertel behandeln 1 Tube pro Viertel Wirkungsdauer des Trockenstellers beachten Kombination mit Versiegler beim Vorherrschen
von Umwelterregern sinnvoll
22.02.2017 Dr. Siepelmeyer 17
vor dem Einsatz AB-Trockenstellen ist eine Milchprobenuntersuchung auf Mastitiserreger erforderlich bei negativem Ergebnis: Zitzenversiegler bei positivem Ergebnis : AB-Trockensteller
selektives Trockenstellen
- dänisches Modell -
22.02.2017 Dr. Siepelmeyer 18
Kühe 1. Lakt. ZZ < 150 Tsd.: kein AB-Trockensteller, Zitzenversiegler Kühe > 1. Lakt. ZZ < 50 Tsd.: kein AB-Trockensteller, Zitzenversiegler
selektives Trockenstellen
- holländische Modell -
22.02.2017 Dr. Siepelmeyer 19
Voraussetzung: ZZ Herde < 150 Tsd. Neuinfektionsrate der TS < 15% Berücksichtigung der betriebliche Gegebenheiten
Kühe ZZ < 100 Tsd.: kein AB-Trockensteller, Zitzenversiegler vorher Schalmtest, evtl. BU Kühe ZZ > 100 Tsd.: AB-Trockensteller
selektives Trockenstellen
- Empfehlung -
Mastitisbekämpfung
Trockenstehbehandlung
Laktationsbehandlung
Dr. Siepelmeyer 22.02.2017
Istzustand der antibiotischen
Mastitistherapie
60 % leichte Fälle, 30 % mittlere und 10 % schwere Mastitiden
(MG 1-3)
43 % / 51% aller Fälle sind Wiederholungsfälle (Zoche-Golob und Spilke, 2013; Picker 2012)
24 % aller Fälle haben eine sehr schlechte Heilungschance (Alter, Fälle in der Laktation, SCC)
Verlängerte Therapie ist die Regel (Swinkels et al. 2014)
Antibiotika mit hoher Verwandtschaft zu Produkten in der Humanmedizin werden häufig eingesetzt (Reserve-AB)
21
Feststellung des klinischen Schweregrads (MG 1, 2, 3)
Berücksichtigung des bakteriologischen Befunds: Leitkeimbestimmung, on-
farm-Tests (=> Gram-positiv/negativ, n.n.)
Tierindividuelle Faktoren: Alter, Laktationsstadium
individuellen Krankheitsgeschichte
- 1., 2. >2. Mastitisfall in der laufenden Laktation <= Dokumentation
- Zellzahlhistorie: 3x > 700 Tsd. Zellen <= MLP-Analyse
Vor der Therapieentscheidung erfolgt eine gründliche Befunderhebung
Individualisierung der Therapie
Beurteilung der Behandlungswürdigkeit
- keine antibiotische Behandlung -
bei chronisch wiederkehrenden, unheilbare Mastitiden
> 2 klin. Mast. in laufender Lakt., 3x in Folge > 700 Tsd. Zellen
(profitieren häufig nicht von AB-Gaben)
von Mastitiden ohne bakteriologischen Nachweis im Sekret (> 20 % der Mastitisfälle)
bei subklinischen Mastitiden in der Laktation (Ausnahmen sind Infektionen mit Sc. agalactiae, Sc. canis oder Sc. dysgalactiae)
Dr. Siepelmeyer 22.02.2017
Dr. F.-J. Siepelmeyer
Die Prognose bestimmt den Aufwand der Mastitistherapie
- intensive Ersttherapie -
frische Mastitis mit akuter Zellzahlerhöhung
Ziel: bakteriologische Heilung
zytologische Heilung (< 100.000 Zellen/ml)
keine Rezidive
lange genug (erregerabhängig)
alle 4 Viertel erreichen (im., i.v.)
zusätzlich NSAIDs
24 Dr. Siepelmeyer 22.02.2017
Dr. F.-J. Siepelmeyer
Die Prognose bestimmt den Aufwand der Mastitistherapie
- palliative Therapie -
chronisch wiederkehrende Mastitis (= unheilbar kranke Kühe)
Ziel: Lieferfähigkeit der Milch
Symptomatische Heilung
nur NSAID
und/oder kurzfristige AB-Behandlung der auffälligen
Viertel
25 Dr. Siepelmeyer 22.02.2017
Behandlung von Mastitiden chronisch (unheilbar) euterkranker Kühe (Krömker 2013-2014)
Material und Methode
Vergleich zweier Therapiekonzepte für chronisch euterkranke Tiere
chronisch: >2 Vorbehandlungen pro Viertel, 3 x 700.000 Zellen/ml Milch MLP
Standardtherapie (Antibiose) vs. NSAID
Behandlung von 84 Fällen (v.a. leichte Mastitis)
Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt
Ergebnisse
Klinische Heilungsrate: Versuch (NSAID) 91 %, Kontrolle (Antibiose) 84 %
Bakteriol. Heilungsrate: Versuch 22 %, Kontrolle 27 %
Rezidivrate: Versuch 43 %, Kontrolle 50 %
Alle Unterschiede signifikant (P< 0,01)
Dr. Siepelmeyer 22.02.2017
Möglichkeiten der "Schnelldiagnostik" („On-Farm Diagnostik“)
Entscheidungsfindung bei bzw. vor der Therapie
Tag 1: MP-Entnahme + Beginn der Diagnostik
Therapiebeginn mit Entzündungshemmern bei leichten und mittleren Mastitiden
Tag 2: Beurteilung des bakteriellen Wachstums
Kein Wachstum = keine Antibiose
Gram – positiv = ß-Lactamantibiotika
- Streptokokken = Penicillin
- Staphylokokken = Penicillin. Cephalosporine 1. Generation
Gram – negativ
- parentrale Antibiose bei Allgemeinstörungen (schon Tag 1)
- keine Antibiose, wenn keine Allgemeinstörungen Dr. Siepelmeyer 22.02.2017
Studie „Evidenzbasierte Mastitistherapie“ (Mansion-de Vries et al. 2013)
Material und Methode • Vergleich zweier Therapiekonzepte zur Mastitistherapie (2012) • Milchviehbetrieb Sachsen-Anhalt (950 Kühe) • Kontrolle: Standardkonzept vs. Versuch: Vordiagnostik + Therapie • Behandlung von 467 Fällen
Ergebnisse • Keine Unterschiede zwischen den Versuchsgruppen bezüglich:
– bakteriologischer Heilung – Gesamtheilung – Anzahl an Therapieversager
• Unterschiede: – Klinische Heilung: Besser (P = 0,004) in der Versuchsgruppe – Kosten: Pro Kuh und Mastitisfall:
146,43€ in der Kontrollgruppe vs. 113,28 in der Versuchsgruppe (P< 0,0001)
Dr. Siepelmeyer 22.02.2017
Zelldifferenzierung von MLP-Milch
Identifizierung von Kühen, die bei Mastitis von AB-Gaben nicht profitieren: Zelldifferentierung der Proben der MLP
Dr. Siepelmeyer 30 Dr. Siepelmeyer
22.02.2017
Zelldifferenzierung von MLP-Milch
Identifizierung von Kühen, die von AB-Gaben bei Mastitis nicht profitieren: Zelldifferentierung der Proben der MLP
Wenn bei einer chronischen Mastitis
- der Zellgehalt hoch ist
- viele Makrophagen vorhanden sind
- die Vitalität der Makrophagen eingeschränkt ist
ist die Mastitis nicht durch Antibiose zu heilen
Funktionsfähiges Verfahren, muss aber noch in den LKVs etabliert werden,
31 Dr. Siepelmeyer 22.02.2017
Dr. F.-J. Siepelmeyer
Wer trägt die Verantwortung in der Mastitistherapie?
Beurteilung der Behandlungswürdigkeit - Intensive Ersttherapie - palliative Therapie - sofortige Merzung Entscheidung über Behandlungsprotokoll - womit? - wie lange? Durchführung der Maßnahme
Dokumentation 32 Dr. Siepelmeyer 22.02.2017
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!