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!! ! ! Italienisches um Bach Wien, die Metropole im 18. und 19. Jahrhundert Großes Finale

Wien, die Metropole

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Page 1: Wien, die Metropole

Italienisches um Bach

Wien, die Metropoleim 18. und 19. Jahrhundert

Großes Finale

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27. MAI-FESTIVAL I 1

27. MAI-FESTIVAL 2012RELLINGER KIRCHE

11. – 13. MAI 2012

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2 I 27. MAI-FESTIVAL

„Von Eidelstedt ab, fährt

man bey einem Wirtshause,

Krupunter genannt,

vorbey bis nach Relling.

Dieses Dorf liegt kaum

tausend Schritte

von Pinneberg

und hat ohnfehlbar

die schönste Kirche

in der ganzen Gegend.“

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Die Kirche zu RellingenDie Kirche zu Rellingen, das 1754 – 1756 errichtete Meisterwerk desBaumeisters Cay Dose, ist eines unserer großartigsten schleswig-hol-steinschen Baudenkmäler, ein barocker Zentralbau von überraschend glänzender Wirkung – durchaus vergleichbar mit dem berühmten protestantischen Zentralkirchenbau der Frauenkirche zu Dresden.

Dehio nennt den Bau „die bedeutendste protestantische Kirche in derLandschaft nördlich Hamburgs“, und Gurlitt schreibt:„Die Anlage von Rellingen hat vor allen anderen deut-schen Zentralkirchen des 18. Jahrhunderts selbst vorder Dresdner Frauenkirche und Hamburgs Michaelis-kirche, den ästhetischen Vorzug voraus, dass das deminneren Mittelraum durch die große offene Laterneund die acht Fenster der Kuppelfelder zugeführte Lichtin der Tat die Hauptquelle der Beleuchtung bildet.“

Kein geringerer als Georg-Philipp Telemann schriebseine Kantante: „Singet Gott . . . “ für die Einweihung

der Rellinger Kirche 1756.

Wer zum ersten Mal die Rellinger Kirche betritt, wird von der harmoni-schen Wirkung des Innenraums beeindruckt sein. Gottesdienst- undKonzertbesucher schätzen die hervorragenden akustischen Eigenschaf-ten des Oktogons. Schon der Klang einer einzelnen menschlichenStimme erfüllt den Raum, und große sinfonisch besetzte Oratorien sindin ihrer ganzen klanglichen Vielfalt transparent zu hören.

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4 I 27. MAI-FESTIVAL

Unseren verehrten Besuchern zum GeleitDie Rellinger Kirche, 1756 von Cay Dose errichtet und für gut 2000Menschen konzipiert, bildete vom 13. bis 19. Jahrhundert den geistli-chen Mittelpunkt des größten Kirchspiels Schleswig-Holsteins. Als die„alte“ romanische Kirche Anfang des 18. Jahrhunderts baufällig wurdeund die große Zahl der Gottesdienstbesucher ohnehin nichtmehr fassen konnte, entschied der dänische König als damaligerLandesherr, nach vielen dringenden Eingaben der Rellinger Kir-chenjuraten, dass Cay Doses kühner achteckiger Entwurf ineinem großzügigen Kirchneubau verwirklicht werden sollte,eines Architekten, der wie kaum ein anderer seiner Zeit um dieideale Form der protestantischen Predigtkirche gerungen hat.Mit dem Neubau der Rellinger Kirche krönte er sein Schaffenund zeigte Lösungen auf, die den barocken Kirchenbau Nordel-biens nachhaltig beeinflussten, etwa die Entwürfe der Hambur-ger Architekten Prey und Sonnin.

Wenn Sie, lieber Gast, Ihren Blick vom Taufbecken zum höchstenPunkt der Laterne, also dem durch große Fenster gegliedertenKuppelaufsatz gleiten lassen, entdecken Sie dort die Darstellungdes „himmlischen Orchesters“. Sie sehen musizierende Engelmit Geigen, Trompeten, Pauken, Flöten und eine „Gesangsso-listin“. Sinnfällig wird hier der uralten Vorstellung von der un-hörbar existierenden Musica Divina, der alles durchwirkenden göttlichenMusik, bildhafter Ausdruck verliehen. Die Musiktheorien der Griechenund des christlichen Abendlandes stimmen mit den mystischen Schriftendes Orients darin überein, dass das ganze Universum, vom Mikro- bis in

den Makrokosmos, von einer immerwährenden Musik durchdrungenist. Dass diese Vorstellung einen realen Hintergrund hat, bestätigen dieAussagen führender Atomwissenschaftler, deren Forschungsergebnisseim subatomaren Bereich keinen Zweifel daran lassen, dass alles organi-

sche und anorganische Leben letztlich aus energetischen Schwingungenbesteht. Vom lateinischen Wort „personare“ – „hindurchtönen“ – istunser Wort „Person“ abzuleiten. Auch hier die Vorstellung vom Durch-drungensein des Geschöpfes von göttlicher Musik.

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Unsere irdische, hörbare Musica Mundana, hat mit der Musica Divinaeines gemeinsam: ihren Schöpfer.

Wie das himmlische Orchester aus der machtvollen GrundschwingungGottes gespeist wird, wie es in seiner Vielfalt harmonisch zusammen-klingt im alles umfassenden Grundton seiner Schöpferkraft, IHN preistund verherrlicht, so ist die höchste Bestimmung aller Musica Mundana,aller irdischen Musik, wenn wir sie als Projektion der himmlischen Musikverstehen, über ihre raum-zeitlich-materielle Begrenzung hinauszuwei-sen, auf ihren höheren Ursprung hin – die Musica Divina – und derenUrquelle, Gottes vollkommene und unbegrenzte Liebe.

Wenn Sie, lieber Besucher, an den drei Abenden des Mai-Festivals in derSchönheit der Musik die Liebe des Schöpfers zu seiner Schöpfung zu er-kennen vermögen, dann haben sich für uns alle Mühen gelohnt. Dannwar die Rellinger Kirche der richtige Ort für ein Musikfest, in dem derweltliche und geistliche Aspekt der Musik gleichermaßen dem Ziel derÖffnung und Läuterung des Menschen dienlich sein sollte.

Ihr Wolfgang Zilcher, Kirchenmusikdirektor

(aus dem Programmheft zum 1. Mai-Festival 1986)

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zum Wiedersehen und auch zum ersten Kennenlernen

unseres Mai-Festivals begrüßen wir Sie sehr herzlich in der

schönen Rellinger Kirche.

Das Kammermusik-Fest feiert seinen 27. Geburtstag.

Eine unspektakuläre Zahl möchte man meinen – nicht so

für Luz Leskowitz!

Der künstlerische Leiter des Festivals hat ein besonderes

Programm zusammen gestellt, das an drei Tagen eine

gekonnte Mischung vertrauter Klänge und musikalischer

Überraschungen vorsieht. Wir dürfen uns auch auf vertraute

Gesichter unter den mitwirkenden Künstler freuen und gleich-

zeitig gespannt sein auf neue Namen und Musiker – sei es im

Kreis der „Salzburger Solisten“ oder der hinzu kommenden

Einzel-Solisten; die folgenden Seiten dieser Broschüre mögen

Ihnen Aufschluss geben und die Spannung noch steigern!

Liebe Freunde der Musik an der Rellinger Kirche,

Pastorin Martje Kruse

Intendant Luz Leskowitz

KantorOliver Schmidt

1. VorsitzenderGünter Rasinski

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Günter Rasinski (Vorsitzender des MRK)

Bevor wir Sie jetzt ganz dem Genuss der Klänge und der einmaligen Stimmung

des Raumes überlassen, noch ein Wort in (Vereins)eigener Sache:

Um auch zukünftig die Fortführung dieses Kammermusik-Festivals, in der Summe

dessen was es ausmacht, gewährleisten zu können, brauchen wir SIE – ja, jeden

von IHNEN! Sei es als förderndes Mitglied, oder als freundlichen Spender oder

einfach als „Werbeträger“. Denn wenn Sie nach dem letzten Ton innerlich

beglückt hinausgehen, dann tragen Sie es bitte gleich weiter – ob zu uns

oder zu Ihren Freunden.

Und nun wünschen wir allen unvergessliche, musikalische Stunden!

Ihr Mai-Festival Rellinger Kirche

Kontakte:Elisabeth Hinrichs: [email protected]

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RELLINGER KIRCHE

11. – 13. MAI 2012

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27. MAI-FESTIVAL 2012

Künstlerische Gesamtleitung:

Luz Leskowitz

Mitwirkende Künstler:

Johannes Hinterholzer, Salzburg,

Ventil- und Naturhorn

Mari Kato, Salzburg, Klavier

Joachim Schäfer, Dresden, Trompete

Oliver Schmidt, Rellingen, Cembalo

Olaf Taube, Berlin, Pauke

Sergio Zampetti, Italien, Flöte

Die Salzburger Solisten:

Luz Leskowitz, Violine

Elena Issaenkova, Violine & Viola

Vladimir Mendelssohn, Viola

Uwe Hirth-Schmidt, Violoncello

Vytas Sondeckis, Violoncello

Mette Hanskov, Kontrabass

RELLINGER KIRCHE

11. – 13. MAI 2012

8 I 27. MAI-FESTIVAL

27. MAI-FESTIVAL 2012

Künstlerische Gesamtleitung:

Luz Leskowitz

Mitwirkende Künstler:

Johannes Hinterholzer, Salzburg,

VeVV ntil- und Naturhorn

Mari Kato, Salzburg, Klavier

Joachim Schäfer, Dresden, TrTT ompete

Oliver Schmidt, Rellingen, Cembalo

Olaf TaTT ube, Berlin, Pauke

Sergio Zampetti, Italien, Flöte

Die Salzburger Solisten:

Luz Leskowitz, Violine

Elena Issaenkova, Violine & Viola

Vladimir Mendelssohn, Viola

Uwe Hirth-Schmidt, Violoncello

Vytas Sondeckis, Violoncello

Mette Hanskov, Kontrabass

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Ausführende:

Johannes Hinterholzer,Mari Kato, Sergio Zampetti und die Salzburger Solisten

Wolfgang Amadeus Mozart* 1756 Salzburg; † 1791 Wien

Ouverture zu „Figaro’s Hochzeit“Presto

Franz Schubert* 1797 Wien; † 1828 Wien

aus Moments musicaux D.780 op.94 die Nr. 3, 4, 5 und 6Nr.3 Allegretto moderato in f-mollNr.4 Moderato in cis-mollNr.5 Allegro vivace in f-mollNr.6 Allegretto in As-Dur

Joseph Haydn * 1732 Rohrau; † 1809 Wien

Konzert für Horn und Streicher Nr. 2 in D-DurAllegro moderatoAdagioAllegro

Ludwig van Beethoven* 1770 Bonn; † 1827 Wien

Serenade für Flöte, Violine und Viola in D-Dur, op.25Entrata. AllegroTempo ordinario d’un MenuettoAllegro moltoAndante con VariazioniAllegro scherzando e vivaceAdagio – Allegro vivace e disinvolto

Johannes Brahms* 1833 Hamburg; † 1897 Wien

Trio für Klavier, Violine und Waldhorn in Es-Dur op.40AndanteScherzo. AllegroAdagio mestoFinale. Allegro con brio

Freitag, 11. Mai 2012, 20.00 Uhr:

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Wien, die Metropoleim 18. und 19. Jahrhundert

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Als am 1. Mai 1784 im kaiserlichen Wiener Nationaltheater erstmals Wolfgang Amadeus Mozarts Commedia per musica „Le nozze di Figaro“erklang, war die Zeit reif für eine Musikkomödie, in der die Probleme derZeit mit scharfem Witz auf die Bühne gebracht wurden. Das Stück des Beau-marchais war am Vorabend der französischen Revolution mit seiner beißen-den Kritik an den Privilegien des Adels ein Skandal. Immerhin konnte dieUraufführung 1784 in Paris stattfinden, noch dazu wahrscheinlich über Ver-mittlung der Königin Marie Antoinette. Ungereimt erscheint, dass KaiserJosef II. eine Wiener Aufführung des Sprechstücks verboten hatte, dann aberder Oper zustimmte. Ob dies nur der geschickten, Wesentliches doch nichtverleugnenden textlichen Entschärfung durch den Librettisten und Hofdich-ter Lorenzo da Ponte zu verdanken war? Oder auch der Einsicht des despo-tischen Aufklärers am Thron, dass die Grundaussage der Komödie ohnehinseiner eigenen Utopie von der Gleichheit der Menschen entsprach – aller-dings nicht von oben herab, sondern von unten formuliert, was die Sachegefährlich machte. Wie weit Mozart in seiner Musik die Sozialkritik der Vor-lage nachvollzogen hat, darüber wird bis heute diskutiert. Die Ouvertüremacht in ihren ersten sieben Takten klar, dass es hier auch darum geht, die„Ungeduld der Lust“ zu unwiderstehlich sich ständig fortbewegendem Klangwerden zu lassen. Dies ist keine traditionelle Potpourri-Ouvertüre, sonderndas rasante sinnliche Vorspiel zu einem wahren tollen Tag, an dem Eros undMacht ein Vexierspiel spielen werden und auch Figaros Hochzeit nur ein Endeder Erzählung, aber nicht das Ende der Entwicklung sein kann.

Franz Schubert, der einzige gebürtige Wiener in diesem Programm, schriebseine „Moments Musicaux“ für Klavier zwischen 1823 und 1828. Diese kost-baren „musikalischen Momente“, kurze, freie Phantasien, waren zum Groß-teil Studien und verworfene Teile der in diesem Zeitraum entstandenenKlaviersonaten, die Schubert – zu unserem Glück – zu schade zum Wegwer-fen waren. Das dritte Stück, Allegro moderato, auch „Air Russe“ genannt,ist eher ein slawischer Tanz als ein russisches Lied. Das vierte Moment Musi-cal, Moderato, ist eine Huldigung an Johann Sebastian Bach, vor allem an

dessen „Wohltemperiertes Klavier“. Marschrhythmen beherrschen die Num-mer 5, Allegro vivace. „Plaintes d’un Troubadour“ (Die Klagen eines Minne-sängers) war der ursprüngliche Titel des sechsten Stücks, welches vom Motivdes sich in auswegloser Einsamkeit verlierenden Wanderers getragen wird,vom Lebensmotiv Schuberts.

Das Waldhorn gut zu spielen war im 18. Jahrhundert eine große Kunst, dadas Instrument noch keine Ventile hatte. Der Tonumfang des Instrumentsumfasste lediglich die Naturtöne. Virtuose Spieler konnten jedoch durch dasStopfen mit der Hand im Schalltrichter mehr erreichen und waren gut be-zahlte Musiker. Der österreichische Hornist Joseph Leitgeb, für den Mozartspäter alle seine Hornkonzerte schreiben sollte, wurde für ein schönes Gehaltvon 400 Gulden pro Jahr im Februar 1763 von Fürst Esterhazy eingestellt -und einen Monat später wieder entlassen. Die Gründe sind unbekannt. –möglicherweise, war ein Grund, dass Leitgeb genau so viel verdiente wie derKapellmeister, Joseph Haydn. Der war allerdings mit Leitgeb befreundetund hatte sein erstes Hornkonzert für dessen Ankunft geschrieben - offenbarunter Zeitdruck, denn auf der letzten Seite der Partitur passierte Haydn dieVerwechslung von Violinen und Oboen. Dazu notierte er: „…im Schlaf ge-schrieben“. Hellwach muss freilich der Hornist sein, der das abwechslungs-reiche Konzert spielt. Speziell im letzten Satz werden die Möglichkeiten desInstruments voll ausgereizt.

Ludwig van Beethoven zeigt sich in seiner Serenade in D-Dur op. 25 voneiner ganz und gar untitanischen und unpathetischen Seite, nämlich von derdes Unterhaltungsmusikers auf höchstem Niveau, was für alle Komponistenseiner Zeit noch selbstverständlich war. Das um 1800 in Wien komponierteStück ist die fröhliche Abendmusik eines erfolgreichen jungen Virtuosen,noch wenig belastet vom Gehörleiden, ausgelassen und ideenreich, in sechsSätzen sich in liebenswerter Musizierlust austobend. Die „Entrata“ beginntmit einer Art Flöten-Fanfare und zitiert festliches Barock. Das Menuett eiltim Tanzschritt hurtig vorbei, während im folgenden Allegro molto ein wenig

Wien, die Metropole im 18. und 19. Jahrhundert – Werkbetrachtung

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widerborstigere Stimmung herrscht. Im Andante wird ein schönes, gesang-liches Thema vorgestellt und dreimal variiert, verziert, gleichsam übermalt.Auf die munteren musikalischen Scherze des Allegro scherzando folgt einSchluss mit ungewöhnlicher Bezeichnung, die den Satz exakt charakterisiertund als Motto über dem ganzen Stück stehen könnte: Allegro vivace e dis-involto, also: sehr schnell, lebhaft, ungezwungen, ungefesselt.

Johannes Brahms, prominenter „Wahlwiener“ wie Mozart und Beethoven,schrieb sein Waldhorntrio im Mai 1865 im waldreichen Lichtental bei Baden-Baden, wo er mehrere Jahre hindurch die warme Jahreszeit verbrachte. Dieerste öffentliche Aufführung fand am 28. November in Zürich statt, mit demKomponisten am Klavier. Vor der Drucklegung 1866 überarbeitete Brahmsdas Werk und vereinfachte die Hornstimme, welche für das damals bereitsseltener gewordene Waldhorn gedacht war. Er liebte den warmen und wei-chen Klang der alten Instrumente besonders - die modernen Ventilhörnerbezeichnete er einmal abschätzig als „Blechbratschen“ – und schrieb für seinStück ein Naturhorn in Es vor. Freilich hatte er damit schon bei seinen Zeit-genossen oft wenig Glück. So schrieb die Lebensfreundin Clara Schumannnach einer Aufführung des Werks im Winter 1866 an Brahms: „Dein Trio …hatten wir schön einstudiert, und der Hornist war vortrefflich! Ich glaube, erhat nicht einmal gekiekst, und das will doch viel sagen; freilich hatte er dasVentilhorn, zum Waldhorn war er nicht zu bringen." Mit dem Horn hatBrahms auch Kindheitserinnerungen verbunden, wie Max Kalbeck berichtet:„Das Naturhorn war neben Violoncell und Klavier das Hauptinstrument desKnaben Johannes, und er mag seiner Mutter oft ihre in dem Werke ange-schlagenen oder angedeuteten Lieblingsmelodien vorgeblasen haben." Kal-beck meint damit im Werk versteckte Volksliedzitate. Auf jeden Fall ist dasTrio ein Stück inniger Trauerarbeit; es entstand drei Monate nach dem Todder geliebten Mutter. Das Horn als „romantisches Instrument par excel-lence“, als Symbol für einsame Sehnsucht und Naturverbundenheit, eignetsich für die Trauer allerdings ebenso gut wie für Jagdlust und vitalen „frohenHörnerschall“. Der Kopfsatz ist – als einziger Satz von Brahms! – kein Sona-

tensatz, sondern ein Dialog zwi-schen einer ruhigen Hornmelodieund Seufzermotiven. Die Atmo-sphäre entspricht der zwischen lieb-licher Idylle und dunklen dämo-nischen Kräften schwebenden Stim-mung der Waldeinsamkeit, wie wirsie aus dem Werk des Dichters Ei-chendorff kennen. Ganz der dämo-nischen Sphäre gehört das Scherzoan, in dessen trauervollem Trio sichdas mit Ludwig Uhlands Text „Eszogen drei Bursche wohl über denRhein“ bekannte Volkslied verbirgt.Das Adagio mesto (trauriges Adagio,eine singuläre Satzbezeichnung beiBrahms) in der ungewöhnlichen„Gespenster-Tonart“ es-Moll ist eintief empfundener wehmütiger Ge-sang, aus dem das Horn mit freund-lichen, das Thema des Finalsatzesvorweg nehmenden Klängen auszu-brechen versucht, ehe auf einenschmerzvollen Fortissimo-Ausbruchwiederum die ernste Weise folgt.Erst im Finale, einem groß angeleg-ten, melodisch erfrischendem Sona-tensatz setzt sich befreiende, gleich-sam neu gewonnene Lebensfreudedurch.

Gottfried Franz Kasparek

Predigt:Martje Kruse Musikalische Gestaltung: Salzburger Solisten

Sonntag, 13. Mai 2012,

10.00 Uhr:

Musikalischer

Fest-Gottesdienst

Rellinger Kirche

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Italienisches um BachAusführende:

Luz Leskowitz, Joachim Schäfer,Oliver Schmidt, Olaf Taube, Sergio Zampettiund die Salzburger Solisten

* 1685 Eisenach; † 1750 Leipzig

„Ricercare“ aus dem „Musikalischen Opfer“ für zwei Violinen, zwei Violen und zwei BässeModerato

* 1671 Venedig; † 1751 Venedig

Concerto in d-moll op.9/2 für Trompete, Streicher und B.c.Allegro AndanteAllegro

* unbekannt; † unbekannt

Concerto in D-Dur für Trompete, Pauken und StreicherAllegro AndanteAllegro

* 1685 Eisenach; † 1750 Leipzig

Brandenburgisches Konzert Nr.5 in D-DurBWV 1050 für Cembalo concertato, Flöte, Violino principale, Violine, Viola, Violoncello und Violone Allegro Adagio affettuosoAllegro

* 1685 Eisenach; † 1750 Leipzig

„Ricercare“ aus dem „Musikalischen Opfer“ für zwei Violinen, zwei Violen und zwei BässeModerato

Ouvertüre in h-moll BWV 1067Ouvertüre – Rondeau – Sarabande – Bourrée – Polonaise – Menuet - Badinerie

* 1671 Venedig; † 1751 Venedig

Concerto in d-moll op.9/2 für Trompete, Streicher und B.c.Allegro AndanteAllegro

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Italienisches um Bach – WerkbetrachtungJohann Sebastian Bachs „Musikalisches Opfer“ entstand 1747 für KönigFriedrich II, von Preußen in Berlin. Der Fürst, der nicht nur sehr gut die Flötespielte, sondern auch komponierte, steuerte ein „königliches Thema“ zudieser bedeutenden Sammlung von Kanons, Ricercaren – einer damals be-reits historischen Form der Motette, die Bezeichnung stammt vom italieni-schen Wort für Suche – und der bekannten Triosonate bei. Das Thema ziehtsich durch das gesamte Werk und diente Bach als Mittel, sein singuläres kon-trapunktisches Können zu beweisen. Das zweite, sechsstimmige Ricercare,original für Cembalo, ist ein Meisterstück der frei und phantasievoll variiertenFugenkunst.

Die Entstehungszeit der Suiten oder Ouvertüren von Johann SebastianBach ist nicht exakt feststellbar, alle stilistischen Merkmale deuten jedochauf die Zeit Bachs als weltlicher Musiker am aufgeklärten Hof zu Sachsen-Köthen um 1720 hin, wo es genug Gelegenheit zu festlicher, unterhaltenderMusik gab. Abschriften aus der Leipziger Zeit beweisen aber, dass auch derThomaskantor städtische Unterhaltungen mit Musik versorgen musste, zumBeispiel im berühmten „Zimmermannschen Kaffeehaus“. Dort gab es diewöchentlichen Versammlungen „gewisser Musick-Verständigen“, worinman, noch in Form einer Tafelmusik, die Wurzeln der späteren „Gewand-hauskonzerte“ und den Beginn einer bürgerlichen Musikkultur sehen darf.Außerdem musizierten Bach und sein „Collegium Musicum“ mitunter fürden sächsischen Hof. Die Form der Orchestersuite war bereits in der erstenHälfte des 16. Jahrhunderts entstanden. Bach verbindet in den Kopfsätzendie lokale Tradition mit der dreiteiligen Anlage der „Französischen Ouver-türe“ und bezieht italienische Vorbilder mit ein. Die Suiten tragen im Origi-nal keine Überschriften, deshalb werden sie mitunter irreführend als„Ouvertüren“ bezeichnet. Eine Ouvertüre ist jedoch jeweils nur der erste –und längste – Satz. Die 2. Suite in h-Moll BWV 1067 ist als Stimmenma-

terial für Leipzig aus dem Jahr 1739 erhalten. Die Suite ist über weite Strecken ein virtuoses Stück für Traversflöte, wobei das Soloinstrument oftkonzertierend in den Streicherklang eingebettet ist. Auf die Ouvertüre mitFlötensoli im Allegro-Mittelteil folgt ein gavotteartiges Rondeau voll rhyth-mischer Spannung. Sehr frei geht Bach mit der Sarabande um, dem anda-lusischen Fruchtbarkeitstanz mit maurischen und sogar altmexikanischenQuellen, der in Spanien zeitweilig wegen seiner Laszivität verboten war, aber in der Barockmusik große Karriere machte. Bachs Suite ist Musik vollbarocker Verzierungslust, in der gleichwohl die klassische konzertante Sym-phonie vorbereitet wird. Musik voll sprudelnder, tänzerischer Lebensfreude.Neben den französischen Nationaltänzen, besonders den von Bach mithöchster Meisterschaft geadelten beiden Bourréen mit einem Flötensolo inder zweiten, und dem höfischen Menuett taucht in der h-Moll-Suite auchder damals noch nicht so häufige polnische Nationaltanz Polonaise auf. DieMusik des Barock war schon „Weltmusik“. Bach hat den festlichen und wür-devollen Schreittanz meisterhaft stilisiert und lässt im „Double“ die Melodietongenau in der Bassstimme wiederkehren, wozu die Flöte als lustvolle Ge-genstimme zierliche Arabesken spielt. Nach dem besinnlichen Menuett sorgtdie wiederum von der Soloflöte dominierte Badinerie für Tempo und Virtuo-sität. Eine Badinerie ist ein tanzartiges Charakterstück und bedeutet wort-wörtlich „Spaß, Schäkerei“.

Tomaso Albinoni ist durch ein Stück populär geblieben, das gar nicht vonihm ist – das berühmte Adagio, eine Barock-Phantasie der Spätromantik.Dabei gibt es ein reichhaltiges originales Oeuvre an prachtvoller Musik desSpielkartenherstellers und späteren Gesangslehrers aus Venedig, der sichselbst anfangs als „Dilettante“ bezeichnete und in mancher Hinsicht sehrmodern dachte – so durfte seine Frau, eine Sängerin, ihre glanzvolle Karrierenach der Heirat fortsetzen. Die 12 Konzerte op. 9, veröffentlicht 1722 und

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dem bayerischen Kurfürsten Max Emanuel gewidmet, gelten als Höhepunktseiner Laufbahn, während der er – offenbar sein Schicksal – gegen einen„falschen Albinoni“ aus Schweden zu kämpfen hatte. Das op. 9/2, originalder Oboe zugedacht, entfaltet auch als Trompetenkonzert seinen spieleri-schen Witz und belcantesken Reiz. Weit weniger bekannt als Albinoni istGiuseppe Romanino, von dem wir eigentlich nur wissen, dass er in Italienin der Mitte des 18. Jahrhunderts tätig war und ein schönes, wie üblich drei-sätziges Konzert geschrieben hat, welches sich trefflich dazu eignet, nichtnur die Virtuosität, sondern auch die gesanglichen Qualitäten der Trompetevorzuführen.

Die Brandenburgischen Konzerte stammen aus Johann Sebastian Bachsglücklicher Zeit als Kapellmeister des aufgeklärten Fürsten von Köthen; diehandschriftliche Partitur trägt den Vermerk „24. März 1721“. Sie werden imAutograph schlicht „Six Concerts avec plusieurs instruments“ genannt, alsoKonzerte für mehrere Instrumente. Darunter steht allerdings: „Seiner König-lichen Hoheit Herrn Christian Ludwig Markgraf von Brandenburg etc. etc.etc. gewidmet von Seinem untertänigsten und gehorsamsten Diener JohannSebastian Bach, Kapellmeister Seiner Durchl. Hoheit, des Fürsten von An-halt-Köthen." In Anbetracht dieser Widmung führte der Bach-Biograph Phi-lipp Spitta 1873 den bis heute geläufigen, wohlklingenden Namen dafür ein.Das fünfte und populärste der Konzerte ist wie alle anderen vom italieni-schen, betont gesanglichen Stil geprägt, aber voll harmonischer Innovation.Die Wurzeln der klassischen Orchestermusik sind hier zu finden, im vollenKlang der Streicher und im Wechselspiel konzertierender, solistisch geführterInstrumente. Im Rahmen des alten „Concerto grosso“ ist ein Cembalokon-zert gleichsam „einmontiert“, wobei das bei der Uraufführung von Bachselbst gespielte Tasteninstrument im Concertino von Solovioline und – erst-mals! – der Querflöte begleitet wird. Das Cembalo übernimmt im ersten Satz

mitunter auch die Continuo-Funktion. Bezaubernd, wie Bach den Ripieno-Klang – die Streichergruppe – mit den Soli ausgewogen und motivisch sub-stantiell verbindet. Wundersam, wie in der Mitte des Satzes die Solistengleichsam Farbtupfer über den schwerelos atmenden Klangteppich der Streicher legen.

Das folgende, ausgedehnte Cembalo-Solo ist keine echte Kadenz, sondernein die Motive sinnreich und phantasievoll weiterspinnendes Capriccio, wel-ches in einem energischen Tutti markant endet. Allein die vier Melodie-stimmen bestreiten den zweiten Satz, Affettuoso (mit betonter Empfindung),ein zutiefst verinnerlichtes Stück feinster Kammermusik. Ein singuläres Kunst-werk stellt der Finalsatz, wie der Kopfsatz ein Allegro, dar. Er beginnt alsFuge, allerdings im Bewegungsablauf der Tanzform Gigue. Das ebenso kurzewie prägnante Thema mündet in einem Kontrapunkt, aus dem sich ein denMittelteil des Satzes beherrschendes zweites Thema entpuppt. Die Virtuosi-tät des Cembalos erscheint gegenüber den vorhergehenden Sätzen zurückgenommen, dafür entsteht aus dem Spiel der Linien ein in sich perfekt ge-schlossenes Gewebe.

Gottfried Franz Kasparek

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Sonntag, 13. Mai 2012, 17.00 Uhr:

27. MAI-FESTIVAL I 15

Großes FinaleAusführende:

Johannes Hinterholzer, Mari Kato,Joachim Schäfer, Sergio Zampetti und die Salzburger Solisten

Ludwig van Beethoven* 1770 Bonn; † 1827 Wien

Sonate für Klavier und Naturhorn in D-Dur, KV 285Allegro moderatoPoco Adagio, quasi AndanteRondo. Allegro moderato

Wolfgang Amadeus Mozart* 1756 Salzburg; † 1791 Wien

Quartett für Flöte, Violine, Viola und Violoncello in Es-Dur op.17AllegroAdagioRondo

Joseph Haydn * 1732 Rohrau; † 1809 Wien

Konzert für Trompete und Streicher in Es-DurAllegroAndanteAllegro

Robert Schumann* 1810 Zwickau; † 1856 Endenich b. Bonn

Adagio und Allegro für Horn und Klavier, op.70

Joseph Haydn * 1732 Rohrau; † 1809 Wien

Streichsextett „Sinfonia Concertante“ Hob. I:105bearbeitet für zwei Violinen, zwei Violen und zweiVioloncelli (oder Violoncello und Kontrabass)von Mordechai Rechtmann AllegroAndanteAllegro con spirito

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Großes Finale – WerkbetrachtungLudwig van Beethoven schrieb seine Sonate für „Fortepiano und Waldhorn“ innerhalb eines einzigen Tages für den gefeierten böhmischenHornvirtuosen Johann Wenzel Stich-Punto und brachte sie mit diesem am18. April 1800 im alten Wiener Burgtheater zur Uraufführung, die so erfolg-reich war, dass das Stück komplett wiederholt werden musste – zumal Beet-hoven nicht nur die notierte Klavierstimme spielte, sondern nach Herzenslustimprovisierte. Die auch in einer Celloversion geläufige Sonate ist ein Mus-terbeispiel formvollendeter klassischer Satzkunst, von eher besinnlichemGrundcharakter, aber mit einem betont spielerischen und vielgestaltigenSchlussrondo. Dabei ist zu bedenken, dass es damals noch kein Ventilhorngab und die Virtuosität auf dem Instrument ihre Grenzen hatte. Das Stückbeginnt mit einem energischen Hornruf, den das Klavier verspielt beantwor-tet. Eher verträumt ist das Seitenthema. Eine kurze langsame Einleitung in f-Moll beinhaltet eine Klavierkadenz, die der spielende Komponist, der indieser Zeit ein noch nicht von seinem Gehörleiden beeinträchtigter, gefeierterVirtuose war, wohl mit zündendem Elan füllte. Direkt darauf folgt das tem-peramentvoll musikantische Rondo-Finale.

„Ein Liebhaber von allen Wissenschaften und ein großer Freund und Verehrervon mir“, so schreibt Wolfgang Amadeus Mozart über den niederländi-schen Diplomaten Ferdinand Dejean, den er während seines Aufenthalts inMannheim 1777/78 kennen lernte. Dem gebildeten Musikfreund und lei-denschaftlichen Amateurmusiker Dejean verdankt die Nachwelt, besondersdie Flöte spielende, Mozarts ansehnliches Ouevre für das Instrument, das er„nicht leiden“ konnte. Er fühlte sich „gleich stuff“, also unlustig, wenn erfür Flöte komponieren mußte. Soweit der spätere Meister der „Zauberflöte“im Originalton. Die versprochenen 200 Gulden waren neben der persönli-chen Sympathie für den Auftraggeber ein verständlicher Grund, die vierQuartette trotzdem in Angriff zu nehmen. Die Verwirklichung zog sich aller-

dings dahin, Dejean erhielt zunächst bloß zwei Stücke. Flötenfeind Mozartkonnte seinen Widerwillen nur zeitweilig überwinden. Im ersten Quartett inD-Dur KV 285 interessierten ihn offenbar doch die Klangfarbe des Instru-ments und die Möglichkeiten des Zusammenspiels mit den Streichern. DasStück beginnt mit einem spritzigen Allegro, im folgenden Adagio darf dieFlöte eine gefühlvolle Arie über Pizzicato-Gezirpe singen, attacca mündendin ein mitreißendes Rondeaux. Köstliche, augenzwinkernde Spielmusik istdas, direkt ansprechend ohne höhere Ansprüche an die Hörer.

Joseph Haydn hatte, als er 1796 sein letztes Solo-Konzert komponierte,keine echte Naturtrompete mehr im Sinn, sondern eine kurz davor vom Wie-ner Trompeter Anton Weidinger (1766 – 1852) „organisierte Trompete mitKlappen, mittels derer sich in allen Lagen alle chromatischen Töne erzeugenlassen.“ Damit wurden dem Instrument völlig neue Ausdrucksbereiche er-schlossen. Erstmals konnte man im tiefen Bereich Melodien spielen. Weidin-ger gab bei mehreren Komponisten Konzerte in Auftrag, die er am 28. März1800 in einer „großen öffentlichen Akademie“ erstmals spielte. Haydn, aufdem Höhepunkt seiner Kunst, schrieb das klassische Trompetenkonzertschlechthin und setzte die neuen Möglichkeiten gleich mit für ihn typischemWitz um. Im Kopfsatz bläst der Solist zweimal die üblichen Natur-Fanfaren-klänge, erst beim dritten Versuch entdeckt er gleichsam das veränderte In-strument und spielt eine Gesangsmelodie, die vorher auf der Trompete nichtspielbar gewesen wäre. Die neue Beweglichkeit und das nach wie vor unbe-kümmert festliche Strahlen der Trompete verbindet Haydn kunstvoll mit demklassischen Sonatensatz. Das Andante ist dagegen eher eine ländliche Idylle,in welcher der Solist Kantilenen und expressives Piano spielen darf, auchetwas, das vorher Trompetern verschlossen gewesen war. Das Rondo-Finalegehört wohl zu den absoluten „Schlagern“ der Musikgeschichte. Die imGrunde einfache, überaus einprägsame Melodik, die stupende Virtuosität,

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die mitreißende Verbindung neuer Instrumentalfarben mit der Tradition der Trompete als Signal- und Fanfareninstrument – all das tollt mit größtersatztechnischer Meisterschaft fröhlich und festlich dem glanzvollen Finaleentgegen.

Für Robert Schumann war Musik „die höhere Potenz der Poesie“. In An-lehnung an Jean Pauls „Schule der Ästhetik“ empfand er „poetische Musik“als das absolute Gegenbild zu „äußerlicher Virtuosität.“ Seine Vorbilderwaren neben Bach, dem „tiefcombinatorischen“, Beethoven und Schubert,deren Musik er als „Sprache der Seele“ im schroffen Gegensatz zu „Form-wesen, Modeherrschaft und Philisterei“ verstand. Komponieren musste auchfür ihn einer festen Form folgen, aber wie sein poetisches alter ego Eusebiusverlangte er, „dass um die Kette der Regel immer der Silberstift der Phantasiesich schlänge.“ „Mit innigem Ausdruck“ bezeichnete Schumann den erstenSatz des Adagio und Allegro für Horn und Klavier op. 70, wahrlich ein Singenaus der Seele des Eusebius. Das Allegro entspricht mehr dem anderen Schu-mann, den er selbst Florestan nannte, „rasch und feurig“ kommt es daher,aber mit besinnlichen Momenten.

Joseph Haydn hat seine so genannte „Sinfonia concertante“ 1792 in Lon-don geschrieben, wo sie auch ihre bejubelte Uraufführung erlebte. Die Be-zeichnung meint ein symphonisches Konzert für Soloinstrumente mitOrchester, entstanden aus dem barocken „Concerto grosso“. Johann Chris-tian Bach, Luigi Boccherini und Wolfgang Amadé Mozart schufen bedeu-tende Beiträge zu dieser ebenso virtuosen wie formal ausgefeilten Gattung.Der Konzertunternehmer Johann Peter Salomon beauftragte Haydn mit derKomposition, nachdem dessen begabter Schüler Ignaz Pleyel mit ähnlichenStücken große Erfolge gefeiert hatte. Pleyel war in London der freundschaft-liche Konkurrent seines Lehrers. Das ursprünglich als „Concerto“ bezeich-

nete und im Original für Violine, Cello, Oboe, Fagott und Orchester geschrie-bene Werk mutet mitten unter den grandios zwischen Witz, Gefühl und Intellekt ausbalancierten „Londoner Symphonien“ wie ein leichtes, aber injedem Takt meisterliches Intermezzo an. Die Struktur des Stücks ist aberdurchweg eine symphonische und rechtfertigt die spätere Einteilung als „Sinfonie Nr. 105“. Diesmal erklingt eine Bearbeitung für Streichsextett;solche Arrangements erfolgreicher Stücke waren auch in der Klassik üblichund erfolgreich. Im einleitenden, melodienreichen Allegro wechseln be-schwingte, gleichsam moussierende Passagen mit nachdenklichen Sequen-zen ab. Gegen Ende folgt einer sehnsuchtsvollen Phrase der Violine einmunteres Geplauder der anderen Streicher, ehe der Satz in heitere Stimmungmündet. Der Mittelsatz, Andante, ist von edler klassischer Schönheit erfüllt.Die kammermusikalischen und die symphonischen Elemente sind vollendetausbalanciert. Im Finale, Allegro con spirito, entwickelt sich nach ernsterenKommentaren der einzelnen Instrumente ein nuancenreiches Wechselspiel,in dem Haydns gerade von den Briten so geschätzter trockener Humor nichtzu kurz kommt.

Gottfried Franz Kasparek

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Luz Leskowitz

wurde in Salzburg geboren und erhielt mit sechs Jahren seinen ersten Geigenunterricht bei Prof. Turne. Mit 13 Jahren Fortsetzung der Studien beiVasa Prihoda und später bei Riccardo Odnoposoff an der Musikakademie in

Wien (zeitgleich Besuchdes Gymnasiums in Salz-burg), bei Ernst Wallfischin Salzburg und Luzernund bei Yehudi Menuhinin London, dazu Lehrtä-tigkeit an der Menuhin-Schule in London.

Nach glänzenden Debutsin London, New York,Wien, Berlin, Milano usw.führten ihn Konzertreisendurch ganz Europa, inden Vorderen Orient,

nach Afrika, in die USA, nach Südamerika, in den Fernen Osten, nach Russ-land und nach Japan.

Der intensive Kontakt zu Ernst Wallfisch und Yehudi Menuhin weckte baldseine besondere Liebe zur Kammermusik. Stark beeinflußt vom Menuhin-Festival in Gstaad gründete Luz Leskowitz im Jahre 1970 sein erstes eigenes Musikfestival, die „Harzburger Musiktage“. Es folgten weitere sieben internationale Festivals in Deutschland, Österreich und Rumänien.

Künstler-Biographien

Mari Kato

wurde in Obihiro auf Japans Nordinsel Hokkaido geboren und erhielt bereitsim Alter von 17 Jahren beim Beethoven-Klavierwettbewerb in Sapporo denersten Preis. Sie studierte zuerst an der Kölner Musikhochschule bei Prof.

Tiny Wirtz und erhielt ihr Diplom für Klavier undKlavierkammermusik mitAuszeichnung. Danachsetzte sie ihre Ausbildungin Hannover bei Prof.David Wilde fort und be-suchte Meisterkurse beiPaul Badura-Skoda undSergei Dorenski.

1991 war Mari Kato diePreisträgerin des interna-tionalen Klavierwettbe-werbs in Lugano.

Von 1995 bis 2000 war sie Lehrbeauftragte für Korrepetition an der Folk-wang-Hochschule Essen, und seit 2000 wurde sie als Vertragslehrerin fürKorrepetition an der Universität Mozarteum Salzburg engagiert.

Sie ist Mitglied des Tanino-Trios und hat zahlreiche Konzertauftritte als Solis-tin und Kammermusikerin in Europa und Japan.

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Johannes Hinterholzer, Ventil- und Naturhorn

studierte bei Prof. Josef Mayr und Prof. Radovan Vlatkovic an der Universität„Mozarteum“ in Salzburg und besuchte Meisterkurse bei Peter Damm, Wolf-gang Wilhelmi und Anthony Halstead. Schon als Student gewann er zahl-

reiche Preise bei nationa-len Musikwettbewerben.

Johannes Hinterholzertrat als Solist mit zahlrei-chen Sinfonie- und Kam-merorchestern auf.

Seit 2000 spielt er alsGast Konzerte an der So-lohornposition in Orches-tern wie dem BerlinerPhilharmonischen Or-chester, dem BayrischenStaatsorchester, dem Ton-halle Orchester Zürich,

dem Radio-Symphonieorchester des SWR Stuttgart und vielen anderen.

Eines der Spezialgebiete von Johannes Hinterholzer ist das Spielen auf his-torischen Horninstrumenten: Barock- und Naturhorn. 2006 erschien beimLabel Oehms Classics eine Gesamtaufnahme der Hornkonzerte Mozarts mitJohannes Hinterholzer und dem Mozarteum Orchester Salzburg.

Von 2000 bis 2010 leitete er eine Hornklasse an der Anton Bruckner Privat-universität in Linz. Seit Herbst 2008 ist er Professor für Horn an der Musik-hochschule München.

Sergio Zampetti

Von dem amerikanischen Sender „America Oggi“ wurde er aufgrund seinesvirtuosen Spiels und seiner außergewöhnlichen Spieltechnik als „Horowitzder Flöte“ bezeichnet. Zampettis künstlerische Tätigkeit führte ihn zu ver-

schiedenen Orchesternals Erster Flötist. Späterwidmete er sich aus-schließlich dem solisti-schen Spiel, sowie derKammermusik. Es folgtenzahlreiche Einladungenzu bekannten Festivals.

Seit 1995 leiten SergioZampetti und sein BruderClaudio, mit dem er re-gelmäßig als Duo auftritt,die Musikschule „Il Fab-bro Armonioso“ in Sa-

ronno. Das Konservatorium in Milano haben beide mit akademischen Titelnabgeschlossen: Sergio in Flöte und Chorleitung, sein Bruder in Klavier undKomposition.

2003 haben sie mit großem Erfolg das Projekt „Evviva La Musica“ ins Lebengerufen, das auf ganz neue mitreißende Weise Konzerte für Flöte und Klavierin Schulen bringt.

Zampetti musiziert mit den Salzburger Solisten und trat mehrfach mit demEnsemble bei den Salzburger Schlosskonzerten auf.

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Oliver Schmidt

geboren 1973, erhielt seinen ersten Klavierunterricht im Alter von acht Jah-ren. Nach Abitur und Zivildienst studierte er zunächst Rechtswissenschaftenin Köln, bevor er sich für Kirchenmusik entschied. An der Folkwang-Hoch-

schule Essen belegteSchmidt ab 2003 dieSchwerpunkte Orgellite-ratur und Improvisation.Nach dem Wechsel 2007an die Robert-Schumann-Hochschule Düsseldorfstudierte Schmidt im Rah-men der KirchenmusikOrgel bei Prof. TorstenLaux, Prof. Gustav A.Krieg und Prof. AlmutRössler sowie Chorleitungbei Dennis Hansel, Prof.

Christoph Zschunke und Prof. Anders Eby. Hinzu kamen Klavier bei BarbaraNussbaum. Nach dem Kirchenmusikdiplom 2010 schloss Schmidt 2011 dasStudium mit dem A-Examen ab. Seit April 2011 ist er als Kantor an der Rel-linger Kirche tätig.

Erste Kompositionen entstanden 1993, so die Orgelfantasia Nr. 1 und kleineChoralvorspiele; es folgten u.a. vier weitere Orgelfantasien. Derzeit wird die Uraufführung der „Rellinger Messe“ vorbereitet, die am 26. Mai in derRellinger Kirche zu hören sein wird.

Joachim Schäfer

Joachim Schäfer (Piccolotrompete), geboren in Dresden, studierte von 1990bis 1994 in seiner Heimatstadt an der Hochschule für Musik „Carl Maria vonWeber“.

Die Kritik würdigt zuvör-derst seine technischeSouveränität sowie seinmüheloses, stilsicheresund dynamisch sensiblesSpiel, mit dem er auf derPiccolotrompete hoheMaßstäbe setzt. Beson-ders wird seine brillanteIntonation auf der Trom-pete durch Kritik undPresse hervorgehoben.

Im Jahr 1998 erhielt Joa-chim Schäfer vom Heidel-

berger Label Christophorus einen Plattenvertrag.

Sowohl als virtuoser Solist als auch mit seinem Trompeten-Ensemble istJoachim Schäfer dem Rellinger Publikum vertraut, sei es durch seine re-gelmäßige Mitwirkung bei Oratorienkonzerten (im Weihnachtsorato-rium seit 2001), beim Festkonzert zum 250-jährigen Jubiläum derRellinger Kirche und natürlich in den vergangenen Jahren beim Mai-Fes-tival.

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Vytas Sondeckis

Cellist im NDR-Sinfonieorchester.

Cellostudium am Konservatorium St. Petersburg und an der Musikhoch-schule Lübeck bei David Geringas.

Diverse Tourneen undKonzerte als Solist mitdem Litauischen Kam-merorchester und demSinfonieorchester St. Pe-tersburg.

Mehrfacher Preisträgerinternational renommier-ter Wettbewerbe.

Seit 1997 musiziert er mitden „G-Strings“.

Vytas Soleckis ist derzeitals Cellist bei den NDRSinfonikern beschäftigt.

In diesem Jahr spielt er erstmals im Ensemble der Salzburger Solisten beimMai-Festival.

Olaf Taube

Olaf Taube studierte in seiner Heimatstadt Berlin an der Hochschule für Musik„Hanns Eisler“ klassisches Schlagzeug. Seine Bandbreite erstreckt sich vomKonzertrepertoire (mit dem Ensemble Oriol/Kammerakademie Potsdam, dem

Neuen Berliner Kammer-orchester und der Kam-mersymphonie Berlin)über das gesamte musik-theatralische Spektrum inOper, Operette, Musicalund Schauspielmusik (u.a. Komische Oper, Deut-sche Staatsoper, Neuköll-ner Oper, DeutschesTheater, Berliner Ensem-ble, Maxim Gorki Theater,Schlossparktheater) bishin zu „Grenzgängen“

mit Georgette Dee (Nationaltheater Mannheim) oder Nino Sandows „Win-terreise“ in Dortmund, Berlin und Hamburg. Darüber hinaus wirkte er anJazzperformances,Tanzprojekten und Stummfilmbegleitungen mit, schriebFilmmusik, nahm an verschiedenen CD-Einspielungen teil und konzertiertein vielen Ländern Europas; er ist als Organist tätig und leitet seit 1998 denA-cappella-Chor „Die Chorrupten“.

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Das Ensemble wurde 1979 von dem Salzburger Geiger Luz Leskowitz mit der Absicht ge-gründet, ein hochqualifiziertes Ensemble für besondere kammermusikalische und solisti-sche Aufgaben zu schaffen. Die sieben Streicher (zwei Violinen, zwei Violen, zweiVioloncelli und ein Kontrabass), die entweder Führungspositionen in großen OrchesternEuropas bekleiden oder an Musikhochschulen als Professoren tätig sind, hatten sich an-lässlich des von Luz Leskowitz gegründetenMusikfestivals zusammengefunden und spiel-ten ihr Gründungskonzert im Juli 1979 im Rah-men der 10. Harzburger Musiktage. DasEnsemble kann für sich Einmaligkeit in An-spruch nehmen, denn der Name „SalzburgerSolisten“ verpflichtet die einzelnen Mitgliederdes Ensembles sich auch als Solisten zu be-währen und auf dieser Ebene sowohl Kam-mermusik in wechselnder und oft originellerBesetzung, als auch Solokonzerte mit Quin-tettbegleitung als lebendigen Dialog Gleich-gesinnter und Gleichgestellter zu präsentieren.

Die Salzburger Solisten machten im In- undAusland zahlreiche Rundfunk- und Fernseh-aufnahmen sowie Schallplatten und CDs.

Klänge, die süchtig machen – die Salzburger Solisten

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Die Geschichte des Horns

Das Horn gilt als eines der ursprünglichsten Musikinstrumente des Men-schen. Die ältesten Funde von Hörnern stammen in etwa aus der Zeitvon 2000 bis 1500 v. Chr. und wurden aus Tierhörnern, Röhrenknochen,Muschel- und Schneckengehäusen, Holz und Metall gefertigt. Diese„Urhörner“ konnten bestenfalls wenige aber dafür laute Töne erzeugenund wurden daher als Signalinstrumente genutzt.

Sie wurden zu der Zeit hauptsächlich für kultische oder militärische Zwecke genutzt und gelten als die Vorfahren der heutigen modernenBlechblasinstrumente. Eines der ersten schriftlich benannten Instrumenteaus Metall ist in etwa auf das Jahr 1000 v. Chr. zurück zu führen. „Undder Herr redete mit Mose und sprach: Mache dir zwei Trompeten vongetriebenem Silber...“. Etwa 80 Jahre später erklangen unter JosuasHeerführung die „Posaunen von Jericho“.

Sehr früh entwickelten ebenfalls Völker des Altertums, wie etwa dieÄgypter, Inder, Chinesen, Hebräer und Griechen Instrumente aus dünn-wandigen Metallröhren. Die ägyptischen Instrumente wurden in dieserKultur auch hieroglyphisch festgehalten. Diese haben in ihrer kreisrundgebogenen Form sogar Ähnlichkeiten mit dem heutigen Horn.

Die Germanen besaßen ihre großen Luren, welche auf das 13. bis 7. Jahrhundert v. Chr. datiert werden, also auf die jüngere Bronzezeit.Die Lure besteht aus mehreren zusammengesetzten Rohren und Teilen,

...es tönt nicht recht, ein Horn muss her!!!

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welche aus Bronze gegossen wurden. DieLuren zählen zu den aufwändigsten Bron-zeobjekten. Die Herstellung erforderte einhohes Maß an handwerklichem Geschick.Daher wird vermutet, dass die Lure übereinen sehr langen Zeitraum weiterentwi-ckelt und verbessert wurde.

Das römische Cornu weist schon eine engmensurierte Bohrung und eine kreisrundeForm auf. Die Römer kannten laut Vegetiusdie Tuba, ein aus Messing oder Bronze ge-

fertigtes langgestrecktes Instrument mit schmalem Schallbecher.

Im Mittelalter spielen Hörner im gesellschaftlichen Leben kaum eineRolle. In der Zeit kamen Hifthörner als Signalhörner zum Einsatz undhatten daher fast immer einen praktischen Nutzen. Das Hifthorn wurdemeist von Nachtwächtern, Feuerwärtern, Türmern, Jägerknechten, Hir-ten und Postillonen geblasen. Sie wurden hauptsächlich aus Rinderhör-nern gefertigt. Oft wurde ein Mundstück aus Metall aufgesteckt. Abdem 16. Jahrhundert wurden diese auch ganz aus Metall gefertigt.

Mit den Posthörnern entstand durch die Postillonen und deren Kutschen eine Tradition, die bis heute anhält. Viele Postunternehmenhaben immer noch das Posthorn als Firmenlogo.

Bis heute fahren die Busse der schweizerischen PTT gekonnt bis in diehöchsten und abgelegensten Orte in den Schweizer Alpen und treibenso manchem Autofahrer die Schweißperlen ins Gesicht, wenn ihm aufschmalen Bergstraßen ein riesiges Postauto entgegen kommt.

Charakteristisch für die Busse istdas traditionelle Dreiklangshorn,welches dem Leitmotiv aus demAndante der Ouvertüre von Ros-sinis Oper „Wilhelm Tell“ ent-spricht und mit den TönenCis-E-A in A-Dur erklingt. Nebenden Polizeiwagen, den Feuer-wehrfahrzeugen und den Kran-kenwagen sowie Rettungs-dienstfahrzeugen, gehören dieBusse der Post Auto Schweiz AGzu den einzigen Fahrzeugen, die eine Genehmigung für einmehrtöniges Signal besitzen.

Die erste bekannte schriftliche Erwähnung eines Alphorns stammt von1527. Ein Eintrag über „zwei Batzen an einem Walliser mit Alphorn“ ineinem Rechnungsbuch des Klosters von St. Urban zeugt von diesem In-strument. Im 18. Jahrhundert geriet das Instrument fast vollständig inVergessenheit, da die sehr verarmten Hirten im 17. Jahrhundert das Alp-

Zwei Luren aus Brudevælte, Dänemark

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horn in den Städten in Verruf brachten und dieses als „Bettelhorn“ ver-spottet wurde. Allerdings weckten die Romantik und der Tourismus inder Schweiz des 19. Jahrhunderts wieder das Interesse an dem Instru-ment und sorgten dafür, dass neben Schweizer Käse, Taschenmesser,Schokolade, Uhren und Edelweiß auch das Alphorn heute als National-symbol gilt. Ein Alphorn wird aus einem geeigneten Baumstamm her-gestellt. Die charakteristisch gebogene Form am Schallbecher ist auf die

am Hang krummgewachsenen Fich-ten zurück zu füh-ren. Heute sind dierecht langen Instru-mente oft in zweibis drei Teile zerleg-bar. Es gilt als Fre-vel, ein Alphorn mit

einem Mundstück aus Metall zu blasen. Daher werden je nach Regionaus besonders hartem Lärchenholz Mundstücke geschnitzt. Oft spielendie Musiker auf Kesselmundstücken, allerdings beanspruchen die Hor-nisten mit ihren Trichtermundstücken für sich das traditionell „richti-gere“ Mundstück zu haben und dadurch natürlich auch den schönerenKlang zu erzeugen.

Im 17. Jahrhundert galt die Parforcejagd als modern und erfreute sichwachsender Beliebtheit. Hierfür wurde ein großwindiges Horn entwi-ckelt: das Parforcehorn, welches der Reiter über seiner Schulter trägt.

Eine Vielzahl von Kompositionen erfreutenunter König Ludwig den XIV. Jäger, adeligeJagdherren und Gäste. Das Parforcehornstellt eines der ersten bedeutenden Etap-pen der Entwicklung des Horns zum Or-chesterinstrument dar. Im Epochenum-bruch zum Barock brachte Jean-BaptisteLully auch bald die Parforcehörner ins Orchester. Dafür bekamen die Hörner einezusätzliche Windung, durch die sie sichleichter blasen ließen. Nach dieser Weiter-entwicklung nannte man das Orchesterinstrument Corno da caccia.

Ähnlich den Trompeten wurden für Hornisten im Barock ebenfalls Partien und Solokonzerte geschrieben.

Die Entwicklung des Horns im 19. Jahrhundert hat enorme Veränderun-gen hervorgerufen. Diese Entwicklung, die von dem Bedürfnis hervor-gebracht wurde, mehr mit dem Horn erreichen zu können, dürfte auchzumindest indirekt eine Reaktion auf die sich verändernde Musik gewe-sen sein, welche sehr stark von der französischen Revolution und derenHinterfragung der Autorität des Adels geprägt wurde.

Beethovens „Eroica“ läutete bereits 1904 eine neue Ära der Musik ein.Er brach viele eingesessene Regeln der Komposition. Unter anderem

Parforcehorn

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Mozart, Vivaldi,Bach, Händel,Haydn, Beethoven, Weber,Schumann, Brahmsschrieben ihre Musik fürdie Instrumente, dieihnen damals zur Verfü-gung standen. Die ge-nannten Komponistenwaren allesamt sehr fä-hige Meister der Musikund Komposition undwussten sehr genau dieverschiedenen Instrumente ein-zusetzen. Daher lässt man sich gern von demTrend der letzten paarJahre, Werke auf denhistorisch korrektenInstrumenten zu spie-len, begeistern. Die Werkepräsentieren sich in einer völ-lig neuen Klangfarbe und plötz-lich bekommt die Musik einen völligneuen Sinn.

Entnommen aus: „HORNMANS Hornseite“,

www.hornman.de

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wurden Formen erweitert, neue Harmonien verwendet; die bedeutend-ste Neuerung war die „Rhythmische Kühnheit“, welche er z.B. durchGegenrhythmen erreichte, und die neue immens leidenschaftliche Ton-sprache. So eine Komposition hatte es damals noch nie gegeben. Zum Einen schockte dieses Werk viele Adelige und Anhänger der Mo-narchie. Zum Anderen sahen sich viele Anhänger der Revolution in demWerk bestätigt. Joseph Haydn, welcher 1804 einer ersten Privatauffüh-rung dieses Werkes beigewohnt haben soll, habe wohl erkannt, dassdie Musik sich ab dem Zeitpunkt für immer verändert hatte.

Die Musik nahm nach dem Vorbild Beethovens einen Weg, welcherimmer mehr von harmonischer Schönheit und formeller Vollkommenheitzu emotionalem Ausdruck wanderte. Immer komplexere Ausdrucks-formen und Klangwelten verlangten auch nach neuen Instrumenten.Am wenigsten Berührungsängste mit Neuem schien im 19. Jahrhun-dert Richard Wagner zu haben, der nicht nur früh die Möglichkeiten des Ventilhorns nutzte, sondern auch ein neues Instrument bauenließ, die Wagnertuba, um seinen Klangwelten Ausdruck verleihen zukönnen.

Das Doppelhorn stellt das Ziel der Entwicklung im 19. Jahrhundert dar.Dieses ist fähig, in allen Lagen einen chromatischen Tonvorrat zu bietenund stellt sicherlich einen sehr guten Kompromiss zwischen Ansprache,Intonation und Klang dar.

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Dankeschön!Ohne private Kulturförderung ist Kunst heute kaum noch denkbar. Auch ein soambitioniertes Projekt, wie das Mai-Festival, kann nur dank der Hilfe von Förderernund Sponsoren realisiert werden. Kultur auf höchstem Niveau braucht aber immerauch Freunde, die sich über das finanzielle Engagement hinaus einer Institution von ganzem Herzen verbunden fühlen.

Diese glückliche Verschmelzung aus materieller und ideeller Wertschätzung weißdas Rellinger Festival seit nunmehr 27 Jahren sehr zu schätzen.

Wir danken allen Sponsoren und Donatoren, allen ehrenamtlichen Helfern und unseren Freunden sehr herzlich.

Ihr „Mai-Festival Rellinger Kirche“

IMPRESSUM:

Veranstalter:Kirchengemeinde Rellingen mit Unterstützung des MRKVerein zur Förderung der Musik an der Rellinger Kirche

Anschriften:Ev.-luth. Kirchengemeinde Rellingen, Hauptstraße 27 a, 25462 RellingenPastorin Martje Kruse, Vorsitzende des Kirchenvorstandes

MRK, Haselweg 10, 25469 Halstenbek, Günter Rasinski, MRK-Vorsitzender

MRK-Informationen im Internet: www.mrk-rellingen.de

Rellinger Kirche: www.rellingerkirche.de

Fotos: Wolfgang Gaedigk, Rellingen

Redaktion: Ulrike Ostermann und Günter Rasinski, MRK

Konzept und Gesamtherstellung: Schulz und Rönsch, Werbeagentur, Halstenbek

Liebe Festivalbesucher!

Erstklassige Einspielungender Mai-Festival-Musik verschiedener Jahre undder Telemann Einweihungs-kantate für die RellingerKirche auf CD!

Erhältlich an der Abend-

kasse zu den Konzerten

und bei

„Fotostudio Gaedigk“,

Am Rathausplatz 17,

Telefon 0 41 01 - 2 23 21.

Verein zur Förderung der Musik an derRELLINGER KIRCHE

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Verein zur Förderung der Musik an derwww.mrk-rellingen.de