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Die spanischen Eroberer brachten sie aus der neuen in die alte Welt, die diese Knolle zunächst kritisch be- äugte: die Kartoffel. Der anfänglichen Skepsis zum Trotz fasste sie Fuß und wandelte sich von einer Deli- katesse zum Volksnahrungsmittel. Womöglich ist der Zenit aber überschritten: Laut statistischem Bundes- amt nimmt die Anbaufläche für Kartoffeln in Deutsch- land wieder ab und die für Silomais und Weizen zu. Die Kartoffel wird schon seit 7000 Jahren in Peru kulti- viert und weltweit gibt es mehrere tausend Sorten. Kaum ein Gewächs hat hierzulande so viele verschie- dene Lokalnamen: Ibsen, Tuffeln, Ärbeln, Grombern, Ädäppel, Knullen, Bodaggn, Erdapfel und Erdbirne sind nur die geläufigsten. Naja, vielleicht mit Aus- nahme der Ibsen – die kennt man wahrscheinlich nur im Oberwesterwald. Ihr vergleichsweise einfacher Anbau und ihre unauf- wändige Verwertung im Vergleich zum Getreide machten sie zum Sattmacher No. 1 in ganz Europa. Erst Mitte des 19. Jh. erhielt ihr Siegeszug einen Dämpfer, als Kartoffelkrankheiten aus Amerika Europa erreichten, allen voran die Kraut- und Knollenfäule. Es kam zu Missernten und schlimmen Hungersnöten. Besonders betroffen war Irland in den Jahren 1845 bis 1852: 12% der Bevölkerung starben an Hunger, 2% wanderten aus. Die Kartoffel galt lange als Armeleuteessen. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde sie als Dickmacher verteufelt. Heute ist das widerlegt und die Kartoffel hat wieder einen festen Platz in unserem Ernährungsprogramm, auch dank des erwiesenen Gehalts an Vitaminen, Mineralien und Eiweiß. Bunte Wilde Ibsen Papa Negra aus Peru

Wilde Ibsen - QUICUMQUE · fel gesellen. Seine Neugierde war geweckt. Von den peruanischen Kartoffelbauern lernte er, dass deren Grundbirnen robust und anspruchslos sind

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Die spanischen Eroberer brachten sie aus der neuen

in die alte Welt, die diese Knolle zunächst kritisch be-

äugte: die Kartoffel. Der anfänglichen Skepsis zum

Trotz fasste sie Fuß und wandelte sich von einer Deli-

katesse zum Volksnahrungsmittel. Womöglich ist der

Zenit aber überschritten:  Laut statistischem Bundes-

amt nimmt die Anbaufläche für Kartoffeln in Deutsch-

land wieder ab und die für Silomais und Weizen zu.

Die Kartoffel wird schon seit 7000 Jahren in Peru kulti-

viert und weltweit gibt es mehrere tausend Sorten.

Kaum ein Gewächs hat hierzulande so viele verschie-

dene Lokalnamen: Ibsen, Tuffeln, Ärbeln, Grombern,

Ädäppel, Knullen, Bodaggn, Erdapfel und Erdbirne

sind nur die geläufigsten. Naja, vielleicht mit Aus-

nahme der Ibsen – die kennt man wahrscheinlich nur

im Oberwesterwald.

Ihr vergleichsweise einfacher Anbau und ihre unauf-

wändige Verwertung im Vergleich zum Getreide

machten sie zum Sattmacher No. 1 in ganz Europa.

Erst Mitte des 19. Jh. erhielt ihr Siegeszug einen

Dämpfer, als Kartoffelkrankheiten aus Amerika Europa

erreichten, allen voran die Kraut- und Knollenfäule. 

Es kam zu Missernten und schlimmen Hungersnöten.

Besonders betroffen war Irland in den Jahren 1845 bis

1852: 12% der Bevölkerung starben an Hunger, 2%

wanderten aus.

Die Kartoffel galt lange als Armeleuteessen. In der

zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde sie als

Dickmacher verteufelt. Heute ist das widerlegt und

die Kartoffel hat wieder einen festen Platz in unserem

Ernährungsprogramm, auch dank des erwiesenen

Gehalts an Vitaminen, Mineralien und Eiweiß. Bunte

Wilde Ibsen

Papa Negra aus Peru

Ax Liebermann
QUICUMQUE 2/2016
Ax Liebermann
QUICUMQUE – Zeitschrift für autarkes Leben

Sorten enthalten darüber hinaus Anthocyane, die bei

anderen Früchten,

wie schwarze Jo-

hannisbeere, Hei-

delbeere oder Ho-

lunder, als Tumor-

prophylaxe gehan-

delt werden.

Die modernen Züch-

tungen sind meist

ausgelegt auf Masse

u n d M a s c h i n e n-

freundlichkeit. Letz-

teres erleichtert Ern-

te und Verarbeitung

in der Nahrungsmit-

telindustrie. Aber

auch der Endver-

braucher hat keine

Lust auf knubbelige Kartoffeln mit tiefen Augen. Lie-

ber welche, die sich leicht schälen und pellen lassen.

So kommt es, dass wir oft nur noch wenige Kartoffel-

sorten mit eher unauffälligem Geschmack kennen.

Viele Länder Südamerikas hingegen sind stolz auf ihre

lange Kartoffeltradi-

tion und die lokale

Vielfalt. Sie haben

Saatenbanken und

umfassende Infor-

mationsportale ein-

gerichtet, um die

wilden und freien

Sorten zu fördern,

die von jedermann

vermehrt werden

dürfen und damit

die Unabhängigkeit

von Saatgutkonzer-

nen aufrechterhal-

ten.

Dieser Arbeit hat

sich auch Steffen

Janke verschrieben. Der Vogtländer reiste immer wie-

der nach Südamerika, eigentlich, um Kakteen zu er-

forschen. Bei seinen Streifzügen durch Peru fiel ihm

auf, dass sich zu den Sukkulenten gerne wilde Erdäp-

Bonita Ocho de Perdiz

Bretaña

fel gesellen. Seine Neugierde war geweckt. Von den

peruanischen Kartoffelbauern lernte er, dass deren

Grundbirnen robust und anspruchslos sind. Sie wach-

sen ohne Dünger, werden nicht gespritzt und sind

geschmacklich häufig ganz hervorragend. Sie haben

tiefe Augen, bunte Schalen und mitunter ein farbiges

und marmoriertes Inneres. Manche Sorten lassen sich

dehydrieren und halten dann bis zu zehn Jahre – idea-

le Voraussetzungen für eine langfristige Vorratswirt-

schaft, trockene und kalte Witterung vorausgesetzt.

Die Gefriertrocknung wird in Peru auch zur Reduktion

des Solaningehaltes

bitterer Kartoffelsorten

eingesetzt.

Kartoffeln, lateinisch

Solanum tuberosum,

Papas in den spanisch-

sprachigen Teilen Süd-

amerikas, gehören zu

den Nachtschattenge-

wächsen. Die ursprüngli-

chen Sorten der Anden

benötigen lange Nächte,

um gut zu gedeihen. Un-

sere europäischen Erdäp-

fel sind, fern vom Äquator,

an die langen Tage des

Sommers angepasst. Jan-

ke empfiehlt, die peruani-

schen Sorten erst Ende

Oktober oder, bei mildem

Wetter, sogar erst Ende

November aus dem Bo-

den zu holen, damit sie

ausreichend Zeit zum

Wachsen haben. Anfang

November muss dann zum Schutz der Erdäpfel vor

eventuellem Frost noch einmal breit aufgehäufelt

werden.

Kartoffelknollen sind keine Wurzelknollen, sondern

Sprossknollen, die sich aus sogenannten Stolonen –

den Ausläufern der Kartoffelpflanze – bilden. Stolonen

erlauben es den Pflanzen, sich vegetativ, also ohne

Befruchtung, zu vermehren. Züchterische Arbeit er-

folgt generativ über die Kartoffelblüten und die sich

aus ihnen entwickelnden Früchte. Dabei versucht man

oben: Französische Trüffelkartoffel

unten: Huagalina

Ax Liebermann
QUICUMQUE – Zeitschrift für autarkes Leben

in der Regel, gewünschte Eigenschaften wie Krank-

heitsresistenzen, höhere Nähstoffkonzentration oder

besserer Geschmack von anderen Sorten (häufig nicht

mehr Solanum tuberosum, sondern Wildsorten) ein-

zubringen und als neue Sorte mit den Vorzügen der

Elternkartoffel weiter zu kultivieren.

Die Kartoffelfrüchte sind übrigens giftig

und nicht zum Essen geeignet. Was die

Giftigkeit der Kartoffel selbst betrifft, lässt

sich feststellen, dass die Erkenntnis von

heute der Irrtum von morgen ist. Die Al-

ten haben gelernt: grüne Stellen ab-

schneiden, viel Kochwasser verwenden,

Schale nicht mitessen. Die Nachkriegsge-

neration hat gelernt: grüne Stellen ab-

schneiden, wenig Kochwasser verwenden,

Schale ist nicht besonders nahrhaft. In

der Öko-Generation galt lange: grüne

Stellen abschneiden, Kartoffeln dünsten,

Schale am besten mitessen. Die aktuelle

Empfehlung des Bayrischen Staatsministeriums für

Umwelt und Verbraucherschutz führt an, dass die

Schale der Kartoffel im Prinzip die meisten giftigen

Glykoalkaloide enthält. Kartoffelsorte, Wachstumsbe-

dingungen, Reifezustand, Lichteinfluss, Lagerung und

mechanische Verletzungen, z.B. bei der Ernte, haben

Einfluss auf den α-Solanin- und α-Chaconingehalt der

Knollen. Schälen verringert den Glykoalkaloidgehalt

unserer eigentlich alkaloidarmen modernen Sorten

noch einmal. Die Empfehlung ist: Kartoffeln vor dem

ersten Frost und nur reife Knollen ernten, dunkel und

bei 10°C lagern (Steffen Janke empfiehlt 3 bis 5°C,

damit sie nicht so schnell keimen), verletzte und grü-

ne Kartoffeln aussortieren und Kartoffeln vor dem Ko-

chen schälen. Solanin ist hitzebeständig, geht aber zu

einem großen Teil ins Kochwasser über. Kochwasser

und Presssaft der Kartoffeln sollten nicht verzehrt

werden.

Laut Johann Friedrich Diehls „Chemie der Lebensmit-

tel“ können Dosen ab 1 mg pro Kilogramm Körper-

gewicht toxisch sein, ab 6 mg sogar tödlich. In einem

Kilo frischem Knollenfleisch finden sich 12 bis 100 mg

Solanin, in der Schale 150 bis 1070 mg pro Kilo. Be-

zogen auf eine ganze Kartoffel sitzen 10 bis 12% des

Solanins in der Schale. Überträgt man dieses Wissen

auf die wilden Kartoffeln, deren Widerstandskraft ge-

gen Schädlinge vor allem mit ihrem höheren Solanin-

gehalt in Verbindung gebracht wird, wäre eine mögli-

che Schlussfolgerung für besorgte Kartoffelesser, de-

ren Schale einfach nicht mitzuessen. Airdrie M. Walker

Rosa Nueva de Araca

Parli

weist darauf hin, dass Sorten, die mehr als 20 mg So-

lanin pro Kilo frischem Kartoffelfleisch enthalten, sehr

bitter schmecken. Ab 40 mg pro Kilo brennt der

Mund und es schmeckt scheußlich. Wir hatten noch

keine Kartoffel, die Gelegenheit gab, Walkers Wissen

zu überprüfen.

Solaninvergiftungen durch den Verzehr von Solanum

tuberosum-Knollen sind sehr selten. Hauptsymptom

der leichten Intoxikation ist Völlegefühl – wer gern ein

halbes Blech Datschert (Rezept unten) isst, kennt das

Symptom mit und ohne Solanin recht gut. Wer trotz

Übelkeit weiter Kartof-

feln isst, Kopfschmer-

zen bekommt, Schwin-

del, Verwirrtheit und

Erbrechen präsentiert

und schließlich be-

wusstlos wird, hat we-

nigstens eine Diagno-

se: Solanismus.

Wer Kartoffeln anbau-

en will, muss sich zu-

erst Gedanken über

die Sorte(n) machen: frühe, mittelfrühe, späte, festko-

chende, mehlige, vorwiegend festkochende, gelbe,

weisse, rote, lila bzw. blaue. Bei der Entscheidungs-

findung spielen oft die Vorlieben der Familie die

Hauptrolle. Es macht aber auch viel Spass, etwas

Neues auszuprobieren. Überraschungen gibt es alle-

mal, denn das Ernteergebnis fällt bei unterschiedli-

chen Voraussetzungen wie Bodenbeschaffenheit,

Düngung, Temperatur, Niederschlag, Sonnenschein,

Pflege, Saat- und Erntetermin sehr unterschiedlich

aus. Geht es um sichere Ernte, ist ein wichtiges Aus-

wahlkriterium auch die

Krankheitsresistenz,

allen voran gegen Phy-

tophthora infestans,

die oben erwähnte

Kraut- und Knollenfäu-

le.

Die Krautfäule und der

Kartoffelkäfer sind die

Hauptgegner des Kar-

toffelbauern. Der Käfer

ist hübsch gestreift,

sehr hungrig und hat

Peruanita

Unica

Ax Liebermann
QUICUMQUE – Zeitschrift für autarkes Leben

in Europa keinen natürlichen Fressfeind. Die beste

chemiefreie Methode ist, die Kartoffelsträucher re-

gelmäßig nach Eiern (auf der Blattunterseite) sowie

nach Larven und Käfern abzusuchen. Die orangen Eier

mit den Fingern zerquetschen, Käfer und Larven ab-

sammeln und vernichten. Gummihandschuhe senken

die Hemmschwelle zu töten erheblich. Das Käferli

überwintert in der Erde und wird zwei Jahre alt, kann

sich also zwei Saisons lang vermehren. Ein Kartoffelkä-

ferweibchen legt in einer Saison bis zu 25.000 Eier.

Gegen Krautfäule gibt es verschiedene Maßnahmen –

die Erfahrung lehrt,

dass im dritten nas-

sen Jahr bei schwe-

ren Böden manch-

mal nur Spritzen

hilft, wenn man auf

die Ernte angewie-

sen ist und nicht

den Supermarkt als

Backup hat.

Ökologische Maß-

nahmen wären: gu-

te Lagen und weit

auseinander ste-

hende Dämme, die

schnell abtrocknen.

Also keine Talsolen

und keine Felder mit Staunässe zum Kartoffelacker

machen; frühe und späte Kartoffeln so weit wie mög-

lich voneinander entfernt anbauen, damit sich die

Phytophthora nicht von den frühen auf die späten

Sorten überträgt; Kartoffeln vorkeimen, um den Ernte-

termin so weit nach vorne zu verlegen wie möglich

(dann sind die Knollen da, bevor die Krautfäule zu-

schlägt); verschiedene Sorten anbauen, um das Risiko

eines Ernteausfalls zu minimieren. Eine klassische Me-

thode des biologischen Anbaus ist die frühzeitige Be-

handlung der Pflanzen mit Kupfer. Steffen Janke emp-

fiehlt Beinwelljauche oder Molkespritzbrühe.

Wir wollen in einer der nächsten Ausgaben ausführlich

auf die verschiedenen Kartoffelschädlinge, Gegen-

maßnahmen und die Eigenschaften verschiedener

Kartoffelsorten eingehen.

Für alle Kartoffelsorten ist in unseren Breiten ein Saat-

termin zwischen dem 20. und dem 30. April klassisch.

In kälteren Ecken wird auch schonmal bis Anfang Juni

gewartet. Kartoffeln sind frostempfindlich. Sechs Wo-

chen vorher, also Anfang/Mitte März, werden die

Saatkartoffeln zum Vorkeimen in Kisten gelegt, jeweils

nur eine Lage und möglichst die Seite mit den meis-

ten Augen nach oben. Die Kiste hell und luftig bei

15°C aufstellen, denn es sollen sich kräftige Keime

entwickeln. Am besten eignen sich maximal hüh-

nereigroße Kartoffeln, verletzte oder gar faulige sind

ungeeignet. Große

Kartoffeln unmittel-

bar vor dem Setzen

e n t s p r e c h e n d

durchschne iden .

Auf jeder Seite soll-

ten drei Augen sein.

Viele einheimische

Sorten brauchen für

gutes Gedeihen

eine hohe Gabe

organischen Dün-

gers und einen nicht

zu schweren Boden.

Dieser sollte sich

bei entsprechender

Witterung schnell

erwärmen. Zur Düngung kann im Frühjahr Kompost

und Mist im Beet untergegraben werden.

Am Aussaattag werden auf dem Beet (1,20 m breit)

2 Rillen 10 cm tief gezogen, jeweils 30 cm vom Beet-

rand entfernt. Das ergibt einen Reihenabstand von

60 cm. Diesen Platz benötigen wir zum späteren An-

häufeln der Pflanzen. Idealer sind Dammbreiten

von 80 cm, weil sie schneller abtrocknen und es der

Krautfäule dadurch schwerer machen. Die vorgekeim-

ten Kartoffeln legt man, Keime nach oben zeigend, im

Abstand von 30 cm in die Rille und füllt diese an-

schließend mit Erde. Sobald sich die ersten Triebe

zeigen, wird vorsichtig gehackt, um den Boden zu

durchlüften und Unkraut zu entfernen. Dann wird die

Erde rechts und links der Pflanzreihe mit der Hacke

bis über den Austrieb hochgezogen. Das ist auch ein

Rote Emma

guter Schutz gegen Nachtfröste, die es auch im Mai

noch geben kann. Dieses Anhäufeln erfolgt zum zwei-

ten Mal, wenn die Kartoffeltriebe 15 bis 20 cm groß

sind. Die Triebe müssen dann aber nicht mehr

vollständig mit Erde bedeckt werden. Der Erdwall soll-

te jetzt eine Höhe von 20 cm haben. Damit können

Wärme und Luft an die Knollen vordringen, was deren

Wachstum begünstigt. Vor dem zweiten Anhäufeln

kann bei Bedarf eine zusätzliche Volldüngergabe er-

folgen. Dabei nichts direkt auf die Pflanzen streuen,

notfalls mit Gießwasser abspülen.

Bei heißem und trockenem Wetter gießen nicht ver-

gessen, 15 bis 20 Liter je Quadratmeter. Alternativ

und abhängig von Boden, Kartoffelsorte und Philoso-

phie kann man auch auf das Unkrautjäten und Gießen

verzichten. Wir haben schon beide Varianten auspro-

biert und sind zu guten Ergebnissen gekommen.

Frühkartoffel-Sorten können bereits nach 10 bis 12

Wochen geerntet werden. Dieser Erntetermin kann

mit einer Vliesauflage zu Anfang des Wachstums noch

weiter vorgezogen werden. Für die späten Sorten

liegt der Erntetermin klassischerweise etwa Mitte bis

Ende September. Wilde Sorten sollte man länger im

Boden lassen, damit sie genug Zeit haben, ordentli-

che Knollen auszubilden.

Bei der Ernte alle Kartoffeln aus dem Boden holen,

um im Folgejahr ungewollte Sortenvermischungen zu

vermeiden. Das Kartoffelkraut ausreißen und zu einem

Haufen stapeln, der am Schluss zusammen mit faulen

Kartoffeln verbrannt wird. Das Kartoffelfeuer dient in

erster Linie der Vernichtung schlummernder oder

sichtbarer Krautfäule(erreger). Es bietet sich aber auch

zum Backen von kleinen Kartoffeln an.

Für die Lagerung der Kartoffeln (späte Sorten) als

Wintervorrat eignen sich Kartoffelhorden sehr gut. In

ihnen ist die Ernte gut durchlüftet. Gelagert werden

nur gesunde, unbeschädigte Knollen. Bei der Ernte

beschädigte Kartoffeln alsbald verbrauchen. Der La-

gerraum sollte dunkel, kühl und frostfrei sein. So auf-

bewahrt bleiben die Kartoffeln genießbar, bis es eine

neue Ernte gibt. Bei der Lagerung darauf achten, dass

sich keine Äpfel im selben Raum befinden. Sie geben

Stoffe ab, die zum vorzeitigen Schrumpeln der Kartof-

feln führen.

Steffen Janke freut sich über Mithilfe bei der Saatgut-

vermehrung und den Austausch über alte Kartoffelsor-

ten, die hier in Europa in Vergessenheit geraten sind.

Interessierte können sich per Mail an ihn wenden:

[email protected]

Papa Negra

Ax Liebermann
QUICUMQUE – Zeitschrift für autarkes Leben

Datschert

In früheren Zeiten waren Kartoffeln insbesondere bei

körperlich schwer arbeitenden Menschen, etwa in der

Landwirtschaft, im Bergbau oder im Baugewerbe, ein

Hauptnahrungsmittel. Sie waren sättigend und gaben

Energie. So vielfältig wie die regionalen Namen für

die Kartoffel, so variabel sind auch die Arten der Zu-

bereitung.

Unser altes westerwälder Familien-Rezept für die Ver-

arbeitung von Lagerkartoffeln (frühe Sorten haben zu

viel Wasser) zu Ärbelskoochen oder Datschert geht

wie folgt:

In einem großen, gusseisernen Bräter reichlich

Schmalz auslassen, 4 Kilo Kartoffeln schälen und rei-

ben, 1 große Zwiebel schälen und kleinschneiden,

beides mit 1 Handvoll Mehl und 2 Eiern und etwas

Salz gut vermischen. Den Kartoffelteig in das heisse

Fett geben und anbraten. Sobald sich eine Kruste am

Topfboden gebildet hat, diese lösen und in der Masse

verrühren. So kommt immer wieder rohe Kartoffel-

masse auf den Topfboden und kann eine Kruste bilden.

Nachdem das einige Male wiederholt wurde, zieht

man den Bräter vom offenen Feuer und lässt den In-

halt mit weniger Hitze, ohne Deckel, fertig braten.

Wenn nötig wird Schmalz nachgegeben.

Eine äußerst praktische Abwandlung des Rezeptes,

die es erlaubt, noch andere Arbeiten nebenher zu

erledigen, kommt bei uns häufiger zum Einsatz.

2 kg Kartoffeln schälen und reiben, ebenso 1 Zwiebel.

In die Kartoffelmasse 1 Ei, etwas Salz und 2 EL Mehl

einrühren. 6 Scheiben Schinkenspeck/Frühstücksspeck

in Streifen schneiden. Das tiefe Backblech oder eine

große Auflaufform mit Öl einpinseln. Die Hälfte vom

Kartoffelteig einfüllen, dann die Hälfte der Speckstrei-

fen darauf verteilen, restlichen Kartoffelteig zugeben.

Auf der mittleren Schiene bei 180°C ca. 1 Stunde ba-

cken, oder bei 160°C ca. 1,5 Stunden. Zum Ende der

Backzeit eventuell die Hitze reduzieren, die restlichen

Speckstreifen auf dem Datschert verteilen und kross

backen. Bei dieser Variante haben wir außen viel le-

ckere Kartoffelkruste und das Ganze brät (fast) von

alleine.

Kartoffeln sind sehr gesund, vor allem, wenn sie mit ein wenig Speck angereichert werden.

Ax Liebermann
QUICUMQUE – Zeitschrift für autarkes Leben