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Windkraftanlagen Grundlagen und Entwurf 3., Oberarbeitete und erweiterte Auflage Herausgeber: Prof. Dr.-Ing. Robert Gasch Technische Universitat Berlin Verfasser: Dr.-Ing. P. Bade Dipl.-Ing. W. Conrad cand.-Ing. A. Eichler Prof. Dr.-Ing. R. Gasch Dipl.-Ing. E. Holstein Dipl.-Ing. K. Kaiser Dr.-Ing. R. Kortenkamp cando oec. M. KOhl Dr.-Ing. J. Maurer Dr.-Ing. M. Person Dr.-Ing. A. Reuter Dipl.-Ing. M. Schubert Prof. Dr. A. Stoffel Dipl.-Ing. B. Sundermann Dr.-Ing. J. Twele Dipl.-Ing. V. Zimmer B. G. Teubner Stuttgart 1996

Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

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Page 1: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

Windkraftanlagen Grundlagen und Entwurf

3., Oberarbeitete und erweiterte Auflage

Herausgeber: Prof. Dr.-Ing. Robert Gasch Technische Universitat Berlin

Verfasser: Dr.-Ing. P. Bade Dipl.-Ing. W. Conrad cand.-Ing. A. Eichler Prof. Dr.-Ing. R. Gasch Dipl.-Ing. E. Holstein Dipl.-Ing. K. Kaiser Dr.-Ing. R. Kortenkamp cando oec. M. KOhl Dr.-Ing. J. Maurer Dr.-Ing. M. Person Dr.-Ing. A. Reuter Dipl.-Ing. M. Schubert Prof. Dr. A. Stoffel Dipl.-Ing. B. Sundermann Dr.-Ing. J. Twele Dipl.-Ing. V. Zimmer

B. G. Teubner Stuttgart 1996

Page 2: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

NE: Gasch, Robert [Hrsg.); Bade, Peter

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

Windkraftanlagen : Grundlagen und Entwurt / Hrsg.: Robert Gasch. Vert.: P. Bade ... - 3., uberarb. und erw. Auf!. -Stuttgart : Teubner, 1996

ISBN 978-3-519-26334-0 ISBN 978-3-322-99581-0 (eBook) DOI 10.1007/978-3-322-99581-0

Das Werk einschlieBlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschUtzt. Jede Verwertung auBerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgeset­zes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulassig und strafbar. Das gilt besonders fUr Vervielfliltigungen, Obersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

© B. G. Teubner Stuttgart 1993

Zur Herstellung dieses Buches wurde chlor- und sliurefreies Papier ver­wendet, das bei der Entsorgung keine Schadstoffe entstehen IliSt. Auf die­se Weise leisten wir einen aktiven Beitrag zum Schutz unserer Umwelt.

Page 3: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

Vorbemerkung

Dieses Buch entstand aus den Manuskripten einer Lehrveranstaltung, die seit Wintersemester 1984/85 yom lnstitut fUr Luft- und Raumfahrt an der TU Berlin angeboten wird.

In dieser Lehrveranstaltung worden die Erfahrungen aus einer Reihe von Forschungs­vorhaben und das Know-how aus Entwicklungen der Berliner Finnen

Siidwind (Windturbinenbau), Wuseltronik (felemetrie-Systeme, Regelungen von Windkraftanlagen), Ammonit (Windklassierer), Atlantis (Solarsysteme, Batterielader, Windpumpen)

eingebracht, die dankenswerterweise Mitarbeiter zur Unterstiitzung beim Aufbau der Lehrveranstaltung freistellten.

Den Autoren danke ich fUr die Geduld und die Gefa6theit, mit der sie die immer neuen kleinen Anderungswiinsche des Herausgebers ertrugen, den Kollegen Prof. Dr.- lng. M. Stiebler (Elektrische Maschinen) und Prof. Dr.- lng. H. Siekmann (Stromungs­maschinen) fUr die gute, erfolgreiche und stets vergniigliche Zusammenarbeit in verschiedenen Forschungsvorhaben, die von der DFG, dem ERP-Sonderverrnogen (Berlin) und der TU Berlin finanziert wurden. Besonderer Dank gilt Andreas Reuter, Klaus Kaiser, Bastian Sundermann, Matthias Sc6ubert und Volker Zimmer fUr die Arbeit am Textverarbeitungssystem und das Layout.

Neben den Autoren haben mitgewirkt: cand.-Ing. Jens Mayer, Kirsten Pfeiffer, Christine Koll, Dipl.-Ing. Jorg Kosfeld, Dipl.-Ing. Jianmin Xu und Dipl.-Ing.(FH) Nikolaus Hilt. Ihnen allen sei wie den Autoren fUr die gedeihliche Zusammenarbeit herzlich gedankt.

Der Herausgeber

Page 4: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

Vorbemerkung zur dritten Auflage

Die Naehfrage naeh diesem Bueh ist in den letzten Jahren konstant geblieben. Die Windkraftindustrie konnte enorme Zuwaehsraten verzeiehnen. Ein Ende des Trends ist nieht in Sieht (siehe aueh Frage neun im Vorwort). Entgegen den Erwartungen hat sieh bei den Windkraftanlagen kein System als einzig Wirtschaftliehes durchgesetzt. 1m Gegenteil, die Vielfalt der kiiufliehen Anlagentypen auf dem Windkraftanlagenmarkt wurde groBer. Aueh bei der neuen Generation von Gro6anlagen (P > 1 Megawatt) fmden sieh Zwei- und Dreifliigler, stall-gesteuerte Anlagen mit Getriebe und Asynehron­generatoren genau so wie das getriebelose Konzept mit Pitchregelung und weitgehend variabler Drehzahl.

In den bevolkerungsreiehen Sehwellen- und Entwieklungsliindem wie Brasilien, China, Indien steigt der Pro-Kopf-Verbraueh der Energie zur Zeit rasant. Wird dort der Weg der IndustrieUinder nachgeahmt, die etwa 75 % des COrAussto&s produzieren, wird das Klimadesaster sehr schnell verscharft werden. Daher ist es besonders erfreulieh, daB sieh in einem dieser volksreiehen Staaten, niimlieh Indien, zurn ersten Mal so etwas wie ein Boom in der Windenergie abzeiehnet.

Gegeniiber der zweiten Auflage wurden wieder einige Druekfehler korrigiert und Anderungen in Formeln und Bildem zur besseren Verstiindliehkeit vorgenommen. Das Kapitel 3 "Konstruktiver Aufbau von Windkraftanlagen" wurde aktualisiert und der Einstieg in die Megawatt-Klasse beriieksiehtigt. In Kapitel 7 (Struktur) wurden der Lebensdauerberechung ein paar Zeilen gewidmet. In Kapitel 10 (Stromerzeugung) wurde versmrkt auf die elektronisehen Mogliehkeiten der Leistungsregelung eingegangen. Kapitel 11 enthaIt neue Regelungsbesehreibungen. Kapitel14 (Wirtschaftliehkeit) wurde ganz neu iiberarbeitet.

Neben den Autoren, die ihre Kapitel noch einmal iiberarbeitet haben, sei besonders Dipl.­Ing. Monika Fiedler fUr ihre Mitwirkung und die Arbeit am Sehreibsystem und Dipl.-Ing. Irene Peinelt fUr die Hilfe in der "Endrunde" gedankt.

Berlin, September 1995

Der Herausgeber

Page 5: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

VI

Kapitel und Autoren :

Kap. 0, Fragebogen 87

Kap. 1, Regenerative Energien, Windenergie

Kap. 2, Aus der Geschichte der Windriider

Max Frisch

Prof. Dr.-Ing. R. Gasch

Prof. Dr.-Ing. R. Gasch Dipl.-Ing. M. Schubert

Kap. 3, Konstruktiver Aufbau von Windkraftanlagen Dipl.-Ing. M. Schubert

Kap. 4, Der Wind

Kap. 5, Auslegung von Windturbinen nach Betz und Schmitz

Kap. 6, Kennfeldberechnung und Teillastverhalten

Dr.-Ing. P. Bade Dipl.-Ing. B. Sundennann

Prof. Dr.-Ing. R. Gasch Dr.-Ing. J. Maurer

Dr.-Ing. J. Maurer Dipl. -Ing. K. Kaiser

Kap. 7, Strukturbelastungen, Festigkeitsiiberlegungen Prof. Dr.-Ing. R. Gasch

Kap. 8, Modellgesetze und .AlmIichkeitsregeln

Kap.9, Windpumpsysteme

Kap. 10.1 Windkraftanlagen zur - 10.3, Stromerzeugung

Kap. 10.4, Winddieselsysteme

Kap. 11, Steuerung und Regelung

Kap. 12, Dynamik von Windkraftanlagen

Kap. 13, Windkraftanlagen mit vertikaler Achse

Kap. 14, Betriebswirtschaftliche Aspekte von Windkraftwerken

Dipl.-Ing. B. Sundennann

Prof. Dr.-Ing. R. Gasch

Dr.-Ing. J. Twele Dr.-Ing. R. Kortenkamp

Dipl.-Ing. W. Conrad Dipl.-Ing. E. Holstein

Dr.-Ing. A. Reuter Prof. Dr.-Ing. R. Gasch Prof. Dr. rer. nat. A. Stoffel

Dr.-Ing. M. Person Prof. Dr.-Ing. R. Gasch

Dipl.-Ing. K. Kaiser Dipl.-Ing. V. Zimmer

Dr.-Ing. J. Twele cand.-Ing. A. Eichler cando oec. M. Kiihl

Page 6: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

Inhaltsverzeichnis

o Fragebogen von Max Frisch

1 Regenerative Energien, Windenergie ......................................................... 1 1.1 Nutzung der Windenergie ............................................................ 1 1.2 Energieerzeugung und Klimakatastrophe .......................................... 2 1.3 Kernenergie: Ein Ausweg? ........................................................... 4 1.4 Sparen ohne Engersc~a1len des Giirtels? ......................................... 5 1.5 Riickkehr zu den regenerativen Energien und die Rolle der Politik ............. 5 1.6 Die Rolle der Politik .............................................................. 6

2 Aus der Geschichte der Windriider ........................................................... 9 2.1 Windriider mit vertikaler Achse ...................................................... 9 2.2 Windriider mit horizon taler Achse ................................................. 12

2.2.1 Von der Bockwindmiihle zur Westernmill ............................ 12 2.2.2 Technische Neuerungen ................................................. 17 2.2.3 Beginn und Ende des Zeitalters der Windkraftnutzung im

Abendland ................................................................. 20 2.3 Die Physik der Windenergienutzung .............................................. 21

2.3.1 . Windleistung ............................................................. 21 2.3.2 Widerstandsliiufer ....................................................... 23 2.3.3 Auftriebsnutzende Windriider .......................................... 27 2.3.4 Vergleich von Widerstands- und Auftriebsliiufer .................... 29

3 Konstruktiver Aufbau von Windkraftanlagen ............................................. 33 3.1 Kurze Beschreibung verschiedener Windkraftanlagen ......................... 34

3.1.1 Forschungsprototypen ................................................... 38 3.1.2 Das diinische Konzept ................................................... 44 3.1. 3 Die Entwicklung auf dem deutschen Markt ........................... 46 3.1. 4 Anlagen fUr den Inselbetrieb ........................................... 48

3.2 Charakteristische V')rgaben fUr die Konstruktion von Windkraftanlagen ................................................................... 52 3.2.1 Einsatz und Betriebsftihrung ............................................ 53 3.2.2 Auslegungswindgeschwindigkeit ...................................... 55 3.2.3 Hauptdaten ................................................................ 56

3.3 Rotor .................................................................................. 57 3.4 Rotorblattbauweise und Materialien ............................................... 59 3.5 Nabe und Blattverankerung ........................................................ 62 3.6 Aufbau von Triebstrang und Maschinentriiger ................................... 66 3.7 Windnachfuhrung ................................................................... 71 3.8 Sturmabschaltung und zweites Sicherheitssystem .............................. 73

Page 7: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

VITI

3.9 Leistungsbegrenzung ............................................................... 75 3.10 Turm und GrUndung ................................................................ 80

Anhang ............................................................................... 86

4 I>er Wind .......................................................................... , .... '" .... 93 4.1 Die Entstehung des Windes ........................................................ 94

4.1.1 Die globalen Zirkulationen .............................................. 95 4.1.2 Lokale Ausgleichswinde ................................................. 98

4.2 I>erWind in Bodenniihe ............................................................ 99 4.2.1 Die Entstehung des bodennahen Windes ..... '" ..................... 100 4.2.2 Die vertikale Verteilung der Windgeschwindigkeiten

und die Bodenrauhigkeit.. .............................................. 100 4.2.3 Hindernisse am Boden .................................................. 101

4.3 Windmessung und Auswertung .................................................. 103 4.3.1 Das Messen des Windes ........................... , .................... 103 4.3.2 Auswertung, Windhistogramm, Ertragsaussage .................... 108

4.4 Idea1isierte Windhistogramme - Rayleigh- und Weibullverteilung ........... 113 4.5 Standortbeurteilung und Bewertung ............................................. 115

5 Auslegung von Windturbinen nach Betz und Schmitz .................................. 120 5.1 Was lliBt sich aus dem Wind an Leistung entnehmen? ........................ 120

5.1.1 Froude-Rankinesches Theorem ........................................ 124 5.2 Die TragflUgeltheorie ........................ , ..................................... 126 5.3 Anstromverhliltnisse und Luftkriifte am rotierenden FlUgel ................... 129

5.3. 1 Winddreiecke ............................................................ 129 5.3.2 Luftkriifte am rotierenden FlUgel ...................................... 131

5.4 Die Betzsche Optimalauslegung ... , .............................................. 132 5.5 Verluste .............................................................................. 136

5.5.1 Profilverluste ............................................................ .136 5.5.2 Tip-Verluste .............................................................. 137 5.5.3 Drallverluste ............................................................. 140

5.6 Die Schmitzsche Auslegung unter Berucksichtigung der Drallverluste ........................................................................ 141 5.6.1 Drallverluste ............................................................. 146

5.7 Praktisches Vorgehen bei der Dimensionierung von Windturbinen .......... 147

6 Kennfeldberechnung und Teillastverhalten ............................................... 152 6.1 Berechnungsverfahren ............................................................. 152 6.2 Dimensions1ose Darstellung der Kennlinien .................................... 156 6.3 Dimensionslose Kennlinien eines Schnellliufers ............................... 157 6.4 Dimensionslose Kennlinien eines Langsamlliufers ............................. 159 6.5 Turbinenkennfelder ................................................................ 161 6.6 AnstrOmverhliltnisse ......................... , ..................................... 163

Page 8: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

IX

6.6.1 Schnellaufer - Langsamlaufer: Zusammenfassung .................. 163 6.6.2 Anstromung eines LangsamIaufers ................................... 165 6.6.3 AnstrOmung eines SchnelIaufers ...................................... 167

6.7 Verhalten von Schnellaufern bei Pitchverstellung .......................... , ... 169 6.8 Erweiterung des Berechnungsverfahrens ....................................... 172

6.8.1 Der Bereich A. < A.A (Randumstromung) ............................. 173

6.8.2 Der Bereich A. > A.A (Glauerts empirische Formel) .................. 175 6.8.3 Der Profilwiderstand .................................................... 176 6.8.4 Die erweiterte Iteration .................................................. 178

6.9 Grenzen der Blattelementmethode und dreidimensionale Berechnungsverfahren ............................................................. 179 6.9.1 Panelverfahren ........................................................... 179 6.9.2 Stall-Delay ............................................................... 180 6.9.3 Instationare Effekte ..................................................... 181

7 Strukturbelastungen, Festigkeitsiiberlegungen ........................................... 182 7.1 Lastfallkombinationen ............................................................. 183 7.2 Belastungen der Blatter von Windturbinen ...................................... 184

7.2.1 Konstante, quasi-statische Belastungen ....... '" ........ " .......... 184 7.2.2 Kurzzeitige Belastung aus Boen ....................................... 185 7.2.3 Kurzzeitige Belastung durch Flieh-, Kreisel- und

Corioliskrafte bei Windnachftihrung des Rotors .................... 188 7.2.4 Bremsmanover .................... " .................................... 189 7.2.5 Periodische Lasten aus Fliigeleigengewicht.. ........................ 189 7.2.6 Periodische Krafte aus Turmvorstau oder Turmschatten ........... 190 7.2.7 Schraganblasung, Windprofil in Bodennahe ........................ 190

7.3 Lasten auf Gondel und Turm .... '" .................................. , ........... 191 7.4 Dauerfestigkeit. ..................................................................... 192 7.5 Festigkeit von Materialien ......................................................... 193 7.6 Normen, Richtlinien, Regelwerke ............................................... 196

8 Modellgesetze und Ahnlichkeitsregeln ........ , ....... , ...................... , ............ 198 8.1 Anwendungen und Einschrankungen der Ahnlichkeitstheorie ................ 198 8.2 Biegespannungen .................................................................. 201 8.3 Zugspannungen in der Fliigelwurzel aus den Fliehkraften .................... 203 8.4 Biegespannungen in der Fliigelwurzel aufgrund des Gewichts .............. 204 8.5 Veranderung der Eigenfrequenzen des Fliigels und der

FrequenzverhaItnisse .............................................................. 205

9 Windpumpsysteme ...............................................•.......................... 207 9.1 Charakteristische Anwendungen ................................................. 207 9.2 Bauarten windgetriebener Pumpen ............................................... 211

Page 9: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

x

9.3 Zusammenwirken von Windturbine und Pumpe ............................... 217 9.3. 1 Sinnvolle Kombinationen von Windturbinen und Pumpen ........ 217 9.3.2 Qualitativer Vergleich von Windpumpsystemen mit

Kolben- und Kreiselpumpe ............................................ 220 9.4 Auslegung von Windpumpsystemen ............................................ 226

9.4.1 Ziel der Auslegung ...................................................... 226 9.4.2 Wahl der Nennwindgeschwindigkeit fUr die Auslegung ........... 227 9.4.3 Auslegung von Windpumpsystemen mit Kolbenpumpe ........... 229 9.4.4 Auslegung von Windpumpsystemen mit Kreiselpumpe ............ 233

10 Windkraftanlagen zur Stromerzeugung .................................................. 240 10.1 Grundlagen ......................................................................... 241

10.1.1 Die Wechselstrommaschine (Dynamomaschine) im Inselbetrieb ............................................................... 241

10.1.2 Erregungsarten und Bauformen ....................................... 248 10.1.3 Die synchrone Wechselstrommaschine (Dynamomaschine)

im Netzparallelbetrieb ................................................... 250 10.1.4 Drehstrommaschinen und ihr Aufbau ................................ .256

10.2 Die Synchron - Drehstrommaschine und ihre Anwendung ................... 260 10.2.1 Batterielader .............................................................. 260 10.2.2 Widerstandsheizung mit Synchrongeneratoren ...................... 262 10.2.3 Windpumpsystem mir elektrischer Leistungsiibertragung ......... 264 10.2.4 Inselnetzspeisung ....................................................... 267 10.2.5 Netzeinspeisung ......................................................... 270

10.3 Die Asynchronmaschine und ihre Anwendung in Windkraftanlagen ........ 274 10.3.1 Arbeitsweise ............................................................ 274 10.3.2 Das Danische Konzept

Asynchrongenerator zur direkten Netzeinspeisung ................. 282 10.3.3 Drehzahlvariable Netzeinspeisung .................................... 284 10.3.4 Asynchrongenerator im Inselnetzbetrieb ............................. 288

10.4 Windkraftwerke im Verbund mit Dieselstromerzeugern ....................... 290 10.4.1 Realisierte Konzepte flir Wind-Diesel-Systeme ..................... 292 10.4.2 Beispiele fiir ausgeflihrte Wind-Diesel-Systeme .................... 293

Anhang: Formelzeichen zu KapitellO ................................ 298

11 Steuerung und Regelung von Windkraftanlagen ........................................ 302 11.1 Ziele der RegelungsmaBnahmen ................................................. .302 11.2 Typen von Steuerungen und Regelungen ....................................... 303 11.3 Einwirkungsmoglichkeiten auf den Rotor ....................................... 304

11.3.1 Aus-dem-Wind-Drehen des Rotors .................................. .305 11.3.2 Blattwinkelverstellung zu kleineren Winkeln

(Pitch-Regelung) ........................................................ 306 11.3.3 Blattwinkelverstellung zu groBeren Winkeln (Stall-Effekt) ........ 307

Page 10: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

XI

11.4 Beispiele einfacher Regelungen .......•......................................... .307 11.4.1 Regelung von Langsamliufern durch den Winddruck .............. 307 11.4.2 Regelung von Schnelliufern durch Winddruck ..................... 309 11.4.3 Regelung von Schnelliufern durch

Zentrifugahnechanisrnen ............................................... 311 11.4.4 Passive Regelung durch aerodynamische Kriifte ................... .313 11.1.5 Regelung von Schnelliufern mit Spoiler und Bremsklappe ....... .314

11.5 Beispiele schneller Regelungen ................................................... 315 11.5.1 Netzparallelbetrieb mit StalTer Nabe-das dinische Konzept.. ...... 316 11.5.2 Drehzahlvariabler Net7parallelbetrieb mit Pitchregelung

(Slow-Pitch) .................•......................................... 320 11.5.3 Drehzahlkonstanter Betrieb mit Fast-Pitch .......................... .323 11.5.4 Vergleich derKonzepte anhand von Beispielanlagen .............. .325 11.5.5 Sonstige Regelungskonzepte ......................................... .326

Anhang: Differentialgleichungen des Regelverhaltens von Windturbinen .................................................................. 327

12 Probleme der Dynamik von Windturbinen ............................................... 331 12.1 Unwuchterregte Gondel- und Turmschwingungen ............................ 334 12.2 Yom Turmschatten verursachte Gondel- und Turmschwingungen ......... .337 12.3 Blattschwingungen ....... , ......................................................... 341 12.4 Schwingungen im Antriebsstrang ................................................ 342 12.5 Zur Modellierung ................................................................... 344

13 Windkraftanlagen mit vertikaler Achse ................................................... 346 13.1 Grundlagen ......................................................................... 346

13.1.1 Geometrie ................................................................ 348 13.1.2 AnstrOmverhiiltnisse .................................................... 349 13.1.3 Bestimmung der Luftkriifte an einem Blattelernent. ................ .352

13.2 Ubertragung der Betz-Theorie auf den Darrieus-Rotor ........................ 354 13.3 Auslegung von Darrieus-Windturbinen ......................................... 356 13.4 Dynamik von Vertikalachsrotoren ................................................ 357 13.5 DerH-Darrieus ..................................................................... 358

14 Wirtschaftlichkeit von Windkraftanlagen ................................................ 360 14.1 Volkswirtschaftliche Aspekte ..................................................... 361

14.1.1 Energiewirtschaft ........................................................ 361 14.1.2 Externe Kosten .......................................................... 361 14.1. 3 Energetische Amortisation ............................................. 363 14.1.4 Beschaftigung durch den Windenergiemarkt ........................ 365

14.2 Betriebswirtschaftliche Aspekte des Herstellers ................................ 366 14.3 Planung und Betrieb von Windkraftanlagen .................................... 372

14.3.1 Projektierung. Realisierung ............................................ 372

Page 11: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

Fragebogen 87

Anstelle eines Vorwortes drueken wir hier die 25 Fragen, die der am 4. April 1991 verstorbene Schweizer SehriftsteHer und Arehitekt Max Frisch am 29. Juni 1987 anliilllieh der Verleihung der Ehrendoktorwiirde der TU Berlin steHte. Fiir die Druekerlaubnis bedanken wir uns herzlieh.

FRAGE 1: Sind Sie sieher, daB die Erhaltung des Menschengesehlechts, wenn Sie und alle Ihre Bekannten nieht mehr sind, Sie wirklieh interessiert?

FRAGE2: Und wenn ja: Warum handeln Sie nieht anders als bisher?

FRAGE3: Was hat die mensehliehe Gesellschaft mehr verindert: eine Franzosische Revolution oder eine technische Erfindung, Elektronik zum Beispiel?

FRAGE4: Wenn Sie bedenken, was wir der teehnologisehen Hochriistung heute alles verdanken, allein zum Beispiel auf dem Sektor der Kiiehengerite etc., finden Sie, man solI den Teehnologen jedenfalls dankbar sein und also aueh den Verteidigungsministem, die Ihnen ffir Ihre Forschung unsere Steuem zur Verftigung stellen?

FRAGE5: Was mOchten Sie als Laie niehstens erfunden haben? (Stiehworte geniigen.)

FRAGE6: Konnen Sie sieh eine menschliehe Existenz (das heiSt: die Erste Welt) iiberhaupt noch vorstellen ohne Computer?

FRAGE7: Und wenn ja: paekt Sie bei dieser Vorstellung das bare Grausen oder eher eine Nostalgie oder iiberhaupt niehts, was der Computer nieht packt?

FRAGE8: Welche Gerite sind in kurzer Zeit, seit Sie leben, auf den Markt gekommen, ohne daB seit Mensehengedenken je eine Bediirfnis danaeh bestanden hiue (nennen Sie die Gerite ohne Angaben der Herstellerfmna), und warum kaufen Sie die Gernte: a: zwecks Wirtschaftswachstum? b: weil Sie an Reklame glauben?

Page 12: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

XIII

FRAGE9: Die Saurier ilberlebten 250 Millionen Jahre; wie stellen Sie sich ein Wirtschaftswachs­tum iiber 250 Millionen Jahre vor? (Stichworte genilgen.)

FRAGE 10: Wenn ein Technologe sich als apolitisch betrachtet, wei! es ihm wurscht ist, weIche Macht-Inhaber seine technologischen Erfindungen sich zunutze machen. Was halten Sie von demselben?

FRAGE 11: Gesetzt den Fall, Sie bejahen unsere vorhandene Gesellschaft, weil eine bessere nirgendwo verwirklicht ist: finden Sie, daB in einem Zeitalter der Sachzwange, auf die sich die Regierenden allemal berufen, Regierungen iiberhaupt noch notig sind?

FRAGE 12: Wenn ein Zeitgenosse zwar von Laser-Strahlen schon gehort hat, aber keine Ahnung hat, was ein Laser-Strahl ist, Hand aufs Herz: Konnen Sie als Wissensehaftler die Ansiehten solcher Laien und deren politische Kundgebungen emstnehmen?

FRAGE 13: Glauben Sie an eine Gelehrten-Republik?

FRAGE 14: Wann hat Teehnologie begonnen, unsere mensehliehe Existenz nieht mehr zu erleichtern (was ursprilnglich der Zweek von Geraten ist), sondem eine auBer­mensehliehe Herrsehaft iiber uns zu errichten und die Natur, die sie unterwirft, uns zu entwenden?

FRAGE 15: Halten Sie die Teehnomanie fiir irreversibel?- gesetzt den Fall, daB die Katastrophe vermeidbar sein sollte.

FRAGE 16: Konnen Sie sieh eine Gesellschaft vorstellen, wo der Wissenschaftler haftbar ist fUr Verbrechen, die erst dank seiner Erfindung moglich geworden sind, eine Theokratie zum Beispiel?

FRAGE 17: Gesetzt den Fall, Sie bejahen nieht nur die vorhandene Gesellsehaft, sondem Sie antworten mit Tranengas, wenn jemand sie in Frage stellt: filrehten Sie nieht, daB der Mensch ohne groBe Utopie unweigerlieh verdummt, oder fiihlen Sie sich grad deswegen so postmodemwohl?

Page 13: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

XIV

FRAGE 18: Wie stehen Sie heute, angesichts der technischen Machbarkeit der Apokalypse, zu der biblischen Metapher mit dem verbotenen Apfel yom Baurn der Erkenntnis: a) glauben Sie an die Freiheit der Forschung? b) halten Sie es mit dem Papst, der dem Galilei verbietet, daB die Erde sich um die

Sonne drehe?

FRAGE 19: Wenn es Ihnen urn die Erfmdung eines Gerates geht, das offentliches Liigen unmoglich macht: wen konnen Sie sich als Geldgeber fUr Ihre kUhne Forschung denken?

FRAGE20: Was mOchten Sie nicht erfunden haben?

FRAGE21: Kommt es vor, daB eine technologische Erfindung, wenn sie einmal zur Ausftihrung gelangt ist, sich einer Anwendung verweigert, die nieht der Sinnesart ihrer Erfinder entspricht?

FRAGE22: Konnen Sie sich denken, daB der menschliche Geist, den wir schulen, im Grund auf Selbstvernichtung der Spezies angelegt ist?

FRAGE23: Was,auBerWunschdenken,sprichtdagegen?

FRAGE24: Wissen Sie, was Sie zum Forschen treibt?

FRAGE25: Glauben Sie als Wissenschaftler an eine miindige Technologie, das heiSt: an technische Forschung im Rahmen einer UNIVERSITAS HUMANIT A TIS, zu deutsch: glauben Sie an eine Technische Universitiit in Berlin?

Page 14: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

1 Regenerative Energien, Windenergie

1.1 Nutzung der Windenergie

1992 lief en in Kalifornien mehr als 16380 Windkraftanlagen meist des diinischen Konzepts. Die installierte Leistung der kalifomischen Windfarmen beUiuft sich mittlerweile auf 1750 MW /1/. Regenerative EnergiequeUen decken dort schon 57 % des Strombedarfs 12/. Freilich, 40 % gehen aufs Konto der schon lange genutzten Wasserkraft, deren Beitrag von Jahr zu Jahr schwankt, aber 12 % kommen aus Sonne, Wind, Biomasse und Geothermie. 275 MW sind in Solarfannen installiert, die zur Zeit hohe Zuwachsraten haben /3/. Sie arbeiten solar-thermisch-elektrisch.

In Diinemark liefen 1994 mehr als 3800 modeme Windkraftanlagen mit Rotordurchmessem von 15 bis 45 Metem. Hierdurch werden mit 520 MW installierter Leistung etwa 3,5 % des diinischen Strombedarfs allein durch Windenergie gedeckt /4/.

In der Bundesrepublik wurden in den letzten Jahren zunehmend Windkraftanlagen aufgebaut. Ende 1994 drehten 2600 Anlagen mit einer installierten Leistung von 640 MW. Schleswig-Holstein - hier stehen die meisten Anlagen - konnte bereits 4 % seines Strombedarfs aus Wind decken.

So bescheiden dieser Beitrag in Diinemark und Deutschland auch (noch) ist, man darf nicht vergessen, daB jede so erzeugte Kilowattstunde einen AusstoB von

750 - 1250 g Kohlendioxid 40 - 70 g Flugasche

5 - 8 g Schwefeldioxid 3 - 6 g Stickoxid

vermeidet.

Tabelle 1.1 gibt einen iiberblick tiber die weltweit installierte Leistung an Windkraftanlagen. Bemerkenswert ist, daB Indien den vierten Platz in dieser 'Weltrangliste' einnimmt.

In den EntwicklungsUindern hat die UNO zwar einen groBen Bedarf an Windkraftanlagen zum Wasserpumpen in der Landwirtschaft und fUr die dezentrale Stromversorgung ermittelt /6/, auf diesem Gebiet hat sich aber in den letzten zehn Jahren weniger getan als erhofft. Nur in China hat ein Batterieladersystem bei den Nomaden mit mehr als 150000 Exemplaren weite Verbreitung gefunden.

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Land /Region Installierte Leistung in MW (Ende 1994)

USA 1717

BRO 632

Oanemark 539

Indien 201

Gro Bbritannien 170

Niederlande 162

Spanien 72

Schweden 40

Mittlerer Osten & Afrika 37

Griechenland 36

China 29

Italien 22

Obriges Asien & Australien, etc. 13

Restliches Europa 9

Restliches Arnerika 9

Portugal 8

Irland 8

Belgien 7

Finnland 4

Norwegen 4

Frankreich 4

Tschechien 4

Gesamt Europa 1724

Weltwelt 3731

Tabelle 1.1,' Weltweite Windenergienutzung mit netzgekoppelten Anlagen /5/

1.2 Energieerzeugung uDd KIimakatastrophe

So erfreulich diese Beispiele der Nutzung der Windenergie sind, so diister ist die Gesamtsituation. Noch immer stammen 90 % des Primarenergieverbrauchs der Menschheit aus fossilen Quellen: Kohle, Erdol, Erdgas n /. Die Energievorrate aus 500 000 Jahren erdgeschichtlicher Entwicklung werden in einem relativ kurzen Zeitraum verbrannt. DaB diese Vorrate nicht belie big weit reich en, gelangte zum ersten Mal wahrend der Olpreiskrise 1973 in unser BewuBtsein.

Aber schlimmer noch: Jede konventionell erzeugte Kilowattstunde liefert zwangslaufig die oben genannten Mengen an Schadstoffen und Kohlendioxid. Der C02 - AusstoB ist

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jedoch massiv (zu etwa 50 %) an den Klimavetiinderungen schuld, die sich jetzt auf der Erde abspielen. Das kam Anfang der 80er Jahre ins Bewu6tsein, als die Geophysiker und Klimatologen sicher waren, daB ein globaler Temperaturanstieg auf der Erde statt­findet und da6 er von der Menschheit selbst produziert wird. Es scheint, als ob wir uns mit dem Verbrauch der fossil-gelagerten Voniite in die hei6ere Zeit der Erdgeschichte zurtickkatapultierten, in der der ursprunglich hOhere C02 - Gehalt der Erdatmosphare durch Pflanzen erst gebunden wurde.

Bild 1.1 "So [eben wir, so [eben wir aIle Tage"

Die Situation wird durch die ungleichen Lebensbedingungen auf der Erde noch brisanter: - Ein Viertel der Erdbevolkerung lebt in den Industrielandem der nordlichen Halbkugel

und verbraucht derzeit Dreiviertel der Primarenergie /8/. Mehr als 80 % alIer klimare­levanten Spurengase wurden zwischen 1950 und 1986 in den Industrielandem frei­gesetzt!

- Die restlichen 75 % der Erdbevolkerung in den Entwicklungslandem verbrauchen nur 25 % der Primarenergie.

Es gibt wohl kein Argument, mit dem den Entwicklungslandem ein ahnlich hoher Energiekonsum wie in den Industrielandem verweigert werden kann. Entsprechend finster sehen daher auch die Prognosen fUr die Menschheit aus. In ihrem dritten Bericht /9/ stellt die Enquete-Kommission des Bundestages einvemehmlich fest:

(1) Bei ungebremster Entwicklung der klimawirksamen Spurengase (vor aHem C02, FCKW, N20, Methan, troposphiirisches Ozon) wird sich die globale Mittel­temperatur urn 3 - 9° (wahrscheinlich sind 5°) gegentiber dem vorindustriellen Wert erhohen.

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(2) Innerhalb von nur 100 Jahren wiirde damit der durch Mensehen verursaehte Temperaturanstieg genau so groB sein wie seit der letzten Eiszeit vor 18 000 Jahren. Eine derartige TemperaturerMhung und vor allem ihr rasantes Tempo hatten katastrophale Folgen, so z. B.:

- der erwartete Meeresspiegelanstieg von 30 bis 100 em wird viele kustennahe und dieht besiedelte Gebiete und Inseln unbewohnbar machen.

- Die Klimazonen (z. B. Wustenregion) werden sieh verschieben. - Eine groBriiumige Waldvemiehtung der ohnehin vorgeschiidigten Wiildem in

unseren Breiten wird eintreten. - Die Wasserressourcen vieler Gebiete werden drastisch reduziert werden. - Die Welterniihrungssituation wird vor allem durch die Klimaanomalien (Diirren,

Uberschwernmungen) dramatisch verschlechtert. Hunger, Elend und Millionen von Urnweltfliiehtlingen werden die Folge sein.

(3) Der Energiebereieh (einschlieBlieh Verkehr) triigt infolge der Nutzung von fossilen Energietragern (Kohle, ErdOl, Erdgas) weltweit mit einern Anteil von 50 % zurn Treibhauseffekt bei.

1.3 Kernenergie: Ein Ausweg?

Das Argument, Kernenergie erzeugt kein C02, ist zwar riehtig, stieht aber nieht. Nirgendwo ist das Problem der radioaktiven Abfallprodukte gelost. Seit 20 Jahren lau­fen die groBen Kernkraftwerke und noch liinger wird dariiber naehgedaeht: "Wohin mit dern Mull?". Zudern hat das Ungluek von IIarrisburg (1978, USA) erste Zweifel an der Langzeit - Sieherheit der Kernkraftwerke aufkommen lassen, die im Desaster von Tschernobyl ihre bittere Bestatigung fanden.

Ein der Verteufelung der Kernenergie sieher Unverdiichtiger, Altbundeskanzler Helmut Schmidt, schrieb am 6.7.1990 in der "Zeit":

"Der wachsende Energieverbraueh verschiirft das globale Umweltrisiko des Treibhauseffektes. Denn aIle diese herkommliehen Energietrager sind KohIen­wasserstoffe und setzen bei ihrer Verbrennung Kohlendioxid und andere Spuren­gase frei. GroBe Klimaversehiebungen, ein Anstieg der Ozeanoberfliiche und in der Folge groBere Volkerwanderungen und damit verbundene Konflikte werden die Folge sein. Die Risiken eines Ausweichens auf Kernkraft sind gleicherweise groB. "

Was konnen wir tun? Einerseits mussen wir sparen (Nega-Watt statt Mega-Watt), andererseits mussen wir die Energieerzeugung umstellen auf regenerative Energiequellen.

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1.4 Sparen ohne Engerschnallen des Giirtels?

Wieviel Sparen einbringen kann, ohne daB die Lebensqualitat leidet und der Komfort sinkt, zeigt der Vergleich von vier hochentwickelten Undern in Tabelle 1.2.

Kanada - 12 kW Schweden - 8kW Deutschland - 5.7 kW Danemark - 4kW (alte Under) China - 0.8 kW Weltdurchschnitt '" 2.1kW

1 kW = 8760 kWh/a

Tabelle 12: Pro-Kopf-Verbrauch von Primiirenergie in 4 Liindern etwa gleichen Bruttosozialproduktes und Lebensstandards sowie in China, ausgedrilckt in Leistung, die Stunde urn Stunde fUr jeden einzelnen Menschen arbeitet, aus /10/

Experten schlitzen, daB sich der derzeitige Primlirenergiebedarf der Bundesrepublik ohne wirtschaftliche Risiken urn 50 % senken lliBt durch entsprechende MaBnahmen im Verkehr, im Heizbereich und bei <ter Energieerzeugung durch Wlinnekraftkopplungen. Der sogenannte nationale Energiewirkungsgrad betrligt in der Bundesrepublik (alt) etwa 30 %: Von 3 Teilen eingebrachter Energie wird nur ein Teil als Warme, Strom o.li. genutzt /10/.

1.5 Riickkehr zu den regenerativen Energien

Aber Sparen allein geniigt nicht. Zwar konnten die Industriellinder kurz- und mittelfristig durch Verbesserung der Nutzungsgrade den COrAusstoB drastisch reduzieren (Ob sie es tun wollen 7).

Die bevolkerungsreichen Under wie Indien und China werden jedoch mittelfristig ihren Pro-Kopf-Verbrauch an Primlirenergie auf den Standard der Industriellinder anheben, vgl. Tabelle 1.2. Dazu werden sie genau die Energieerzeugungsmetboden benutzen, die wir selbst verwenden. Das zeigt alle bisherige Erfahrung.

China alleine wird mehr C~ erzeugen als derzeit alle Industrielander zusammen, wenn es seine unermeBlichen Kohlevorrlite verbrennt, um seinen Pro-Kopf-Bedarf an Primllrenergie auf dem in den Industrielandern iiblichen Niveau zu befriedigen.

Nur wenn die Industriellinder selbst schnell auf die Nutzung der regenerativen Energiequellen Sonne, Wind, Wasser, Geothermie, Biogas usw. umstellen, wird das skizzierte Horrorbild nicht Wirklichkeit werden.

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Die Potentiale dieser regenerativen Energiequellen sind riesig, die Techniken zu ihrer Nutzung stecken nicht mehr in den Kinderschuhen. Wie schnell die Umstellung der Energieversorgung auf regenerative Energiequellen erfolgt ist wesentlich eine Frage der Politik der einzelnen Under.

1.6 Die Rolle der Politik

Der Sprecher der danischen Vereinigung von Herstellern von Windkraftanlagen, B. Madsen, sagte 1984 in Hamburg auf die Frage, warum es in der BRD so langsam mit der Windenergie voranginge, daB drei Dinge notwendig seien, wenn Windenergie wirtschaftlich zum Einsatz kommen solI:

Wind Geld Politi scher Wille

Wind an den Kiisten und Geld im Kasten gibt es in fast allen Industrielandern. Aber nur in Danemark und Kalifornien war auch der politische Wille da, der die entsprechenden Rahmenbedingungen setzte:

Wenige Jahre Forderung der Hersteller von Windkraftanlagen (maximal 5 Jahre); dann Umstellung der Forderung auf eine Kaufer- und BetreiberfOrderung (ca. 10 Jahre) und schlieBlich parallel dazu Garantie der Abnahme des erzeugten Stroms ins offentliche Netz zu einem angemessenen Preis.

Die Kaufer- und Betreiberforderung lief in Kalifornien iiber sogenannte "tax-credits" (steuerliche Begiinstigung bei der Einkommenssteuer) und in Danemark iiber direkte Zuschtisse fUr jeden (!) Kaufer von Windkraftanlagen. Beide Lander reduzierten ihre Betreiberforderung, die etwa iiber ein Jahrzehnt lief, ganz langsam gegen null. Durch diese Ma6nahme wurde ein Markt geschaffen und eine kleine Industriebranche, die ibn bedient. Die Stromerzeugungspreise von Windkraftanlagen betrugen 1990 zwischen 15 und 25 Pfennigen/kWh, die Verfiigbarkeiten der Maschinen tiber 95 % und der Preis je installierter Leistung bei 2.000 his 3.000 DM/kW. Inzwischen sind die Verfiigbarkeiten der Anlagen weiter gestiegen und die Freise liegen bei groBeren Anlagen je installierter Leistung unter 2000 DM/kW.

Die bis Ende 1990 in der Bundesrepublik gezahlten Einspeisetarife von 0,06 - 0,09 DM/kWh lagen viel zu niedrig /10,11/. Angemessene Freise (0,167 DM/kWh) werden erst seit der gesetzlichen Neuregelung von Januar 1991 gezahlt. Diese Neuregelung loste sofort einen starken Aufschwung in der Verbreitung von Windkraftanlagen in Norddeutschland aus.

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Eine Anhebung der Energiepreise durch eine in den nachsten Jahren ansteigende C~­Steuer ist eine der Hingst fiilligen politischen Ma6nahmen zur Umstellung auf regenerative Energien und Belebung der Wirtschaft.

1. 7 Riickblick auf mehr als ein Jahrzehnt der Entwicklung von Windkraftanlagen

Das Spannungsfeld, in dem sich die Entwicldung von Windturbinen in den letzten 15 Jahren vollzog kann vielleicht durch folgende Begriffspaare abgesteckt werden:

GroBanlagen (D > 50 m) Ein- und Zweifltigler pitchgeregelte Rotoren zentrale Aufstellung Inselbetrieb GFK-Fltigel High-Tech-Maschinen Synchrongeneratoren direkte Einspeisung getriebelose Baufonn

- mittlere und ldeine Anlagen (D < 50 m) - Dreifltigler - stall - gesteuerte Rotoren - dezentrale Aufstellung - netzgekoppelter Betrieb - Metall- und Holzfltigel - EntwicldungsHindermaschinen - Asynchrongeneratoren - Einspeisung tiber Wechselrichter - konventionelle Bauform mit Getriebe

Zunachst haben sich die stall-gesteuerten, netzgekoppelten Anlagen von 10 bis 17 m Rotordurchmesser durchgesetzt, die mit 3 GFK-Fltigeln ausgertistet sind, das "dlinische Konzept" also, das ohne Blattwinkelverstellung auskommt, weil der Asyn­chrongenerator auch bei Starkwind den Rotor an die Netzdrehzahl klammert und nicht durchgehen Hillt, s. Abschnitt 3.1.2. Diese Anlagen stehen dezentral auf den danischen Bauernhofen als Einzelanlagen und zu Tausenden "geclustert" auf den kalifornischen Windfarmen.

Inzwischen gehort die Folgegeneration dieses Typs mit Durchmessern von 20 bis 30 m, und Leistungen bis 300 kW auch schon nur noch zur "Mittelklasse". Stall-gesteuerte Anlagen werden heute (1995) mit Rotordurchmessern von 45 Metern und Leistungen von 600 kW angeboten Die 1 MW - Anlagen sind in der Entwicldung und Erprobung. Meist haben Anlagen dieser GrOBe, auch wenn sie stall-gesteuert betrieben werden, eine Blattwinkelverstellung, die bei Stunn das Stillsetzen ermoglicht. Neben dem dlinischen "Normal" gibt es eine bunte Vielfalt von Konzepten und Konstruktionen im Durchmesserbereich von 20 bis 45 m. Vor allem die getriebelosen, drehzahlvariabel fahrenden Anlagen mit Wechselrichter sind zur ernsthaften Konkurrenz der Anlagen nach dlinischem Konzept herangewachsen.

Die Gro6anlagen - Entwicklung in den Vereinigten Staaten (MOD Reihe) und der Bundesrepublik (Growian, D = 100 m, 3 MW) in den 80er Jahren hat zwar viele wissenschaftliche Erkenntnisse geliefert, aber keine baureifen Anlagen. Offensichtlich

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wurden die Probleme der Festigkeit und Dynamik unterschatzt. Hier gibt es Grenzen des technisch Machbaren, das last schon die Ahnlichkeitstheorie (Kap.8) erkennen. Vor allem aber wurden die Zeitraume zu knapp bemessen, die solche Entwicklungen benotigen. Eine glticklichere Hand hatten die Schweden, die sich auch viel Zeit lieBen mit ihren beiden Gro8anlagen:

WTS-3: Maglarp (Trelleborg), D=78m, 3 MW, 2-fltiglige Pendelnabe WTS-75: Nasudden (Gotland), D=75m, 2 MW, starrer 2-Fltigler

Beide Anlagen haben mit vielen, vielen tausend Betriebsstunden unter Last ihre Funk­tionsttichtigkeit bewiesen. Auf die Nachfolgemaschine, Aeolus II, (D = 80 m, 3 MW, starrer 2-Fltigler), die gleich in mehreren Exemplaren aufgelegt wird, darf man gespannt sein. Die hohen Auslegungsschnellaufzahlen von AA = 10 und mehr, die Anfang der 80er Jahre auftauchten, wurden tiberall aufgegeben, insbesondere aus Gerauschgriinden. Kleinere, mittlere und groBe Anlagen laufen heute mit Auslegungs­schnellaufzahlen von 6 bis 8.

Literatur

/1/ Ros Davidson, Windpower Monthly, Vol. 8, Nr. 1O,0ktober 1992, p. 11

/2/ ¥. Karns, Regenerative Energiequellen zur Stromerzeugung in Kalifomien, Oko-Instituts Freiburg, Werkstattreihe Nr. 41,1988

/3/ M. Karns, Oko-Mitteilungen 4/1990. pp. 11-13

/4/ Per Kroogsgard, Windenergie aktuell, Nr. 10, Oktober 1992, pp. 18 - 19

/5/ EWEA Board Meeting, Submission of the European Wind Energy Association and its corporate groups on the European Commission's, Energy Green Paper, May 1995

/6/ UN - Economic and Social Commission for Asia and the Pacific, Renewable sources of Energy, Vol 3 - Wind, Bangkok 1981

n/ K. Piltz, VDI-Nachrichten 50, Dezember 1990, p. 4

/8/ Oko-Mitteilungen 1/1991 (Jahrgang 14) p. 32

/9/ P. Hennicke, Oko-Mitteilungen 1/1991, s. o.

/10/ J. Nitsch, J. Luther, Energieversorgung der Zukunft , Springer Verlag

/11/ C. J. Winter, VDI-Nachrichten Nr. 14, April 1990, p. 32

/12/ Prof. Schafer, zit. in: BMFT Journal, 1 Feb. 1987

/13/ J. P. Molly, Windenergie, Vedag C. F. Mtiller, Karlsruhe, 1990 (2. Aufl.)

Die QueUe von Bild 1.1 konnte leider nicht mehr ausfmdig gemacht werden.

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2 Aus der Geschichte der Windrader

2.1 Windrader mit vertikaler Achse

Die ersten Maschinen zur Nutzung der Windenergie wurden nach Meinung der Historiker im Orient eingesetzt. Hammurabi solI schon 1700 v. Chr. mit Windrlidern die Ebenen Mesopotamiens bewlissert haben /1/. Eine recht friihe Nutzung der Windkraft in Afghanistan ist urkundlich belegt: Schriften des 7. Jh. n. Chr. bekunden, daB dort der Bernf des Miihlenbauers hohes Ansehen genoss /1/. Noch heute kann man im Iran und in Afghanistan Ruinen dieser seit lahrhunderten betriebenen Windmiihlen sehen (Bild 2.1) .

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BUd 2.1: Windmiihle mit vertikaler Achse aus Afghanistan; Zustand 1977 (aus 121)

Diese liltesten Windrlider der Welt hatten eine vertikale Drehachse. Daran waren ge­flochtene Matten befestigt, die dem Wind einen Luftwiderstand entgegensetzten und dahervom Wind "mitgenommen" wurden. Bei denpersischen Windriidern wurde durch Abschattung der einen Rotorhlilfte mit einer Mauer eine Asymmetrie erzeugt, die die Widerstandslcraft zum Antrieb des Rotors nutzbar macht (Bild 2.2a).

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Bei den ebenfalls sehr alten chinesischen Windradern wird eine solche Asymmetrie durch Wegldappen der Segelmatten aufihrem "Riickweg" (dem Wind entgegen) erzeugt (Bild 2.2b). Diese chinesischen Widerstandsliiujer sind etwa seit 1000 n. Chr. bekannt und hatten wie die persischen eine vertikale Drehachse mit geflochtenen Matten als "Segel". 1m Gegensatz zu der persischen Variante hatten sie jedoch den fiir Windrader mit vertikaler Achse eigentlich typischen Vorteil, daB sie den Wind unabhangig von seiner Richtung nutzen

~~~~~ konnten.

Bild 2.2a: Persische WindmUhle (Iaus 131)

BUd 2.2b: Chinesisches Windrad mit umklappen­den FLUge/n (aus 141)

Die konstruktive Einfachheit dieser Bauform laBt Bild 2.3a erkennen, das eine spi:itere Variante des Vertikalachsers mit umklappenden Fltigeln darstellt: Der Mahlstein kann ohne Umlenkung der Drehbewegung und ohne zwischengeschaltetes Getriebe direkt an die senkrechte Antriebswelle befestigt werden. Die moderneren Windmiihlen mit horizontaler Achse, wie z.B. die schneller laufenden HolHinderwindmiihlen, erfordern nicht nur fiir die Umlenkung und Untersetzung der Drehbewegung von der horizontalen auf die vertikale Achse, sondem auch fiir die aufwendigere Lagerung der schnellen und schweren horizontalen Welle eine erheblich weiterentwickelte Konstruktion.

Auch das Windrad von Veranzio (Bild 2.3b) geh6rt -wie das Schalenkreuzanemometer (Bild 2.19a), mit dem es verwandt ist- in die Kategorie der langsamlaufenden Wider­standslaufer, deren Funktionsweise in Abschnitt 2.3.2 noch genauer analysiert werden wird.

Von der Einfachheit der vertikalen Achsanordnung profitieren aber auch der Savonius­Rotor (1924, Bild 2.4a) und der Darrieus-Rotor (1929, Bild 2.4b), die aber als spate "abendlandische" Varianten des Vertikalachsprinzips den Auftrieb teilweise bzw. ausschlieBlich als Antriebskraft nutzen. Wir kommen in Abschnitt 2.3.3 darauf zurUck.

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------ 7·"1 I

I

a) b)

Bild 2.3: Spiitere Bauformen von "Vertikalachsern": a) mit urnklappenden F/Ugeln, Frankreich 1719 (aus 121); b) mit Widerstandskorpern, 1talien urn 1600 (aus 141)

Bi/d 2.4a: Savoniusrotor (aus 151)

Getriebe

Aotierender Masl

_ Generator mit

~~~tll~~w AnlaBmotor

Fundament

Bi/d 2.4b: Darrieusrotor (aus 161)

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2.2 Windrader mit horizontaler Achse

2.2.1 Von der Bockwindmiihle zur Westernmill

1m Abendland wurde -sehr viel spliter- ein ganz anderer Windmfihlentyp entwickelt, als der morgenllindische "Vertikalachser". Auffalliges Unterscheidungsmerkmal ist der Rotor mit horizon taler Achse, dessen Fliigel sich wie bei einem Flugzeugpropeller in einer Ebene senkrecht zum Wind drehen. Hier muB also ein anderes Antriebsprinzip wirken, als der Luftwiderstand der Fliigelfllichen bei den Widerstandslaufem.

Erst Anfahg dieses lahrhunderts wurde der Auftrieb von umstromten Fliigelprofilen, die treibende Kraft von Windradem mit horizon taler Achse, theoretisch beschrieben. Miihlenbauer frtiherer lahrhunderte behalfen sich wahrscheinlich mit der Vorstellung, daB sich das Flfigelrad wie eine Schraube ("Luftschraube") durch die vorbeistromende Luft windet.

Die alteste Bauform der auftriebs­nutzenden "Horizontalachser" ist die Bockwindmuhle. 1m 12.1h. taucht sie als Abbildung in einem englischen Gebet­buch auf (Bild 2.5a) und sie wird zu dieser Zeit auch in den Statu ten der franzosischen Stadt ArIes (Provence) erwahnt. Von England und Frankreich breitet sie sich neben dem Wasserrad als wichtigste Antriebsmaschine fiber Holland, Deutschland (13. Ih.) und Polen nach RuBland (14. Ih) aus. Es ist unter den Historikem umstriuen, wer sie erfand und wo sie herstammt. Es scheint jedoch Einigkeit dariiber zu bestehen, daB "die Kreuzfahrer die Windmiihle nicht, wie frfiher angenommen, in Syrien kennengelernt, sondern ihrerseits dort hingebracht haben."/13/. Die Bockwind­miihle besteht aus einem kastenformigen Mfihlenhaus, das drehbar urn einen Zapfen auf einem Bock gelagert ist (Bild 2.5b). Es kann dadurch zusammen mit dem Fliigelrad fiber einen Steert in den Wind gedreht werden.

Bi/d 2.5a: Abbi/dung einer Bockwind­miihle in einem englischen Gebetbuch des 12 Ih. (aus /2/)

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1 Kammrad mit Bremse; 2 Welle fiir Sackaufzug; 3 Hand­aufzug; 4 Fliigelwelle; 5 Stockgetriebe; 6 Spindel; 7 Einfiill­trichter; 8 Mahlsteine; 9 Mehlbalken; 10 Bremshebel; 11 BremsseiJ; 12 Aufzugbetiitigung; 13 Mehlboden; 14 Sat­tel; 15 Steen; 16 Hausbaum; 17 Sackaufzug; 18 Standfinken; 19 Kreuzschwelle; 20 Fundament

BUd 25b: Konstruktiver Aujbau einer Bockwind­muhle (aus /3/)

13

Die Hauptwelle mit dem Atigelrad liegt fast horizontal. Ein Kammrad treibt tiber das Stockgetriebe die senkrechte Welle zum Mtihlstein an. Erst im 19. Jh. wurde sie auch mit zwei Kammradern fUr zwei Mahlgange ausgerustet.

Die Bockwindmtihle lieB sich ausschlieBlich als Mtihle, also zum Mahlen einsetzen. In Holland, wo schon im 15. Jh. groBes wirtschaftliches Interesse an der Land­gewinnung durch die Entwas­serung von Poldern bestand, wurden erste Anstrengungen unternommen , die Wind­energie auch zum Antrieb von Pumpen zu nutzen . Dazu muBte die Bockwindmtihle so modifiziert werden, daB die aus dem Wind gewonnene Antriebsenergie an die unter der "Mtihle" gelegene Pumpe weitergegeben werden konnte . Ergebnis war die Wippmuhle, die etwa 300 Jahre nach den ersten urkundlich belegten Bockwindmtihlen -spezieU fUr Entwasserungsaufgaben- zum Einsatz kam.

Bei der Wippmtihle ist nur das Getriebe im drehbaren Mtihlenhaus untergebracht, wahrend die eigentliche "Maschine" (z.B. ein SchOpfrad) unter den pyramidenartig ver­kleideten Bock gewandert ist. Dazu muBte die Antriebswelle durch den Bock hindurchgefUhrt werden (Bild 2.6) -eine wahre Kunst der Zimmermannszunft! Spater wurden auch Kornmtihlen nach diesem Prinzip gebaut, weil das Mahlwerk zu ebener Erde den Vorteil hat, daB keine schweren Lasten (wie Miihlsteine und Getreidesacke) nach oben ins Miihlenhaus befordert werden mtissen.

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Kc/tenstein (Katten$/een)

Kammrcd Wippbaom

Bunkel

Kniepbcom Oberhcus (8cOenhus!

Glei tr ing

Flugel (Rule )

Steert KOChlr, Koker (frump/

TrieOwelie Schrick (Spill)

Spillrad

BUd 2.6: Konstruktiver Aujbau einer Wippmiihle (aus 171)

In Siideuropa hat sieh die Bockwindmiihle nieht durchsetzen konnen. Dort war ein anderer Miihlentypus sehr verbreitet: die TurmwindmUhle. Die ersten Windrader dieser

Bild 2.7: Mittelmeerliindische Segelwindmiihle als friihe Form der Turmwindmiihle (aus /81)

Art, die sehr friih auch schon zur Bewasserung genutzt wurden, sind im 13. lahrhundert nachgewiesen /1/. Charakteristisch fUr den alteren Mittelmeertypus sind das zylindrisch gemauerte MUhlenhaus, die anfangliCh meist starre, mit Stroh gedeckte Dachhaube und der acht- oder mehrfliigelige Segelrotor (Bild 2.7). Spatere Varianten, vor aHem in Siidfrankreich, hatten eine drehbare Dachhaube aus Holz und den von der Bockwindmiihle bekannten Vjerblatt­holzrotor.

Die drehbare Dachhaube ist das Hauptcharakteristikum der Holliinderwindmiihle, die ab dem 16. Jh. zum Einsatz kam, Sie ist eine Weiterentwicklung der TurmwindmUhle, da sich die leichtere Holzkonstruktion des achteckigen Turms auf den feuchten,

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marschigen Booen Hollands leichter aufbauen lieS, als die klobige Steinkonstruktion der Turmwindmfihle (Bild 2.8). In Holland wurden diese Mfihlen -oft in sogenannten Mfihlengiingen "hintereinandergeschaltet"- hauptsiichlich zur Polderentwiisserung eingesetzt, wiihrend sie im fibrigen Europa vorwiegend zum Kommahlen genutzt wurden.

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I Windrose; 2 Kammrad mit Bremse; 3 Getriebe fUr Haubenverdrehung; 4 Drehrollen; 5 Bunkler oder Kronrad; 6 Ktinigswelle; 7 Sackaufzug; 8 Stirnrad; 9 Spindel mit Spindelrad; 10 Steinkran; II Mahleinrichtung mit Trichter; 12 Bremskelte; 13 Steinverstelleinrichtung; 14 Mehltrichter

BUd 2.8: Konstruktiver Aujbau einer Holliinderwindmiihle (aus /3/)

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DID

BUd 2.9: Bauplan einer Galeriewindmuhle (aus /9/)

In den Niederlanden erlebte die Windenergienutzung im 17. und 18. lh. mit der Hollan­dermiihle, die zu zehn­tausenden gebaut wurde, eine Bliitezeit. Die hohen "Stiick­zahlen" fUhrten zu einer fUr die Zeit ungewohnliche Standardi­sierung der Bauart: Selbst in Varianten, wie der Galerie­windmuhle mit dem oft mehr­stockig gemauerten Sockel (Bild 2.9), laBt sich der Grundtyp der Hollander­windmiihle miihelos wieder­erkennen.

Eine etwas exotische Ent­wicklung ist die Paltrockmuhle aus dem 17. lh., die zeigt, wie universell die Windkraft als Antriebskraft genutzt werden kann. Bei diesem Miihlentyp ist das ganze Miihlenhaus (wie die Dachhaube der Hollander­miihle) auf einem Drehkranz gelagert, wodurch beispiels­weise ein ganzes Sagewerk mit dem Windrad angetrieben werden kann (Bild 2.11).

Der letzte Typ in der Reihe der historischen Windrlider ist das amerikanisch'e Windrad, das urn die Mitte des 19. lahrhunderts entwickelt wurde. Die "Westemmill" wurde hauptsachlich fiir die Trink- und Trankwasserversorgung in Nordamerika eingesetzt. Charakteristisch fUr diesen Windmiihlentyp ist die iiber einem Gitterturm thronende Fliigelrosette aus etwa zwanzig Ble~hschaufeln mit einem Durchmesser von 3 bis 5 m. Sie treibt iiber ein Hubgestange eine Kolbenpumpe an (Bild 2.10).

Zum Wasserpumpen aus groBen Tiefen ist die Westemmill noch heute ein "modemes" System, das technisch weitgehend unverandert zu zehntausenden in Australien, Argentinien und den USA eingesetzt wird.

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BUd 2.10: Westernmills a/s Windpumpsysteme (aus 1101)

2.2.2 Technische Neuerungen

1m Gegensatz zu den modernen Windkraftanlagen muBten die alten Windmuhlen standig von einem Muller betreut werden, der nicht nur fUr das Mahlen, sondern auch flir den sicheren Betrieb der Muhle verantwortlich war. Zur Bedienung der Muhle gehorten hauptsachlich zwei Aufgaben: das Nachflihren des Fliigelrades in den Wind und die Leistungsregelung durch richtiges Bespannen der Flugel und rechtzeitiges Abbremsen bei aufkommendem Sturm. Erst die Westernmill bedurfte keines "Maschinisten" mehr.

Zum Ausrichten in den Wind wurde die Windmuhle zunachst vom Muller oder seinem Esel am sogenannten Steert in den Wind gezogen. Spater wurden Winden an den Steert montiert, mit den en man den Steert an Pfl6cke heranziehen konnte, die kreisfOrmig um die Muhle in den Boden gelassen waren (Bild 2.6). Noch spater wurde die Winde durch eine kleine Fliigelrosette angetrieben, die quer zum groBen Fliigelrad stand und daher immer dann Wind bekam, wenn dieser die Muhle schrag anblies. Diese Automati­sierung lieB sich bei den Hollandermuhlen naturlich erheblich leichter realisieren, wei! die Rosette direkt an die Dachhaube montiert werden konnte (seit ca. 1750, Bild 2.12).

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.... , .. ' .. . ------~

Bockwindmlih1e (12. JH) Tunnwindmilhle (14. JH) Wippmilhle (15. JH)

Hollandennilhle (16. JH) Paltrockmilhle (17. JH) Galerie-Hollander (18. JH)

feststehend '--__ I drehbar

BUd 2.11: Ubersicht Uber Bauformen der historischen WindmUhlen mit horizontaler Achse (nach 1111)

Sehr viel kritischer war filr den Milller die Anpassung der Leistungsaufnahme seiner Windmilhle an die gerade herrschenden Windverhaltnisse. Dazu konnte der Lattenrost der Windmilhlenflilgel verschieden stark mit Segeltilchern abgedeckt werden. Brenzlig wurde es aber vor allem dann, wenn der Milller den Wind unterschatzt hatte und plotzlich eine starke Brise oder gar Sturm aufzog und die Milhle durchzugehen drohte. Dann muBte er die Milhle moglichst schnell anhalten, urn die Segel zu reffen.

Dazu diente eine Backenbremse auf dem Kammrad, die mit hOlzernen Bremsbacken auf dem ebenfalls holzernen Rad bremste. Durch die entstehende Reibungswarme sind damals viele Milhlen abgebrannt, wenn der Milller zu spat die Bremse zog. Eine entscheidende Erleichterung filr den Milller waren die Jalousienflilgel (ab 17. Jh.) die durch einfache Verstellung eines Hebels geregelt werden konnten (Bild 2.12). Mit ihnen lief3 sich die Milhle auch bei Sturm noch abbremsen, wei I die Jalousien im Betrieb aus dem Milhlenhaus heraus vollstandig geoffnet werden konnten, so daB der Wind durch die Fliigel hindurchblies.

Page 32: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

Bild 2.12: Triebwerk einer groj3en Getreidemuhle mit RosettenwindnachjUhrung und lalousienflugeln (aus 1101)

19

Eine ftir den Wirkungsgrad des Windrades wesentliche Entdeckung war die Verwindung der Fltigel. Diese Neuerung hat John Smeaton erforscht, der 1759 der Royal Society in England die Ergebnisse seiner Windradexperimente vorstellte /1/. Mit einem klug ausgedachten Versuchsstand (Bild 2.13), der die heute tiblichen Windkaniile ersetzte, tiberpriifte er die zu seiner Zeit geltenden Regeln des Windmtihlenbaus und verbesserte sie. Von ihm stammt die Empfehlung, die Fltigel so auszurichten, daB sie an der Radnabe 18° und an der Fltigelspitze 7· aus der Radebene gedreht sind. Auch erkannte er, daB die VergroBerung der Segelflache tiber eine bestimmte GroBe hinaus keine weitere Leistungssteigerung erbringt. Von den damaligen englischen und hollandischen Windmtihlen bestimmte Smeaton die Leistung und die Schnellaufzahl -das Verhaltnis von Umfangsgeschwindigkeit der Flilgelspitze und Wind­geschwindigkeit: sie lag zwischen 2,2 und 4,3.

Ahnlich systematisch arbeitete erst 150 Jahre spater der Dane P. La Cour an der Verbesserung von Windmilhlen. Er entwickelte auf seinem Experimentierfeld Ende des 19.Jh. z.B. den La Cour-Flilgel /1/.

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20

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BUd 2.13: Versuchstand Smeatons zur Vermessung der Leistungscharakteristik von Windmiihlenrotoren (aus /121)

Mit der Entwicklung der Westernmill im 19. Jahrhundert begann eine ganz neue Phase in der Windenergienutzung: sie spiegelt die Industrialisierung in ,cler Geschichte der Windenergienutzung wieder. Die Westernmill war nicht nur das erste industriell in Serie und vollstandig aus Metall gefertigte Windrad: sie war auch die erste Windkraftanlage, die vollautomatisch und ohne jede Betreuung betrieben werden konnte : Windnachfiihrung und Sturmsicherung werden durch ein raffiniertes System von Windfahnen geregelt, siehe auch Kapitel 11, wodurch die Anlagen vollig autonom auf den riesigen Weideflachen einzusetzen waren.

2.2.3 Beginn und Ende des Zeitalters der Windkraftnutzung im Abendland.

Yom 12. bis zum beginnenden 19. Jahrhundert stellten Wasser- und Windkraft die einzigen relevanten Quellen fliT mechanische Energie dar. Braudel schreibt hierzu: "Mit dem 11., 12. und 13. Jahrhundert erlebte das Abendland seine erste mechanische Revolution. Wobei wir unter 'Revolution' die Gesamtheit der Veranderungen verstehen, die durch die Zunahme der Wasser- und Windmiihlen ausgelOst wurde. Obwohl sich die Leistung dieser 'Primarantriebe' in bescheidenen Grenzen halt (zwischen 2 und 5PS bei einem Wasserrad, 5 bis hochstens lOPS bei einer Windmiihle), stellten sie in einer Welt mit schlechter Energieversorgung doch einen

Page 34: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

21

betrii.chtlichen Kraftzuwachs dar und spielten ffir die erste Wachstumsphase Europas eine entscheidende Rolle" 113/.

1m 19.Jahrhundert begannen Dampfmaschinen und Verbrennungsmotoren Wind- und Wasserriider abzulosen. Wie langsam sich aber die zweite mechanische Revolution auf dem Gebiet der Antriebsmaschinen vollzog, zeigt die Gewerbestatistik des Deutschen Reichs aus dem Jahr 1895 nl, die

18.362 Windmotoren 54.529 Wassennotoren

58.530 Dampfmaschinen 21.350 Verbrennungskraftmaschinen u.a.

aufweist. 130 Jahre nach der Erfindung der Dampfmaschine waren noch die HiUfte der Antriebsaggregate "traditioneller" Herkunft !

2.3 Die Physik der Windenergienutzung

2.3.1 Windleistung

Die Leistung, die im Wind steckt, der mit der Geschwindigkeit v die Flache F durch­strOmt, betriigt

1 Pwind = 2' p F v3 . (2.1)

Sie ist proportional der Luftdichte p, der durchstromten Flache Fund der dritten Potenz der Geschwindigkeit v. Die dritte Potenz der Windgeschwindigkeit kann man sich dadurch plausibel machen, daB man die im Wind enthaItene Leistung Pwind als kinetische Energie

1 E = 2' m v2 (2.2)

der Luftmasse versteht, die in einer bestimmten Zeit die Flache F durchstromt. Da dieser Luftdurchsatz

• dx m=Fp(lt=Fpv (2.3)

Page 35: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

22

selbst noch der Geschwindigkeit proportional ist (Bild 2.14), ergibt sich flir die Leistung (Energie pro Zeiteinheit):

• 1. 2 1 3 PWind = E =2 m v = 2 p F v . (2.4)

Bild 2.14: Massendurchsatz einer durchstromten Fliiche F

Die Leistung des Windes wird durch Abbremsung der Luftmassen in die mechanische Energie des Windrotors umgewandelt. Sie kann dem Wind durch ein Windrad jedoch nicht vollstiindig entzogen werden, denn das hieBe, die Luftmassen in der durch­stromten (Rotor-)flache F vollstiindig abzubremsen, wodurch die Querschnittsflache fUr nachfolgende Luftmassen "verstopft" ware.

Da eine Durchstromung der Flache ohne jede Luftabbremsung dem Wind natiirlich genausowenig Leistung entzieht, muB es zwischen diesen beiden Extremen ein Optimum der Windenergieausnutzung durch Abbremsung geben.

Betz /14/ und Glauert /1S/ fanden 1926 heraus, daB bei der freifahrenden (unumman­telten) Windturbine die Energieausbeute dann am hOchsten ist, wenn die urspriingliche Windgeschwindigkeit VI auf V3 = 1/3 vI weit hinter dem Rad abgebremst wird. In der Radebene herrscht dann die Geschwindigkeit V2 = 213 VI (Bild 2.IS). In diesem Fall, dem Fall der theoretisch maximalen Leistungsentnahme, betragt der Ertrag

I PBetz = 2" p F v3 CP.Betz , (2.5)

wobei der Leistungsbeiwert CP.Betz = 16127 = 0.S9 ist. 1m giinstigsten Fall der vollig verlustfrei angenornmenen Leistungsentnahme laBt sich also nur S9 % der Windleistung nutzen.

Page 36: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

23

Radebene

~

~

~

~

~

~

V1 V2 V3

Bild 2.15: Aujweitung der Stromlinien infolge Abbremsung der Stromung durch den Rotor einer Windturbine

Praktische Leistungsbeiwerte Cp sind geringer. Bei widerstandsnutzenden Anlagen liegt er unter cp = 0.2, bei auftriebsnutzenden Anlagen mit guten Flilgelprofilen konnen sie bis zu Cp = 0.5 betragen. Eine ausflihrliche Diskussion der Betzschen Theorie [mdet sich in Kap.5.

2.3.2 WiderstandsHiufer

Der Widerstandslaufer "lebt" von der Kraft, die entsteht, wenn eine Flache f quer zum Wind steht (Bild 2.16). Die als (Luft-)Widerstandskraft bezeichnete Kraft

W = Cw t f v2 (2.6)

ist proportional zu dieser Flache f, zur Luftdichte p und zum Quadrat der Wind­geschwindigkeit. In dieser Form laBt sich die Widerstands'kraft auch flir andere umstromte Korper angeben, wobei f die Projektionsflache des Korpers auf die Ebene quer zum Wind bezeichnet. Der Widerstandsbeiwert cw als Proportionalitatskonstante gibt dann die "aerodynamische Gilte" des Korpers an, da ~r umso kleiner ist, desto geringer der Luftwiderstand des Korpers (Bild 2.16).

---------------------v

Bild 2.16: Nutzung des Luftwiderstandes als Antriebskraft

Cw

1,11 1,10

0,34 1,33

Korper

Kreisplatte Quadratplatte

Halbkugel offen -( -)

Page 37: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

24

Drehmoment, Drehzahl und Leistung der frUhen persischen (oder chinesischen) Windrader mit vertikaler Achse, welche das Widerstandsprinzip nutzten, lassen sich leicht abschatzen, wenn man vereinfachend annimmt, daB das in Bild 2.17b skizzierte Ersatzsystem das gleiche Drehmoment liefert, wie das tatsachliche Rad in Bild 2. 17a. (1m Ersatzsystem wird das Kommen und Gehen und die Wirkung des voraus- bzw. nacheilenden Fliigels einfach ignoriert).

------------v

BUd 2.17a: Prinzip des persischen Windrades BUd 2.17b: Vereinfachtes Modell

Die auf die Platte wirkende Anstromgeschwindigkeit c = v-u setzt sich hier aus der Windgeschwindigkeit v und der Umfangsgeschwindigkeit u = n RM der Widerstandsflache f an einem mittleren Radius RM zusammen. FUr die Widerstands­kraft gilt daher:

W = Cw t f c2 = Cw t f (v - u)2 (2.7)

Die gemittelte -in Wirklichkeit leicht pulsierende- Antriebsleistung betrligt dann

P = W u

P 3{ ( _ Uy )2Uy } = 2" f v Cw 1 (2.8)

= ~ f v3 cp(u/v) .

Die Antriebsleistung ist -wie die im Wind enthaltene Leistung- der Flache und der dritten Potenz der Windgeschwindigkeit v proportion all . In der geschweiften Klammer steht der Leistungsbeiwert Cp (aerodynamischer Wirkungsgrad). Er gibt an, welcher Anteil der im Wind enthaltenen Leistung in mechanische Leistung umgesetzt wird. Dieser Beiwert, der kleiner als der von Betz angegebene Maximalwert CP.Betz = 0.59 sein muB, hangt yom Verhaltnis der Umfangsgeschwindigkeit u = n RM zur

1 Ais Bezugsflache wird ublicherweise nicht -wie in dieser vereinfachten Abschlitzung- die

Widerstandsflache f. sondem die durchstromte Rotorflache F betrachtet. Das ware in diesem Fall z.B.

die Rotorhllhe multipliziert mit dem halben. nicht abgeschatteten Rotordurchmesser. Das ermittelte

ep(A.) wird dann noch kleiner und zwar urn den Faktor flF.

Page 38: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

25

Windgeschwindigkeit v ab, welches wir als Schnellaufzahl A. = u/v eingefiihrt hatten.2

Fiir vorgegebene Windgeschwindigkeiten v gibt das Diagrarnm Cp (A.) = Cp (0 RM/v) an, welcher Anteil der im Wihd enthaltenen Leistung Ph f v3 in Abhangigkeit von der Umfangsgeschwindigkeit u bzw. der "Drehzahl" 0 genutzt werden kann. In Bild 2.18 ist ein solches Diagramm fUr den Fall einer quadratischen Platte als Widerstands­flache (cw = 1.1, siehe Tabelle im Bild 2.16) dargestellt. 1m Stillstand (A. = 0) wird keine Leistung geliefert, ebensowenig im Leerlauf (A. = A.leer = 1), wo die Wider­standsflache sich mit einer Umfangsgeschwindigkeit bewegt, die gerade so groB ist, wie die Windgeschwindigkeit. Dazwischen erreicht der Leistungsbeiwert bei A.opt"" 0.33 seinen Bestwert von CP.max "" 0.16. Ganze 16% der im Wind vor­handenen Energie lassen sich also in mechanische Energie umsetzen.

0,2

Cp

0,1

I I

/ '" // """ ~ I

/ I ~ "" II "" ~ 1 I'--

0,15

0,05

° ° 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 A 1

BUd 2.18: Leistungsbeiwert als Funktion der Schnellaujzahl A= nRMlv der persis chen Windmuhle (Niiherung)

Noch schlechter sieht die Leistungsausbeute beim Schalenkreuz aus: Hier muG die Schale auf dem "Riickweg" gegen die Anstromgeschwindigkeit c = v+u bewegt werden, was zusatzliche Verluste bringt (Bild 2.19).

Der aerodynamische Wirkungsgrad dieses Windrades soIl mit den gleichen Verein­fachungen iiberschlagen werden: Mit der antreibenden Widerstandskraft

W A = Cw ~ f c2 = 1.33 ~ f (v - u)2 (2.9)

und der bremsenden Widerstandskraft

WB = 0.33 ¥- f (v + u)2 (2.10)

2 Bei Horizontalachsrotoren. die in diesem Buch hauptsllchlich behandelt werden. ist die Schnellaufzahl

als Verhliltnis von Umfangsgeschwindigkeit an der Rotorspitze zu ungest5rter Anstromwind­

geschwindigkeit definiert.

Page 39: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

26

~ v-u cw=l,33 ~ ~ ~

~

~ ~ v ~-~

~ Q ~

~ v+u ~ cw=O,33 ~

.. ~

BUd 2.19: a) Schalenkreuzanemometer b) Ersatzmodell

erhaIt man die Leistung zu

In den geschweiften Klammem steht wieder der Leistungsbeiwert Cp (A), des sen Maximum von CP.max'" 0.08 (Aopt = 0.16) noch geringer ist, als beim persischen Windrad (Bild 2.20). Deshalb setzt man diesen Typ von Windrad auch nicht zur Energiegewinnung ein. Es wird nur im Leerlaufbetrieb als Windgeschwindigkeits­meBgeriit verwendet (siehe auch Kap. 4). Die Leerlaufschnellaufzahl Aleer '" 0.34 gibt mit A = nRM/V = 21tRMn/V unmittelbar den "Eichfaktor" zwischen Drehzahl n und Windgeschwindigkeit v an:

v=n(RM)=21t (RM)n. (2.12) ALeer ALeer

Der iiberschlagig ermittelte Wert sungen iiberein /16/.

ALeer ... 0.34 stimmt iibrigens recht gut mit Mes-

O,08,---,----r---A==::: ,-----,---------- .. _-

Cp

O,061------t---7'--+---+

O,041------Tt-----+---+----t----r------'....--t

O,021----t---t----+---+-----t-----t-

0,05 0,1 0,15 0,2 0,25 A 0,3

BUd 220: Leistungsbeiwert als Funktion der Schnellaufzahl eines Schalenkreuz­anemometers (Niiherung)

Page 40: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

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2.3.3 Auftriebsnutzende Windrader

Bei vielen Korpem, wie den Tragfltigelprofilen oder auch der schrag angestellten Platte, hat die aus der Anstromung des Korpers resultierende Kraft nicht nur eine Widerstandskomponente W in Richtung der Anstromung, sondem auch eine senkrecht zur ihr gerichtete Komponente (Bild 2.21): die Auftriebskraft

A = CA ¥- f v 2 (2.13)

Wie die Widerstandskraft ist sie proportional der Flache f = t b und dem Staudruck !?.v2 2 .

Die an einem Tragfltigel entstehende Auftriebskraft greift etwa ein Viertel der Fltigel­tiefe t hinter der Fltigelnase an, solange die Anstellwinkel klein sind. Wie in Bild 2.21 erkennbar, ist der Auftriebsbeiwert CA -und damit auch die Auftriebskraft- im Bereich kleiner Anstellwinkel (bis etwa a = 10°) diesem direkt proportional:

(2.14)

ftira < 0.1745 (~100)

1m Fall der idealisierten dtinnen, unendlich lang erstreckten Rechteckplatte ist CA'= 21t. Praktische Werte liegen mit CA' "" 5.5 etwas niedriger. Nattirlich tritt auch eine Widerstandskraft W auf, die aber bei guten aerodynamischen Profilen im Bereich kleiner Anstellwinkel sehr gering ist (cw = 1ho CA bis 1/100 CA). Erstjenseits von a =

15° beginnt sie allmiihlich groBer zu werden (Bild 2.21).

2,0 A

1,5

• 1,0 -.. .. .. D,S .. c

0

-a,s

cy I----~

V Ca!, /

I I 'v-K \ / \

\ J V \ .J

/ \

~-~ V rll7 r60~1

-1 0 , - 40 - 20 a 20 40 60 80 100 a

Bild 2.21: Auftriebskraft A und Widerstandskra[t W am Tragflugel und deren Beiwerte CA bzw. Cw als Funktion des Anstellwinkels a

Page 41: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

28

Die Auftriebskraft wird von den auftriebsnutzenden Windradern als Antriebskraft genutzt. Urn den Unterschied zu dem im vorangegangenen Abschnitt diskutierten Widerstandslaufer besonders herauszuarbeiten, wird dieses Prinzip am Beispiel des

h Sl

Darrieus-Rotors erlautert, weil er als Auftriebslaufer die eigentlich flir Wider­standslaufer typische vertikale Achse hat (Bild 2.22; vergl. Bild 2.4b). Die Schnellaufzahl, d.h. das Verhaltnis der Umfangsgeschwindigkeit zur Wind­geschwindigkeit, ist beim Darrieus-Rotor wesentlich hoher als bei den zuvor diskutierten Widerstandslaufern (wo sie maximal Amax = 1 betragen kann). Dadurch werden die beiden betrachteten Tragflachen in Bild 2.22 fast von vorne angestromt. Die Auftriebskraft A ist urn ein Vielfaches groBer als die Widerstandskraft und damit die relevante Kraft flir den Antrieb des Rotors. Sie steht definitionsgemaB senkrecht zur

iii i V1 V2 Anstromung des Rotorblattes und er­zeugt tiber den Hebel h das erforderliche Antriebsmoment.

BUd 2.22: Antriebsprinzip des Darrieusrotors

AIle "Horizontalachser" wie die Bockwindmtihle, die Hollandermtihle oder auch die rnittelmeerlandische Segelwindmtihle werden durch das Auftriebsprinzip bewegt (Bild 2.23). Die Leistungsbeiwerte, die sie erreichten, lagen im Bereich CP.max '" 0.25 -also deutlich hoher, als bei den Widerstandslaufern. Moderne "Horlzontalachser" mit guten Fltigelprofilen (die geringe Widerstandsbeiwerte aufweisen) erreichen Leistungs­beiwerte bis zu CP.max = 0.5. Dem von Betz und Glauert errechneten Grenzwert von CP.Betz = 16127 = 0.59 kommen sie also schon recht nahe.

Drehachse

v

SchniU c - c

BUd 2.23: Nutzung der Auftriebskraft als Antrieb fur Windriider mit horizontaler Achse

Page 42: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

29

2.3.4 Vergleich von Widerstands- und Auftriebsliiufer

Die auf Betz und G1auert zuriickgehende Uberlegung uber die dem Wind maximal entziehbare Leistung von 59% laBt vollig offen, wie diese Leistungsentnahme in der Radebene der Windturbine (Bild 2.15) erfolgt. Aus der Sieht dieser Betrachtungen ist der friihe morgenliindische Widerstandslaufer zur Windenergieausnutzung genausogut geeignet, wie der spatere abendliindische Auftriebslaufer.

Erst bei naherem Hinsehen wird deutlich, wieso Smeaton schon 1759 Leistungs­beiwerte von CP.max = 0.28 bei holliindischen Windmuhlen messen konnte und heute durch die Verwendung von modernen Hochauftriebsprofilen Leistungsbeiwerte von CP.max = 0.50 durchaus realisierbar sind, wogegen die kleine rechnerische Abschatzung von Abschnitt 2.3.2 zeigte, daB bei Widerstandsliiufern die cp -Werte maximal bei 0.16 liegen. Was ist der Grund ffir die bessere Ausbeute der Auftriebsliiufer?

Die Ursache liegt in der GroBe der Luftkriifte, die mit der gleiehen Fltigelflache f erreichbar ist. Zwar sind die Luftkraftbeiwerte CW.max und CA.max etwa von gleicher GroBe (Bild 2.24), aber in der Anstromgeschwindigkeit c unterscheiden sich die beiden Prinzipien fundamental: Beim Widerstandslaufer ist die Anstromgeschwindigkeit c = v-u = v(1-A.) immer kleiner als die Windgeschwindigkeit, weil sie um die Umfangsgeschwindigkeit reduziert wird. Beim Auftriebslaufer ergibt sieh die Anstromgeschwindigkeit c = (v2 + u2)1/2 = v2 (1 + A,2)1/2 aus geometrischer Addition von Windgeschwindigkeit v und Umfangsgeschwindigkeit u: sie ist also stets groBer als die Windgeschwindigkeit. Je nach Schnellaufzahl A. kann sie das Zehnfache und mehr betragen.

Die GroBe der Luftkraft -in die die Anstromgeschwindigkeit quadratisch eingeht- betragt bei gleiehem Flacheneinsatz f also bei Auftriebslaufern ein Vielfaches verglichen mit den Widerstandslaufern. Die Luftkriifte, die sich nach dem Widerstandsprinzip in der "aktiven Radebene" (Bild 2.15) realisieren lassen, sind einfach zu gering, um auch nur anniihernd in die Nahe einer Leistungsausbeute von 59% zu kommen. DaB auch die Auftriebsillufer nieht ganz an diesen Idealwert herankommen, hangt damit zusarnmen, daB die Betrachtungen von Betz und Glauert einige Verluste auBer Acht lassen, die in der realen Stromung von relevanter Bedeutung sind (siehe Kap. 5).

Erstaunlich bleibt die Tatsache, daB das Auftriebsprinzip, auf dem alle Windrader mit horizontaler Achse -von der Bockwindmtihle bis zur Westernmill- beruhen, 700 Jahre lang klug und effizient genutzt wurde, ohne im Sinne einer technisch-physikalischen Theorie gekliirt zu sein. Noch 1889 schreibt Otto Lilienthal zu Recht: "Die technischen Handbticher weisen jedoch tiber diese Art von Luftwiderstand (Anm.: Lilienthals Begriff fUr Auftrieb und Luftkriifte allgemein) solche Formeln auf, welche groBenteils aus theoretischen Betrachtungen hervorgegangen sind und auf Voraussetzungen basieren, welche in Wirklichkeit nieht erfUllt werden konnen."

Page 43: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

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WiderstandsHiufer AuftriebsHiufer

---.... fj-w b c .. C

W=~C2fCW A=~C2fCA

/1 ... Uk -v 1',/ ,..J

U

v~ ~

~ c = v - u = v (1 - A) c=~v4u2=v...Jl + A2

A<1 A = 1 bis 15

gewolbte Platte (10%) NACA4415

CWmax "" 1,2 CAmax "" 1,2 CWmax "" 1,2 CAmax "" 1,4

Bild 224: Vergleich von Widerstands- und Auftriebsliiufern

Die Vorstellungen der Physiker yom Stromungsmechanismus des Auftriebs waren falsch (z.B. Newton 1726 und Rayleigh 1876, Bild 2.25). Lilienthals Abschatzungen anhand des Vogelfluges und seine daraufbin durchgeflihrten Experimente zeigten, wie gro6 die Auftriebskriifte von ebenen und gewolbten Platten bei kleinem Anstellwinkel wirklich sind.

Erst 1907 - lange nach Lilienthals Gleitfliigen und vier Jahre nach den ersten erfolg­reichen Motorfliigen der Gebr. Wright - hat Joukowski mit Hilfe der Potentialtheorie eine theoretisch hinreichende Erkliirung flir den Erfolg der Praktiker, Windmiihlen- und Flugzeugbauer, gefunden.

Page 44: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

JOUKOWSKI 1907 GEMASS NEWTON 1725 --

RAYLEIGH 1876

A N S TELL WIN K E L c(,

Bild 2.25: Historische Theorien des aerodynamischen Auftriebs (aus 1171)

Literatur

/1/ Golding, E.W. The Generation of Electricity by Windpower Auflage 1955; Reprint with additional material E.&F.N.Spon Ltd., London 1976

(2/ Rieseberg, H.l. Miihlen in Berlin Medusa Verlagsges., Berlin-Wien 1983

/3/ Bennert, W. und Werner, U.-l. Windenergie VEB Verlag Technik, Berlin 1989

/4/ Konig, F.v. Windenergie in praktischer Nutzung Udo Pfriemer Verlag, Miinchen 1976

/5/ Gouriere, D. Wind Power Plants, Theory and Design Pergamon Press GmbH, Frankfurt 1982

/6/ Dornier -Firmenprospekt

31

Page 45: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

32

m Mager, J. Miihlenfliigel und Wasserrad VEB-Fachbuchverlag; Leipzig 1986

/8/ natur 1m Windschatten der Anderen Heft 1/85

/9/ Herzberg, H. und Rieseberg, H.J. Muhlen und Muller in Berlin Werner-Verlag, Diisseldorf 1987

/10/ Reynolds, J. Windmills and Waterrnills Hugh Evelyn, London 1974

/11/ Prospekt des Internationalen Wind- und Wassermiihlenmuseums Gifhorn

/12/ Varchim, J. und Radkau, J. Kraft, Energie und Arbeit Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek 1981

/13/ Braudel, F. Sozialgeschichte des 15. bis 18. Jahrhunderts; Band 1: Der Alltag. Deutsche Ausgabe, Kindler-Verlag, Munchen 1985 und Biichergilde Gutenberg, Ffm

/14/ Betz, A. Windenergie und ihre Ausnutzung durch Windmiihlen Vandenhoekk and Rupprecht, Gouingen 1926

/15/ Glauert, H. Windmills and Fans Durand,W.P. "Aerodynamic Therory 4" (1935)

/16/ Schrenck Uber die Tragheitsfehler des Schalenkreuzanemometers bei schwankender Windstiirke Zeitschrift technische Physik Nr.! 0 (1929), Seite 57-66

/17/ Allen, J.E. Aerodynamik - eine allgemeine moderne Darstellung H.Reich Verlag, Miinchen 1970

Page 46: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

3 Konstruktiver Aufbau von Windkraftanlagen

In den Industrienationen wird die Windenergie fast ausschlieBlich zur Er­zeugung und Einspeisung von Strom ins offentliche Netz genutzt. Dieser Netz­parallelbetrieb hat an windgunstigen Stand­orten die Schwelle zur Wirtschaftlichkeit bereits uberschritten. Auf der Suche nach einer m6glichst zuverlassigen und 6kono­mischen Betriebsweise hat sich fur diesen, heute am weitesten verbreiteten Einsatzfall eine Vielzahl von technischen Konzepten entwickelt, die aIle ihre spezifischen Vor­und Nachteile haben und oft wie "Glau­bensbekenntnisse" der jeweiligen Wind­kraftanlagen - Hersteller nebeneinander stehen.

Aero­dynamische Bremse

Rotor

Triebstrang r~--------------~A~----------------------~\

Maschinentriiger

Rotorlager

Drehkranz

Getriebe Generatoren

Generatorwelle mit Kupplung

Giennotor ~'----------~v~--------~I

Windnachfiihrung

Bild 3.1 : Komponenten und Baugruppen einer netzeinspeisenden Windkrajtanlage mit horizontaler Achse (VESTAS V15-55, Ill)

Page 47: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

34

Dariiberhinaus konnen Windk:raftanlagen aueh unabhiingig von einem Stromnetz im Inselbetrieb eingesetzt werden. Solehe Einsatzfalle finden sieh z.B. in Entwicklungs­liindem, wo vor allem in liindliehen Regionen ein diehtes und weitverzweigtes Strom­netz nieht zur Vetftigung stehl. Dort ist die Windenergie mit autarken Systemen fUr ein weites Spektrum von Anwendungen nutzbar:

* Antrieb von Pumpen zur Trinkwassetforderung, Be- oder Entwiisserung, * Antrieb von Mahl-, Siige-, Hammer- oder PreBwerken, * Stromerzeugung zum -Antrieb von Motoren z.B. von Werkzeugmaschinen,

-Aufladen von Batterien z.B. von Funkstationen, -Beleuehten z.B. von Werkstatten oder OP-Siilen,

* Erwiirmung z.B. von Wasehwasser oder Sterilisatoren, * Ktihlung z.B. von Medikamenten.

Aus den versehiedenen Anwendungen und Einsatzbedingungen ergeben sich ganz untersehiedliehe Anforderungen an eine Windkraftanlage. Eine universell einsetzbare Windkraftanlage ist teehniseh und vor allem okonomiseh sinnvoll nieht realisierbar. Entspreehend vielfaItig sind die an die konkrete Anwendung angepaBten teehnisehen LOsungen bei der Konstruktion einer Windkraftanlage.

Die Vielfalt der Konzepte soIl in diesem Kapitel dargesteIlt, diskutiert und illustriert werden. Dazu werden im ersten Absehnitt des Kapitels aehtunddreiBig versehiedene Windkraftanlagen vorgesteIlt, die nieht nur bestimmte teehnische Konzepte repriisen­tieren, sondem aueh Stationen in der Geschiehte modemer Windenergienutzung sind.

Der Sehwerpunkt dieses Buehes liegt auf Windturbinen mit horizontaler Rotoraehse. Deren wichtigste Komponenten sind am Beispiel einer netzeinspeisenden Windturbine in Bild 3.1 dargesteIlt. Die versehiedenen konstruktiven LOsungen fUr diese Bau­gruppen werden in den weiteren Absehnitten des Kapitels systematiseh diskutiert.

3.1 Kurze Beschreibung verschiedener Windkraftanlagen

Die fUr einen Vergleieh herausgegriffenen Windkraftanlagen repriisentieren unter­sehiedliehe "Grundtypen", die fliT bestimmte Anwendungen und Nutzergruppen, aber aueh fUr bestimmte teehnisehe Entwicklungssehritte typiseh sind. Die Auswahl ist weder komplett, noch eharakteristiseh fUr das derzeitige Marktgesehehen. Sie hat eine iibersehaubare Menge von Beispielen fUr die Illustration der versehiedenen teehnischen Konzepte zum Ziel. Tabelle 3.1 gibt einen Uberbliek tiber Hauptdaten und -merkmale der Anlagen. Von einigen dieser Anlagen befinden sieh am Ende des Kapitels Uber­sichtszeiehnungen vom Turmkopf.

Page 48: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

I a ~ g

-- ,"- _& a) GEDSER-Anlage

(200 kW, D= 24 m, DK 1957)

c) Hutter-Anlage W34 (100 kW, D= 34 m, D 1958)

b) TVIND-Anlage (2000 kW, D= 54 m, DK 1977)

d) Smi(h-Putnam-Anlage (1250 kW, D= 53 m, USA 1941)

Bild 3.2,' H istorische Windkraftanlagen-Prototypen

35

Page 49: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

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Hersteller, Typ

Atlantis WB 15

BERWIAN

Bonus 450

Enereon E-32

EneTcon E-40

EoieC

Flair 8

Gedser-Anlage

GROWIAN

HM 56 Antarktis

HSW250

HSW750

HiitterW34

IPAT Segelwindpumpe

Kijito20ft

MANWKA-60

Markham VS 45

MBBAeolus II

MBS Mon 50

NedWind 40

NedWind50

Nordex 800

Nordic 1000

Nordtank 150 XLR

Smith-Putnam-Anlage

Sudwind E 1230

Tacke TW 300

TUP6.0E

TUP6.0M

Tvind-Anlage Ventis 20-100

Vestas VIS-55

Vestas V27-225

WEG MS3-400H-2

Wenus Inventus

WEST Gamma 60

WindWorld W-2700 WTS-3 Maglarp

Achsorientierung

H horizontal

V vertikal

Trlebstrangaufbau

A aufgelost

T teilillteb'Tiert

I inteb'Tiert

I ~ ~ ~ ~ t!2 1.5

2

35

32

40,3

64

8

24

100

10

25

46

34

5

6,1

60

45,8

80

56

40.8

52,6

52

53

24,6

53

12,5

33

6

6

54

20

15

27

36,7

6

60

27

78

Hauptdaten

I ~ '" .c

~ z II

14

35

35,6

42

58 (4)

13,5

24

100

12

28,5

55

24

9,3

9,3

50

60

92

60

39

55

60

58

32,7

36

36,5

40

9,5

9,3

53

30

23,4

31,5

40

19

66

31

80

~ ~ c 01)

~ = ~ ~

j ~ ~ ~

j .c :I ~ ~ "E "il

~ S = .c t!2 u .5 '" 0,3 200 - 800 6

5 450 - 1000 8

450 35 8

300 20 - 39 7

500 18 -42 6.5

4200 7,5 - 15 5

7 (6) 130- 215 II

200 30 5

3000 15,7 -21,3 10

20 30 -60 2,3

80/250 26/39 7

750 28 7

100 42 10

2.5 (6) 35 -90 2

2,5 (6) 10 -45 1,4

1200 15 -25 6

600 13 - 30 8,5

3000 16-21 8

640 32 -43 II

2x250 38 8

4x 250 24,6 8

800 15,2/20,6 8

1000 15 -25 7,7

150 38 6

1250 29 10

30 72 7

100 I 300 23,2/34,7 7,5

5 60 - 140 4,7

4,5 (6) 60 - 140 4,7

2000 (5) 10 -40 (5) 7,5

20 /100 40/6) 8

'I I 155 36,5/45,6 4,5

50/225 32 I 43 7,5

400 29/40 8

5 60 - 140 4,5

1500 15 -44 9,4

150 35,7 6,5

3000 25 10

Nabenbauart

51 starr

P Pitchnabe

is indiv. Schlaggelenke

Pn Pendelnabe

SP Schlag-/Pitchnabe

1 iii 3

3

3

3

3

2

I

3

2

3

3

3

2

5

24

3

3

2

I

2

2

3

2

3

2

3

3

3

3

3

2

3

3

2

4

2

3

2

on = ~ .'" ii ·c 0

~ H

H

H

H

H

V

H

H

H

V

H

H

H

H

H

H

H

H

H

H

H

H

H

H

H

H

H

H

H

H

H

H

H

H

H

H

H

H

Rotor und Nabe

Blattaufbau und BlaUmalerial

E :I .... E :I N on = ..2 B '" Luv GFKlCFK-Verbundbauweise

Lee GFKlCFK-Verbundbauweise

Luv GFK

Luv GFK

Luv GFK

Stahlkasten mit GFK-Haut

Lee GFK-Haut mit Schaumkem

Luv Aluhaut, Holzspanten. Stahl holm

Lee GFK mit Stahlholm

Alu-StrangpreBprofil

Luv GFK

Luv GFK

Lee GFK

Lee "Segelhose" auf Holzholm

Luv Blech"schaufel"

Luv GFK (gewickelter Holm)

Luv GFK

Luv GFKlCFK-Verbundbauweise

Lee GFKlCFK-Verbundbauweise

Luv GFK

Luv GFK

Luv GFK

Luv GFK

Luv GFK

Lee Stahlhautl-spantenl-haut

Lee GFK-Haut mit Schaumkem

Luv GFK

Lee Holzhaut u. -spanten. Stahlholm

Lee Holzhau! u. -spanten. Stahlholm

Lee GFK

Luv GFK

Luv ausgeschiiumte GF~-Schale

Luv GFK

Luv Holz-Epoxy

Luv GFK-Haut mit Schaumkem

Luv GFK (gewickelter Holm)

Luv GFK

Lee GFK (gewickelter Holm)

Getrlebebauart

S Stimradgetriebe

P Planctengetriebe

W Winkclgetriebe

R Riementrieb

K Kettengetriebe

Gondel und Masch.satz Leistungsbegrenzung on § il on ~ = 1l 2

.c .:0 i2 "" .c

:I = i;! " :I l! = <S a :s i(h a ~

~ = OIl i(/ ~ ~ § ~

.£ E ~

~ ii .~ ·c

~ 1l "" ~ = ~ ..:c ~ Z

St I pS Wf Kippen des Rotors

St I pS sN Stall + Lastregelung (3)

St A PIS 1043 A 2Gm Stall

P A PU4 S 2Gm Pitch

P I S 2Gm Einzel-Pitch

St T PIAl S Stall

SP T P 1.7,6 S sN mech. geregelter Pitch

SI A K 1:25 A Gm Slall

Pn A P 1081 dA 2Gm Pitch

SI I RW Stall mit Lastregelung

St T PU8 pA 2Gm Stall

P T PIS 1:55,7 A Gm Pitch

Pn A S 1:35,8 A Gm Pitch

St A W+R 1:10 Kr sN Autbliihen der Segel

SI A Kurbeltrieb Ko Wf Schwenken des Rotors

P A PIS 1:57,7 S 2hG Pitch

P T S 1:34 A 2Gm Pitch

P A W 1:73,4 S hG Pitch

SP A P 1:48,6 S 2Gm Pitch (elektrisch)

P T S 1:47 2A 2hG Active Stall

P T SI:62 4A 2hG Active Stall

SI A PIS 1:48,5 pA 2Gm Stall

Pn I P 1:51,7 A Gm Stall

St A S 1:40 A 2Gm Stall

SP A S 1:20,6 A hG Pitch

is T S 1:21,1 S sN Stall mit Lastregelung

St I SI:43,6 pA 2Gm Stall

P A S 1:15,1 S sN mech. geregelter Pilch

P A W+R 1:5 Kr sN mech. geregelter Pitch

P A S 1:19 S Gm Pitch

P T S 1:25 pA Gm Pitch

St A S 1:22 2A Gm Stall

P A S 1:23 pA 2Gm Pitch

Pn T 2A Gm Pitch

P A S 1.10 'S Wf mech. gcrcgeller Pitch

Pn A S 1:33 S 2hG Schwenken des Rotors

St I S 1:21 A Gm Stall Pn A P 1:60 S sN(7) Pilch

Arbeltsmaschlne

A Asynchrongenerator

S Synchrongenerator

pA polumschaltbarer Asynchrongenerator

dA doppeltgespeister Asynchrongellcrator

pS pennanenlerrebrter Synchrongellerator

RW Ringgenerator mit Wanderfeld

Kr Kreiselpumpe

Ko Kolbenpumpe

Page 50: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

BetriebsbbIemse Notbremse

Scheibenbremse

hydro Blattspitzenverstellung Scheibenbremse

siehe Leistungsbegrenzung 2 Scheihenbremsen

siehe Leistungsbegrenzung Scheibenbremse

Generatorbremse Scheibenbremse

Schwenken in Parkposition Schwenken in Parkpos. (2)

Scheibenbremse zentrif. Blattspitzenverst.

siehe Leistungsbegrenzung Pitch mit Nothydraulik (2)

Wirbelstrombremse Wirbelstrombremse

Scheibenbremse Scheibenbremse

siehe Leistungsbegrenzung Scheibenbremse

siehe Leistungsbegrenzung Scheibenbremse

siehe Leistungsbegrenzung Pitch mit Hydr.reservoir (2)

siehe Leistungsbe!,'Tenzung 2 Scheibenbremsen

siehe Leistungsbegrenzung Pitch mit Hydr.reservoir (2)

siehe Leistungsbegrenzung Pitch mit Hyde.reservoir

siehe Leistungsbegrenzung 2 Scheibenbremsen

siehe Leistungsbegrenzung 2 Scheibenbremsen

hydro Blattspitzenverstellung Scheibenbremse

hyde. Blattspitzenverstellung Scheibenbremse

hydro B1attspitzenverslellung Scheibenbremse

siehe Leistungsbegrenzung

Scheibenbremse unabh. Scheibenbremse

Scheibenbremse unabh. Scheibenbremse

siehe Leistungsbegrenzung Fallschirrne in Blattspilze

siehe Leistungsbegrenzung Scheibenbremse

Scheibenbremse zentrif. Blattspitzenverst.

siehe Leistungsbegrenzung Scheibenbremse

siehe Leistungsbegrenzung Scheibenbremse

Scheibenbremse

Schwenken in 90°-Position Scheibenbremse

hyde. Blattspitzenverstellung Scheibenbremse

siehe Leistungsbegrenzung Pitch mit Hydr.reservoir

WlndnachfOhrung Anlagenstatus

sN selbsUindiger Nachlauf S Serienanlage

Wf Windfahne

Gm elektr. Giennotor

hG hydro Giennotor

KS Kleinserienanlage

eS eingestellte Serie

FP Forschungsprototyp

E Einzelanlage

H historische Anlage

o in Entwicklung

Turmbauart (8) Energienutzung Anmerkung

versp. Stahlrohr·Dreibein Batterieladen WindlSo!ar-Hybridsystem

abgespannter Stahlrohrmast Heizen Konz.roseue: D=7.2m; z=11

konischer Stahlrohrtunn Netzeinspeisung Off Shore Windfann in DK

Rohrtunn aus SSBeton Netzeinspeisung mit GZK

Rohrtunn aus SSBeton Netzeinspeisung mit GZK Prototyp: Enercon E-36

Netzeinspeisung mit GZK

Kipptunn aus Stahl WasserfOrderung (elektrisch) auch andere Inselanw.

Stahlbetontunn Netzeinspeisung 1957-66

abgespannter Stahlrohnnast Netzeinspeisung 1983-88 (Betrieb)

Stahlrohrtunn dieseigestiitzte Inselnetzvers. Antarktis·Auslegung

konischer Stahlrohrtunn Netzeinspeisung

Stahlrohrtunn Netzeinspeisung zur HSW 1000 wellerentw.

abgespannter Stahlrohrmast Netzeinspeisung 1958-68

abgesp. A-Mast aus Stahl Be· und Entwasserung langsamlauf. Kreiselpumpe

Stahl·Gittertunn Trink-rrrank:wasserllirderung Techn.transf. GB - Kenia

Beton-Rohrtunn Netzeinspeisung mit GZK ungefilhr baugL A WEe 60

konischer Stahlrohrtunn Netzeinspeisung mit GZK Llzenzhau der PEHR Floda

kon. Stahlbetonrohrtunn Netzeinspeisung mit GZK Weiterentw. der WTS-75

kon.lzyl. Stahlrohrtunn Netzeinspeisung mit GZK Weiterentw. aus MON 400

konischer Stahlrohrturrn Netzeinspeisung Weiterentw. NedWind 35

konischer Stahlrohrtunn Netzeinspeisung

konischer Stahlrohrturrn Netzeinspeisung auch als Nordex 1000

Stahlrohrtunn Netzeinspeisung mit GZK weiche Systemauslegung

konischer Stahlrohrturrn Netzeinspeisung Hydraulik auf Nabe

Stahl-Gittertunn Netzeinspeisung 1941-45

abgespannter Stahlrohrmast dieselgestiitzte Inselnetzvers. auch als 45kW-Netzanlage

konischer Stahlrohrturrn Netzeinspeisung

abgespannter Stahlrohnnast Wasserf6rderung (elektrisch) unverwun. Rechteckblatter

abgesp. A-Mast aus Stahl Be- und Entwasserung Rotor wie TUP6.0E

stufenw. verjiingter BetonRT Heizen. Netzeinspeisung GZK zur N.etzeinspeisung

konischer Stahlrohrtunn Netzeinspeisung

Staht='Gitterturrn Netzeinspeisung

konischer Stahlrohrturrn Netzeinspeisung

konischer Stahlrohrtunn Netzeinspeisung

abgespannter Stahlrohnnast Wasserfbrderung (elektrisch) auch andere Inselanw.

Stahlrohrturrn Netzeinspeisung mit GZK soli in Serie gehen

konischer Stahlrohrtunn Netzeinspeisung

Stahlrohrtunn Netzeinspeisung 1.982-93

sonstige Abkurzungen und FuBnoten

SSBeton Schleuderstahlbeton

GZK Gleichstromzwischenkreis

(I) teilweise nur abgeschltzt

(2) zusatzlich eine mechanisch wirkende Notfallbremse

(3) zusatzlich klappen die Konzentratorfliigel bei Starkwind in Fahnenstellung

(4) bezogen auf den Mittelpunkt der Rototilache

(5) die Anlage wird nur mit max. I MW bei max. 22 I/min betrieben

(6) mechanische Rotorleistung

(7) wurde spater mit aktiver Windnachfuhrung nachgeriistet

KS

FP

eS

H

H

H

H

E

E

H

FP

FP

(S)

FP

FP

S

S

(S)

H

KS

FP

FP

E

S

eS

,(S)

KS

FP

S

H

(8) als Beispiel, denn die meisten Serienanlagen werden mit verschiedenen Tiinnen angeboten

37

Herstelier, Typ

Atlantis WB 1 S

BERWIAN

Bonus 450

Enereon E-32

Enercon E-40

EoieC

Flair 8

Gedser·Anlage

GROWIAN

HM S6 Antarktis

HSW250

HSW750

HiitterW34

IPAT Segelwindpump

Kijito20ft

MANWKA-60

Markham VS 45

MBBAeolusii

MBBMonSO

NedWind40

NedWind50

Nordex 800

Nordic 1000

Nordtank 150 XLR

Smith·Putnam-Anlage

Siidwind E 1230

TackeTW 300

TUP6.0E

TUP6.0M

Tvind-Anlage

Ventis 20-100

VestasVIS-55

Vestas V27-225

WEG MS3-400H-2

Wenus Inventus

WEST Gamma 60

WindWorld W-2700

WTS-3 Maglarp

Page 51: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

38

3.1.1 Forschungsprototypen

Unter dem Eindruck der ersten Olpreiskrise 1973 wurden weltweit Forschungs- und Forderprogramme zur Windenergienutzung gestartet. In vielen Uindem war dies jedoch kein kompletter Neubeginn, sondern eine Wiederaufnahme von Aktivitiiten, die in den 50er Jahren verfolgt worden sind und bereits zu einigen Prototypen mit mehr als IMW Leistung geftihrt hatten.

In Diinemark war die 1957 installierte GEDSER-Anlage (Bild 3.2a) technisch richtungsweisend, wiihrend politisch die 1977 in Betrieb genommene TVIND-Muhle (Bild 3.2b) groBe Signalwirkung hatte. Diese ehrgeizige Eigeninitiative von "professionellen Laien" einer privaten Schule /2/ hat in den Anfiingen staatlicher Forderung eindrucksvoll bewiesen, daB Windenergie nutzbar ist. Die TVIND-Anlage liiuft heute mit reduzierter Leistung, ist inzwischen jedoch die dienstiilteste GroBanlage der Welt. Bis zur 1988 ans Netz gegangenen ELSAM 2000 (2 MW, D= 61 m) blieb sie die einzige Megawatt-Anlage Diinemarks. Staatliche Forderprogramme konzentrierten sich dort auf Entwicklungsaktivitiiten ftir industrielle Serienproduktion.

In Schweden, Deutschland, Kanada und den USA wurde in den staatlichen Forder­programmen die Entwicklung von GroBanlagen-Prototypen favorisiert. Diese Strategie stand im Gegensatz zum diinischen Muster des "up scalings", einer sukzessiven VergroBerung von marktgiingigen Anlagen. Neben strukturellen und politischen Grunden fUr diese Entscheidung stand auf der Sachebene das Argument im Vordergrund, daB die spezifischen Kosten pro kW installierter Leistung bei GroBanlagen -nach damaliger Lehrmeinung- rechnerisch geringer ausfallen. Wie die GEDSER-Anlage fUr das "diinische Konzept" war fUr viele europiiische Forschungsanlagen yom Anfang der 80er Jahre die 100 kW - Anlage des Stuttgarter Professors Hutter aus dem Jahr 1958 mit pendelnd aufgehiingtem Zweiblattrotor technisch richtungsweisend (Bild 3.2c) /3/.

Erfolg und MiBerfolg der deutschen 3 MW - Anlage GROWIAN (Bild 3.3a) wurde in Fachkreisen und der Presse ausftihrlich diskutiert: Friihzeitige Materialermudung von zu stark beanspruchten Komponenten der Rotor-Pendelnabe haben den Versuchsbetrieb stark eingeschriinkt und bewirkten nach 420 Betriebsstunden den AbriB der Anlage im Friihsommer 1988 /4/.

Das schwedische Pendant zum GROWIAN, die in vielen konzeptionellen Details iihnliche 3 MW - Anlage WTS-3 MAGLARP (Bild 3.3b), halt unter den Megawatt­Forschungsprototypen nach wie vor den Weltrekord in erzeugter Energie, obwohl sie im Oktober 1993 gesprengt wurde. Sie hat es in gut zehn Betriebsjahren auf 37.000 MWh gebracht. Der Unterhalt der noch einsatzbereiten Anlage wurde dem ortlichen EVU leider zu teuer, nachdem es die Forschungsanalage fUr nur eine Krone zum Betrieb ubemommen hatte. Der zweite schwedische Megawatt-Prototyp WTS-75

Page 52: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

a) GROWIAN (3000 kW, D= 100 m, D 1982); im Vordergrund: MAN Aeroman (30kW, D= 12.5m)

c) BOEING MOD-5b (3200 kW, D= 97 m, USA 1987)

39

b) WTS-3 MAGLARP (3000 kW, D= 78 m, S 1982)

d) EOLEC (4200 kW, D= 64 m, C 1988)

BUd 3.3: Megawatt-Anlagen der ersten Generation

Page 53: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

40

NAsUDDEN brachte es nach einigen "Startschwierigkeiten" auf 11400 Betriebsstunden in 4 Jahren, bevor die Anlage wegen eines Blattschadens 1988 stillgelegt wurde /6/. Das Konzept wurde mit einigen starken Modifikationen weiterentwickelt und 1992 in einem neuen Prototyp auf dem alten Turm bei Nasudden umgesetzt. Eine nahezu baugleiche Anlage steht als AEOLUS II am Jadebusen (Bild 3.4a). Schweden und Deutschland haben ihre Aktivitaten im Bereich der Gro8anlagen in einer soIehen EG-Kooperation fortgesetzt, was typisch flir die Forschungsanlagen der zweiten Generation ist.

Zwei weitere bereits in Deutschland installierte "Gro8anlagen der zweiten Generation" sind ebenfalls in EG-Kooperationsprogramme (mit Spanien bzw. Italien) eingebunden: Die WKA 60 (Bild3.4b), die in verschiedenen Varianten auf Helgoland, in Kaiser -Wilhelm - Koog und in Cabo Villano installiert wurde, sowie der MON 50 (Bild 3.4.d), von dem in ltalien der MON 30 als kleinerer "Bruder" aufgestellt wurde.

Auch in ltalien wurde innerhalb des europaischen WEGA-Programms eine Forschungs­anlage entwickelt, die technisch einige Besonderheiten aufweist. Die GAMMA 60 ist die einzige Anlage, die zur Leistungsregelung den Rotor aus dem Wind dreht (Bild 3.4c).

In den USA wurde bereits 1941 mit der Smith-Putnam-Anlage eine erste GroBanlage installiert (Bild 3.2d). Die Forschungsprogramme kamen wegen der damals konkur­renzlos niedrig werdenden Olpreise zum Erliegen, bis 1978 mit 2 MW Leistung (D =

61 m) die erste Megawatt-Anlage aus der MOD-Serie installiert wurde. Auch hei dieser GroBanlagen-Reihe muBten erhebliche Rtickschlage "eingesteckt" werden. Bild 3.3c zeigt die 3.2 MW - Anlage BOEING MOD-5b aus dem Jahr 1987, die weltweit als eine der wenigen Versuchsanlagen aus der Zeit heute noch in Betrieb ist -wenn auch mit reduzierter Leistung.

Ganz eigene Wege beschritten die Kanadier, die in ihrem Megawatt-Programm auf die Entwicklung von Vertikalachsrotoren setzen. Mit der EOLE C (D = 64 m) halten sie seit 1988 mit 4.2 MW den Weltrekord in instaIIierter Generatorieistung (Bild 3.3d). Die Anlage war zumindest in ihren ersten Betriebsjahren sehr erfolgreich: Sie erzielte in den ersten heiden Versuchsjahren 7717 Betriebsstunden und 95% Verftigbarkeit n/.

Parallel zu den Forschungsprototypen von GroBanlagen sind in vielen Landem. indu­strielle Serienanlagen in Entwicklung oder hereits auf dem Markt, welche die Schwelle zur Megawatt-Leistungsklasse tiberschreiten. Bis Ende 1995 werden von einem Dutzend Herstellern die ersten Prototypen stehen. Die groBten werden ca. 1,5 MW Leistung und ca. 65 m Durchmesser haben (Bild 3.5). Diese Entwicklungen wurden und werden groBtenteils durch EG-Programme stimuliert (JOULE, THERMIE).

Viele Hersteller werden bei ihrer Megawatt-Anlage Konzepte umsetzen, die sie aus ihren heute marktgangigen und erprobten Anlage der sogenannten Submegawatt-Klasse ableiten (Bild 3.5). HSW hat seine 750 kW - Anlage nur als Prototyp getestet (BiId 3.5.a) und wird sie mit 54 m auf 1000 kW aufrtisten. Auch NORDEX hat bei seiner

Page 54: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

a) AEOLUS Il (3000 kW, D= 80 m, D 1992) Windpark Jade; baugl. in Niisudden (S)

c) GAMMA 60 (1500 kW, D= 60 m, 11992) 111 Testfeld Alta Nurra, Italien

b) WKA-60 (1200 kW, D= 60 m, D 1990) Testfeld Kaiser-Wilhelm-Koog

d) MONOPTEROS 50 (640 kW, D= 56 m, D 1989) Windpark Jade

BUd 3.4: Forschungs-Grofianlagen der zweiten Generation

41

Page 55: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

42

a) Husumer Schiffswerft HSW 750 (750 kW, D= 46 m, D 1993)

c) NED WIND 50 (1000 kW, D= 52 m, NL 1994) III

b) NORDIC 1000 (1000 kW, D= 53 m, S 1995) III

d) NORDEX N52 (1000 kW, D= 52 m, D 1995) /1/

BUd 35 a-d: Europaische Anlagen tier Megawatt-Klasse

Page 56: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

43

e) BONUS 450 f) NED WIND 40 (450 kW, D= 36 m, DK) III (500 kW, D= 40,8 m, NL) III

g) WEG 400 h) MARKHAM VS 45 (400 kW, D= 36,7 m, GB) III (500 kW, D= 46 m, GB) III

BUd 35 e-h: Europiiische Anlagen der Submegawatt-Klasse

Page 57: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

44

800 kW - Anlage (Bild 3.5d) bereits eine VergroBerung auf 1 MW im Blick. Nordic (Bild 3.5b) und Wind Energy Group (Bild 3.5g) nutzen fUr ihre Megawatt-Anlagen einen Aufbau, der ihren 400 kW - Anlagen stark iihnelt. Gleiches gilt fUr die Nedwind 50 (Bild 3.5d), deren technisches Konzept auf die Nedwind 40 aufbaut (Bild 3.5f).

3. 1.2 Das danische Konzept

Zu einem festen Begriff unter den Entwicklern von Windkraftanlagen hat sich das "danische Konzept" entwickelt. Es steht fUr ein relativ einfaches, zuverlassiges und robustes Konstruktionsprinzip, das bereits fUr die GEDSER-Anlage charakteristisch war /8/. Nach diesem Prinzip wurde die "erste Generation" der kommerzieH erfolg­reichen Windkraftanlagen gebaut.

Das danische Konzept bezeichnet Horizontalachswindturbinen mit drei starr an der Nabe befestigten Rotorblattern in luvseitiger Anordnung zum Turm, die im drehzahl­konstanten Betrieb einen netzgekoppelten Asynchrongenerator antreiben. Der Trieb­strang besteht aus Standardkomponenten (Getriebe, Bremse, Kupplungen, Generator) in linearer Anordnung auf einem Maschinentrager (Bild 3.1). Die WindnachfUhrung erfolgt mit einem Giermotor, die Leistungsbegrenzung durch Str6mungsabriB ("stall effect") und die Sturmsicherung durch mechanische und aerodynamische Bremsen.

Nach dem danischen Konzept kristaHisierte sich mit Windturbinen von 15-17 m Rotordurchmesser und 55 kW installierter J3eneratorleistung ein erster Standardtyp heraus, der von mehreren danischen Herstellern in Zigtausender-Stiickzahl verkauft wurde: vor aHem an die groBen kalifornischen Windparks. Dort schuf die Energie­Gesetzgebung der Carter-Administration (PURPA-Act 1978) durch steuerlich und administrativ giinstige Rahmenbedingungen einen ersten groBen Markt. Das verhalf den netzeinspeisenden danischen Windkraftanlagen -nahezu konkurrenzlos- aus ihrem kleinen Inlandsmarkt heraus zum schlagartigen Durchbruch. Die 55 kW-Anlage des danischen MarktfUhrers VESTAS (0 = 15 m; Bild 3.6a) ist ein typischer Vertreter dieser Standardklasse.

Anfang der 90ger Jahre war bei den danischen Anlagen die Leistungsklasse 150-300 kW marktbeherrschend /11/. Das danische Konzept wurde bei diesen Anlagen

weiterentwickelt und auch zunehmend differenziert. Einige Hersteller wie z.B. NORD­TANK (Bild 3.6b) setzen auf einen bewuBt einfachen Aufbau, urn die Kosten niedrig zu halten, und sind damit dem danischen Konzept in seiner "Urform" am treusten geblieben. Andere Firmen wie z.B. WIND WORLD (Bild 3.6c) favorisieren fUr den Triebstrang speziell entwickelte, integrierte Bauteile. VEST AS hat bei seinen gr6Beren Anlagen ein zentrales Charakteristikum des danischen Konzepts aufgegeben, namlich die Leistungsbegrenzung durch Str6mungsabriB. Bei der 225 kW - Anlage (Bild 3.6d)

Page 58: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

a) VESTAS VI5-55 (55 kW, D= 15 m)

c) WIND WORLD W-2700 ( 150 kW, D= 27 m) /1/

b) NORD TANK 150 XLR (150 kW, D= 24.6 m) im Wind park Nf/Jrrekar Enge

d) VESTAS V27-225 (225 kW, D= 27 m) im Windpark Vel/ing Marsk hinten: VESTAS V20-90

BUd 3.6: Diinische Windkr4ftanlagen - Entwickb,mgen

45

Page 59: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

46

und groBeren Anlagen wird die Leistungsaufnahme des Rotors bei hohen Wind­geschwindigkeiten durch eine Verstellung der RotorbHitter urn deren Langsachse geregelt ("pitch control").

Bis zu welcher AnlagengroBe das danische Konzept tauglich ist, laBt sich heute schwer abschatzen. Die heute marktbeherrschenden Anlagen in der 500 kW - Klasse vertrauen in der Mehrzahl darauf, wenn natiirlich auch in zum Teil technisch "verfeinerter" Form. Vor allem der "stall" zur Leistungsbegrenzung -noch vor wenigen Jahren fur groBere Anlagen totgesagt- halt sich beharrlich: BONUS war 1989 mit seiner 450 kW - Anlage (Bild 3.5e) der erste in dieser Leistungsklasse. Heute zeichnet sich ab, daB auch unter den Megawatt-Anlagen vier mit diesem Prinzip arbeiten werden.

3.1.3 Die Entwicklung auf dem deutschen Markt

In Deutschland brachte die einseitige Forderung von Forschungs-Gro&nlagen die tradi­rionell mittelstltndige Windindustrie gegenuber der auslandischen Konkurrenz technisch (und folglich auch wirtschaftlich) stark in den Ruckstand. Als Anfang der 90er Jahre die langerwartete Betreiber-Forderung kam (1989: "100 MW - Programm", 1990 auf 250 MW aufgestockt), konnten nur wenige Hersteller die "vom Markt verlangten" Anlagen in der Leistungsklasse ab 150 kW aufwiirts liefem.

Die nordfriesische Husumer Schiffswerft folgte mit der HSW 250 dem danischen Konzept (Bild 3.7a). Ein ganz eigenes Konzept mit drehzahlvariablem Betrieb und Leistungsregelung durch Blattwinkelverstellung entwickelte dagegen die ostfriesische Konkurrenz ENERCON mit ihrer 300 kW - Anlage (Bild 3.7b). Nach gleichem Prinzip arbeitet die neue, getriebelose 500kW - Anlage E-40. Bild 3.7b zeigt eine etwas kleinere Prototypenversion mit 36 satt 40 m Durchmesser.

Die niedersachsische Firma TACKE eroberte sich erst mit ihrer 600 kW - Anlage groBere Marktsegmente, weil sie mit 43 m eine zeitlang den groBten Rotordurchmesser auf dem Markt hatte. 1994 brachte TACKE (wie auch ENERCON) eine neuentwickelte 300 kW - Anlage heraus (Bild 3.7d) und unterbrach damit das "Gesetz der Ver­groBerung". Diese Anlagen zielen speziell auf neu entstehende Exportmarkte in Indien, Stidamerika oder China.

Auch die VENTIS 20 - 100 (Bild 3.7c) ist zur Zeit im Ausland erfolgreicher als auf dem deutschen Binnenmarkt. Die Verknappung guter Standorte im dichtbesiedelten Deutschland steigert dort die Nachfrage nach immer groBeren Anlagen. Es gibt aller­dings skeptische Stimmen, die eine hahere Wirtschaftlichkeit der Megawatt-Anlagen im Vergleich zur 500 kW - Klasse bezweifeln: Abmessungen und Massen der Anlagen steigen in GroBenordnungen, die Transport, Aufstellung und InfrastrukturmaBnahmen sehr aufwendig werden lassen.

Page 60: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

a) Husumer Schiffswerft HSW 250 (250 kW, D= 25 m) im Wind park Nordfriesland

c) VENTIS 20-100 (l00 kW, D= 20 m) III

47

b) ENERCON-36 (450 kW, D= 36 m; Prototyp der E-40) hinten: E-32 (300 kW, D= 32 m)

d) TACKE TW 300 (300 kW, D= 33 m) III

BUd 3.7: Deutsche Windkraftanlagen der mittleren Leistungsklasse

Page 61: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

48

3. 1.4 Anlagen fur den Inselbetrieb

Bild 3.8 zeigt Windkraftanlagen, deren Entwicklung mehr oder weniger direkt auf Forschungsaktivitaten an der TU Berlin zuriickgeht. Ein Schwerpunkt dieser Arbeiten, der auch in diesem Buch zum Ausdruck kommt, bildet die Systemeinbindung von Windkraftanlagen in den autonomen Inselbetrieb: Batterielader, Windpump-, Inselnetz­und Hybridsysteme (Wind/Solar oder WindIDiesel).

Die Interdisziplinare Projektgruppe flir AngepaBte Technologie IPAT hat 1978 - 1990 in Zusammenarbeit mit mehreren Instituten der TU Berlin u.a. Windpumpsysteme flir den Einsatz in Entwicklungslandern entwickelt. Daraus entstand u.a. die IPA T­Segelwindturbine (Bild 3.8a rechts) flir den lokalen Nachbau in EntwicklungsIandern auf "niedrigem Fertigungsniveau". Sie treibt eine mechanisch direkt angekoppelte Kreiselpumpe flir Be- und Entwasserungsanwendungen an.

Mit einer (durch Generator und Motor) elektrisch angekoppelten Kreiselpumpe ist ein Windpumpsystem zwar aufwendiger, daflir aber flexibler einsetzbar. Ftir diesen Einsatzfall wurde die Windturbine TUP 6.0E mit mechanisch geregelter Rotorblatt­verstellung entwickelt (Bild 3.8a links). Der gleiche Rotor, der technisch komplexer, aber effizienter als der Segelrotor ist, wurde auch flir das System mit mechanischer Pumpenankopplung eingesetzt (TUP 6.0M: Bild 3.8a mitte) /12/.

SUDWIND hat seine Windkraftanlage der Serie 1200 (Bild 3.8b), die im netzgekoppelten Betrieb je nach Standort mit Asynchrongeneratoren zwischen 30 und 45 kW ausgestattet werden, auch flir den Inselbetrieb weiterentwickelt. Zur Erhohung der Versorgungssicherheit kann die Windturbine (mit einem 30 kW - Synchron­generator ausgertistet) im Verbund mit einem Dieselaggregat arbeiten. Eine Besonderheit dieser Anlage ist der Schlaggelenkrotor, der auf umfangreiche Untersuchungen an der TU Berlin tiber die Dynamik von Windkraftanlagen mit gelenkiger Rotorblattaufhangung zuruckgeht /z.B. 13/.

Das Wind/Solar-Hybrid system ATLANTIS WB 15 (Bild 3.8c) wurde flir die batterie­gepufferte Stromversorgung von Kleinverbrauchem entwickelt, die auf eine hohe Versorgungssicherheit angewiesen sind /14/.

Aus dem Fachgebiet flir Bionik und Evolutionstechnik der TU Berlin stammt die Entwicklung des BERWIAN (Bild 3.8d), einer Windkraftanlage mit Konzentratoreffekt. Randwirbel, die sich an den Fltigelenden der (feststehenden) Konzentratorrosette ausbilden, induzieren eine tiberhohte Windgeschwindigkeit in der Durchstromflache des Rotors. Durch den Konzentrator kann die rotierende Masse der Anlage kleiner gehalten werden und dartiberhinaus wegen der Erhohung der Rotordrehzahl kein bzw. ein kleineres Getriebe verwendet werden. Experimentell nachgewiesen wurde mit diesem Prinzip eine "Leistungssteigerung" urn den Faktor 8 am drehenden Rotor /15/.

Page 62: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

a) IPAT-Segelwindpumpe (2.5 kWRotor, D= 5 m) TUP 6 .0M (4.5 kWRotor, D= 6 m) TUP 6.0E (5 kW, D= 6 m) (von rechts nach links)

49

b) SUDWIND £1230 (30 kW, D= 12.5 m) III WindlDiesel-System, Emden

c) ATLANTIS WindlSolar-Hybridsystem WB 15 (0.3 kW, D= 1.5 m) III (versorgt Antarktis-Meflstation)

d) BERWIAN (5 kW, DRotor= 2 m, DKonz.= 7.2 m)

BUd 3.8: Windkraftanlagen fur den Inselbetrieb (Berliner Entwicklungen)

Page 63: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

50

Wie die in Bild 3.8 vorgestellten Berliner Entwicklungen I)aben die in Bild 3.9 vorgestellten Inselbetriebsanlagen anderer Hersteller auf dem aktuellen Markt fUr Wind­kraftanlagen, der fast ausschlieBlich netzeinspeisende Windkraftanlagen verlangt, keine besondere Bedeutung. Sie sind aber fUr eine konzeptionelle Diskussion von konstruk­riven LOsungen interessante Beispiele.

Eine Ausnahme macht hier die KIJITO 20FT (Bild 3.9a), die dem Konzept der "amerikanischen Westernmill" folgt /16/. Sie wurde von LT. POWER in GroBbritannien entwickelt und im Rahmen eines Technologie-Transfers von Kenia Ubernommen, wo sie fUr den Verkauf im eigenen und den umliegenden Uindern gefertigt wird und dort einen kleinen, aber sicheren Absatzmarkt findet.

Eine Windkraftanlage auf einem ganz anderen technologischen Niveau ist die von der Universitat Stuttgart entwickelte FLAIR 8 (Bild 3.9b). Sie wurde u.a. als Windpumpsystem erprobt, bei dem eine Kreiselpumpe wie bei der TUP 6.0E der TU Berlin tiber eine "eIektrische Welle" angetrieben wird, also durch direkte Kopplung von Generator und Pumpenmotor Uber ein Kabel -ohne Regelelektronik. Von besonderem Interesse an der FLAIR ist jedoch das von Prof. Wortmann entwickelte Konzept des "weich" an der Gondel aufgehangten Einblattrotors, wobei die Gondel ebenfalls "weich" am Turm angekoppelt ist. Der Grundgedanke dabei ist, die starke Strukturbeanspruchung der Windkraftanlage durch die hohen Wechsellasten aus der komplexen Dynamik des Systems zu reduzieren, indem den dynamischen Kraften -durch mechanische und aerodynamische Dampfung kontrolliert- "freies Spiel" gewahrt wird 117/.

Das bei der FLAIR besonders konsequent umgesetzte Prinzip des Wortmannschen Einblattrotors stand konzeptionell in einer gewissen Konkurrenz zum Htitterschen Zweiblattrotor mit Pendelnabe.

Wie das HUtter-Konzept im GROWIAN fand der Einblattrotor in den MONOPTEROS­Anlagen von MBB (Bild 3.4d) seine groBtechnische Realisierung. Der MON 400, VOrlaufer des MON 50, war ursprUnglich nur als "Modellanlage" fUr den GROWIAN 2 gedacht, der nach gleichem Konzept mit 120 m Rotorkreisdurchmesser und 4,2 MW installierter Leistung gebaut werden sollte.

Die FLAIR verfUgt tiber einen mechanischen Fliehkraftregler zur Blattwinkelver­stellung. Die WENUS INVENTUS wird ebenfalls durch einen mechanischen Regier in der Leistung begrenzt. Ais Regelkrafte wirken hier jedoch windabhangige Luftkrafte und drehzahlabhangige Massenkrafte am Rotorblau. Bild 3.9c zeigt die Anlage als Windpumpsystem in der Inneren Mongolei.

Der Verzicht auf ein Getriebe ist neben anderen Besonderheiten ein Charakteristikum der HM56 der Firma HEIDELBERG MOTOR (Bild 3.9d), in deren Rotornabe ein

Page 64: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

a) KIJITO 20FT (2.5 kWRolor, D= 6.1 m)

c) INVENTUS 6 SAS (5 kW, D= 6 m) III in der Inneren Mongolei

b) FLAIR 8 der Unjversitiit Stuttgart (7 kWRolOr, D= 8 m)

d) Hejdelberg Motor HM 56 (20 kW, D= 10 m) III

BUd 3.9: Windkraftanlagenfur den Inselbetrieb

51

Page 65: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

52

Ringgenerator mit Wanderfeld integriert ist /19/. Die HM 56 wurde flir die speziellen Anforderungen zur Stromversorgung der antarktischen "Georg-von-Neumayer"­Forschungsstation weiterentwickelt (im Diesel-Verbund). Der Dreiblattrotor mit vertikaler Drehachse (H-Darrieus) erlaubt eine sehr robuste Bauweise ftir extreme Windverhaltnisse.

1 Blan. 2 Nabe. 3 Planform. 4 Pendellager, 5 Pendeldampfer. 6 Hydraulikzylinder fUr Blattspit:l.e. 7 Planetengetriebe, 8 Bremsc. 9 Gencratorwelle. 10 Rutsehkupplung, II Ge· nerator, 12 LUfler, 13 Notwinde. 14 Olkilhlcr. 15 Verkleidung. 16 Luke, 17 Drehkran1., 18 WindnachfUhrung. 19 Hydraulik

. . --I -- ' \

~J i. \

Maschinenkopf einer Megawatt-Anlage neuerEeneration (NORDIC lOOO, Ii!)

3.2 Charakteristische Vorgaben fUr die Konstruktion von Windkraftanlagen

Der Entwickler einer Windkraftanlage muB bei der Konstruktion einige flir diese Technik typische Besonderheiten im Auge behalten, die fiir nahezu alle Details eine Rolle spielen. Anders als ftir den Nutzer ist eine Windturbine ftir den Konstrukteur zuallererst ein schwingendes System und erst in zweiter Linie eine energieumsetzende Maschine. Die statischen Beanspruchungen aller Komponenten einer Windkraftanlage sind von einem hohen dynamischen Anteil tiberlagert, der nicht nur in den stochastischen Schwankungen des Windes, sondern auch in den periodischen Anregungen aus der Rotordrehzahl und ihren Vielfachen seine Ursache hat (vergl. Kap. 12).

Bei der Auslegung der Windturbine auf Dauerfestigkeit mtissen extrem hohe Lastwechselzahlen ftir die dynamischen Beanspruchungen angesetzt werden. Bei einer angestrebten Lebensdauer des Aggregats von zwanzig Jahren folgt bei einer Nenndreh-

Page 66: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

53

zahl von 50 min- I (die fiir eine 55 kW - Anlage typisch ist) und einer jiihrlichen Betriebszeit von 5500 heine Lastwechselzahl von 20*50*5500*60*3 '" 109 durch die Blattanregende eines Dreiblattrotors. Fiir viele Materialien wie z.B. Verbundwerkstoffe sind Dauerfestigkeiten flir solche Lastwechselzahlen gar nicht zuverliissig bekannt.

Es ist ein weiteres Charakteristikum von Windkraftanlagen, besonders solchen, die mit variabler Drehzahl arbeiten, daB die verschiedenen Anlagenkomponenten (Getriebe, Generator, Pumpe ... ) nieht nur in ihrem Nennpunkt, sondem stiindig im Teillastbereich gefahren werden. Viele Komponentenzulieferer konnen fUr diesen Betriebsbereich jedoch keine zuverliissigen Daten nennen. Geringere Wirkungsgrade jenseits des Nenn­punktes machen dariiberhinaus eine sorgfaltige Auslegung des Gesamtsystems notwen­dig, urn trotz des regelmiiBigen Teillastbetriebs zu optimalen Ertragswerten zu kommen.

Gemessen daran, daB Regenerative Energien oft als "Einfachtechnologie" abqualifiziert werden, erfordert die Entwicklung von Windkraftanlagen einen hohen Grad an Inter­disziplinaritiit. Ein weites Feld von Fachgebieten ist mit hoher Qualifikation gefordert: Aerodynamik, Maschinenbau, Strukturdynamik, Elektrotechnik, MeB- und Regelungs­technik, Bautechnik, Kunststoffertigung und Elektronik. Die mitunter starke Unter­schiitzung der technischen, zeitlichen und vor allem auch finanziellen Anforderungen zur Entwicklung von zuverliissig und okonomisch arbeitenden Windkraftanlagen fUhrte in den Anfangen der Windenergienutzung zu vielen bitteren Rlickschliigen.

3.2.1 Einsatz und Betriebsfiihrung

Die Wechselbeziehung zwischen Anwendung und konstruktivem Konzept der Windturbine wurde bereits im Abschnitt 3.1 erwiihnt. Eine zweite grundsiitzliche Entscheidung fUr die Gestaltung der Windkraftanlage trifft der Entwickler mit dem Betriebsjuhrungskonzept, das letztlich die technische Schnittstelle zwischen Anwendung bzw. Betriebsweise und konstruktivem Aufbau der Windturbine schafft.

Das BetriebsfUhrungskonzept umfaBt nicht nur die Parameter zur Kontrolle des sogenannten "Produktionsbetriebs" der Windkraftanlage, sondem auch alle MaBnahmen zur Leistungsbegrenzung und Sicherung der Anlage -z.B. die Entscheidung, ob die Anlage passiv durch StromungsabriB "stall" oder aktiv durch Blattwinkelverstellung "pitch" in der Leistungsabgabe begrenzt wird (vergl. Kap. 11).

Flir die Konstruktion einer Wind turbine ist das BetriebsfUhrungskonzept auch deswegen von so wiehtiger Bedeutung, weil sieh daraus ein groBer Teil der Betriebs­bzw. Spitzenbeanspruchungen auf die einzelnen Komponenten und Baugruppen ergeben: Ein Beispiel ist der maximal auf den Turm wirkende Schub bei Extremwind, der stark yom Sieherheitskonzept der Anlage abhiingt.

Page 67: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

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~ Windveneilung (Kaiser.Wilhelm·Koog 1986. Vmillel= 5.3m/s) [%) .--. Gemessene Leistungscharakterislik Pelok(V) [kW) - Anteil der jeweiligen Windgeschwindigkeit am Energieenrag [%) ~ Gemessener AnJagenwirkungsgrad l1ges (v) [%)

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1 ~~~

Stillstand ungeregelter Produktionsbetrieb I Starkwindbetrieb (Regelbereich) r Stunnab·

f schaltung

VCUl'lD vllopt Vrated Vcut·out

BUd 3.10: Betriebsbereiche einer Windkraftanlage am Beispiel der VESfAS V27-225 1201

30

20

10

o

Bei den meisten Windkraftanlagen wird die Betriebsftihrung durch eine programm­gesteuerte Elektronik umgesetzt. Sie zergliedert den Betrieb der Windkraftanlage typischerweise in vier Arbeitsbereiche (Bild 3.10) und steuert windgeschwindig­keitsabhangig den Ubergang zwischen diesen Bereichen sowie daran gekoppelte Funk­tionen der Anlage: Freigabe des Rotors, motorisches Anfahren, Netzsynchronisation, Zuschalten der Generatoren, Windnachftihrung, Eingriff der Leistungsregelung und Sturmabschaltung.

Typische Windgeschwindigkeiten (bezogen auf Hohe der Rotomabe) zur Charak­terisierung des Betriebs einer Windkraftanlage sind am Beispiel der VESTAS V27-225 in folgender Ubersicht zusammengefaBt /20/:

Einschaltwindgeschwindigkeit (cut-in wind speed): (Nenn-)Windgeschw. bei max. Leistungsabgabe (rated wind speed): Abschaltwindgeschwindigkeit (cut-out wind speed): Uberlebenswindgeschwindigkeit (survival wind speed):

3.5m/s 13.5m/s 25m/s ca.7Om/s

Wie sich aus der in Bild 3.10 unterlegten Windverteilung (vergL Kap. 4) erkennen liiBt, Biuft eine Windkraftanlage (nattirlich standort- und anlagenabhlingig) bis zu 75% der Zeit im ungeregelten Produktionsbetrieb, also ohne Leistungsbegrenzung. Die ver­bleibenden 25% der Zeit steht die Anlage still bzw. lliuft im sogenannten Starkwind­betrieb, d.h. mit geregelter Leistung (z.B. durch Blattverstellung; vergL Abschn. 3.9).

Page 68: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

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Flir die meisten Standorte liegt der zeitliche Anteil des Starkwindbetriebs bei nUT einigen Prozent, maximal jedoch wenig liber 10%. Extrem niedrig ist der zeitliche Anteil von stlirmischen Winden (>20rn/s), weswegen Windkraftanlagen bei solchen extremen und belastenden Windverhiiltnissen in aller Regel abgeschaltet werden (s. Abschn. 3.8).

Die Betriebsflihrung kontrolliert nicht nur den storungsfreien Normalbetrieb, sondern verarbeitet auch manuelle Eingriffe und setzt die Anlage bei Storungen und Fehl­funktionen still, die dUTCh zahlreiche Sensoren und Uberwachungselemente "gemeldet" werden:

- Uberschreiten der zuliissigen Maximaldrehzahl, - unzulassige Schwingungen in Gondel urtd Turm, - Druckabfall in der Hydraulik, - Netzausfall, - zu niedrige Spannung in der Pufferbatterie der Betriebsflihrung, - Uberleistung, Schieflast, Netzstorungen, - Ubertemperatur in Generator, Getriebe oder Giermotor, - Veranderung des Drehzahlverhaltnisses zwischen Generator und Rotor, - zu geringe Blattwinkelverstellgeschwindigkeit, - falsche Rotordrehrichtung, - zu niedriger Getriebe61stand, zu geringer Schmier61druck, - abgefahrene Bremsbelage, verschmutzter Hydraulikolfilter, - unzulassige Kabelverdrillung ...

Es ist leicht vorstellbar, daB die Betriebsflihrung eine zentrale Komponente flir den sicheren Betrieb einer Windkraftanlage ist. In der Schadensstatistik sind Fehler oder Ausfalle in der Betriebsflihrung daher die haufigste Ursache flir Havarien.

3.2.2 Auslegungswindgeschwindigkeit

Aus Bild 3.10 ist zu ersehen, daB der h6chste Anteil am Energieertrag der Anlage aus Windgeschwindigkeiten oberhalb der mittleren Windgeschwindigkeit am jeweiligen Standort resultiert. Auf die Windgeschwindigkeit, die dem Ertragsmaximum zugeordnet werden kann, muB der Systemwirkungsgrad der Gesamtanlage optimiert werden. Diese Auslegungswindgeschwindigkeit wird in der Regel auf dem 1,4 bis 2fachen (stark bzw. schwach turbulente Windverhaltnisse) yom Iahresmittel der Windgeschwindigkeit an den vorgesehenen Standorten flir die Windkraftanlage festgelegt (in Bild 3.10: 8.7 zu 5.3m/s; vergl. Kap. 4).

Da der Auslegungs- bzw. Optimalpunkt entsprechend der jeweiligen Windverteilung standortabhangig ist, wird verstandlich, warum Hersteller ihre Windkraftanlagen flir Schwachwind- bzw. Starkwindgebiete (Binnenland- bzw. Klistenstandorte) verschie-. den konfigurieren.

Page 69: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

56

3.2.3 Hauptdaten

Die Hauptabmessungen der Windkraftanlage werden wie das Betriebsflihrungskonzept am Anfang der Entwicklung festgelegt und sind ebenfalls eng an den geplanten Einsatz­fall flir die Anlage gekntipft. FUr eine vorgegebene Nennleistung Hillt sich der erfor­derliche Rotordurchmesser D grob aus

P 3 1t 2 PN =cpThs-vN-D 2 4

mit: p = 1,2 kg/m3

Cp = 0,3··0,5 llTs = 0,7" 0,9

VN = 10 .. 15 m/s

(Luftdichte) (Leistungsbeiwert) (Wirkungsgrad des Triebstranges inkl. Generator) (N ennwindgeschwindigkeit)

abschatzen. Dabei ist zu beachten, daB die Windgeschwindigkeit wegen der Boden­grenzschicht mit der Hohe zunimmt (vergl. Kap.4), was die unmittelbare Bedeutung der Turmhohe ftir die Leistungsausbeute aus der Windkraftanlage deutlich macht. Bei Festlegung der Nennwindgeschwindigkeit muB daher von den Windverhaltnissen in Hohe der Rotomabe ausgegangen werden.

D [m] 100 H[m] 100 Pins! [kW] 3000

32 36

300

15 23 55

BUd 3.11,' Hauptdaten von groj3en, mittleren und kleinen Wind­kraftanlagen (GROWIAN, Enercon-32, Vestas VI5-55)

Ein Blick in Tab. 3.1 macht deutlich, wie wenig eindeutig der Zusammenhang zwi­schen Rotordurchmesser und installierter Generatorleistung ist. Viel wichtiger flir den Energieertrag sind abgesehen von anlagenspezifischen Wirkungsgraden die Winddaten am Standort und die Hauptab­messungen der Windkraftanlage (Durch­messer, Nabenhohe; Bild 3.11). Die Aus­wahl der GeneratorgroBe hangt mehr von der jeweiligen Auslegungsphilosophie des Entwicklers ab (z.B. Starkwind- oder Schwachwindauslegung; siehe oben) und ist daher kein MaB flir den zu erzielenden Ertrag.

Page 70: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

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3.3 Rotor

In diesem Abschnitt werden allgemeine Merkmale des Rotors wie die Orientierung seiner Drehachse, Stellung zum Turm, Schnellaufzahl bzw. Drehzahl und Blattzahl behandelt. Der geometrische und konstruktive Aufbau der einzelnen Blatter sowie die Nabenkonstruktion zur Verankerung der Blatter an der Rotorwelle werden in den beiden folgenden Abschnitten diskutiert (3.4 und 3.5).

Die Orientierung der Rotorachse gehOrt zu den fundamentalen Unterscheidungs­merkmalen von Windkraftanlagen. Weit in der Uberzahl sind Horizontalachs­windmiihlen, obwohl einige gewichtige Vorteile der Vertikalachser uniibersehbar sind und im Verlauf dieses Kapitels genannt werden. Es wird unter den Vertikalachsern im wesentlichen unterschieden zwischen dem -auch "Schneebesen" oder "egg beater" genannten- Darrieus-Typ mit Blattern, die entsprechend einer Seillinie (Toposkiene; Bild 3.3d) gekriimmt sind, und den Vertikalachsern mit senkrechten, geraden Blattern wie bei der HM-Anlage (Bild 3.9d).

Bei den Horizontalachsern muB dariiberhinaus die Stellung des Rotors zurn Turrn unterschieden werden. Starker verbreitet sind sogenannte Luvlaufer, bei denen der Rotor in Windrichtung vor dem Turm lauft (up wind rotor). Leelaufer (down wind rotor) haben den flir Genehmigung und Akzeptanz der Windkraftanlage gewichtigen Nachteil, daB der periodische Gang des Rotorblatts durch die verwirbelte Stromung im Turmnachlauf ("Turmschatten") eine storende Liirmquelle ist. Weil zudem die auf den Rotor wirkenden Luftkriifte im Turmschatten immer kurzzeitig zusammenbrechen, wird ein Leelaufer zusatzlichen Wechselbeanspruchungen ausgesetzt.

Vorteilhaft am Prinzip der leeseitigen Rotoranordnung ist es, daB es eine passive Windnachflihrung prinzipiell moglich macht, was allerdings nur bei kleinen Anlagen ausgenutzt wird. Auch einige GroBanlagen, wie z.B. GROWIAN oder die WTS-3, wurden als Leelaufer (mit aktiver Windnachflihrung; siehe Abschn. 3.7) gebaut, weil die elastischen undloder gelenkig aufgehangten Rotorblatter bei einer BOe in den Turm bzw. seine Abspannungen schlagen konnten, wenn der Rotor vor diesem lauft.

Die Rotordreh7.ahl gehort wie die Hauptabmessungen zu den wichtigen Auslegungs­parametem fUr eine Windkraftanlage. Die Leistung einer Wind turbine

P = Mil = M 2nn

ergibt sich aus dem Produkt von Rotordrehmoment M und Rotordrehzahl n = Q/(2n).

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Die Rotordrehzahl ist liber A = 27tnR/v) = OR/v) mit der Schnellaufzahl A verknlipft, welche als das Verhiiltnis von Blattspitzenumlauf- zur anstromenden Windgeschwindig­keit v) eingeftihrt wurde. Die Schnellaufzahl ist ein wichtiger Parameter flir die aero­dynamische Auslegung der RotorbllUter (siehe Kap. 5). Langsamlaufer haben eine Schnellaufzahl A"" 1 und liefem ein hohes Drehmoment (z.B. Westemmill mit Kolbenpumpe); netzgekoppelte Windkraftanlagen werden mit Schnellaufzahl A = 5 .. 8 ausgelegt und Hefem hohe Drehzahlen flir die Generatoren (Bild 3.12).

Windturbinen, die mit konstanter Drehzahl betrieben werden, haben wegen A - n/v eine mit der Windgeschwindigkeit veranderliche Schnellaufzahl und konnen daher den bei der aerodynamischen Auslegung ~ugrundegelegten Wert AA nur flir eine einzige Windgeschwindigkeit realisieren. Dagegen konnen drehzahlvariabel betriebene Windturbinen bei richtiger Anpassung der angetriebenen "Last" in einem wei ten Bereich von Windgeschwindigkeiten mit der Schnellaufzahl gefahren werden, die flir die aerodynamische Optimierung der Rotorblatter zugrundegelegt wurde. Der dreh­zahlvariable Betrieb ist daher fUr die Effizienz des Rotors vorteilhaft, erfordert aber z.B. flir die frequenzkonstante Netzeinspeisung mit 50 bzw. 60Hz einen erhohten systemtechnischen Aufwand (siehe Kap. 10).

Winddreiecke an der Blallspitze: Umfanggeschwindigkeit u = 21tR, Windgeschwindigkcit in der Rotor­ehene v2 = 2/3 v I, resultierende Anstromung c; s. Kap. 5)

Aausl = 1 Aausl = 2 Aausl = 6 Aausl = 8 Aausl = 11

BUd 3.12.- Unterschiede im Aujbau von Windkraftanlagen mit verschiedener Schnell­lauJzahl (Westernmill, IPAT-Segelwindturbine, NORDTANK 150XLR, VENT IS 20-100, FLAIR 8)

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Windturbinen mit niedrigen Schnellaufzahlen haben ein hohes Anlaufmoment, erfordern eine hohe Fliichenbelegung auf der Rotorkreisfliiche (Bild 3.12; vergl. Kap. 5) und bewirken einen hohen Rotorschub auf den Turm bei stillstehender Anlage, weswegen der Rotor zur Stillegung aus dem Wind gedreht werden muB. Windturbinen mit hohen SchneIlaufzahlen brauchen unter Umstiinden eine Anlaufhilfe und kommen mit wenigen, schlanken Fliigeln aus. Windturbinen mit 1.>8 (wie z.B. die FLAIR mit Iv: 11) werden heute kaum mehr gebaut, weil die Schallabstrahlung des Rotors etwa in sechster Potenz mit der Blattspitzengeschwindigkeit verkniipft ist.

Indirekt verkniipft mit der Schnellaufzahl ist die BlaUzahl des Rotors (Bild 3.12). Westernmills, die wegen ihrer niedrigen Schnellaufzahl eine hohe Fliichenbelegung der Rotorkreisfliiche benotigen, werden meist mit zwanzig bis dreiBig Rotorbliittern gebaut, die aus einfachen Blechschaufeln gefertigt sind. SchneUiiufige Rotoren fUr strom­erzeugende Windkraftanlagen werden in der Mehrzahl mit drei, aber auch mit zwei oder sogar nur einem Fliigel gebaut, die fUr eine gute Leistungsausbeute aus hochwertigen Profilen gefertigt werden miissen (vergl. Kap. 5).

Fiir eine moglichst geringe Fliigeltahl spricht der hohe Anteil dieses Bauteils an den Gesamtkosten: Typischerweise betriigt der Kostenanteil eines Dreiblatt-Rotors etwa 20%. AIle MW-Anlagen der ersten Generation wurden daher mit Zweiblattrotoren reali­siert (Bild 3.4). Diese Tendenz setzt sich bei modemen MW-Anlagen fort (Bild 3.5).

Wegen der gleichmiiBigeren Massenverteilung iiber die Rotorkreisfliiche sind Dreiblatt­rotoren allerdings dynamisch ruhiger. Der Zweiblattrotor hat ein mit seinem Umlauf periodisch variierendes Triigheitsmoment gegen die Gierbewegung der Gondel urn die Turmachse (zur WindnachfUhrung). Beim Einblattrotor muB zusiitzlich eine sogenannte aerodynamische Unwucht bewiiltigt werden, da die Luftkriifte am Fliigel nicht wie beim Zweifliigler durch einen Gegenfliigel kompensiert werden. Daher ist der Dreiblattrotor derjenige, der mit der geringsten Blattzahl im dynamischen Sinne scheibenfOrmig und deswegen laufruhig ist -auch im optischen Sinnet Der "schwingenden Keule" eines Einblattrotors wird vielfach eine irritierende Wirkung im Landschaftsbild nachgesagt und auch Zweiblattrotoren laufen optisch "unrund".

3.4 Rotorblattbauweise und Materialien

Der Aufbau des einzelnen Rotorblatts ist durch das verwendete Fliigelprofil, durch die auBere Geometrie sowie durch die eingesetzten Materialien bestimmt.

Wie im Kap. 5 noch niiher erlautert wird, stellt die Schnellaufzahl auch unterschiedliche Anforderungen an die Giite des Fliigelprofils. Westernmills verwenden das Profil einer gewolbten Platte, wiihrend bei den stromerzeugenden Windkraftanlagen Hochauf-

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triebsprofile mit einem sehr gtinstigen Verhaltnis von Auftriebs- und Widerstands­beiwert (Gleitzahl) eingesetzt werden. Sehr gebrauchlich sind z.B Profile aus der NACA-44 und NACA-63-Serie.

Aus der erforderlichen Profilgiite folgen unmittelbar Bedingungen an das Herstellungs­verfahren und das Material flir das Rotorblatt. Das einfache Profil der langsam­laufenden Westernmills wird mit gebogenen Stahlblechen realisiert. Das tiber einen Holm gezogene, doppelwandige Segel der mittelschnellaufigen IPA T -Segel wind turbine (/1.',,2; Bild 3.8a) wird durch Endplatte am Aussenradius und Abspannung am Innen­radius geometrisch festgelegt und bekommt durch die Anstromung eine Profilform.

100

~ 80 -~60 '"

::E 40 u

---GFK ~n - 20 ~

O+-~r--+--~--+-~---+--~ JOl I ()2 I ()3 I ()4 105 I ()6 107

Belastungszyklen

Bild 3.13: a) Dauerfestigkeit von GFK und CFK (aus 121/)

3mm AuBenlaminat

6 Lagen Rovings

3 U-Holme aus GFK

b) Schnitt durch einen 12m-Flugel (LM, IJI)

Die Profile der Schnellaufer werden tiberwiegend aus glasfaser- und neuerdings auch kohlefaserverstarkten Kunststoffen (GFK bzw. CFK) laminiert. Letztere sind zwar teurer, weisen aber gemaB Bild 3.13a eine ca. dreifach hohere Dauerfestigkeit auf und sind daher ideal flir Leichtbautechnik. Die form- und festigkeitsgebenden Profilschalen der GFK-Fliigel werden ausgeschaumt und/oder durch GFK-Stege zusatzlich versteift (Bild 3.13b). Die Krafteinleitung vom GFK-Rotorblatt in den Metallflansch flir den NabenanschluB ist ein kniffliges Problem (Bild 3.14), weswegen in einigen Fallen, insbesondere bei den GroBanlagen, Stahlholme als tragende Struktur flir das Blatt verwendet werden (GROWIAN, WTS-75). Bei der AEOLUS II werden holmlose Blatter aus einem GFK/CFK-Verbund erprobt, die gegentiber den Blattern der Vor­gangeranlage WTS-75 in GFK/Stahlholm-Mischbauweise 75% Gewicht einsparen /9/. TACKE wird bei seiner Megawatt-Anlage CFK fUr die tragende Blattstruktur einsetzen.

Bei der amerikanischen Versuchsanlage MOD-5b wurde der komplette Zweiblattrotor von 97m Lange als ein Sttick aus Stahlblechen geschweiBt und genietet. Rotorblatter komplett aus Metall zu bauen ist besonders bei Windkraftanlagen vom Darrieus-Typ

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61

tiblich: das unverwundene Blatt mit konstanter Fltigeltiefe erlaubt eine kostengtinstige Fertigung als Alu-StrangpreBprofil.

i I I I I

. &--&-e- -@----1t -8-9 ~.

BIW 3.14: a) Blattanschluj3 an den Nabenflansch (aus /22/)

b) Blattschaden durchfehlerhaften Naben­anschluj3

Bei kleineren Anlagen findet man mitunter auch Fltigel aus schichtverleimtem Holz, die auBen zur Versiegelung mit einer GFK-Haut tiberzogen sind. WIND ENERGY GROUP hat eine ganz eigene Fertigungstechnik entwickelt, bei der dtinne Holz-

HAC" 4415

N"C-' 4418

FX T1 W343

BUd 3.15: Aufreihung verschiedener PLUgelprojile am Blatt der DEBRA 25 (aus /23/)

schichten mit Epoxy-Harz durchtrankt werden. Dieses Verfahren, das z.B. beim Blatt der WEG 400 (Bild 3.5) zum Einsatz kommt, verbindet die guten Materialeigenschaft von Holz mit den Fertigungsvorteilen der Laminiertechnik.

Die aerodynamische und konstruktive Optimierung des Rotorblatts ftihrt zu komplexen Blattgeometrien mit spha­risch gekrtimmten Oberflachen, die sich kostengtinstig kaum ohne den Einsatz von Kunststofftechnologien verwirk­lichen lassen. Bild 3.15 zeigt, daB oft sogar das Fltigelprofil entlang der Blatt­achse verandert wird, urn die konstruktiv notwendige Dicke an der Blattwurzel zu erreichen.

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Haufig werden jedoch Kompromisse zur optimal bestimmten Form eingegangen, urn an Herstellungskosten zu sparen. Eine Moglichkeit dazu ist eine Abweichung vom optima­len Tiefenverlauf nach der Theorie von Betz und Schmitz (Kap. 5), der in der Reinform nur von wenig en Herstellern realisiert wird (z.B. SUDWIND; Bild 3.16). Haufig zur

I I

/ I

, , ,

Anwendung kommt der sogenannte Trapez­flUgel mit gerader Hinterkante. Eine weitere Vereinfachung ist der RechteckflUgel, der besonders dann gUnstige Herstellungsver­fahren erlaubt, wenn daruberhinaus auf die Blattverwindung verzichtet wird und z.B. ein StrangpreBprofil (wie bei vielen Darrieus­Anlagen) verwendet werden kann. An der TU Berlin wurde am TUP 6.0-Rotor mit mecha­nisch geregelter Blattverstellung eine solche Geometrie erfolgreich erprobt /24/. Auch die HM-Anlage (Bild 3.9d) kommt mit einer einfachen Rechteck-Geometrie aus.

BUd 3.16: BlattieJenverlaufnachBetz; VereinJachungen mit Trapez­und Rechteckgeometrie.

3.5 Nabe und B1attverankerung

Das Rotorblatt kann starr oder gelenkig ("schla­gend") eingespannt werden. Eine spezielle Bau­form ermoglicht der Zweiblattrotor, dessen Doppelblatt als ganzes pendelnd in der Nabe verankert werden kann. AIle drei Bauformen konnen zur Leistungs- und Drehzahlbegrenzung mit einer reglergeftihrten Bewegung urn die Blattlangsachse ("pitchen") kombiniert werden. Die theoretisch mogliche Bewegung urn die dritte Achse am BlattanschluB (Schwenkachse; Bild 3.17) wird in der Praxis nicht realisiert. Statt­dessen werden zum Auffangen von Wech­sellasten in dieser Richtung (MomentenstOBe) oft zusatzliche Komponenten in den Triebstrang eingebaut (spezieIle Kupplungen, drehelastische Getriebeaufhangung).

.--.-.-- . Schwenkachse

_._0-0 Rotorachse

BUd 3.17: Bezeichnung der Achsen am BlattanschlufJ

.-.

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63

Die meisten Hersteller setzen nach wie vor auf einen starren BlattanschluB. Das ist solide, halt den Anteil an beweglichen und storanfalligen Bauteilen niedrig und ist konstruktiv verhaItnismaBig Uberschaubar. Die schwere Bauweise nicht nur der FlUgel, sondern auch der Nabe und der sonstigen tragenden Struktur folgt als groBter Nachteil aus dem konstruk­tiven Konzept mit starrem Blatt­anschluB (Bild 3.18). Denn auch bei extremen Windgeschwindigkeiten stehen die (dann gebremsten) Rotor­blatter mit ihrer ganzen Flache quer zum Wind und mUssen einen erheb­lichen Staudruck (Schub) aufnehmen.

BUd 3.18: Starre Nabe eines Dreiblattrotors

Der erhohte konstruktive und meist auch systemtechnische Aufwand fUr eine beweg­liche Rotorblattverankerung an der Nabe rechtfertigt sich daher ganz wesentlich aus einer Reduzierung der Spitzen-'und Betriebsbeanspruchungen an der Anlage und der dadurch ermoglichten leichteren Bauweise. Anders als bei Kleinanlagen fallen bei groBeren Anlagen schwere Bauteile bzgl. der Kosten viel starker ins Gewicht (siehe Kap. 8), als der fUr eine bewegliche Blattaufhangung erforderliche systemtechnische Aufwand. Daher hat kaum eine Megawatt-Anlage einen starren BlattanschluB.

BlattanschluB... starr

c:=::=> V

~@l-V i

Hohe BiegewechseUasl auf ROlorwelle und Schlagbiege(wechsel)last auf Blanwurzeln

starr und pitchend

Entlaslel aile Anlagen· Komponenten von Bean· spruchungen aus den mittleren Luftlcrllflen bei Starkwind und Sturm

schlagend

Entlaslel Blattwurzeln von allen Schlagbiege· momenten und Rotor· welle von Biegewechsel· lasten aus raumlich un· gleichmaBiger Rotoran· strOmung

I pendelnd

/

Entlastet Rotorwelle von BiegewechseUasten aus raumlich ungleichmaBi· ger AnstrOmung und reduziert dynamischen Anteil von Schlagbiege· momenten an der Blatt· wurzel

Bild 3.19: Verschiedene Nabenbauformen und damit zu erzielende Entlastungen von Rotorwelle und Blattwurzel

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Bild 3.19 gibt einen Uberblick tiber einige Altemativen zur starren Nabe sowie die daraus zu erzielende Entlastung von Rotorwelle und Blattwurzel.

Durch ein Verdrehen des Rotorblatts um seine Uingsachse werden der Winkel der Blattanstromung und damit die antreibenden Luftkrafte verandert. Das Pitchen wirkt also auf die Leistungsabgabe des Rotors und kann daher zur Regelung und Begrenzung der Leistungsabgabe (und ggf. der Drehzahl; siehe Abschn. 3.9) von Windkraftanlagen genutzt werden. Das Drehen des Blattes "in den Wind" in die sogenannte Fahnen­stellung bewirkt jedoch nicht nur eine Verringerung der Antriebskrafte, sondem reduziert alle Krafte am Rotorblatt und damit auch die aus ihnen resultierenden Belastungen. Durch den Pitch wird demnach eine Reduktion der quasistatischen Beanspruchung aus den mittleren Luftkraften bei Starkwind und Sturm erzielt.

Da die tragende Struktur der Windkraftanlage, welche die Krafte am Rotor absttitzen muB, besonders bei GroBanlagen einen kostenbestimmenden Faktor darstellt, ist eine Pitchverstellung ab mittlerer AnlagengroBe oft vorzufinden. Alle Forschungs-GroB­anlagen haben darauf vertraut, wobei allerdings zum Teil nicht das ganze Blatt, sondem z.B. nur etwa das auBere Drittel des Blattes verstellt wird (MOD-5b; Bild 3.3c).

mittlere Windgeschwindigkeit T urbulenz

mittlerer

Der Schlaggelenkrotor ist ein typisches Merkmal der SUDWIND E 1237 (Bild 3.8b). Das Schlaggelenk an jedem Rotorblatt entlastet Rotorwelle und Blattwurzel von allen Beanspruchungen durch Biegung um die Schlagachse. Solche Biegebeanspruchungen entstehen durch den "Winddruck" auf das Blatt (Schub) sowie durch raumlichen Ungleich­maBigkeiten in der Windanstromung (Bild 3.20). Ein starr an der Nabe eingespannter Rotor verursacht bei ungleichmaBiger Anstromung tiber die Rotorkreisflache durch Verschiebung des Kraftzentrums aus dem Rotormittelpunkt auch eine Biegebeanspruchung der Rotorwelle. Diese wird durch Schlaggelenke ebenfalls ver­mieden.

Hbhenwindgradient

(BodengrenzschichtJ 1m Produktionsbetrieb ensteht am Rotorblatt ein /l )'/ Gleichgewicht zwischen Fliehkraften Fz und ~ Schub FS, bei dem der sich frei einstellenden

Schlagwinkel auf Werten unter 10° begrenzt Bild 3.20: Riiumliche Ungieichmiiftig-

keiten in der Anstromung des Rotors (nach /25/)

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bleibt (Bild 3.21). Hohere Schlagwinkel stellen sich nur ein, wenn die Fliehkriifte wegen geringer Rotordrehzahl anteilig zu klein sind: z.B. beim Stillstand der Anlage, bei dem sich der Rotor regenschirmartig zusammenklappt. Urn einen Anlauf der Anlage zu ermoglichen, miissen daher Zusatzeinrichtungen angebracht werden wie z.B. Aufrichtfedern (SUDWIND), AnschHige, Syn­chronisiergestange oder hydraulische Kompo­nenten. Diese Bauteile sind aufwendig und setzen dem Prinzip des Schlaggelenkrotors teilweise Baugrenzen /26/.

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BUd 3.21: Kriiftegleichgewicht am Schlaggelenkrotor

Das Schlaggelenk entlastet die Blattwurzel von Biegebeanspruchungen urn die Profilsehne, wo das Widerstandsmoment wegen der schlanken Profilquerschnitte nur gering ist. Das ermoglicht eine Gewichtsreduzierung des Rotorblatts urn max. 75%. Bei Anlagen mit starrer Nabe kann man sich den beim Schlaggelenkrotor genutzten Effekt zumindest im Auslegungsbetriebspunkt der Anlage zunutze machen, indem der Rotor mit einem festen Schlagwinkel gebaut wird (der dann Konuswinkel genannt wird; siehe auch Kap.7, Bild 7.1b): NORDTANK hat z.B. am Prototyp seiner 150kW-Anlage damit experimentiert .

"'--.

RotorwelJe mit Traverse

Kopplung von Pendeln

Eine speziell auf Zweiblattrotoren zugeschnittene Entwicklung ist die Pendelnabe. Sie kann Belastungen aus der raumlichen UngleichmaBig­keit des Windes reduzieren, wobei

und Pitchen hier im wesentlichen die Rotorwelle von entsprechenden Biegebean­spruchungen entlastet wird. An den Rotorblattwurzeln wird lediglich der dynamische Anteil vom Schlag­Biegemoment verringert. Das Bau­prinzip der Pendelnabe ist besonders bei leelaufigen GroBanlagen (z.B. GROWIAN und WTS-3) zum Ein­satz gekommen, bei denen sich die Bodengrenzschicht wegen der gro­

BUd 3.22: Pendelnabe des GROW/AN (nach 1271)

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Ben Anlagenabmessungen besonders stark in einer ungleichmaBigen Anstromung des jeweils unteren und oberen Blattes bemerkbar macht. Diese Asymmetrie wird bei LeeHiufem noch versUirkt, wenn das jeweils untere Blatt durch den Turmschatten streicht (Bild 3.20). Die Wirkung der Pendelnabe kann noch verbessert werden, wenn an die Pendelbewegung eine Pitchverstellung der Blatter gekoppelt ist, die so erfolgen muS, daB die Krafte, die die Asymmetrie verursachen, kompensiert werden ("HUtter­Nabe"; Bild 3.22). Bei einigen neueren GroSanlagen kommt wieder eine Pendelnabe zum Einsatz (GAMMA 60, WEG, NORDIC: Bild 3.5).

Die Kopplung der Pendel- mit der Pitchbewegung -in Anlehnung an ein ent­sprechendes Prinzip im Hubschrauberbau ~3-Kopplung genannt- ist auch bei den Naben der Einblattrotoren Ublich, die yom kon-struktiven Aufbau der Pendelnabe ahnlich

Schlagen sind, yom physikalischen Prinzip aber eine "'-. ,c;1). Kombination aus Schlag- und Pitchnabe

zr.. sind. Wie Bild 3.23 zeigt, ist eine solche "'-.

....... komplexe Nabe beim Einblattrotor durch eine

BUd 3.23: Schlag-Pitch-Nabe der FLAIR 8 mit Kardangelenk (aus /171)

kardanische Aufhangung relativ einfach auf­zubauen, andererseits wegen der dynami­schen Besonderheiten dieses Konzepts auch eine zwingende Notwendigkeit.

An einem Mehrblattrotor wurde die Kombination von Pitch- und individueller Schlag­bewegung bislang nur bei der Smith-Putnam-Anlage (Bild 3.2d) erprobt.

3.6 Aofbao von Triebstrang ond Maschinentrager

Der Triebstrang besteht aus Rotorwelle mit Lagerung, Bremse(n), Getriebe, Generator und ggf. Kupplungen. FUr die Anordnung dieser Komponenten gibt es unter den reali­sierten Anlagen viele Varianten und es gehOrt gerade zur Zeit zu den heftigst umstrit­tenen Punkten, welche die technisch und okonomisch optimale ist. Rein systematisch wird zwischen aufgeloster und integrierter Struktur unterschieden, wobei auch der Begriff der teilintegrierten Struktur als eirt KompromiS zwischen den beiden "Rein­formen" in der Literatur zu finden ist.

Bild 3.24 zeigt fUr einige Anlagen der unter 3.1 vorgestellten Windturbinen eine schematische Darstellung von der Anordnung der Triebstrangkomponenten.

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L LK BK B

Pv

BONUS 450, aufgelOst ENERCON-32, allfgelOst

B K .Rt

~ ~ N Le G

NOROTANK 150 XLR, aufgelOst VESTAS VIS-55, allfge\ost

VESTAS V27-225, aufgelost ADLER 25, teilintegriert (Drallfsicht)

B K

l B K K

~ ~ HSW 250, teilintegriert MARKHAM VS 45, tcilintegricrt (Drallfsicht)

~ Pv

SOOWINO E 1225, teilintegriert VENTIS 20- tOO, teilintegriert

N Nabe L Rotorlager LE Lagereinheil K Kupplung B Bremse S S timradgettiebe P Planetengettiebe

WIND WORLD W-2700, integriert G Generator PV Pitchverslellung H y H ydraulik SHW stehende Hohlwelle Rt Riementrieb

Bild 324: Aufbau des Trit;bstrangs bei verschiedenen Windkraftanlagen (schematisch)

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Standard unter den danischen Anlagen der 1. Generation war eine aufgeloste Struktur wie bei dem "Klassiker" VESTAS VI5-55. Alle Komponenten des Triebstrangs werden einzeln auf einem Maschinentrager montiert, welcher zumeist eine SchweiBkonstruktion ist, die verwindungssteif ausgefiihrt sein muB. Diesem Prinzip ist VESTAS auch bei seinen neueren Anlagen treu geblieben (z.B. VESTAS V27-225). Die Zusammen­fassung der Rotorlager zu einer Einheit ist eine Modifikation, die auch bei anderen Anlagen mit aufgelOster Struktur haufig zu finden ist (z.B. NORDTANK 150 XLR).

Unter den in 3.1 vorgestellten Anlagen wurde die integrierte Struktur bei der WIND WORLD W-27OO sehr konsequent umgesetzt. Bei diesem Konzept wird eines der Triebstrangelemente, in der Regel das Getriebe, zur tragenden Komponente ausgebaut, an die alle weiteren Komponenten angeflanscht werden. Dadurch wird der Maschinen­trager und das mitunter aufwendige Verbinden und Ausrichten der Wellenanschltisse durch Kupplungen und Zwischenwellen eingespart und man kommt zu sehr eleganten und kompakten, leichten Konstruktionen. Das Einsparen von Teilen hat aber auch Nachteile: Eine Korperschallisolation zwischen Triebstrang und Turm ist nur schwer zu realisieren, der Austausch von defekten Bauteilen erfordert oft gleich das Absetzen der kompletten Gondel vom Turm und das Getriebe wird zu einem teuren Spezialteil: Allein durch die integrierte Rotorlagerung sind ganz andere Gehausewandstarken erforderlich als in einem Standard-Seriengetriebe. Der aufgeloste Triebstrang hat auch den Vorteil, daB man einen Teil der aus WindbOen resultierenden Momenten- und LeistungsstOBe mechanisch dampfen kann. So ist z.B. bei der VESTAS V27-225 das Getriebe urn die Rotorwelle drehbar aufgehangt und kann daher Reaktionsmomente aus Momenten­stoBen der Rotorwelle gegen ein Dampfersystem "abarbeiten".

Ais Getriebe kommen Stirnrad- und Planetengetriebe zum Einsatz. Planetengetriebe sind kompakter und leichter, gel ten als leiser und haben einen besseren Wirkungsgrad. Sie sind allerdings auch teurer und mtissen an einigen Anlagen (z.B. HSW 250, ENERCON-32) wegen der hohen Leistungsdichte gektihlt werden. Die koaxiale An­ordnung von An- und Abtriebswelle ermoglicht eine schlanke Bauform der Gondel, erschwert aber ggf. die Durchfiihrung der Blattverstellmechanik durch die Rotorwelle. Getriebe sind heute oft die lauteste Komponente einer Windkraftanlage. Ftir die hohen Nennleistungen groBer Anlagen sind sie teuer und im Teillastbereich uneffizient. ENERCON hat daher seine neue 500kW-Anlage, die als Vorreiter fiir eine IMW­Turbine gilt, mit einem speziellen, getriebelosen Generator ausgestattet.

Bei Anlagen mit einer Verstellung der Rotorblatter werden die notwendigen Stellkrafte in der Regel durch einen Hydraulikzylinder erzeugt. Dieser Zylinder ist bei den meisten Anlagen an der Gondel angebracht und die Stellbewegung wird tiber eine Schubstange durch die hohle Rotorwelle an den Verstellmechanismus in der Nabe tibertragen (VESTAS V27-225, VENTIS 20-100; Bild 3.25). Bei der ENERCON-32 muB die Stellbewegung wegen der koaxialen Anordnung von An- und Abtriebswelle

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des Planetengetriebes tiber eine komplizierte Mechanik von Linearftihrungen an der AuBenseite von Rotorwelle und -nabe tibertragen werden.

Hydraulikzylinder mit Wegaufnebmer (nicht rotierend)

i Bild 3.25: Prinzipieller Aufbau einer Blattverstellvorrichtung mit hydraulisch bewegter

Schubstange durch eine hohle Rotorwelle

Wiederum andere Wege beschreiten NORDTANK und WIND WORLD bei ihren 150kW-Anlagen ftir die als Bremse eingesetzte Verdrehung der Blattspitzen (siehe Abschn. 3.8), die jeweils durch einen eigenen Hydraulikzylinder gestellt werden: WIND WORLD verbindet die Zylinder tiber eine Hydraulikleitung durch die hohle Rotorwelle und eine sogenannte "DrehdurchfUhrung" im Getriebe mit den tibrigen Hydraulikaggregaten. NORDTANK hat dagegen die komplette Hydraulikeinheit auf der rotierenden Nabe angebracht und tibertragt deren Versorgungsspannung sowie die Stellsignale tiber Schleifringe an die Nabe (siehe den Anhang zu diesem Kapitel). ENERCON verstellt die Rotorblatter der E-40 durch elektronisch synchronisierte Stellmotoren, die auf ahnliche Weise tiber Schleifringe versorgt werden.

Bei der Bremse muB unterschieden werden, ob sie auf der schnellen oder langsamen Seite des Getriebes angebracht ist. Eine Bremse auf der langsamen Welle muB ein urn das Ubersetzungsverhaltnis des Getriebes hOheres Bremsmoment aufbringen. Dieser Aufwand wird nur betrieben, wenn die Bremse als Betriebsbremse eingesetzt und damit haufig betatigt wird (VESTAS VI5-55, HSW 250, SUDWIND EI230), urn erstens das Bremsmoment nicht durch das Getriebe zu !eiten und zweitens durch die Anordnung der Bremse direkt auf der Rotorwelle eine hOhere Sicherheit zu gewahrleisten. Auf der schnellen Seite wird die Bremse nur als Notfallsystem angebracht (siehe Abschn. 3.8).

Bei den alteren Anlagenentwicklungen (z.B. VESTAS VI5-55) wurden zwei Generatoren verschiedener Nennleistung fUr eine optimale Anpassung der Windkraft-

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70

anlage an niedrige und hohe Windgeschwindigkeiten eingesetzt. Bei den modemeren Entwicklungen wird in der Regel auf den zweiten Generator verzichtet und die gleiche Funktion ggf. durch einen polumschaltbaren Generator erreicht.

AuBer dem Triebstrang befinden sich in der Gondel der Windkraftanlage die Hydrau­likaggregate flir Blattverstellung undloder Bremse(n), zahlreiche Sensoren zur Funk­tions- und Betriebstiberwachung sowie ein Teil der Elektronik und elektrischen Anlage. Das Gehause wird -sofem es nicht wie z.B. bei der HSW 250 oder NORDT ANK 150 als Teil der tragenden Struktur eine SchweiBkonstruktion ist- aus GFK oder Blech gefertigt und muB schallgedilmpft sein, urn die Schallabstrahlungen von Getriebe und Generator zu reduzieren.

BUd 3.26: Versuchsanlage von VOITH (/981,1281)

Anders als bei den stromerzeugenden Wind­kraftanlagen ist der Triebstrang aufgebaut, wenn die mechanische Energie des Rotors (wie z.B. bei Windpumpsystemen) direkt genutzt werden soIl: In dem Fall muB eine Kraftumlenkung am Schnittpunkt von Rotor­und Turmachse erfolgen, urn sie durch die Turmmittelachse zum FuB der Windturbine ftihren zu konnen. Bei einem amerikanischen Windrad wie der KIJITO wird die Drehung der Rotorwelle tiber einen Exzenter in eine oszillierende Bewegung umgewandelt, die von einem Hubgestange an die anzutreibende Kolbenpumpe tibertragen wird.

Bei der IPAT -Segelwindturbine wird die Rotation tiber ein Winkelgetriebe an die senkrechte, schnelle Welle, die wiederum in der Turmmittelachse angebracht ist, zum Antrieb der Kreiselpumpe tibertragen. Eine ahnliche Konfiguration wurde zur Strom­erzeugung von VOITH an einer 270kW-Ver­suchsanlage mit Getriebe und Generator im TurmfuB der Anlage erprobt (D= 54m, Bild 3.26). Damit sollte die (schwingende) Masse im Turmkopf reduziert werden. Allerdings hat sich das Konzept wegen der aufwendigen Ftihrung flir die lange, schnelle Welle nicht bewahrt.

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3.7 Windnachfiihrung

Die Ausrichtung des Rotors in den Wind war schon bei den historischen Anlagen mit einigem Aufwand verkntipft: erst Mitte des IS. Jh. ge1ang durch die Rosette eine Automatisierung der bis dahin mtihevollen Aufgabe des Mtillers, den Rotor tiber einen 1angen Ausleger (Steert) den wechselnden Windrichtungen nachzufiihren (vergl. Kap. 2). Auch heute noch gehort die Windnachfiihrung nicht zu den "trivialen" Funktionselementen einer Windkraftanlage.

Bei den Vertikalachsern jedoch, der altesten Bauform von Windkraftanlagen, ist sie tiberfltissig. Dieser Vorteil von Darrieus-Rotoren ist allerdings auch an Nachteile gekop­pelt: Denn letztlich funktioniert dieses Prinzip nur, weil den Rotorblattern durch den Fahrtwind aus ihrer (schnellen!) Eigenumdrehung doch eine eindeutige Anstrom­richtung gegeben wird. Wenn der Rotor steht, versagt das Antriebsprinzip, weswegen Darrieus-Anlagen in der Regel nicht von selbst anlaufen, sondern motorisch auf Betriebsdrehzahl gefahren werden mtissen. 1m Betrieb fUhrt auBerdem die mit ihrem Umlauf veranderte Stellung der Rotorblatter zum Wind zu periodisch wechselnden Anstromverhaltnissen und- folglich zu einer pulsierenden Leistungsabgabe (siehe Kap. 13).

Ftir die Windnachftihrung von Horizontalachsanlagen konnen selbstandiger Nachlauf und Windfahnen als passive Funktionsprinzipien sowie z.B. Seitenrad und Gier­motoren als aktive Systeme unterschieden werden.

Wie in Abschn. 3.3 schon aufgefiihrt, eignen sich Rotoren in Lee zum Turm zur passiven Windnachftihrung durch selbstandigen Nachlauf, weil der "Winddruck" auf den Rotorkreis bei Schraganstromung des Rotors ein sogenanntes Giermoment urn die Turmachse verursacht, das den Rotor wie eine Windfahne ausrichtet. Bei Schnell­laufern mit geringer Flachenbelegung der Rotorkreisflache funktioniert dieses Prinzip allerdings nur bei laufendem Rotor, weswegen fUr den Stillstand entweder die Gondel­seitenwand zwischen Turm und Rotor als "Windfahne" wirken (SDDWIND; Bild 3.Sb) oder aber ein aktives Hilfsaggregat installiert sein muB.

Die Windfahne fUr eine passive WindnachfUhrung luvlaufiger Rotoren gehort zu den Konstruktionsmerkmalen der Westernmills (KIJITO; Bild 3.9a) und wird als simples Funktionsprinzip, das ohne externe Steuerung auskommt, auch bei anderen Klein­anlagen (vor allem Baterielader, z.B. ATLANTIS; Bild 3.Sc) gerne eingesetzt.

Passive WindnachfUhrungen mtissen so dimensioniert werden, daB die Gondel plotzlichen Windrichtungsanderungen nicht mit zu schnell en Gierbewegungen folgt. Denn dann ist die Anlage starken Zusatzbelastungen aus Kreiselkraften ausgesetzt. Bei den Zwei- und Einblattrotoren kommt zusatzlich noch eine starke dynamische Beanspruchung durch das mit dem Blattumlauf veranderliche Tragheitsmoment gegen

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diese Gierbewegung hinzu. Passive NachfUhrsysteme kommen daher im allgemeinen nur bei Anlagen bis zu ca. 10m Rotordurchmesser zum Einsatz. Bei groBeren Anlagen wiirde z.B. eine korrekt dimensionierte Windfahne unwirtschaftlich groBe Abmes­sungen haben.

Bei den aktiven Systemen, die gleichermaBen bei Luv- und Leelaufem eingesetzt werden konnen. wird die Gondel durch einen Antrieb gegeniiber dem Turm verdreht. Der Antrieb kann wie bei den alten Hollander-Windmiihlen durch eine quer zum Wind angebrachte Rosette erfolgen und kommt dann ohne Fremdenergie aus. Das Dreh­moment dieses kleinen "Hilfsrotors" wird tiber ein Schneckengetriebe mit hoher Uber­setzung (bis zu 4000) an den Drehkranz am TurmanschluB tibertragen (Bild 3.27a).

Bild 3.27: Aktive Windnachfiihrung durch a) Rosette (aus 1291)

(ZeichnWlg:

WIND WORLD) I

b) Giermotor mit Friktionsbremse

Wei taus am verbreitetsten ist die Windnachfiihrung durch einen elektrischen oder auch hydraulischen Giermotor. Der Gierantrieb wird durch eine kleine Windfahne ange­steuert und wirkt mit einer Stimradverzahnung auf einen groBen Drehkranz am Turm­anschluB (Bild 3.27b). Da diese Verzahnung nicht spielfrei ausgefiihrt werden kann. wiirde eine hin- und herschlagende Gondel die Zahnflanken stark verschleiBen, falls diese Bewegung nicht unterbunden wird. Deshalb wird die Gondel durch Bremsen fixiert. welche nur wahrend der Nachfiihrbewegung freigegeben werden. Andere Hersteller verwenden altemativ oder zusatzlich standig wirkende Friktionsbremsen. gegen die der Nachfiihrmotor arbeiten muB. Oder es werden zwei Giermotoren fUr die Nachfiihrung eingesetzt. die zur Fixierung der Gondel gegeneinander verspannt werden.

Bei der Auslegung des Turms ist dariiberhinaus darauf zu achten. daB bei den aktiven NachfUhrsystemen durch die Kopplung von Gondel und Turm Torsionsschwingungen des Turms auf die Gondel iibertragen werden.

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3.8 Sturmabschaltung und zweites Sicherheitssystem

Nach den Richtlinien des Germanischen Lloyds fUr die Zertifizierung von Windkraftanlagen muB bei der Auslegung mit einem 50-Jahreswind von max. 56 rn/s bzw. einer 50-Jahresoo von bis zu 70 rn/s gerechnet werden (Zehnminuten- bzw. Fiinf­sekundenmittel in Nabenhohe !30/). Verglichen zu einer typischen Nennwindgeschwin­digkeit von 13 rn/s steckt in einem Wind von 40 rn/s die fast 30fache Leistung. Es ware unsinnig, aIle Komponenten der Windkraftanlage so auszulegen, daB sie das ungeheure Leistungspotential aus Stiirmen ausschopfen konnen. Denn der Aufwand fUr dieses mehr an Ertrag ware gemessen am zeitlichen Anteil von solchen extremen Windgeschwindigkeiten (siehe Abschn. 3.2.1 und Bild 3.10) unverhaltnismaBig hoch. Deswegen werden Windkraftanlagen bei Sturm abgeschaltet und miissen "nur" gewiihrleisten, daB sie stehen bleiben. Typische Abschaltwindgeschwindigkeiten liegen zwischen 20 und 25 rn/s.

Bei den meisten Windkraftanlagen erfolgt die Sturmabschaltung durch eine Bremse, die, von einem Steuerbefehl der BetriebsfUhrung ausgelost, mechanisch auf den Triebstrang oder aerodynamisch auf den Rotor wirkt. Bei Windkraftanlagen mit aktiver Leistungsregelung kann die Sturmabschaltung als Zustand "extremer Leistungs­begrenzung" betrachtet werden, in den die Anlage bei steigender Windgeschwindigkeit kontinuierlich hineinregelt (siehe auch den folgenden Abschnitt). Dabei wird die Anlage haufig nieht vollkommen stillgelegt, sondern ins "Trudeln" gebracht, d.h. auf sehr niedrige Drehzahlen im Leerlauf abgeregelt.

Die verschiedenen Prinzipien der Sturmabschaltung haben sehr unterschiedliche Konsequenzen fUr die Spitzenbeanspruchung der Windkraftanlage. Versagen der Sturmsicherung fUhrt in den allermeisten Fallen zum Totalschaden, weswegen heute international zwei unabhangige Sicherheitssysteme Vorschrift sind. Oft wird das regulare System als Betriebsbremse und das redundante System als Notfallbremse bezeichnet.

Bei den danischen Anlagen der ersten Generation wie der VESTAS VI5-55 war die Betriebsbremse eine mechanische Bremse, die direkt auf die Rotorwelle wirkt. Nach dem "fail safe"-Prinzip wird die Bremse hydraulisch gegen eine Feder geliiftet. Dadurch wird die Anlage bei Druckabfall in der Hydraulik (Leckage, Ausfall der Strom­versorgung fUr Hydraulikpumpe oder Steuerung) in jedem Fall stillgelegt. Abruptes Abbremsen, das fUr einen solchen ungeregelten Bremsvorgang typisch ist, belastet den Triebstrang mit einer Momentenspitze, die die Betriebsbeanspruchungen urn ein Mehrfaches iibersteigt.

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10 it] I I I I

BUd 3.28: Verschiedene Bauformenfiir aerodynamische Bremsen

Aerodynamische Bremsen wurden zunaehst als Notfallbremsen eingesetzt: durch einen mechanischen Fliehkraftmechanismus werden bei Uberdrehzahl der Anlage die Blattspitzen verdreht bzw. Spoiler, Klappen oder sogar Bremsfallschirme ausgefahren, um durch deren Widerstandswirkung den Rotor abzubremsen (Bild 3.28). Weil die antreibenden Luftkrafte auf den Rest des Rotorblattes noch wirken, setzen aero­dynamische Bremsen den Rotor nieht komplett still, sondern reduzieren nur seine Drehzahl auf einen zulassigen Wert. Die verdrehbaren Blattspitzen sind am haufigsten verwendet worden. Herausklappende Spoiler werden bei Darrieus-Rotoren ofter ein­gesetzt. Allerdings hat das Versagen des Fliehkraftmechanismus oder eine Unter­dimensionierung der Bremswirkung bei vielen Anlagen zu groBen Schaden gefUhrt. Auch das unsynchronisierte Auslosen der Bremsen an den verschiedenen Blattern ist wegen der damit verursachten "aerodynamischen Unwucht" ein ungeliebter Effekt dieses Prinzips.

Die Unzuverlassigkeit des Sicherheitskonzepts mit mechanischer Betriebs- und aero­dynamischer Notfallbremse hat einige danische Hersteller wegen einer nicht zu ver­kraftenden Zahl von Gewahrleistungsfallen in den kalifornischen Windparks in den Konkurs gebracht. Bei neueren Anlagen finden sich die Prinzipien in vertauschten Rollen: Die aerodynamische Bremse wird heute bei den meisten Anlagen fUr die regulare Sturmabsehaltung verwendet. Die Verstellung erfolgt synchronisiert tiber eine Hydraulik (z.B. WIND WORLD, NORDTANK). Die hydraulische Verstellung hat den Naehteil, daB sie nicht autark auf der Nabeerfolgen kann, sondern eine Verbindung zum nichtrotierenden Maschinenteil auf der Gondel braucht. Das erfordert etwas mehr Aufwand (siehe Abschnitt 3.6), der sich aber dadurch bezahlt macht, daB wie bei den mechanischen Bremsen das "fail safe"-Pt,inzip verfolgt werden kann.

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75

3.9 Leistungsbegrenzung

Diesem Thema ist Kapitel 11 gewidmet. In diesem Abschnitt solI daher nur eine Systematik eingefUhrt und auf die wichtigsten Charakteristika hingewiesen werden. Ein naheliegendes Prinzip zur Leistungsbegrenzung ist das Aus-dem-Wind-Schwenken des ganzen Rotors, wie es bei den Westernmills und vielen Kleinanlagen (Batterielader) zur Anwendung kommt. Stall-Effekt und elektronisch-hydraulisch bzw. mechanisch gere­gelte Blattverstellungen wirken dagegen tiber eine Reduzierung der Antriebskrafte am einzelnen Rotorblatt.

r Pel [kW! 160 ~----+---+=-:

120~---+---"""/w

80r---+~~~-~--~-~

1.0 t------t-..,..

v= 2L.m/s o 10 15

BUd 3.29: a) Wirkungsweise b) des "stall effects"

Typische Leistungscharakteristik einer Windkra!tanlage mit Stall-Regelung (BONUS 150kW, D=23m; nach /3l!; dargestellt sind lOmin-Mittelwerte)

Bei den meisten netzeinspeisenden Windkraftanlagen kommt zur Leistungsbegrenzung die geradezu bestechend einfache Ausnutzung des "stall effects" zur Anwendung. Voraussetzung fUr dieses Prinzip ist es, daB die Anlage durch ihre Last (z.B. einen netz­gekoppelten Asynchrongenerator) unabhangig von der Windgeschwindigkeit auf kon­stanter Drehzahl gehalten wird. Dadurch verandern sich die Anstromverhaltnisse am Rotorblatt derart, daB die Stromung bei hohen Windgeschwindigkeiten abreiBt -was wiederum bewirkt, daB sich die antreibenden Luftkrafte und damit die Leistungsabgabe des Rotors reduzieren (Bild 3.29a). Der StromungsabriB ist ein komplizierter dynami­scher ProzeB, der sich einer genauen Berechnung fUr die instationaren Verhaltnisse im freien Windfeld entzieht. Diesem Problem kann man durch Uberdimensionierung aus dem Weg gehen -ein Verfahren, das fUr groBere Anlagen ungeeignet ist. Nach den Erfahrungen mit kleinen und mittleren Anlagen ist das Phanomen heute besser kalkulier­bar und die Verwendung dieses Prinzips steht heute an der Schwelle zu den Megawatt­Anlagen. Bild 3.29b zeigt eine Leistungscharakteristik, die fUr Stall-Anlagen typisch ist.

Besonders unter den deutschen Entwicklungen sind Windkraftanlagen mit einer Blattwinkelverstellung zur Leistungsregelung relativ verbreitet. Bei diesem Prinzip

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werden durch Verdrehung des Rotorblatts die AnstromverhiHtnisse und darnit wiederum die Luftkdifte gerade so beeinfluBt, daB die Leistungsabgabe des Rotors ab der Nennleistung konstant ist (Bild 3.30a). Diesen Effekt gibt die in Bild 3.30b dargestellte Leistungscharakteristik einer Pitch-Anlage gut wieder.

Pel [kW]

v=8m/s Q

v= 2L.m/s

BUd 3.30: a) Wirkungsweise b) der Blattwinkel­verstellung

160 t----t----;---+---t----;

120r---r-~~~~-_+-~

801----+--

o 10 15

Typische Leistungscharakteristik einer Windkraftanlage mit Pitch-Regelung (DEBRA lOOkW, D= 25m, nach 1211; dargestellt sind 1 sec-Mittelwerte)

Statements von Herstellern iiber die Frage, welches Prinzip grundsatzlich oder zumin­dest okonomisch vorteilhafter ist, sind reine "Firmenphilosophie" und es ist absehbar, daB dieser Punkt in allernachster Zeit nicht entschieden werden wird. Beide Prinzipien haben ihre spezifischen Vor- und Nachteile und werden daher auch weiterhin neben­einander bestehen bleiben. Vier von dreizehn der zukiinftigen IMW-Anlagen mit horizontaler Rotorachse werden stall-, die anderen pitchgeregeJte Anlagen sein.

Wie in Kap. 6 naher ausgefUhrt wird, ist die Schubbelastung des Rotors auf Turm und Fundament bei Pitch-Anlagen deutlich kleiner, was Material- und folglich Gewichts­reduzierungen in der tragenden Struktur prinzipiell moglich macht. Stall-Anlagen miissen ab einer bestimmten Windgeschwindigkeit abgeschaltet werden (Brems­momente!), wahrend Pitch-Anlagen kontinuierlich in einen Trudelbetrieb iibergehen: der Rotor lauft mit maximalem Pitchwinkel (ca. 70°) ohne Last, d.h. im Leerlauf. Pitch­Anlagen sind also aus mehreren Grunden geringeren Spitzenbeanspruchungen ausge­setzt und miiBten daher leichter und demzufolge billiger zu bauen sein.

Tatsache ist, daB Pitch-Anlagen im Vergleich zu entsprechenden Stall-Anlagen zur Zeit teurer sind. Da sie andererseits an Standorten mit nur maBigen Windbedingungen besseren Ertrag bringen, k6nnen sie zumindest fUr solche Einsatzorte auch heute schon wirtschaftlicher sein. Ein Vorteil von Stall-Anlagen ist dagegen, daB sie im Stark­windbereich, in dem der StromungsabriB wirksam ist, die Windschwankungen in kleinere Leistungsschwankungen umsetzen, als Pitch-Anlagen im entsprechenden

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Regelbetrieb. Besonders drehzahlkonstant betriebene Pitch-Anlagen mit netzparalleIem Asynchrongenerator (z.B. VESTAS V27-225, VENTIS 20-1(0) miissen sehr schnell auf BOen reagieren, was nur bis zu bestimmten Grenzen moglich ist, ohne allzugroBe Beanspruchungen aus den Massentriigheiten gegen die Blattverstellung zu bekommen.

Vergleichende Messungen an den NIBE-Turbinen A und B, die bis auf das Prinzip der Leistungsbegrenzung weitgehend baugleich sind, lassen den SchluB zu, daB eine Blatt­verstellung die statischen Spitzenbelastungen zwar abbaut, dafiir jedoch den dynami­schen Anteil der Belastungen erhoht /32/.

HaIt man den Rotor nicht starr auf einer Drehzahl, sondem laBt ein gewisses Drehzahl­band zu, kann die Energie aus BOen in der Beschleunigung des Rotors teilweise absor­biert werden und muB nicht adhoc durch Verstellung des Blattwinkels abgebaut werden. Einige Hersteller verwenden dafiir Asynchrongeneratoren mit hohem Schlupf. ENER­CON favorisiert fUr seine 300kW-Anlage eine Netzeinspeisung mit Synchrongenerator und Wechselrichter, womit der Betrieb des Rotors in einem weiten Drehzahlbereich erm6glicht wird.

Bei netzeinspeisenden Windkraftanlagen erfolgt die Blattverstellung meist durch eine elektronisch geregelte Hydraulik (Bild 3.25). Bei der E-40, der VS 45 und einigen zukiinftigen Anlagen erfolgt der Pitch durch elektronisch gesteuerte E-Motoren.

NEDWIND hat bei seinen 500 und 1000 kW - Anlagen das Prinzip von "Pitch" und "Stall" zum sogenannten "aktiven Stall" vermischt. Das Blatt wird in umgekehrter Richtung verstellt, also geregelt in den StromungsabriB gefahren (Bild 3.31). Davon verspricht man sich eine ahnlich glatte Leistungsbegrenzung wie bei Pitch-Anlagen (Bild 3.30b) ohne deren "nervose" Regeleigenschaften (kleinere Stellwege und -geschwindigkeiten ), erhalt sich aber den Vorteil von Pitch-Anlagen, das Blatt bei Sturm in die lastarrne "Fahnenstellung" bringen zu konnen.

Bei kleineren Anlagen wird fiir den Pitch oft ein mechanisch geregelter Blattver­stellmechanismus eingesetzt. Dieser kommt ohne Fremdenergie aus und ist daher besonders fUr Anlagen im Inselbetrieb eine attraktive Komponente zur Leistungsregu­lierung (z.B. TUP 6.0, FLAIR 8). Auch fUr Kleinanlagen mit mechanischem Regier ist neben der iiblichen Verstellung mit der Nas.e in den Wind (Pitchen in Fahnenstellung) die umgekehrte Verdrehung gebrauchlich: Pitch

Vm {ib

BUd 3.31: Unterscheidung der Drehrich­tung zur Leistungsbegrenzung bei der Blattverstellung

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Stillstand

Betrieb

Abregelung

kleine Stellkraft c:::::>

groBe Stellkraft

~

BUd 3.32: Aujbau eines meelulni­sehen Pitehreglers mit integrierter Anlaufhilfe

in den AbriB (Bild 3.31). Unter den in Abschnitt 3.1 vorgestellten Beispielanlagen arbeiten die IN­VENTUS und die TUP 6.0 mit mechanischen Reglern zum Pitchen in Fahnenstellung.

Beim Pitchen in den AbriB betragt der maximal erforderliche Verstellwinkel ca. 10° (im Vergleich zu 70· beim Pitchen in Fahnenstellung), was wegen der kleineren Stellwege fUr mechanische RegIer von Vorteil ist. AuBerdem laBt sich bei dieser Verstellrichtung ein unidirektionaler Uber­gang aus einem Anstellwinkel fUr guten Anlauf tiber Betriebsstellung in die Abregelung realisieren (Bild 3.32). Anlagen fUr den Inselbetrieb -die ohne Fremdenergie auskommen mtissen- konnen so den gleichen RegIer, der zunachst gegen eine weiche Feder arbeitet, auch fUr eine effektive Anlautbilfe nutzen.

Bild 3.32 laBt offen, welche Regelkraft den Verstellmechanismus bewegt. In /33/ (S .65-71) sind die Funktionsprinzipien von verschiedenen mechanischen Reglern beschrieben, denen allen gemein ist, daB die Regelkrafte gegen eine Feder arbeiten und das Kraftegleichgewicht dieses Systems den Blattwinkel ergibt. Ais Regelkriifte werden * drehzahlabhangige Kriifte aus der Rotorblatt­

masse und ggf. Zusatzgewichten am Blatt (Propellermoment),

* drehzahl- und windgeschwindigkeitsabhangige Kriifte aus der UmstrOmung des Rotorblatts (Luftkraftmoment) oder

* drehzahlabhangige Kriifte aus einem zentralen Fliehkraftregler genutzt (siehe Abschn. 11.4.3).

Urn die INVENTUS (Bild 3.9c) gleicherrnaBen gegen Uberdrehzahl und starke Winde zu schtitzen, arbeitet ihr RegIer mit einer ausgekltigelten Mischung aus Massen- und Luftkraften.

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79

Urn aerodynamische Unwuchten zu vermeiden, muB die Blattverstellung synchronisiert werden.

Bild 3.33 zeigt die in den 50er Jahren von HUtter konstruierte ALLGAIER WE-tO mit einem zentralen Aiehkraftregler nach dem Wattschen Prinzip !29/.

BUd 3.33: Allgaier-Wirulkraftanlage (lOkW, D= 10m, 1951) mit Zentrifugal-Regler (aus 1291)

BUd 3.34: Leistungsregelung am 1PAT-Segelrotor durch Aufbliihen der Segel

Der Segelrotor der TU Berlin nutzt ein anderes Prinzip fUr eine selbstregelnde Leistungsbegren­zung, das ihn ebenfalls zu einem autonomen Rotor macht: Die doppelwandigen Segel, die wie unten zugenl:thte "Hosenbeine" tiber die Rotorholme ge­zogen werden, bilden im Normalbetrieb ein Profil aus (Bild. 3.34a). Bei Starkwind bll:then sich die

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80

Spitzen des Segelrotors aufgrund der Druckverteilung am Segelprofil so stark auf, daB die "Segelhosen" durch die Erhohung des Luftwiderstands als aerodynamische Bremse wirken. Das Aufblahen der Segel wird bei hohen Drehzahlen noch durch Zentri­fugalkriifte verstiirkt, die die Luft in die Segelenden pressen (Bild 3.34b). Dieser Effekt der Segelhosen wirkt damit gleichermaBen als Drehzahl- und Leistungsbegrenzung.

Das Aus-dem-Wind-Schwenken des Rotors ist ein Prinzip der Leistungsbegren­zung, das von der Westernmill zurn "Klassiker" gemacht wurde und heute bei kleineren Anlagen -insbesondere Batterieladern- nach wie vor sehr verbreitet ist. Bei den Westernmills wurde durch zwei Windfahnen und eine Feder auf genial einfache Weise die gesamte "BetriebsfUhrung" der Anlage Ubernommen, fUr die bei den modernen Netzeinspeisern zahlreiche Sensoren und eine programmgesteuerte Elektronik erforder­lich sind. Eine detaillierte Beschreibung des Funktionsprinzips der Fahnensteuerung findet sich in Abschn. 11.4.1.

Auch bei Batterieladern werden die Rotoren zur Leistungsbegrenzung oft aus dem Wind geschwenkt, allerdings nicht nur -wie die Westernmills- urn die vertikale Achse, sondern auch urn die horizontale Achse quer zum Wind (z.B. ATLANTIS; siehe auch Abschn. 11.4.2).

Die GAMMA 60 (Bild 3.5) nutzt als einzige GroBanlage das geregelte Aus-dem-Wind­Drehen des Rotors zur Leistungsbegrenzung. Einzigartigerweise ist dieses Prinzip mit einer Pendelnabe kombiniert, was komplexe dynamische Untersuchungen bei der Auslegung voraussetzt.

3.10 Turm und Griindung

Von Horizontalachs-Windkraftanlagen sind Turm und Grundung die bautechnischen Komponenten, deren Bedeutung yom Maschinenbauer oft unterschiitzt wird. Anderer­seits war die Standfestigkeit der Windkraftanlagen das erste, was von behordlicher Seite fUr deren Genehmigung nachgewiesen werden muBte, wodurch der mit der Zusam­menstellung der Priifunterlagen geplagte Hersteller zu einer intensiven Auseinander­setzung mit seinem "Bauwerk" gezwungen war. Mindestens ebensowichtig wie fUr die statische Standfestigkeit der Windkraftanlage ist der Turm allerdings auch fUr das dynarnische Verhalten der Anlage.

Dariiberhinaus spielt der Turm aus mehrerlei Grunden auch fUr die Wirtschaftlichkeit der Windkraftanlage eine entscheidende Rolle: Mit 15 bis 20% hat er bereits einen erheblichen Anteil an den Kosten fUr das komplette System ab Werk. Fast aus­schlieBlich bestimmend ist er flir die bei Transport und Montage anfallenden Kosten.

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Filr eine einzeln aufgestellte Windkraftanlage mit 20m Rotordurchmesser muG beispielsweise noch einrnaI25-30% des Ab-Werk-Preises fUr die Installation der Anlage gerechnet werden (woran allerdings auch die NetzanschluGkosten knapp zur Halfte beteiligt sind). Es ist also wenig erstaunlich, wenn gerade der Turm die Komponente ist, an der man in den letzten Jahren schon rein auGerlich die groGten Veranderungen beobachten konnte.

Wie in Abschnitt 3.2.3 schon beschrieben, hat die Turmhohe auf den Ertrag der Windturbine und damit auf deren Wirtschaftlichkeit einen wichtigen EinfluG. Bei kleineren Anlagen iibertrifft die sogenannte Nabenhohe des Rotors seinen Durchmesser zumeist urn ein Vielfaches, wahrend bei den Anlagen ab 20-25m Durchmesser Nabenhohe und Rotordurchmesser in etwa gleich sind.

Strukturell wird zwischen weicher und steifer Turmauslegung unterschieden. Bei steifen Tiirmen liegen die schwingungsanregenden Frequenzen (Rotordrehzahl und Blattfrequenz= Rotordrehzahl*Blattzahl) unterhalb der Biege- und Torsionseigen­frequenzen des Turms. Bei weichen Tilrmen liegen die anregenden Frequenzen bei Nennbetrieb der Anlage oberhalb der ersten Eigenfrequenzen des Turms, d.h. die Turmresonanz muG beim Hochfahren der Anlage "kontrolliert" durchlaufen werden (Bild 3.35). Besonders knifflig ist die dynamische Auslegung von Anlagen, die mit variabler Drehzahl betrieben werden (wie z.B. der NORDIC 1000; Bild 3.5).

Stahl Beton Anlage: WKA-60-11

ROlor: 3-Blatt. 0 60 m

1 ! 1 1 1 1 ! Rotordrehzahl: 23 min

Kopfmasse: 2071

NabenhOhe: 50m Fert~bauwelse Ortbeton Ortbeton

1. Biegeeigenfrequenz [Hz] 0.55 0,56 0,55 0,55 0,65 0,96 0,96

Vietfaches der Nenn- 1,44 1,46 1,44 1,44 1,70 2,50 2,50 drehzahl [pI

oberer Ourchmesser [ml 3,50 3,20 3,10 2,70 3,50 3,30 3,50

unterer Durchmesser [ml 3,50 7,50 4,30 2,70 3,50 5,40 8,10

Wandslark. [mml gestu~ 35 - 20 20 20 20 pestu~ 520/250 300 300

Turmmasse [II 114 90 87 63

430 455 540 + Spannseile

Kosten fur tragende 230 185 175 200 100

115 (schlatt) 135 (schlatt) Struktur [%1 160 (Spann-) 185 (Spann-)

Bild 3.35: Verschiedene Turmauslegungenfur die WKA-60 (aus /341)

Page 95: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

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Konstruktiv wird zwischen freitragenden Ttirmen und abgespannten Masten unterschieden. Freitragende Tiirme haben eine hohe Nick- und Torsionssteifigkeit, erfordem allerdings einen hohen Materialeinsatz, wenn sie biegesteif gebaut werden sollen. Gitterttirme kommen ftiT eine steife Turmauslegung mit dem geringsten Material aus: im Vergleich zu einem steifen Rohrturm mit etwa der Hlilfte (Bild 3.35). Zudem haben sie wegen der vie len Fiigestellen eine hohere Eigendiimpfung, als entsprechende Stahl-Rohrtiirme. Gitterttirme waren daher bei den danischen Anlagen der ersten Generation haufig zu finden, werden heute jedoch in vielen Fallen aus optischen Grunden (Storung des Landschaftsbildes) nicht mehr genehmigt. Nur die Westemmills werden nach wie vor mit Gitterttirmen gebaut.

Rohrtiirme werden mit rundem oder auch vieleckigem Querschnitt gebaut. Die nach oben (konisch oder stufenweise zylindrisch) verjiingte Geometrie wird dem nach dort­hin kleineren Biegemoment gerecht. AuBerdem konnen am TurmfuB groBere (material­sparende) Turmdurchmesser ohne aerodynamische Storung des Rotors realisiert werden. Rohrtiirme werden iiberwiegend aus Stahl gebaut. Zunehmend kommen auch Schleuderbetontiirme zum Einsatz, die billiger in den Herstellungskosten sind, wegen ihres deutlich hoheren Gewichts aber Mehrkosten bei Transport und Montage verur­sac hen konnen. ENERCON z.B. hat daher den Turm seiner 300kW-Anlage aus gegen­einander verspannten Betonrohrabschnitten aufgebaut. Betontiirme haben auch eine bessere Strukturdampfung als Stahlttirme.

Bei kleinen und mittleren Anlagen sind die Tiirme meist steif ausgelegt, wahrend man bei groBen Anlagen auch zu weichen Auslegungen greift, urn Material einzuparen wie z.B. bei der WTS-3 MAGLARP. Ebenfalls verbreitet unter den Megawatt-Anlagen sind Betontiirme. Diese werden jedoch -anders als bei den Serienanlagen mit Schleuder­betontiirmen- vor Ort gebaut, was wegen der groBen Abmessungen und Massen unver­meidlich ist (z.B. beim AEOLUS II).

BUd 3.36: Abgespannter Mast (Segelwindpwnpe),freistehender Turm (Nordtank)

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Abgespannte Masten sind besonders bei kleineren Anlagen sehr verbreitet (z.B. SODWIND E1230), well sie leichter sind und sich gut flir einen Aufbau der Anlage mit Jiitbaum und Winde eignen (Bild 3.36). Oadurch sollen Kosten bei Transport und Montage reduziert werden. Abgespannte Masten sind wegen der axiaIen Verspannung des Turms durch die Abspannseile schwerer zu berechnen. Sie brauchen eine definierte Spannung in den Seilen, die regelmiillig kontrolliert werden muG.

Sonderbauformen, die ebenfalls auf ein leichtes Aufrichten und Ablassen der Wind­turbine zielen, sind der A-Mast der IPAT-Segelwindturbine oder der dreibeinige Turm des ATLANTIS-Batterieladers. Er kommt aufgrund seiner groGen Standflache ohne Fundament aus. Er wird nur durch Erdnagel im Grund verankert.

Darrieus-Rotoren haben keinen Turm im eigentlichen Sinne, sondem nur eine turmartige Rotorachse, die die obere und untere Blattaufhangung miteinander verbindet. Der gesamte Triebstrang und aile anderen Komponenten, die bei Horizontalachsem in der Gondel untergebracht werden, sind bei Oarrieus-Rotoren gut erreichbar am FuG des Rotors angeordnet. Diese Konfiguration reduziert im Vergleich zu den Horizontal­achsem die fUr das dynamische Verhalten der Anlage kritische Topmasse (ca. 8t bei 20m-Anlagen). Nachteil dieser Anordnung ist der bodennahe Rotorrnittelpunkt (Boden­grenzschicht) sowie die fUr die obere Blattverankerung erforderliche, aufwendige Abspannung.

Ais Griindung haben Windkraftanlagen in der Regel Blockfundamente aus Beton. Oas zentrale Fundament von freistehenden Tiirmen muG ein Kippen der Anlage verhindem, wahrend bei den aufgelOsten Fundamenten fiir abgespannte Masten das Mastfundament das Eigengewicht der Anlage vor Einsinken sichem muG und die Abspannfundamente die Zugkrlifte aus den Seilen aufnehmen mussen (Bild 3.36).

Bei der Segelwindturbine der IPAT werden Bohlenfundamente verwendet, die durch das Gewicht des dariiber lastenden Erdreichs die Krlifte aus Mast und Abspannungen aufnehmen k6nnen.

Literatur

/1/ Bildmaterial wurde freundlicherweise yom jeweiligen Hersteller zur Verfiigung gestellt

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/25/ E. Hau Windkraftanlagen - Grundlagcn, Technik, Einsatz, Wirtschaftlichkeit; Springer­Verlag, Berlin, Heidelberg ... 1988

/26/ J. Maurer Windturbinen mit Schlaggelenkrotoren, Baugrenzen und dynarnisches Verhalten; Dissertation an der TV Berlin; VDI Berichte, Reihe 11, Nr. 173; DUsseldorf 1992

/27/ F. Korber (MAN) Baureife Unterlagen fUr GROWIAN; SchluBbericht zum Forschungsvorhaben des BMFf; MUnchen 1979

/28/ N.N. Voith-Wirtdenergie-Converter (Firrnenprospekt)

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/30/ Germanischer Lloyd Richtlinien fUr die Zertifizierung von Windkraftanlagen; Selbstverlag; Hamburg 1993 und Erglinzungen Mlirz 1994

/31/ M. Mahlow (AN Maschinenbau und Umweltschutzanlagen) Netzparallelbetrieb stallgeregelter Windkraftanlagen mit Asynchrongeneratoren; BremTec-Materialien zur Windenergie Bremen 1990

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/32/ P. Nielsen et al. Measurements on the Nibe Wind Turbines: Jan. 1980 - Mar. 1981; DEFU Report No. EEV 81-04 der Research Association ofthe Danish Electricity Supply Under­takings; 1981

/33/ D. Ie Gourieres Wind Power Plants - Theory and Design; Pergamon Press; Oxford, New York ... 1982

/34/ G. HuB (MAN) Modifizierung des Anlagenkonzepts WKA-60 im Hinblick auf eine Leistungs­steigerung, Landaufstellung und eine Verbesserung der Wirtschaftlichkeit; Bericht zum Forschungsvorhaben 032-8824-A des BMFf im Statusreport Windenergie 1990; KFA Jillich (Hrsg) 1990

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Anhang

Auf den folgenden Seiten sind von einigen Windkraftanlagen Zeichnungen von der Gesamtanlage sowie vom Maschinensatz zusammengestellt. Wir bedanken uns bei den jeweiligen Herstellem fUr das verfiigbar gemachte Bildmaterial.

3

4 5

ATLANTIS WB 15 Wind/Solar-Hybridsystem 1 GFK/CFK-Rotorblatt; 2 Permanentmagneterregter Synchrongenerator; 3 Gondelkippachse; 4 Gegengewicht; 5 Windfahne; 6 Solarmodule (200Wp);

7 Verspannter Stahlrohr-Dreibeinturm

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AN BONUS 450 1 Rotornabe; 2 feststehender Rotorwellenzapfen; 3 Antriebswelle; 4 Planetengetriebe mit nachgeschalteter Stirnradstufe; 5 Sicherheitsbremse; 6 Generatorzwischenwelle mit Kupplungen; 7 Generator; 8 Giermotor; 9 Drehkranz mit Azimutbremsen

ENERCON E-40 1 WindmeBgerl1t; 2 Schleifringe; 3 Rotorwellenzapfen; 4 elektrischer Blatt­verstellantrieb; 5 Blattwurzellagerung; 6 Rotorblatt; 7 Tragring fUr Generator­stator; 8 Stlinderpaket; 9 Polschuhe; 10 Tragring fUr Generatorroto.r; 11 Bremsscheibe; 12 Rotorlagerung; 13 Rotorarretierung; 14 Arbeitsplattform; 15 Spannbetonturm

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88

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Husumer Schiffswerft HSW 750 1 Nabe mit Spinner; 2 Blattverstellmechanik; 3 Rotorlagerung und Getriebe (Planetengetriebe mit nachgeschalteter Stirnradstufe); 4 Getriebelllktihler; 5 Sicherheitsbremse; 6 Blattverstellhydraulik; 7 Kran; 8 Blattwurzellager; 9 Rotorblatt; \0 Gondellager; i 1 Azimutbremsen; 12 Azimutantriebe; 13 Zwischen welle mit elastischen Kupplungen; 14 Generator; 15 Drei­blattrotor; 16 Stahl-Rohrturm

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VENTIS 20-100

5

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1 Nabe mit Blattverstellmechanismus; 2 Rotorbremse; 3 Stirnradgetriebe; 4 Kupplung; 5 polumschaltbarer Asynchrongenerator; 6 Hydraulikblock; 7 Giermotor; 8 Drehkranz; 9 Hydraulikaggregat; 10 Maschinentrager; 11 Zweiblattrotor; 12 Schleuderstahlbeton-Rohrturm

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89

VESTAS V27-225 1 Maschinentrllger; 2 Rotorwelle; 3 Blattverstellmechanismus; 4 Rotorblatt; 5 Stahlgu6nabe; 6 Stirnradgetriebe; 7 drehelastische Getriebeaufhllngung; 8 Bremse; 9 polumschaltbarer Asynchrongenerator; 10 Zwischenwelle mit Kupplung; 11 Rutschkupplung; 12 Hydraulik; 13 Giermotor; 14 Drehkranz; 15 Verdrill-Sicherung; 16 Schaltkasten; 17 Dreiblattrotor; 18 Stahl-Rohrturm

MAN WKA-60 off shore (nach (35{) 1 Nabe; 2 Rotorwelle mit Lagerung; 3 Rotorbremse; 4 Getriebe; 5 Schaltschrllnke; 6 Synchrongenerator; 7 Drehkranz; 8 Blattverstellmechanismus; 9 Dreiblattrotor; 10 Beton-Rohrturm

Page 103: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

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Page 104: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

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Page 105: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

92

Maschinenkopf der NORDEX N52 (800 kW; 52 m ROlordurchmesser)

Maschinenkopf der NEDWIND 50 (1000 kW; 52,6 m Rotordurchmesser)

Page 106: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

4 Der Wind

Wenn wir uns die Karte der globalen Verteilung der Windgeschwindigkeiten in Bild 4.1 betrachten, dann sticht ins Auge, daB nahezu aIle Kiistenregionen der Erde mit Wind recht gut gesegnet sind.

- 5,6 ~ V ~ 8,0 I!IIIIIIIIlI - 4,6 ~ V ~ 5,6 ~- 3,6 ~ V~4,6 m/s c::::J -- V (3,6

Bild 4.1: Globale Verteilung der Windgeschwindigkeiten, nach /1/

Wie Bild 4.2 zeigt, finden sich in Europa auch auBerhalb der Kiistenregionen Gegen­den, in denen genug Wind zur Energieerzeugung weht, beispielsweise das diinische und teilweise das britische Binnenland oder die deutschen Mittelgebirge.

1m geschichtlichen AbriB in Kapitel 2 dieses Buches ist gezeigt worden, daB schon friihzeitig der Wind zum Antrieb von Windradern genutzt wurde. So wurde, wo gr6Bere Leistungen notig waren, als Mensch oder Tier aufbringen k6nnen - z.B. flir Produktion und Handwerk - die Kraft des Windes nutzbar gemacht. Voraussetzung war, daB er stark genug zu den Zeiten blies, zu denen man die Energie benotigte. Hier­mit haben wir die zwei wichtigen Gesichtspunkte, die wir in diesem Kapitel etwas genauer behandeln wollen: Die Windstarke - ausgedriickt durch die Windgeschwindig­keit - und die Dauer des Auftretens geniigend hoher Windgeschwindigkeiten. Denn flir die Nutzung des Windes ist es wichtig zu wissen, wann und mit welcher Zuverlassig­keit mit dem Eintreten von Windgeschwindigkeiten nutzbarer GroBe gerechnet werden kann.

Page 107: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

94

BUd 42.' Die Windverhiiltnisse in Europa, nach /2/

Zuerst werden aber die globalen und lokalen Umstande behandelt, unter denen Wind entsteht und die Einfltisse, die sich auf das Windangebot vor Ort auswirken. AnschlieBend werden verschiedene Verfahren zur Messung des Windes und zur Berechnung des zu erwartenden Energieertrags vorgestellt, die schlieBlich noch durch statistische Methoden erganzt werden.

4.1 Die Entstehung des Windes

Wir konnen die Erdatmosphiire als Warmekraftmaschine betrachten, in der Luftmassen infolge thermisch bedingter Potentialunterschiede transportiert werden. Dieser Massen­transport au Bert sich als Windstromung, die das Ergebnis der Umwandlung von thermischer Energie in kinetische ist. Der Energielieferant fUr diese Warmekraftma­schine ist die Sonne.

Page 108: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

95

Dieser Luftmassentransport tritt als globale, periodisch saisonal reproduzierte Zirkula­tion auf, die Erscheinung kann regional begrenzt sein und wir finden lokale Vorgange, bei denen die sog. orographischen Gegebenheiten, d.h. die Gelandestruktur eine wich­tige Rolle spielen.

4.1.1 Die globalen Zirkulationen

Die Atmosphare der Erde ist eine nur wenige 100 km dicke Schicht tiber der Erdoberflache, die ("trocken", also unter Vemachlassigung des Wasserdampfes!) zu 98% aus Stickstoff und Sauerstoff besteht. Ihre thermischen Eigenschaften erhiilt sie aus den Spurenelementen Kohlendioxyd - dessen Anteil ca. 0,034% ausmacht und dem Wasserdampf, des sen Anteil zwischen 0,01 und 3% liegt.

Kohlendioxyd und Wasserdampf lassen zwar die kurzwellige Sonnenstrahlung eintre­ten, verhindem aber den Austritt der langwelligen Infrarotstrahlung, als die die Erde das Licht reflektiert. Padurch kommt ein Treibhauseffekt zustande. Wasser, welches sowohl als Dampf wie auch in Tropfchenform und als Kristalleis vorkommt, beeinfluBt maBgeblich durch die Latentwiirme beim Ubergang von einer Phase in die andere das Wettergeschehen der Atmosphare. Und schlief31ich werden die unterschiedlichen Kli­magebiete durch den jeweiligen Anteil von Wasser in der Luft mitgepragt.

Infolge der Kugelform der Erde nimmt die Gesamteinstrahlung der Sonne nach den Polen hin abo Demzufolge besteht im Aquatorbereich ein EnergietiberschuB in der Atmosphare und in den Polbereichen ein Defizit. Bild 4.3 veranschaulicht die mittlere Bilanz der Strahlungsleistung auf der Nordhalbkugel.

300 Solareinstrahlung

Langwellige Abstrahlung

200

100

90 0 N 600N 38"N 300 N Aquator

Bild 4.3: Mittlere Strahlungsbilanz der Nordhalbkugei, aus 113/

Zum Ausgleich wird Wiirme vom Aquator in den stidlichen bzw. nordlichen Teil der Hemisphare transportiert. Dies geschieht in erster Linie tiber den Austausch von Luft­massen, was si~h in zwei groBen globalen Zirkulationen manifestiert. Dies sind die

Page 109: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

96

Systerne der Rossby-Zirkulation der nordlichen bzw. stidlichen Hernisphare und die aquatoriale Hadley-Zirkulation. Bild 4.4 veranschaulicht diese grol3raurnigen Luftbewegungen. durch die tiber weiten Gebieten der Erde relativ stetige Winde erzeugt werden. (Die schwarzen Pfeile entsprechen bodennahen Strornungen.)

(! I. warm und feuchl

~ ~ ~

BUd 4.4: Die globale Zirkulation, aus /13/

Wichtige Merkrnale dieser beiden Zirkulationssysterne sind: -Rossby-Zirkulation Lage zwischen dern 30. und dern 70. Grad nordlicher

bzw. stidlicher Breite. wellenfOrmiger Verlauf der Hauptstromung. durch die warme Luft zu den Polen und kalte Luft in die Subtropen gelangt.

-Hadley-Zirkulation Lage zwischen dern 30. Grad stidlicher und dern 30. Grad nordlicher Breite. Transport tropisch feuchter und warmer Luftmassen. Erzeugung der stetigen Windsy­sterne der Nord-Ost- bzw. Stid-Ost-Passate infolge der Ablenkung durch die Erddrehung.

Ferner entstehen durch die globalen Energiedifferenzen in der Atmosphare zwei weitere groJ3e Zirkulationen. die Monsune und die Tropischen Zyklone.

Page 110: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

- Monsune

-Tropische Zyklone

97

GroBraumige Luftbewegung infolge der Temperatur­differenzen zwischen dem asiatischen Festland und dem Indischen Ozean bzw. dem Atlantik und Afrika.

Aufstieg feucht-warmer Luftmassen tiber dem Aquator induziert starke Wetterstorungen mit sehr hohen Wind­geschwindigkeiten bis 60 mis, in Stid-Ost-Asien als Typhoon, in der Karibik als Hurricane auftretend.

Bisher haben wir die Auswirkungen von Druckunterschieden auf die globalen bzw. groBraumigen Windbewegungen betrachtet. Die Windrichtungen in Gebieten kleiner Potentialdifferenzen der Atmosphiire, insbesondere in Zyklonen (Tiefdruckgebieten), stellen sich jedoch anders dar: Die Windvektoren drehen urn die Tiefdrucksenke (T) auf der Nordhalbkugel entgegegen dem Uhrzeigersinn und verlaufen parallel zu den Isobaren (Bild 4.5). Auf der Stidhalbkugel der Erde verlaufen diese Stromungsvor­gange entsprechend entgegengesetzt.

1005

1010 mb

BUd 4.5: Windvektor im Tiefdruckgebiet, aus /13/

Der Grund hierfiir ist die aus der Erdrotation resultierende Coriolis-Kraft. Sie wirkt in der Weise, daB eine Luftmasse, die sich z.B. auf einem Meridian infolge Druckdiffe­renzen nach Norden bewegt, durch die Coriolis-Kraft eine Ablenkung nach rechts und bei Bewegung von Nord nach Stid eine solche nach links erfahrt. Ais Resultierende ergibt dies einen Windvektor, der parallel zu den Isobaren verlauft. SinngemaB gilt dies in umgekehrter Weise fUr die Stidhalbkugel. Dieser resultierende Windvektor aus den globalen und regionalen WirkungsgroBen wird als Geostrophischer Wind bezeich­net. Er ist sozusagen der Urwind, der noch keine Storung durch die Struktur der Erdoberflache erfahren hat (siehe hierzu Deardorf 131 und Petersen et aI. 15/).

Page 111: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

98

4.1.2 Lokale Ausgleichswinde

Nicht nur global erzeugen Potentialunterschiede Luftbewegungen in der Atrnosphlire. Auch lokal wirken sich Differenzen der Strahlungsbilanz - hier jedoch aufgrund von Effekten, die von der Erdoberflache erzeugt werden - auf die Bewegung von Luftmas­sen aus, so daB lokale Winde entstehen, die regionalspezifische Eigenarten besitzen. Die wichtigsten dieser lokalen Winde sind die See-Land-Brise, die Berg-Tal­Winde und die Katabischen Winde. Ais wichtigtster Faktor spielen hierbei Temperaturunterschiede sowie die Gelandestruktur - die Orographie - der Erdober­flache eine Rolle.

In Kiistengebieten treten charakteristische Zirkulationen auf, deren Ursache die Tempe­raturdifferenz zwischen der Luftmasse tiber der See und der tiber dem Land ist. Beson­ders dann, wenn die Sonneneinstrahlung tagstiber die Landoberflache erwlirmt und die Temperatur tiber der See deutlich niedriger liegt, entsteht ein Austausch von Luftrnas­sen. Hier steigt die erwlirmte leichte Luft tiber dem Land auf und von See strOmt kiih­lere Luft nach (Bild 4.6). Demzufolge ist die Hauptwindrichtung von See her auf das Land gerichtet. Sie kann sich bis zu 40 km ins Landesinnere auswirken. Windgeschwindigkeiten bis zu 10 m/s sind hierbei nicht auBergewohnlich. Mancherorts kehrt sich dieser Vorgang wahrend der Nachtstunden urn, da sich das Land rascher abkiihlt als die See, und somit eine in der Regel schwachere Stromung vom Land in Richtung See entstehen kann.

RiickfluB

-20 km

(manchma150 - 100 km)

Bild 4.6: Entstehung der See-Land-Brise, nach /13/

Generell wirken sich Gebirge und groBere Hohenziige massiv auf das Windgeschehen einer Region aus. Auch hier spielen wieder Temperaturunterschiede z.B. zwischen den

Page 112: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

99

Talsohlen und den oberen Teilen der Bergflanken bei der Entstehung besonderer Windstromungen eine Rolle. Die an der Bergflanke erwiinnte Luft steigt auf und es stromt kiihlere Luft im Tal nacho Bei TtUem grt;Berer Llingenausdehnung und einer entsprechend glinstigen Lage zur Sonne konnen hierdurch recht betrachtliche Windge­schwindigkeiten llings der Talrinne induziert werden. Uberlagert sich dieser Berg-Tal­Stromung gleichzeitig eine See-Land-Zirkulation, so sind tageszeitliche Starkwindsto­mungen die Folge. Ein Beispiele hierftir ist die Ora am Gardasee.

Bei den Katabischen Winden treffen Effekte der Sonneneinstrahlung und die der Verdrlingung kalter Luftmassen durch groBriiumig herangefUhrte warme Luftmassen zusammen und erzeugen durch das Abflie8en kalter Hohenluft in die warme Ebene zeit­weilig sehr hohe Windgeschwindigkeiten. Das Bild 4.7 moge dies beispielhaft fUr GrOnland verdeutlichen.

=> 20 - 30 m/s

Bild 4.7: Der Katabische Wind am Beispiel Granland, nach /13/

In Europa ist fUr den Katabischen Wind die Bora in Jugoslawien bekanntestes Bei­spiel.

4.2 Der Wind in Bodennahe

Bisher haben wir den Wind als Erscheinung kennengelemt, die sich aus den Potential­unterschieden zwischen Luftmassen ergibt. Dies ist nicht der Wind, den wir in Boden­niihe erfahren und der von Windkraftanlagen genutzt wird. Bei Stromung der Luftmas­sen liber die mehr oder weniger rauhe Erdoberfliiche wird die Stromungsgeschwindig­keit abgebremst und es entsteht die bodennahe Grenr,schicht mit einer charakte­ristischen vertikalen Verteilung der Windgeschwindigkeiten von null bis zu der des Geostrophischen Windes. Ihre Schichtdicke betriigt je nach Bodenrauhigkeit und der Temperaturschichtung der Luft liber dem Boden zwischen zehn und mehreren hundert Metem. Da Windmlihlen immer in dieser Grenzschicht arbeiten, werden wir uns in den folgenden Abschnitten dieses Kapitels mit dem Wind in dieser Bodengrenzschicht befassen.

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100

4.2.1 Die Entstehung des bodennahen Windes

---_ .. ~ geostrophischer -----_ .. ~ Wind

... kaum Turbulenz

bodennahe Grenzschicht

Turbulenz

Erdboden

Bild 4.8a: Schematische Darstellung der Bodengrenzschicht

Einsichtig ist, daB die Stromungs­geschwindigkeit der Luft direkt am Boden bis auf null abgebremst sein muB. Zwischen den ungestorten Luftschichten des geostrophischen Windes und dem Boden existiert demzufolge eine Schicht starker Variation en der Windgeschwin­digkeiten tiber der Vertikalen. In dieser Grenzschicht wird aus der ungestorten energiereichen Stro­mung des geostrophischen Windes den darunter liegenden Schichten durch Wirbel laufend Energie zugeftihrt (Bild 4.8a). Die bodennahe Windstromung ist also turbulent.

Abhangig von der Rauhigkeit des Bodens entwickelt sich ein Gradient der vertikalen Verteilung der Windgeschwindigkeiten und es existiert eine Hohe zo ungleich Null- die sogenannte Rauhigkeitshohe - bei der die Windgeschwindigkeit Null ist.

4.2.2 Die vertikale Verteilung der Windgeschwindigkeiten und die Bodenrauhigkeit

Die Schubspannungen zwischen dem zahigkeitsbehafteten Medium Luft in sich und dem Boden bewirken die Abbremsung der ungestOrten LuftstrOmung. In Bodennahe ist der Schubspannungsgradient am groBten und demzufolge auch der Gradient des verti­kalen Verlaufes der Windgeschwindigkeiten. Hier kann das von Prandtl entwickelte logarithmische Gesetz der vertikalen Verteilung der Geschwindigkeiten in einer turbulenten Grenzschicht angesetzt werden /4/.

v(z) =.{ In(~) (4.1) k Zo

Dabei ist v* die sogenannte Schubspannungsgeschwindigkeit, die in der GroBenordnung zwischen 0.1 und 0.3 m!s anzusetzen ist, und k die Karman-Konstante der Grenzschichtstromung, fUr die hier naherungsweise ein Wert von 0.4 angesetzt werden kann, Zo ist wiederum die Rauhigkeitshohe, die geIandeabhangig ist, vgl. Bild 4.8b. Dieses Gesetz hat Gtiltigkeit unter der Annahme, daB der Energietransport tiber der Vertikalen konstant ist. Da in der Praxis der Umgang mit dieser Grenzschicht-

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101

fonnel, wegen der Ungenauigkeiten bei der Bestimmung der Ka.rmAn-Konstanten und der Schubspannungsgeschwindigkeit, schwierig ist, wird wird darauf verzichtet, die Hohenvariation der Windgeschwindigkeit direkt zu berechnen. Stattdessen kann die relative Anderung bezogen auf eine Referenzhohe hI und -geschwindigkeit vI leicht berechnet werden:

In(h /z ) V (h )=v 2 0

2 2 I In(hl/zo) (4.2)

Die Hohenverteilung ist somit nur noch von der Rauhigkeitsllinge Z() abhlingig, sofern fUr eine Hohe die Geschwindigkeit bekannt ist. Mit diesem Ansatz werden Windgeschwindigkeiten aus Messungen auf die unterschiedlichen Nabenhohen extrapoliert. AuBerdem konnen Strukturlasten durch die auftretende Verschiebung des Kraftangriffspunktes und Schwankungen des Antriebsmomentes berechnet werden. Bild 4.8b zeigt die Hohenvariation der Geschwindigkeit fUr verschiedene Rauhigkeitsllingen.

E .S Q) .c ;0 J:

60 I f l j i

Rauhigkeitslangen Zo: i , ; , 50---0.01 m : Wiesen, Weiden--: -----; ---t--J~t-"'7'----:--

0.1 m : wenig Bewuc~s ' ! I ; ; 40 ----1 m : Stadte Wald-+-----i-----l--' ----~---+-----

I !' j I i I t i ! 30 .... ----.j --'-+----T-----~-------I---t--

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20

10 0.60 0.65 0.70 0.750.80 0.85 0.90 0.95 1.00 1.05 1.10 1.15

relative Geschwindigkeit vivo Bild 4.8b " Vertikale Verteilung tier Windgeschwindigkeit Uber einen Rotordurch­

rnesser fUr verschiedene Rauhigkeitsliingen zo, BezugshOhe ist 40m

Doch der Nutzen dieser Fonnel ist ebenfalls eingeschrlinkt, da in der Realitiit die vertikale Verteilung nicht nur von der Bodenrauhigkeit, sondern auch in sehr starkem MaBe von den Temperatur- und Druckschichtungen in der Atmosphiire abhlingt.

4.2.3 Hindernisse am Boden

Bei der Betrachtung der Auswirkungen der Rauhigkeit der Erdoberflache auf das Geschwindigkeitsprofil der Luftstromung sind wir bisher davon ausgegangen, daB die Rauhigkeit mehr oder weniger homogen ist. In Realitiit besitzen jedoch die wenigsten Oberflachen eine Struktur homogener Rauhigkeit - wie z.B. tiber dem Meer, tiber ausgedehnten Grasflachen oder in der Wtiste.

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102

Abwechselnde Orographie (Oberflachenstruktur) der Erde, Bewuchswechsel in der Landschaft, Bebauung, einzelne nattirliche oder ktinstliche Hindernisse, wirken sich lokal auf das Geschwindigkeitsprofil aus und verringern die Aussagekraft einer aus theoretischen Ansatzen abgeleiteten vertikalen Windgeschwindigkeitsverteilung. Die Auswirkungen von Hindernissen in der Landschaft auf die leeseitigen (windabge­wandten) Windgeschwindigkeiten lassen sich in der Regel trotz potentialtheoretischer Ansatze eigentlich nur empirisch erfassen. So kann angesetzt werden, daB sich eine geschlossene Baumgruppe der Hohe H nach Luv - also in Windrichtung - um ein ftinffaches der Hohe H als Storung auswirkt und in Abwindrichtung bis zum ftinfzehn­fachen Wert der Hohe H die Windstromung stort, Bild 4.9a. Bauwerke verhalten sich ahnlich in ihrer Auswirkung auf die Windstromung, Bild 4.9b.

Luvseite

~14--5 H ------1~ ..... f-----l()-15H ----~~

Bild 4.9 a: Storung der Windstromung durch eine Baumgruppe 1131

STROMFUNKT!ON FlIER AUSSCHNITT UM KOERPER REYNOLOSZAHL.\COOOC • • O.LO

Bild 4.9 b: Storung durch ein Bauwerk 1201

Auf steile Boschungen auftreffende Winde erzeugen zwar in einem klein en Bereich der B6schungskante Ubergeschwindigkeiten, direkt dahinter in Lee jedoch entstehen sehr groBe Gebiete von Str6mungsabl6sung mit hohen Turbulenzen, Untergeschwindigkei­ten und Rtickstr6mungen, Bild 4. lOa.

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103

Bild 4.10 a: Auswirkungen der Geliindekontur auf die Windstromung, steile Boschung

Eine Windstromung uber Hugel mit Boschungsneigungen nicht groBer als 10% erfalut infolge der Stromungsumlenkung einen Geschwindigkeitszuwachs auf der Hugel­kuppe, ohne daB storende Ablosungen und Turbulenzen entstehen (Bild 4. lOb), so daB hier vorzugliche Chancen fiir die Windenergienutzung bestehen.

BUd 4.10 b: ... ,f/acher Hugel

Diese Ausftihrungen machen deutlich, daB die Kenntnis der regionalen Wind­konditionen als Entscheidungsgrundlage fUr die Aufstellung von Windmuhlen nicht ausreicht, sondem daB auch sehr genau die lokalen Verhaltnisse mit zu berticksichtigen sind.

4.3 Windmessung und Auswertung

4.3.1 Das Messen des Windes

Der zeitliche Verlauf des Windes ist, wie jeder weiB, sehr unregelmaBig. Innerhalb von wenigen Sekunden kann er weit vom Mittelwert v abweichen, Bild 4.11. Die WindmeBgerate geben diesen Verlauf (mehr oder minder genau) wieder. Ihr Ausgang ist ein analoges oder digitales Signal, das der Windgeschwindigkeit proportional ist.

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104

v(t) v. [MIs] [MIs]

8 8

6 6

4 4

2 2

20 40 T t 2 n N n 6t

Bild 4.11: Analoge und digitale Aujzeichnung der Windgeschwindigkeit; linearer Mitte/wert V

Das Schalenkreuzanemometer

BUd 4.12: Schalenkreuzanemometer !l81

Dieser Windgeschwindigkeitsgeber ist ein kleines Windrad mit vertikaler Rotations­achse (Bild 4.12). Urn die Welle sind jeweils an einem Hebelarm schalenfOrmige Widerstandsflachen angeordnet, die je nach Anblasrichtung unterschiedliche Stro­mungswiderstande aufweisen. In der Windstromung bewegen sich diese Schalen in Richtung ihres geringeren Widerstandes urn die Drehachse mit einer Drehzahl, die proportional der Windgeschwindigkeit ist, vergl. Abschn 2.3.2. Es wird entweder ein Tachogenerator, der eine Spannung proportional zur Drehzahl -und damit zur Windgeschwindigkeit - liefert angetrieben, oder es werden - haufig bertih­rungslos tiber Reed-Kontakte o.a.- Impulse pro Umdrehung erzeugt, die tiber ein be­stimmtes Zeitintervall gezahlt werden und damit ein MaB fUr die Windgeschwindigkeit ergeben. Letztere Methode der Signalerzeu­gung wird in der Regel bei automatisch arbeitenden Mef3systemen eingesetzt.

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105

Das Schalenkreuzanemometer ist weltweit auch bei den meteorologischen Stationen der am haufigsten verwendete Windgeschwindigkeitsgeber, da er robust ist, ohne eine Windrichtungsnachftihrung arbeitet und ein Signal erzeugt, welches der Windgeschwindigkeit direkt proportional ist.

Das Fliigelradanemometer

Dieser MeBgeber ist ein kleines Horizontalachswindrad. Es muB demzufolge wechseln­den Windrichtungen nachgeftihrt werden, was in der Regel durch eine in Lee angeordnete Windfahne geschieht (Bild 4.13). Gegentiber dem vertikalachsigen Schalenkreuzanemometer ist dieser Geber mechanisch aufwendiger. Andererseits bietet die Windrichtungsnachftihrung auch die Moglichkeit, die Winkellage mit zu registrieren und neben der Windgeschwindigkeitsmessung eine Windrichtungsmessung zu integrieren.

BUd 4.13: FLUgelradanerrwmeter /19/

Auch hier ist die Drehzahl des Fltigelrades propor­tional der Windgeschwin­digkeit und die Signal­erzeugung erfolgt wie oben mittels Tachogenerator oder Impulserzeuger.

Beim Fltigelradanemometer wie beim Schalenkreuz ist die Anzeige der Windgeschwindigkeit mit einer gewissen Tragheit behaftet. UBt man gedanklich die Windgeschwindigkeit von Vo auf vo+ /J.v springen, Bild 4.14, so folgen diese Gerate diesem Sprung mit einer e-Funktion (Verzogerung 1. Ordnung). FUr die Zeitkonstante T* gilt die Proportionaliilit:

e ( 4.4a)

Wobei e die Drehtragheit des Rades darstellt (Leichtbau!) und C'M,O die Steilheit der Momentenkennlinie der Windturbine "MeBrad" im Leerlaufpunkt /15,17,21/. Urn eine windgeschwindigkeitsunabhangige GroBe zur Charakterisierung eines MeBgerates angeben zu konnen, bildet man daher die sogenannte "response-Lange"

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106

* e lresp. = Vo T - C'M

Sie betriigt bei guten Getiiten 2 bis 5 m, bei triigen mehr.

v

Vo+t:J.V

V I--------.J...

o T*

OO~------~I

(4.4b)

Bi/d 4.14: Geriiteanzeige und Zeitkonstante 1'* eines Windmej3riidchens fUr einen plotzlichen Anstieg der Windgeschwindigkeit (SprungfunktionfUr v)

Ultraschallanemometer

Mehrere Paare von Sonotroden (Lautsprecher-Mikrofon-Kombinationen) sind im konstanten Abstand s montiert. Einige Male pro Sekunde eilen Ultraschallimpulse zwischen den Sondenpaaren hin und her. Diese Druckwellen bewegen sich mit der Schallgeschwindigkeit c. Die Windgeschwindigkeitskomponente v in der Richtung des Sondenpaares liberlagert sich dem Schall und fUhrt zu unterschiedlichen Laufzeiten fUr Hinweg (tl) und Rlickweg (t2):

s s t1 =-- t2 =-- (4.5a)

c+v c-v Diese Gleichungen lassen sich so auflosen, daB die Windgeschwindigkeit einfach zu ermitteln ist:

v = ~C~ -t~) (4.5b)

Wichtig ist, daB die Windgeschwindigkeitsberechnung von der Schallgeschwindigkeit unabhiingig ist, da diese mit Luftdichte und -feuchte variiert. Durch die Uberlagerung der Daten mehrerer MeBstrecken, kann mit dem Ultraschall­anemometer nicht nur die Windgeschwindigkeit, sondern auch die Windrichtung bestimmt werden.

Page 120: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

107

Ultraschallanemometer (Bild 4.15) sind in der Lage auch unter schwierigen Bedigungen zu arbeiten. Sie sind unempfindlich gegeniiber Staub, Dreck und Regen und konnen, wenn sie mit einer Heizung ausgestattet sind, selbst unter extremen Winterbedingungen zuverHissig Daten Hefem. Da das Ultraschallanemometer ohne bewegte Teile arbeitet, gibt es keinen VerschleiB. Auch Anlaufschwellen und MeBtrligheiten sind nieht vorhanden. Bisher wurden Ultraschallanemometer fast ausschlieBlich in der Forschung · .:.,..::.:~:: .. : .. ;:; .. : .. : .•.. ::.,::: .:Jf,{-t\ ····:~#·~·:;i\\. angewendet, da sie zwar sehr genaue, : . .':.: . .. " .. ... '~:.\ . ·:,f':··; ... ;" ': 'i :: hochfrequente Signale liefem, jedoch in der

': :.~ .. ::.'.: .:' ::.~~~> '-.:.... (: Anschaff~ng deutlich teurer sind als · .:.: :: .,/:: ::.. :. ". .~" herkommhche Schalenkreuzanemometer. ". ". . .. .... .' .:'. .. f: Seitdem Windkraftanlagen jedoch vermehrt ... ' . . ;.- an vereisungsgeflihrdeten Binnenland-

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: standorten aufgestellt werden, werden auch Ultra schall anemometer haufiger in der Praxis angewendet, da diese eine groBere Sicherheit bieten. Wlihrend Schalenkreuz­anemometer und Windfahnen bei Vereisung nur einfach zum Stillstand kommen, fiihrt das bei Ultraschallanemometern zu einer Signalunterbrechung und damit zu einer Fehlermeldung.

BUd 4.15: Ultraschallanemometer /23/

Das Hitzdrahtanemometer

Das Hitzdrahtanemometer ist ein WiderstandsmeBgerat, bei dem der elektrische Wider­stand in einem beheizten Leitungsdraht gemessen wird. In der Luftstromung wird der Draht gekiihlt und andert in Abhangigkeit von der Temperatur seinen elektrischen Widerstand, welcher damit, bei entsprechender Kalibrierung ein MaB flir die Wind­geschwindigkeit ist. Ein linearer Zusammenhang zwischen Windgeschwindigkeit und elektrischen GroBen besteht dann, wenn die Heizleistung fUr den Leitungsdraht so geregelt wird, daB unab­hangig von der Windgeschwindigkeit ein konstanter Spannungsabfall im Leitungsdraht erfolgt. Damit ist der elektrische Strom proportional zur Windgeschwindigkeit und kann als MeBgroBe direkt angezeigt bzw. weiterverarbeitet werden. Hitzdrahtanemometer mit der entsprechenden Stromregelung reagieren sehr schnell auf Windgeschwindigkeitsanderungen und es konnen mit ihnen Windgeschwindig­keitsschwankungen im hoherfrequenten Bereich gemessen werden. Andererseits sind sie empfindlich gegen Staubkorner aus der Luftstromung und konnen bei Regen nicht eingesetzt werden.

Page 121: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

108

4.3.2 Auswertung, Windhistogramm, Ertragsaussage

Mit der Aufzeichnung der Windgeschwindigkeit v in analoger oder digitaler Form ist noch wenig an Aussage gewonnen. Zwar HiBt sich damit bei gegebener Anlagenkennlinie P(v) ftir jeden Augenblick die Leistung angeben, Bild 4.16, aber den Nutzer inter-essiert nur wenig, was die Anlage

P [kW]

20

15

zu einer bestimmten Uhrzeit 10 lieferte. Ihn interessieren vielmehr Tages-, Monats- und Jahresertrage.

5 Bild 4.16:

~ind

Leistungskennlinie einer Wind­kraftanlage (D=7m) und theoretisch im Wind vorhandene Leistung PWind=pFv312

o ~, ~~~~~~~~~~~~ o 5 10 15 20 25

v [m/s]

Ertragsa bschatzung

Weder der lineare Mittelwert v des betrachteten Zeitraums T = N~t, mit n = 0, 1, 2, .. ,N

_ 1 TIN v =f J v(t)dt '" N+l Lvn (4.6)

o 0

hilft hier viel weiter, noch die Standardabweichung, die eine Aussage macht, wie stark die Abweichungen yom linearen Mittelwert sind, vergl. Bild 4.11.

cr=

T

~ J (v-v)2 dt

o (4.7)

Beides sind GroBen, die in der Wetterkunde benutzt werden. Normiert man die Stan­dardabweichung cr auf den linearen Mittelwert erhalt man den dimensionslosen Faktor

S = cr Iv (4.8)

der auch als Turbulenzgrad bezeichnet wird.

Page 122: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

109

Eine erste - wenn auch sehr theoretische Aussage - tiber den Energieertrag liefert der von Golding eingeftihrte Energy-Pattem-Faktor lee /8/. Hier wird die theoretische irn Wind enthaltene Leistung

PWind = ¥ F v3

tiber den Zeitraum T (Tag, Monat oder Jahr) aufsummiert,

T

EWind = ¥ F fv3(t) dt o

(4.9)

(4.10)

und in Relation gesetzt zu der Energie E*, die sich ergibt, wenn man yom linearen Mittelwert -y der Windgeschwindigkeit ausgeht.

* p 3 E = 2"FV T (4.11)

Dabei ist F die yom Wind durchstomte Flache, T der Betrachtungszeitraum und p die Luftdichte. Daraus folgt der Energy-Pattem-Faktor lee zu

T T

f v3 d t f v3 d t

lee = ~ = l 0 = l---=o,---=-__ E T -y3 T T

(~ f v dt)3

(4.12)

o bzw. in diskretisierender Schreibung

N N 1"'3 1"'3

N+I ~vn N+I ~vn Ir __ ....::.0 __ = __ ---,-:.0 __ At: = -y3 N

(N~I L Vn )3 o

(4.13)

Weht der Wind vollig gleichmiiBig, v(t)=-Y betragt lee eins. Je heftiger und ofter der Wind yom Mittelwert abweicht, urn so groBer wird der Faktor lee (also der geschatzte Energieertrag), verglichen mit dem ftktiven Wert E * = TpFV3/2 .

Ertragsberechnung

Direkt verwendbar flir die Berechnung des Energieertrags einer Windkraftanlage, von der die Kennlinie P(v) vorliegt (Bild 4.16), ist aber nur die Umsetzung des Wind­schriebes v(t) in ein Histogramm. Bild 4.17 zeigt links den aus Stundenmitteln auf­gebauten Tagesgang v(t) und rechts das zugehorige Histograrnm.

Page 123: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

110

Hier wird eingetragen, wieviel Stunden der Gesamtzeit die jeweilige Wind­geschwindigkeit herrschte, wobei fUr die einzelnen Windgeschwindigkeiten eine Klassenbreite von 1 rn/s gewahlt wurde.

10

5

6/24 h

Bild 4.17: Aus Stundenmitteln aufgebauter Tagesgang (links) und das dazugehorige Histogramm der relativen Hiiufigkeiten hi des jeweiligen Tages

Man erkennt, wie hier die Information verdichtet wird auf das fUr die Energie­ertragsaussage Notwendige - auch wenn tiber Wochen oder Monate zu messen ist. Der Wert hi ist die relative Haufigkeit jeder Windgeschwindigkeitsklasse Vi, d.h. der Zeit­anteil ti der Gesamtzeit T, in der die Windgeschwindigkeit der jeweiligen Klasse weht.

Der Ertrag im Zeitraum T, den die Anlage mit gegebener Leistungskennlinie P(v) bzw. P.(v) liefert, ergibt sich aus den Ertragen der einzelnen Klasse.

1

(4.14)

durch die Aufsummierung

( 4.15)

Das ist in Bild 4.18 dargestellt. Bild 4.19 zeigt den prinzipiellen Aufbau eines Wind­klassierers. Die GroBe des Zeitfensters, ~t, tiber das gemittelt wird, kann meist gewahlt werden. Ublich sind 10 min oder 1 min Fenster. Eine Ubersicht auf dem Markt befindlicher Gerate geben Richter/Schneider /17/ und ConradIKortenkamp /l5/ an.

Page 124: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

h I Haufigkeit der Klasse ti / T PI Leistung der Klasse T betrachteter Zeitraum E I Klassenertrag

PI [KW] 20

EI KWh

600

500

400

300

200

100

111

c

VI [ml 5]

15

b

% VI 1m Is]

15 12 9 6 -hlI-+--I'--i-f"-r--I 3 ~I-+-I-.f-.-f-l--JO-~~

5 10

20

15

BUd 4.18: Ermittlung des Ertrages an kWh /ilrden Zeitraum T eines Monats (c), aus dem Windhistogramm (a) und der Anlagenkennlinie (b)

Page 125: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

112

Vet)

Zeltgeber

Impulsgeber, (Drehzahl proportional

Windgeschwindigkeit)

Zahlung der Impulse pro Zeltfenster .6t

Zahlung der Zahl N der Zeitfenster

Zahl der Zeitfenster In der jeweiligen

Klasse vi

Vi mls

10

Klasslerung der Wlndgeschwindigkeit gemaB der Zahl der

Impulse 1m Zeltfenster

Bild 4.19: Prinzipieller Aujbau eines Windklassierers; Bildung der relativen Hiiufigkeit hi der verschiedenen Windklassen vi

Page 126: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

4.4 Idealisierte Windhistogramme - Rayleigh- und Weibullverteilung

MiBt man in Mitteleuropa das J ahreshistogramm an einem normalen, hindernisfreien Aufstellungsort, so stellt man fest, daB die ermittelte relative Haufigkeitsverteilung recht gut durch den Funktions­ausdruck der (kontinuier­lichen) Rayleigh-Verteilung angenahrt werden kann (Smulders/Stevens /11/ und Lysen /12/).

0,2

0,05

5

113

10 v [Mis]

BUd 4.20: Anniiherung eines gemessenen Histogramms durch eine Ray/eig h-Verteilung

Bild 4.20 zeigt die Verteilungsdichtefunktion nach Rayleigh:

1t v -?!.. (Y...1-hR =- -e 4 v) (4.16) 2 ,,2

Fiir Standorte, von denen z.B. aus meteorologischen Daten nur die mittlere Windgeschwindigkeit verfiigbar ist, lassen sich mit der Rayleigh-Verteilung einfach iiberschlagige Ertragsprognosen erstellen. Den Ertragsberechnungen in Prospekten der Herstellervon Windkraftanlagen liegt gewohnlich die Annahme eines Rayleigh­verteilten Windes zugrunde, die auf europaische Verhaltnisse gut zutrifft .

Eine Verallgemeinerung der Rayleigh-Verteilung stellt die Wei bull-Verteilung dar. In ihr taucht neben dem Formfaktor k der Skalierungsparameter A auf, so daB eine Anpassung an Verhaltnisse moglich ist, die sich nicht hinreichend genau durch eine Rayleigh­Verteilung beschreiben lassen. Bild 4.21 zeigt den Verlauf der Weibullfunktion fUr verschiedene Formfaktoren k fUr eine mittlere Windgeschwindigkeit v = 4 rn/s. In statistischen Tabellenwerken zur Nutzung der Windenergie, wie dem Europaischen Windatlas /21/, sind die Windverhaltnisse gewohnlich durch den Skalierungs- und den Formfaktor ausgedriickt. Fur einen Standort auf Helgoland ergibt sich hier beispielsweise A = 8.0 rn/s, k = 2.09, (V = 7.2 rn/s), fUr Munchen A = 3.3 rn/s, k = 1.28. (V = 3.2 rn/s), und fUr Berlin A = 4.9 rn/s, k = 1.9, (V = 4.1 rn/s), /21/.

Page 127: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

114

0.4hr~I------,--------,-------,---------,-------~

2 4 6 8 10

V (m/s)

BUd 421.' Windgeschwindigkeitsverteilung nach Weibull; k=2 Rayleigh-Verteilung fUr eine mittlere Windgeschwindigkeitv = 4 mls

Allgemein lautet die Weibull-Verteilung:

(4.17)

Der nllhrungsweise Zusammenhang zwischen den Weibull Parametern A und k mit der mittleren Windgeschwindigkeit vergibt sich aus folgender Beziehung /12/:

v",AVO.287k-1 +O.688k-0.1 (4.18)

Der Formfaktor kist ein inverses MaB flir Schwankungen der Windgeschwindigkeit. Er kann aus S, der Standardabweichung der Windgeschwindigkeit bezogen auf die mittlere Wiodgeschwindigkeit gemaB Bild 4.22 ermittelt werden. Weht der Wind hllufig mit der gleichen Geschwindigkeit - die bezogene Standardabweichung ist also gering - wird der k-Wert recht groB. Fur sehr unstete Verh!iltnisse (z.B. morgens und abends Flaute, mittags vie! Wind) erhlllt man kleine k-Werte. Die Rayleigh-Verteilung e.ntspricht dem Wert k = 2. Auch der Energy-Pattern Faktor lee (Gl. 4.12) laBt sich in Abhiingigkeit von der Schwankungsbreite der Windgeschwindigkeit - respektive k - angeben, Bild 4.23.

Page 128: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

I> ""­b

1.0

II 0.5 rn

o

~ ~

1

.............

I'---r------

2 3 4

k •

BUd 4.22: Zusammenhang zwischen der Schwankungsbreite S der Wind­geschwindigkeit und dem Formfaktor k der Weibullfunktion 1121

6

5

ke 4

3

2

r\ ~

r-----o

1 2 3 4

k •

115

BUd 4.23: Energy-Pattern Faktor ke in Abhiingigkeit vom Formfaktor k der Weibull­VerteUung (k=2 entspr. Rayleigh - Verteilung) 1121

4.5 Standortbeurteilung und Bewertung

Nach Vorklarung der Fragen, - ob das ins Auge gefaBte Areal flir die Aufstellung von Windkraftanlagen iiberhaupt

zur Verfiigung steht (administrative Regelungen, Baurecht etc.) - ob die hier erzeugte Energie auch mit angemessenem Aufwand zum Orte ihrer

Nutzung gefiihrt werden kann, und - ob sich das Terrain von Baugrund und Bewuchs her iiberhaupt zur Aufstellung von

Windkraftanlagen eignet,

Page 129: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

116

interessiert primii.r: mit wieviel Wind kann man rechnen. Nie darf man vergessen, daB die Windleistung der 3. Potenz der Windgeschwindigkeit proportional ist; das bedeutet konkret

eine Fehleinschatzung der Windgeschwindigkeit urn 10% entspricht einer Fehleinschatzung der Windleistung von ca. 30%!!

Man kann unter heutigen Bedingungen etwa davon ausgehen, daB sich ab lahresmitteln von ca. 4 rn/s das Wasserpumpen und von ca. 5 rn/s die Stromerzeugung lohnt. Eine erste Hilfe in der Beurteilung eines Aufstellungsortes k6nnen Windkarten und Windatlanten geben. Da aber - wie oben beschrieben - lokale Einfltisse auBerordentlich stark sind, sind Messungen vor Ort unumganglich.

Eine Alternative hierzu bietet jedoch das Programm WASP in Kombination mit dem Europaischen Windatlas. Mit diesem Handwerkszeug k6nnen Beurteilungen der Windverhaltnisse an gewahlten Standorten unter Berticksichtigung der lokalen EinfluBfaktoren durch Ubertragen von Winddaten geeigneter Referenzstationen vorgenommen werden. Das Vorgehen gliedert sich in drei Schritte:

Ftir Referenzstationen des Windatlasses, an denen tiber langere Zeitraume Winddaten gesammelt wurden, werden 10kaIe Einfltisse auf die Windverteilung -z.B. Bebauung, Bewuchs, Orographie etc. - erfaBt und durch komplexe MOOelIe die gemessenen Windverhaltnisse von diesen Faktoren bereinigt. Das Ergebnis ist eine Art geostrophischer Wind. Sind zuverlassige eigene Messungen tiber langere Zeitraume vorhanden, so k6nnen auch diese an stelle der Windatlas - Daten verwendet werden.

Die bereinigten Winddaten werden auf den zu untersuchenden Standort tibertragen.

Die lokalen Standorteinfltisse werden, wie an der Referenzstation, erfaBt und dieselben Modelle wieder auf die Winddaten angewandt. Damit liegen Infonnationen tiber langfristige Windverteilungen unter Berticksichtigung lokaler Einfltisse vor.

Das Programm WASP korreliert somit MeBwerte eines ausgewahlten Standortes mit denjenigen eines Referenzstandortes. Die Genauigkeit der Ergebnisse hangt in erster Linie von der Qualitat der verwendeten Winddaten und der Auswahl der Referenzstation abo Weiterhin ist die Beurteilung eines Standortes sehr von der Erfahrung des Gutachters abhangig und daher mit einiger Willktir behaftet. Eine UberprUfung von WASP - Prognosen durch Messungen hat fUr ktistennahe Standorte eine gute Ubereinstimmung ergeben. FUr Binnenlandstandorte mit starker orographischer Gliederung (z. B. Mittelgebirge) werden die Prognosen deutlich ungenauer /21/.

Page 130: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

117

Bild 4. 24 zeigt das Vorgehen von WAsP graphisch:

Winddalen: McBuntcl1 cincr StaUon:

- Zeilreihen von Dalen - I-Iauligileilslabellen

Ilindernisse: Hindcrnlslabelle:

- Hindernisiloordinalen - Geolnelrische Abrnessungen

NO AI Rl A2 R2 HOP

- Porosilel 1 15 200 40 250 10 10 0.5 2 40 150 60 200 12 25 0.0

Haulligkeilen: Flaulllgkoliskaric :

- Rauhigl\eilslangen - Enllernung zum Rauhigkeils-

wechsel - I<orreklurlailloren

Orographie: Orogmplliemodell:

- H61lenlinien des Gelandes

Bild 4.24: Vorgehensweise des Korreiationsprogrammes WASP 1221

Page 131: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

118

Literatur

/1/ Molly, J.-P. Windenergie, Verlag C. F. MUller, Karlsruhe, 1990 (2. Aufl.)

(2/ U. HUtter Optimum Design Concept for Windelectric Converters, Vortrag zum Workshop on advanced Windenergysystems, Stockholm, 29.8.1974

/3/ Deardorf, J.W. Three dimensional numerical study of the hight and mean structure of a heated planetary boundary layer. Bound. Layer Meteor. 7, 1974.

/4/ Schlichting, H Grenzschichttheorie. Verlag G.Braun GmbH, Karlsruhe, 1965

/5/ Petersen, E.L., Troen, J., Frandsen, S., and Heedegard, K. Windatlas of Denmark, Riso Nat.Lab., Roskilde, Denmark, 1981

/6/ Wegley, H.L. A Siting Handbook for Small Wind Energy Conversion Systems, Batelle Pac. North West Lab., Richmond, Washington, 1978

m Beckedahl, U.,Reich,G. Prognose von Windgeschwindigkeiten aus Kurzzeitmessungen, IPAT,Techn.Univ. Berlin, 1983

/8/ Golding, E.W. The Generation of Electricity by Wind Power, E.+F.N. Spon Ltd., London, 1976

/9/ Putnam, P.e. Power from The Wind, Van Nostrand, 1948

/10/ Wade, J.E., Hewman E.W. Wind Power Prospecting - A Guide to Biological Indicators, Wind Books, Bozemann, 1984

/11/ Smulders, P.T., Stevens, M.J.M. The Estimation of the Parameters of the Weibull Wind Speed Distribution for Energy Utilization Purpose, Techn. Hogeschool Eindhoven, Afd. Techn. Natuurkunde, R.393 D, Eindhoven, 1979

Page 132: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

119

/12/ Lysen E.H. Introduction to Wind Energy, Steering Com. Wind Energy Dev. Countries SWD, Amersfoort, 1983

/13/ World Meteorologic Organisation Meteorological Aspects of The Untilization of Wind as an Energy Ressource, WMO Rep. No.575, Geneva, 1981

/14/ Corotis, R.B. Confidence Interval Procedure for Wind Turbine Candidate Sites, Solar Energy, Vo1.24,1980

/15/ Conrad, W. und R. Kortenkamp Statusbericht Windenergie Teil 2, Abschnitt E, Herstellerspezifikationen von WindmeBgeraten. Deutsche Gesellschaft fUr Technische Zusammenarbeit GTZ, Eschborn, 1987.

/16/ Yaglom, A.M. Comments on Wind and Temperature Profiles Relationships, Bound. Layer Meteor. 11, 1977

/17/ Richter, B. und I.D.Schneider Untersuchung verschiedener Windklassiergerate. Windkraftjourmal, 8.1 g., 2/88

/18/ Herstellerkatalog der Fa. Th. Friedrichs

/19/ Herstellerkatalog der Fa. Natural Inc.

/20/ Frank, W., Fuchs, 1., Mauch, H. Windkanalsimulation der Umstromung von Bauwerken, Zeitschrift f. angewandte Mathematik und Mechanik, Nr. 68, 1988

/21/ Europaischer Windatlas Ris!/l National Laboratory, Roskilde, 1990

/22/ Glocker, S. et al. Ermittlung von Potentialen und Flachen, Sonnenenergie und Warmetechnik, Nr.2, 1993

/23/ Werksfoto Gill

Page 133: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

5 Auslegung von Windturbinen nach Betz und Schmitz

Mit Hilfe der Betzschen oder Schmitzschen Theorie /l ,2/ laBt sich ohne groBen Aufwand eine Windturbine dimensionieren. Diese Theorien lief ern die Fliigeltiefe und den Einbauwinkel des Fliigels in Abhiingigkeit yom Radius, wenn die Auslegungs­schnellaufzahl, das aerodynamische ProfIl und der Anstellwinkel bzw. der Auftriebs­beiwert gewiihlt wurden.

Die Betzsche Theorie beriicksichtigt fiir die Auslegung nur die axialen Austrittsverluste, Schmitz beriicksichtigt zusatzlich den Drallverlust im Abstrom der Turbine, was bei Langsamlaufern (Auslegungsschnellaufzahl AA < 2,5) zu einer deutlich anderen Fliigelgeometrie fiihrt als nach der Betzschen Theorie. Die ProfIlverluste und die Verluste aus der Spitzenumstromung des Rotorblattes werden in beiden Theorien vernachlassigt und miissen durch nachtriigliche Abschlage auf die Leistung der Turbine in Rechnung gestellt werden. Die Fliigelzahl ist praktisch frei wiihlbar; sie hat iiberhaupt nur iiber die Blattspitzenverluste einen EinfluB.

5.1 Was Ui6t sich aus dem Wind an Leistung entnehmen?

Wie wir in Kapitel 2.3.1 schon festgestellt hatten gilt fiir die kinetische Energie einer bewegten Masse

1 E = 2' m v2 (5.1)

Fiir die Leistung des durch eine Kontrollflache F stromenden Windes folgt dann

• 1. 2 1 3 E = 2' m v = 2' p F vI (5.2)

weil fiir den DurchfluB m gilt m = p F dx/dt = P F v, siehe Bild 5.1.

: .1$: \.u_~ -"

Bild 5.1: Stromung des Windes der Geschwindigkeit v 1 durch die Kontrollf/ache F

Page 134: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

121

Wie bereits in Kap.2 veranschaulicht, liiBt sich diese Leistung nicht voU dem Wind entnehmen. Betz /1/ betrachtete dazu ein sehr stark idealisiertes Windrad, das dem Wind in einer "aktiven Ebene" durch Verzogerung verlustlos Leistung entnimmt. Durch welchen physikalischen ProzeB der Luft kinetische Energie entzogen wird, spielt bei dieser Uberlegung noch keine RoUe.

.. ... Vi

.. V 2 V3 ... .. ...

Bild 5.2: Stromung durch ein stark idealisiertes Windrad nach Betz

Betz nimmt, wie in Bild 5.2 skizziert, eine homogene Windstromung VI an, die durch das Windrad auf die Geschwindigkeit V3 weit hinter der Radebene verzogert wird. Er setzt also eine Stromrohre voraus, die sich aus Kontinuitiitsgriinden aufweiten muB.

P VI FI = P V2 F = P v3 F3 (5.3)

Wegen der geringen Druckiinderungen kann die Dichte p als konstant angenommen werden.

Die entzogene kinetische Energie betriigt nun Eintrinsenergie minus Austrittsenergie

1 2 2 EEnt= 2" m (v I -v3) (5.4)

Die dem Wind entnommene Leistung ist demnach

• 1. 2 2 EEnt= 2" m (v I -v3) (5.5)

Verzogem wir den Wind iiberhaupt nicht (V3 = VI), wird natiirlich auch keine Leistung entnommen. Verzogem wir aber zu stark, wird der Durchsatz in gering. Das fiihrt im Extremfall (m = 0) zur "Verstopfung" der Stromrohre (V3 = 0), wodurch wiederum keine Leistung entnommen werden kann. Es muB also zwischen V3 = VI und V3 = 0 einen Wert der giinstigsten Leistungsentnahme geben.

Page 135: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

122

Er HiBt sich dann ennitteln, wenn wir wissen, wie groB die Geschwindigkeit V2 in der Radebene ist, wei! dann der Durchsatz

m = p FV2

bekannt ist. Wir ftihren hier zunachst die plausible Annahme

VI + v3 v2 = 2

(5.6)

(5.7)

ein, die wir allerdings anschlieBend noch belegen wollen (Froude-Rankinesches Theorem).

Setzen wir den Durchsatz nach Gl. (5.6) mit der Geschwindigkeit V2 in der Radebene (5.7) in die Leistungsentnahmegleichung (5.5) ein, erhalten wir

Eent = 1 3 "2 p F vI

Windleistung

(5.8)

Leistungsbeiwert cp

Die im Wind vorhandene Leistung wird mit einem Faktor cp multipliziert, der yom Verhaltnis V3/VI abhangt.

c p

0,6

0,5

0,4

0,3

0,2

0,1

° ~--~--~4-----r----r----~~ ° 0,2 0,4 0,6 0,8 V3 v,

Bild 5.3: Leistungsbeiwert cp in Abhiingigkeit von dem Verhiiltnis Windgeschwin­digkeit V3 weit hinter dem Windrad zur Windgeschwindigkeit v 1 vor dem Rad cP,max = 0,59 bei v31v} = 113

Der maximal erreichbare Leistungsbeiwert cp ,Betz betragt

16 CP,Betz = 27 = 0,59 (5.9)

Er tritt bei einer Verz6gerung von v 1 auf V3 = ~ v I auf, was man durch Zeichnen der Kurve oder formal durch Nullsetzen ihrer ersten Ableitung feststellen kann. Rund 60 % der im Wind vorhandenen Leistung sind also durch eine ideale Windturbine entnehm­bar! Dabei betragt die Geschwindigkeit in der Radebene ~ VI und weit dahinter ~ VI.

Page 136: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

123

- Mntlrotltlllnltml'sser in m

BUd 5.4 Betzsche Leistung von Windriidern in Abhiingigkeit von Windgeschwindigkeit und Durchmesser, aus Betz /1/

Das Diagramm, Bild 5.4, zeigt in Abhangigkeit von der Windgeschwindigkeit und dem Durchmesser der Windturbine, welche Leistung im Betzschen Idealfall, CP,BelZ = 0,59, entnehmbar ist. Durch die zuslitzlichen Verluste, auf die wir spliter noch eingehen werden, ist die tatslichliche Leistung modemer Windturbinen etwas geringer. Aber immerhin lassen sich Werte von cp == 0,5 durchaus realisieren.

Wir wollen nun tiber den Impulssatz noch die Schubkraft ermitteln, die bei dieser optimalen Leistungsentnahme auf die Anlage in der Radebene wirkt. Der Schub

• v1+v3 S = m (VI - V3) = P F 2 (VI - V3) (5.10)

'b . h' 1 ergl t SIC mlt V3 = 3'VI zu

Cs = 8/9 = 0,89 (5.11)

wobei der Klammerausdruck den Staudruck darstellt, der auf die Flliche F wirkt. Vergleicht man diesen Wert mit dem Widerstand W, den eine geschlossene Kreis­scheibe dem Wind entgegengesetzt

Page 137: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

124

(5.12)

so stellt man fest, daB bei optimaler Leistungsentnahme der Schub fast 20% geringer ist als bei einer geschlossenen Kreisscheibe.

5.1.1 Froude-Rankinesches Theorem

Den Beweis, daB die Geschwindigkeit V2 in der Radebene nach der Betzschen Theorie tatsachlich der Mittelwert aus den Geschwindigkeiten weit vor und hinter dem Rad ist, wollen wir jetzt nachtragen. Den Schub konnen wir einerseits durch den Impulssatz G1.(5.1O) ausdriicken

S = m (Vl-V3)

andererseits aus der Bernoulli Gleichung (Energiebilanz) ableiten, die wir einmal ansetzen fUr den Bereich links von der Radebene und dann fUr den Bereich rechts davon, Bild 5.5.

(5.13)

(5.14)

Der Index -2 bezeichn~t die Ebene dicht vor und +2 die Ebene dicht hinter dem Rad.

Da aus Kontinuitlitsgriinden die Geschwindigkeit dicht vor und dicht hinter dem Rad gleich sein muB, V-2 = V+2, andererseits der statische Druck weit vor dem Rad auch gleich dem statischen Druck weit hinter dem Rad entspricht, PI = P3, ergibt die Subtraktion von (5.13) und (5.14).

P ( 2 2) 2' VI - v 3 = P-2 - P+2 (5.15)

Der Turmschub entsteht nach dieser (energetischen) Betrachtung durch die Differenz des statischen Drucks vor und hinter der Radebene

S = F(P-2 - P+2) (5.16)

Driickt man in G1. (5.10) noch den Durchsatz m durch m = p F V2 aus und fiihrt dann G1. (5.16) und (5.15) ein, erhiUt man den oben benutzten Ausdruck fur die Geschwindigkeit V2 in der Radebene

Page 138: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

G) ..

--.-------.. ----------vi,Fi, Pi

V,p

P(x)

@@ @

I I I I I I I

I

P-2

V2

PI -2

1

I I

I I

rl- 2

125

CD .. ... ... ------------.. ----V;, F3 , P3

v(x) .::--=~------T-t----

I I

~ +----=---~~:----~--------------I X I p(X) I

I I I I P-I-2

Bild 55: Verlauf von Geschwindigkeit und statischem Druck p in der Stromrohre

Page 139: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

126

5.2 Die Tragfliigeltheorie

Bisher haben wir offengelassen, wie im einzelnen der Leistungsentzug in der Radebene realisiert wird. Bei Windkraftanlagen mit horizontaler Achse geschieht das durch rotierende Fliigel, die so dimensioniert werden, daB sie gerade die yon Betz ermittelte Maximalleistung entnehmen. Ehe wir uns der Dimensionierung der Flugel zuwenden, wollen wir kurz die wesentlichen Ergebnisse der Tragflugeltheorie rekapitulieren.

A

--BUd 5.6: Auftrieb A und Widerstand Wan einem Tragfluge/e/ement der Breite b

Wir betrachten dazu ein symmetrisches Profil, das yon yorne mit der Geschwindigkeit c angestromt wird. 1st der Anstellwinkel null, (lA = 0, so entsteht nur eine Widerstands­kraft W, die allerdings gering sein wird, wenn der Tragflugel stromlinienformig gestaltet wurde. Stellt man den Flugel urn einige Grad an, dann entsteht eine Auftriebskraft A, die proportional zur Flugelflache t·b ist und quadratisch mit der Geschwindigkeit c ansteigt.

(5.17)

(5.18)

Der Auftriebsbeiwert CA = CA (uA) gibt die Abhangigkeit yom Anstellwinkel (lA an. Er wird - eben so wie der Widerstandsbeiwert CW(UA) -gewohnlich experimentell im Windkanal ermittelt. Bild 5.7 zeigt fiir ein unsymmetrisches Profil den gemessenen Verlauf yon Auftriebs- und Widerstandsbeiwert.

Page 140: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

1.5

1.0

0.5 ~

0.0

...-;:\ ,'1 r '\ ;1/ '\

12 {; ') \

i~ /~/ \,

Cw 2.0

1.5 W 21 ~

\ 2' (\1.0 ----\--- -- /

-0.5: ""'~' /

-1.0 ~ ---., , , , , , , 1-'-' , , , ~~, , , , , I , , , , , , , ,- ~O.O

-0.5

-90 - -'15 0 45 90 AnSlcllwinkel u A

BUd 5.7: Korrigierte Auftriebs- und Widerstandsbeiwerte in Abhiingigkeit vom Anstellwinkel aA aus Windkanalmessungen mit den Profilen NACA 4412 bis 4424 aus /9/

127

Mit zunehmenden Anstellwinkel wachst zunachst CA bzw. die Auftriebskraft nahezu linear mit dem Anstellwinkel (Bereich aA < 10°) . Dann flacht die Kurve ab und erreicht einen Maximalwert; bei noch groBerem Anstellwinkelliegt die Stromung nicht mehr glatt am Profil an, sie reiBt ab: der Auftrieb wird in diesem Bereich (aA> 15°) wieder geringer und der Widerstand bzw. Cw wachst mit zunehmendem Winkel aA sehr schnell sehr stark an, Bild 5.7.

a) b) BUd 5.8: Druckverteilung auf einem Tragflugelprofil, aus /13/, a) bei kleinem

Anstellwinkel (aA=3 0); b) bei groj3em Anstellwinkel (aA=19 0)

Page 141: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

128

Dadurch, daB die Stromung auf der Oberseite des Profils einen Hingeren Weg als auf der Unterseite zurUckzulegen hat, flieBt sie oben schneller als unten. Dies hat auf der Oberseite einen niedrigeren Druck, als auf der Unterseite zur Folge (Bernoulli). Die Summation p . ds entlang der Kontur des Profils ergibt den Auftrieb A und den Widerstand W als Komponenten der Gesamtkraft K.

(5.19)

Solange die Stromung anliegt, greift diese Kraft bei 25 bis 30 % der Fliigeltiefe tan. Bei abgerissener Stromung wandert dieser sogenannte Druckpunkt weiter nach hinten; bei starkem AbriB liegt er nahezu bei t /2, was bei (J.A = 9()O unmittelbar plausibel ist: dann steht der Fltigel wie ein Brett quer zur Anblasung c und wird nahezu symmetrisch umstromt.

Fur die ebene Platte liiBt sich im Bereich anliegender Stromung der Auftriebsbeiwert theoretisch ennitteln /6/. Hier gilt

(5.20)

Bei realen Profilen ist CA etwas geringer

(5.21 )

Bei der Darstellung von Profilvennessungen z.B. in Profilkatalogen /3,4,5/ ist bei unsymmetrischen Profilen darauf zu achten, ob der Anstellwinkel von der Auflagekante her geziihlt wird (was bei Profilen mit gerader Unterseite oft der Fall ist),

W

K

*~ Ci..A

7 ;/ BUd 5.9: Bezugsliniefur die Ziihlung des Anstellwinkels. Resultierende K aus Auftrieb

und Widerstand

oder von der Verbindungslinie Nasenmitte-Hinterkante, Bild 5.9. Injedem Fallliegt die Nullauftriebslinie, CA = 0, im Bereich negativer Anstellwinkel. Bei (J.A = 0 entsteht durch die Wolbung schon Auftrieb, siehe Bild 5.10.

Page 142: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

oProfil6iillingen &82 X" , 622 k!-:::.a. 6 II • 623

~ -.... ~ I

0 11 " 62'1 ~ ...0. ca..:f(ix)

z • • ~ fiZ5 ~ ~

~ ~ I .......

"-/ 0

~ ~ V , ........ 582-I-

/ - 522 623

8 " 52¥-I-

v:~ V V ~ "'0" 525

" r / 0

V10 V/ V I ?; " . ./

" ~/ V J

~ /' 2~ .1-~ i'.." ~ 1Pf~ .A-!" --x ,--.0: ~

0

0.15

0, 12

0,08

-5° -¥" -20 0° 2° '10 6 0 8° 10" 12° fIf" 16° 18° 200

Allstellwinkel aA

Bild 5.10: AuJtriebsbeiwerte CA und inverse Gleitzahl einiger Gottinger Profile /11/

129

An diesem Bild wird auch deutlich: je dUnner ein Profil desto geringer ist der Wider­standsbeiwert im Bereich geringer Anstellungen aA. Aber auch bei unsymmetrischen Profilen gilt wie beim symmetrischen Profil flir die Neigung CA' im ansteigenden Profilast der Auftriebskurve CA' == 21t. 1m nachsten Abschnitt werden wir auf den Begriff der Gleitzahl stoBen; sie gibt das Verhiiltnis von Auftrieb zu Widerstand an

A CA(CXA) E(CXA) = W = -(-) (5.22)

Cw CXA

Ihr maximaler Wert Emax (der gewohnlich im Bereich von CA = 0,8 bis 1,1 auf tritt, also im Bereich maBiger Anstellwinkel) ist ein MaB flir die ProfilgUte. Gute Profile erreichen Gleitzahlen von Emax = 60 und mehr; ein Brett (ebene Platte) kann immerhin noch Gleitzahlen von Emax = 10 erreichen. (Vorsicht: Die Gleitzahl ist in der Literatur nicht einheitlich festgelegt. Gelegentlich wird auch CW/cA als Gleitzahl vereinbart.)

5.3 Anstromverhaltnisse nnd Lnftkrafte am rotierenden Fliigel

5.3.1 Winddreiecke

Der FlUgel wird in jedem Schnitt r mit einer Geschwindigkeit c angeblasen, die sich zusammensetzt aus der nach Betz ermittelten, reduzierten Geschwindigkeit in der Rotorebene V2 = 213 VI und der Umfangsgeschwindigkeit u = Q r, die durch die Eigendrehung mit der Winkelgeschwindigkeit Q entsteht.

Page 143: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

130

--

~V=2V 2 3 1

-._. (XA U

BUd 5.11: Winddreiecke; Anblasung c aus der geometrischen Uberlagerung von V2 in Axialrichtung und der Um/angsgeschwindigkeit u = Q r, durch Eigen­drehung des Flilgels

In Bild 5.11 lesen wir unmittelbar ab, wie sich die Anstromgeschwindigkeit c ihrem Betrag nach aus den heiden Komponenten V2 und u(r) zusammensetzt

c2(r)= (~VI)2 + (n r)2 (5.23)

Ihre Richtung ~ relativ zur Windrichtung bzw. Rotorachse finden wir zu

nr tan B(r) = - (5.24)

V2

Nach Einfiihrung der AusiegungsschnellauJzahl A.A, die das Verhaltnis von Umfangsgeschwindigkeit n· R an der FlUgelspitze zur Windgeschwindigkeit VI ausdrtickt,

nR A.A= -­

vI

konnen wir Gl. (5.25) wegen V2 = 2VI/3 umschreihen in

3 r tan ~ = "2 A.A R

(5.25)

(5.26)

Bild 5.12 macht noch einmal deutlich, daB wegen der linear mit dem Radius wachsenden Umfangskomponente u = n r die Winddreiecke von Schnitt zu Schnitt verschieden sind.

Page 144: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

131

R Uo. d:==1 V2

Un I

I I

~ I V2 UM

I U,.

I I

c~ V2 Ujl I

U,

BUd 5.12: Winddreiecke in verschiedenen FlUgelschnitten: Umfangsgeschwindigkeit u = f2 r; Axialgeschwindigkeit in der Rotorebene V2 = 2 v,/3

5.3.2 Luftkrafte am rotierenden Flugel

1m Schnitt der Breite dr am Radius r greifen gemaB Bild 5.13 die Luftkrafte Auftrieb dA und Widerstand dW (etwa im Viertelspunkt des Profils) an.

Auftrieb:

Widerstand: dW = ¥ c2 t dr CW(UA)

dr I Widerstand

BUd 5.13: Luftkriifte im Flugelringschnitt

(5.27)

(5.28)

c v

Auftrieb

Page 145: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

132

FUr die Zerlegung in Umfangsrichtung und Achsrichtung (Windrichtung) lesen wir in Bild 5.13 ab:

dU = ~ c2 t dr rCA cosB - cw sinB] (5.29)

dS = ~ c2 t dr [cAsinB+cwcosB] (5.30)

denn die Auftriebskraft steht ihrer Definition gemaB senkrecht zur Anstromung c, wiihrend der Widerstand in diese Richtung weist, vgl. Abschnitt 5.2.

5.4 Die Betzsche Optimalauslegung

In der allgemeinen Betrachtung von Abschnitt 5.1 hatten wir festgestellt, daB die maximal der Kreisflliche entnehmbare Leistung

. 16 P 3 2 EBetz = 27 ! vI (1t R )

betrligt Der Rotor solI nun so gebaut werden, daB in jedem Ringabschnitt 21tr dr der iiberstrichenen Rotorkreisflache dem Wind die Leistung

. 16 P 3 d EBetz = 27 ! vI (2 1t r dr ) (5.31)

entzogen wird, Bild 5.13.

Bild 5.14: Ringschnitt der Fliiche dF = 2 1C r dr

Page 146: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

133

Diese Leistung wollen wir mit z geeignet dimensionierten Tragflfigeln herausholen, die im Riogschnitt die mechanische Leistung

dL= z dU Or (5.32)

Blatt- Umfangs- Umfangs-zahl komponente geschwin-

d. Luftkraft digkeit

umsetzen. Da wir im Auslegungspunkt das Profil nahe seiner besten Gleitzahl arbeiten lassen, ist der Widerstandsbeiwert klein, Cw « CA.

Von Gleichung (5.29) fUr die Umfangskraft bleibt dann wesentlich nur der Beitrag aus dem Auftrieb dA

dU = dA cos~ = t CA c2 t (r) dr cos~,

so daB fUr die mechanische Leistung gilt

dL = z n r t CA c2 t(r) dr cos~

(5.33)

(5.34)

Setzt man diese mechanische Leistung aus (5.34) gleich der Betzleistung (5.31), dL = dEBetz, erhiilt man die wichtige Formel fUr die Flfigeltiefe t(r) eines optimal aus­gelegten Windrades

3 ( ) 1 16 211: r vI

t r = Z 27 cA c2 0 r cos~

Mit Hilfe der an den Winddreiecken ablesbaren Zusammenhiinge

3 VI = 2 c cosB uod u = n r = c sinB

formt man urn auf

181 t(r) = 2 11: R Z '9"C'A ---;:====::;:....-

AA ~ A~ (~~2 + }

(5.35)

(5.36)

Dabei ist AA die gewahlte Schnellaufzahl und CA der gewtihlte Auftriebsbeiwert der Auslegung. Er kann - aber muB nicht - konstant fiber den Radius r gewahlt werden. Praktisch wahlt man fUr die Auslegung CA -Werte nabe der besten Gleitzahl, d. h.

0,6 bis 1,2 } 2 bis 6 Grad

e=emax

Page 147: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

134

Uber die Blattzahl, die ja nur die erforderliche GesamtflUgeltiefe auf mehrere FlUgel aufteilt, sagt G1. (5.36) nichts aus. Sie kann nach Festigkeitsgesichtspunkten, FertigungsUberlegungen oder auch Aspekten der Dynamik festgelegt werden.

Durchsichtiger wird die G1. (5.36) fUr die FlUgeltiefe noch, wenn wir vereinfacht schreiben

1 8 1 t(r) == 21t R -z ~CA -...;;;..-

, CA A~ (~) (5.37)

was zuUissig ist, wenn wir schnellaufige Anlagen betrachten ( AA > 3) und davon ausgehen, da6 die FlUgel wegen des Platzbedarfs der Nabe ohnehin erst bei etwa 15 % des AuBenradiusses R beginnen. Dann wird deutlich, daB die benotigte FlUgeltiefe zur Entnahme der vollen Betzleistung praktisch mit dem Quadrat der Schnellaufzahl AA abnimmt.

Von HUtter stammt das Diagramm, Bild 5.15, das den FlachenfUllungsgrad in Abhangigkeit von der Auslegungsschnellaufzahl angibt. Das Streuband kommt dadurch zustande, daB ein Bereich von cA-Werten urn 1,0 zugrundegelegt wurde.

Neben der FlUgeltiefe muB der Einbauwinkel des Proms

6sau = 6(r) + (XA(r)

ermittelt werden, Bild 5.26.

(5.38)

Durch die Wahl der Schnellaufzahl AA liegt der yom Radius r abhangige Winkel B der Anstromrichtuhg fest, fliT den nach G1. (5.26) gilt

B(r)= arc tan ( ~ AA ~)

siehe auch Bild 5.16. Gegentiber diesem Winkel der Anstromung, der die Verschraubung erzeugt, muB noch urn den Winkel (XA angestellt werden, der den bei der Ermittlung der Blattiefe zugrundegelegten Auftriebsbeiwert CA lieferte, Bild 5.13. FUr den Einbauwinkel gilt daher

(5.39)

Page 148: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

135

z

2 46810 20 40 Schnellaufzahl AD

Bild 5.15: FliichenfiUlungsgrad - Summe der FIagelfliichen bezogen auf die Kreisjliiche in Abhiingigkeit von der SchnellauJzahl der Auslegung AA /12/

R=5m

4m

3m

2m

Om 1m 2m

Fliigeltiefe t3 (r) Anstromrichtung p(r)

Bild 5.16: FIageltiefe t(r) in Abhiingigkeit von der Schnellaufzahl AA bei einem nach Betz ausgelegtem Dreiflugler. Anstromrichtung ]3(r), D= 10 m.

Page 149: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

136

5.5 Verluste

Den Betzschen Leistungsbeiwert von

16 Cp ,Betz = 27 = 0,59 (5.9)

erreicht nur eine ideale Maschine. In ihm sind nur die Verluste durch die axiale Aus­trittsgeschwindigkeit beriicksichtigt: Dariiberhinaus gibt es noch eine Reihe von wei­teren Verlustquellen. Die wichtigsten sind:

- die Profilverluste, die durch den (in 01.(5.34)

vernachlassigten) Widerstand entstehen,

- die Verluste durch Umstromung der Blattspitze von der Druck­

auf die Saugseite und Tip-Verluste

- die Drallverluste.

5.5.1 Profilverluste

Die Profilverluste werden yom Widerstand des Profils verursacht, den wir zwar bei der Suche nach der idealen Fliigelgeometrie vemachlassigen durften. Bei einer Lei­stungsbilanz miissen wir ihn aber beriicksichtigen. Oleichungen (5.32) in Verbindung mit 01.(5.29) gibt die wirkliche Leistung im Fliigelschnitt wieder

dL = z n r dU

= z n r[ %- c2 t dr (CA cosj3 - Cw sinj3 )] (5.40)

die den Widerstand berucksichtigt. Die Ideal-Maschine hingegen kennt keinen Wider­stand (cw = 0) d. h.

dLideaJ = z n r f c2 t dr CA cosj3

Aus dem Quotienten dL/~deal erhalt man dann den Wirkungsgrad des Profils zu

Cw A T\Profil = 1 - CA tan...,

1 = 1- - tanj3

E

= 1- ~ r AA 2 R E

(5.41)

Page 150: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

137

wenn tan~ noch durch Gl. (5.26) ausgedrtickt wird. Die Verluste im jeweiligen Ring­schnitt

(5.42)

sind proportional der Schnellaufzahl AA und dem Radius r; sie nehmen also zur Flligelspitze hin zu! Sie sind aber umgekehrt proportional der Gleitzahl. Da die meiste Leistung im AuBenbereich umgesetzt wird, muG man bei Schnellaufern auGen sehr hochwertige Profile verwenden ( Emax > 50). 1m Innenbereich und bei Langsamlaufern (Westernmill AA'" 1, Hollandmlihle AA'" 2) ist die Profilqualitiit nicht wichtig.

Benutzt man einen einzigen Profiltyp tiber die ganze Fliigellange mit festem Anstell­winkel aA, so ist die Gleitzahl E yom Radius r unabhangig. Dann laBt sich flir den Auslegungspunkt die Integration der Leistung (bzw. der Profilverluste) tiber die Flligellange explizit ausflihren

R 16 P 3 f L=272vI l1Profi\21trdr

o

R

L= i~ ~ vJ f(l 2 r AA ) -- 21trdr R E

3

o

oder L = i~ ~ v~ 1t R2 [1 - At]

(5.43)

Das Verhaltnis Schnellaufzahl zu Gleitzahl beschreibt also in diesem Fall direkt den Gesamtverlust infolge der Profilwiderstande.

5.5.2 Tip-Verluste

Eine weitere Verlustquelle stellt die Umstromung der Fliigelspitze von der Druckseite (Profilunterseite) zur Saugseite (Oberseite) dar. Dadurch nimmt der Auftrieb zum Flligelende hin abo Durch die Uberlagerung der Spitzenumstromung mit der Flligelanstromung entsteht ein sich aufweitender Wirbel, der mit der Stromung davonschwimmt, Bild 5.17.

Je schlanker der Fltigel ist, desto naher kommt er dem unendlich langen Fltigel (R/t = 00) flir den die Werte CA und Cw aus den Profilkatalogen gelten, desto geringer wird dieser EinfluB.

Page 151: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

138

Bild 5.17: Spitzenumstromung von der Druckseite zur Saugseite; Au/triebsverteilung CA

Betz III fUhrt zur Erfassung dieser Verluste einen wirksamen Durchmesser D' anstelle des eigentIichen Durchmessers ein. Nach einer auf Prandtl zuriickgehenden Abschiit­zung ist er folgendermaBen zu bestimmen

D' = D - 0,44 b ,

wobei b die Projektion des Fliigelabstandes a

1t D a =--z

(5.44)

an den Blattspitzen auf eine Ebene senkrecht zur Anstromrichtung von c ist. Vgl. Bild 5.18.

b = cos~ 1t D z

(5.45)

Fuhrt man hier noch die an dem Winddreieck der Flilgelspitze ablesbaren Zusammen­hiinge

c cosB = V2 ;

ein und beachtet, daB im Auslegungspunkt V2 = 2 vl/3 gilt, so erhiilt man den reduzierten Durchmesser D' zu

21t

3 z (5.46)

Page 152: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

BUd 5.18: Verteilung der Luft auf die einzelnen Flagel aus Betz /1/

139

Da die Leistung dem Quadrat des Durchmessers proportional ist, ergibt sich als Wirkungsgrad, der die Spitzenumstromung beriicksichtigt

T1tip = T = ( D) = 1 - 4 (5.47) L' 0' 2 ( 0,92 2

z~ A~ + 9

Flir Auslegungsschnellaufzahlen AA > 2 laBt sich das noch weiter vereinfachen auf

T1tip'" 1 - 1 ,84 (5.48) z AA

Grob gesehen ist dieser Verlust also umgekehrt proportional zum Produkt aus Flligel­zahl z und Auslegungsschnellaufzahl AA.

~. _ 1,84 ':>tlP -

z AA

Die GroBe dieser Verluste und das Verhiiltnis wirksamer Durchmesser zu wirklichem Durchmesser flir einige Windradtypen zeigt Tabelle 5.1.

AA Z AAZ Stip[%] O'IO

Westernmill 1 20 20 9 0,95 Hollandmlihle 2 4 8 22 0,88 Danische Windturbine 6 3 18 10 0,94 I-Flligler (Monopteros) 12 12 15 0,92

Tabelle 5.1: Tipverluste ~ip in Abhiingigkeit von der Schnellaufzahl ). der Auslegung und der Zahl z der F/agel. D' wirksamer Durchmesser.

Page 153: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

140

5.5.3 Drallveriuste

Die Drallverluste entstehen durch die Drehmomententnahme in der aktiven Radebene. Wegen "Actio gleich Reactio" wird von der Umfangskraft dU uber den Hebel rein Oegendrehmoment auf die abstromende Luft ausgeubt. Dieses Moment ist umso groBer je langsamlaufiger eine Windturbine ist. Unmittelbar einsichtig wird das an 01. (5.32), die die mechanische Leistung dL im Ringschnitt dr angibt

dL = z

Blatt­zahl

dU

Umfangs­kraft

Or

Umfangsgeschwin­digkeit

Der Schnellaufer entnimmt die Leistung durch hohe Drehzahl 0 und niedriges Moment r·dU. Der Langsamlaufer macht es umgekehrt: Seine Drehzahl ist niedrig, das Luftkraftmoment r·dU hoch - und entsprechend hoch ist auch der Drall in der austretenden Luftstromung, siehe Bild 5.19.

Dadurch entstehen Austrittsverluste nicht nur infolge der axialen Austrittsgeschwindig­keit V3 wie bei Betz, vg1. 01. (5.4 und 5.5). Es tritt auch eine Umfangskomponente in der Austrittsstromung auf, die weitere Verluste, eben die Drallverluste, verursacht.

Bild5.19: Drallbeha/tete Stromung hinterdem Windrad 1101.

Bei Schnellaufem, A.A > 3, sind sie sehr gering. Bei Langsamlaufem aber, wie beispielsweise der Westemmill mit A.A == 1, laBt sich statt des Betzschen Leistungsbei­wertes von CP,Betz = 0,59 durch die unvermeidlichen Drallverluste nur ein Maximal­wert von cP,max = 0,42 erreichen - von dem dann natlirlich noch Profil und Tip-

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141

Verluste abzurechnen sind. Ein so starker Verlust von 30 % durch den Drall hat aber auch EinfluB auf die Profilgeometrie eines optimal gebauten Windrades. Der Profil­tiefenverlauf t(r) und die Einbauwinkel unterscheiden sich dann von der ffir diesen Fall zu einfachen Betz-Auslegungen. Da die Drallverluste bei der Suche nach der optimalen Fltigelgeometrie ohnehin anfallen, wird ihre Berechnung im nlichsten Abschnitt mit erledigt.

5.6 Die Schmitzsche Auslegung unter Beriicksichtigung der Drall verI uste

Wlihrend Betz davon ausging, daB die Stromung von der Geschwindigkeit VI weit vor dem Rad tiber V2 = (VI +V3) 12 in der Radebene auf V3 = vI/3 weit hinter dem Rad verzogert wird, ohne daB sie ihre rein axiale Richtung andert, beriicksichtigt Schmitz (und vor ihm Glauert bei der Propellerberechnung) die Drallkomponente ~u in Umfangsrichtung, die wegen actio = reactio zwangslliufig entsteht

v,

.. .. - - - .. .. ..

1 2

Bild 5.20: Stromung in der abgewicke/ten Ringschnitthiilfte; Abstrom mit Umfangskomponente L1u

3

Diese Umfangskomponente ist vor dem Rotor noch null und hinter ihm ~u, Bild 5.20. Sie entsteht erst wlihrend des Stromens tiber die Blattiefe. Bild 5.21 zeigt die Anstromung c des Tragfltigels, gebildet aus V2 = 2vIl3 als axiale AnstrOmung nach Betz und der Umfangsgeschwindigkeit u

~u u = nr+ "'2 (5.49)

Da die Umfangszusatzkomponente ~u erst beim Uberstromen des Profils entsteht, rechnet man mit dem Mittelwert, gebildet aus "davor" und "danach", also mit ~u/2 (Diese Annahme erfolgt in Analogie zum Froudeschen Theorem, Abschnitt 5.1. Sie lliBt sich theoretisch auch noch besser fundieren). Wie groB ~u bei optimaler Ausbeutung der Windleistung ist, wird von der Auslegungsschnellaufzahl A.A abhangen.

Page 155: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

142

Statt des Winkels B, der von der Maschinenachse aus zahlt, benutzen wir hier den Winkel a flir die Richtungsangabe der Anstromung c. Der Winkel a zahlt von der Rotationsebene aus: a = 90 - B. Diese Winkelzahlung wird auch in Kap.6 beibehalten.

Das Winddreieck, gebildet aus VI und Or, das CI und al liefert, ist dasjenige, das entstiinde, wenn die Stromung im Rad iiberhaupt nicht verzogert wUrde, Bild 5.21.

Die Richtungsanderung 8C zwischen CI (weit vor dem Rad) und C3 (weit dahinter) ist also der Tragfliigelwirkung zu verdanken. GemaB dem Impulssatz "Durchsatz mal Geschwindigkeitsanderung gleich Kraft" entsteht in der Radebene im Ringschnitt der Breite dr die Kraft

dA = 8C dID (5.50)

die senkrecht auf c steht. Der Durchsatz dUTCh die Ringflache ist

dm = p 2 1t r dr V2 (5.51)

Die Leistung im Ringschnitt betragt wiederum unter Vernachlassigung des Widerstandes

dL= dM n

dU r n (5.52)

dA sina r n ------ ----

/:5. V / - / 2 /

C1 /:5.c /:5. V

/ - - / 2 2 / ---

V3 V2

----- ----

/:5.u -

2 Schmitz Eetz

Bild 5.21: Geschwindigkeitsdreiecke vor, im und hinter dem Rotor; Anstromwinkel a

~

Page 156: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

143

Aus Bild 5.211iest man weiter folgende geometrischen Zusammenhange ab:

Geschwindigkeit in der Radebene: c = CI cos(al - a)

Axialgeschwindigkeit i.d. Radebene: V2 = c sina

= CI cos(al - a) sin a

Geschw. anderung i.d. Radebene: ~c = 2CI sin(al - a) (5.53)

Damit gilt flir die Leistung in Abhangigkeit von dem noch naher zu bestimmenden Winkel a

dL = r Q dill ~c sin a

(5.54)

oder

2 dL = r2 Q p 21t dr cl sin 2(al - a) sin 2a (5.55)

Aus der Ableitung dL/L = 0 erhalt man den Anstromwinkel, der die maximale Leistung liefert

dL/L = [r2 Q p 2 1t dr CT] (-2 cos 2(al-a) sin 2a + 2 sin 2(al-a) sin a cos a

[r2 Q P 2 1t dr CT] 2 sin a [ sin 2(al-a) cos a - cos 2 (ai-a) sin a ]

[r2 Q P 2 1t dr CT] 2 sin a [ sin (2al- 3a)] (5.56)

Daraus ergibt sich

2 a = "3 al (5.57)

als optimale Anstromungsrichtung wobei

VI R tanal = - =

Q r (AA r ) (5.58)

den Zusammenhang mit der Schnellaufzahl herstellt.

Mit diesem Winkel a = 2 al /3 erhalten wir die Auftriebskraft dA aus Gl.(5.50) zu

Page 157: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

144

dA = dID t\c

= P 21t r dr c i cos (0.1 - a) sin a 2 C1 sin(a1 - a)

p 21t r dr c i 4 sin2 (~1) cos2 ( 0.31)

wegen 0.1 - a = 0.1/3 und sin ( ~ 0.1) = 2 sin( 0.1/3) cos( 0.1/3)

(5.59)

Fordern wir nun von der TragfiUgeltheorie, daB sie durch die entsprechende FlUgeltiefe tges (tges = t(r» die Auftriebskraft dA

dA = £. c2 tges dr CA 2

realisiert, so ergibt sich nach der Umfonnung

(5.60)

(5.61)

durch Gleichsetzen der Ausdriicke (5.55) und (5.52) die Schmitzsche Blattiefenfonnel

16 1t r . 2 1 tges = CA SlO (3" 0.1)

Verteilt man die Gesamttiefe tges auf z Bliitter, erhiilt man

1161t .1 tSchmitz(r) = --- r s102 (-3 0.1) z CA

(5.62)

(5.63)

mit tana1 = RI(AAr). FUr kleine Winkel 0.1 - d. h. flir hohe Schnellaufzahlen - ,erhiilt man aus der Schmitzschen Tiefenfonnel die gleichen Werte wie aus der Betzschen, Gl. (5.36). Das macht Bild 5.22 sichtbar, in dem die dimensionslos gemachte FlUgel­gesamttiefe (EinflUgler) nach Betz und Schmitz dargestellt ist. Dieses Diagramm hat J.Maurer erdacht, dessen kompakter Darstellung der Schmitzschen Auslegung wir in diesem Abschnitt folgten /8/.

-tBetz (5.64)

161t 1

= -9- A I(AA !.)2 + 4 'oJ R 9

- z CA AA 16 1t AA r . 2 (1 ) t Schmitz = tSchmitz R = R SlO '30.1 (5.65)

mit 0.1 = arctan~: r)

Page 158: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

Beide Funktionen der Gesamttiefe hiingen nur noch yom Parameter AA rlR abo

t

10

8

6

4

2 ~

o 0,1

---............ r----.

V --l--

"'-'I"-

~ Betz b-,.

~ .-

~ ....... """'- ......... t-l-t-

Bild 5.22: Vergleich der dimensionslosen Flugeltiefe 7 nach Betz und Schmitz in Abhiingigkeit von der lokalen Schnellaufzahl AArIR

145

1m Bild 5.22 kann man direkt den Verlauf der Fliigelkontur t(r) fUr Windkraftanlagen mit beliebiger Schnellaufzahl AA ablesen. Nimmt man beispielsweise eine Anlage mit der Auslegungsschnellaufzahl AA = 7, dem Innenradius ri = 0,1 R, so wird die (dimensionslose) optimale Fliigeltiefe durch die Kurve(n) im Bereich

AArlR = 0,7 (innen) bis AArlR = 7 (auBen)

beschrieben. Die wirkliche Fliigeltiefe erhiilt man definitionsgemiiB aus

t R t = --'---

AA Z CA

nach Festlegung von Auftriebsbeiwert CA und Fliigelzahl z.

Die optimale Fliigeltiefe unterscheidet sich bei Beriicksichtigung des DraUs umso mehr von der Betzschen, je kleiner die lokale Schnellaufzahl AA rlR ist. Bei Schnelliiufern betrifft das nur den Innenbereich. Das ist erfreulich, denn hier hat man ohnehin die Schwierigkeit, die nach Betz erforderliche groBe Fliigeltiefe zu realisieren.

Bei Langsamliiufern, wie der Western mill mit AA '" 1 sieht die Fliigelkontur vollig anders aus, wenn der NachlaufdraU beriicksichtigt wird: sie verjiingt sich nach inn en. Das scheinen die Hersteller dieser Anlagen intuitiv richtig gemacht zu haben! Den

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146

Verlauf des Anstromwinkels a im Winddreieck der Radebene mit Beriicksichtigung des DraUs (G1. 5.55 und 5.56) und ohne (Gl. 5.26 mit a = B - 90°) zeigt Bild 5.23. Das Bild macht deutlich, daB die Schrnitzsche Auslegung eine geringere Verwindung liefert: bei Schnellaufem nur im Innenbereich, bei Langsamlaufem tiber die gesamte Blattlange.

Der Einbau des Fltigels ergibt sich aus der Differenz zwischen Antromwinkel a und dem Anstellwinkel aA, der notig ist urn den zugrundegelegten Auftriebsbeiwert CA zu realisieren

aBau = a-aA

a

100·

80· ----Betz 60· --Schmitz

. 20

o 0,1

~ ~

'" --I--r---

(5.66)

""-"-........ ....... 1"- ,

Ii-t--~ 10

BUd 5.23: Anstromwinkel a in der Radebene mit und ohne Berucksichtigung des Dralls; lokale Schnellaujzahl AA rlR

5.6.1 Drallverluste

Nach Betz betragt die maximal erreichbare Leistung ohne Beriicksichtigung des DraUs

P 3 LBetz = 2' vl 1t R2 CP,Betz CP,Betz = 16/27

Bei Beriicksichtigung des Dralls ergibt sich die maximale Leistung dL im Ringschnitt aus G1. (5.53), wenn don noch die Optimalbedingung G1. (5.54) fUr den Anstrom­winkel eingesetzt wird, a = 2al/3. Integriert man tiber aUe Ringschnitte und bertick-

Page 160: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

147

sichtigt die Zusammenhange nach Gl. (5.55, 5.57, 5.58) erhaIt man die Leistung unter Beriicksichtigung des Nachlaufdralls zu

1

LS,hmitt = ~. R2 v~ J 4

o

mit R

<Xl = arctan (--) AA r

sin3 (~ <Xl) d (k) (5.67)

Dieses Integral ist zwar analytisch lOsbar /2/, die Losung aber aufwendig und untibersichtlich. Wir geben daher nur das Ergebnis als Diagramm an, den Leistungsbeiwert CP,Schmitz, der nun - im Gegensatz zum Betzschen - eine starke Abhangigkeit von der Schnellaufzahl AA aufweist, Bild 5.24.

Cp

° ,61TmTmliimIJIDJIIIlJJ]IIIIITI:n:r:IlIIlII:o:r 0,5 0,4 C p,Schmitz

0,3 0,2

0,1

5 10

BUd 5.24: Leistungsbeiwert nach Betz (ohne) und Schmitz (mit Nachlaufdrall). Die schraffierte Ecke stellt die Drallverluste dar

5.7 Praktisches Vorgehen bei der Dimensionierung von Windturbinen

Einen ersten Uberblick tiber die Leistungserwartung im Bestpunkt einer Windturbine gibt

4eal (5.68)

mit

Page 161: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

148

wobei der Leistungsbeiwert CP,real nur von der Auslegungsschnellaufzahl AA, der Gleitzahl £ = CNCW des gewiihlten Profils und der Zahl der Flugel z abhiingt, die in die Tip-Verluste eingeht. Schmitz hat ein Diagramm entwickelt 12/, in dem Cp ,real uber der Schnellaufzahl mit Gleitzahl £ und Flugelzahl z als Parameter dargestellt ist. Ohne jede Rechnung kann man hier also die Leistungserwartung unter Beriicksichtigung von Drallverlusten, Profil- und Tip-Verlusten ablesen, Bild 5.25.

0./$ Z=o:> E=

0; <) .... E= 40 0:

<.) o.~ t:: 0 ~ e:=20 "iii

.D '" OI) t:: .a

~2 en . iii ....l

00

o~---*----~--------~--------~--------~----~--------.-Z ~ 6 8 ~

Schnellaufzahl AA

BUd 5.25: Schmitz-Diagramm: Realer Leistungsbeiwert unter Berflcksichtigung der Verlu.~te 121

Einen Eindruck des FliigelfHichenbedarfs gibt das Hiittersche Diagramm, Bild 5.15. Hier erkennt man wie stark der Fliigelflachenbedarf mit der zunehmenden Schnell­laufzahl sinkt. Benotigt die Westernmill mit AA"" 1 noch die volle Kreisflache (100%) sind es bei Windkraftanlagen mit AA = 6 nur noch 4 bis 6 %, je nachdem wie hoch man mit dem Auftriebsbeiwert CA geht. Den Kontur- und Anstromwinkelverlauf zeigen die Maurerschen Diagramme, Bild 5.22 bzw. 5.23, wenn auch noch logarithmisch verzerrt.

In einer zweiten Runde der Auslegung, nach Festlegung der Schnellaufzahl AA, wird man sich die Profilkontur t(r) aufzeichnen und die Anstromwinkel a(r) in der Verschraubung. Daraus ergibt sich zusammen mit dem Anstellwinkel aA der Einbauwinkel aEinbau = a(r) - aA. Dafiir kommen die Gleichungen (5.36) und (5.39) bei der Auslegung nach Betz zum Zug bzw. die Gleichungen (5.63) und (5.66) in

Page 162: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

149

Verbindung mit (5.57) und (5.58) bei der Auslegung nach Schmitz, fUr die sich der Einbauvnnkelnach

berechnet.

aBau = f arctan (..1L) - aA AA r

., IrI .c (J II .c ., I'" IQ I I

~,,~=~;;~c Schlagachse "--_~_ ... - - - - -lfol.allonsebene

t ~ t t t t r

--- ---

Bild 5.26: Profilschnitte und ihre Auffiidelung bei einem nach Betz ausgelegten Schnelliiu/er (AA = 6, Profil Go.797) in tl4

Irgendwann muB die Entscheidung tiber die Fltigelzahl z fallen. Hier geben die Auslegungstheorien wenig Hinweise: z ist ein schwacher Parameter, der nur tiber die Tip-Verluste einen EinfluB hat. Deshalb entscheiden Fertigungsaspekte (drei Flugel kommen teurer als zwei), Aspekte der Dynamik (Rotoren mit drei und mehr Flugeln sind dynamisch gutmutig; Zwei - und Einflugler nervos und laut) sowie Festigkeits­aspekte.

Bei an der Nabe starr befestigten Fliigeln ist es zwar theoretisch gunstiger, wenige Flugel zu bauen, weil dann die yom Schub yerursachten Biegemomente an der Wurzel geringer werden, aber bei Rotoren mit individuellen Schlaggelenken (ygl. Bild 3.19) sind die Wurzelbiegemomente ohnehin null. Die Frage stellt sich also dort nicht mehr. Selbst bei starr befestigten Fltigeln entschiirft sich das Problem der hohen Wurzelbean-

Page 163: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

150

spruchungen dadurch, daB man die Profile uber die Flugellange wechselt, vergl. Bild 3.15. Man fangt mit Rucksicht auf die hohen Gleitzahlen an der Spitze mit dunnen Profilen an (z.B. mit NACA 4409 mit 9 % Dicke) verwendet in der Mitte ein etwas dickeres (z.B. NACA 4415) und am FuB ein sehr dickes Profil (z.B. NACA 4424 mit 24 % Dicke), dessen maBige Gleitzahlen dort uberhaupt nicht storen (vergl. Gl. 5.42). Dann hat man an der Wurzel auch ein hinreichend hohes Widerstandsmoment gegen Biegung aus den Luftkriiften.

Weiter muB auch CA nicht uber die Flugellange konstant sein. Dadurch laBt sich die Tiefe t(r) manipulieren. z.B. lassen sich so nach Betz oder Schmitz ausgelegte Flugel mit linearer Tiefenzunahme erzeugen.

Keinerlei Hinweise gibt die Theorie auch dartiber, wie die einzelnen Profilschnitte auf­zufadeln sind. Nur die Winkellage zur Rotorebene ist durch <lBau bzw. ~Bau festgelegt.

1m Dampfturbinenbau, wo massive Schaufeln eingesetzt werden, fadelt man mit Rucksicht auf die hohen Fliehkrafte oft die Schwerpunkte auf der Radiallinie auf.

0.8

0.6

0.4

0.2

BUd 5.27: Auffiideln der Profilschnitte

1m Windturbinenbau legt man gem die elastische Achse (Holm) in die Gegend von t/4 bis t/3, wo sich der Druckpunkt (Angriffspunkt der Luftkrafte) bei anliegender Stromung befindet (Bild 5.26 und 5.27). Die Luftkrafte verbiegen dann zwar den Holm, verdrehen ihn aber nicht, so daB sich die Anstellwinkel durch sie nicht verandem.

Durch dieses Vorgehen erhalt man einen Rotor, der bei der Auslegungsschnellaufzahl einen optimalen Leistungsbeiwert hat. Dies ist vorteilhaft fUr drehzahlvariable Anlagen, deren Elektronik fUr die optimale Drehzahl sorgen kann. Fur Stall - Anlagen gibt es jedoch eine Reihe weiterer Auslegungskriterien fUr die Rotorgeometrie. So ist hier ein breites cp - Maximum und ein kontrollierter StromungsabriB bei kleinen Schnell­laufzahlen erwunscht. Daher weicht die Auslegung fUr diese Rotorbliitter etwas von der Auslegung nach Betz bzw. Schmitz abo

Auf weitere Aspekte zur Wahl von Auslegungsschnellaufzahl, Fliigelzahl und Profil kommen wir am Ende des nachsten Kapitels zu sprechen.

Page 164: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

Literatur

/11 Betz, A. Wind-Energie und ihre Ausnutzung.9urch WindmUhlen,Vandenhoeck & Ruprecht, Gottingen 1926, reprint: Oko-Buchverlag Kassel 1982

!21 Schmitz, G.

151

Theorie und Entwurf von Windriidern optimaler Leistung, Wiss. Zeitschrift der Universitiit Rostock, 5. Jahrgang 1955/56

/3/ Riegels, Aerodynamsiche Profile, R. Oldenbourg Verlag, MUnchen 1958

/4/ Althaus, D. Profilpolaren flir den Modellflug, Neckar-Verlag, VS-Villingen 1980

/5/ Althaus, D. Stuttgarter Profilkatalog Vieweg-Verlagsgesellschaft

/6/ Betz, A. Einfiihrung in die Theorie der Stromungsmaschinen Verlag G. Braun, Karlsruhe 1959

m Glauert, H. Abschnitt "Airplane Propellers" in Durand W.F. Aerodynamic Theory Springer Verlag, Berlin 1935 Reprint: Verlag Peter Smith. Mass. US. 1976.

/8/ Maurer, J. Windturbinen mit Schlaggelenkrotoren - Baugrenzen und dynarnisches Verhalten VOl Verlag, Reihe 11, Nr. 173, DUsseldorf 1992

/9/ Paulsen, U.S. Aerodynamics of a full-scale, non rotating wind turbine blade under natural wind conditions Ris!2i National Laboratory, Roskilde Denmark 1989

/10/ Hau, E. Windkraftanlagen, Springer-Verlag, Stuttgart 1988

/11/ Sass, F. (Hrsg.) Dubbels Taschenbuch flir den Maschinenbau 11 Aufl. Springer-Verlag, Berlin 1955

/12/ Miller, R.v (Hrsg.) Energietechnik und Kraftmaschinen 6, Techniklexikon Rowohlt Taschenbuch-Verlag, Hamburg 1972

/13/ Smith, H. The illustraded guide to aerodynamics, TAB Books Inc, USA 1985

Page 165: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

6 Kennfeldberechnung uDd Teillastverhalten

6.1 Berechnungsverfahren (Blattelementmethode)

Die Berechnung der Krafte und Stromungsgeschwindigkeiten an Rotorblattern ist flir andere Schnellaufzahlen als die Auslegungs - Schnellaufzahl mit einem hohem Aufwand verbunden. Hier solI nun ein Verfahren beschrieben werden, daB noch relativ leicht nachzuvollziehen ist: die Blattelementmethode.

Bei der Auslegung der Flligelgeometrie nach Schmitz (s. Kap. 5.6) hatten wir zunachst flir eine von uns vorgegebene Auslegungsschnellaufzahl AA den Anstromwinkel a in der Rotorebene ermittelt, flir den die maximal mogliche Leistung aus dem Wind geholt werden kann. Dann konnten wir die Flligeltiefe t und die Verwindung (den Bauwinkel aBau) so auslegen, daB sich dieser Anstromwinkel im Betrieb bei Auslegungs­schnellaufzahl auch einstellt.

Nun sind Flligeltiefe und Verwindung gegeben. Flir andere Schnellaufzahlen als AA stellen sich in der Rotorebene andere Anstromwinkel a ein. Flir die Berechnung der Anstromwinkel a benutzen wir dieselben Gleichungen wie bei der Auslegung der Flligeltiefe, namlich die Formulierung der Auftriebskraft aus der Tragflligeltheorie und dem Impulssatz.

Die Auftriebskraft an einem Fliigelschnitt erhalten wir aus der Tragflligeltheorie:

(6.1)

mit t = Fliigeltiefe

dr = Breite des Flligelschnitts

und cA = Auftriebsbeiwert

p = Luftdichte

Die Auftriebskraft an einem Flligelschnitt ergibt sich aber auch aus dem ImpuIssatz:

dA = drh~c (6.2)

. d. 2m . Illlt m = p - dr c sma z

Page 166: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

und

dm = Massestrom

Ac = 2 C} sin(a} - a)

r = Abstand des Fliigelschnitts

von der Rotorwelle

z = Fliigelzahl des Rotors

/L--~L-~--L-~------~~-----

~u 2

BUd 6.1: Anstromverhiiltnisse. a und c in der Rotorebene

153

Das Gleichsetzen der beiden Auftriebe liefert die Gleichung, aus der wir bei der Auslegung mit dem bekannten Anstromwinkel a die Fliigeltiefe t berechnen konnten. Nun ist aber die Fliigeltiefe t vorgegeben und der AnstrOmwinkel a unbekannt.

(6.3)

ABe GroBen aus G1. 6.2 und 6.3 eingesetzt liefert:

Diese Gleichung laBt sich durch Kiirzen vereinfachen. Ubrig bleibt eine Gleichung, in der die Luftdichte p, die Breite des Fliigelschnitts dr und die Anstromgeschwindigkeit C} der l,mgestorten StrOmung verschwunden sind. Verwenden wir die Formulierung des

Page 167: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

154

Profilanstellwinkels aA mit dem bekannten Bauwinkel aBau, dann enthiHt die Gleichung als einzige Unbekannte den Anstromwinkel a.

(6.4)

Leider liillt sich diese Gleichung nicht nach dem gesuchten Anstromwinkel a auflosen, wir mussen a iterativ ermitteln. Dazu berechnen wir zunachst den Anstromwinkel al der ungestorten StrOmung mit der Schnellaufzahl ). = n r I v:

1 al = arctan --=---

). (r/R) (6.5)

Wir beginnen die Iteration, indem wir zunachst a = al setzen. Dann verandern wir a solange, bis die Gleichung 6.4 erfullt ist.

Diese. Rechenvorgang ist nachfolgend schematisch dargestellt. Allerdings solI ten noch einige Erweiterungen (Abschnitt 6.8) beachtet werden:

Startwert: a = al

Mit diesem a: aA = a - aBau --->cA(aA) aus Profilkennlinie

Damit untersuehen wir nun, ob die Gleichung erflillt ist:

Wenn f> 0 ist, mussen wir a verringern.

Wenn f < 0 ist, mussen wir a vergroBern.

So kreisen wir den AnstrOmwinkel a ein, bis f = 0 ist.

Solange die Gleiehung 6.6 nieht erfiillt ist, wirken auBer den Kraften aus der Tragflugeltheorie und dem Impulssatz noch Tragheitskriifte, die dafiir sorgen, daB sieh

Page 168: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

155

die Stromungsrichtung andert. Wenn f = 0 ist, dann wirken keine Tragheitskrafte und die Stromungsrichtung andert sich nieht mehr. Somit hat der Rotor einen stationaren (zeitunabhangigen) Zustand erreieht.

1st der Anstromwinkel bekannt, so konnen wir aus dieser Iteration die Anstromgeschwindigkeit c und die Auftriebskraft dA am Fliigelschnitt berechnen. Aus der Auftriebskraft erhalten wir den Beitrag des Fliigelschnitts an der Schub- und Umfangskraft und am Antriebsmoment des Rotors:

c = CI cos(al-a)

Schubkraft: dS(r) = dA cosa

Umfangskraft: dU(r) = dA sina (6.7)

Antriebsmoment: dM(r) =dU r

Danach nehmen wir uns den nachsten Fliigelschnitt vor und ermitteln dort den Anstromwinkel und darnit wieder die Krafte. Die Iteration muB an jedem Fliigelschnitt wiederholt werden! Fiir derartig aufwendige Berechnungen benutzt man einen Rechner.

Die Krafte und Momente des ganzen Rotors ergeben sieh dann aus der Summe der Krafte von allen Fliigelschnitten:

Umfangskraft eines Fliigels: U = LdU(r) r

Schubkraft des Rotors: S = z LdS(r) r

Antriebsmoment des Rotors: M = z LdU(r)r r

Leistung des Rotors: P= OM (6.8)

Wenn wir nun die Verluste aus Randumstromung und Profilwiderstand und mehr beriicksichtigen wollen, andern sich nur die Gleichungen 6.4 und 6.7. Das Berechnungsverfahren 6.6 bleibt das gleiehe. Eine Analyse der verschiedenen Verluste erfolgt in Abschnitt 6.8.

Page 169: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

156

6.2 Dimensionslose Darstellung der Kennlinien

Wie wir oben gesehen haben, steckt der eigentliche Rechenaufwand in der iterativen Ermittlung des Anstromwinkels a. In unserem Auftriebsgleichgewicht (Gl. 6.4) tauchen weder Windgeschwindigkeit noch Drehzahl auf. Wir konnen die Krafte, Momente und Leistung zunachst dimensionslos fUr fest vorgegebene Anstromwinkel al der ungestorten Stromung berechnen. Aus diesen dimensionslosen GroBen erhalten wir dann Schubkraft, Antriebsmoment und Leistung fUr beliebige Kombinationen aus Drehzahl und Windgeschwindigkeit durch eine simple Multiplikation mit den Bezugsgro8en.

FUr die dimensionslose Darstellung sind zwei Verfahren Ublich: Bei Kennlinien von Windmuhlen wah It man als Bezugsgeschwindigkeit die Windgeschwindigkeit VI weit vor der Anlage und tragt die dimensionslosen Kennlinien tiber der Schnellaufzahl ')... = n R/vl (R = Au8enradius des Rotors) auf. Die dimensionslosen Krafte, Momente und Leistung werden dann als 'Beiwert' bezeichnet. Bei Kennlinien von Propellern und Hubschrauberrotoren, die analog berechnet werden, wahlt man als Bezugsgeschwindigkeit die Umfangsgeschwindigkeit des Rotors n R und tri.:gt die dimensionslosen Kennlinien tiber dem Fortschrittsgrad 1/')... = VI/cn R) auf. Die dimensionslosen Krafte, Momente und Leistung werden dort als 'Zahl' oder 'Ziffer' bezeichnet. Wir behandeln hier nur die bei Windkraftanlagen Ubliche Darstellung. Ais Bezugskraft wahlen wir die Kraft FsI, die sich aus dem Produkt von Staudruck vf p /2 und der Rotorflache 1t R2 ergibt.

P 2 F = -1t R2 v SI 2 I Bezugskraft (6.9)

P 2 2 S = FSI CsC')...) = I1t R v I cs(')...), CSc')...) = Schubbeiwert

p 3 2 M = R FSt CM(')...) =I1t R vI CM(')...)' CM(')...) = Momentenbeiwert

. P 3 P = vI FS t cp(')...) = I1t R2 v I cp(')...), Cp(')...) = Leistungsbeiwert

Da sich die Leistung P aus Drehmoment mal Drehzahl ergibt, P = n M, folgt aus G1.6.9 fUr den Leistungsbeiwert cp = ')... cpo Urn die dimensionslosen Beiwerte zu berechnen, mUssen wir zunachst wieder aus G1.6.6 den Anstromwinkel a an jedem Fliigelschniu bestimmen. Damit berechnen wir dann analog zu Gl. 6.7:

c=~= cos Cal -a)

VI sinal

Page 170: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

157

und

Schubbeiwert: dcs(r!R) = dA coso.

Momentenbeiwert: dCM(r!R) = it dA sino.

Leistungsbeiwert: dcp(r!R) = A. dCM(r!R)

Aus der Summe aller Abschnittsbeiwerte Uber dem Radius erhalten wir dann einen Punkt der dimensionslosen Kennlinie.

6.3 Dimensionslose Kennlinien eines SchnelUiufers

Nach dem im vorangegangenen Abschnitt beschriebenen Verfahren wurden die Leistungs-, Momenten- und Schubbeiwerte flir einen Schnellaufer mit 1..A = 7 berechnet. Die 3 PIUgel des Rotors sind mit dem Profil FX 63-137 (z.B. in /11) ausgerustet, die Auslegung erfolgte nach Schmitz. Bei der Berechnung der Kennlinien wurden jedoch auch schon Tip- und Profilverluste berucksichtigt, auf deren Mitnahme wir erst in Abschnitt 6.8 zurUckkommen.

cp

0,6

0,5

0,4

0,3

0,2

0,1

° °

/. / /

/ /

.-/' 2 4

-~ ~

\ 1\ \

6 8 10 12 A. 14

BUd 6.2,' Leistungsbeiwert cp eines SchnelliiuJers als Funktion der Schnellaufzahl A, Auslegungsschne/lauJzahl AA = 7

Page 171: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

158

eM

0,12

0,1

1 /

/ /

0,08

0,06

0,04

0,02

~ o o 2

~ ~

~ ~ ~ ~

4 6 8 10 12 A 14

BUd 63: Momentenbeiwert eM eines Sehnelliiufers als Funktion der SehnellauJzahl A, AA = 7

1,4

1,2

0,8

0,6

0,4

0,2 ~

o o

V /

/ 2 4

/"

V ~

V

/

6 8 10 12 A 14

BUd 6.4: Sehubbeiwert es eines Sehnelliiufers als Funktion der Sehnellaufzahl A, AA = 7

Der maximale Leistungsbeiwert liegt deutlieh unterhalb des Idealwertes ep = 16/27; er tritt bei einem Aopt<A.A auf. Das ist auf den Profilwiderstand zurUekzuflihren, der bei Sehnelliiufem fast entgegengesetzt zur Umfangsgesehwindigkeit wirkt. Charakteristisch fdr Sehnelliiufer ist der niedrige Momentenbeiwert im Anlauf bei A. = 0 (Drehzahl = 0), hieraus ergibt sieh aueh das sehleehte Anlaufverhalten von Sehnelliiufem, Wegen eM = epf)..liiBt sieh der Momentenbeiwert aueh direkt aus dem.

Page 172: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

159

Verlaufvon cp iiber A ablesen, flir A = 0 ist der Momentenbeiwert die Steigung der cp­A-Kennlinie. Den maximalen Momentenbeiwert erhlilt man, wenn man vom Koordinatennullpunkt die Tangente an die cp-A-Kennlinie legt. Dieser Momentenbeiwert ist wichtig flir die Dimensionierung einer Notbremse. Fiir wachsende Schnellaufzahlen fallen Leistungs- und Momentenbeiwert wieder abo Etwa bei doppelter Auslegungsschnellaufzahl sind beide Beiwerte Null. Auf diese Leerlaufschnellaufzahl fahrt die Anlage, wenn sie ohne Last lliuft. Die Schubbeiwerte steigen mit wachsender Schnellaufzahl stetig an. Da Schnellliufer nur mit wenigen schmalen Fliigeln ausgeriistet sind, lassen sie beim Anlauf fast den ganzen Wind ungehindert durch die Rotorebene stromen, Cs wird sehr klein. 1m Leerlauf liegt der Schubbeiwert bei 1.25, das entspricht ungeflihr dem Widerstandsbeiwert einer geschlossenen Kreisscheibe. Diese hohe Schubkraft wird aber nicht durch den Profilwiderstand verursacht sondern durch den Auftrieb, der bei Schnellliufern im Leerlauf fast in Windrichtung zeigt.

6.4 Dimensionslose Kennlinien eines LangsamUiufers

Nun werden die Leistungs-, Momenten- und Schubbeiwerte flir einen Langsamlliufer mit AA = 1 vorgestellt. Die 15 Fliigel des Rotors sind wieder mit dem hochwertigen Wortmannprofil FX 63-137 ausgeriistet. Mit diesem Profil werden natiirlich keine Langsamlliufer gebaut, wir wollen aber so die prinzipiellen U nterschiede zu Schnellliufern zeigen.

cp

0,5

0,4

0,3

0,2

0,1

V ° °

/"'"

/ I

/

/ 0,5

- ~ ~ '\

\ \

1\

\ 1,5 2 2,5 3

Bild 65: Leistungsbeiwert Cp eines Langsamliiufers als Funktion der Schnellaufzahl A, AA = 1

Page 173: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

160

eM 0,6

0,6 f'....

/ ~ 0,4

V 0,3

0,2

0,1

o o 0,6

~ ~

'~

'" ~ 1,6 2 2,6 A. 3

BUd 6.6: Momentenbeiwert CM eines Langsamliiujers als Funktion der Schnel/aujzahl A, AA = 1

Cs

0,8

l-/ 0,6

0,4

0,2

o o 0,6

- t--~

~

~ '~

"'

1,6 2 2,5 A. 3

BUd 6.7: Schubbeiwert cs eines Langsamliiu/ers als Funktion der Schnellaujzahl A, AA = 1

Der maximale Leistungsbeiwert liegt mit 0.43 noch deutlicher unterhalb von cp = 16/27. Er tritt diesmal bei einer Schnellaufzahl A> AA auf. Dies liegt hier an den Drall­verlusten. Der Profilwiderstand hat nur geringen EinfluB auf die Kennlinien. Charakteristisch fUr LangsamHiufer ist der hohe Momentenbeiwert im Anlauf bei A = o. Er resultiert zum einen aus den groBen Bauwinkeln (XBau der FlUgel und zum andern aus der fastvollstandig mit FlUgeln zugebauten Rotorflache. Die groBen Bauwinkel sorgen

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161

daflir, daB das Profil auch im Anlauf hohen Auftrieb entwickelt. Langsamlliufer eignen sich deshalb zum Antrieb von Kolbenpumpen oder Maschinen, die hohe Anlaufmomente verlangen. Die groBe Fliigelflache ist auch verantwortlich fUr die hohen Schubbeiwerte im Anlauf. Das Absinken der Schubbeiwerte im Leerlauf ist darauf zuruckzuflihren, daB Langsamlliufer im Leerlauf auf negative Auftriebsbeiwerte fahren und damit die Luft beschleunigen, statt sie zu bremsen.

6.5 Turbinenkennfelder

Wie erhalten wir nun aus diesen dimensionslosen Kurven die Leistung, das Antriebsmoment und die Schubkraft flir fest vorgegebene Drehzahlen und Wind­geschwindigkei ten?

Zuerst wird der AuBenradius R der Anlage festgelegt.

Die Windgeschwindigkeit wird ebenfalls vorgegeben. Damit berechnen wir die Bezugskraft FSt:

(6.10)

Danach wird Drehzahl n in [U/min], bei der die Anlage laufen solI, festgelegt. Aus der Drehzahl n erhalten wir die Drehkreisfrequenz n, mit der wir die Schnell­laufzahl ermitteln.

n1t n = 30 [rad/s] n in [U/min]

A. = n R VI

Mit der Schnellaufzahllesen wir aus den Kennlinien die dimensionslosen Beiwerte ab und erhalten flir Schubkraft, Antriebsmoment und Leistung:

S = FSt cs(A.) = Schubkraft

M = R FSt CM(A.) = Antriebsmoment

P = VI FSI cp(A.) = Leistung

Wenn wir S, Moder P nun bei derselben Windgeschwindigkeit fUr eine andere Drehzahl berechnen wollen, konnen wir mit derselben Bezugskraft FSt weiterarbeiten, bei einer Anderung der Windgeschwindigkeit miissen wir die Bezugskraft FSt neu berechnen.

Page 175: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

162

Nach diesem Verfahren wurde fUr einen Schnellaufer mit 4m Rotordurchmesser der Verlauf der Leistung fiber der Drehzahl bei verschiedenen konstanten Windgeschwindigkeiten ermittelt. Dabei wurde die dimensionslose cp-A.-Kennlinie des Schnellaufers aus Abschnitt 6.3 verwendet, Bild 6.8. Bild 6.9 zeigt fUr dieselbe Anlage die Leistung fiber der Windgeschwindigkeit bei konstanten Drehzahlen.

P (kW)

8,-------,-------,--------,-------,-------,

12 m/s

6~------+-------~--_T~-r------~-------j

10 m/s

o~ __ ~~~ ______ ~ ______ -L ____ ~~ ______ ~

o 100 200 300 400 500 n (U/min)

BUd 6.8: Leistung Uber Drehzahlfilr verschiedene Windgeschwindigkeiten

P (kW)

12

10

8

8

4

2

o o

::::-::: 2 4

350 Imin 1

~p o 1/min

~ y

~ 50 11m n

/ r-2oc 1/min

~ H o 1/min

6 8 10 12 14 V (m/s)

BUd 6.9: Leistung Uber Windgeschwindigkeitfilr verschiedene Drehzahlen

Page 176: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

163

6.6 Anstromverhaltnisse

6.6.1 SchneIHiufer. Langsamlaufer: Zusammenfassung

In diesem Abschnitt sollen die Erkenntnisse der Kapitel 5 und 6 nochmals zusammengefaBt und der Unterschied zwischen einem Schnellaufer und einem Langsamlaufer herausgearbeitet werden.

,,' I C -i----l--+-_+_ f __ 'i'-. iLj// L, -- 0

. ~o. ' I ......... r--r ; 'LL .. . j QJ ~ V m (llon9som+/ouftr A SCh.1ef/oufer

.§ 0.: A/ .,'i i • "~I ~.~ l 0 .• 1---1-+--1 /s A 8 C 0 f

Bild 6.10: Leistungs- und Momentenbeiwerte von Windriidern verschiedener Bauart und Schnellaujzahl (nach F ateev) aus /6/

Leistung

- Die Leistung einer Windkraftanlage wachst proportional v3R2.

- Der maximale Leistungsbeiwert cp ist immer kleiner als 16(27. - Beim Schnellaufer wird cpmax fast nur durch den Profilwiderstand beeinfluBt. - Beim Langsamliiufer wird cPmax fast nur durch den Nachlaufdrall der Luft

abgemindert.

Page 177: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

164

Moment

- Das Antriebsmoment einer Windkraftanlage wachst proportional v2R3. - Der maximale Momentenbeiwert liegt immer bei Schnellaufzahlen A. < A.A. - Schnellaufer haben kleine Momentenbeiwerte im Anlauf (bei A. = 0). - Langsamlaufer haben groBe Momentenbeiwerte im Anlauf.

Schubkraft

- Die Schublcraft einer Windkraftanlage wachst proportional v2R2. - Schnellaufer haben kleine Schubbeiwerte im Anlauf, die Schubbeiwerte steigen

mit wachsender Schnellaufzahl an. - Langsamlaufer haben groGe Schubbeiwerte im Anlauf, die Schubbeiwerte sinken

mit wachsender Schnellaufzahl abo

Leerlauf

- Generell betragt die Leerlaufschnellaufzahl etwa das Doppelte der Auslegungs­schnellaufzahl.

- Bei Schnellaufern wird die Leerlaufschnellaufzahl durch den Profilwiderstand begrenzt.

- Bei Langsamlaufern hat der Profilwiderstand nur geringen EinfluB auf die Leer­laufschnellaufzahl.

Fliigel

- Schnellaufer haben wenige schmale Flugel, die am AuBenradius schmaler sind als innen. Die Flugel mussen eine gute Oberflache haben, als Profil muG ein Tragflu­gelprofil mit hoher Gleitzahl verwendet werden. Die Fliigel werden durch Luft­und Massenkrafte stark belastet.

- LangsamHiufer haben viele Flugel konstanter Breite, oder sogar am AuGenrand breiter als innen. An die Fliigeloberflache und das Profil werden keine hohen Anforderungen ge­stellt. Die Flugel werden im Vergleich zu Schnellaufem nur gering belastet.

Anwendung

- Schnellaufer werden zur Stromerzeugung eingesetzt. Durch die hohe Drehzahl wird nur eine kleine Getriebeubersetzung benotigt. Das geringe Anlaufmoment stOrt nicht weiter, da ein Generator erst bei hohen Drehzahlen zu arbeiten beginnt.

- Langsamlaufer eignen sich wegen der grol3en Antriebsmomente zum Antrieb von Arbeitsmaschinen wie Kolben-, Wiirmepumpen, Sagen oder Muhlen.

Page 178: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

165

6.6.2 Anstromung eines LangsamHiufers

Urn den Verlauf der Kennlinien besser zu verstehen, wollen wir uns nun die Anstromung an einem FlUgel eines Langsamlaufers ansehen. Ais Beispielanlage wird wieder ein Langsamlaufer mit /..A = 1 verwendet. Die Anlage hat 21 FlUgel, die Auslegung erfolgte nach Schmitz.

CA CW 0.3 R 2,5 06 R 28

2

- . i.. = . 0.9 R I

, i.. = 0.2 CW ~ -_ aile r bei

, •• i.. = 1 , 0.9 R /'

I 0.6 R /' , •

ItR "--- /

IV ~

1,5

VI ) V; """ ~ I CA

'" V I VI I

~ ./ I

0,5

o I I I , I -0,5

o 10 20 30 40 50 60 70 80 90 a Bild 6.11: Wandern der Betriebspunkte aUf der Profilkennlinie beim Hochlauf

(Langsamliiufer)

Auf der nachsten Seite ist ein FlUgel an drei Schnitten dargestellt: Der obere FIUgelschnitt befindet sich am AuBenradius bei r = 0.9 R, der mittlere bei r = 0.6 R und der untere am Innenradius bei r = 0.3 R. In der oberen Halfte der Bilder (6.12) sind die Krafte in GroBe und Richtung eingezeichnet, in der unteren Halfte die Anstromgeschwindigkeiten am FlUgelschnitt. AuBerdem ist in Bild 6.11 die Profilkennlinie mit den Auftriebs- und Widerstandsbeiwerten angegeben. Der FlUgel wuide flir drei Schnellaufzahlen untersucht: FUr /.. = 0.2 (Anlauf, gestrichelt), fUr /..=1 (Auslegung, dicke Striche) und flir /.. = 2.8 (Leerlauf, dUnne Striche). Die Kennlinien dieser Anlage haben wir im vorherigen Abschnitt vorgestellt. Beim Anlauf, (auf der Kennlinie in Pfeilrichtung entlang), befindet sich der innere FlUgelschnitt bereits im Bereich guter Gleitzahlen, wahrend au Ben die Stromung noch abgerissen ist. Trotzdem wirken Uber dem ganzen FlUgel fast konstante Umfangskrafte. Bei Auslegungsschnellaufzahl, /..A = 1, fahrt der FlUgel Uber dem ganzen Radius auf einem Anstellwinkel von 2° (dafiir wurde er ausgelegt). Die Umfangskraft ist nun auBen etwas groBer als inn en.

Page 179: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

166

1m Leerlauf fiihrt der Flugel auf groBe negative Anstellwinkel. Der Auftriebsbeiwert wird dadurch sehr klein. Wurden wir die Anlage noch schneller drehen lassen, dann kiimen wir im AuBenradius in den Bereich negativer Auftriebsbeiwerte. Dadurch lassen sich die geringen Schubkriifte von Langsamliiufern im Leerlauf erklaren.

Rotorebene

Rotorebene

Rotorebene

/

I X=1

/X= 0,2 /

/ Krafte

Geschwindigkeiten

/ /

'\ ,1\

Geschwindigkeiten I \ X = b,2 \.

Geschwindigkeiten

X=1

)f~:O'2 Krafte

A= 2,8

Krafte

X= 2,8

r = 0,9 R

r = 0,6 R

r= 0,3 R

BUd 6.12: KriiJte ,Anstromrichtung und -geschwindigkeit am Flilgel an drei Radiusschnitten bei verschiedenen SchnellauJzahlen, (LangsamliiuJer)

Page 180: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

167

6.6.3 Anstromung eines Schnellaufers

Nun folgt dasselbe fUr den FlUgel eines Schnellaufers. Ais Beispielanlage wird ein Schnellaufer mit AA = 7 verwendet. Die Anlage hat 3 FlUgel, die Auslegung erfolgte nach Schmitz. Da das Produkt aus Auslegungsschnellaufzahl und FIUgelzahl wie beim Langsamlaufer AA'Z = 21 ist, konnen wir die FlUgeltiefe direkt aus dem FIUgeltiefendiagramm ablesen. Die Fltigelschnitte sind im selben MaBstab gezeichnet wie die des Langsamlaufers.

CA CW 2,5

r- 0.3 R 1 I I A~1.5 I CW 0.6 R A = 13.5 ~ ;a-

0.9 R I I 0.3 RO.6 R 0.9 R aile r bel T . , /' / A=7 II 11/

/ I"-.... 1)/

/ p v-:-~

2

1,5

o

1/ II I ............

~ II II I CA /

/ /1 I I ~ ../ I I

1 1

I

0,5

-0,5 o 10 20 30 40 50 60 70 80 90 ex

BUd 6.13: Wandern der Betriebspunkte auf der Profilkennlinie beim Hochlauf, (Schnelliiufer)

Der obere FlUgelschnitt befindet sich am AuBenradius bei r = 0.9 R, der mittlere bei r = 0.6 R und der bei r = 0.3 R. In der oberen HaIfte der Bilder sind die Krafte in GroBe und Richtung eingezeichnet, hier muBte aber ein anderer MaBstab als beim Langsamlaufer verwendet werden. Die Krafte wurden fUr beide Anlagen mit derselben Windgeschwindigkeit gerechnet. Die Profilkennlinie ist dieselbe wie beim Langsamlaufer, hier ist das Profil auch sinnvoll eingesetzt.

Der FlUgel wurde fUr drei Schnellaufzahlen untersucht: FUr A = 1.5 (Anlauf, gestrichelt), fUr A = 7 (Auslegung, dicke Striche) und fUr A = 13.5 (Leerlauf, dUnne Striche). Auch hier laufen wir beim Anlaufen entlang der Pfeile in Bild 6.13. GroBe Teile des FlUgels befinden sich dann in demselben Bereich der Profilkennlinie wie der FlUgel des Langsamlaufers. Die Krafte sind auch etwa gleichgroB wie beim Langsamlaufer, sie haben jedoch eine ungUnstigere Richtung. Da der Langsamlaufer siebenmal mehr FIUgel hat, kommt er bei gleicher Fltigelbelastung auf wesentlich hohere Schubkrafte. Bei Auslegungsschnellaufzahl fahrt der FlUgel Uber dem ganzen Radius auf einem Anstellwinkel von 2° (dafUr wurde er ausgelegt). Die Umfangskraft

Page 181: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

168

ist Uber dem FlUgel konstant, die Schubkraft ist jedoch so groB wie die von sieben FlUgeln des Langsamlaufers zusammen. 1m Leerlauf fahrt der FlUgel auf kleine negative Anstellwinkel. Der Auftriebsbeiwert wird dadurch nicht ganz so klein wie beim Langsamlaufer. Durch die sehr groBen Anstromgeschwindigkeiten wachsen die Schubkrafte gewaltig an. Am AuBenradius wird die Windgeschwindigkeit fast auf Null gebremst. Auch wenn wir die Anlage doppelt so schnell drehen lassen, kommen wir nicht in den Bereich negativer Auftriebsbeiwerte, die den Schub begrenzen wUrden. Dadurch lassen sich die hohen Schubkrlifte von Schnellaufem im Leerlauf erklaren.

A= 13,5

A=7

Krafte

/A= 1,5 r = 0,9 R Rotorebene .,

X = 13,5 I >-Geschwindigkeiten 'y A ='1, 5 A=7

I A = 13,5

Krafte

r= O,6R

Rotorebene , A' 13,5 ,

Geschwindigkeiten X ..... ; 1,5 'N>-7

Krafte

----=:: r = O,3R Rotorebene .~.

\ A=' 13,5

Geschwindigkeiten I ~= 1,5 X=7

BUd 6.14: Kriijte, Anstromrichtung und -geschwindigkeit am Ftagel an drei Radiusschnitten bei verschiedenen Schne/laujzahlen, (Schne/liiuJer)

Page 182: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

169

6.7 Verhalten von Schnellaufern bei Pitchverstellung

Durch eine Pitchverstellung (hierbei wird die Flugelnase in den Wind gedreht) erhalten wir bei einem Schnelliiufer Anstromverhliltnisse wie beim Langsamliiufer. Da die Flugeltiefen aber fUr hOhere AnstrOmgeschwindigkeiten dimensioniert sind, werden die hohen Antriebskriifte eines Langsamliiufers nicht erreicht. Die Pitchverstellung wird bei Schnelliiufern als Anlaufhilfe, zur Regelung und als Notbremse verwendet. Manche Anlagen verstellen nicht den ganzen Fliigel, sondern nur die Fliigelspitze, siehe auch Kap. 11.

Bei zunehmendem Pitchwinkel fallen die maximalen Leistungs- und Momentenbeiwerte stark abo sinkt die Leerlaufschnellaufzahl. werden die Schubbeiwerte stark reduziert. steigt der Momentenbeiwert im Anlauf.

0.6,-----,----.,----;----y-----,----;---...., Cp

O.sr----~--~-~~+--~~~-~---+---~

0.4r---~--~---+----r--~~--+---~

O.3~--~-~~----+---~--_4-~-+---~

O.z~--~~+__4---+-~-~--_4---~--~

O.I+--~~~~~---+---~--~---+-~--~

2 6 8 10 12

BUd 6.15: Leistungsbeiwert Cp jur verschiedene Pitchwinkel

Beispiel fUr eine Regelung mit Pitchwinkel:

Vorgaben: Schnelliiufer mit AA = 7, Rotordurchmesser D = 4 m, Nenndrehzahl n = 300 U/min, Nennleistung 4 kW

Die Drehzahl des Rotors solI durch Pitchverstellung auf 300 U/min gehalten werden, der drehzahlvariable Generator wird mit 4kW belastet. Vorab berechnen wir den Faktor fUr den Staudruck:

FSt = ~ 1t R2 = 7.85 kg/m.

Page 183: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

170

0. 12r-----r----r---.,------r-----r---..-----, cM

0.0. bl-f--1npt-+-\---+---.:~--+--~:----+---~

0.02f=...:::::.---4*-\---1~--+--~+---t--.:::".,.+---~

2 6 8 10 12

BUd 6.16: Momentenbeiwert eMfur versehiedene Pitehwinkel

1.4

~

~ ~

~ .....-

/

c;; 1.2

1.0

0.8

0.6

/ /' ~~

=4!~ ----~--< ~ -----

0.4

0.2

0.0 o 6 8 10 2 12 A 14

BUd 6.17: Sehubbeiwert esfur versehiedene Pitehwinkel

a) Windgeschwindigkeit VI = 10 mls. SchnelIaufzahl bei n = 300 U/min:

Damit lesen wir aus der Kennlinie den Leistungsbeiwert ab:

Cp(j. = 6.3) = 0.52

Page 184: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

171

Leistung:

3 P = F VI Cp = 7.85·1000·0.52 W = 4 kW

Bei dieser Windgeschwindigkeit brauchen wir nichts zu regeln.

b) Die Windgeschwindigkeit steigt auf 12 m/s. Schnellaufzahl bei n = 300 U/min:

A=n~=n 1tR =5.3 VI 30vI

Damit wieder cp:

Cp(A = 5.3) = 0.50

Leistung:

3 P = F VI cp = 7.85·1728·0.50 W = 6.3 kW

Der Generator werden aber nur 4 kW entnommen. Welchem cp wtirde das entsprechen?

4kW cPSoll = --3- = 0.29

F V I

Wenn wir jetzt nichts verstellen lauft der Rotor auf so eine hohe Schnellaufzahl bis der Leistungsbeiwert cp=0.29 ist. Das ist ftir A= 11 der Fall. Wie groG ist dann die Drehzahl?

~ 30 VI . n = ""1[R= 630U/mm

Diese Drehzahl ftihrt zur Zerstorung des Generators (Wicklungsabwurf mit anschlieBendem 'Abrauchen') wenn nicht schon vorher die Flugel abgerissen sind (bei 630 Ulmin ziehen etwa 4.4 mal hohere Fliehkrafte an den Fliigeln als bei 300 U/min).

DUTCh eine Verstellung des Pitchwinkels urn 10° erhalten wir bei A = 5.3 das gewtinschte cp von 0.29.

c) Der Wind steigt weiter auf 14 m/s. Schnellaufzahl bei n = 300U/min:

R 1t R A = n - = n -- = 4.5

VI 30 VI

Page 185: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

172

cp(A. = 4.5) = 0.29

(Diesmal wird natiirlich aus der Kennlinie mit 10° Pitch abgelesen)

Leistung:

3 P = F vI cp = 7.85·2744·0.29 W = 6.2 kW

Erforderliches cp:

4kW cPSoll = --3- = 0.18

FVI

Der Pitchwinkel muB also noch weiter verstellt werden auf ungefahr 15".

Die Verstellung der Pitchwinkel muB sehr schnell erfolgen, sonst kann der Rotor durchgehen. AuBerdem mUssen aIle FlUgel gleichzeitig verstellt werden, sonst entstehen aerodynamische Vnwuchten, vgl. Absch. 12.1.

6.8 Erweiterung des Berechnungsverfahrens

In Abschnitt 6.1 haben wir die Berechnung des Anstromwinkels an einem FlUgelschnitt aus dem Gleichgewicht der aerodynamischen Auftriebskraft mit der aus dem Impulssatz vorgestellt. Dieses Gleichgewicht wurde unter folgenden Voraussetzungen hergeleitet:

- Die Kriifte am FlUgelschnitt bewirken eine gleichmaBige Geschwindigkeits­anderung der Luftmasse, die dUTCh den Kreisring mit der Flache dF = 2mdr stromt.

- Die Luftmasse wird nur von den aerodynamischen Kraften in der Radebene beeinfluBt. Die Stromfaden Uben keine Kriifte aufeinander aus.

- Der Profilwiderstand ist vernachliissigbar klein.

Diese Voraussetzungen gelten annahernd nur, wenn der Rotor auf Auslegungs­schnellaufzahllauft. Beim Anlauf (A. « A.A) stromt bei einem Schnellaufer ein Teil der Luft unbeeinfluBt zwischen den FlUgeln durch. 1m Leerlauf (A. > A.A) stromt beim Schnellaufer wegen der starken Abbremsung der Luft (V2 < ;1) ein Teil der gebremsten Luftmasse auBen am Rotor vorbei, diese Luftmasse wird in unserer Impulsformel nicht berticksichtigt. Vnd der Profilwiderstand ist auch nur bei Auslegungsschnellaufzahl vernachlassigbar klein. Bei den dimensionslosen Kennlinien hatten wir diese Effekte bereits angesprochen. Nun folgt die Erweiterung der Iterationen nach GI. 6.6 urn diese EinflUsse.

Page 186: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

173

6.8.1 Der Bereich 1..< AA (gro8e Auftriebsbeiwerte)

Ein Schnellaufer hat wenige schmale Flugel. Damit ubt er eine Kraft auf die Luftmassen aus, die den Kreisring mit der Flache 2mdr durchstromen. Ein einzelner Tragflugel kann die Luftmassen in seiner Nachbarschaft nur bis zu einer gewissen Entfernung b* beeinflussen. Lauft der Rotor im Auslegungspunkt AA erfolgt die Anstromung mit der Geschwindigkeit c mit dem Winkel a, Bild 6.18. Die Breite b, die er zu beeinflussen hat, ist relativ klein, b = 2msina/z, denn die Anstromung erfolgt "von vorne". Steht der Rotor dagegen still, muS der einzelne Fliigel die Breite a = 2nr/z beeinflussen, die gewohnlich gro6er ist, als sein eigentlicher Wirkungsbereich b*. 1m Stillstand flieSt bei einem Schnellaufer bestimmt ein Teil der Luft ungestort durch die Radebene.

21Tr =a z

BUd 6.18: Von der Stromung zu beeinf/ussende Breite in der Rotorebene im Stillstand und im Aus/egungspunkt

Wie groS ist nun die Umgebung b*, die ein Fliigel beeinflussen kann? Genaugenommen reicht sein EinfluS bis ins Unendliche - er wird mit wachsendem Abstand nur sehr schnell kleiner. Aus der Tragflugeltheorie von Prandtl, /4/, laSt sich eine groStmogliche Luftmasse herleiten, der ein Flugel eine konstante Geschwindigkeitsanderung geben kann. Daraus laSt sich eine Abschatzung fUr den Wirkungsbereich b* ableiten. Fur den Tragflugel eines Flugzeuges hat Prandtl gezeigt, daS bei einer elliptischen Auftriebsverteilung die Stromung an jedem Flugelschniu urn denselben Winkel abwarts gelenkt wird. Weit hinter dem Flugel bewegt sich die Luft mit einer Geschwindigkeit 20v abwarts, die abhiingig ist von dem Auftriebsbeiwert CA,

der Fliigeltiefe und der Anstromgeschwindigkeit

t 2ov=2cc -an R

(6.11)

Page 187: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

174

Nehmen wir fUr unser Rotorblatt ebenfalls eine elliptische Auftriebsverteilung als Naherung an, dann konnen wir zuniichst den Auftrieb fUr jeden Fliigelschniu berechnen:

dA =¥c2 t drcA i ~ 1 - (r/R)2 1t

(6.12)

Den Massenstrom setzen wir wie bisher als Produkt aus der Luftdichte p, der Geschwindigkeit c und der diesmal noch unbekannten durchst:rOmten Flache b* dr an. Damit erhalten wir den Auftrieb aus dem Impulssatz mit der Geschwindigkeitsanderung 20v aus (6.11).

dA=dm2ov

t dA= P cb* dr2ccA-

1t R (6.13)

Gleichsetzen der beiden Auftriebe aus (6.12) und (6.13) liefert uns die maximale beeinfluBbare Flache senkrecht zu c und daraus b*:

b*dr = R ~ 1 - (r/R)2 dr (6.14)

Die maximal beeinfluBbare Breite b* ist unabhangig von der Fliigeltiefe t und dem Auftriebsbeiwert cAl An der Fliigelspitze (r = R) kann ein Fliigel nach dieser Gleichung iiberhaupt keine Luftmasse ablenken.

r

Bild 6.19: Fliiche, in der die durchstromende Luftmasse von einer Tragfliiche beeinfluj3t wird

Vergleichen wir die Breite b* mit der Breite a des Fliigelabstandes in Bild 6.18, so erhalten wir den Anst:rOmwinkel a, bis zu dem wir die Luftmassen im Kreisring 2mdr beeinflussen konnen. Der maximale Anstromwinkel a, bis zu dem die Kreisringfliiche voU genutzt wird, wird dadurch abhangig von der Fliigelzahl z.

Page 188: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

sino.max z...J 1 - (r/R)2

21t(r/R)

175

(6.14)

Treten bei der iterativen Berechnung der Anstromwinkel groGere Werte ftir a. auf, so mtissen wir in der Iterationsgleichung sino. durch sincx..nax ersetzen.

6.8.2. Der Bereich A. > A.A (Glauerts empirische Formel)

Wenn die Geschwindigkeit V2 in der Radebene auf Null gebremst wird, erhalten wir aus dem Impulssatz fUr die Schubkraft:

dS = drhLlv = pce~ drsino. )LlV = 0 (6.15)

d.h. wir brauchen dafUr keine Kraft, was nicht ganz einsichtig ist. Formal stimmt es nattirlich, wenn durch die Radebene keine Luft stromt, brauchen wir auch keine abzubremsen. Der Haken liegt darin, daB die abgebremste Luft gar nicht mehr durch die Radebene stromt, wie im Impulssatz angenommen, sondem auGen vorbei. Diese Stromung wird von der Stromfadentheorie nicht erfasst.

Statt nun die Stromung dreidimensional tiber den ganzen Bereich von -00 bis +00 zu rechnen, begntigen wir uns mit einer Niiherung.

Die Schubkrafte in diesem Betriebszustand wurden namlich von Glauert (1926) und Naumann (1940), /2/, /3/, meBtechnisch untersucht. Bei den Messungen ging es darum, wie gut man ein Propellerflugzeug abbremsen kann, wenn die Propeller durch Pitchverstellung gegen die Flugrichtung arbeiten. Glauert stellte dabei fest, daB die Schubkraft sich bis ca. v2 ~ 2/3vI nach unserer Impulsformel rechnen laBt, fUr kleinere V2 wachst die Schubkraft stetig an und erreicht bei v2 = 0 (d.h. a. = 0) etwa doppelten Staudruck, s. Bild 6.20. Mit dieser Aussage laBt sich die Luftmasse, die von den Kraften des Fltigels abgebremst wird, in Abhangigkeit vom Anstromwinkel mit 'einer stetigen Funktion anniihem, die folgenden Bedingungen gentigen muB: - Ftir v2 = 0 erhalt man den doppelten Staudruck - Ftir V2 = 2/3 VI mtissen Funktionswert und Steigung mit der Betzschen Optimalaus-

legung tibereinstimmen.

Mit der Abktirzung:

sino. y=

sin2/3o.l

kann der Massenstrom wie folgt beschrieben werden:

(6.16)

Page 189: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

176

Cs

..... 2 ... III s.. ~ .D ::s ..t:: ()

en

8 9"

Turbinen-bereich

stark turbulent

~ 0",", 0 t VI

"'-0 0 Glauert "'-(empirisch) ............ 0

0

glatte

, tVI

Betz­Auslegung

Propeller-bereich

Slromung

I t VI

BUd 6.20: Schubbeiwert nach Impulssatz und Glauerts empirischer Ansatz im Bereich o < v2 / vI < 0.5, /5/

Die Naherung gilt nur fUr kleine Anstromwinkel der ungestorten Stromung a l ! Der Winkel 0.1 muB so klein sein, daB die Naherung sinal"" 0.1 erftillt ist. Dieser Betriebszustand tritt z.B. bei Sehnellaufem im Leerlauf auf. Die Bereehnung der Anstromwinkel kann weiter mit Gleiehung (6.6) erfolgen, wir miissen darin nur fUr a ~ 2/30. 1 den Anteil der Luftmasse (81tr sino. / z ) dureh den der vergroBerten Luftmasse aus Gleiehung (6.16) austausehen (d.h. sino. dureh den Ausdruek in der groBen Klammer ersetzen).

6.8.3 Der Profilwiderstand

Bei der Anstromung eines Tragfliigels wirkt in Stromungsriehtung der Profil­widerstand. Durch den Profilwiderstand wird die Anstromgeschwindigkeit e urn den Betrag &: abgebremst (mit oe bezeiehnen wir die Anderung der Geschwindigkeit in Riehtung des Profilwiderstands wiilirend ~e fUr die Anderung in Auftriebsriehtung steht). Die Gesehwindigkeitsdifferenz &: erhalten wir wieder aus der Formulierung der Krafte naeh Tragfltigeltheorie und Impulssatz.

Page 190: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

\

Bild 6.21: Anstromverhiiltnisse am Profilschnitt

\ \

177

Die Widerstandskraft an einem Fltigelschnitt aus der Tragfltigeltheorie hatten wir bereits in Kapitel 5 (5.28) hergeleitet. Aus dem Impulssatz erhalten wir ebenfalls die Widerstandskraft an einem Fltigelschnitt:

dW = dill & = P c 2m dr sina & z (6.17)

Gleichsetzen der beiden Kriifte liefert uns die Geschwindigkeitsdifferenz Dc in Abhiingigkeit von der Anstromgeschwindigkeit c am Fltigelschnitt.

DC = c z t cW(aA) 41tr sina

(6.18)

Yom rotierenden Fliigel aus gesehen hat der Wind weit hinter dem Rotor die Geschwindigkeit C3. Da C3 kleiner ist als die ungestarte Geschwindigkeit Cl, wird vom bewegten Fltigel aus gesehen der Luft die Leistung dP entzogen.

C3 =~(c\ sin(a\ -a)t + (c\ cos(a\ _a)_&)2

C3 = ~c~ - 2& (c\ cos(a\ - a)- & / 2)

dP = 1drh(ci -c~) = drh&(C\ cos(a\ -a)- ~) (6.19)

Diese Leistung konnen wir auch aus dem Produkt der Widerstandskraft dW mit der Anstromgeschwindigkeit c berechnen. Gleichsetzen der beiden Leistungen liefert uns mit & aus (6.18) die Geschwindigkeit cam Fltigelschnitt.

dP = dWc = drh& c = drh&( c\ cos (a\ -a)- ~) (6.20)

Page 191: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

178

8m . -zsma

c = Cl COS(al - a) ----=-----81tr . () -Zsma + tcw aA

(6.21)

Da auch die Auftriebskraft mit der Anstromgeschwindigkeit c berechnet wird, andert sich nun unsere Iterationsgleichung.

dA =¥c2 t drcA (aA) = drh &;

t C~(?-\A) - (8:r sina + t Cw (aA») tan(al - a) = 0 6.8.4 Die erweiterte Iteration

(6.22)

Das Iterationsverfahren lautet dann unter Beriicksichtigung von Randumstromung, Glauerts empirischer Formel und Profilwiderstand:

sinamax z....j 1 - (r/R)2

Startwert: a = a}, 21t (rIR)

. . 2 sma· =sm-a\ mm 3

Mit diesem a: aA = a - aBau -> cA(aA) und cW(aA) aus Profilkennlinie

x = sina

Wenn x < sin<Xmin: setze x = ~ Sin(j al)....j 9 - 2y2 + 9y4

. sina mIt y =----

sin(2/3al) nach Glauert

Wenn x > sin<Xmax: setze x = sin<Xmax nach Prandtl

(6.23)

Wenn f> 0 ist, mtissen wir a verringem

Wenn f < 0 ist, mtissen wir a vergroBem

So kreisen wir den Anstromwinkel a ein, bis f = 0 ist.

Page 192: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

179

Die Aerodynamik wird wieder zur Nullstellensuche. Mit dem Anstromwinkel berechnen wir dann aus (6.21) die Anstromgeschwindigkeit c. Fur die Krafte am Flugelschnitt erhalten wir damit:

und daraus:

dA =tc2 tdrcA(aA)

dW = t c2 t dr cW(aA)

Schubkraft:

Umfangskraft:

Antriebsmoment:

dS(r) == dA cosa + dW sin a

dU(r) = dA sina - dW cos a (6.24)

dM(r) =dUr

6.9 Grenzen der Blattelementmethode und dreidimensionale Berech n ungsverfahren

Das hier vorgestellte Blattelementverfahren bietet den Vorteil, eine re1ativ genaue Kennfeldrechnung zu ermoglichen, ohne auf das Losen von umfangreichen Gleichungssystemen angewiesen zu sein. Erkauft wird dies durch die Vemachlassigung der gegenseitigen Beeinflussung der Stromungen durch die Kreisringschnitte untereinander. Bei einigen Vereinfachungen wurde von einer optimalen Rotorgeometrie und einem optimalen Stromungszustand ausgegangen. Bei Abweichungen von der optimalen Rotorgeometrie und im Bereich kleiner Schnellaufzahlen (A. < A. A) treten u.U. erhebliche Abweichungen zwischen berechneten und tatsachlich gemessenen Leistungen auf. Somit ist gerade der Beginn des Stalls (StromungsablOsung) nicht sicher vorhersagbar. Fur Abweichungen von den Berechnungen werden im wesentIichen drei Erkliirnngsmodelle diskutiert:

- Vemachlassigung der Auftriebsverteilung - Veranderung der Profilpolare durch 3D-Effekte - dynamische Effekte

Hier sollen nun die Ansatze fUr die genannten Effekte vorgestellt werden.

6.9.1 Raumliche Berechnungsverfahren

Fur dreidimensionale Berechnungsverfahren wird zunachst ein raumliches Gitter erstellt. In jedem Gitterpunkt werden die Geschwindigkeitskomponenten iterativ berechnet. Als Grundlage hierfiir konnen zum Beispiel die Eulerschen Bewegungsgleichungen genommen werden. Diese gelten jedoch nur fUr reibungsfreie

Page 193: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

180

Stromungen. Wenn dabei noch die kinematische zahigkeit berucksichtigt werden solI (Navier-Stokes), dann ist noch einmal etwa die gleiche Anzahl der Unbekannten auf ein Raumgitter in der Grenzschicht zu verteilen. Die Gleichungen werden iterativ gelOst, bei zeitvarianten Rechnungen geht die Rechenzeit gegen unendlich. Einen anderen Weg

Bild 6.22: Trag/inienmodell mitfreiem Nachlauf

nehmen die Slngularitatenverfahren. Hier werden die umstromten Objekte

x mit Wirbeln oder mit QueUen und Senken beschrieben. Problematisch ist hier die Beschreibung des Rotor­nachlaufs. Dieser wird entweder als starr angenommen oder die Form wird iterativ ermittelt. Grundlage ist die Laplace-Gleichung. Auch diese gilt nur flir reibungsfreie Stromungen. Trotz­dem werden diese Verfahren immer wieder mit Profilpolaren kombiniert.

6.9.2 Veranderung der Profilpolare durch 3D - Effekte

In dem vorgestellten zweidimensionalen Berechnungsverfahren wurde der Beginn des Stromungsabrisses mit cA und Cw - Werten berechnet, die aus stationaren Windkanal­versuchen am praktisch unendlichen Tragfliigel ennittelt wurden. Offensichtlich tritt der StromungsabriB beim rotierenden Profil nicht in der Weise ein, wie es nach den im Windkanal ermittelten Werten zu erwarten ware. Die Grenzschicht wird sowohl durch

2.0 -

I.S

~ 1.0 -

2D

3D 30%

3070% o.~

+ 30% meal

)l(70%meu

0.0 0

+

+ -+ + ++

10 I~ 20 2~

Zentrifugal- und Corioliskrafte als auch dUTCh die Radialstromung beeinfluBt. In Nabennahe wird die Stromung zur

+ +~..... Gitterstromung. Der Druckverlauf an der Profilunterseite beeinfluBt den Druckverlauf an der Oberseite des nachsten Fliigels. Dadurch sind hOhere Auftriebsbeiwerte als im NormalfaU moglich. Dieser Effekt ist durch

30

Korrekturfunktionen erfaBbar. We iter scheint auch der Einbruch der cA (a)­

Kennlinie nach c A,max abgemildert zu werden n, 8/.

BUd 6.23: Profilpolare bei 30% WId 70% Rotorblattliinge 171

Page 194: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

181

6.9.3 Instationire Effekte

Wird ein Profil nicht mehr 1.5.-----~--~--....,.---~-_~-__,

stationar, sondern instationar angesttomt, dann verandern sich auch seine Proflleigenschaften. dies ist der Fall, wenn das Blatt durch den Turmschatten dreht oder bei _ einfacher Schraganstromung. Ei- ...!.,...

104

1.3

1.2

1.1

3-genbewegungen des Blattes haben 0.9

0.8

0.7

0.6

quasi-steady

ONERA Oormoot

' .•

.. ' den gleichen Effekt. Die ONERA­und die Gormont- Methode sind zwei mathematische Modelle aus dem Hubschrauberbereich, die entwickelt wurden, urn die An­derungen der Profileigenschaften erfassen zu konnen.

0~~-~---1~0--~U~-~20--~2~5-~30

Literatur

Bild 6.24: Antwort eines Rotors auf einen Geschwindigkeitssprung 191

/1/ Althaus, D., Profllpolaren flir den Modellflug, Neckar Verlag, Villingen Schwenningen, 1985

/2/ Glauert, H., The Analysis of Experimental Results in the Windmill Brake and Vortex Ring States of an Airscrew, Reports and Memoranda, No. 1023, 1926

/3/ Naumann, A., Luftschrauben im Bremsbereich, Iahrbuch der Deutschen Luftfahrtforschung 1940, pp. 1745

/4/ Prandtl, L., FUhrer durch die Stromungslehre, F. W. Durand: Aerodynamics, Bd.4

/5/ Eggleston, D. M.; Stoddard, F. S., Wind Turbine Engineering Design, Van Nostrand Reinhold, New York, 1987

/6/ Fateev, E. M., Windmotors and Windpowerstations, Moskau 1948

m Snel, H. et al., Sectional Prediction of 3D-Effects for Stalled Flow on Rotating Blades and Comparision with Measurements,Proceedings ECWEC 1993, Travemtinde

/8/ Paynter, R., Graham, M., Windturbine blade surface pressure measurement in the field, Proceedings BWEA 17, Warwick 1995

/9/ Bierbooms, W.A.A.M., A comparison between unsteady aerodynamic models, Proceedings EWEC 1991, Amsterdam

Page 195: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

7 Strukturbelastungen, Festigkeitsiiberlegungen

Alle krafteUbertragenden Bauteile einer Windkraftanlage wie FlUgel, Triebstrang zwischen Rotor und Generator, Gondellagerung, Turrn usw. werden

- gegen Gewaltbruch, z. B. durch BOen - gegen ErrnUdung des Werkstoffs auf Dauerfestigkeit

(gegebenenfalls Zeitfestigkeit) und - auf Resonanzfreiheit im Betriebsdrehzahlbereich

dimensioniert. Die Krafte, die die Beanspruchungen in der Struktur verursachen lassen sich nach einer ganzen Reihe von Gesichtspunkten einordnen. Yom Standpunkt technischer Theorien unterscheiden wir zwischen aerodynamischen Kriiften und Massenkriiften wie Fliehkraften, Kreiselkraften oder Eigengewicht. Aus Sicht der Berechnungskunst ist eine Unterscheidung nach dem Zeitverlauf der Krafte zweckmaBig (vgl. auch Kap. 12,Bild 12.1), sie lassen sich einordnen in:

- zeitlich konstante Krafte (statische oder quasistatische Kriifte) wie Luftkriifte aus dem mittleren Wind, Fliehkrafte, Eigengewicht von Gondel, Turrn etc.

- kurzzeitige (transiente) Krafte wie z. B. Krafte aus BOen, Schraganblasung, Pitch - Yerstellung, Windnachftihrung, Bremsvorgangen, Netzabschaltung usw.

- periodische Krafte beispielsweise aus Turrnschatten auf die Fltigel, FIUgeleigengewicht durch Rotation, Unwucht oder ,aerodynamische' Unwucht, Windprofil in Bodennahe usw.

- stochastische (regellose) Kriifte, durch die das turbulente Langzeitverhalten der aero­dynamisch verursachten Krafte im Zeit- oder Frequenzbereich beschrieben werden.

Wahrend die kurzzeitigen Krafte gewohnlich Gewaltbruche herbeiftihren, konnen die lange auf die Anlage einwirkenden periodischen oder stochastischen Krafte Dauerbruche verursachen.

Page 196: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

183

7.1 Lastfallkombinationen

Eine realistische Abschiitzung der in den Bauteilen wirkenden Beanspruchungen liiBt sich durch Kornbinationen der Lasten verschiedener Betriebs- undUrnweltbedingungen erreichen. Sie werden unterschieden nach:

- Normalbetrieb - Manover (Anfahren, Bremsen, Netzaufschaltung usw.) - extreme Urnweltbedingungen (JahrhundertbOe, Eisansatz usw.) - Storfalle (GeneratorkurzschluB, extreme Unwucht usw.) - Montage

Manche LastHille konnen gleichzeitig auftreten, beispielsweise starke Boen und Unwucht, andere schlie Ben einander praktisch aus, z.B. Netzaufschaltung und Brernsmanover zurn Stillsetzen der Anlage. Ie nach dem ist zu iiberlagern oder auch nieht.

Zur arntlichen Typenpriifung einer Anlage sind in den entsprechenden Regelwerken (vgl. 7.6) eine Reihe von Lastfallkombinationen festgelegt, fUr die Festigkeitsnachweise aller belasteten Komponenten erbracht werden mUssen. Die zur Ermittlung der Lasten anzusetzenden Windgeschwindigkeiten, wie z.B. die Nennwindgeschwindigkeit 12 m/s irn Normalbetrieb beziehen sich auf eine Hohe von ZR = 10 m und sind mit der Hohenformel aus Kap. 4 (Gl. 4.2) auf Nabenhohe, v(z) umzurechnen:

v(z) = V(ZR)-(z:) P (7.1)

mit p = 0.3 (0.1 fUr Extremwindgeschwindigkeiten)

Nicht selten gibt es einen ,aIles bestimmenden Lastfall'. Wenn gegen diesen dimensioniert wurde sind aIle anderen LastfiiIle ertragbar und damit weitgehend abgehandelt. Bei sehr groBen Anlagen (D > 70 rn) ist das bei den Bliittern das Gewicht, (vgl. Kap. 8 Modellgesetze). Bei kleinen und mittleren Anlagen ohne Pitch-Verstellung ist das hiiufig die Situation "Iahrhundertboe (ca. 60 m/s) irn Stillstand", die die rnaxirnalen Beanspruchungen in der FlUgelwurzel in Schlagrichtung weckt. Zu den hOchsten Belastungen der FlUgel in Umfangsrichtung und im Triebstrang fUhren rneist die Brernsmornente bei Notstoppvorgiingen und bei GeneratorkurzschluB. Gibt es einen solchen alles bestimrnenden Lastfall wird man natiirlich zuniichst auf ihn hin dirnensionieren.

Page 197: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

184

7.2 Belastungen der BlaUer von Windturbinen

7.2.1 Konstante, quasi-statische Belastungen

Einen ersten Eindruck von der aerodynamischen Blattbelastung erhiilt man unter Annahme eines konstanten gleichfOrmigen Windes Vw aus der Betzschen Theorie, Kapitel 5. Sie liefert folgende Kriifteverteilung tiber den Radius r fUr den Betrieb mit der Auslegungsschnellaufzahl AA

Schubverteilung:

dS=~(~ i Va)27trdr ==px(r)dr (7.2)

Umfangskraftverteilung:

dU = 2 7t R (16 ..£.. v 2) == -py(r) dr z AA 27 2 w

(7.3)

Bild 7.1 zeigt diese Kriifteverliiufe, aus denen sich die Schnittlasten (Querkriifte und Biegemomente in den beiden Richtungen) leicht errechnen lassen, gegen die zu dimensionieren ist. Bei Schnelliiufern (AA> 4) sind die Schubkriifte erheblich groBer als die Umfangskriifte.

/' Wind

Schub

2 dF=Ordm

Bild 7. 1: Umfangskraft- und Schubkraftverteilung auf den nach Betz ausgelegten Flilgel bei Betrieb im Auslegungspunkt (a); Einbau des Flilgels mit Konuswinkelo, Aufrichtmoment aus MF aus den Fliehkriiften (b), Mitrotierende Koordinaten XR - YR - ZR

Page 198: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

185

Urn die starken Biegemomente aus dem Schub etwas zu kompensieren, baut man die Fliigel oft mit einem leichten Konuswinkel 8 = 5° bis 7" ein, Bild 7.lb. Diese Kompensation gelingt aber nur ftir eine Schnellaufzahl, z. B. AA, vollstandig. Bei Teillast octer Leerlauf werden sie nur teilweise kompensiert. Nur bei Fliigeln mit individuellen Schlaggelenken sind die Nabenmomente aus Biegung bei jeder Drehzahl Null; der entsprechende Schlagwinkel, der die Momente aus Schub und Fliehkraft balanciert, stellt sich dann von selbst ein. Die Ermittlung der Schnittlasten bei Teillast und Leerlauf bindet man zweckmaBigerweise in die Kennfeldberechnung ein. Dort fallen fiir jeden Betriebspunkt und ftir jeden Fltigelschnitt die Luftkriifte in Umfangs- und Achsrichtung an, Abschn. 6.1. Auch die Tip -Verluste und Profilwiderstande werden dort beriicksichtigt, Abschn. 6.8.4. Nur die Fliehkraftterme mtissen noch zusatzlich eingefiihrt werden.

7.2.2 Kurzzeitige Belastung aus Boen

Neben der Gefiihrdung der Fltigel im Stillstand durch die lahrhundertboe (ca. 60 m/s),

deren Wirkung leicht abzuschatzen ist (Brett quer zum Wind, Cw = 2.0 -2.1), verursachen Boen im Normalbetrieb hohe Belastungen und Beanspruchungen. Bild 7.2 zeigt die Veranderungen im Winddreieck infolge einer Boe ,1v2 zusatzlich ZUf Windgeschwindigkeit in def Rotofebene V2.

Anstell­winkel

Or

BUd 7.2: Anderung der Winddreiecke und des Auftriebs am Flugel bei Boeneinwirkung

Page 199: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

186

Man erkennt, wie sich einerseits der Anstellwinkel sehr stark urn !1aA verandert, andererseits auch die Anstromgeschwindigkeit c. Beide Veranderungen gemeinsam bewirken wegen

A = cA(aA) ¥ c2 • Flache (7.4)

die Auftriebsanderung. Arbeitet die Anlage bei geringem Anstellwinkel, dann liefert die Anstellwinkelveranderung tiber cA(aA + !1aA> den Hauptbeitrag zur Auftriebsanderung. Liiuft die Anlage dagegen schon in AbriBniihe oder jenseits davon, dann andert sich an CA nicht viel, die Auftriebsanderung stammt im wesentlichen aus der Anderung der Anstromung (c + !1c)2. Mit Hilfe eines Kennfeldprogramms lassen sich die Schnittlasten und Beanspruchungen im Fliigel ohne und mit Boo !1v ermitteln.

Po+;: ~L _________________ •

t

~Po+"P ~f P= Po

U max

BUd 7.3: Uberschwingungen und End/age bei plOtzlicher Lastaujbringung auf ein (schwach gediimpftes) Einfreiheitsgradsystem.

Wird der Lastsprung Ml plOtzlich aufgebracht, schwingt sich das System in die Endlage UE ein, die aber infolge der Dynamik des Einschwingvorgangs /6/ noch kraftig iiberschritten wird. Bild 7.3 zeigt wie sich ein schwach gedampftes Einfreiheits­grad system bei plOtzlicher Lastaufbringung verhalt.

Das Uberschwingen tiber die Endlage hinaus erfolgt bei Windturbinenfliigeln genau so. Nur die Belastung durch die Boon -bei denen wir zwei Typen unterscheiden- erfolgt etwas sanfter, Bild 7.4.

Page 200: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

a pel)

t u(t) ", -r=-

u o ----"- - - - - - - -

t

b pel) BOen-Typ

L Fliigel­anlworl

L

187

BUd 7.4: Boentyp und Einwirkungsdauer r; Uberschwingen der Fliigelantwort: Endruhelage Ue bei Boentyp a) und U() bei Typ b)

Wie stark diese Uberschreitung ist, hangt vom B6entyp, der Einwirkungsdauer 't und von der Eigenschwingungsdauer des Fliigels Tab. Die Uberschwingbeiwerte fUr die beiden idealisierten B6en nach Bild 7.4

P(t) = {Pmax sin2 (~'tt) Pmax

O<t~'t

t > 't

und

O<t~'t

t > 't

zeigt Bild 7.5, das aus /5/ entnommen wurde.

Oberschwing­beiwerl

2 t---::::-----

1t----,;:"..:::..-

1 2 TIT

Oberschwing­beiwerl

2 t:--, ---

1+-+----

1 2 TIT

(7.5a)

(7.5b)

BUd 75: Uberschwingbeiwerte bei Boen vom Typ a) und b) nach /5/

Zur statischen Durchbiegung aus der Belastung durch die Boe ist also noch die zusatzliche Durchbiegung aus dem Uberschwingen zu addieren.

Page 201: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

188

7.2.3 Kurzzeitige Belastung durch FIieh-, Kreisel- und CorioIiskrafte bei WindnachfUhrung des Rotors

Wird die Gondel durch die Gierbewegung y(t) dem Wind nachgefiihrt - sei es durch motorischen Antrieb oder beispielsweise durch eine Windfahne - wirken durch die station lire Drehung des F1tigels mit der Winkelgeschwindigkeit n Massenkrafte in recht komplizierter Weise auf den Holm des Turbinenblattes, Bild 7.6.

1 Xrot

1....--- e

I

Z rot

Flugelrnodell

BUd 7.6: Belastung Px (r) und Py (r) aus Massenkriiften beim Giermanover y(t)

Setzt man etwas vereinfachend an, daB die Massebelegung Il(r) entlang der zR-Achse im mitrotierenden Koordinatensystem XR - YR - ZR verteilt ist und der Abstand zwischen der Rotorebene und der Turmachse e betragt, erhaIt man folgende Krafteverteilung auf den Holm in den mitrotierenden Koordinaten

{PX} ({ r sin n t } { Py = - Il(r) 'i - e c.os n t +;,F pz e SIn nt

(1) (2)

(7.6)

(3) (4)

Wie schon die aerodynamischen Krafte verursachen diese Krafte Schnittlasten im Fltigel (Querkrafte und Biegemomente), die durch Aufsummierung zu ermitteln sind. Die motorische Nachftihrung erfolgt meist so langsam, daB diese belanglos sind, y, Y = O. Dann bleibt nur der normale Fliehkraftterm (4), den wir oben schon unter den konstanten Fliehkraften berticksichtigt hatten. Erfolgt die Nachfiihrung mit konstanter Winkelgeschwindigkeit, y = const., dann entfallt Term (1), der nur bei beschleunigtem Nachfiihren hinzukommt. Zur Dimensionierung setzt man die Maximalwerte der Krafte

Page 202: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

189

an. Oas Bewegungsgesetz des Gierwinkels y(t) gewinnt man gewohnlich durch eine grobe Abschiitzung von Gondeltriigheit und Antriebsmoment des Giermotors oder der Windfahne.

7.2.4 Bremsmanover

Abruptes Bremsen weckt sehr hohe Massenkriifte in Umfangsrichtung. Fiir die Verteilung der Umfangskraft auf den Holm gilt

py(r) = - Il(r) n r = Il(r) r MB(t) /8ges (7.7)

wobei MB(t) das Bremsmoment ist und 8 ges aIle Oreh - Triigheiten von Fliigeln, Nabe, Welle und Generator enthiilt.llr ist die Massebelegung entlang der Fliigelachse. Erfolgt das Bremsen plOtzlich, entsteht ein Uberschwingen des Typs a, verg1. Bild 7.4.

7.2.5 Periodische Lasten aus Fliigeleigengewicht

Wie oben schon bemerkt spielt das Eigengewicht der Fliigel bei sehr groBen Anlagen die Rolle des alles bestimmenden Lastfalles. Bei mittleren Anlagen (0 = 20 m) ist der EinfluB gering, bei kleinen Anlagen (0 < 5 m) vollig belanglos. Oer periodische Schnittkraftverlauf aus den Gewichtskriiften ergibt sich nach G1. 7.8, vg1. auch Bild 7.7.

{px(r)} {O} py(r) = -Il(r) g - sin nt pz(r) - cos n t

(7.8)

" -JL{r}dr cos at

BUd 7. 7: Periodische Kraft aUf den Holm aus Eigengewicht

Page 203: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

190

7.2.6 Periodische Krafte aus Tunnvorstau oder Turmschatten

Bei Luvlaufern sind die Auswirkungen des Tunns auf die Anstromung der FlUgel gering. Dennoch ensteht dadurch eine kleine Anstellwinkeliinderung, die den Vorstau spiirbar macht. Bei Leelaufem sind die Verhiiltnisse viel extermer:·

~ -::>~-J -.:> -.j

V Wind 3d 6d

BUd 7.8: Windschatten hinter dem Turm; Geschwindigkeitsverteilung /1/

Jedesmal wenn das Blatt in den Turmschatten eintaucht ftihrt das zu einer massiven Anderung der Umfangs- und Schubkrafte und damit auch von Leistung bzw. Drehmoment. Je mehr FlUgel eine Windkraftanlage hat, umso geringer werden die Drehmoment- und Leistungsschwankungen. FUr den einzelnen FlUgel bleibt aber unabhangig davon die Geschwindigkeitsdelle zu durchfahren. Er muG die entsprechenden dynamischen Krafte ertragen. Die rein rechnerische Ermittlung der Hohe dieser Krafte und ihres Zeitgesetzes ist sehr aufwendig (und falls dynamischer Stall auf tritt, s. Abschn. 6.9, /3/ auch fragwUrdig). Oft hilft hier ein DehnmeGstreifen am Prototyp zu klareren Aussagen als viele und aufwendige Rechnungen.

Ohne jede Rechnung lassen sich die Erregerfrequenzen angeben, mit denen diese Krafte pulsieren. Dies sind die Umlauffrequenz des Rotors, die ja pro Umdrehung einmal fUr ein Eintauchen in den Turmschatten sorgt, und ganze Vielfache davon (Oberwellen). Zur Vermeidung von Blatt- und Turmresonanzen genUgt diese Kenntnis, siehe Kapitel Dynamik, Abschn. 12.2 und 12.3.

7.2.7 Schraganblasung, Windprofil in Bodennahe

Die periodischen Kriifte daraus konnen Uber die Winddreiecke, iihnlich wie in Abschnitt 7.2.2 in den einzelnen Schnitten des FlUgels ermittelt werden. Bild 7.9 zeigt das bei Schragwind fUr den senkrecht stehenden FlUgel in der Position ,oben'. In der Position ,unten' muG der Winkel 0 gerade umgekehrt angetragen werden.

Page 204: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

191

oben \ I

\,---i / ~n ten

I lXA~'j'/ _-" Or I "

~

FIUgel

Draufsicht I

l BUd 7.9: Winddreiecke bei Schriiganblasung

Bei horizontaler Lage der HUgel tritt eine Komponente der Anblasung clangs zum FlUgel auf. Sie wird als 'verlorene Komponente' behandelt und ignoriert. Den HoheneinfluB im Windprofil berilcksichtigt man gewohnlich durch eine lineare Annaherung im Rotorbereich, Bild 7.10

Vm S(v) ( -;r

MKr

Drehmoment

-'---1-1==' Schrll.g-~=,-J wind

BUd 7.10: Kriifte auf Gondel und Turm; lineare Approximation des Hohenwindverlaufs

7.3 Lasten auf Gondel und Turm

Die wichtigsten Krafte auf Gondel und Turm stammen aus dem Schub des Rotors, dem Drehmoment und dem Eigengewicht. Beim Rotorschub ist zu beachten, daB durch den

Page 205: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

192

Windgradienten auch ein Biegemoment in der Welle entsteht, was tiber einen ideellen Versatz e des Schubvektors S(v) beriicksichtigt werden kann, Bild 7.10. Beim schnellen Nachfahren entstehen Kreiselmomente MKr flir die beim 3-Fltigler beispielsweise gilt

(7.9)

mit e als polarer Drehtragheit von Rotornabe und Generator und y als (konstanter) Gierwinkelgeschwindigkeit. Beim 2-Fltigler wird das Kreiselmoment noch durch die Umlauffrequenz des Rotors n tiberlagert. Bei Schragwind wirkt auch eine seitliche Kraft sowie ein Moment My auf die Gondel, die bei Zwangsnachflihrung als Torsion und Biegung in den Turm eingeht.

7.4 Betriebsfestigkeitslasten

Neben der statischen Festigkeit von Werkstoffen spielt deren Betriebsfestigkeit gerade flir Windkraftanlagen eine entscheidende Rolle. Je nach Typ der Windkraftanlage und

-1.0

j.~ Q)

N

1,0 [%]

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r.---+--,-,-:----{ H a I b 5 chwin gs pie I

Vollschwingspiel

r----;-+;------;....:~--i Hal bs chwingspi-e I

Vollschwlngspiel

Vall schwingspiel

Bild 7.11: Prinzip der Rain -Flow-Ziihlung

betrachtetem Bauteil treten Lastwechsel in der GroBenordnung von 108 - 109 auf. Hier ist mit einer deutlich erniedrigten Festigkeit alIer Materialien zu rechnen. Der Germanische Lloyd schreibt Betriebsfestigkeitsrech­nungen in seinen Richtlinien vor /2/. Der erste Schritt ist die Bestimmung der auftretenden Lasten. Neben einem vereinfachten Verfahren, das maximale Wechsellasten auf 20 Jahre hochrechnet, kann auch ein genauerer Nachweis gefiihrt werden, bei dem das Betriebsverhalten der Anlage beriicksichtigt wird. Mit Hilfe des Rain-Flow-Verfahrens /9/ werden die so berechneten Lasten in ein 2 -parametriges Kollektiv der Ober­und Unterwerte gezahlt. Diese Matrix enthhlt also die Maxima und Minima der Lasten ftir verschiedene Mittelspannungen.

Page 206: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

193

Die Auswertung des Kollektivs erfolgt nach Eurocode 3. In dieser Norm werden synthetische Wohlerlinien flir Bauteilkategorien in Form von Kerbfallklassen angegeben, siehe Bild 7.12.

Kate- SchweiBnaht-Detail gone

NE 1000

E Z

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80 ~ VJ 0

10

10·

Schwingspielzahl N 71 ~ CD

Bild 7.12: Bauteilklassierung nach Eurocode/8/

Mittels der linearen Schadensakkumulationshypothese von Palmgren - Miner /10/ wird der Schiidigungsanteil ilDi der einzelnen klassierten Lasten anhand der jeweiligen Wohler - Kurve berechnet:

(7.10)

Ni ist die nach der jeweiligen Wohlerlinie unter einer bestimmten Spannungsamplitude und Mittelspannung ertragbare Schwingspielzahl. Die Gesamtschiidigung D ergibt sich aus der Summe der Schiidigungsanteile:

D = L LlDi = 1 ftir Bauteilversagen (7.11)

Der Wert ftir die Gesamtschiidigung D sollte kleiner als eins sein, wenn die Windkraftanlage 20 Jahre laufen solI.

7.5 Festigkeit von Materialien

Die von den verschiedenen Lastfiillen in der Struktur geweckten Dehnungen und Spannungen (Beanspruchungen) mtissen von den eingesetzen Materialien ertragen werden. Anhaltswerte der Zugfestigkeit <JBruch, der Dauerfestigkeit fi.ir 107 Lastwechsel ±OA sowie die E-Moduli und Materialdichten p sind in Tabelle 7.1 zusammengestellt, die aus /1/ und /9/ entnommen und modifiziert wurden.

Page 207: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

194

F= 1. Rm 0 2 2

Neben den originaren GroBen der Werkstoffe in den Spalten eins bis vier enthalten die Spalten flinf bis acht daraus abgeleitete GroBen, denen anschauliche und praktische Bedeutung zukommt. Die ReiBlange in Spalte flinf gibt an, wie lange ein herabhangender Faden des jeweiligen Materials werden kann ehe er unter seinem Eigengewicht abreiBt. Charakteris­tischer flir den Turbinenbau ist die der ReiBlange eng verwandte GroBe in Spalte sechs:

BUd 7.13:. Prismatiseher rotierender Stab, Fliiehe A, Radius R Diehte p. Gefiihrdeter Wurzel­quersehnitt

_", ... r;;;: umax ="'12 -\I P (7.10)

Das ist die Umfangsgeschwindigkeit, die eine dtinnwandige rotierende Trommel oder ein rotierender prismatischer Stab (Turbinenschaufel) erreichen kann. Bei hoherer Umfangsgeschwindigkeit reiBt der prismatische Stab durch die Fliehkrafte an der Wurzel ab und die dtinnwandige Trommel zerplatzt, wei! aBruch tiberschritten wird. 1m Windturbinenbau geht man, anders als z.B. im Dampf- und Gasturbinenbau, aus Gerauschgriinden tiber Umfangsgeschwindigkeiten von ca. 100 m/s nur sehr ungem hinaus.

Beide Materialkennwerte geben also einen guten Eindruck tiber das VerhaItnis von Festigkeit zu Dichte eines Materials und daher tiber seine Brauchbarkeit ftir verschiedene Auslegungsflille. So scheint Stahl wegen seines hohen Gewichts weniger zur Konstruktion von Rotorblattem geeignet als Holz, das auch Verwendung findet. Aus dem Flugzeugbau kommend haben sich glasfaserverstarkte Kunststoffe (GFK) weitestgehend durchgesetzt. Beztiglich der Festigkeit lassen sie nur noch wenige Wtinsche offen, konnen aber wegen ihrer niedrigen Steifigkeiten zu Stabilitatsproblemen flihren: Selbst bezogen auf sein Gewicht (spezifischer E-Modul, SpaIte 7) liegt GFK deutlich unter allen anderen Werkstoffen.

Page 208: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

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196

Werden die Glas- durch (teurere) Kohlefasern ersetzt, nUlt dieser Nachteil weg. Bei Rotorbliittern von Windkraftanlagen aus GFK fiihrt man oft anstelle des Spannungsnachweises einen Dehnungsnachweis, wobei (unter Berucksichtigung der SicherheitszuschHige) etwa folgende Entwurfswerte der Dehnung einzuhalten sind /2/:

Zugdehnung Ezul = 0,35 % Druckdehnung Ezul = 0,25 %

Bei haheren Werten ist Harzbruch (Zug) bzw. Mikroknittern (Druck) zu befiirchten. Polyesterharz als Klebstoff ist billiger als Epoxydharz, neigt aber wegen des stiirkeren Schwindens eher zu Feinstrissen. Problematisch sind Kunststoffe auch wegen ihrer mangelnden akologischen Vertraglichkeit, es werden Giftstoffe bei der Produktion und der Verarbeitung freigesetzt und das Recyclingproblem ist weitgehend ungelOst. Da es sehr teuer ist, wird Titan kaum verarbeitet, wiihrend Aluminiumlegierungen wegen ihrer tendenziell niedrigeren Dauerfestigkeit in dynamisch stark belasteten Bauteilen vermieden werden solI ten /2/. Die dem spezifischen E-Modul eng verwandte Schallgeschwindigkeit Cschall in Spalte acht ist eine KenngraBe der Dynamik. Je haher dieser Kennwert des Werkstoffs, umso haher lassen sich die Eigenfrequenzen eines Bauteils bei gegebener Geometrie treiben, Bild 7.14. h

~ 1 (h) 0) =3.516 - --,-

I P 12\12

Bild 7.14: Schallgeschwindigkeit CSchall = .....; Elp als Werkstoffkenngrofie der Dynamik. Erste BiegeeigenJrequenz wI eines eingespannten Stabes der Liinge lund der Dicke h

7.6 Normen, Richtlinien, Regelwerke

Wichtige Hinweise, Empfehlungen und Auflagen enthalten die verschiedenen Richtlinien und Normen. Einige beim Bau von Windturbinen zu beachtende DIN­Normen sind im folgenden aufgelistet.

DIN 1054 Bodenbelastung

DIN 1055 Lastannahmen

DIN 1050 Stahl im Hochbau

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DIN 1000 Stahlhochbauten

DIN 4100 geschweiBte Stahlbauten

DIN 4114 Stabilitatsflille (Knicken, Beulen)

DIN 4131 Antennenanlagen

DIN 1045 Stahlbetonbau

DIN 1047 Betonbau

DIN 1053 Mauerwerk

Eurocode 2/3 (EG Nonnen)

197

} DIN 18800 Tl-T7

Sehr hilfreich ist die Zusammenstellung des Gennanis~hen Lloyd flir die Zertifizierung von Windkraftanlagen (2/ und die danische Norm flir Windkraftanlagen n /.

Literatur

/1/ Hau, E., Windkraftanlagen Springer-Verlag Berlin 1988

(2/ Gennanischer Lloyd, Richtlinien fdr die Zertifizierung von Windkraftanlagen, Selbstverlag, Hamburg, 1993 und Erganzungen Miirz 1994

/3/ Eggleston, M. E.; Stoddard, F. S., Wind Turbine Engineering Design Van Nostrand Reinhold, New York, 1987

/4/ Gourieres, D.le, Wind Power Plants Pergamon Press 1982

/5/ Harris and Crede, Shock and Vibration Handbook, Vol. 1 McGraw Hi1l1961

/6/ Gasch, R., Knothe, K., Strukturdynamik, Band I + II Springer-Verlag Berlin 1987/89

nI Danish Standard, DS 472, Loads and Safety of Windturbine Construction

/8/ Eurocode 3, Bemessung und Konstruktion von Stahlbauten, DIN V/ ENV 1993, Stand April 1993

/9/ J. Wiedemann Leichtbauelemente I +11, Springer Verlag, 1989

Page 211: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

8 Modellgesetze und Ahnlichkeitsregeln

Windturbinen haben ein groBes Anwendungsgebiet mit sehr unterschiedlichen Lei­stungsanforderungen. Wenn man einmal bei der Stromversorgung bleibt, erfordert die Versorgung eines kleinen Ferienhauses mit elektrischer Energie eine Leistung von etwa 1.5 - 2 kW, ein mittelgroBer Gasthofsbetrieb etwa 75 kW bei einer Grundlast von ungefahr 15 - 25 kW und ein groBerer Bauemhof etwa 50 - 100 kW. 1m ersten Fall kommt man bei einer Nennwindgeschwindigkeit von v=9 mls mit einer Anlage von etwa 3.5 m Rotordurchmesser aus. Fiir die Grundlast des Gasthofes wiirde man etwa 7 - 8 m Rotordurchmesser benotigen, wahrend fUr 50 -lOO'kW schon Anlagen von 15 - 20 m Durchmesser benotigt wiirden. GroBanlagen mit 80 - 100 m Durchmesser konnen bis zu 3 Megawatt Leistung liefem! Daher bietet es sich an, Baureihen zu entwickeln, urn unterschiedlichsten Anforde­rungen gerecht werden zu konnen. Dabei ist es natiirlich sehr kostengiinstig, wenn man fUr eine groBere Anlage auf die Erfahrung mit einer kleinen Anlage zuriickgreifen kann und nicht vollig neu entwickeln muG.

Oft ist es auch sinnvoll, an einen verkleinerten Modell im Windkanal Leistungs-, Drehmoment- und Schubcharakteristik eines geplanten groBeren Systems zu unter­suchen, urn Risiken aus dem Weg zu riiumen. In beiden Fallen bietet die Ahnlichkeitstheorie die Moglichkeit, Rechenarbeit und Kosten zu sparen.

8.1 Anwendungen und Einschrankungen der Ahnlichkeits­theorie

Kennzeichnend fUr die "Stromungsmaschine" Windturbine sind die dimensionslosen KenngroBen fUr die Leistung cp, den Schub Cs und das Moment CM, wie sie in den Kapiteln zu Auslegung und Kennfeldrechnung eingefUhrt wurden. Sollen diese GroBen an zwei unterschiedlich groBen Windturbinen gleich sein, miissen die Stro­mungsverhaltnisse gleich sein. Mit Hilfe der Ahnlichkeitstheorie erreicht man das in folgender Weise:

a) Beibehalten der Schnellaufzahl, d.h. des Verhaltnisses von Umfangs­geschwindigkeit an der Blattspitze zu der Windgeschwindigkeit vor dem Rotor:

A = n R (8.1) VI

b) Beibehalten der Profile, der Fliigelzahl und der Werkstoffe

c) Verlinderung aller Abmessungen (Radius, Profiltiefe, Holmabmessungen) im gleichen Verhiiltnis

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199

In Bild 8.la sind zwei Rotoren dargestellt, bei denen der zweite die doppelte Fliigelliinge hat und entsprechend der oben genannten Anforderungen aus dem ersten hervorgegangen ist. Bild 8.lb zeigt die dazugehorenden Anstromverhaltnisse an zwei einander zugeordneten Profilschnitten.

~nd V2

R2= 8m

r

V2~."""'.(' '-.

Um ~."~,,

~'-

Q) Veranderung des Rotordurchmessers

b) Winddreiecke

V2~'.'(' . ..... ."

Um ,,~~

~,

Bild 8.1 :Anstromverhiiltnisse an einander zugeord~ten Profilschnitten bei Veriinderung des Rotordurchmessers entsprechend den Ahnlichkeitsregeln

Wegen der gleichen Schnellaufzahl muB bei verdoppeltem Radius die Rotations­geschwindigkeit n halbiert werden. Damit bleiben aber die Umfangsgeschwindigkeiten an zugeordneten Profilschnitten und damit auch die Winddreiecke und Anstromwinkel, die sich daraus ergeben, gleich. Da das gleiche Profil verwendet wird, bleiben der Auftriebsbeiwert ca(ex) und der Widerstandsbeiwert Cw (ex) erhalten, solange die Reynoldszahl Re = c t I V noch keinen wesentlichen EinfluB ausiibt. Daher arbeiten beide Rotoren mit dem gleichen Leistungs- (cp = Cp(A», Schub- (cs = CS(A», und Momentenbeiwert (CM=CM(A». Aus diesen Uberlegungen heraus Hillt sich jetzt angeben, wie sich eine Verlinderung des Rotordurchmessers bzw. der Fliigelliinge auf die KenngroBen des Rotors, auf die

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200

Krafte am Fliigel, auf die Beanspruchungen im FliigelfuB und auf die GroBen auswirkt, die wesentlich fUr die Dynamik sind, wenn man nach den Ahnlichkeitsregeln verfahrt.

In Tabelle 8.1 sind diese Auswirkungen in einer Ubersicht zusammengestellt. Bevor im einzelnen hergeleitet wird, wie diese Ubersicht zustande kommt, sollen ihre Ergebnisse betrachtet und interpretiert werden.

Die Drehzahl muB sich bei konstanter Schnellaufzahl umgekehrt proportional zur Anderung der Fliigellange veriindern. Leistung und Schub steigen quadratisch, das Drehmoment mit der dritten Potenz der Liingeniinderung, wie sich an den Gleichungen ablesen liiBt.

Die Luftkriifte am Fliigel steigen quadratisch. Das liiBt sich fUr Schub und Umfangskraft direkt aus dem Gesamtschub bzw. dem Antriebsmoment des Rotors herleiten, gilt aber selbsversmndlich eben so fUr Auftrieb und Widerstand (Bild 8.1b). Wie die Luftkrafte wachsen die Fliehkriifte proportional dem Quadrat der Liingeniinderung, wiihrend das Gewicht aufgrund des Volumens mit der 3. Potenz ansteigt.

Fiir die Belastungen im FliigelfuB ergibt sich daraus, daB die Spannungen aus Luftkriiften und Zentrifugalkraft unabhiingig von der Veriinderung der Fliigelliinge sind, wahrend die Spannungen aus dem Gewicht linear mit der Fliigellange ansteigen. Luftkriifte und Zentrifugalkraft stellen also kein Problem bei einer FIiigelvergroBerung dar, dagegen setzt das Gewicht Grenzen.

Fiir die dynamischen GroBen gilt Ahnliches wie fiir die Luftkrafte und die daraus resultierenden Spannungen. Die Eigenfrequenzen des Fliigels sinken zwar im gleichen Verhiiltnis wie die Fliigelliinge wachst, jedoch gilt das - wie oben gezeigt - auch fUr die Drehzahl des Rotors. Da die Anregungen wie Turmschatten und Windprofil aber immer proportional der Drehzahl sind, bleibt das Frequenzverhiiltnis zwischen Anregungs­frequenz und Eigenfrequenz unabhangig von einer Veriinderung der Fliigelliinge. Eine resonanzfrei arbeitende Anlage, wird also auch bei VergroBerung gemaB den AhnlichkeitsregeIn resonanzfrei bleiben.

Eine erprobte, funktionstiichtige Anlage liiBt sich also nach den einfachen Regeln (a) -(c) zur Basis einer Baureihenentwicklung machen.

- solange das Gewicht nicht zum entscheidenen Faktor wird, (was bei GroBanlagen der Fall ist) und

- solange nicht die kritische Reynoldszahl von etwa Reunt = 200 000 unterschritten wird, was bei Kleinanlagen ( D < 5m ) und bei Windkanalversuchen zum Problem werden kann.

Es bleibt nachzuweisen, daB die in der Ubersicht behaupteten Proportionaltitiiten in den Beanspruchungen am FliigelfuB und bei den dynamischen GroBen richtig sind. Bei den

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201

Beanspruchungen beschranken wir uns dabei auf Zug- und Biegespannngen. Fur die Schubspannungen gelten die Aussagen entsprechend.

R I . e auv Ab so ut oportlon Pr . a1

Leistung L2fLl = R~/RI L = p/2 cp(A.) v3 R2 1t -R2

Drehmoment M2fM1 = RilRj M = p/2 CM(A.) v2 R 3 1t -R3

Schub S2IS1 = R~lRr S = p/2 CS(A.) v2 R2 1t -R2

Drehzahl 01/0 2 = R2IR1 -R-I

Gewicht G2IGI = R~lRi -R3

Luftkrafte LK2ILKI = R~lRl -R2

Fliehkrafte F2IFI = R~IRI -R2

Beanspruchungen aus: R I . e auv oportIon Pr . a1

Gewicht 0'G2 I O'GI = R2/Rl _RI !

Fliehkraften O'F2 I O'FI = I -RO

Luftkraften O'L2 I O'Ll = I -RO

Dynamik

Eigenfrequenzen OOR2 I OORI = RI/R2 -R-I

FrequenzverhaItnis 0/0ln -RO

Tabelle 8.1: Groj3eneinfluj3

8.2 Biegespannungen

Die Biegemomente im FliigelfuB, die aus den Luftkraften entstehen, ergeben sich in Schlagrichtung aus dem Schub und in Umfangsrichtung aus der Umfangskraft bzw. aus dem Antriebsmoment dividiert durch die Anzahl der Flugel (Bild 8.2).

Sip 2 2 SF = n = n cs(A.) 2" VI 1t R (8.2)

M 1 P 2 3 MF = - = - CM(A.) -2 vI 1t R n n (8.3)

Page 215: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

202

1 ls

l

BUd 82: Biegemomente im Fluge/fufJ aus Luftkriiften

Wu r zel quersch ni tt h·b

Bei einem rechteckigem Querschnitt der Fliigelwurzel ergeben sich die Biegespan­nungen mit Hilfe der Widerstandsmomente WB,s und WB,u zu:

S Is 1 cs(A.) t1t R2 Is vr _ F _ - WB,S - n b h 2 O"t:hlag

-6-

3 2 R2 Is = ( ii cs(A.) P vI 1t) b h2

M 1 CM(A.) t1t R3 vr O"Umfang __ F __ B - WB,U - n h b2

-6-

= ( ~ CM(A.) P vI 1t) h ~~

(8.4)

(8.5)

Vergro6ertoder verkleinert man nun aIle Liingen (R, b, h, Is), wie von der Ahnlichkeitstheorie verlangt, um den gleichen Faktor, dann bleiben die Biegespannungen konstant!

O"B -RO (8.6)

Page 216: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

203

8.3 Zugspannungen in der Fliigelwurzel aus den Fliehkraften

Die Zugspannungen in der Flligelwurzel aufgrund der Fliehkraft F ergeben sich mit Hilfe der QuerschnittsfUiche A des FlligelfuBes zu:

F <JF = A (8.7)

Bild 8.3 zeigt, wie sich die Fliehkriifte bei einer VerHingerung des Flligels andern, wenn die Ahnlichkeitsregeln beachtet werden.

UR

lz m,

L Bild 8.3: Fliehkriifte am FlUgel bei einer Veriinderung des Rotordurchmessers

Mit I als Abstand zwischen Rotorachse und Flligelschwerpunkt gilt fUr die Fliehkrafte:

FI = ml II Or (8.8)

F2 = m2 b O~ Wegen der Ahnlichkeitsregeln gilt:

m2 = ml (R2/ RI)3

12= II (R2/ Rl)

O~ = Or (RI/ R2)2

Daraus ergibt sich:

F2 = ml II Or (R2/ RI)2

Die Querschnittsflache im FlligelfuB betragt: A2 = Al (R2/ RI)2

(8.9)

(8.10)

(8.11)

(8.12)

(8.13)

(8.14)

Page 217: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

204

Eingesetzt in die Gleichung (8.7) ergibt sich daher fUr die Zugspannungen im FlugelfuB des vergroBerten Flugels:

F2 mIll Or (R2/R})2 _ FI 0"F2=A2= Al (R2/R})2 -AI=O"FI (8.15)

Damit sind die Zugspannungen im FlugelfuB aufgrund der Fliehkriifte unabhangig von einer Veranderung des Rotordurchmessers!

8.4 Biegespannungen in der Fliigelwurzel aufgrund des Gewichts

Das Einspannmoment ME in der Flugelwurzel aufgrund des Flugelgewichtes betragt:

ME = m g I (8.16)

wenn I den Abstand der Flugelwurzel zum Flugelschwerpunkt beschreibt.

~--- R2

Bi/d 8.4: Gewicht am F/uge/ bei Veriinderung des Rotordurchmessers

In Bild 8.4 ist dieser Sachverhalt wieder fUr 2 Flugel unterschiedlicher Lange dargestellt. Aus den Ahnlichkeitsregeln ergibt sich wiederum:

m2 = ml (R2/ RI)3

h = 11 (R2/ RI)

beziehungsweise

ME.2= ME.I (R2/ RI)4

FUr das Widerstandsmoment bei rechteckigem FlugelfuB entsprechend Bild 8.2 erhalten wir:

(8.17)

(8.18)

(8.19)

(8.20)

Somit ergibt sich fUr das Verhiiltnis der Biegespannungen aus dem Gewicht:

O"B.2 = WME•2 = WME•I (R2/ RI) = O"B.I (R2/ RI) (8.21) B.2 B.I

Page 218: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

205

Das heiBt aber, die Biegespannungen im FliigelfuB aus dem Gewicht wachsen in dem Verhaltnis, in dem der Rotordurchmesser vergroBert wird. Das "sorgt dafUr", daB Windturbinen nicht belie big groB gebaut werden konnen und stellt gleichzeitig eine Einschrankung fUr die Giiltigkeit der Ahnlichkeitsregeln im Bereich extrem groBer Anlagen dar. Bier wird das Gewicht zum begrenzenden Faktor der GroBe.

8.5 Veranderung der Eigenfrequenzen des Fliigels und der Frequenzverhaltnisse

Urn leicht deutlich zu machen, wie sich die Eigenfrequenzen des Fliigels verandern, wenn wir ihn gemaB der Ahnlichkeitsregeln vergroBern oder verkleinern, gehen wir yom unverwundenen, homogenen Rechteckfliigel aus, der starr mit der N abe verbunden ist (Bild 8.5).

BUd 8.5: FlUgel als unverwundener, homogener Rechteckflugel bei Veriinderung des Rotordurchmessers

Unter Vernachlassigung der Fliehkraftversteifung ergeben sich die Eigenfrequenzen dieses Kragbalkens nach /1/ zu:

E., _ A~ ~ E I \.Un - 2 (8.22) R Ii

wobei An der Tabelle entnommen werden kann:

n 1 2 3 n groB 1.8571 4.6941 7.8531 '" (2n-l) n/2

Tabelle 8.2: Eigenwerte des eingespannten Balkens

Page 219: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

206

Flir die Eigenfrequenzen in Schlagrichtung (weiche Richtung) erhalten wir mit der Massenbelegung

~ = P b h

und dem FIachenmoment

b h3 1=12

die Eigenfrequenz

_ A~ A I E b h3 _ An h" E COn - R2" P 12 b h - R2 12 P

Bei einer Veranderung des Rotordurchmessers ergibt sich daraus:

ron,2 _ h2 R r _ & - 2 -

ron, I hI R2 R2

(8.23)

(8.24)

(8.25)

(8.26)

Die Eigenfrequenzen in Schwenkrichtung erhaIt man auf die gleiche Weise, indem das Aachenmoment fUr die steife Richtung angesetzt wird, also b und h vertauscht werden. Die Eigenfreqenzen verandern sich demnach umgekebrt proportional zur Veranderung des Rotordurchmessers.

Die Anregungsfrequenzen des Flligels aus Turmschatten, Massenunwucht, aerodynamischer Unwucht oder hohenabhangigem Windprofil sind alle proportional zu der Rotationsgeschwindigkeit. Da n sich aber eben so wie die Eigenfrequenzen umgekebrt proportional zur Veranderung des Rotordurchmessers verandert, bleiben die Frequenzabstande TIn zwischen Anregungs- und Eigenfrequenzen bei einer Ver­groBerung oder Verkleinerung des Rotors konstantl

n TIn = - - RO (8.27)

COn

Zusammenfassend kann also gesagt werden: Windrader konnen relativ problemlos vergroBert oder verkleinert werden, wenn die Regeln der Ahnlichkeitstheorie beachtet werden. Gewisse Einschrankungen ergeben sich dabei nur "nach unten" aus den Reynoldszahlen und "nach oben" aus dem Gewicht.

Literatur

/11 R.Gasch, K.Knothe Strukturdynamik Bd.2, Springer Verlag, Berlin 1989

/21 J. Wiedemann Leichtbau, Band II, Kapite14, Springer Verlag, Berlin 1989

Page 220: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

9 Windpumpsysteme

9.1 Charakteristische Anwendungen

Die Nutzung von Windenergie zur Wasserforderung ha~ in Europa eine Tradition, die bis ins 16. lahrhundert zurliekreicht. Historisehe Beispiele flir Anwendungen mit groBer wirtsehaftlicher Bedeutung sind die Entwasserung tiefliegender Klistengebiete in den Niederlanden, die Bewasserung von Kartoffelkulturen auf der kretischen Hochebene von Lassithi und die Trankwasserforderung fUr Rinderherden im amerikanisehen Mittel­westen. Heute dagegen ist die Wasserforderung mit Windenergie in Industrielandem nur noch vereinzelt zu finden. In Entwieklungsliindem, in denen viele Regionen nieht dureh ein kommunales Energieversorgungsnetz ersehlossen sind, stellt jedoch die Windenergie­nutzung eine kostengtinstige und umweItfreundliehe Mogliehkeit zur Verbesserung der Wasserversorgung dar.

Windpumpe

Wi nd tu rb ine

Leis tung s­

iibertrogung

BUd 9.1: Schematische Darstellung der Wandlung von Windenergie in hydraulische Energie durch das Windpumpsystem

Page 221: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

208

Bild 9.1 zeigt eine schematische Darstellung der Wandlung von Windenergie in hydrau­lische Energie durch das Windpumpsystem. 1m folgenden wird unterschieden zwischen der Windpumpe, die aus der Windturbine, dem Getriebe und der Pumpe besteht, und dem Windpumpsystem, das die Kombination von Windpumpe und hydraulischer Anlage dar­stellt.

Die stochastische EingangsgroBe Windenergie wird unter Verlusten in hydraulische Energie umgesetzt. Da Systeme mit mechanischer Kopplung im allgemeinen (abgesehen von der Sturmsicherung) ohne Regelungseinrichtungen arbeiten, hat eine Anderung der Windgeschwindigkeit eine direkte Anderung der hydraulischen Daten, insbesondere des Forderstroms, zur Folge. Veranderliche Forderbedingungen, wie zum Beispiel schwankende Wasserstande im Brunnen, beeinflussen die Energieumsetzung.

Bild 9.2 zeigt den prinzipiellen Aufbau eines Windpumpsystems mit mechanischer Kopplung von Windturbine und Pumpe.

Brunnen - - +I ~~~------Pumpe

Wosser ­speicher

BUd 9.2: Prinzipiel/er Aujbau eines Windpumpsystems mit mechanischer Kopplung von Windturbine und Pumpe

Page 222: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

209

Die charakteristischen Anwendungen von Windpumpen sind heute vorwiegend in Entwicklungsliindem zu finden. Es lassen sich vier Arten der Anwendung unterscheiden:

• Trinkwasserversorgung, • Triinkwasserversorgung, • Bewasserung und • Entwasserung.

Bei den zur Zeit in Entwicklungsliindem betriebenen Windpumpen wird der groBte Teil zur Forderung von Trink- und Triinkwasser eingesetzt. Neuere Ansiitze zur Bewasserung mit Windpumpen sind oft wegen der Komplexitiit der Anwendung gescheitert. Dennoch kann auch der Be- und Entwasserung mit Windpumpen ein groBes Potential in der Landwirtschaft von Entwicklungsliindem zugewiesen werden /1/.

Bei der Umsetzung der Windenergie in hydraulische Energie spielt die Lage des Wasservorkommens eine wichtige Rolle. Je nach Art der Anwendung handelt es sich entweder um Grund- oder um Oberflachenwasser. Ftir die hydraulische Leistung Phydr gilt folgender Zusammenhang:

Pbydr = pw g Q H (9.1)

mit der Dichte des Wassers Pw, der ortlichen Fallbeschleunigung g, dem Forderstrom Q und der ForderhOhe H.

Bei gleicher Forderleistung kann nach Gl. (9.1) entweder ein groBer Forderstrom bei geringer Forderhohe oder ein geringer Forderstrom bei groBer ForderhOhe gepumpt werden. Aus diesem Sachverhalt lassen sich drei Bereiche von Forderbedingungen ableiten:

• die Forderung geringer Forderstrome aus Tiefen von mehr als 20 m, • die Forderung mitderer Forderstrome aus Tiefen zwischen 5 m und 20 m und • die Forderung groBer Forderstrome tiber ForderhOhen von weniger als 5 m.

Bild 9.3 zeigt nach /5/ die Zuordnung dieser Forderbedingungen zu den vier Arten der Anwendung.

Wie diese allgemeine Zuordnung von Arten der Anwendung und Forderbedingungen sich quantitativ darstellen, wird an einem berechneten Beispiel flir ein Windpumpsystem tiblicher GroBe (Durchmesser der Windturbine dw = 5 m) deutlich gemacht. Bild 9.4 zeigt das TagesfOrdervolumen V d in Abhangigkeit von der ForderhOhe H bei taglich acht­stiindigem Betrieb und konstanter Windgeschwindigkeit v. 1m Bild eingezeichnet sind die Bereiche der verschiedenen Anwendungen. Bei v = 4 m/s laBt sich zum Beispiel bei H = 3 m ein Feld von 1 ha taglich mit ca. 70 m3 bewassem /5/.

Page 223: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

210

Arten der Anwendung Fiirderbedingungen

kleine Fiirders trome grol3e Fiirderrohen H>20m

mittlere Fiirders triime mittlere Forderhiihen Sm< H < 20m

grol3e Forderstrome kleine Fiirderhiihen

H < Sm

BUd 9.3: Zuordnung von Arten der Anwendung und Forderbedingungen /5/

100 '-~~~--~~--~----~----~-----,

:::c QJ .c : 0 .c

m

50 t----~+--

40

30

20 I---+-~-­

Ourchmesser der Windturbine ~= 5m

~ 10 "'C (..

:0 u..

5 1----H-4 1----H-

3 1----H-

2 I------H---

10 20 30 4050

Tagesfordervolumen Vd

100 m3 200 300 500

BUd 9.4: Tagesfordervolumen einer Windpumpe bei achtstUndigem tiiglichen Betrieb /5/

Page 224: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

211

9.2 Bauarten windgetriebener Pump en

Pumpen sind Maschinen, die einer Fliissigkeit Energie zufiihren, die im gefOrderten Medium als Erhohung des Drucks, der Geschwindigkeit und der Lage erscheint. Die sekiindlich zugefiihrte Energie, die hydraulische Leistung Phydr, ergibt sich dabei aus dem Produkt von Massenstrom m und spezifischer Forderarbeit Y:

Phydr=m Y = PwQY (9.2)

Die spezifische Forderarbeit und den Forderstrom kann man z.B. in einer Anordnung nach Bild 9.5 messen. Die Manometer vor und hinter der Pumpe zeigen die statischen Driicke Ps und Pd an. Saug­Seltlg wird die Ge­schwindigkeit vs, und druckseitig Vd gemessen. Die spezifische Forderarbeit Y folgt aus der Energiebilanz nach Bernoulli zwischen Druck- und Saugseite der Pumpe: BUd 95: Prinzipbild einer Pumpe

Pd-Ps 1 2 2 Y = g(Zd - zs) + + 2:(Vd - vs)

Pw (9.3)

In vielen HUlen sind die Anteile aus Hohen- und Geschwindigkeitsdifferenz gleich null oder klein gegeniiber dem Druckanteil und entfallen dann. Stan der spezifischen Forder­arbeit wird oft die Forderhohe H verwendet:

Y=gH (9.4)

Fiir die hydraulische Leistung nach Gl. (9.2) kann man daher auch schreiben

Phydr = Pw g Q H (9.5)

Die aufgenommene mechanische Leistung der Pumpe ist das Produkt von Drehmoment M und Drehzahl n:

Pmech = 2 1t M n (9.6)

Hat man sie gemessen, kann man den Wirkungsgrad der Pumpe bestimmen:

Page 225: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

212

Phydr n=-­Pmech

(9.7)

Die mechanische Leistung ist beim Betrieb einer Pumpe mitsarnt allen Verlusten z.B. aus Getriebe o.ii. durch die Windturbine aufzubringen.

Die Unterscheidung der charakteristischen Anwendungen von Windpumpen und die Zu­ordnung der entsprechenden Forderbedingungen (s. Bild 9.3) macht deutlich, daB be­sonders an die Pumpen stark unterschiedliche Anforderungen gestellt werden und dem­zufolge bei den verschiedenen Arten der Anwendung verschiedene Pumpenbauarten zum Einsatz kommen sollten. In Bild 9.6 sind die Pumpenbauarten zusammengestellt, die in Kombination mit Windturbinen eingesetzt werden. Zum Teil handelt es sich um Pumpen­bauarten, die in groBen Sttickzahlen in Windpumpen betrieben werden, wie zum Beispiel die einfachwirkende Kolbenpumpe. Zum Teil existieren lediglich einige wenige Ver­suchsanlagen, wie bei der Exzenterschneckenpumpe. Die in Bild 9.6 eingetragenen Daten basieren auf einer Auswertung von Angaben tiber kommerziell verftigbare Windpumpen anhand von Firmenunterlagen und auf in der Literatur dokumentierten Ergebnissen von Forschungs- und Versuchsanlagen.

Arbeits-Verdrangung Stromung Heben Auftrieb

prinzip

Kolbenpumpe Membran- Exenter - Kreiselpumpe Schnecken- KeHen - Hammut-Bauart pumpe schnecken- trogpumpe pumpe pumpe

pumpe einstufig mehrstufig

Bezeichnung A B ( 0 E F G H

Prinzip-

~ ~ ~ ~ ~ A ~ ~ bild

H 10~ 300m 2~4m 1O~300m 1 ~ 10m 10 ~ 300m H 3m 2. 5 m 5 ~ 30 m

H-Q- "lJ±r ltt[ "~ "~ "~ "Wi "~ Kenn\inien

• • , • Q Q • O,01~ S min-' 1~ 3 min-' 1 ~ S min-' 20 ~ SOmin-'

0,7 ~ SOmin' S ~ 10miri' S .;. 10min-' -nq l ~o~~P~f:-n·1)

H-n He He He "lL Hlc He -Kennlinie

n n n n n n

T}opf.IIOl 85% 70% 75% 75% 75% 65% 50% 50%

Bild 9.6: Systematik von Pumpenbauartenjilr den Antrieb durch Windturbinen /2/

Ubergeordnetes Unterscheidungsmerkmal ftir die Bauarten der Pumpen ist deren Arbeitsprinzip. In die Systematik von Bild 9.6 wurden die KenngroBen aufgenommen, die fliT den Betrieb im Windpumpsystem relevant sind:

Page 226: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

213

Zur Beschreibung der Fordercharakteristik dient das Kennfeld der Forderhohe H in Abhangigkeit vom Forderstrom Q, in dem flir den Betrieb der Windpumpe mit variabler Drehzahl n diese als Parameter eingetragen ist.

Die Angaben der ForderhOhen H, der spezifischen Drehzahlen nq und der erreich­baren Bestwirkungsgrade T'\opt.max beziehen sich auf Pumpen flir die Kombination mit Windturbinen, deren Rotordurchmesser im Bereich unter 10 m liegen. Eine Aus­nahme bilden hier die mehrstufigen Kreiselpumpen mit Tauchmotor, die auch mit groBeren Windturbinen verwendet werden n I.

Fiir die spezifische Drehzahl Oq gilt /3/:

QI(2 H3/4 N q

Oq = nN 3/4-Iii HN Q q

mit nq in min-I, nN Nenndrehzahl der Pumpe in min-I, ~ NennfOrderstrom der Pumpe in m3/s, HN NennfOrderhOhe der Pumpe in m, Hq = 1 m, Forderhohe der Vergleichsmaschine und Qq = 1 m3/s, Forderstrom der Vergleichsmaschine.

(9.8)

Die spezifische Drehzahl erlaubt es, durch Normierung auf eine Vergleichsmaschine unabhangig von der BaugroBe der Pumpe eine Aussage tiber die Bauart der Pumpe zu treffen, die bei gegebenen Nenndaten (HN' ~) beste Wirkungsgrade erwarten laBt.

- Die Charakteristik des aufgenommenen Drehmoments M in Abhangigkeit von der Drehzahl n der Pumpe ist flir das Zusammenwirken von Pumpe und Turbine von entscheidender Bedeutung.

Die Kolbenpumpe, A in Bild 9.6, als wichtlgste Bauart der Verdrangerpumpen ist in vielen tausend Windpumpen im Einsatz. Diese Pumpenbauart eignet sich durch ihre schlanke Bauform als Hubpumpe mit Ventilkolben in erster Linie flir die Forderung aus Bohrbrunnen. Kommerzielle Anbieter vertreiben einfachwirkende Kolbenpumpen, die tiber einen Kurbeltrieb oder einen Exzenter an die Windturbine gekoppelt werden. Bei kleinen Windturbinen (dw < 5 m) wird durch ein mit dem Kurbeltrieb kombiniertes Ge­triebe die Windturbinendrehzahl ins Langsame tibersetzt. Die Anpassung an unter­schiedliche BaugroBen von Windturbinen und verschiedene Forderhohen erfolgt durch die Wahl von Kolbendurchmesser und Kolbenhub. Ftir geringe Forderhohen kann die Kolbenpumpe auch als Saugpumpe installiert werden, sofem es das Kavitationsverhalten der Pumpe erlaubt. Die Fordercharakteristik (H-Q-Kennlinien) der Kolbenpumpe zeichnet sich dadurch aus, daB die Forderhohe, abgesehen von den Leckverlusten im obersten Forderhohenbereich, unabhangig vom Forderstrom ist. Dies hat flir den Einsatz in Windpumpsystemen den Vorteil, daB auch bei kleinen Drehzahlen gegen groBe

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214

Forderhohen gepumpt werden kann. Nachteile sind hoher VerschleiB bei der Forderung von verunreinigtem Wasser, hohe dynamische Kriifte durch den oszillierenden Kolben und das hohe erforderliche Drehmoment beim Anlauf. Das Anlaufverhalten kann jedoch durch konstruktive MaBnahmen entscheidend verbessert werden, z.B. Ausgleichsbohrungen im Kolben, Bypass zwischen Zylinderdruck- und -saugseite, parallel zum Steigrohr in die Zylindersaugseite geflihrte Resonanzrohrleitung, spezielle Druckventile oder Einsatz von vorgespannten Fedem zur Entlastung im unteren Totpunkt /8/.

Die Membranpumpe, B in Bild 9.6, kann aufgrund ihrer Bauform nieht in Bohrbrunnen eingesetzt werden. Sie wird meist als Saugpumpe fiir kleine Forderhohen verwendet. Die Fordercharakteristik (H-Q-Kennlinien) und das aufgenommene Drehmoment (M-n­Kennlinie) entsprechen denen der Kolbenpumpe, jedoch werden in der Membranpumpe groBere Forderstrome erreieht. Der Wirkungsgrad liegt deutlich niedriger als bei der Kol­benpumpe. Einer groBeren Verbreitung der Membranpumpe in Windpumpsystemen steht die relativ kurze Lebensdauer der Membran entgegen.

Die Exzenterschneckenpumpe, C in Bild 9.6, gleicht der Kolbenpumpe in den auBeren Abmessungen und in dem Forderhohenbereich und wird daher ebenfalls vorrangig in Bohrbrunnen eingesetzt. Die Fordercharakteristik zeigt jedoch eine Abhangigkeit der For­derhohe yom Forderstrom. Fiir den Antrieb durch die Wind turbine ist eine Ubersetzung ins Schnelle erforderlich. Die Exzenterschneckenpumpe bietet gegeniiber den anderen Verdrangerpumpen den Vorteil, daB sie keine oszillierenden Kriifte im Windpumpsystem erzeugt. Durch die Haftreibung zwischen der Exzenterschnecke und dem Stator aus Gummi ist das Anlaufverhalten dem der anderen Verdrangerpumpen ahnlich. Die Einsatztauglichkeit dieser Pumpenbauart im Langzeitbetrieb muB in Verbindung mit dem Windantrieb noch unter Beweis gestellt werden. Insbesondere sind die Standzeiten der Gummistatoren wegen der schlechten Schmiereigenschaften bei Wasserforderung zu iiberpriifen.

Die einstufige Kreiselpumpe, Din Bild 9.6, kommt als radiale oder halbaxiale Kreisel­pumpe zum Einsatz, die Grundwasser aus Schachtbrunnen oder Oberflachenwasser aus Einlautbauwerken fOrdert. Der Forderhohenbereich ist fUr die mechanisch gekoppelte einstufige Kreiselpumpe durch die Laufraddurchmesser und die Getriebeiibersetzung auf 10m begrenzt /2/. Ebenso wie die mechanische Kopplung ist die elektrische Kopplung von Windturbinen mit einstufigen Kreiselpumpen moglich, wird bisher jedoch wenig verwendet. Allgemein liegen die Vorteile der Kreiselpumpe in der Unempfindlichkeit bei Forderung von verschmutztem Wasser und dem guten Anlaufverhalten, das aus der Ubereinstimmung der Drehmomentcharakteristiken von Windturbine und Kreiselpumpe resultiert.

Page 228: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

215

Mehrstufige Kreiselpumpen, E in Bild 9.6, werden bisher ausschlieBlich mit elektrischer Leistungstibertragung und Tauchmotor von Windturbinen angetrieben. Bei mehrstufigen Kreiselpumpen wird der Forderhohenbereich durch die Stufenzahl erweitert. Kreisel­pumpen dieser Bauform, die auch fUr den Antrieb durch Windturbinen geeignet sind, werden mit Tauchmotor in groBer Vielfalt und in einem breiten Leistungsbereich fUr den Einsatz in Bohrbrunnen angeboten. Die elektrische Leistungstibertragung bietet die Vorteile der freien Wahl des Standorts der Windturbine unabhangig vom Brunnen und der Moglichkeit, die elektrische Energie auch fUr andere Anwendungen nutzen zu konnen. Nachteil der elektrischen Leistungstibertragung sind die gegentiber der mechanischen Kopplung zusatzlichen Verluste. Die Vor- und Nachteile der mehrstufigen Kreiselpumpe entsprechen denen der einstufigen Kreiselpumpe.

Die Schneckentrogpumpe (auch "Archimedes Schnecke" genannt), F in Bild 9.6, mit Windantrieb hat in den Niederlanden eine groBe historische Bedeutung und wird heute noch in China und Thailand haufig eingesetzt. Durch die schrage Anordnung der Schneckentrogpumpe kommt ausschlieBlich die Forderung von Oberflachenwasser in Frage. Aus konstruktiven Grtinden (Abstand der Schneckenlager) ist die Forderhohe auf etwa drei Meter begrenzt. Die Fordercharakteristik zeigt eine Abhangigkeit der Forderhohe vom Forderstrom. Vorteil der Schneckentrogpumpe ist die einfache Fertigung auf handwerklichem Niveau, Nachteil ist der groBe Materialaufwand.

Die Kettenpumpe, G in Bild 9.6, hat die gleichen Einsatzbereiche wie die Schneckentrogpumpe. Es sind ebenfalls zahlreiche Anwendungen in China und in Thailand bekannt. Die aufwendige Bauform begrenzt ahnlich wie bei der Schnecken­trogpumpe die Forderhohe. Die Wasserfassung muB gentigend Raum fUr die Installation der Kettenpumpe bieten. Es kommen demzufolge ausschlieBlich Schachtbrunnen oder Einlaufbauwerke fUr Oberflachenwasser in Frage. Den geringen Anforderungen, welche die Kettenpumpe an die Fertigungsgenauigkeiten stellt, steht der schlechte Wirkungsgrad als Nachteil gegentiber.

Bei der Mammutpumpe, H in Bild 9.6, erfolgt die Leistungstibertragung durch einen von der Windturbine angetriebenen Kompressor, der tiber eine Druckluftleitung im Steigrohr der Pumpe einen aufsteigenden Strom von Luftblasen erzeugt. Die Kombination von Wind turbine und Mammutpumpe wird eingesetzt, wenn das Fordermedium aggressiv oder stark mit Schmutzstoffen beladen ist. Da beim Einsatz von Mammutpumpen lediglich das Steigrohr und die Druckluftleitung in den Brunnen eingebracht werden und keine bewegten Teile in der Pumpe vorhanden sind, hat die Mammutpumpe eine sehr hohe Lebensdauer. Die pneumatische Kopplung mit der Windturbine bietet auBerdem nahezu die gleichen Vorteile wie die elektrische Kopplung. Neben der Wasserforderung ist auch der Einsatz der Kombination aus Windturbine und Mammutpumpe zur Wasser­aufbereitung denkbar. Da in der Mammutpumpe keine bewegten Teile vorliegen, konnen die spezifische Drehzahl und die M-n-Kennlinie nicht angegeben werden. Gegen den

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216

Einsatz von Mammutpumpen spricht der schlechte Wirkungsgrad, der im oberen Forderhohenbereich von 25 m bis 30 m noch weiter stark sinkt. Zum Vergleich des Wirkungsgrads der Mammutpumpe mit denen der anderen Pumpenbauarten wurde das Verhaltnis der hydraulischen Leistung Phydr (s. Gl. (9.1) zur Nutzleistung der Luft an der Einblasestelle herangezogen. Die Verluste der pneumatischen Kopplung sind somit nicht in dem in Bild 9.6 angegebenen erreichbaren Pumpenwirkungsgrad enthalten.

Fur die Wahl der Pumpenbauart im konkreten Anwendungsfall spielt eine Vielzahl von Kriterien eine Rolle, die von Fall zu Fall unterschiedlich bewertet werden mussen. Diese Kriterien konnen physikalischer, technischer und okonomischer Art sein.

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rtn pumPj I I I I I I II min -1

spezifische Orel\zahl nQ

BUd 9.7: Einsatzbereiche der verschiedenen Bauarten windgetriebener Pumpen /5/

Berucksichtigt man die in Bild 9.3 dargestellte Zuordnung von Arten der Anwendung und Forderbedingungen, lassen sich aufgrund der in Bild 9.7 dargestellten Forderhohen­bereiche der verschiedenen Pumpenbauarten die geeigneten Pumpenbauarten den drei Bereichen von Forderbedingungen zuordnen. Diese Zuordnung der Pumpenbauarten zu den in Kap. 9.1 skizzierten charakteristischen Anwendungen zeigt Bild 9.8.

Page 230: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

Arten derAnwendung Fiirderbedingungen Pumpenbauarten

Kolbenpumpe A

Q= klein H=groll mehrstufige E IH>20ml Kreiselpumpe

Q=mittel H=mittel Exzenter-(

15m <H<20ml schneckenpumpe

Mammutpumpe H Q=groll H=klein einstufige

IH<sml Kreiselpumpe 0

Membranpumpe B

Schnecken trog - F pumpe

Kettenpumpe G

Bild 9.8: Zuordnung von Arten der Anwendung, Forderbedingungen und Pwnpenbauarten

9.3 Zusammenwirken von Wind turbine und Pumpe

9.3.1 Sinn volle Kombinationen von Windturbinen und Pumpen

217

Der EntwuIf der Windpumpe geschieht zum einen unter Berucksichtigung der durch die Art der Anwendung vorgegebenen Forderbedingungen, die in erster Linie die Wahl der Pumpenbauart beeinflussen (s. Bild 9.8), und zum anderen durch die Abstimmung von Windturbine, GetriebeUbersetzung und Pumpe unter Berucksichtigung der Windver­hiiltnisse am Aufstellungsort der Windpumpe.

FUr die Frage nach geeigneten Kombinationen von Windturbinen und Pumpen mUssen, wie bei der Kopplung von Kraft- und Arbeitsmaschine Ublich, die Drehmomentcharak­teristiken der Windturbine und der Pumpe verglichen werden. In Bild 9.6 sind die M-n­Kennlinien der unterschiedlichen Pumpenbauarten dargestellt. Bei der Festlegung der Kombinationen von Windturbinen- und Pumpenbauarten sind zwei Gesichtspunkte zu berucksichtigen. Zum einen mUssen in der Regel die Betriebsdrehzahlen von Windturbine und Pumpe durch eine GetriebeUbersetzung aneinander angepaBt werden, und zum ande­ren ist auf das Drehmoment beim Anlaufen zu achten, um ein gUnstiges Anlaufverhalten der Windpumpe zu erreichen.

Bild 9.9 zeigt die Bereiche der Betriebsdrehzahlen und der Forderhohen, in denen die unterschiedlichen Pumpenbauarten Ublicherweise arbeiten. Das Bild enthiilt ebenfalls die Bereiche der Betriebsdrehzahlen der verschiedenen Windturbinenbauarten, die sich fUr Windturbinen mit dem Durchmesser dw = 5 m ergeben. Hierdurch wird deutlich, daB in vielen Fiillen eine Drehzahlanpassung durch ein Getriebe eIforderlich wird, da der weite Drehzahlbereich der in Frage kommenden Pumpenbauart durch den sehr viel engeren

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218

Drehzahlbereich der moglichen Windturbine nicht abgedeckt werden kann. Bei den Pumpenbauarten links in Bild 9.9 ist in der Regel eine Ubersetzung ins Langsame und bei den Pumpenbauarten rechts meistens eine Ubersetzung ins Schnelle erforderlich. In einigen Fallen kann, wie aus Bild 9.9 ersichtlich, auf eine Drehzahlanpassung verzichtet werden. Aus Bild 9.9 wird deutlich, daB Windturbinen mit geringer Schnellaufzahl flir Pumpen der Bauarten A, B, Fund G geeignet sind. FliT die Pumpenbauarten C, D und E sind Windturbinen mit hoher Schnellaufzahl geeigneter.

A: Kolbenpumpe 0: einstufige Kreiselpumpe B: Membranpumpe E: mehrstufige Kreiselpumpe ( : Exzenter - F : Schnee ken trogpu mpe

schneckenpumpe G: Kettenpumpe

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Drehzahl n A'v/=1,5 ~

AVid A =5 'v/

untersetzung Ubersetzung - I -, -i > 1 i = 1 : 1 i < 1

BUd 9,9: Arbeitsbereiche verschiedener Bauarten von Windturbinen (Durchmesser dw = 5 m) und Pumpen 15/

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N - 1.0

Page 233: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

220

Die Bestimmung der Getriebeiibersetzung erfolgt bei gegebener Windturbine und Pumpe in der Weise, daB ein moglichst hoher Systemwirkungsgrad im gesamten Betriebsbereich der Windpumpe erzielt wird. Ublicherweise wird zur Berechnung der Getrie­beiibersetzung unter Beriicksichtigung gegebener Windverhaltnisse eine Nennwind­geschwindigkeit bestimmt (Naheres hierzu folgt in Kap. 9.4.2), bei der sowohl die Windturbine als auch die Pumpe ihren Bestpunkt erreichen.

Neben der Drehzahlanpassung ist fiir die Festlegung der Kombinationen von Windturbinen- und Pumpenbauarten ein ausreichend hohes Drehmoment der Windturbine zum Anlaufen der Pumpe zu berUcksichtigen. Verdrangerpumpen wie Kolbenpumpen, Membranpumpen und Exzenterschneckenpumpen benotigen ein hohes Drehmoment beirn Anlaufen; Kreiselpumpen erfordern demgegeniiber nur sehr geringe Drehmomente (s. Bild 9.6). Vergleicht man die erforderlichen Anlaufdrehmomente der Pumpen mit den Anlaufdrehmomenten der Windturbinen (s. Kap. 6, Bild 6.10), so ergeben sich die geeigneten Kombinationen von langsamliiufigen Windturbinen mit Verdrangerpumpen und von schnellaufigen Windturbinen mit Kreiselpumpen. Lediglich bei der Exzenter­schneckenpumpe (C) muB ein geeigneter KompromiB zwischen giinstigem Anlauf­verhalten und ausreichend hohen Betriebsdrehzahlen gefunden werden, da die Exzenter­schneckenpumpe sowohl ein hohes Anlaufdrehmoment als auch relativ hohe Betriebs­drehzahlen aufweist. Dieser KompromiB wird z.B. durch den Einsatz einer Fliehkraft­kupplung und eines Getriebes mit variablem Ubersetzungsverhiiltnis realisiert.

Bild 9.10 zeigt, geordnet nach den Forderhohen, symbolisch die geeigneten Kombinationen von Windturbinen- und Pumpenbauarten, die sich aus den bisherigen Ausfiihrungen ergeben. Jede der in Bild 9.10 gezeigten Windpumpen hat einen begrenzten Einsatzbereich, in dem sie mit gutem Wirkungsgrad arbeitet. Dieser Einsatzbereich ergibt sich aus den Betriebscharakteristika der kombinierten Kom­ponenten. Eine universelle Windpumpe fiir alle Anwendungsfalle gibt es nicht. Werden die Anlagen auBerhalb dieser Einsatzbereiche betrieben, so muB mit LeistungseinbuBen gerechnet werden. Die zur Verfugung stehende Windenergie wird dann weniger effizient in hydraulische Energie umgesetzt.

9.3.2 QuaIitativer Vergleich von Windpumpsystemen mit Kolben- und Kreiselpumpe

Fiir die weiteren Ausfiihrungen werden beispielhaft Kolben- und Kreiselpumpe als wichtigste Bauarten herausgegriffen. Die unterschiedliche Charakteristik dieser beiden Pumpenbauarten ist in Bild 9.11 in der Darstellung der H-Q-Diagramme ersichtlich, wobei die Pumpendrehzahl n als Parameter eingetragen ist, urn deutlich zu machen, wie sich unterschiedliche Drehzahlen auf das Kennfeld auswirken.

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H H

Q a. Kolbenpumpe !<rei se I pumpe

BUd 9.11: H-Q-Diagramm von Kolben- und Kreiselpumpe

Ffir die Kennlinien der Kolbenpumpe gilt der Zusammenhang

7t d2 Q = VHub n 'Tlvol = ~2l]{ n'Tlvol

221

(9.9)

mit dem Hubvolumen VHub der Pumpe, dem Kolbendurchmesser dK, dem Kurbelradius rK und dem volumetrischen Wirkungsgrad 'Tlvol, der den FUllungsgrad und die Leckverluste von Kolben und Ventilen beriicksichtigt ('Tlvol > 0.9).

Wenn gewisse Grenzwerte der Reynoldszahl nicht unterschritten werden, lassen sich die Kennlinien der Kreiselpumpe mit Hilfe der Ahnlichkeitsgesetze /3/ fUr die unterschiedlichen Drehzahlen umrechnen (s. Bild 9.11):

H - n2 und Q -n

Die Forderung des durch die Pumpe erzeugten Fliissigkeitsstromes erfolgt in der Regel durch Rohrleitungen. Die sich an die Pumpe saug- und druckseitig anschlieBenden Rohrleitungen werden als hydraulische Anlage bezeichnet. Aus der Geometrie des Brunnens und der Rohrleitungen laBt sich die Forderhohe HA der hydraulischen Anlage berechnen. In den meisten Fallen setzt sich diese aus einem geodatischen For­derhOhenanteil Hgeo, der die zu iiberwindende Hohendifferenz ausdriickt, und der Verlusthohe Hv zusammen:

HA = Hgeo + Hv (9.10)

Die Verlusthohe Hv resultiert aus den Druckverlusten in den Rohrleitungen, die von deren Geometrie und Oberfliiche abhangen. Sie steigt mit dem Quadrat der Stromungs­geschwindigkeit in der Rohrleitung und ist daher proportional zum Quadrat des Forderstroms Q. Die Forderhohe HA der hydraulischen Anlage wird wie die Forderhohe der Pumpe in Abhiingigkeit vom Forderstrom Q dargestellt (Bild 9.12).

Die Betriebspunkte von Pumpe und Anlage sind die Schnittpunkte der Kennlinien im H­Q-Diagramm. Bild 9.13 zeigt diesen Zusammenhang ffir eine Anlage mit Kolbenpumpe beziehungsweise mit Kreiselpumpe.

Page 235: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

222

grol'le 'krluste. enges Rohr

\HV kleine Verluste.

[ ----- - weites Rohr

Hgeo '--_____ ---1.

Q

BUd 9.12: HA - Q-Diagramm einer hydraulischen Anlage

H

r--- _ ..

Pulf4le

....... ..-~ ... Anbge

Q

H

Kolbenpumpe Kreiselpumpe

BUd 9.13: Betriebspunkte von hydraulischer Anlage und Pumpe

Um fUr die unterschiedlichen EinsatzfaIle geeignete Windpumpsysteme zusammenstellen zu konnen, mtissen die ausgewahlten Pumpenbauarten mit passenden Windturbinen kombiniert werden. Hierfiir mtissen die Anforderungen der jeweiligen Pumpenbauart an die Windturbine berticksichtigt werden. Bild 9.14 zeigt den Verlauf des an der Pumpenwelle aufgenommenen Drehmoments M in Abhangigkeit von der Drehzahl n. Das mittlere Drehmoment der einfach wirkenden Kolbenpumpe ist tiber der Drehzahl konstant. Demgegeniiber steigt das Drehmoment der Kreiselpumpe mit dem Quadrat der Drehzahl. Kolben- und Kreiselpumpe stellen demzufolge ganz unterschiedliche Anforderungen an die Windturbine.

M M

A =konst.

n n Kolbenpumpe Kreiselpumpe

BUd 9.14: Verlauf des Drehmoments von Kolben- und Kreiselpumpe in Abhiingigkeit von der Drehzahl

Page 236: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

223

Das mittlere Drehmoment M der Kolbenpumpe ergibt sich aus der Integration der Sinushalbwelle des Pumpendrehmoments einer Umdrehung des Exzenterhebels (Bild 9.15):

- 1 M=-Mmax 1t

FUr den Anlaufvorgang kann nicht mit dem mittleren Drehmoment der Kolbenpumpe gerechnet werden, sondern die Windturbine muB das maximale Moment Mmax erreichen, damit die Pumpe anlaufen kann. 1m Betrieb besitzt das System kinetische Energie und der oszillierende Momentenverlauf kann durch das mittlere Dreh­moment M ersetzt werden. Hierdurch ergibt sich folgender Zusammenhang zwischen mechanischer und hydraulischer Leistung:

(9.11)

r-t'< ..... -".~ . ..."...~---- --

@@@®@ I \ I / I

Position des Kurbeltriebes

B ild 9.15: Verlauf des Drehmoments der Kolbenpumpe fur eine Umdrehung

M 2 1t n 'TIm = Pw g H VHub n (9.12)

FUr das mittlere Drehmoment der Kolbenpumpe gilt somit:

- Pw g H d~ rK M = --'-----'------""---'~ 4 'TIm

(9.13)

Der mechanische Wirkungsgrad 'TIm berUcksichtigt die mechanischen Verluste der Kolbenpumpe. Das Drehmoment der Kolbenpumpe ist also direkt proportional zur Forderhohe H, zum Kurbelradius TK und zum Quadrat des Kolbendurchmessers dK. Es hangt nicht von der Drehzahl abo

Das Drehmoment der Kreiselpumpe, das mit dem Quadrat der Drehzahl steigt, kann nieht analytisch bestimmt werden und muB daher aus der gemessenen Kennlinie abgelesen werden.

Das Zusammenwirken von Wind turbine und Pumpe wird durch die Uberlagerung der Drehmomente oder der Leistungen deutlich. Bild 9.16 zeigt das Leistungs- und das Drehmomentenkennfeld einer Windturbine mit den Lastkennlinien der Kolben- und der Kreiselpumpe. Die Schnittpunkte zwischen Windturbinendrehmoment und Pumpen­drehmoment beziehungsweise Windturbinenleistung und Pumpenleistung sind die

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224

Betriebspunkte der Windpumpe in Abhangigkeit von der jeweils herrschenden Wind­geschwindigkeit

p p

n n

M M

n n

Kol ba'ljXJfT1le Kreiselpumpe

BUd 9.16: Betriebspunkte der Windpumpe mit Ko/benpumpe beziehungsweise mit Kreise/pumpe

Hierbei ist konstante ForderhOhe H vorausgesetzt, das heiBt es handelt sieh urn eine hydraulische Anlage, bei der die Druckverluste gegenUber der geodatischen ForderhOhe vernachlassigbar sind (kurze Rohrliinge, groBer Rohrdurchmesser). Es wird deutlieh, daB die Kennlinie der Kreiselpumpe sehr viel gUnstiger im Windturbinenkennfeld liegt als die der Kolbenpumpe. Die Kolbenpumpe belastet die Windturbine nur in einem Punkt optimal und nutzt bei groBeren Windgeschwindigkeiten die Leistung der Turbine nieht aus. Die Kreiselpumpe laBt sich als Stromungsmaschine durch geeignete Abstimmung (GetriebeUbersetzung) bei allen Windgeschwindigkeiten nahezu optimal mit der Windturbine kombinieren.

FUr die Betriebspunkte lassen sich die Windgeschwindigkeiten v und die Betriebs­drehzahlen n ablesen. FUr die Kolbenpumpe konnen die entsprechenden Forderstrome Q berechnet werden:

Q = VHub n'Tlvol (9.14)

FUr die Kreiselpumpe mUssen die jeweiligen ForderstrOme Q aus den H-Q-Kennlinien (s. Bild 9.13) Uber die Schnittpunkte der Kurven mit der HA-Q-Kennlinie der hydraulischen Anlage abgelesen werden. Eine analytische Bestimmung ist hier nicht moglich.

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225

Tragt man die Ffuderstrome in Abhangigkeit von den jeweiligen Windgeschwindigkeiten auf, erhlilt man die sogenannte "F6rderkennlinie" Q = Q(v) der Windpumpe (Bild 9.17). Mit "beg ist die Windgeschwindigkeit bezeichnet, bei der die F6rderung einsetzl

Q

/ I ,

Q

Vbeg v vbeg v

Kolbenpumpe Kreiselpumpe

BUd 9.17: Forderkennlinie der Windpwnpe mit Kolben- und mit Kreiselpwnpe

Diese Darstellung setzt die charakteristische Gr6Be der Windenergie, die Windgeschwindigkeit v, zu einer Gr6Be der hydraulischen Energie, dem F6rderstrom Q, in Beziehung. Fur eine konstante F6rderh6he H HiBt sich sofort der Verlauf des Ge­samtwirkungsgrades 11 wp der Windpumpe in Abhangigkeit von der Wind­geschwindigkeit v darstellen, indem man auf die theoretische Windleistung Pwind = P 1t d~ v3/8 bezieht (Bild 9.l8):

1'IWP

8 Pw g Q H 11wp = d 2 3

P 1t W V

"beg Kolbenpumpe

(9.15)

1'IWP

v Kreisel pumpe

BUd 9.18: Gesamtwirkungsgradjur Windpumpe mit Kolben- und Kreiselpumpe

Hier wird der Vorteil der besseren Abstimmung von Windturbine und Kreiselpumpe in Bezug auf das System mit Kolbenpumpe durch das breitere Maximum des

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226

Wirkungsgradverlaufs deutlich. Das System mit Kolbenpumpe hat einen deutlichen Wirkungsgradpeak und fant dann sHirker abo

Die Forderhohe H wurde bisher als konstant angenommen. Sie steigt aber bei sehr starkem Wind an, weil durch den hohen Forderstrom (hohe Geschwindigkeit in der Rohrleitung) die Rohrreibungs­verluste zunehmen. Oft sinkt bei lange anhaltendem Starkwind auch der Brunnen­spiegel ab, was einer ErhOhung der geodii­tischen Forderhohe gleichkommt. Bild 9.19 zeigt qualitativ den EinfluB der Forder­hOheniinderung auf die Forderkennlinie Q = Q(v); das gilt fiir Kolben- wie fiir Kreisel­pumpen.

a H1 =konst.

v

BUd 9.19: Forderkennlinie einer Wind­pumpe bei unterschiedlichen ForderhOhen

Die Forderkennlinie Q = Q(v) beschreibt das technische System bezilglich der Umsetzung der Windenergie in hydraulische Energie. Fiir die Berechnung des Ertrags der Windpumpe ist eine Beschreibung der Windverhiiltnisse erforderlich. Der Ertrag ist hierbei als das im Betrachtungszeitraum gepumpte Wasservolumen definiert, also zum Beispiel das Tagesfordervolumen V d. Zur Ermittlung der Windverhiiltnisse werden klassierende WindmeBgeriite eingesetzt, welche ein Windgeschwindigkeitshistogramm liefem (vgl. Kap. 4.3).

Das Fordervolumen V der Windpumpe wird aus Windgeschwindigkeitshistogramm und Forderkennlinie ermittelt. Man multipliziert die Gesamtdauer T des betrachteten Zeitraums mit der Hiiufigkeit hi der jeweiligen Windklasse Vi und dem zugehOrigen Foderstrom Qj(VU und summiert auf:

(9.16)

9.4 Auslegung von Windpumpsystemen

9.4.1 Ziel der Auslegung

Ziel der Auslegung ist die moglichst effiziente Umsetzung der im Wind enthaltenen Energie in potentielle Energie des gepumpten Wassers im Wasserspeicher (s. Bild 9.1). Die Gilte der Energieumsetzung charakterisiert der Giltegrad 'Y :

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'Y = g P w Hgeo V EWind

g Pw Hgeo T r, Qi hi

~ P FRotor T r, v~ hi

227

(9.17)

Er gibt das Verhiiltnis von flir den Betreiber nutzbarer Lageenergie des gefOrderten Wasservolumens V zur im Wind enthaltenen Energie

(9.18)

an. 1m Gegensatz zum Wirkungsgrad des Windpumpsystems nach Gt (9.15) bewertet der Glitegrad auch die Rohrleitungsreibung als Verlust und mittelt liber den Bezugs­zeitraum. Windpumpsysteme mit maximiertem Glitegrad erbringen das groBtmogliche Fordervolumen flir den betrachteten Zeitraum. Das kann eine Saison sein, oder auch der Zeitraum, in dem die Wasserversorgung kritisch ist. Flir die Auslegung geht man im allgemeinen nicht von einer Maximierung des Glitegrades aus. Man vereinfacht und legt zugrunde

eine geschickt gewiihlte Nennwindgeschwindigkeit vN, sowie die Forderung, daB bei dieser Nennwindgeschwindigkeit der Gesamtwirkungsgrad TlWP der Windpumpe sein Maximum erreicht.

9.4.2 Wahl der Nennwindgeschwindigkeit fur die Auslegung

® Q

o 15 m/s 20 vI

~~~~~~~~~~~~ __ VI o 5, I 10 15 m/s 20

V vN

Flir die in Europa liblichen Windverhiiltnisse hat es sich als praktikabel erwiesen, die Nennwindgeschwindigkeit vN etwa gleich dem 1.4 bis 1,6- fachen der mittleren Windgeschwindigkeit v anzusetzen, vN '" 1.4 ... 1 ,6v 12,4,7/. Diese Wahl flihrt dazu, daB die Windgeschwindigkeiten Energiedichte Ei mit Gesamtwirkungsgraden genutzt werden (Bild 9.20).

hoher hohen

Tlwp

BUd 9.20: Wahl der Nenn­windgeschwindigkeit vN'" 15 v

a) Forderkennlinie und Wir­kungsgrad des Windpumpsystems b) Energieverteilung des Windes auf die einzelnen Klassen c) Windhistogramm, v mittlere Windgeschwindigkeit

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228

Greift bereits bei Windgeschwindigkeiten, die niedriger sind als die dreifache mittlere Windgeschwindigkeit, eine Regelung oder Sturmsicherung der Windturbine ein, so ver­schiebt sich der Faktor vN I V zu kleineren Werten. Eine Studie fiber den EinfluB der Regelwindgeschwindigkeit auf die ertragsoptimierte Nennwindgeschwindigkeit ist in n I zu fmden.

Beriicksichtigt man weiterhin, daB der Wirkungsgrad des Getriebes nicht konstant ist, sondem im Teillastgebiet unter den Nennwirkungsgrad absinkt, dann verschiebt sich der FaktorvN/v zu groBeren Werten, d.h. vN'" 1,5 ... 1,95v 111/. Diese Werte gelten fUrein Windpumpsystem mit Kreiselpumpe unter Berficksichtigung der Regelung der Windturbine.

Einen Uberblick gibt Bild 9.21, das den EinfluB der Regelwindgeschwindigkeit auf die Nennwindgeschwindigkeit fUr optimalen Energieertrag zeigt. Dargestellt sind die Ergebnisse von Staassen n I, Kortenkamp /11/ und der Standardbereich nach 12, 4, 7/.

I> ..... z

>

2.-----~~----~------~------~------~------.

1,8

1,6

O,8L-------~------~------~------~--------~----~

1 1,5 2 3 3,5 4

Bild 9.21: Einfluj3 der bezogenen Regelwindgeschwindigkeit vR' v aUf die bezogene Nennwindgeschwindigkeit vN / v far Windpumpsysteme mit Kreisel­pumpe bei konstantem und variablem Getriebewirkungsgrad 1]G /11/

Die Windgeschwindigkeit des Forderbeginns Vbeg beeinfluBt das Fordervolumen ebenfalls. Sie steht bei gegebener Anlage jedoch in festem Verhaltnis zu VN' so daB es im allgemeinen genfigt, die Auslegung anhand der Nennwindgeschwindigkeit vorzunehmen.

Page 242: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

229

Die Nennforderhohe wird hauptslichlich durch die geodlitische Forderhohe Hgeo be­stimmt. Fiir die Rohrleitungsverluste muB man jedoch einen Zuschlag ansetzen. 1m Be­reich niedriger Forderhohen bis 10 m setzt man etwa HN = 1.2 bis 1.4 Hgeo an. Bei groBeren Forderhohen wird man auf HN ::; 1.2 Hgeo gehen /2/.

In den folgenden Abschnitten werden die Gleichungen hergeleitet, mit deren Hilfe die Parameter von Turbine und Pumpe und insbesondere die erforderliche Getriebeiiber­setzung so gewlihlt werden konnen, daB das Windpumpsystem den maximalen Ge­samtwirkungsgrad 'TlWP bei der Nennwindgeschwindigkeit VN erreicht.

9.4.3 Auslegung von Windpumpsystemen mit Kolbenpumpe

Durch das Gleichsetz;en von Turbinenleistung und Pumpenleistung im Nennpunkt (Bild 9.22)

(9.19) 'Tlm'Tlvol

erhalt man einen Zusammenhang, der die erforderliche Getriebeiibersetzung

. nw 1=-

np (9.20)

liefert. Dazu wird noch die Schnellaufzahl Aopt beriicksichtigt,

A _ 1t nw dw opt - VN (9.21)

bei der die Windturbine ihre Bestleistung bietet. Man erhlilt somit:

8 Aopt (9.22)

11m'Tlvol 1t 2 P cP.opt d~ V&

Natiirlich wird man versuchen, ohne Getriebe auszukommen, d.h. i = 1. Das gelingt bei groBeren Anlagen yom Typ Westernmill (Aopt'" 1, dw ~ 5 m) durch geeignete Auswahl des Hubvolumens VHub = 1t/4 dR 2 rK, bzw. durch geeignete Wahl des Kurbelradius rK. Kleinere Anlagen dieses Typs benotigen eine Ubersetzung ins Langsame.

Page 243: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

230

P (kW) 41 !

v ~ 10 m/s 3,5 1

3

I 2,5 ;

21

1 1,5

0,5

0 0 20 40 60 80

n (lImin)

Bild 9.22: Auslegung eines Windpumpsystems mit Kolbenpumpe auf die Nennwindgeschwindigkeit vN = 6 mls

100

Typisch fUr Systeme mit Kolbenpumpe ist das besondere Betriebsverhalten im Anfahrbereich. Die Wind turbine beginnt sich zu drehen, wenn infolge ausreichend hoher Windgeschwindigkeiten das Rotordrehmoment tiber den Exzenterhebel eine Kolbenkraft erzeugt, die groBer ist als die Last der auf der Kolbenflache ruhenden Wassersaule. Die Haftreibung des Systems wird dabei vernachlassigt. Es muB gemaB des oszillierenden Verlaufs des Pumpenmoments das maximale Moment Mrnax tiberwunden werden (Bild 9.23). Die Windpumpe lauft dann bei der Windgeschwindigkeit Vbeg an, d.h. im dargestellten Fall ist Vbeg = 5m/s. In Bild 9.23 ist vereinfachend angenommen, daB sich die Windgesc~windigkeit wahrend des Anfahrens bis zum Erreichen des mittleren Drehmoments M nicht andert, d.h. v(t) = Vbeg = konst. 1m Betrieb wirkt der Rotor wie eine Schwungscheibe, und es stellen sich die in Kap. 9.3.2 gezeigten Verhaltnisse ein. Dieses Verhalten des Systems kann tiber das mittlere Drehmoment M beschrieben werden, da die Drehzahl der Windturbine in erster Naherung nicht dem oszillierenden Moment der Kolbenpumpe folgt. Fallt die Windgeschwindigkeit unter vbeg, so bleibt der Rotor wegen der Massentragheit in Drehung und es wird weiter gefOrdert. Erst bei Unterschreitung der Windgeschwindigkeit Vrnin, bei der das maximale Rotordrehmoment kleiner als das mittlere Drehmoment Mist, bleibt das System stehen. In Bild 9.23 ist dies etwa bei Vrnin = 2.8 m/s der Fall.

Page 244: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

Verlauf des Momentes der Kolbenpumpe

-c: Q)

E o E ~ c

Mmax-t--~~------ Mmax

@@@ I \ I

@@ I I

Position des Kurbeltriebes

Drehzahl

Kennfeld der Windturbine

231

\ \

Bild 9.23: Start- und Stoppvorgang im DrehmomentenkennJeld einer Windpumpe mit Kolbenpumpe

Die Forderkennlinie einer Windpumpe mit Kolbenpumpe ist damit charakterisiert durch den in Bild 9.24 dargestellten Hysteresebereich zwischen der Anlaufwindgeschwindigkeit Vbeg und der minimalen Forderwindgeschwindigkeit Vrnin.

Dies bedeutet, daB innerhalb des Hysteresebereichs nur gefOrdert wird, wenn Vbeg oft genug iiberschritten wird; das heiBt, wenn die Windpumpe an Tagen geringer Windgeschwindigkeiten ofter durch BOen angeworfen wird.

a

~ ______ L-~ _________ __

vmin Vbeg v Bild 9.24: Forderkennlinie der Windpumpe

mit Kolbenpumpe mit Hysterese im Anlaujbereich

Page 245: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

232

Aus 01. (9.11) und 01. (9.13) ftiT das mittlere Drehmoment der Kolbenpumpe und dem Drehmoment der Windturbine

(9.23)

lassen sich dUTCh Oleichsetzen von Windturbinen- und Pumpenmoment in den jeweiligen Betriebspunkten die fliT den Hysteresebereich charakteristischen Windgeschwindigkeiten berechnen. Es folgt fUr die Stoppwindgeschwindigkeit Vmin aus dem Momenten­gleichgewicht des mittleren Pumpenmoments M und des Drehmoments der Windturbine bei maximalem Momentenbeiwert CM.max:

Vmin= 4 Pw g H di rK

P 1t dJ CM.max 11m (9.24)

Die Startwindgeschwindigkeit Vbeg ergibt sich aus dem Momentengleichgewicht fUr das maximale Pumpenmoment Mmax und das Windturbinenmoment bei Stillstand (A. = 0) mit CM.O zu:

Vbeg= 1t 4 P w g H d i. rK

P 1t dJ CM.O 11m

Somit ergibt sich der Hysteresebereich zu:

Ybeg ~ CM.max Vmin = 1t CM.O

(9.25)

(9.26)

Diese Relation hangt stark von der Drehmomentkennlinie der Windturbine abo Flir einen extremen Langsamliiufer mit CM.O "" CM.max ergibt sich:

Vbeg = -{; Vmin (9.27)

Urn das Anlaufen einer Kolbenpumpe lastfrei oder zumindest unter geringer Belastung moglich zu machen, sind anlaufentlastende MaBnahmen vorzusehen, die den Momenten­verlauf vergleichmiiBigen (s. Kap. 9.2 und /4,81). Anlaufentlastende MaBnahmen ermoglichen das Starten der Windpumpe bei kleineren Windgeschwindigkeiten oder gestatten den Einbau einer groBeren Pumpe, wodurch die Forderleistung erheblich gesteigert werden kann.

Bei der Berechnung des Ertrags von Windpumpsystemen mit Kolbenpumpe muB der dUTCh das Anlaufverhalten bedingte Hysteresebereich der Forderkennlinie berticksichtigt werden. In /9/ wird hierzu ein Verfahren vorgeschlagen, das darauf beruht, mit Hilfe der Wahrscheinlichkeiten der Windgeschwindigkeiten im Hysteresebereich - diese sind aus der Windgeschwindigkeitsverteilung des Standorts zu ermitteln - eine korrigierte Forder­kennlinie zu berechnen. Diese dient dann als Orundlage ftiT die Ertragsbestimmung nach Kap.9.3.2.

Page 246: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

233

9.4.4 Auslegung von Windpumpsystemen mit Kreiselpumpe

FUr den Nennbetriebspunkt wird die Leistungsbilanz von Wind turbine und Kreiselpumpe gebildet und gleichzeitig gefordert, daB sowohl die Windturbine als auch die Kreiselpumpe im Bestpunkt arbeiten. Bild 9.25 verdeutlicht die Vereinbarung des Nennbetriebspunkts fUr die Kombination aus Windturbine und Kreiselpumpe. Die Leistungsbilanz lautet:

P 1t d.z 1 Pw g QN HN cP.opt 1102" -4- V"'N =

l10pt (9.28)

Diese Bilanz gilt fUr die in Bild 9.25 dargestellte Schnittstelle, an der die von der Windturbine zur Verftigung gestellte Wellenleistung mit der Drehzahlanpassung durch das Getriebe zur Deckung des Leistungsbedarfs der Kreiselpumpe verwendet wird.

1m folgenden wird der Nennforderstrom QN in Gl. (9.28) durch pumpenspezifische GroBen ersetzt, urn den Zusammenhang der tibrigen Systemparameter mit den maBgeblichen GroBen der Kreiselpumpe deutlich zu machen. Wie bereits bei der Be­schreibung der Bauarten windgetriebener Pumpen in Kap. 9.2 wird die spezifische Drehzahl nq (Gl. 9.8), welche die Bauart der Kreiselpumpe charakterisiert, verwendet.

Die Forderhohe der Kreiselpumpe laBt sich aufgrund der Modellgesetze durch die dimensionslose Druckzahl '!' ausdrticken /3/:

'!' = 2 g H (9.29) (1t n d2)2

Hierin ist d2 der Laufraddurchmesser der Kreiselpumpe. Setzt man diese Beziehung fUr die Druckzahl '!'opt im Bestpunkt an, so folgt fUr die Nenndrehzahl nN der Kreiselpumpe:

_~ 1

nN=-\J ~ d21t (9.30)

Ersetzt man in der Leistungsbilanz nach Gl. (9.28) den NennfOrderstrom QN durch die spezifische Drehzahl nq nach Gl. (9.8) und beriicksichtigt noch Gl. (9.30), so ergibt sich:

2 2 2 '!'opt Qq 1td; v~ 1t nq d2 - Pw ~ = P 4 CP.opt 110 H 3/2

l10pt H q A.N (9.31)

Hierin ist HA.N die Forderhohe der hydraulischen Anlage im Nennpunkt (vgl. Kap. 9.3.2). Sie ist gleich der Forderhohe HN der Kreiselpumpe.

Page 247: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

234

Windlurbine Gelriebe Kreiselpumpe

:r: QI .c 4 '0 -:: QI

'2 3 '0 LL

Forderslrom Q

PW.N -C1nle der-QI

~ kW Bestpun~ '-.2 u c :3 '­QI

U

c?-O> C ::J .... VI

QI -'

0~~~-A~~~L-~--~--70~ o 100 nW.N 200 300 min-1 400

QI a. E

Drehzahl nw der Windturbine

.g. 0,2 f---+---/l--J c :3 '­QI

U a. ~ ~

] 0,1 0' VI 0> C ::J

.l<

:i o o 6

1 Ilwp

1

-1-------I I

v~

10 12 14 ~ 16 Windgeschwindigkeit v

BUd 925: Nennbetriebspunkt des Windpump­systems mit mechanisch gekoppelter Kreiselpumpe

Page 248: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

235

Zunachst wird der Fall untersucht, daB bei vorgegebenen StandortgroBen und festliegender Windturbine eine passende Kreiselpumpe aus einer vorhandenen Baureihe ahnlicher Pumpen ausgewahlt werden soIl. Flir aIle Pumpen der Baureihe sind die spezifische Drehzahl nq, die Druckzahl '!'opt und der Wirkungsgrad l10pt gleich. Somit muB nur noch der Laufraddurchmesser d2 bestimmt werden, flir den aus G1. (9.31) folgt:

1 " H 3/2 1td2 vN3 'I opt --=--.s.. w

- -- ~ P -4- cp .opt 11 G H 3/2 Pw '!'opt A.N

(9.32)

Die Getriebeiibersetzung i erhalt man aus der Auslegungsschnellaufzahl Aopt der Windturbine und G1. 9.30 flir die Nenndrehzahl nN der Kreiselpumpe zu

. _ d - rv:;- Aopt 1 - 2 -'J ~ dw vN (9.33)

Da bei radialen Kreiselpumpen der Wert der Druckzahl nur wenig schwankt ('!'opt = 0.9 bis 1.1), ist mit den beiden Gleichungen (9.32) und (9.33) das komplette System festgelegt, Bild 9.26 zeigt das Ergebnis einer solchen Auslegung, die iopt = 1 :3.8 liefert. Gleichzeitig ist eingezeichnet, welche Konsequenzen ein Abweichen in der Getriebeiibersetzung von dieser Optimalauslegung zur Folge hat, (Kurven i = 1:2 und i = 1:6).

CII c: :c c... ::J ..... '0 c:

i=1:6,0

dw=5m kW

d2 =400mm

:i21---f-j4-""7"I"=F~ Iii '0

~

min-1 300

Drehzahl nw der Windturbine

Bild 9.26: Einfluft der Getriebeubersetzung aUf die Linie der Betriebspunkte im Lei­stungskennfeld der Windturbine, Windturbinendurchmesser dw = 5 m, Schnellaufzahl A_opt = 4, Laufrad­durchmesser der Kreiselpumpe d2 = 400 mm, Nennwindgeschwindigkeit vN = 8 mls

Page 249: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

236

Abweichend yon dem eben diskutierten Auslegungsfall kann es sein, daB die Pumpenparameter nicht yon Beginn an festliegen, sondem weitgehend frei gewahlt werden konnen /10/. Die wichtigsten Parameter sind dann die spezifische Drehzahl nq und der Laufraddurchmesser d2. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn mehrere Pumpen­baureihen zur Verftigung stehen oder wenn Kreiselpumpen speziell fUr den Einsatz in Windpumpsystemen entworfen werden sollen. Dann wird zunachst in Gl. (9.31) die Pumpenkonstante K eingefUhrt /2/:

£ oPt K =1tnq d2 --

'Tlopt (9.34)

In ihr sind die maBgeblichen GroBen der Kreiselpumpe zusammengefaBt, die sowohl die Bauart der Kreiselpumpe (spezifische Drehzahl nq) als auch deren BaugroBe (Laufraddurchmesser d2) beschreiben. Die Pumpenkonstante ist keine dimensionslose KenngroBe, sondern sie hat die Einheit einer Geschwindigkeit. Weitergehende AusfUhrungen hierzu sind in /2/ zu finden.

Bild 9.27 zeigt die grafische Auswertung yon Gl. (9.31) in Form eines Nomogramms. Der erste Quadrant zeigt bei yorgegebener Windturbine (dw, cP.opU die Pumpenkonstante K als Funktion der Nennwindgeschwingigkeit YN mit der NennfOrderhohe HA.N der hydraulischen Anlage als Parameter.

Der Zusammenhang zwischen Nennwindgeschwindigkeit YN und Pumpenkonstante K

lautet:

P 1td2 y3 w N

- -4- cP.opt 'TlG H3/2 Pw A.N

K=

H 3/2 q

Qq (9.35)

Die Kurvenschar im ersten Quadranten ist durch die Charakteristik der Wind turbine beeinfluBt. In Bild 9.27 ist eine Windturbine mit dw = 5 m und cP.opt = 0.34 zugrunde gelegt. Es ist ein Beispiel eingezeichnet fUr die Nennwindgeschwindigkeit VN = 7.5 m/s und die NennfOrderhohe HA.N = 4.5 m der Anlage.

1m zweiten Quadranten ist die Pumpenkonstante K mit dem Laufraddurchmesser d2 verkntipft. Aus der Wahl der spezifischen Drehzahl nq (z.B. nq = 30 min-I) laBt sich der Laufraddurchmesser d2 (im Beispiel d2 = 315 mm) bestimmen. In diesem Quadranten ist der Bereich der radialen Kreiselpumpen mit 15 min-1 ~ nq ~ 45 min- 1

eingetragen. Die Druckzahl im Bestpunkt ist mit 'Vopt = 1.0 angenommen. AuBerdem ist der Pumpenwirkungsgrad 'Tlopt im Bestpunkt nach Literaturangaben in Abhangigkeit yon der spezifischen Drehzahl nq berticksichtigt /2/.

Page 250: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

flopt= TJopt ( nql 'lJopt = 1,0

3,Om

4,5m

6pm

1,0

m S

°

1000

2

dw = Sm cp =0,34 llG =0,90

4 6 m

8 S 10

Nennwindgeschwindigkeit VN

+ I

z .c

:c d N

1500 ~ '-"0 c: c: OJ z

2000

min-1

2500 A=4

Bild 9.27: Nomogramm zur Bestimmung der wichtigsten System parameter der Windpumpe mit mechanisch gekoppelter Kreiselpumpe /2/

237

Page 251: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

238

1m dritten Quadranten wird tiber die festgelegte Nennforderhohe HA.N der hydraulischen Anlage als ParaIl!eter die Nenndrehzahl nN der Pumpe bestimmt (s. Gl. (9.30». 1m dargestellten Beispiel betragt diese nN = 570 min-I.

Dem vierten Quadranten liegt die Verkntipfung von Windturbine.und Kreiselpumpe tiber die Getriebetibersetzung i zugrunde. Aus der Beziehung fUr die Schnellaufzahl A der Wind turbine ergibt sich fUr den Nennbetriebspunkt:

Aopt VN i= --'---

1t nN d w (9.36)

Die Schnellaufzahl der Windturbine ist fUr den Bestpunkt mit Aopt = 4 angenommen. Das Beispiel ergibt eine Getriebetibersetzung von i = 1 :5.

Die Kurvenscharen im ersten und im vierten Quadranten mtissen an die charakteristischen Daten der Windturbine (dw, cP.opt, Aopt> angepaBt werden. Die GroBe der Windturbine wird ublicherweise aufgrund der Anforderungen des Betreibers unter Berucksichtigung der Windverhaltnisse am Aufstellungsort festgelegt. Mit Hilfe des Nomogramms ist die Verkntipfung der wesentlichen Systemparameter gegeben. Aufgrund der Standort­bedingungen mtissen die Nennwindgeschwindigkeit VN und die NennfOrderhohe HA.N der hydraulischen Anlage bestimmt werden. Bei gewahlter Windturbine konnen anhand des Nomogramms die Parameter der Kreiselpumpe (spezifische Drehzahl nq, Laufrad­durchmesser d2 und Nenndrehzahl nN) sowie die Getriebetibersetzung gefunden werden.

Literatur

/1/ Jongh, J.A. de: Low Head / High Volume Wind Pumps for the Fleuve Region in Senegal, CWD, Wind Energy Group, Technical University Eindhoven, 1988

/21 Twele, J.: Ertragsoptimierung windgetriebener Kreiselpumpen, Fortschritt - Berichte VDI Reihe 7, Nr. 181, Dusseldorf, 1990

/3/ Pfleiderer, C.; Petermann, H.: Stromungsmaschinen, 5. Auflage, Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York London Paris Tokyo, 1986

/4/ Lysen, E.H.: Introduction to Wind Energy, CWD, Amersfoort, The Netherlands, 1982

Page 252: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

239

/5/ Interdiszipliniire Projektgruppe fUr AngepaBte Technologie (IPAT): Der Einsatz' von Windpumpsystemen ZUT Be- und Entwlisserung, Schriftenreihe des Fachbereichs Intemationale Agrarentwicklung der TU Berlin, Nr. 120, Berlin, 1989

/6/ Dijk, H. van: The Volume of Storage Tanks in Water Supply Systems with Windmill Driven Pumps in Cap Verde, International Institute for Reclamation and Improvement, Wageningen, The Netherlands, 1984

m Staassen, A. J.: A Model of a Centrifugal Pump Coupled to a Windrotor, Wind Energy Group, University of Technology Eindhoven, 1988

/8/ Cleijne, H., u.a.: Pump Research by CWD: The influence of starting torque of single acting piston pumps on water pumping windmills, European Wind Energy Association, Conference and Exhibition, 7.10.-9.10.1986, Rome, Section EIO, S.163-167

/9/ Meel, J. van; u.a.: Field Testing of Water Pumping Windmills by CWD, European Wind Energy Association Conference and Exhibition, 7.10.-9.10.1986, Rome, Section F15, S. 423-430

/10/ Mier, M.; Siekmann, H.; Twele, J.: Optimization ofWinddriven Cenuifugal Pumps, 1st International Congress on Fluid Handling Systems 10.9.-12.09.1990, Essen

/11/ Kortenkamp, R.: Die Optimierung von Windpumpsystemen mit Kreiselpumpe unter Berucksichtigung des instationiiren Betriebsverhaltens, Fortschritt - Berichte, VDI Reihe 7, Nr. 235, DUsseldorf, 1993

Page 253: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

10 Windkraftanlagen zur Stromerzeugung

Windkraftanlagen werden heute vor aHem zur Stromerzeugung eingesetzt. Dabei werden fast nur noch Drehsttomgeneratoren benutzt. Selbst dort, wo letztlich Gleichsttom benotigt wird, hat die billigere Drehsttommaschine mit Gleichrichter den Gleichsttomgenerator verdrlingt.

@ @ AsynchronG.

100 500

3 ~ .3<: ~

.~ .1iO

CI en c:: c:: ::J ::J .... ..

.!1! ." QI 'iii -J -J

Drehzahl n Drehzahl n

BUd 10.1: Betriebspunkte von Windturbine und Generator bei direkter Netz­einspeisung (a) und bei einem Batterielader im Inselbetrieb (b)

Trafo Netz

BUd 102: Direkte Netzeinspeisung mit Synchron- oder Asynchrongeneratoren (a), und Einspeisung in das Netz aber einen Zwischenkreis mit Frequenz­umrichtung (b).

Speist ein Drehsttomgenerator direkt in ein starkes Netz ein, das mit 50 Hz (in den USA 60 Hz) betrieben wird, so lliuft er mit fester oder nahezu fester Drehzahl. Dann wird die

Page 254: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

241

Windturbinenleistung aber nur bei einer Windgeschwindigkeit voll ausgenutzt (etwa 8 mls in Bild 1O.1a). Durch die hochentwickelte Umrichtertechnik ist es heute moglich, auch bei Netzeinspeisung drehzahlvariabel zu fahren, Bild 10.2b. Das fiihrt einerseits zu besserer Ausnutzung der Turbinenleistung, andererseits zu starker Entlastung des Wellenstrangs zwischen Turbine und Generator bei stark ooigem Wind

10.1 Grundlagen

10.1.1 Die Wechselstrommaschine (Dynamomaschine) im Inselbetrieb

Bewegt man einen Leiter mit der Geschwindigkeit v (t) senkrecht zu den magnetischen Feldlinien durch ein homogenes magnetisches Feld, Bild 10.3 hat dies eine Spannung e(t) im Leiter zur Foige

e(t) = B I v(t) (10.1)

Sie ist proportional der Geschwindigkeit v, der LeiterU{nge lund der magnetischen

FluBdichte B. Letztere ist ein MaS fUr die Starke des magnetischen Feldes, das

gewohnlich in der Einheit Tesla angegeben wird [1 T = Vs/m2]. Dieser Effekt wird in

der Dynamomaschine zur Erzeugung einer einphasigen Wechselspannung genutzt. 1m

einfachsten Fall besteht sie aus einer einzigen Leiterschleife, die im Feld eines

Permanentmagneten rotiert. Die wirksame Leiterlange ist damit 21. Uber die beiden

Schleifringe wird die Spannung e(t) abgenommen, Bild 10.4. Es gilt:

e(t) = B 2 I rOsin Ot = Es sin Ot (10.2)

wenn wir den Winkel 'I' = 0 t von der Horizontalen aus zahlen. Wie im Bild 10.5 gezeigt, ist die Geschwindigkeit rO sinOt die Komponente der Umfangs­geschwiQdigkeit rO, welche die Feldlinien senkrecht schneidet, also v(t) im Bild 10.3 entspricht. Wie zu erwarten, ist die Amplitude Es der Quellspannung e(t) proportional der Umfangsgeschwindigkeit rOund damit proportional der Winkelgeschwindigkeit 0 bzw. Drehzahl n, 0 = 2 7t n. Weiter herrscht Proportionalitat zur magnetischen FluBdichte B und zur Zahl der Windungen der Spule, die im Bild 10.4 eins betrilgt. Die groBte Spannung wird dabei immer dann induziert, wenn die Anderung des von der Leiterschleife umschlossenen Flusses «l» am groBten is!. siehe Bild 10.6.

Bei real ausgefiihrten elektrischen Maschinen ist es oft umstandlich, das Betriebsverhalten aufgrund der genauen physikalischen Zusammenhange zu ermitteln. Man behilft sich in diesem Fall mit sogenannten Ersatzschaltbildem, die lediglich die wichtigsten physikalischen Eigenschaften wiedergeben.

Page 255: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

242

N

l v (t)

Bild 103: Bewegter Leiter im homogenenMagnetfeld. Entstehung derSpannung eft)

Bild 10.4: Dynamomaschine

e( t)

Bild 10.5: Wirksame Geschwindig­keitskomponente

tIt)

~--------~--------~~--------~--------~ ___ Qt

Bild 10.6: Verlauf der Spannung eft) und des magnetischen Flusses cP(t) in der Dynamomaschine

Page 256: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

R· I i (t)

u (t)

Bild 10.7: Ersatzschaltbild der Dynamomaschine mit Lastwiderstand RL, Liiuferinnenwiderstand Rj und Liiuferinduktivitiit Lj

243

FUr die mit einem Widerstand RL belastete Dynamomaschine ergibt sich das im Bild 10.7 dargestellte Ersatzschaltbild, in dem e(t) die Quellspannung darstellt und Rj bzw. 4 Uiuferinnenwiderstand und Uiuferinduktivitiit. Der ohmsche Widerstand Rj laBt sich bei stillstehender Maschine durch eine Widerstandsmessung bestimmen. Die Quellenspannung erhiilt man durch Messung der Klemmenspannung bei unbelasteter Maschine, aus der sich zusammen mit dem KurzschluBstrom auch die InduktiviUit berechnen laBt. FUr alle elektrischen Maschinen lassen sich derartige Ersatzschaltbilder angeben. Die dabei notwendigen Parameter konnen meist durch einfache Versuche ermittelt werden /1/.

Wir wollen nun genauer untersuchen, wie sich die Dynamomaschine verhalt, wenn sie durch einen Lastwiderstand RL z.B. in Form einer Elektroheizung belastet wird.

Die erzeugte Quellenspannung e(t) wird, wie im Bild 10.7 gezeigt, tiber die Induk­tivitiiten und die Widerstande abgebaut. Es gilt die Differentialgleichung

(10.3)

weil der Spannungsabfall in der Spule nicht dem Strom, sondem der zeitlichen Anderung des Stromes di/dt proportional ist. Da wir die Verhiiltnisse bei stationarer Drehzahl 0 untersuchen, gilt ffir die Quellenspannung

e(t) = Es sin Ot (10.4)

Page 257: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

244

Flir den Strom ruhren wir einen Gleichtaktansatz nach Art der rechten Seite ein

i(t) = Is sin at + Ie cos at (10.Sa)

eli dt = QIs cos at - Ole sin at (IO.Sb)

Ein reiner Sinusansatz ware zu kurz gegriffen, wie wir gleich sehen werden. Setzt man (10.4) und (10.5) in die Differentialgleichung (10.3) ein und sortiert nach den Sinus­und Cosinusgliedern, die jeweils fUr sich balanciert sein mlissen, erhiilt man folgendes Gleichungssystem flir die Stromamplituden

(10.6)

Aufgelost (z.B. nach der Cramerschen Regel) liefert das

(1O.7a)

(10.7b)

Beide Stromamplituden sind der Quellspannungsamplitude Es proportional. Die Sinus­Amplitude Is, die mit der Quellspannung in Phase liegt, verschwindet, wenn kein ohmscher Widerstand (Rj + RL = 0) im Kreis ist, die Cosinus-Amplitude, wenn keine Induktivitat wirksam ist (Lj = 0). FUr den zeitlichen Verlauf des Stroms erhalten wir

wobei man den Sinus-Term als Wirkstrom und den Cosinus-Term als Blindstrom bezeichnet. Die Griinde daflir werden sofort einsichtig, wenn wir die Leistung bilden, die bekanntlich aus dem Produkt von Spannung und Strom entsteht

P(t) = i(t) e(t) oder

P(t) = Es Is sin20t + Es Ie sin at cos at (10.9) '-----v----' I., v J

Wirk- Blindleistung

Page 258: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

Der erste Tenn, die Wirkleistung ist immer positiv. Sie pendelt aber wegen

1 - cos 20t sin20t = 2

urn den Mittelwert

1 1 RitRL Pm = lI; Es Is = lI; (2Blr)2 0 2 (R R)2 (nL )2

k k it L t u. i

vergleiche Bild 10.8 Qu eUspannungsverlauf

Wirkstromverlouf

E, I, sin' m PSlind

T

Wirkleistungsverlauf

i

Blindstromverlouf Ie cosQt

EeIcsin m· cos m

Bl indleistungsverla uf

(10.10)

(10.11)

T

BUd 10.8: Entstehung von Wirk- und Blindleistung bei der Produktbildung Spannung x Strom

245

Das Pendeln erfolgt mit doppelter Frequenz. Der zweite Term, die Blindleistung, pendelt ebenfalls mit doppelter Frequenz, nur ist ihr Mittelwert null, daher auch der Name.

Abweichend von der hier verwendeten Schreibweise, die Spannung und Strom durch

ihre Amplituden charakterisiert, wird in der Elektrotechnik oft mit Effektivwerten ge­

arbeitet. Als Effektivwert bezeichnet man die auf (etwa) 70% reduzierten Werte der

Amplituden, leff = IIV2 bzw. Eeff = ElV2 . Mit dieser Vereinbarung erhlHt man - wie bei

Gleichstrombetrachtungen - flir die Leistung das Produkt

Page 259: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

246

Pw = lerr Eerf .

Der Faktor 1/2, der in Gleichung 10.11 auftaucht, entfant damit

FUr das mittlere Drehmoment der einphasigen Dynamomaschine gilt wegen Mm = Pm n

(10.12)

Der Klammerausdruck (2 B 1 r) ist eine Maschinenkonstante, die bei N Windungen, statt wie hier einer einzigen, entsprechend groBer ist. Betrachten wir die mittlere Wirkleistung nach Gl. 10.11 noch etwas genauer, so stellen wir fest, daB sie sich aus der Nutzleistung zusammensetzt, die am Lastwiderstand RL entsteht und der Verlustleistung, die proportional dem Innenwiderstand Rj der Maschine ist. Wir konnen daftir schreiben:

Pm = PYer!ust + PNutz

1 (10.13)

1m Zusammenwirken mit der Windkraftanlage interessiert besonders der Verlauf der Leistung und des Drehmomentes bei unterschiedlicher Drehzahl. Sie ergeben sich aus den Gleichungen 10.11 und 10.12. Es zeigt sich, daB die Dynamomaschine ein ausgepragtes Maximalmoment aufweist und die Leistung fUr hohe Drehzahlen einem endlichen Maximalwert zustrebt.

FUr die elektrische Auslegung des Systems sind dariiberhinaus die Kenntnis von Strom und Spannung von Bedeutung. Wie das Bild 10.9 zeigt, streben die Ausgangsspannung der Maschine und der Strom fUr groBe Frequenzen wie die Leistung einem Endwert zu, wahrend die Quellenspannung linear mit der Drehzahl wachst.

Page 260: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

247

Veriindert man den Lastwiderstand oder die Erregung (magnetische Feldstiirke), liillt sich, wie im Bild 10.10 dargestellt, die Lastkennlinie verschieben. Man hat also die MBglichkeit, bei gegebenem Rotor und Generator in gewissen Grenzen eine gewUnschte Lastkennlinie einzustellen, vergl. auch Bilder 10.1 a und 10.1 b.

u

2 bezogene Kreisfrequenz .£L

Sl.k

Bild 10.9: Verlaufvon Leistung, Drehmoment, Strom und Ausgangsspannung in der permanente"egten Dynamomaschine bei ohmscher Last; Bezugsgroj3en am Bildrand

M M;" R wiichst

1

.....IL 2 bezogene J2 k

Kreis frequenz

..

n "]lk2

bezogene Kreisfrequenz

Bild 10.10: Verschiebung der Lastkennlinie bei Variation des Lastwiderstandes bzw. der Fl£ifJdichte durch die Erregung

Page 261: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

248

10.1.2 Erregungsarten und Bauformen

a) Pennanenterregung Vorteil:

NII]S ~ ult1 Nachteil:

b) Fremderregung Vorteil:

N S ~ Nachteil: rv u(t)

Rf ~---'

c) Selbsterregung Vorteil:

i u(t) Nachteil:

Bild 10.11: Erregungsarten

keine zusatzliche Energiequelle; guter Wirkungsgrad

keine einfache Beeinflussung der Ausgangsspannung tiber den Erregerstrom moglich

Einfache Einstellung der Ausgangsspannung tiber den Erregerstrom moglich

Die notwendige Erregerenergie muG einer zusatzlichen Energiequelle entnommen werden. Roher Aufwand

Es wird keine zusatzliche Energie­queUe zur Erregung der Maschine benotigt; einfache Einstellung der Ausgangsspannung

Roher Aufwand; maBiger Wirkungsgrad

Page 262: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

249

Bei der bisher beschriebenen permanenterregten Dynamomaschine wird das notwendige magnetische Feld durch einen Dauermagneten erzeugt. Dies hat jedoch zur Folge, daB die Ausgangsspannung der Maschine nur durch die Drehzahl beeinfluBt werden kann. Ersetzt man den Dauermagneten durch einen Elektromagneten, so kann tiber den Erregerstrom die FluBdichte B beeinfluBt werden. Die Quellspannung wird auch bei fester Drehzahl manipulierbar. Man spricht dann von einer Jremderregten Maschine, Bild 10.11 b.

Da in einem einmal magnetisierten Eisenkreis auch nach Abschalten des Erregerstromes ein remanenter fluB verbleibt, kann die Maschine auch ohne Erregerstrom eine, wenn auch geringe, Spannung abgeben, die sogenannte Remanenzspannung (Urem). Wird diese auf die Erregerwicklung zuriickgeftihrt, kann sich die Maschine ohne fremde Spannungsquelle selbst erregen. Benotigt wird hierzu lediglich ein Gleichrichter, der den yom Generator abgegebenen Wechselstrom, der zunachst aus der Remanenz kommt, in den fUr die Erregung notwendigen Gleichstrom umwandelt. Die Selbsterregung setzt dabei erst oberhalb einer Grenzdrehzahl ein, da zunachst die DurchlaBspannung des Gleichrichters (ca. 1,4 V) tiberschritten sein muB, Bild 10.11 c.

Die Ur-Dynamomaschine nach Bild 10.4 ist eine AujJenpolmaschine, wei 1 der Erregermagnet auBen im Stander angeordnet ist. Das hat den Nachteil, daB die Leistung tiber Schleifringe gefUhrt werden muB, was bei groBeren Leistungen aufwendig und verschleiBanfaIlig ist. Deshalb kehrt man die Anordnung normalerweise urn: der Magnet - das Polrad - rotiert und die Spule ist im Stander angeordnet, vergl. Bild 10.12. Zwar sind bei fremderregten Innenpolmaschinen dann immer noch Schleifringe fUr den Erregerstrom notig, aber die hier zu tibertragenden Leistungen sind im Vergleich zur Nennleistung gering (ca. 2 - 10 %).

BUd /0.12: Wechselstrommaschine, Innenpolanordnung //4/

Page 263: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

250

10.1.3 Die synchrone Wechselstrommaschine (Dynamomaschine) im Netzparallelbetrieb

Wird eine Synchronmaschine an das Netz gekoppelt, so muB im Augenblick des "Auf's-Netz-Schaltens" eine Ubereinstimmung in Frequenz (Drehzahl), Amplitude und Phasenlage der Spannung herrschen.

@ Li i (t)

.It) j ~ ~ I u, sini>, t

@

BUd 10.13: a) Ersatzschaltbild der einphasigen Synchronmaschine b) Synchronisierungsvorgang

Nur wenn diese drei Bedingungen erflillt sind treten keine Ausgleichsvorgange auf, wie ein Blick auf die Differentialgleichung zeigt

(10.14)

Die rechte Seite in der Differentialgleichung 10.14 verschwindet vollig, wenn flir e(t)

e(t) = Es sin (nHa.o) (10.15)

im Ankoppelaugenblick gilt: UN = Es, n = ns und nO = O. Dann treten keine Ausgleichs- oder Einschwingvorgange auf. Da die Synchronmaschine einmal an das Netz gekoppelt, nur eine Drehzahl kennt, verzichten wir bei den Drehzahlen nun auf den Index s.

Gibt man ein Antriebsmoment auf die Welle, entsteht ein Voreilen des Polradwinkels t},

Bild 10.14. Das hat zur Folge, daB der Scheitelwert der Quellspannung e(t) zeitlich frliher kommt, als der der Netzspannnung; beide fielen im (fast) antriebslosen Synchronisierungsaugenblick noch zusammen. Flir die Quellspannung gilt daher jetzt

Page 264: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

e)u

BUd 10.14: Links: Synchronmaschine im Synchronisierungsmoment, Zeigerdiagramm und Spannungsverlauf.

Rechts: Polradwinkel tJ in/olge des Antriebsmoments, Zeigerdiagramm und Spannungsverlau/

251

Page 265: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

252

e(t) = E sin (Ot + 1'})

= E (sin 1'} cos Ot + cos 1'} sin Ot)

= Ee cos Ot+ Es sin Ot (10.16)

letzt kann durch stiirkere Erregung im Polrad auch die Quellspannungsamplitude erhOht E > Un oder erniedrigt E < Un werden.

Was das flir Folgen hat, werden wir gleich sehen, wenn wir fUr den Strom den Ansatz

i(t) = Is sin Ot + Ie cos Ot (1O.17a)

di dt = ms cos Ot - me sin Ot (10.17b)

in die Dgl. (10.14) einsetzen. Der Einfachheit halber nehmen wir an, daB der Innenwiderstand sehr klein ist, Ri"" 0, was auf mittlere und groBere Synchron­generatoren zutrifft.

Mit Ri« OLi und den Gleichungen (10.16) und (10.17) erhalten wir aus der Differentialgleichung (10.14)

ilL (Is cos Ot - Ie sin Ot) = (UN - Es)sin Ot - Be cos Ot (10.18)

und durch den Koeffizientenvergleich der Sinus-Glieder bzw. Cosinus-Glieder die Stromamplituden zu

Is = _.§.. = _ E sin 1'}

ilL ilL (Wirkstrom) (10. 19a)

Ie = _ UN-Es = _ UN - E cos 1'}

ilL ilL (Blindstrom) (10.19b)

Die Leistung folgt dann aus P(t) = u(t) i(t) zu

P(t) = UN Is sin2 0t + UN Ie sin Ot cos Ot (10.20) ~\ v I

Wirk- Blindleistung

wobei der erste Term wieder die Wirkleistung beschreibt und der zweite die Blind­leistung vgl. Bild 10.8. (Das Minuszeichen ist deshalb entstanden, weil wir in Bild

Page 266: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

253

10.13 den Strompfeil umgekehrt einfUhrten als in Bild 10.7. Rier benutzen wir das sogenannte Verbraucher-Zlihlpfeilsystem /3/.

AusfUhrlich geschrieben gilt fUr die Leistung

1 UN E sin '6 - P(t) = 2" nL (1 - cos 20t) (Wirkleistung) (10.21a)

1 UN (UN - E cos '6) . 2"" + 2 nL sm ut (Blindleistung) (l0.21b)

Fur den Mittelwert der Wirkleistung bzw. des mittleren Drehmoments gilt dann

Pm =

Mm =

1 UN E sin '6 "2 (10.22)

(10.23)

Wirkstrom Is (Gl. 19a) und Wirkleistung (Gl. 22) entstehen durch den Polradwinkel '6. 1st '6>0, (voreilend) herrscht Generatorbetrieb, es wird Leistung an das Netz abgegeben (Pm<O). Das Vorzeichen ist dabei negativ. 1st die Welle der Maschine dagegen durch ein Drehmoment belastet (Motorbetrieb), entsteht ein negativer Polradwinkel, '6<0. Dadurch andert sich das Vorzeichen von sin '6, es wird Leistung aus dem Netz aufgenommen (Pm>O). Gewohnlich betragen Polradwinkel bei Nennieistung etwa 20 bis 30 Grad. Werden durch Uberiastung Poiradwinkel von mehr ais 90 Grad erzwungen, fallt die Maschine "auBer Tritt". 1m Motorbetrieb stellt sich je nach den Maschinenparametern und dem Lastmoment eine unterhalb der Synchrondrehzahl liegende Drehzahl ein. 1m Generatorbetrieb nimmt die Drehzahl rapide zu. Beides wird aufgrund der auftretenden Drehzahipendelungen und Strome zu einer Zerstorung der Maschine fUhren und ist deshalb zu vermeiden.

Blindstrom (Gl. 10.19b) und Blindleistung sind im Vorzeichen manipulierbar durch die Rohe von Es=E cos'6, daB heiBt tiber den Erregerstrom des Polradrades, der fUr die Quellspannungsamplitude E verantwortlich ist.

FUr den Fall, daB '6 = 0 ist, erhalt man bei

(Ubererregung)

Page 267: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

254

es wird Blindleistung an das Netz abgegeben (kapazitiver Betrieb), bei

(U ntererregung)

wird sie aus dem Netz aufgenommen (induktiver Betrieb). Meist werden Synchron­generatoren am Netz mit Ubererregung betrieben, um die Blindstromaufnahme der vielen Asynchronmotoren, Drosseln und Transformatoren etc., die am Netz hangen zu kompensieren.

Bild 10.15 zeigt die rotierenden Zeiger der Spannungen E und Un und des Stroms I, aus denen durch Projektion die Zeitverlaufe entstehen, vgl. 10.14.

Genera torbe trie b

(oS----~------~------------

uber­erregt

sin

cos----~-------

unter­erregt

BUd 10.15: Zeigerdiggramm von Spannungen UN, E und Strom I bei Generatorbetrieb; Es>UN Ubererregung, Es<UN Untererregung

Page 268: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

255

Wenn wir die Wirkstromkomponente Is=I cos cp von Bild 10.15 mit der rechnerisch ermittelten nach Gl. 19a vergleichen, erhalten wir den Zusammenhang zwischen dem Stromphasenwinkel cp und dem Polradwinkel '\)

E sin ~ I cos cp = ---­

QL (10.24)

Das ist gleichzeitig die Anweisung fdr die Skalierung der Lange des Strompfeils in den Bildern 10.15 und 10.16. Eine Ubersicht tiber das Gesamtverhalten der Synchron­maschine am Netz gibt das Bild 10.16.

sin Generator -V > 0 Motor -J' < 0

statf -u<90° Liber -~,t--"-T-~~----~---erregt

unter-

cos _+--_____ ~~f-----1r___---t--+....:::E.....:.../""""u..::.....=~15

M

Motor

n ~---~---~

Generator

Bild 10.16: Synchronmaschine am Netz (a) Kreisdiagramm

ns Drehzahl

(b) Drehmoment-Drehzahlkennlinie

Page 269: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

256

10.1.4 DrehstrommaschiDeD UDd ihr Aufbau

"~ ~ 360" Cf bzw. t

V}~ ~ <pbzw.t

WlP '" cp bzw. t

a) Spannungsverliiuje in den drei Phasen

Drehstromgenerator Drehstrommotor

u u

Sternpunkt

b) Drehstromanwendung (Sternschaltung)

Bild 10.17: Drehstrom

Page 270: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

Sternschaltung Dreieckschaltung

Ul Ll

6~" bO c:: ~ U31 U,2 a U2 V2 -a 11]. UIN ~

~-----oN

..c: W~j_'" VI WI U2 U L2 U" V2 VI ~ til 51.,.n"""kt

L3

c:: W2 V2 U2 fj=~h B W2 V2 U2

~ J J ~ --_.

e W2 U2 ~1 VI W~ ~ Ul~ VI WI

~ VI ,---t-0-r-0- WI VI .-_.

~ L1 L2 L3 N Ll L2 L3

.. Bzld 10.18: Moglzehe Verkettung der Drehstromwzeklungen /15/; Sehaltbrettbenennungen

257

Der bisher behandelten einphasigen Dynamomaschine haftet der Nachteil an, daB die von ihr abgegebene elektrische oder mechanische Leistung standig zwischen null und einem Maximalwert pendelt, vgl. Bild 10.8. Um diesem Nachteil abzuhelfen, wurde die einphasige Maschine auf eine dreiphasige Maschine erweitert, bei der die Wicklungen raumlich um 1200 versetzt und im Stander angeordnet sind. Alle Maschinen, die den geschilderten Standeraufbau besitzen, werden als Drehstrommaschinen bezeichnet, unterscheiden sich aber in ihrem Lauferaufbau (Bild 10.19).

Die Synchrondrehstrommaschine fimktioniert genau so wie die einphasige Dynamomaschine. Das einphasige Ersatzschaltbild ist damit identisch mit dem der Dynamomaschine und die zur Bestimmung des Betriebsverhaltens notwendigen Gleichungen konnen aus denen der Dynamomaschine abgeleitet werden. (Vergl. Kap 10.1). FUr die Spannungen findet man damit den im Bild 10.17 gezeigten Verlauf. Er entspricht dem der Dynamomaschine, erweitert um jeweils eine um 1200 vor-, bzw. 1200 nacheilende Phase. Entsprechendes gilt fUr den Phasenstrom und die Phasenleistung. Die mittlere Gesamtleistung der Maschine verdreifacht sich, wobei die einzelnen Phasenleistungen sich gerade in der Art erganzen, daB eine konstante Leistungsabgabe erfolgt. Synchronmaschinen werden heute iiberwiegend als Generatoren eingesetzt.

Statt sechs Leitungen zur Stromfiihrung zwischen Generator und Motor in einem Drehstromsystem zu benutzen, ist es moglich, wegen der Symmetrie der Spannungen mit vier, bzw. drei Leitungen auszukommen. Man erhalt somit die im Bild 10.17 dargestellte Stemschaltung der Wicklungen. Sie wird vor allem fUr Generatoren angewendet, die oft unter Schieflast (ungleichmliBige Belastung der Phasen) betrieben werden. Bei groBen Drehstromverbrauchem, wie z.B Motoren, Drehstromheizungen

Page 271: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

258

usw. verwendet man hingegen die Dreieckschaltung, die den Sternpunkt erspart, Bild 10.18. Dies ist moglich, da die Belastung hier symmetrisch zu sein pflegt, die PhasenstrOme sich somit zu null erganzen.

Bei der Drehstrom-Synchronmaschine tragt der Laufer ein Pol system, das als Schenkelpolliiufer (ausgepdlgte Pole) oder Vollpolliiufer aufgebaut sein kann. Die Erregung erfolgt durch Permanentmagnete oder durch Elektromagnete, bei denen die notwendige Erregerenergie fiber Schleifringe zugefiihrt wird. Bei einigen Maschinen wird vollstlindig auf die Schleifringe verzichtet; man bedient sich in diesem Fall einer auf der gleichen Welle sitzenden Rilfsmaschine zur Bereitstellung der notwendigen Erregerenergie (biirstenlose Erregung).

Ais Motor kommen heute iiberwiegend Drehstrom-Asynchronmaschinen zum Einsatz. Bei ihnen wird auch der Laufer mit einer Mehrphasenwicklung versehen. Sind die Wicklungen direkt auf dem Laufer kurzgeschlossen, spricht man von einem Kurzschluj31iiufer. Diese Anordnung ermoglicht einen auBerst robusten und preiswerten Aufbau der Maschine. Beim Schleifringliiufer kann man in den Lauferkreis eingreifen. Dieser Maschinentyp triigt auf dem Laufer eine Drehstromwicklung, deren Enden fiber Schleifringe herausgefUhrt sind.

Wird an den Stander einer Asynchronmaschine ein Drehfeld angelegt, so wirken Stander und Rotorwicklung wie die Primiir- bzw. Sekundarseite eines Transformators. Das Standerdrehfeld induziert eine Spannung in den Rotorwicklungen, die kraftige Strome zur Folge haben, die nun ihrerseits ein Feld aufbauen. Dieses lauft dem Standerdrehfeld nach und versetzt dabei den Laufer der Maschine in Rotation. Mit zunehmender Lauferdrehzahl verringert sich die Frequenz in der Sekundiirseite des gedachten Transformators und damit die Rohe der induzierten Spannung; fUr synchron umlaufenden Laufer und Drehfeld wird der Wert null erreicht. Je nach Belastung stellt sich damit eine dicht unterhalb der Synchrondrehzahlliegende Betriebsdrehzahl in der Maschine ein. Sie lauft asynchron mit ein paar Prozent Schlupf.

Page 272: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

259

Drehstrommaschinen

Bild 10.19: Drehstrommaschinen und ihre Uiuferbauformen /3, 6/

Page 273: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

260

10.2 Die Synchron-Drehstrommaschine und ihre Anwendung

10.2.1 Batterielader

Batterielader sind dadurch gekennzeichnet, daB sie geringe Leistungen zur Verfligung stellen. Typisch sind Werte von einigen Watt bis ca. 1,5 kW. Hiermit verbunden sind zwangslaufig geringe Rotordurchmesser der Windkraftanlage (0.5 - 3.0 m) und somit relativ hohe Rotordrehzahlen. Man benotigt deshalb das sonst notwendige Getriebe zwischen Generator und Rotor nicht und verwendet direkt angetriebene Generatoren mit mittlerer oder hoher Polzahl (8-20 Pole).

Urn das stationare Betriebsverhalten zu ermitteln, wird das bereits bekannte Ersatz­schaltbild der Drehstromsynchronmaschine urn die angeschlossene Last und den notwendigen Gleichrichter erweitert. Hieraus lliBt sich die im Bild 1O.20b dargestellte Lastkennlinie bestimmen. Unterhalb einer Grenzdrehzahl ist die Spannung des Generators geringer als die Summe aus Batterie- und DurchlaBspannung der Gleichrichterdioden, eine Leistungsabgabe somit nicht moglich. Oberhalb der Grenzdrehzahl steigt die Leistungsaufnahme steil an und lihnelt dem im Kapitel 10.2 errechneten Leistungsverlauf der ohmsch belasteten Synchronmaschine.

Wird der Batterielader mit konstanter Last betrieben, so lassen sich zwei Betriebsfalle unterscheiden. Flir kleine Windgeschwindigkeiten wird der groBte Teil de.r notwendigen Leistung der Batterie entnommen. Die Windkraftanlage wird bei richtiger Auslegung in diesem Fall im Leistungsoptimum betrieben (A). Mit zunehmender Windgeschwindigkeit oder abnehmender Belastung iibersteigt das Energieangebot der Windkraftanlage den Bedarf der Last und muB begrenzt werden (B).

Bei einem Generator mit Erregerwicklung laBt sich dies realisieren, indem man den Erregerstrom so einstellt, daB die Batteriegrenzspannung erreicht, jedoch nicht liberschritten wird. Wie im Bild 1O.20b gezeigt, wird die Leistungsaufnahme somit begrenzt und die Windkraftanlage geht fUr hohere Windgeschwindigkeiten zunehmend in den Leerlaufbetrieb.

FUr Batterielader kleiner Leistung mit permanenterregtem Generator kann man auf eine Regelung des Batterieladestromes vollstandig verzichten. Man begrenzt die Lade­leistung in diesem Fall sehr grob durch die richtige Auslegung der Generatorinduktivitat (Bilder 10.9, 10.10) oder eine zusatzlich in Reihe geschaltete Induktivitat. Bei diesen Bauelementen erhoht sich mit zunehmender Frequenz der Widerstand (Xz = QL), der Batterieladestrom wird somit begrenzt. Wahlt man den Batteriespeicher groB im Verhaltnis zur installierten Generatorleistung, so ist eine Uberladung der Batterle aufgrund ihrer GroBe auBerst unwahrscheinlich.

Page 274: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

261

Will man die Vorteile einer permanenterregten Maschine besser nutzen (guter Wirkungsgrad und wenig VerschleiB), so muB man auf leistungselektronische Bauteile zuriickgreifen. Aufgrund der konstanten Erregung wird im Synchrongenerator eine drehzahlproportionale Spannung erzeugt, die fOr hohe Drehzahlen weit oberhalb der zuUissigen Batterieladespannung liegt. Diese hohe Gleichspannung wird nun mit Hilfe eines Tiefsetzstellers (Funktion siehe /13/) auf das niedrigere Niveau der Batterie­spannung gebracht. Generator- und Batteriespannung sind damit entkoppelt und der Baterieladestrom kann, je nach der zur Verfiigung stehenden Leistung, auf sinnvolle BatterieladestIfune eingestellt werden.

Ikrbrcu:her

Batterie- Gleichstrom-speicher Netz

Feld regler

a) BlockschaltbUd; RGI = Regier fUr Generator mit Erregerwicldung (If) RG2 = Regier fur permanenterregten Generator (TE)

P [W]

500

A: PLast >PR Betrieb mit konstanter Erregung in der Niihe des Leistungsoptimums des Rotors

b) Lastkennlinie eines Batterieladers

BUd 1020: Batterielader

600 n [min-1] B: PLast < PR

Begrenzung der Leistungsaujnahme bei voller Batterie RG1: Verringerung des Erregerstromes (If) RG2: Verringerung der Einschaltzeit (TE)

Page 275: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

262

10.2.2 Widerstandsheizung mit Synchrongeneratoren

Bei der Widerstandsheizung wird die tiber einen Generator erzeugte elektrische Energie in WidersHinden in Wlinne umgewandelt, die dann z.B. zur Erwlirmung des Heizungs­wassers dient. Wie das Blockschaltbild (Bild 10.21a) zeigt, ist eine derartige Anlage sehr einfach aufgebaut. Sie besteht neben dem Rotor, der lediglich eine einfache Drehzahlbegrenzung besitzen muG, aus einem Synchrongenerator mit Getriebe und den entsprechenden Drehstromwiderstanden. Wie gut dabei die optimale Lastkennlinie der Windkraftanlage nachgefahren wird, !liBt sich tiber die Art der Erregung und durch die Wahl der Lastwiderstande beeinflussen.

Flir die permanenterregte Maschine ergeben sich die bereits im Kapitel 10.2.1 abgeleiteten Zusammenhlinge (siehe Bild 10.9). Die Lastkennlinie steigt dabei im unteren Drehzahlbereich annlihernd quadratisch an. Nach Erreichen des Nennmomentes nimmt die Steigung jedoch ab und nlihert sich flir sehr groGe Leistungen einem Maximalwert an. Die von der Windkraftanlage abgegebene Leistung wird dabei in einem groBen Bereich gut genutzt, Bild 10.21 b.

In Verbindung mit einer permanenterregten Maschine ist oft zu beobachten, daB die Windkraftanlage erst bei sehr hohen Windgeschwindigkeiten an- bzw. hochlliuft. Ursachen hierflir sind das bei permanenterregten Maschine auftretende "magnetische Rasten" des Liiufers, sowie die sich aufgrund der Lastkennlinie ergebende relativ hohe Leistungsaufnahme im Anlaufbereich. Ersteres ist durch den richtigen Aufbau und die richtige Auslegung der Maschine zu vermeiden, letzteres kann umgangen werden, wenn man Generator und Lastwiderstiinde im Anlauf trennt.

Bei selbsterregten Synchronmaschinen treten diese Probleme nicht auf, da sie sich erst oberhalb einer Mindestdrehzahl erregen. Ihre Lastkennlinie verliiuft steiler als die einer permanenterregten Maschine, da der Erregerstrom aus der Stiinderspannung gewonnen wird, die drehzahlabhlingig ist. Der genaue Verlauf der Kennlinie wird letztendlich durch die Art des verwendeten Reglers bestimmt, entspricht jedoch immer in etwa dem im Bild 1O.21b gezeigten Verlauf.

Page 276: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

a) Blockscluzltbild

P[kW)

10 -

V= 10t

100 n [min-1 ] b) Lastkennlinie: a) permanenterregter Generator

b) selbsterregter Generator

263

Heiz -widerstiinde

Bild 10.21: Windkraftanlage zum Heizen, Drehzahlbegrenzung durch Fliehkraftpitch

Page 277: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

264

10.2.3 Windpumpsystem mit elektrischer Leistungsiibertragung

Windpumpsysteme mit elektrischer Leistungsiibertragung bieten bei Inkaufnahme eines geringeren Wirkungsgrades Vorteile gegeniiber denen mit direkter mechanischer Koppelung. So z.B. wenn durch die raumliche Trennung von Brunnen und Turbine flir die Windkraftanlage ein besserer Standort gewlihlt werden kann, oder wenn Tiefbrunnenpumpen (mehrstufige Kreiselpumpen) eingesetzt werden, flir die die elektrische Leistungsiibertragung einfacher zu bewerkstelligen ist als die mechanische.

Man unterscheidet zwischen Systemen mit weitgehend freier Drehzahl (Bild 10.22) und Systemen, bei denen die Windkraftanlagen auf mehr oder weniger festen Drehzahlen arbeiten (Bild 10.23). Bei Systemen mit freier Drehzahl greift die Blattwinkelverstellung im Starkwindbereich als Drehzahlbegrenzer ein. Zur Bestimmung des Betriebs­verhaltens geht man von dem bekannten Ersatzschaltbild der Synchronmaschine aus. Dies erweitert man um das stationare Ersatzschaltbild des Asynchronmotors (Bild 10.30). Es ergibt sich dabei das Verhalten einer Synchronmaschine im Inselbetrieb, wobei der Asynchronmotor eine ohmsch-induktive Belastung darstellt. Die Parameter der Asynchronmaschine sind jedoch zum Teil abhangig von der Drehzahl.

Das Bild 1O.22b zeigt die Lastkennlinie eines drehzahlvariabel arbeitenden Wind­pumpsystems mit selbsterregtem Synchrongenerator. Vier Betriebsbereiche lassen sich dabei unterscheiden:

A Trudelbetrieb; Leerlauf des Rotors, Leistungsaufnahme nur durch Lager­und Getriebereibung etc. bestimmt

B Generator flihrt Spannung; Pumpe wird als Wasserwirbelbremse betrieben, da Drehzahl nicht zum Erreichen der Forderhohe ausreicht

C Wasserforderung; Betrieb der Anlage in der Nlihe des Leistungsmaximums D Drehzahlbegrenzung; und damit auch Begrenzung der Leistungsaufnahme

durch eine Fliehkraft-/Pitchregelung

Ein Windpumpsystem mit elektrischer Leistungsiibertragung, das mit stark eingeschrlinktem Drehzahlbereich arbeitet, zeigt das Bild 10.23. Die pitchgeregelte Windturbine war urspriinglich zur Netzeinspeisung konzipiert. Da der Drehzahlbereich recht eng ist, arbeiten die elektrischen Maschinen und die Kreiselpumpe immer in der Nlihe ihres Nennbetriebspunktes. Die Auslegung des Systems ist damit recht einfach, der maschinentechnische und steuerungstechnische Aufwand allerdings erheblich. Bei Anderung der Windgeschwindigkeit werden zur Anpassung an das neue Energieangebot Pumpen zu- bzw. abgeschaltet. Ab 10 rn/s regelt die schnelle Pitchregelung auf konstante Leistungsaufnahme. Neben der Pitchregelung wird auch die Stallregelung zur Leistungsbegrenzung verwendet. Hierbei wird die Windkraftanlage bei Uberschreiten der zullissigen maximalen Pumpenleistung durch das Zuschalten einer steuerbaren Heizlast in der Drehzahl begrenzt (Vergl. 10.3.4).

Page 278: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

einfache Pitchregelung

a) Blockschaltbild

10

P [kW]

8

6

4

2

Tauch -motor­pumpe

A: Trudelbetrieb

265

B: Wasserwirbelbetrieb C: Wasserforderung D: Drehzahlbegrenzung

durch Fliehkraft-Pitch

o '----. ==~""'------r'-~L.LLIt-lJ..'----....., o 50 100 150 200 250

n [min-1]

A [ o b) Lastkennlinie

Bild 10.22: Drehzahlvariabel arbeitendesWindpumpsystem

Page 279: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

266

Pitchregelung

a) Blockschaltbild

20

P[kW]

15

10

5

o o

b) Lastkennlinie

Spannungs­regelung

Be triebsbereich

100

Pumpe 2+3

Linie der ~1-r'II:-A Betriebspunkte

200 300 n [min-1]

T auchmotor­pumpen

Bild 10.23: Anniihernd drehzahlkonstant arbeitendes Windpumpsytem

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267

10.2.4 Inselnetzspeisung

Bei der Inselnetzspeisung werden entlegene Nutzer wie z.B. Berghtitten, BauemhOfe oder landliche Dorfgemeinschaften in der Dritten Welt tiber eine Windkraftanlage mit einem elektrischen Netz konstanter Frequenz und Spannung versorgt. Da in diesem Fall Wirk- und Blindleistung benotigt wird, sowie eine Spannungsregelung vor­genommen werden muB, bieten sich hierfur Synchrongeneratoren an. Die Frequenz­konstanz muB tiber das Zu- und Abschalten von Verbrauchem in Verbindung mit einer gesteuerten Heizlast (stallgeregelte Anlage) oder tiber eine schnelle Pitchregelung erzeugt werden.

Bild 10.24 zeigt den prinzipiellen Aufbau einer Anlage mit Pitchregelung. Ftir eine Windgeschwindigkeit von 5 rn/s wird bei optimalem Anstellwinkel gerade die geforderte Netzleistung erzielt. Fiir hOhere Windgeschwindigkeiten (A) wird der Anstellwinkel zunehmend verschlechtert, so daB sich eine konstante Leistungsabgabe des Rotors bei der geforderten synchronen Drehzahl ergibt. Wird die Wind­geschwindigkeit so gering, daB auch bei optimalem Anstellwinkel die geforderte Leistung nicht mehr von der Windkraftanlage geliefert werden kann (B), muB eine Steuerung entscheiden, weIehe Verbraucher vorubergehend abgeschaltet werden konnen. In Frage kommen hierbei insbesondere soIehe Verbraucher, die in Verbindung mit einem Speicher betrieben werden, wie z.B. Pumpen, Kiihlaggregate etc.

Die im Bild 10.25 dargestellte Anlage mit Stallregelung unterscheidet sich von dem zuvor beschriebenen System dadurch, daB ein zu groBes Energieangebot (A) in Heizwiderstanden umgesetzt wird. Vorteile ergeben sich dabei durch die zusatzliche Nutzung der in den Heizwiderstande umgesetzten Energie zu Heizzwecken und durch den robusteren Rotoraufbau. Sinkt die Windgeschwindigkeit soweit, daB der Rotor nicht mehr in der Lage ist, die geforderte Energie zu liefem, muB auch in diesem Fall eine Verbrauchersteuerung Lasten mit niedriger Prioritat abschalten (B).

Beide Konzepte wurden bisher kaum angewendet. Ursache hierfiir diirften der recht hohe Aufwand und damit Preis der Anlage sein, sowie die Tatsache, daB der Verbraucher bei Windstille auf eine Stromlieferung verzichten muB. Abhilfe laBt sich hier nur schaffen, indem man einen Batteriespeicher hinzufiigt oder auf ein Wind­Diesel-System erweitert (Kap 10.4).

Page 281: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

268

a) Blockschaltbild

~enn

b) Lastkennlinie

Spannungs­regelung

Betriebsfuhrung

Inselnetz __ IB-;~;~=: I speicher I L _____ ...l

A

\ \ B

n

BUd 1024: Inselnetzanlage mit Pitchregulierung und Verbrauchersteuerung

Page 282: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

269

Spannungs­regelung

Inselnetz

Heizung

a) Blockschaltbild

A

B

b) Lastkennlinie

BUd 10.25: lnselnetzanlage mit Stallregulierung und Verbrauchersteuerung

Page 283: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

270

10.2.5 Netzeinspeisung

Wird der Rotor einer Windkraftanlage direkt tiber eine Synchronmaschine mit dem Netz verbunden, ist die Drehzahl des Systems durch die Netzfrequenz und die Polpaarzahl des Generators eindeutig vorgegeben. Der Rotor ist also drehzahlstarr mit dem Netz verbunden. Wie das Bild 10.27 zeigt, liegen mogliche Betriebspunkte auf der durch die Getriebetibersetzung bestimmten Geraden parallel zur Leistungsachse, die bei der synchronen Drehzahl die Abszisse schneidet. Eine optimale Belastung der Windkraftanlage erfolgt somit nur bei einer Windgeschwindigkeit. Unterhalb dieser Windgeschwindigkeit arbeitet man auf dem abfallenden Ast der Leistungskennlinie und geht im Bereich v < VGrenz in den Motorbereich tiber; die Windkraftanlage entzieht dem Netz Energie und wird, wenn dieser Zustand Hinger anhalt, abgeschaltet. Oberhalb des Optimalpunktes arbeitet man im ansteigenden Ast der Leistungskennlinien. Bei hohen Windgeschwindigkeiten muB gewahrleistet sein, daB das Kippmoment (l'1>90o, s.S.253) des Generators nicht tiberschritten wird. Das geschieht durch eine Pitchregelung oder, wie im Bild 10.27 gezeichnet, durch den StromungsabriB am Fltigel (Stallregelung) infolge des Festhaltens der Turbinendrehzahl auf der synchronen Drehzahl des Generators.

Vorteil des Synchrongenerators ist vor allem, daB er kapazitiv oder induktiv betrieben werden kann, was insbesondere bei groBen Anlagen oder schwachen Netzen von Vorteil ist. Trotzdem wird dieses System selten angewendet. Ursache hierftir ist, daB die Synchronmaschine vor dem Zuschalten aufs Netz mit diesem synchronisiert werden muB, d.h. daB Spannung, Frequenz und Phasenlage der Drehfeldsysteme von Netz und Generator tibereinstimmen mtissen.

Der hierzu notwendige MeB- und Regelaufwand ist relativ hoch. Zusatzlich ist es notwendig, die Kopplung von Generator und Rotor weich auszuflihren (z.B. tiber eine biegsame Welle, eine Rutschkupplung oder durch die weiche Aufhangung des Getriebes), urn beim ZuschaIten Beschiidigungen im Antriebsstrang zu vermeiden.

Uber eine drehzahlvariable Kopplung von Generator und Netz kann der Rotor in einem groBen Drehzahlbereich mit optimalem Leistungsbeiwert gefahren werden. Voraussetzung hierftir ist jedoch die Entkopplung der Drehstromsysteme von Generator und Netz tiber einen Zwischenkreis. Verwendet werden hierzu heute gangige leistungselektronische Baugruppen /13/. Wie das Bild 10.28b zeigt, werden dabei zwei unterschiedliche Strategien benutzt.

1m Fall B 1 wird die Rotordrehzahl oberhalb einer vorzugebenden Drehzahl konstant gehalten, und die Leistungsaufnahme tiber den Stall begrenzt. Ublich ist diese Vorgehensweise flir kleine und mittlere Anlagen. Ftir mittlere und groBere Anlagen wird die Leistungsaufnahme ab Erreichen der Nennleistung konstant gehalten (B2). Die damit zwangsHiufig verbundene Drehzahlzunahme des Rotors wird dabei tiber die Veranderung des Pitchwinkels begrenzt.

Page 284: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

271

Das Bild lO.28a zeigt das Blockschaltbild einer derartigen Anlage. Die yom Synchron­generator abgegebene Spannung speist tiber einen Gleichrichter einen Gleichspannungs- oder Gleichstrom-Zwischenkreis. Die Hohe der Zwischenkreis­spannung liiBt sich dabei tiber die Erregung des Generaters einstellen. Ftir permanenterregte Maschinen wird sie tiber einen Hoch-rriefsetzsteller im Zwischenkreis beeinfluBt.

Aus diesem Zwischenkreis wird dann ein dreiphasiger Wechselrichter gespeist, der dem Netz mit vorgegebener Spannung und Frequenz einen Strom einpragt. Je nach BetriebsfUhrung, Wechselrichtertyp und Netzverhliltnissen benotigt man nun noch eine Kompensationseinrichtung zur Bereitstellung der Blindleistung, sowie Filterein­richtungen, welche die durch den Wechselrichter verursachten Oberschwingungen im Netz begrenzen. Bild lO.26a zeigt den an einer derartigen Anlage gemessenen Stromverlauf eines 6-pulsigen Wechselrichters wie er in alteren drehzahlvariablen Anlagen zufinden ist. Bild lO.26b zeigt den Stromverlauf eines pulsweitenmodulierten (PWM) - Wechselrichters wie er heute tiblich ist.

Zur Anwendung kommt das zuvor geschilderte System bisher vor allem fUr groBe und mittlere Leistungen (P> 100 kW). 1m Bereich kleiner Leistungen wird es nur vereinzelt angewendet. Ursache hierftir ist, daB die Energieausbeute zum Teil durch zusatzliche Verluste in der notwendigen Leistungselektronik geschmalert wird und vor allem, weil der zusatzliche Aufwand fUr die leistungselektronischen Bauteile erheblich ist.

I [AI a)

100

b) I [AI

o ; 1 t[msl ....... : ......... : ......... : ......... : ......... : ........ : ......... : ..... . . . . . . . . . . . . . . . ........ : ......... :" ........ : ......... : ........ : ........ : .......... '; ..... .

BUd 10.26: gemessener StromverlaU/und Stromspektrum fUr einen 6 - Puis Wechselrichter a) /17t WId einen PWM - Wechselrichter b) /18/

Page 285: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

272

a) Blockschaltbild

P [kW]

1000

b) Lastkennlinie

BetriebsfUhrung

Rutsch­kupplung

.-• Wind­

geschwindigkeits messer

Trafo Netz

Bild 10.27: Drehzahlstarre Kupplung des Synchrongenerators ans Netz

Page 286: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

a) Blockschaltbild

P[kW)

200

81

EinschQlten

10 A: Betrieb im

Leistungsoptimum des Rotors

b) Lastkennlinien

20

Trafo Netz

82

n [min-1]

B: Leistungsbegrenzung B1: Umrichter IUilt Drehzahl konst.

Leistungsaufnahme wird durch Stallbetrieb begrenzt

B2: Umrichter begrenzt Leistungs­aufnahme; pitchen verhinden Hochlaufen des Rotors

BUd 1028: Drehzahlvariable Kopplung des Synchrongenerators an das Netz

273

Page 287: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

274

10.3 Die Asynchronmaschine und ihre Anwendung in Windkraftanlagen

10.3.1 Arbeitsweise

Das mit Netzfrequenz rotierende Drehfeld im Stander eines Asynchronmotors induziert in der kurzgeschlossenen Lauferwicklung eine Spannung, deren Frequenz von der Drehzahl des Laufers abhangt. Steht der Laufer, ist diese Frequenz gleich der Netzfrequenz (Synchronfrequenz) Os = 2x ns; das System wirkt wie ein Transformator mit kurzgeschlossenem Ausgang. Durch Lauferstrom und Luftspaltfeld entsteht am Laufer eine tangentiale Kraft, die den Laufer in Richtung des Drehfeldes in Bewegung setzt.

Gibt man den unbelasteten Laufer frei (Leerlaut), beschleunigt er annahemd bis zur Synchrondrehzahl ns. Bei Synchrondrehzahl werden die Windungen (Schleifringlaufer) bzw. Leiterstiibe (KurzschluBlaufer) vom rotierenden Magnetfeld des Standers nicht mehr geschnitten, wei! der Laufer genau so schnell dreht wie das Stiinderfeld. Deshalb entsteht kein Lauferstrom mehr und somit auch kein Antriebsmoment.

Belastet man den Laufer (ML¢O), so sinkt seine Drehzahl gegeniiber der Synchrondrebzahl etwas ab, n<ns. Die Kreisfrequenz 02 der Lauferspannung ist gleieh der Differenz der Drehfelddrehzahl ns und der mechanischen Drehzahl n multipliziert mit der Polpaarzahl p und 2 x.

02 = (ns - n) p 2 1t = S Os (10.25)

wobei s als Schlupf bezeichnet wird,

ns- n s=--ns

(10.26)

Die nun im Laufer erzeugten Strome bewirken das Drehmoment. 1m Normalbetrieb ist dieser Schlupf nieht sehr groB, s<10%, d.h. auch die Asynchronmaschine Hiuft normalerweise fast mit Synchrondrehzahl.

Page 288: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

275

Motorbetrieb Generatorbetrieb

Bild 1029: Drehmoment-Drehzahl-Kennlinie einer Asynchronmaschine

Zwingt man dem Laufer an stelle eines Belastungsmomentes, ein Antriebsmoment auf, fiihrt er auf eine Drehzahl, die groBer ist als die Synchrondrehzahl, n > ns und wirkt nun als Generator.

Auf die Verwandtschaft zwischen einem Transformator und einer Asynchronmaschine wurde oben schon hingewiesen. Aus dem Transformator-Schaltbild, Bild 10.30 lassen sich die Spannungsgleichungen entnehmen.

Bild 10.30: Trans/ormator-Ersatzschaltbild

Sie lauten:

. dil dil di2 UI(t) = RIll + Lla Tt+ Llh Tt+ M Tt (1O.27a)

d' di di U2(t) = R2 i2 + L2a ;: + L2h i' + M dtl (1O.27b)

Dabei sind Llh=AhW12 und Lzh=AhW22 die Hauptinduktivitaten in den Stromkreisen rechts und links, Mist die Gegeninduktivitat M=AhWIW2, die die beiden Kreise iiber

Page 289: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

276

die jeweilige W.indungszahl WI bzw. w2 koppelt. RI und R2 sind die ohmschen WidersHinde der Spulen und L Icr, L2cr die StreuinduktiviHiten. Sie reprasentieren die magnetise hen Fliisse, die nicht durch den Eisenkem und damit durch beide Spulen laufen.

Beim Asynchronmotor mit seiner kurzgeschlossenen Lauferwicklung ist U2 = O. Die Frequenz im Stromkreis zwei ist - anders als beim Transformator - durch den Schlupf bestimmt n2 = ns s.

Es gelingt nun durch eine Reihe von Umformungen auf das Ersatzschaltschema nach Bild 10.31 zu kommen, das die Asynchronmaschine recht gut beschreibt, genaueres /5/.

R1 L10 Lzo

u,1 - ~

i 1

1 if-

12

uNsinQ.st =fJjt) L1h R'2 S

Bild 10.31: Ersatzschaltbild der Asynchronmaschine

Der Strom i'2 entsteht aus dem Strom des Sekundarkreises iz nach Bild 10.32 durch Multiplikation mit dem Kehrwert des Windungszahlverhaltnisses WI

w2

., . W2 12= 12 -

WI

Fiir die weiteren GroBen gilt

Lh =MWI=L2h~11=LIh W2 "W2)

R'2 = R2 rw~J

L'2cr = L2{:~J

(10.28)

(l0.28a)

(1O.28b)

(10.28c)

Die Tatsache, daB im Stromkreis zwei die Differenzkreisfrequenz Q2 herrscht, auBert sich nur noch darin, daB der ohmsche Wider stand des Laufers schein bar schlupfabhangig wird. Einen Plausibilitats-Test dieses Ersatzschaltbildes liefert der Fall s=O, d.h. Drehen des Laufers mit Synchrondrehzahl. Wie eingangs besprochen, entstehen im Uiuferkreis bei s = 0 keinerlei Spannung und Strom. 1m Schaltbild erzwingt dies der Widerstand R' 2/S, der dann unendlich wird.

Page 290: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

277

Auf die rechnerische Bestimmung der Strome in der Asynchronmaschine miissen wir hier verzichten. Wir geben statt dessen das Heylandsche (oder Ossannasche) Kreisdiagramm an, das aufgrund von KurzschluB- und Leerlaufversuch gezeichnet werden kann /3,8/. An ihm lassen sich die Amplituden von Stander- und Uiuferstrom sowie ihre Phasenlage gegeniiber der Netzspannung in Abhangigkeit des Schlupfes ablesen. Ublich ist dabei die Auftragung der Effektivwerte. Damit das Diagramm iiberschaubar bleibt, vernachlassigen wir den Widerstand RI im Standerkreis, was bei groBen und mittleren Maschinen zulassig ist.

I sin Ijl Motor

I sinljl Motor

s UN

Bremsen

Generator Generator

Bild 10.32: Kreisdiagramm nachHeyland: a) Stiinderstromzeiger h in Abhiingigkeit yom Schlup! b) Mechanische Leistung und Verlustleistung bei Generatorbetrieb (R.,,(J)

1m Leerlaufversuch (s=O) bestimmt man experimentell den Zeiger des Strom 10 im Stander, der (da RI sehr klein ist) praktisch einen Phasenwinkel von 90· gegeniiber der Netzspannung UN hat. 1m Schaltbild 1O.3~ ~st Rus'" 00, so daB der Leerlaufstrom allein durch die Hauptinduktivitat Lh und die Streuinduktivitat Lia bestimmt wird. 1m Kurzschluj3versuch (s=l) mit festgebremstem Laufer wird dann der Strom Ik,eff im Stander gemessen, sowie seine Phasenlage <Pk. Aus diesen beiden Messungen kann der Kreis konstruiert werden, auf dem sich der Stromzeiger II,eff in Abhangigkeit yom Schlupf bewegt, Bild 10.32(a). Der entsprechende SchlupfmaSstab laBt sich, wie z.B. in /8/ beschrieben, mit Hilfe graphischer Methoden bestimmen.

Das Lot auf die Abszisse ist ein MaS flir die Leistungsaufnahme des Generators, die sich in die Verlust- und die abgegebene Wirkleistung aufteilen laBt, Bild 1O.32(b). Das Lot auf der Verbindung zwischen den Punkten s = 0 und s = 00 (flir RI=O fallt sie mit der x-Achse zusammen) ist dabei ein MaS fUr das Drehmoment der Maschine.

Page 291: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

278

Bild 10.33 zeigt die Drehmoment-Drehzahl (bzw. Schlupf)-Kennlinie einer groBeren Asynchronmaschine einschlieSlich des Stromzeigerverlaufs It,effund des Wirkungs­gradverlaufs. Diese VerUiufe konnen direkt gemessen oder aus dem Kreisdiagramm (niiherungsweise) hergeleitet werden.

Motor

\\ 1/ \\ '? ~~

I I

Generator

.~.

--I, ,,-__ -,/ ,..

-1

5 ...--.-

M

BUd 10.33: Drehmoment-Schlupfverlauf einer Asynchronmaschine. Stiinderstrom h Lii.uferstrom h cos qJ, Wirkungsgrad

Der fiir den Windturbinenbau wichtige Drehmoment-Drehzahlverlauf laSt sich sehr einfach durch die KloSsche Formel beschreiben, die sich auf Kippmoment und Kippschlupf bezieht

M 2 Mt = (10.29)

Nliherungsweise nimmt das Drehmoment im Anlaufbereich (S»Sk) nach einer Hyperbel zu, M/Mk = 2 skis. 1m Nennleistungsbereich verlauft es auf einer Geraden durch den Synchronpunkt. Kippmoment und Kippschlupf bestimmt man in der Entwurfsphase rechnerisch

= m p UN.eff 2

20

Ll = LIh + Llcr

1 - (J

(J 0 Ll

bei einer vorliegenden Asynchronmascbine am besten experimentell.

(10.30)

Page 292: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

279

Die Lage des Kipprnornentes kann durch den Widerstand R' 2 beeinfluBt werden, wie die Gleichung fiir den Kippschlupf zeigt:

R • sk= 2 o (J Ll

(10.31)

Dadurch wird auch die Steilheit der Mornentenkurve in der Niihe des Synchronpunktes bestimmt, die die Nachgiebigkeit der Drehzahl bei Belastung beschreibt. Die Hahe der Leistung und Mornente hiingt ,wie Gl. 10.30 zeigt, quadratisch von der Netzspannung ab, Bild 10.34.

M

Generator

BUd 10.34: Einfluj1 des Liiuferwiderstandes auf die Momentencharakteristik und Einfluj1 der Hohe der angelegten Netzspannung UN.

Urn zwei Netzdrehzahlbereiche in einer Asynchronrnaschine unterzubringen, baut man pol-urnschaltbare Maschinen vgl. Bild 10.35. Bei ihnen sind die Wicklungsstriinge des Stiinders so gebaut, daB durch unterschiedliche Verschaltung zwei Polzahlen und somit zwei Synchrondrehzahlen realisiert werden kannen.

f, u, M

BUd 10.35: Polumschaltbare Asynchronmaschine Drehmoment aber Drehzahl

p= 4 Motor

P=6

n

Page 293: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

280

Wirklich drehzahlmanipulierbar wird die Asynchrorunaschine, wenn die Uuferfrequenz unabhiingig von der Netzfrequenz eingestellt werden kann. Dies wird heute mit Strom­richterschaltungen realisiert. Die Netzspannung wird gleichgerichtet und einem Gleichstrom- oder Gleichspannungszwischenkreis zugefiihrt. Aus diesem Zwischen­kreis wird dann ein dreiphasiger Wechselrichter gespeist, der es ermoglicht, in einem groBen Bereich beliebige Frequenzen und Spannungen abzugeben.

Speist man hiermit den Stander einer KurzschluBliiufermaschine, kann man ihre Stiinderfrequenz und damit die Drehzahl in einem groBen Bereich stufenlos einstellen. Bei der Schleifringliiufermaschine kann der Laufer gespeist werden, so daB sich die Drehzahl tiber eine Beeinflussung des Uuferdrehfeldes verandem liiBt /13/.

Arbeits­maschine ~~-H

n M Motor

Bild 10.36: Drehzahlsteuerung der Kurzschluj31iiufer-Asynchronmascmne mit Frequenzwnrichter im Standerkreis Blockschaltbild, Spannungsverlauf, Drehmomentverlau/

n

Page 294: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

M Motor

Arbeits­maschine ~+-~

u =0 2Z

281

n

Generator

BUd 10.37: Drehzahlsteuerung der Schleifringliiufer-Asynchrommaschine mit Frequenzumrichter im Lii,uferkreis Blockschaltbild, Drehmomentverlauf

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282

10.3.2 Das Dinische Konzept: Asynchrongenerator zur direkten Netz­einspeisung

Die direkte Netzanbindung des Asynchrongenerators mit KurzschluBlaufer ist die heute am weitesten verbreitete Anwendung flir netzeinspeisende Windkraftanlagen. Es ist als sogenanntes "Danisches Konzept" bekannt und wurde in den 50er Jahren von dem Ingenieur Juul entwickelt und petfektioniert. Seinen Siegeszug hat es jedoch erst in den 80er Jahren angetreten.

Die diinischen Windkraftanlagen im Leistungsbereich von 30 bis 450 kW (D = 12-35m) waren iiberwiegend mit einem klein en und einem groBen Asynchrongenerator ausgestattet. Reute werden iiberwiegend polumschaltbare Maschinen verwendet. Liegt hinreichend Wind vor, wird die kleine Asynchronmaschine auf das Netz geschaltet: die Anlage Hiuft zunachs't motorisch hoch und geht nach Uberschreiten der Synchrondrehzahl von selbst in den Generatorbetrieb iiber (Bild lO.38). Nimmt die Windstiirke zu, wird yom kleinen Generator auf den groBen Generator umgeschaltet. Dessen Arbeitspunkt liegt bei hoherer Drehzahl, so daB er dem Leistungsangebot der Windturbine im Kennfeld nach rechts "nachruckt". Dieser Generator bleibt unverandert bis ca. 20 oder 25 rn/s in Betrieb, wo die Sturmabschaltung etfolgt. Der Generator halt den Rotor in der Nahe der (getriebeiibersetzten) Synchrondrehzahl fest, wenn er so kraftig dimensioniert wurde, daB kein "Kippen" (M>Mkipp) eintritt. In diesem Fall ist keine Blattwinkelverstellung zur Drehzahlregelung oder -begrenzung notwendig. Nur bei Netzausfall werden Spoiler oder Endklappen durch Fliehkraftmechanismen ausgefahren, die vor Uberdrehzahl schiitzen sollen.

Man erhalt darnit bei einem vergleichsweise geringen Aufwand flir die Steuerung und unter Verwendung sehr robuster Generatoren eine relativ gute Energieausbeute. Nachteile des Konzepts sind die hohen Belastungen der mechanischen Komponenten, insbesondere des Getriebes und des Rotors beim Zu- bzw. Umschalten der Generatoren sowie im Stall-Bereich, siehe Kap. 11.5.1. In Windkraftanlagen groBerer Leistung legt man deshalb die verwendeten Asynchronmaschinen durch die Wahl eines hoheren Lauferwiderstandes R' 2 (Bild lO. 34) oder groBerer S treureaktanzen auf groBere Schlupfwerte aus, als es aus physikalischen Grunden notwendig ist. Dadurch sind Rotorstrang und Netz weniger starr gekoppelt. Bei Boen fiihrt dies zu einer Strukturentlastung, weil ein Teil der B6enenergie dabei zunachst in kinetische Energie des Rotors umgewandelt werden kann. Zusatzliche Verluste werden dabei in Kauf genommen. Es muB aber gewahrleistet sein, daB die im Laufer entstehende Wiirme auch nach auBen abgefiihrt werden kann. Deshalb ist der Schlupf bei groBen Maschinen doch sehr klein. Einige Firmen sind dazu iibergegangen, die Stall-Regelung durch eine schnelle Pitch-Regelung zu ersetzen.

Page 296: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

Notbremse

a) Blocksclulltbild

PlkW) 40

20

b) Lastkennlinie 25

12!!!.­s I

grofler I Generatorl

50

Betrie.bsfUhrung

Bi/d 10.38: Drehzahlstarre Kopplung eines Asynchrongenerators ans Netz nach dem diinischen Konzept

283

Page 297: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

284

10.3.3 Drehzahlvariable Netzeinspeisung

Bei groBeren Windkraftanlagen (> 250 kW ) ist es sinnvoll, die Rotordrehzahl von der Netzfrequenz starker zu entkoppeln, urn die Belastungen der Windkraftanlage und Leistungsschwankungen im Netz in vertretbaren Grenzen zu halten. 1m Abschnitt 10.2.5 wurde bereits ein System mit Synchrongenerator behandelt, das dies ermoglicht. Wie in Bild 10.34 gezeigt wurde, kann bei Asynchrongeneratoren die Nachgiebigkeit in der Drehzahl bei Belastung durch Erhohung des Uiuferwiderstandes erhOht werden. Da die entstehende Verlustleistung nicht unbeschrankt in Form von Warme nach auBen gefiihrt werden kann, wird bei der dynamischen Schlupfregelung der Laufer­widerstand nur bei Momentspitzen erhoht. Die Energie kann in eine Drehzahl- (und Schlupf-) erhohung umgestzt werden, die durch eine Pitchverstellung begrenzt werden muB.

Beim Direktumrichter, Bild 10041, sind aIle Netzphasen jeweils iiber zwei antiparallel geschaltete Stromrichterventile mit allen Phasen der Ausgangsseite verbunden. Fiir eine derartige Anlage werden damit mindestens 36 Halbleiterventile benotigt. Durch geeignete Ansteuerung dieser Ventile laBt sich ohne Zwischenkreis direkt aus der Generatorspannung ein Drehstromsystem variabler Frequenz ableiten, Bild 10.39. Urn die Restwelligkeit zu begrenzen und den Blindstrombedarf gering zu halten bzw. sogar einen Blindstrom abgeben zu konnen, sollte die Ausgangsfrequenz maximal ± 10 - 15% der Eingangsfrequenz erreichen. Die Auslegungsleistung des Umrichters kann damit auf 10-15 % der Generatomennleistung beschrankt werden.

Da beim Direktumrichter ein sehr groBer Aufwand fiir Halbleiterventile und Regelung notwendig ist, fand diese Anordnung bisher nur fUr Windkraftanlagen im Megawattbereich Verwendung. Mit einem vergleichsweise geringen Aufwand an Leistungselektronik kommt man bei der Verwendung einer iibersynchronen Stromrichterkaskade aus, Bild 10A2a. Wie beim zuvor geschilderten Konzept wird der Stander der Maschine direkt am Netz betrieben, im Rotorkreis befindet sich jetzt jedoch ein Zwischenkreisumrichter, des sen Ventile nur fUr den Energietransport aus dem Laufer der Maschine heraus ausgelegt sind. Man ist damit auf den iibersynchronen Betrieb der Anlage festgelegt. Gegeniiber den in der Antriebstechnik normalerweise iiblichen Anordnungen wird beim Betrieb der iibersynchronen Stromrichterkaskade in Verbindung mit einer Windkraftanlage die Zwischenkreisspannung geregelt. Hierdurch wird es wie beim Synchrongenerator moglich, den Blindstrom so einzustellen, daB er iiber einen groBen Leistungsbereich annahemd konstant ist und einfach kompensiert werden kann, Bild 10040.

Fiir die Windkraftanlage ergibt sich damit das im Bild 10042 gezeigte Betriebsverhalten. Bei kleinen Windgeschwindigkeiten arbeitet der Generator mit kurzgeschlossenem Laufer wie in einer Anlage nach dem danischen Konzept (A). Umrichterverluste, die besonders im Teillastbereich sehr hoch sind, werden somit vermieden. Bei

Page 298: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

285

ausreichendem Wind wird der Umrichter zugeschaltet und so gesteuert, daB der Rotor in der Nlihe seines Leistungsoptimums betrieben wird (B). 1st die Nennleistung von Generator und Umrichter erreicht, wird die Steuerstrategie so geandert, daB die aufgenommene Leistung konstant gehalten wird. Oberdrehz~hlen mtissen tiber eine Pitchregelung verhindert werden, die jedoch relativ langsam arbeiten kann (C).

Wenn ein Stander einer Asynchronmaschine tiber einen Wechselrichter mit Gleichstromzwischenkreis an das Netz angeschlossen wird, dann kann dem Generator eine beliebige Frequenz vorgegeben werden (Bild 10.36). Die tibergeordnete Regelung kann dann lihnlich wie bei einer Windkraftanlage mit Synchronmaschine (Bild 10.28) arbeiten, nur daB statt der Erregerspannung der Synchronmaschine die Frequenz der Standerspannung geregelt wird. Das System kann auch hier sowohl bei Stall - als auch bei Pitch - Anlagen realisiert werden. Bei pulsweitenmoclulierten Wechselrichtem kann der Phasenwinkel qJ direkt vorgegeben werden. Das System kann also sowohl induktiv als auch kapazitiv betrieben werden.

tlrns

~ in kW ~I in kvor

12 1. , 1SA

lOA

-- --- I. "SA ---------10A

------------SA

_________ SA

0.1 0.3 0.5 0.7 Q9/s/-

BUd 10.40: Wirk- und Grundschwingungsblind/eistung einer iibersynchronen Stromrichterkaskade 1201

Page 299: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

286

a) Blockschaltbild

P [kW]

1000

b) Lastkennlinie

I I

v= 20, ~ I I I Betriebs­

kennlin ie

I I I I

.J Betriebs- I bereich I

I

20 n[min-']

Bild 10.41: Direktumrichter zu drehzahlvariablen Kopplung eines Asynchrongenerators ans Netz

Trafo Netz

Page 300: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

287

Netz

Betriebs flihrun 9 a) Blockschaltbild

P[kW1

c 1000

25 n[min-11

b) Lastkennlinie

A Betrieb der Maschine als KurzschluBlaufer, Leistungselektronik abgeschaltet B Betrieb im Leistungsoptimum der Windkraftanlage C Begrenzung der Leistungsaufnahme auf die Maximalleistung von Generator

und Umrichter; Drehzahlbegrenzung tiber Pitchregelung

BUd 10.42: Zwischenkreisumrichter zur drehzahlvqriablen Kopplung eines Asynchrongenerators ans Netz (Ubersynchrone Stromrichterkaskade )

Page 301: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

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10.3.4 Asynchrongenerator im Inselnetzbetrieb

Speist ein Asynchrongenerator in ein Netz, entnimmt er die fUr seinen Betrieb notwendige Blindleistung aus dem Netz selbst. Beim Inselbetrieb ist dies nicht moglich. Die notwendige Erregerblindleistung muB Kondensatoren oder relativ aufwendigen leistungselektronischen Schaltungen entnommen werden.

Kondensatoren liefem eine von der Frequenz und yom Quadrat der Spannung abhangige Blindleistung. Andert sich eine dieser GroBen, so lindert sich auch die von den Kondensatoren gelieferte Blindleistung. Der so zu durchfahrende Drehzahlbereich ist damit liuBerst begrenzt. Die notwendige Erregerblindleistung muB damit beim Einsatz des Asynchrongenerators in einer Windkraftanlage durch mehrere umschaltbare Kondensatorstufen bei einer Uberdimensionierung des Generators bereitgesteUt werden. Somit benotigt man eine Stall - geregelte Windkraftanlage (Bild 1O.43b). Generell wird der apparative Aufwand groB. Deshalb hat sich dieses Konzept trotz billiger Asynchronmaschine nicht durchsetzen konnen.

Drehzahlvariable Windkraftanlagen mit Asynchronmaschine haben oft einen Gleichstromzwischenkreis. Der Umrichter auf der Generatorseite versorgt die Asynchronmaschine mit Blindleistung. Wenn fUr die Grunderregung Kondensatoren bereitgestellt werden, dann fliUt der Umrichter kleiner aus, Wirk- und Blindleistung konnen getrennt eingestellt werden, (Bild 1O.43a). Rotorkennfeld und Lastkennlinie entsprechen dem System wie es in Bild 10.28 dargestellt ist. Je nach Rotorkonzept wird die Lastkennlinie wie im Fall B 1 oder B2 eingesteUt. Auf der Inselnetzseite werden Frequenz und Spannung yom Wechselrichter vorgegeben. Der Regelaufwand ist groB, aber es konnen seriennahe Anlagen verwendet werden.

SH---r---i

Rotor Getriebe c GR HTS 'WR Tro.fo Netz

BUd 1O.43a: Drehzahlvariabler Asynchrongenerator mit Gleichstromzwischenkreis im Inselnetz

Page 302: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

Rotor

P[kW]

4

2

Getriebe

100

I I (1 (2

F lunsteuer ung

m V= lOs

BUd 1O.43b: Asynchrongenerator im lnselbetrieb zum Heizen, Blindleistungs­bereitstellung erfolgt iiber Kondensatorstufen

289

Page 303: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

290

10.4 Windkraftwerke im Verbund mit Dieselstrom­erzeugern

Besonders zur Versorgung kleinerer, dezentraler Einheiten ohne Ankopplung an ein Verbundnetz haben Kombinationen von Dieselgeneratoren mit Windkraftwerken an Bedeutung gewonnen. An Standorten mit Strom- und Wiinnebedarf bietet es sieh an, die Dieselaggregate als Blockheizkraftwerke zu betreiben, bei denen die Abwarme genutzt und nieht weggektihlt wird. Dabei erganzen sich Windkraftanlage und Dieselgenerator in mehrfaeher Hinsicht:

Die teehnisehe Redundanz von zwei unabhangigen Energiesystemen siehert eine Strombereitstellung aueh bei Ausfall eines der beiden. Uberdies ergibt sich aueh eine gewisse okonomisehe Redundanz, da ein System mit hohen Investitionskosten, hoher Lebensdauer und niedrigen Betriebskosten (WKA) mit einem System niedriger Investitionskosten, niedriger Lebensdauer und hoheren Betriebskosten (Diesel) erganzt wird. Das Dieselaggregat als Stand-by-System zur Uberbriiekung von Aauten in einem mit Windenergie versorgten Inselnetz erspart teuere Speiehersysteme fUr die yom Windkraftwerk unregelmaBig erzeugte Energie. Ein Dieselaggregat samt Installation ist etwa halb so teuer wie ein Batteriesatz flir zwei Tagesverbrauehe und der zugehorige Weehselriehter. Bei langeren Flautendauem wird das Verhaltnis entspreehend noch drastiseher. Ftir den Parallelbetrieb der beiden Stromerzeuger ergeben sich jedoeh versehiedenste Probleme:

1. Die Lieferprioritat muB immer auf der Seite des Windkraftwerkes liegen. Es ist unsinnig, mit dem Diesel Strom zu erzeugen, wenn das Windkraftwerk noeh Leistungsreserven hat. Diese Information kann man auf drei Arten bekommen:

- Nattirlieh ist es moglieh, aktuelle Stromlieferung und Windgesehwindigkeit zu messen und unter Beriieksichtigung der Turbinenkennlinie die Leistungsreserven zu bereehnen. Dies ist der aufwendigste Weg.

- Einfaeher ist es, aus der Regelung der Windkraftanlage ein Signal auszukoppeln, das anzeigt, wie stark die Anlage tiber Pitehwinkel oder tiber Bremslast abgeregelt wurde, urn die Drehzahl, bzw. die Netzfrequenz zu halten.

- Die einfaehste Mogliehkeit besteht darin, die WKA so zu regeln, daB Frequenz oder Spannung in einem festen Verhaltnis zur Leistungsabgabe ansteigen: z.B. von 50 Hz im Leerlauf auf 55 Hz bei maximaler Leistungsabgabe, bzw. von 12 Volt auf 15 Volt (Batterielader). Dann laBt sich die Leistungsreserve aus den entspreehenden elektrisehen Signalen bestimmen.

Page 304: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

291

2. Wenn die WKA den groBten Teil der Leistung zur Verfiigung stellt, driickt sie den Dieselgenerator in den ungiinstigen Teillastbereich mit schlechtem Wirkungsgrad. Uberdies verkoken bei langeren Laufzeiten im Leerlauf oder Minimallast bei handelsiiblichen Dieseln die EinspritzdUsen.

3. Bei Wechselstromnetzen mUssen beide elektrische Maschinen aufeinander synchronisiert werden. Hierbei sind neben den allgemeinen Synchronisierbedingungen (l0.1.3) in der Praxis noch zusatzlich Schwierigkeiten zu iiberwinden:

Wenn der Diesel nicht sehr groB im Vergleich zu den einzelnen Verbrauchem ist, kann nicht davon ausgegangen werden, daB er Spannung und Frequenz im Inselnetz auf starren Werten haIt. Ein Aufsynchronisieren der Windkraftanlage auf den Diesel ist schwieriger als auf ein festes Netz und es kann viele Sekunden dauern, bis ein geeignetes "Synchronisier-Fenster" erscheint, in dem aIle Bedingungen (Phase, Spannung, Drehzahl) Ubereinstimmen. Dies gilt in noch viel groGerem MaGe flir das Aufsynchronisieren des Diesels auf die Windkraftanlage, da diese noch schlechter auf konstante Spannung und Frequenz zu regeln ist. In diesem Fall konnen handelsiibliche Synchronisiereinrichtungen, die flir DiesellDiesel-Parallelbetrieb gedacht sind, vollig versagen. Dann ist es notwendig ein ProzeBrechensystem einzusetzen, das auch unter variablen Bedingungen eine Feinsynchronisation aller drei Synchron-Parameter durchfiihren kann.

Ein weiteres Problem beim Parallelbetrieb mehrerer Synchrongeneratoren besteht in der Blindleistungsverteilung zwischen den einzelnen Generatoren. Statisch betrachtet mUssen die Spannungsregler der Maschinen so eingestellt werden, daB beide etwa gleich erregt werden. Ein Hochziehen des Spannungsreglers eines der Generatoren bewirkt namlich keine Spannungserhohung des gemeinsamen Netzes, sondern ein Absenken der Erregung der zweiten Maschine und eine Blindstromlieferung von der ersten zur zweiten Maschine. Ein ahnlicher Vorgang kann dynamisch zum sogenannten Pendeln der beiden Generatorrotoren flihren: Ein Rotor wird durch einen StoB von Kurbelwelle bzw. Windbo in einen groGeren Phasenwinkel gedrUckt (vergl. Bild 10.14, ein groBeres Theta), schiebt eine Portion Blindleistung mit Wirkanteil in die zweite Maschine, diese beschleunigt ihren Rotor, dieser schwingt iiber, und pulst das Energiequantum zurUck. Dieses Phanomen wird durch Dampferkafige in den Rotoren der Generatoren verringert, die wie Kurzschlu81aufer bei Asynchronmaschinen arbeiten.

Page 305: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

292

10.4.1 Realisierte Konzepte fur Wind-Diesel-Systeme

Folgende Prinzipien von Wind-Diesel-Systemen sind ausgeftihrt worden:

a) Der "groBe Umschalter" Beide Aggregate konnen wechselweise das Netz bedienen.

b) Spannungsgesteuertes Gleichstromnetz Das Windkraftwerk und der Diesel arbeiten auf eine Bauerie. Bei Unterschreiten einer bestimmten Zellenspannung schaltet sich der Diesel ein, bis eine bestimmte Zeit verstrichen oder bis eine bestimmte Ladespannung erreicht ist .

c) Frequenzgeftihrtes Wechselstromnetz Der Diesel wird auf 49,5 Hz geregelt, das Windkraftwerk auf 50,5 Hz. Sobald das Windkraftwerk Leistung erbringen kann, zieht es die Netzfrequenz etwas hoch und der Diesel regelt abo Bei schlechterem Regelverhalten des Windkraftwerkes auf konstante Drehzahl (z.B. durch Fliehkraftpitch oder Bremspaddel), muB die Frequenzvarianz weiter gehen, etwa von 48 bis 60 Hz. Liefert die WKA wenig Energie, ftihrt der Diesel mit seiner Reglergenauigkeit das Netz. Bei hoheren Windgeschwindigkeiten wird das Netz yom RegIer des Windkraftwerkes geftihrt. Hierbei ergibt sich das bereits beschriebene Problem beim Aufsynchronisieren des Diesels auf ein schwankendes Netz!

1m Folgenden sei eine Ubersicht tiber die einsetzbaren elektrischen Komponenten zur Strombereitstellung, sowie deren spezifischen Vor- und Nachteile, gegeben:

- Asynchronmaschine + leicht synchronisierbar + einfach und preiswert - benotigt zur Erregung einen Blindstrom, der aus einem Kondensator, einem

Umrichter plus Speicher oder einer Synchronmaschine bezogen werden muB - die Spannung ist nur fliT eine feste Drehzahl und ohmsche Last einstellbar

- Synchronmaschine + regelbar + vertragt Blindstrome - groBer, schwerer, etwas teuerer - muB in Spannung, Phase und Frequenz synchronisiert werden

Page 306: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

- Gleichstrommaschine + direkte Batteriespeicherung moglich + keine Synchronisation notwendig + Spannungsftihrung ist moglich - schlechterer Wirkungsgrad - VerschleiB an BUrsten und Kollektor -teuer - Gleichstromnetz nicht umspannbar

- Batterie und Wechselrichter + gut steuerbar + gut synchronisierbar + kann Blindstrome liefem - teuer (3DM/W) - Regelung u. U. sehr aufwendig - Batterielebensdauer begrenzt

10.4.2 Beispiele fUr ausgefUhrte Wind-Diesel-Systeme

293

Die Vor- und Nachteile bei der Kombination der oben ausgeftihrten Komponenten mOchte ich geme an den folgenden Beispielen erliiutem. Yom "Kleinwagen bis zur Luxuslimousine" ist im Prinzip alles moglich und auch schon ausprobiert worden. Die Qualitiit der Systeme unterscheidet sich in folgenden Punkten erheblich:

- Frequenzvarianz - Spannungsvarianz - Versorgungsliicken beim Umschalten - VerschleiB des Dieselaggregates - Wirtschaftlichkeit - Erweiterbarkeit - Redundanz bei Ausfall eines der Aggregate

Fair Isle, Schottland

Die erste kommerziell genutzt WKA in GroBbritannien (eine diinische Windmatic­Anlage mit stallgeregeltem 14m-Rotor), steht auf der ca. 10 km2 groBen Fair Isle, einer Insel der nordschottischen Orkney-Gruppe. Zusammen mit zwei Dieselgeneratoren von 20 kW wird das Inselnetz versorgt, wobei allerdings echter Parallelbetrieb von allen drei Anlagen nicht moglich ist Dies ist eine Ausfiihrung des Modells "groBer Umschalter".

Page 307: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

294

Sudbury, Kanada

DAF Indal in Mississauga, Ontario, erstellte 1976 ein System, das aus einem 50 kW­Darrieus-Rotor, der mechanisch mit einem 50 kW-Diesel gekoppelt wird, besteht. Zusatzlich kann ein weiterer 50 kW-Diesel elektrisch aufsynchronisiert werden.

DAF INDAL 16.8 X 11.2 m VAWT

Getriebe

Synchronisierer

46 KW DIESEL

2.Dieselaggregat

Drehstrom 600 V 60 Hz

1.Dieselaggregat

BUd 10.44: Canadische Versuchsanlage 50 kW Windkra/tanlage 2x50 kW Dieselaggregate

Cape Clear, Irland

Auf Cape Clear, Irland, wurden mehrere AeroMAN-Windkraftanlagen mit schneller Blattwinkelverstellung installiert. Die Regelungstechnik wurde von SMA realisiert. Die Windkraftanlagen werden mit Asynchronmaschinen betrieben, die zur Vermeidung zu groBer Blindstrome grob kompensiert sind. Diese werden bis 50 Hz wie normale Netzparallelanlagen auf Pmax gefahren. Oberhalb 50 Hz greift ein anderer Regelkreis ein, der auf n=const regelt. Die Spannungsftihrung tibernimmt eine stiindig mitlaufende Synchronmaschine im Dieselaggregat, die den Blindstrombedarf deckt. Der Diesel wird tiber eine mechanische Kupplung an- und abgeschaltet. Zur Uberbriickung kurzzeitiger

Page 308: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

295

Bedarfsspitzen (und zur Verrneidung unnotiger Dieselstarts) dient eine Gleichstrom­maschine, die von einer Batterle gespeist wird und diese auch laden kann. Die Gleich­strommaschine kann sowohl den Diesel starten, als auch, bei stehendem Motor, den Diesel ersetzen und die Synchronmaschine hochfahren.

}---t-r----+-+-+-+I~·~~~~ h I ~ ~ ~ Synchr. Gen. :.. k:sel i I E~I- Gen.- U~it Mo!o~ r-;;;:::' . " I I Linre Commutated . Converter Battery . I

)----t-,--o--t--+--+-~ 0-----B h I - .

~EROMAN. or similar. ~

1 Optional Load Management

Grid

I Opti=-;;;ttery Storage System i ,I . . . 'I

r::- -~ ,Optional Data - I

Acquisilion System L ___ ---.J

=~

Bild 10.45: Grofter Synchrongenerator mit mechanischer Dieselstiltzung, aUf den normale Netzparallelanlagen mit schneller Blattwinkelverstellung aufsynchronisiert werden. /16/

Page 309: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

296

Lumpiaque, Spanien

Auf einer wasserarmen Hoehebene wird eine Produktionsfarm fUr Saatgut dureh Bereitstellung von Strom und Bewasserungsleistung aus dem 80m tiefer gelegenen FluStal unterstiitzt. Die Windkraftanlage stammt von eeoteenia, die Regelungstechnik von Wuseltronik.

24Y

WKA 12m/30kW ecolecllia

Yersorgung SPS

Belaslungs- [Q] wlderslaende :r 6x6 kW -

Dieselaggregal WVG DS-S 25

SPS

Stern- Dn:leck

Ueberwachungs­signale I~~~~."".""' .. I

Spelcherbec)(en

Bewaesserungs- I anlage

~-----

\1====.---'"

Brunnen

ASM \0 IcYA

ASM 20 kYA

Verbraucheranschluss 11--+---' -4--6-1- 3x220/3BOY

Synchr.Gell. 3000upm 25 kVA

BUd 10.46: Zwei gleichgrofie Synchrongeneratoren, die Bewasserungspumpen ii.ber eine SPS gesteuert /211

Das System besteht aus einer lastgeregelten Stallanlage (30kW, D=12m) und einem Dieselaggregat mit Blitzstarteigensehaften. Beide Komponenten verftigen iiber eine JlP­gestiitzte Feinsynehronisation. Das System hat ein frequenzgefiihrtes Weehselstrom­netz. Der Diesel kann ein zusammenbrechendes Netz in 1,5 s iibemehmen, wenn die WKA den Leistungsbedarf nieht abdecken kann. Ais Verbrauehersteuerung dient eine Speieher-programmierbare Steuerung (SPS), die die Pumpen abhangig von der Netzfrequenz an-, ab-, sowie Stem/Dreieck sehaltet.

Page 310: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

297

Helgoland, BRD

Eine Wind turbine ist in dem Energieversorgungsnetz der Insel Helgoland integriert. Die WKA-60 der Fa. MAN (mit 6Om-Rotor und 1.2 MW Synchrongenerator, siehe auch 3.1.1) wird tiber einen Gleichstromzwischenkreis an das Inseinetz angekoppelt (vgl. 10.2.5), welches im wesentlichen aus zwei Dieselgeneratoren mit jeweils 1,2 MW besteht.

BUd 10.47: Energie- und Trinkwasserversorgung aUf Helgoland 121 I

Page 311: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

298

Anhang: Formelzeichen zu Kapitel 10

sortiert nach:

1. GroBbuchstaben 2. Kleinbuchstaben 3. Sonstige Buchstaben 4. Zahlen

AIle gro6geschriebenen Fonne1zeichen fUr I,U,E,P,M, ... sind Spitzenwerte AIle kleingeschriebenen Fonnelzeichen flir i,u,e,p,m, ... sind zeitvariante GroBen

Fonnelzeichen Einheit Bedeutung

B Vs/m2 magn. FluBdichte C j.l.F Kapazitiit

~ j.l.F Kapazitiit im Gleichspannungskreis Cerr j.l.F Erregerkapazitiit E V Quellspannung (Spitzenwert) e(t) V Quellspannung (Momentanwert) f Hz Frequenz I A Strom L Vs/A Induktivitlit Ii Vs/A induktiver Innenwiderstand Lz Vs/A Zusatzinduktivitiit Ll,L2,L3 Netzphasen 1 m Leiterllinge M Nm Drehmoment M Vs/A Gegeninduktivitiit m Anzahl der Strlinge N Nulleiter, Mittelpunktsleiter n s-1 Drehzahl P W Leistung p Polpaarzahl R n ohmscher Widerstand Rj n ohmscher Innenwiderstand RL n ohmscher Lastwiderstand Rv n Vorwiderstand r m Durchmesser s Schlupf TE s Einschaltzeit

Page 312: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

t s Zeit U V Spannung

UN V Netzspannung u, u' Bezeichnung des Wicklungsstrangs v, v' Bezeichnung des Wicklungsstrangs v rn/s Geschwindigkeit v rn/s Windgeschwindigkeit w, w' Bezeichnung des Wicklungsstrangs w Windungszahl X Q Reaktanz cp 0 Phasenwinkel q, Vs magn. FluB A Vs/A magn. Leitwert '\) 0 Polradwinkel

'II 0 Winkel

1'\ Wirkungsgrad Q rad/s Kreisfrequenz

Indizes soweit nicht in Zusammeohang mit den Formelzeichen erliiutert c Blindkomponente eff Effektivwert f Erreger-, Erregungs-grenz Grenz ... h Haupt-Kurz KurzschluB k Kipp L Last m max n

s s 1 2

Sonstiges

mittlere maximal Nenn­Wirkkomponente Synchron(e) Stander Laufer

transforrnierte GOOSen

299

Page 313: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

300

Literatur

/1/ W. NUmberg Die Priifung elektrischer Maschinen, Springer Verlag, Berlin, Heidelberg, New York, 1965

!21 G. MUller, Elektrische Maschinen Grundlagen, Aufbau und Wirkungsweise VEB Verlag Technik, Berlin 1982

/3/ F. Taegen Einflihrung in die Theorie der elektrischen Maschinen; Band I und IT Vieweg + Sohn Braunschweig

/4/ A. Kost Grundlagen der Elektrotechnik I und II Skript zur Vorlesung, TV Berlin

/5/ GerberIHanitsch Elektrische Maschinen Verlag Berliner Union, Stuttgart 1980

/6/ E. Philippow, Hrsg. Taschenbuch Elektrotechnik Band 1,2 und 5, Carl Hanser Verlag MUnchen, Wien

n / R. Fischer Elektrische Maschinen Carl Hanser Verlag, 1979

/8/ W. Beitz, K.-H. KUttner (Hrsg.) Dubbel, Taschenbuch flir den Maschinenbau

/9/ G. L. Johnson Windenergy Systems, Englewood Kliffs N.J. 1985, Prentice-Hall Inc.

/10/ H. Weh Elektrische Netzwerke und Maschinen in Matritzendarstellung HochschultaschenbUcherverlag, Mannheim 1968

/11/ G. Pfaff Regelung elektrischer Antriebe R. Oldenbourg Verlag MUnchen, Wien

/12/ J. Vogel Elektrische Antriebstechnik VEB Verlag Technik Berlin

Page 314: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

/13/ K. Heumann Grundlagen der Leistungselektronik Teubner Studienbiicher Stuttgart

/14/ Handbuch der Physik, Band XVII Verlag von Julius Springer, Berlin 1926

/15/ Fachkunde Elektrotechnik Europa-Lehrmittel, Wupperta11978

/16/ G. Cramer

301

Advanced autonomous electrical power supply for the small irish island of Cape Clear, EWEC'86, Rome-Italy

/17/ K. Wefelmeier Netzruckwirkungen von Windenergieanlagen am Beispiel des Windparks Westkiiste, BremTec Materialien Bremen 90 DGS-Sonnenergie·Verlags GmbH, Bremen 1990

/18/ A. Burgholte Messungen zum Nachweis der Netzvertraglichkeit der Windkraftanlage ENERCON E - 40 Deutsches Windenergie Institut, Windtest Kaiser - Wilhelm - Koog GmbH, WindConsult GmbH Sievershagen (Hrsg.), 1994

/19/ W. Kleinkauf, W. Leonhard BMFT Forschungsbericht T84-154, Fachinformationszentrum Karlsruhe 1984

/20/ W. Dietrich Drehzahlvariables Generatorsystem fUr Windkraftanlagen mittlerer Leistung, Dissertation am FB 19 der TU Berlin, 1990

/21/ Sichere Energieversorgung der Insel Helgoland Elektrizitatswirtschaft, 1989

/22/ Wuseltronik Entwicklung der Steuerungsmodule fUr autonome Wind-/Diesel- Energie­erzeugungsanlagen, AbschluBbericht des Entwicklungsvorhabens Nr.817, gefOrdert von der IRK Berlin

Page 315: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

11 Steuerung und Regelung von Windkraftanlagen

11.1 Ziele der Regelungsma8nahmen

Ziel von Steuerungs- und RegelungsmaBnahmen ist es, die Windkraftanlage in zulassigen Betriebsbereichen zu halten und insbesondere im Starkwindbereich die Drehzahl, das Drehmoment, die Leistung und evtl. auch den Rotorschub zu begrenzen. Fiir drehzahlkonstant arbeitende Anlagen ist mit Pmax auch Mmax festgelegt. Bei drehzahlvariabel arbeitenden Anlagen ist die Grenzlinie Mmax weitgehend durch die Mechanik bestimmt, wahrend P max evtl. elektrisch vorgegeben ist.

M [Nm]

150 II , .~ II. /} /} 1 0 m/s , ,

- - - - - _ - - - - - - - _1 ___________ .\_..1. __ _ -A _________ L.. _____________ .J

I Act f:,. I

: 'k- h I

M max

100

50

o o 100 200 n max 300 400 n [1/min]

Bild 11.1: Zuliissiger Betriebsbereich bezuglich der Drehzahl und des Moments

Dariiber hinaus haben schnelle Regelungen von modernen Anlagen noch weitere Auf­gaben im Schwachwindbereich wie z.B. eine Ertragsoptimierung durch schnelle Blatt­winkelverstellung bei konstanter Drehzahl oder eine schnelle Generator- und Last­anpassung, durch die bei unverandertem Blattwinkel die Anlage immer bei optimaler Schnellaufzahl betrieben werden kann. Weiterhin muB zwischen der Betriebsftihrung und der Regelung unterschieden werden. Die Betriebsfiihrung greift selten ein, sie steuert die Manover der Anlage. 1m Gegensatz dazu ist die Regelung dauernd im Eingriff und reagiert auf die schnellen Anderungen von Wind- und Generatorbelastung, solange sich die Dynamik des Systems in den von der Betriebsfiihrung abgesteckten Grenzen bewegt. Hierarchisch steht also die Betriebsfiihrung iiber der Regelung.

Page 316: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

303

11.2 Typen von Steuerungen und Regelungen

Uberdrehsicherungen

Reine Uberdrehsicherungen sprechen im Normalbetrieb der Anlage nicht an. Sie werden nur in StorHillen aktiv. Meist werden diese Uberdrehsicherungen als zusatzliches Sicherheitssystem in Anlagen eingebaut, wobei es sehr unterschiedliche Bauformen gibt. In danischen Anlagen mit einem Rotordurchmesser von 10-15m, die im Normalbetrieb von einem Asynchrongenerator am Netz gehalten werden, werden fliehkraftgesteuerte Spoiler wirksam, wenn - beispielsweise bei Netzausfall - die Nenndrehzahl urn ca. 20% tiberschritten wird. Sinkt die Drehzahl infolge der Spoiler auf 60% der Nenndrehzahl, so fahren sie wieder ein (2-Punkt-Regler). Eine andere Moglichkeit ist das Offnen eines mechanisch betatigten Hydraulikventils durch einen Fliehkraftschalter, hierdurch wird das Hydrauliksystem drucklos und die Bremsen greifen auf Grund der Federvorspannung ein. Bei kleineren Anlagen werden teilweise auch fliehkraftausgeloste mechanische Bremsen eingesetzt.

Einfache Regelungen und Sturmsicherungen

Einfache Regelungen und Sturmsicherungen sichern nicht nur gegen Uberdrehzahl, sondern begrenzen auch im Normalbetrieb bei Starkwind die Leistungsaufnahme und evtl. den Turmschub. Eine solche Regelung greift gewohnlich stetig ein, wenn eine gewisse Grenze (Drehzahl oder Winddruck) tiberschritten wird. Regelungstechnisch sind das einfache P-Regelungen (RegIer mit Proportional­rtickftihrung), die keine exteme Energiezuftihrung benotigen, sondern direkt Fliehkraft oder Winddruck als Stellkraft benutzen.

Schnelle Regelungen

Schnelle Regelungen erftillen die Aufgaben der stetigen Leistungs- und Drehzahlbegrenzung wie die Einfachregelungen, haben aber dartiber hinaus noch Zusatzziele, wie z.B. 50 Hz im Inselbetrieb durch schnelle Blattwinkelverstellung bereitzustellen. Deshalb sind schnelle (boenreaktionsfahige) elektro-hydraulische Stellglieder notig und schnelle elektronische RegIer. Schnelle Regelungen werden hauptsachlich in groBeren Anlagen ab 100 kW eingesetzt, hierbei schlagt der Preis ftir die aufwendige Elektronik und Hydraulik nicht mehr in dem MaGe zu Buche wie bei kleineren Anlagen. Weiterhin solI durch eine schnelle Regelung die Struktur entlastet werden, was sich gerade bei groBen Anlagen finanziell positiv bemerkbar macht.

Page 317: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

304

11.3 Einwirkungsmoglichkeiten auf den Rotor

Die Windturbine erzeugt in Abhiingigkeit von der Windgeschwindigkeit und des Anstromwinkels das Antriebsmoment und den Schub. Der Anstromwinkel ist abhiingig von der Drehzahl, der Fliigelstellung (Pitch - Winkel) bzw. dem Azimutwinkel des Rotors. Mit dem Antriebsmoment wird eine Arbeitsmaschine (Generator, Pumpe) angetrieben, der UberschuB von Antriebsmoment abzUglich des Lastmomentes beschleunigt den Rotor.

'---:;:-T-ur~b-:-i-ne-----'Antriebs- Tra heit e Wi nd t--~~-'-=----l mom en t i1M t----"!-----j 0 r e h z ah l ---i M=M (n.,v,a) n. =Ji1eM dt

v(t) S=S(n.,v,a) Schub n. S

a Rotor- Wind a des Fljjgels -MLAST

Langsamlaufer bz w. Schnellaufer

BUd 11.2: Regelstrecke Windturbine; aerodynamische Beeinflussung durch aus-dem­Wind-Drehen des Rotors (Langsamliiufer) bzw. Blattwinkelverstellung (Schnelliiufer)

Bei einer quantitativen Betrachtung der Regelvorgiinge mUssen die Tragheiten des Rotors und des Antriebsstranges berUcksichtigt werden. Der Autbau der Luftkrafte am FlUgel hingegen (Wagner-KUssner-Funktionen) erfolgt i. a. so schnell, daB die aus stationaren Uberlegungen gewonnenen Kennfelder benutzt werden konnen.

Da die Windgeschwindigkeit nicht beeinfluBbar ist, kann die Drehzahl nur Uber die Belastung durch die Arbeitsmaschine und die Winkelverstellung des Gesamtrotors bzw. der einzelnen Blatter oder darin integrierter Klappen manipuliert werden. In dem folgenden Diagramm sind die EinfluBmoglichkeiten und ihre Relevanz fUr die verschiedenen Reglertypen dargestellt.

Page 318: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

305

schnelle einfache Uberdreh-Regelung Regelung sicherung

mech. Bremse x Generatorlast oder -feld x

BIattwinkeI- x x x verstellung Blattspitzen- x x verstellung *

.c Spoiler, ~ x x '5 einfache c Klappe * >. ] Hinterkanten- x x x Q)

klappe * tI:S

Rotor aus dem x x Winddrehen Bremsfall- x schirm

* s.a. Bild 11.15 BUd 11.3: Ei1!flujJmiiglichkeiten auf den Rotor

1m Folgenden solI nun die Auswirkung der Anstromwinkelverstellung beschrieben werden.

11.3.1 Aus-dem-Wind-Drehen des Rotors

Eine schon seit langem praktizierte Moglichkeit zur Beeinflussung des Rotorverhaltens ist die Vedlnderung des Anblaswinkels durch 'Aus-dem-Wind-Drehen' des Turm­kopfes. Diese Methode wurde schon bei den Bockwindmiihlen genutzt, automatisiert fand sie zuerst Anwendung bei den Westernmills.

Eine neuere Variante ist das Kippen des Rotorkopfes urn eine horizontale Achse, vergl. Abschn. 11.4.1. Die Auswirkungen der beiden Methoden sind gleichwertig: die effektive Anstromgeschwindigkeit am Rotorblatt wird verringert, wodurch auch die Leistungsaufnahme des Rotors sinkt. Urn eine deutliche Leistungsabnahme zu erreichen, muG der Rotor urn einen groBen Winkel gedreht oder gekippt werden, da die Leistung mit einer Kosinuspotenz des Winkels abnimmt. Flir das Kennfeld eines Schnellaufers werden in Bild 11.4 die Auswirkungen der Schraganblasung gezeigt:

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306 6,---~----r---~----r---~---,----,----,

P (kWl Sr·HH •••••••••• , •••••••••••••••••• , ••••••••••••• , •••••• -~~~

4 r··· H •••••••• 7·················'········ I··!·!

3 .................. , .... .

2

o~~~~~~--~ __ ~ __ -L __ -L~~ o D ~ G

n (U/mml Bild 11.4: Auswirkung der Schriiganblasung (Aus-dem-Wind-drehen) aUf das

Kennfeld eines Schnelliiufers

11.3.2 Blattwinkelverstellung zu kleineren Winkeln (Pitch-Regelung)

Wird der Anstromwinkel eines Profilschnittes yom Punkt optirnaler Anstromung aus zu kleineren Winkeln zurtickgenommen (Nase in den Wind), so verringert sich der Auftrieb und damit auch die Leistungsabgabe des Rotors.

dW dA ..-

fir ~ V2 C:=::;;:A =0 dA:=O

( I

Bild 115: Blattwinkelverstellung zu kleineren Anstromwinkeln

Das Bild 11.5 zeigt, wie bei einem plotzlichen Lastabfall durch die Zurucknahme des Anstellwinkels (lA der Auftrieb verkleinert bzw. Null wird, so daB auch die antreibende Umfangskomponente des Antriebs, die den Rotor beschleunigen m6chte, verschwindet.

Regelungen, die sich der Blattwinkelverstellung zu kleineren Winkeln bedienen, zeichnen sich durch Genauigkeit und Laufruhe aus, da hier fUr alle Winkel definierte Stromungszustande vorliegen. Nachteilig wirkt sich aus, daB zur Leistungsreduzierung groBe Stell winkel benotigt werden und damit der konstruktive Aufwand steigt.

Page 320: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

307

11.3.3 Blattwinkelverstellung zu gr68eren Winkeln (Stall.Effekt)

Auch eine BlattwinkelvergroBerung ftihrt zur Leistungsabnahme, weil die Stromung dann in den AbriB gerlit, wodurch sich der Auftrieb vermindert und der Widerstand krliftig erhOht.

dW --dA<dANORMAL

dW»dWNORMAL

Bild 11.6: Blattwinkelverstellung zu groj3eren Anstellwinkeln (Stall-Effekt)

Die Steuerung in den AbriB verlangt nur geringe Stell winkel, die Steuerung bis zum Stillstand ist leicht moglich. Da es sich beim StromungsabriB aber urn keinen definierten Stromungszustand handelt, arbeiten solche Regelungen relativ ungenau und unruhig, zudem bleibt der Schub hoch.

11.4 Beispiele einfacher Regelungen

Die in diesem Abschnitt vorgestellten einfachen Regelungen nutzen den Winddruck (Fahne) oder die Drehzahl (Fliehkraftmechanismen) zur Leistungs- bzw. Drehzahlregelung. Sie haben sich bei Anlagen bis zu Durchmessem von 5m gut bewlihrt.

11.4.1 Regelung von Langsamlaufern durch den Winddruck

Bild 11.7a zeigt die Zweifahnenregelung, Bild 11.7b die sogenannte Eklipsenregelung, bei der der Rotorschub den Winddruck auf die Seitenfahne ersetzt.

Page 321: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

308

Drehpunkt Turm

..•..... :::·::: ... ::1 0:0

9 2 ( '2 V FL~NGS CA 0:0)

9 2 '2 V F aUER CW(O:O)

BUd 11.7 a: Zweifahnenregelung

BUd II.7b: Eklipsenregelung

Bei der Zweifahnenregelung halten sich im Normalbetrieb die Luftkraftmomente aus Hauptfahne und Querfahne die Waage,

(11.1)

wobei lq und IH die jeweiligen HebelHingen sind.

Die Zugfeder halt die Hauptfahne durch Ihre Vorspannung zunachst noch auf dem Anschlag. Bei Uberschreiten einer gewissen Windgeschwindigkeit Vgrenzgibt aber die Feder nacho Der Regelbeginn kann durch Geometrie und die Federsteifigkeit beeinfluBt werden. Stehen diese GroBen fest, so kann das Regelverhalten berechnet werden, wobei allerdings einige empirische Ansatze notig sind, urn den EinfluB der Hauptfahne abzuschatzen /1/. Das Bild 11.8 beschreibt das Regelverhalten einer Windkraftanlage mit 4 m Durch­messer. Die Schnittpunkte der Federkennlinie MF mit dem Moment der Windfahne stellen Arbeitspunkte dar, in denen die Momente im Gleichgewicht sind. Bis zu einem Winkel von 55° ist das Regelverhalten stabil, dariiber kippt der Rotor schlagartig auf seine Stumstellung von <p = 900.

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~MF[Nml

300

250

200

150

100

50

o +-+--+---+---+--+-+-+-+-+-+---1----1I--t-+-+-+_+--1 !Jl [oJ

o 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 80 85 90

BUd 11.8: Regelkennfeld der Zweijahnenregelung; MQ ist das Moment der Seitenwindfahne und MF das Federmoment

11.4:2 Regelung von Schnellaufern durch Winddruck

309

Auch bei SchnelUiufem kann der Winddruck fUr Regelungszwecke genutzt werden. Bild 11.9 zeigt eine solche Anlage, bei der der Schub des Rotors und das Gewicht die Gleichgewichtslage ex bestimmen.

~ V

BUd 11.9 Schematischer Aufbau eines Kipprotors

Page 323: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

310

Uberschlagig kann. fUr eine vorgegebene Geometrie der Regelbeginn bestimrnt werden. Hierzu wird der Schub flir den gekippten Rotor abgeschatzt:

( 11.2)

Die Momentenbilanz urn den Gelenkpunkt lautet:

G I cos(a + ~) = Cs(A) ~ FRotor v2 cos2a e (11.3)

Durch Umstellen erhalt man hieraus die Windgeschwindigkeit, bei der der Kippwinkel ex gerade noch 0 ist:

Vbeginn = G I cos ~

P Cs(A) 2" FRotor e

(11.4)

Der Regelbereich V>Vbeginnberechnet sich zu:

GI cos(a+~)

p cos2ex Cs(A) 2" FRotor e

V= (11.5)

Bei Schnellaufem ist der Schubbeiwert nur wenig von der Belastung abhangig; im Auslegungspunkt gilt nach Betz Cs(Aopt) = 8/9 und im Leerlauf steigt er auf etwa CsO"leer) = 1.0 bis 1.1. Mit der Vereinfachung Cs = I ergibt sich das Regelverhalten nach Bild 11.10. Wenn der Schwerpunkt hinreichend tief gelegt ist (/3 < 0), ergibt sich ein sanftes Ubergehen in die Kipplage.

ex ~= 10°

60° 30°

......... '\

-....... \ 40°

40° _Y_= cos(a + ~) Ybeginn cos2a cos~

20°

o 2 3

BUd 11.10: Regelverhalten eines Kipprotors

y vb' Cgllll1

--- stabiler Ast

- - - - - instabiler Ast

Page 324: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

311

Es hat sich gezeigt, daB sich mit dieser iiberschlagigen Rechnung schon relativ hohe Ubereinstimmung mit der Praxis erreichen laBt.

11.4.3 Regelung von Schnellaufern durch Zentrifugalmechanismen

Ab einer bestimmten Drehzahl im Starkwindbereich verstellt der Zentrifugal­mechanismus stetig mit zunehmender Drehzahl den Blattwinkel oder die Bremsklappen. Auch die individuelle oder gekoppelte Blattwinkelverstellung durch das sogenannte Propellermoment gehoren in diese Gruppe. Bild 11.11 zeigt das Prinzip und das Kennfeld eines derartigen Rotors. Bild 11.12 zeigt das Regelschema der verschiedenen Bauformen. Der proportional wirkende Regelmechanismus halt die Drehzahl - mit der sogenannten P-Abweichung - nahezu fest.

10r--------,--------.-------~--r-----,

P [kW]

8r--------+--------~+-~---+~+-~--,

40 80 120 min-1 160

Bild 11.11: Prinzip eines Reglers mit Propellermoment aus Fliehgewichten und Kennfeld eines derartigen Rotors

Page 325: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

312

v

ind Turbine L Traqheit 8

MR + 0. =/6M dt M=M (0.Y,a) I--

( t ) 6M 8

w

a p

~')n Orehzahl 0.

Regler u. Steller

BUd 11 .12: Blockschaltbild der Regelstrecke mit F/iehkraJtregler

Ein gleichmaBiges Einsetzen der Regelung wird durch eine Synchronisation der einzelnen Stellglieder erreicht. Bild 11.13 zeigt einen derartigen synchronisierten Rotor:

BUd 11.13: Nabe eines Pitchrotors mit ZentriJugalmechanismus

Page 326: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

313

11.4.4 Passive Regelung durch aerodynamische Krafte

In der Aerodynamik ist bekannt, daB tiber weite Bereiche des Anstromwinkels der Angriffspunkt der Auftriebs- und Widerstandskriifte bei ca. 25% der Fltigeltiefe liegt. Wird ein Profil nicht an diesem sogenannten t/4 - Punkt aufgefadelt, so stellt sich ein Moment ein, das je nach gewahltem Fiidelpunkt versucht, das Profil in die AnstrOmung hinein oder hinauszudrehen. Dieses Moment berechnet sich wie folgt:

Mstell = xFs (11.6) x: Abstand der Drehpunkt - Blattachse

F = .!.~V2C (x) s 23 s

(11. 7) Schubkraft eines Rotorblattes

Wie aIle anderen aerodynamischen Krafte ist dieses Moment yom Quadrat der Windgeschwindigkeit abhiingig und somit gut geeignet, als SteIlgroBe zu dienen. Ftir die tibliche Pitchverstellung zu kleinen AnstrOmwinkeln muB der Fiidelpunkt so gewahlt werden, daB er vor dem Kraftangriffspunkt der Luftkrafte liegt. Wie beim Fliehkraftpitch wird durch eine Feder der Regelbeginn und die Regelcharakteristik eingestellt werden. Ebenso ist es ratsam, die Fliigel zu synchronisieren, urn aerodynamische Unwuchten zu vermeiden. In Kombination mit einem Synchrongenerator ergibt dieser Mechanismus ein simples und bis auf die Synchronisation unaufwendiges System, das unabhangig von einer externen Energieversorgung arbeitet.

Druckpunktlinie F~

Blattver­stellachse --i J

_J __ J __ [D::-aUfSichL_--=_=-x.:::_~(~1 ~~~=-:..:p.mkt Resultierender ~ Druckpunkt

Drehrichtung

Anschlag

1l'"""S~-... - _ rD::-aUfSiChL _ BIattIagerung

Nabe

Mv I ~Blattverstellachse

Ku."""Venscheibe

Rie:nen

Zugfeder

RegIer als Kurvenschei­bengetriebe

Bild 11.14: Prinzip und mOglicher Aujbau der passiven Regelung durch aerodynamische Kriifte /2/

Page 327: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

314

11.4.5 Regelun~ von Schnelliiufern mit Spoiler und Bremsklappe

Klappen und Spoiler werden als aerodynamische Bremsen ausgefiihrt, die gegen Uberdrehzahl sichem oder auch als einfache Leistungsregler und Leistungsbegrenzer. Sie werden gemeinsam durch Luft- und Fliehkraften ausgelost oder hydraulisch zwangsgesteuert.

jO I I I

IS ! I I I

BUd 11.15: U nterschiedliche Bauformen von Bremsklappen

Das Bremsmoment der Klappenflachen Fkl laBt sich leicht abschatzen, wenn wir annehmen, daB sie am AuBenradius R sitzen und wenn vereinfachend nur die Umfangsgeschwindigkeit nR als Anstromgeschwindigkeit angesetzt wird. Das Bremsmoment betragt dann:

(11.8)

oder

(11.9)

Wobei der in Analogie zum Momentenbeiwert CM (A.) definierte Klappenmomentenbeiwert CMkl so aussieht:

(11.10)

Der Faktor f gibt im wesentlichen das Verhaltnis von Klappenflachen zu Rotorflache wieder, denn bei senkrecht zur Anblasung stehender Rechteckflache betragt cw = 1,2 bis cw = 2 (schlankes Rechteck).

Page 328: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

O,12~-------r--------.--------,--------.--------,

Ckh cM f = 1/50 0,1 t---------t-

1/150 1/200

0,08 /-------/ t---+--+-lf--F,f------~--_/_---_+---

0,06 1------1

0,04 f----f--f t-+-R--'<-

2 4 6 8 10

315

BUd 11.16: Betriebspunkt auf der CM().)-Kurve in Abhiingigkeit von der KlappengrofJe; Parameter/= CWFkllFRotdr

Zeichnet man die Kurve CMkl(A) = A2 fin das cM-A-Diagramm ein, so ergibt der Schnittpunkt einer solchen Kurve mit CM(A) den Betriebspunkt des Systems "Windturbine mit ausgefahrener Klappe". Bei schnelHlufigen Windturbinen sind nur sehr kleine Klappenflachen notig: flir eine Windkraftanlage mit der Auslegungsschnellaufzahl 7 wUrde die Leerlaufschnellaufzahl von Aleer= 13 auf etwa 6,5 herabgesetzt, wenn bei Uberdrehzahl eine "Flache" von etwa 1/500 der Rotorflache ausgefahren wUrde. Anders sieht es bei Langsamlaufern aus, dieser benotigt sehr groBe Flachen: eine Spoilerbremsung lohnt sich nichl.

11.5 Beispiele schneller Regelungen

1m Gegensatz zu den passiven Systemen des vorigen Abschnittes, die keine eigene Energieversorgung flir die Regelung benotigen, sind die folgenden Regelungen aktive Systeme, die versuchen, die Auswirkungen des unstetigen Windeinganges durch gezielte Eingriffe in vorgegebenen Grenzen zu halten. Dies geschieht in den meisten Fallen mittels Sensoren, die die relevanten Betriebsgrofien - z.B. Drehzahl oder Leistung - erfassen und Uber Algorithmen in SteuergroBen fUr die verwendeten Aktuatoren umsetzen. Eine Ausnahme bilden die Windkraftanlagen, die auf dem danischen Konzept beruhen und weitgehend ohne Regel- und Verstellmechanismen auskommen. In der Praxis sind fUr Netzaufschaltung und BetriebsfUhrungsaufgaben umfangreiche Regelungen vorgesehen, daher soli auch dieses an sich passive Konzept hier vorgestellt werden. Gemeinsames Ziel aller Regelungen ist es, entweder die Drehzahl oder die Leistung innerhalb vorgegebener Grenzen zu halten und dabei eine moglichst hohe Regelgenauigkeit zu erhalten. Ob nun die Drehzahl oder die Leistung die RegelgroBe ist,

Page 329: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

316

hiingt von der Auslegungsphilosophie des Herstellers abo In den letzten Jahren haben sich drei Konzepte auf dem Markt durchgesetzt:

das diinische Konzept (Stall) drehzahlvariabler Betrieb mit Slow - Pitch drehzahlkonstanter Betrieb mit Fast - Pitch

Die Marktanteile beziiglich der installierten Leistung dieser Konzepte fUr 1994 konnen dem folgenden Diagramm entnommen werden:

Fast-Pitch

Slow-Pitch

23.0%

Sonstige

2.4%

BUd 11.17: MarktanteUe verschiedener Regelkonzepte (1994) 131

Stall

53.1 %

In den nachsten Abschnitten werden die einzelnen Konzepte vorgestellt und abschlieBend miteinander verglichen.

11.5.1 Netzparallelbetrieb mit starrer Nabe • das danische Konzept

Die danischen Anlagen weisen als typisches Kennzeichen eine unverstellbare Nabe auf. Diese Naben ohne Pitchverstellung haben den Vorteil, sehr einfach herstellbar und weitgehend wartungsfrei zu sein. 1m Betrieb machen sie daher kaum Probleme. Urn die hohen Biegemomente an der Fliigeleinspannung aufzunehmen, werden sie meist als massive SchweiB- oder StahlguBkonstruktion ausgeftihrt.

Page 330: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

317

Das Prinzip dieser "Regelung" hat sich dank seines einfachen Aufbaus schon in vielen tausend Anlagen bewahrt. Kernstiick der Regelung ist ein am Netz laufender Asynchrongenerator mit einer steilen Momenten- und Leistungskennlinie im Betriebsbereich, der die Anlage auf einer bestimmten Drehzahl, die durch die Netzfrequenz vorgegeben wird, festhalt. Durch Wahl einer Getriebeiibersetzung werden die Arbeitspunkte im Kennfeld festgelegt. Dies zeigt Bild 11.18:

200 18 m/s

16 m/s

14 m/s

150 ------

12 m/s .....-.

S .x:. ~

g> 100 :::J ........

10 m/s (f) '(j) .....J

50j-----T------1-----t~--_ti~==~ 8 m/s

50

Drehzahl [U/min]

Bild 11.18: Kennfeld einer Windkraftanlage mit Generatorkennlinien eines kleinen und gro.ften Generators

Page 331: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

318

Fiir niedrige Windgeschwindigkeiten liegen die Arbeitspunkte in der Nahe der Optimal­punkte der Turbine, bei steigender Windgeschwindigkeit wandert der Schnittpunkt von Generator- und Turbinenkennlinie zu kleineren Schnellaufzah1en. Ab einer bestimmten Windgeschwindigkeit steigt die Leistungsaufnahme nicht mehr. Das geschieht durch den gezielt eingesetzten StromungsabriB, der durch die groBen Anstromwinkel verursacht wird. Der jeweilige Anstromwinkel ergibt sich aus dem Winddreieck, bei dem die Komponente der Umfangsgeschwindigkeit stets konstant ist.

Bei zunehmender Windgeschwindigkeit vergroBert sich der AnstrOmwinkel, gleichzeitig sinkt die Schnellaufzahl, da ja die Drehzahl konstant ist, wenn man den geringen Schlupf vernachlassigt. Ab einem bestimmten Anstromwinkel, der bei iiblichen Profilen zwischen 10· und lS"liegt, beginnt die StrOmung abzureiBen, d.h., daB das Profil nicht mehr vollstandig umstrOmt wird, sondem die Stromung von der Hinterkante beginnend mit einem turbulenten Nachlauf ablost.

Fs.s

AA = S.6 , AA.lokaJ = 2.8 va = 7.S rn/s r = 1.0Sm = 1/2 R Vs = 30 rn/s Profil FX 63-137, Re 360 000

Schub (S), Umfangskraft (U), Widerstand (W), Auftrieb (A)

BUd 11.19: Kriifte am Flu­gelschnitt im Auslegungs­punkt und im Stall-Bereich, im Auslegungspunkt, (a); im Stall, (s),

Voraussetzung flir diese Regelung ist ein groB dimensionierter Generator und ein starkes Netz, urn die Anlage fiir die Maximalleistung der Windturbine noch auf dem linearen Ast der Generatorkennlinie (Bild 10.29) zu halten.

Page 332: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

319

Bild 11.20 zeigt das Blockschaltbild dieses einfachen diinischen Prinzips, das rein passiv arbeitet und deshalb sehr zuverliissig ist.

n

"mL Rotor, ctfl\) MR MB

Tragheit f--\,j

MG

fNetL Asynchron- n generator

Bild 11.20: Vereinfachtes Blockschaltbild einer WKA mit Asynchrongenerator bei Netzparallelbetrieb (diinisches Konzept)

FUr die erste Generation der Stall - Anlagen mit einer Leistung von 50 kW beschriinkte sich diese Regelung und BetriebsfUhrung auf das Ein- und Abschalten der Anlage in Abhiingigkeit von Windgeschwindigkeit und Leistung. Einfache Uberwachungs­einrichtungen, z.B. Temperatur- oder Shake - Sensoren, waren ebenfalls schon vorhanden. Moderne Stall-Anlagen mit einer Leistung von 30 - 1000 kW besitzen sehr vie I aufwendigere Regelungs- und BetriebsfUhrungseinheiten. Auch wenn die eigentliche Leistungs- und Drehzahlbegrenzung passiv erfolgt, so sind fUr das Ein- und Umschalten komplexe Regelungsvorgiinge notwendig. Insbesondere das sanfte Aufschalten der groBen Leistungen erfordert eine Phasenanschnittsregelung mit Thyristoren. Durch Vorgabe des Ziindwinkels kann EinfluB auf die Leistungsabgabe genommen und so eine allmiihliche Synchronisation mit dem Net:t ohne EinschaltstoBe bewerkstelligt werden. Ebenso kt>nnen die kritischen Phasen beim Umschalten zwischen den Generatordrehzahlen durch einen Betrieb des Generators oberhalb seines Kippunktes bei kleinem Thyristorziindwinkel mit der Vorgabe eines konstanten Lastmomentes kontrolliert werden. Bild 11.21 zeigt dieAufgaben einer typischen Regelungs- und BetriebsfUhrungseinheit fUr eine Stall-Anlage. Zusiitzlich erfolgt noch die Uberwachung wesentlicher GroBen, wie z.B. Getriebe- und Generatortemperatur, Vibrationen, Netzsttirungen etc. Durch Messung der Drehzahl auf der langsamen und schnellen Seite des Triebstranges und durch Vergleich der beiden GroBen kann auch das Versagen von Getriebe oder Triebstrangkomponenten festgestellt werden.

Page 333: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

320

v n p

Regelung und BetriebsfUhrung n , P, V , Filter

M (t)

M (t)

M (t)

M (t)

~

M (t)

Aufschallen des kleinen Generalors:

Aufschallen des gro~en Generalors:

Umschalten von kleinen auf gro~en Generalor:

Nelzlrennung des gro~en Generators:

Umschalten vom gro~en auf den kleinen Generator:

BUd 11.21 : Regelung und Betriebsfuhrung einer modernen Stall - Anlage

11 . 5.2 Drehzahlvariabler Netzparallelbetrieb mit Pitchregelung (Slow - Pitch)

Ein drehzahlvariabler Netzparallelbetrieb von Windkraftanlagen ist erst mit dem Aufkommen von geeigneter Leistungselektronik moglich geworden und wird in der

Page 334: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

321

Regel wegen des erheblichen finanziellen Aufwandes nur bei groBeren Anlagen eingesetzt. Grundgedanke ist die Trennung von Rotordrehzahl und Netzfrequenz durch einen Gleichstromzwischenkreis. Innerhalb eines leistungsabhllngigen Betriebsbereiches ermoglicht dieses Konzept das Durchfahren der Optimalpunkte im Kennfeld der Windturbine, wobei die Drehzahl die RegelgroBe ist. Erst wenn die Nennleistung erreicht ist muB ein weiterer Anstieg der Leistungsaufnahme verhindert werden, in der Regel durch eine Verstellung des Rotorblattes zu kleineren Anstromwinkeln. Urn im Bereich der Nennleistung nicht stiindig mit wechselnden Pitchwinkeln arbeiten zu milssen, ist ein zusatzlicher Drehzahlbereich zugelassen. Dadurch kann Energie aus BOen als kinetische Energie im Rotor zwischengespeichert werden. Bei einer folgenden NegativbOe wird die kinetische Energie des Rotors im Generator aufgenommen. Bei gleichbleibender oder sogar zunehmender Windgeschwindigkeit muB der Flilgel zu kleineren Winkeln verstellt werden, hierdurch wird die Leistungsaufnahme verringert und die gespeicherte Energie kann abgebaut werden: der Rotor dreht wieder langsamer. Das Speichern der ilberschilssigen Energie im Rotor ermoglicht eine relativ langsame Pitchverstellung, dadurch wird das System ruhiger und plotzlich auftretende starke Momentenschwankungen konnen vermieden werden. Bild 11.22 zeigt ein Kennfeld einer pitchgeregelten Windkraftanlage mit entsprechender drehzahlvariabler Lastkennlinie:

Pitchwinkel / 28 7 , ", \ \ \

I ./---~ ..... " \ '\\ \ \ I /, "" \ ,\ 32 \ 34 \ 36 1/261 ~ _____ ~ \30 '\ \ \

II /~, -, " 22 ~ \ \' \ \ /1/24 ~ / "" \'",- \ \\ \ \ :y ./ -1-'" '\ \, \ \ \ \

if 1/ /'/ \ \ \ \ \ \ '\ \ \ I ' ,\, \ \ \ \ \ I

/22 J/- ,/ 20\~, \ \ '\\ \ '\\ \ I /Ji j« \ \ \ \ \ \ ..\.-/ // II;' \ \ 12 ,\ " '\ ,.~--\\- \

1120 Ii, \ \ \1 \ /11 ./ '(f-X-18-~ \

II; / ,'I,,, \ ' /f/ ///" \ If!;~' \ \' \

l ,I' /---,r-- -------\ \ "', \

-, - 22,5°

- -- 39,8°

I /~ __ \-'r-+~-,-:,-_ If ,Y

/(/ /j/

/:f /7

Drehznhl nNenn

BUd 11.22: P -n-Kennfeld einer Windturbine mit Pitchregelung und drehzahlvariabler LastfUr verschiedene Pitchwinkel und Windgeschwindigkeiten

Page 335: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

322

Ab einer gewissen Windgeschwindigkeit wird das Kennfeld durch Pitchen verandert, bis sich die gewlinschte Drehzahl eingestellt hat. Exemplarisch wird hier das Regelungskonzept einer drehzahlvariabel arbeitenden Anlage von 33 m Durchmesser vorgestellt. Die Anlage besitzt zwei Hydrauliksysteme, flir den Normalbetrieb ein elektrisch betriebenes System und ftiT Notflille ein mechanisch angetriebenes Hydraulik­Aggregat, das hohere Stellgeschwindigkeiten verwirklichen kann. AuBerdem ist ein mechanisches Bremssystem mit zwei Bremsscheiben auf der schnellen Seite des Triebstranges vorgesehen.

Der Start der Windkraftanlage erfolgt, wenn eine Messung der Windgeschwindigkeit liber einen Mittlungszeitraum einen Grenzwert liberschreitet. Hierzu werden die Blattwinkel auf 0° gestellt. 1m Nennbetrieb wird durch eine drehzahlabhangige Variation der Lastkennlinie die Anlage bis zu ihrer Nenndrehzahl von 39 U/min auf ihren Optimalpunkten im Kennfeld gefahren. Flir die Uberschreitung dieser Nenndrehzahl wird das Regelkonzept wie folgt verandert: Die Lastkennlinie des Generators wird durch eine steile Gerade ersetzt, urn ihn moglichst in der Nahe der Nenndrehzahl zu halten. 1st die Drehzahliiberschreitung jedoch groBer als 5% wird zusatzlich der Pitchwinkel mit einer Stellgeschwindigkeit von 2°/s solange verandert bis die Nenndrehzahl wieder erreicht ist. Wird die Nenndrehzahl sogar urn 10% liberschritten, betragt die Blattstellgeschwindigkeit 6°/s. Bei einer Oberdrehzahl von 15% der Nenndrehzahl erfolgt eine Schnellabschaltung in Verbindung mit den Scheibenbremsen /4/.

VWind

Rotor

Bremsmoment

Generator

Last (GZK)

Bremse

Pitchverstellung

Tragheit

Kenn­linie 1

Kenn­linie 2

GZK = Gleichstromzwischenkreis

Ja

Nein

Bild 11.23,' Blockschaltbild des Regelkonzeptes einer pitchgeregelten Anlage mit variabler Drehzahl

Page 336: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

323

11.5.3 Drehzahlkonstanter Betrieb mit Fast - Pitch

Mit dem Ziel, die schubverursachten Strukturlasten der Stall - Anlagen zu vermeiden und trotzdem die preiswerten und robusten Asynchrongeneratoren einsetzen zu konnen, wurde ein Konzept entwickelt, bei dem bei konstanter Drehzahl der Blattwinkel leis tungsgesteuert variiert wird. ! n

VWind MR M8 Tragheit Rotor, cM(A,ap) ~ MG

fNetz Asynchron- n a p generator I

n ! Hydraulik Regler

1-........................................................ ,

Psoll

V= 30m/s

6

o 1400, n2

BUd 11.24: Blockschaltbild und Kennfeld einer Windkraftanlage mit konstanter Drehzahl (polumschaltbarer Asynchrongenerator) und Fast - Pitch - Regelung

Page 337: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

324

Das Pitchen zu kleinen Anstromwinkeln venneidet die groBen Schubkrafte der Stall -Anlagen, wirkt leistungsglattend und kann zur Erhohung des Wirkungsgrades im Teillastbereich eingesetzt werden. Durch Vorgabe eines Sollwertes kann theoretisch jede Leistung unterhalb der Nennleistung gefahren werden

Bild 11.25 zeigt einen Zeitschrieb der Leistung eines AEROMAN ohne und mit Pitch -Regelung. Die glattende Wirkung des Reglers ist deutlich zu erkennen, gleiehzeitig werden aber auch die Grenzen des Systemes sichtbar: die Leistung kann nur im Mittel geglattet werden.

20 kW

BUd 11.25a: Zeitschrieb eines AEROMAN ohne Pitch - Rege/ung /5/

20 kW

BUd 11.25b: Zeitschrieb eines AEROMAN mit Pitch - Rege/ung /5/

100 5 t

100 5 t

Jede Windgeschwindigkeitsschwankung macht sieh sofort auch als Leistungs­schwankung bemerkbar, der RegIer muBte demnach standig mit sehr groBer Geschwindigkeit die Blatter des Rotors verstellen. Die Tragheit der Rotorblatter ennoglicht aber nur endliche Stellgeschwindigkeiten, hochfrequente Schwankungen konnen daher nieht aus dem Leistungssignal herausgefiltert werden. Deshalb wird bei einigen Anlagen mit Asynchrongeneratoren der SchlupfvergroBert (s. Kapitel 10.3.3), urn die Drehzahl variieren zu konnen. Die Ubergiinge zu anderen Konzepten sind also flieBend.

Page 338: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

325

11.5.4 Vergleich der Konzepte anhand von Beispielanlagen

Fiir den Betreiber einer Windkraftanlage ist das Konzept der von ihm gekauften Anlage zunachst einmal gleichgiiltig. Entscheidend sind Kriterien wie Ertrag, Zuverlassigkeit und Lebensdauer. FUr drei ausgewahlte Anlagen, die die in den letzten Abschnitten dargestellten Konzepte reprasentieren, wurden die Ertrage anhand der stationaren Leistungskennlinie fur einen typischen Standort berechnet. Alle Anlagen haben trotz unterschiedlicher RotorgroBen eine Nennleistung von 500 kW. Vergleicht man den Jahresenergieertrag der Anlagen pro m2 Rotorflache in 4O,5m Nabenhohe, minimieren sich die Unterschiede zwischen den einzelnen Anlagen. Bei diesem Vergleich ist die Verfugbarkeit aller Anlagen mit 100% angesetzt. Die Praxis zeigt, daB insbesondere bei technisch aufwendigen Anlagen die Verfugbarkeit niedriger ist.

mittlere Windgeschwindigkeit in 10m Hohe V= 5,5 mls Windgradienten nach Hellmann mit Exponent a=0,15 WKA- Stallrcgelunglfcstc Drchzahl Pitchrcgclunglfestc Drchzahl Pitchrcgelunglvariable Drchzahl Typ STALL 37/500 V - 39/500 E - 40/500

hn= 35 m hn = 40,5 m hn = 42 m Vh =6,64 mls Vh = 6,78 mls Vh = 6,82 mls

v P cp Wiufig- Jahrcs- P cp Hliufig- Jahrcs- P cp llliufig- Jahres-kcit arbcit kcit arbcit kcit arb cit

[kW] [ ] [ ] (kWh/a] [kW] [ ] [ ] [kWh/a] IkW] [ ] [ ] [kWh/a] 3 0 0,00 795 0 0 0,00 766 0 I 0,04 759 653 4 0 0,00 936 0 0 0,00 907 0 14 0,29 900 12.994 5 21 0,26 997 21.336 25 0,27 973 24.047 38 0,40 967 37.054 6 55 0,39 984 54.116 65 0,41 968 62.517 74 0,45 964 71.334 7 100 0,44 911 91.105 116 0,46 905 104.657 120 0,45 904 108.431 8 152 0,45 797 121.220 177 0,47 802 141.497 179 0,45 802 143.601 9 208 0,43 663 137.943 243 0,46 675 164.149 252 0,45 678 170.835 10 260 0,39 526 136.672 299 0,41 543 162.324 335 0,44 547 183.264 II 310 0,35 398 123.405 370 0,38 418 154.599 407 0,40 423 171.988 12 362 0.32 289 104.448 417 0,33 308 128.356 455 0,34 313 142.416 13 415 0,29 200 83.175 457 0,28 218 99.695 486 0,29 223 108.282 14 458 0,25 134 61.170 487 0,24 148 72.319 500 0,24 152 76.087 15 500 0,22 85 42.728 494 0,20 97 47.983 500 0,19 100 50.034 16 540 0,20 53 28.368 499 0,17 61 30.487 500 0.16 63 31.671 17 550 0,17 31 17.075 499 0,14 37 18.488 500 0,13 39 19.308 18 530 0,14 18 9.351 495 0,12 22 10.687 500 0,11 23 11.342 19 500 0,11 10 4.824 499 0,10 12 6.068 500 0,09 13 6.422 20 480 0,09 5 2.437 500 0,09 7 3.293 500 0,08 7 3.506 21 470 0,08 3 1.209 500 0,07 3 1.721 500 0,07 4 1.846 22 470 0,07 1 590 500 0,06 2 867 5eO 0,06 2 938 23 480 0,06 I 283 500 0,06 I 422 500 0.05 I 460 24 490 0,05 0 131 500 0,05 0 198 500 0,05 0 217 25 510 0,05 0 59 500 0,04 0 89 500 0,04 0 99

Gcsamtjahrcsertrag [kWh/a] 1.041.646 1.234.464 1.352.784 Jahresertrag pro m' Rotorflache 969 1033 1077

[kWh/m'a] Jahresertrag pro m' Rotorflache 1031 1033 1058 ]kWh/m'a], Nabenh(jhe 40.5/11

Tabelle 11.1: Leistungsvergleich bei verschiedenen Regelungskonzepten Ibl

Page 339: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

326

11.5.5 Sonstige Regelkonzepte

Aktiver Stall

Dieses Konzept solI die Vorteile einer Pitch - Anlage mit der Robustheit einer konventionellen Stall - Anlage verbinden. Hierfur wird ein Pitch - Mechanismus benotigt, der von einem RegIer zur Leistungsbegrenzung in Richtung groBerer Anstromwinkel verstellt wird. Die Vorteile gegenuber einer konventionellen Stall -Anlage sind die Moglichkeit, den Punkt der maximalen Leistung einzustelIen, im Bereich niedriger Windgeschwindigkeiten den Ertrag zu optimieren und bei abgeschalteter Anlage die WindangriffsfUiche zu verringern. Wie bei der Pitch - Anlage, die in Fahnenstellung regelt, wird ein Pitchmechanismus benotigt. 1m Gegensatz zur ublichen Pitch - Anlage kann der RegIer aber deutlich langsamer sein, auBerdem sind die Stellwege kurzer. Nachteilig wirken sich die im Regelbereich immer noch groBen Schubkrafte aus, die Regelgenauigkeit ist ebenfalls weniger gut als bei einer herkomrnlichen Pitch - Anlage n/.

Inselbetrieb von Windkraftanlagen

In abgelegenen Gebieten oder in Llindem mit sehr schwachen Elektrizitatsnetzen ist es teilweise notwendig, daB die dort eingesetzte Windkraftanlage in der Lage ist, ihr eigenes Netz aufzubauen. Konventionelle Stall - Anlagen kommen hier nicht in Frage, da sie nicht in der Lage sind, Blindleistung abzugeben. Eine Moglichkeit, trotzdem eine Stall - Anlage zu betreiben, bietet z.B. die Generatorlastregelung 'GenReg' der Fa. Wuseltronik. Statt des Asynchrongenerators wird ein Synchrongenerator eingesetzt. Proportional zur Drehzahl der Anlage wird der Generator mit Widerstanden oder Verbrauchern be- oder entlastet, hierdurch erhoht oder erniedrigt sich das Lastmoment und die Drehzahl der Anlage kann auf einem konstanten Wert festgehalten werden. Automatisch stellt sich bei hoheren Windgeschwindigkeiten der leistungsbegrenzende Stalleffekt ein. Die Anforderungen an diese Regelung sind sehr hoch, insbesondere die unterschiedlichen Momentencharakteristiken der Windkraftanlage in den verschiedenen Betriebspunkten erschweren die stabile Auslegung. Ublicherweise wird eine derartige Anlage zur SicherstelIung einer hohen Verfugbarkeit parallel zu einem anderen Stromerzeuger, z.B. einem Dieselgenerator, oder batteriegepuffert betrieben. Auch hierzu mussen geeignete RegIer entwickelt werden, die den Einsatz der einzelnen Komponenten des Systems steuern (vgl. Kap 10.4).

Page 340: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

327

Anhang: Die Differentialgleichung des Regelverhaltens von Windturbinen und ihre Linearisierung urn den Betriebspunkt

Bei der Regelung durch Blattwinkelverstellung hat man zu beach ten, daB die Regelung ausreichend schnell ist, urn z.B. bei BOen eine konstante Drehzahl zu gewahrleisten. AuBerdem muB sie stabil sein, sie darf also keine aufklingenden Regelschwingungen zeigen. Man hat also die Differentialgleichung zu untersuchen, die dieses dynamische Verhalten beschreibt. In Bild 11.2 wurde bereits das vereinfachte Regelschema einer Windturbine vorgestellt, die dazugehorige Bewegungsdifferentialgleichung solI nun hier nachgereicht werden:

(11.11)

Dabei bedeutet:

8 das Massentriigheitsmoment des Rotors ML das Bremsmoment der Last, das der Drehbewegung entgegenwirkt MT das beschleunigende Moment der Turbine o die Winkelgeschwindigkeit der Turbine Pan die elektrische AnschluBleistung (im Inselbetrieb) v die Windgeschwindigkeit (l der Anstellwinkel

Bei der Regelung durch Blattwinkelverstellung ist das Antriebsmoment der Turbine die entscheidende GroBe, die man durch Veriinderung des Winkels (l zu beeinflussen sucht. Diese GroBe hiingt auBerdem von der Windgeschwindigkeit und der Drehzahl abo FUr eine nahere Untersuchung der Dynamik der Regelung ist es sinnvoll, die angegebene Differentialgleichung urn einen festen Betriebspunkt zu linearisieren. Hierzu hat man MT in einer Taylor-Reihe zu entwickeln. MT laBt sich aus dem Momentenbeiwert CM berechnen, der wiederum von der Schnellaufzahl und dem Blattwinkel abhiingt.

MT = ¥ FR cM(A,a) v2 R

p OR =2" FR cM(y-,a) v2 R (11.12)

Dabei sind: p die Dichte der Luft, R der Radius des Rotors, FR die Flache des Rotors, A die Schnellaufzahl, (l der Anstellwinkel

Page 341: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

328

FUr die Taylorreihe benotigt man die partiellen Ableitungen von MT:

OMT P OeM OA P --= CM(A,a) R -2vFR +---v2 FR R

Ov 2 OA Ov 2

p OeM = -2 FR R (2 cM(A,a) v - - OR)

OA (11.13)

(11.14)

(11.15)

Die oben angegebenen partiellen Ableitungen von MT besitzen eine anschauliche Deutung. Bei der iiblichen Darstellung der Momentenbeiwerte in Abhangigkeit von der Schnellaufzahl mit a als Parameter ist die Bedeutung von OCM/OA als Tangente der entsprechenden CM(A)-Kurve im Betriebspunkt A = AB klar. Tragt man nun die Momentenbeiwerte in der A,a-Ebene auf, Bild 11.26, so erkennt man, daB OeM/OO der Steigung der Neigungsgeraden in a-Richtung im Betriebspunkt a = aB und A = AB entspricht:

0,1

IX 5 As

10 A

BUd 11.26: Deutung der partiellen Ableitungen von eM im Betriebspunkt als Neigungsgeraden

Page 342: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

329

Man erhlilt also aus der Taylor-Entwicklung des Kennfeldes CM = cMO.,a) folgende linearisierte Darstellung fliT den Verlauf des Turbinenmomentes MT = MT(a, 0, v) in der Nachbarschaft eines Betriebspunktes, der durch AB und aB gegeben ist:

~T=OMTI~v+ OMTI~a+ OMTI~o Ov a = aB oa a = aB on a = aB

A = AB A = AB A = A.B

P OCMI =2 FR R [2 CM (AB, aB) VO - - noR] ~v OA a = aB

A = AB

+~FRR[OCMI v5]~a+~FRR2[OCMI VO]~o (11.16) oa a = aB OA a = aB

A = AB A = AB

Nimmt man an, daB sich auch die Verbraucherlast nur linear mit der Drehzahllindert, so erhiilt man flir die Drehgeschwindigkeit 0 = no und bei der Windgeschwindigkeit vo folgende linearisierte Differentialgleichung:

(11.17)

Die Anderung des Drehmomentes wird also durch Anderung der Drehzahl (tiber Last­und Turbinenkennlinie), Anderungen der Windgeschwindigkeit und Anderung des Anstellwinkels verursacht; wobei nur die letzte Anderung yom RegIer beeinfluBt wird. Man hat bei der Konstruktion darauf zu achten, daB die Anderungen der Drehzahl ~o schnell genug in Anderungen des Anstellwinkels ~a umgesetzt werden, ohne jedoch Regelschwingungen zu verursachen.

Mit dem in der Regelungstechnik tiblichen Schemabildern fUr Proportional-, Integral­

und Totzeitgliedern llillt sich Gleichung 11.17 folgendermaBen darstellen:

Page 343: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

330

6.0. ~ 6M /

ITrehzahl-

~r·6.o. r-- r- I messung

+ -

6v 6.a - Wr .6.v I--- - dtlr·6.a RegIer

aa

Bild 11.27: Blockschaltbildfur die Linearisierung des Turbinenkennfeldes

Literatur

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n/ Schwartz, H. Die Konzepte 'aktiver Stall' und 'integriertes Antriebskonzept' DEWEK 1994, Tagungsband .

-

~

Page 344: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

12 Probleme der Dynamik von Windturbinen

Windturbinen mit den auf einem schlanken elastischen Mast aufgereihten Massen von Gondel und Rotor sind recht schwingungsfreudige Gebilde. Fast alle dynamischen Probleme von Windturbinen lassen sich anhand von linearisierten Bewegungsgleichungen betrachten, in die die Massenkrafte, die elastischen Krafte, die Schwerkraft und die Luftkrafte eingehen. Damit ergeben sich Bewegungsgleichungen des Typs:

M(t) ii + D(t) u + Set) u = pet) (12.1)

mit der Massenmatrix M, der Dampfungsmatrix D, der Steifigkeitsmatrix S und dem Verschiebungsvektor u. Betrachtet man die Flugel als starr, so sind die Bewegungsgleichungen bei Windturbinen mit drei und mehr Fltigeln wegen der Scheibeneigenschaft des Rotors zeitinvariant, das heiGt, M = const, D = const und S = const. Bei Ein- und Zweifluglern (umlaufende Tragheitsmomente) und auch bei Gelenkfluglern sind die Bewegungsgleichungen zeitvariant (M = M(t), D = D(t) und bei Gelenkfluglem auch S = Set»~. 1m Fall des stationaren Betriebes - also fester Winkelgeschwindigkeit o = const - sind die Bewegungsgleichungen periodisch zeitvariant, das heiGt,

M(H T) = M(t); D(t+ T) = D(t) und S(H T) = Set) (12.2)

wobei T die Zeit einer Periode darstellt, hier also die Zeit eines Rotorumlaufes. Diese Zeitvarianzen k6nnen zu emsthaften Stabilitatsproblemen ftihren.

Urn den Rahmen abstecken zu k6nnen, in dem hier die Dynamik behandelt wird, wollen wir uns die Bewegungsgleichungen noch etwas genauer ansehen. Berucksichtigt ma.n noch, wo die Rotationsgeschwindigkeit 0 und die Rotationsbeschleunigung 0 eingehen, dann ergibt sich:

M(t) ii + D (O,t) u + S(02,n,t) u = p (02,n,t) (12.3)

In Bild 12.1 ist dargestellt, in welche Bereiche die Bewegungsgleichungen unterteilt werden k6nnen, und welche Untersuchungsgebie~e sich daraus ergeben. In den Bereich der Dynamik fal.len dabei das Eigenverhalten (0 = 0, pet) = 0), di~ periodischen Schwingungen (0 = 0, p "" 0) und die transienten Schwingungen (0 "" 0, p "" 0). Wahrend ftir die Analyse des Eigenverhaltens und des instationaren Betriebes ein erheblicher theoretischer oder numerischer Aufwand betrieben werden muG, der unseren Rahmen sprengen wurde, kann man im Bereich der periodischen Schwingungen durch 'scharfes Hinsehen' grundlegende Phanomene erkennen.

Page 345: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

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m.

w

w

N

Page 346: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

333

Die hauptslichlichen Ursachen fUr periodische Schwingungen von Tunn und Flugel sind in Bild 12.1 ebenfalls angegeben. Tunn und Blatt gemeinsam werden aus dem Durchgang des Flugels durch den Tunnschatten und aus dem vertikalen Geschwindig­keitsprofil angeregt. Der Tunn alleine erfahrt noch Anregungen aus der Massenunwucht und der aerodynamischen Unwucht des Rotors, wlihrend der Flugel zuslitzlich durch das Gewicht periodisch belastet wird.

Von den Eigenfonnen und den dazugehorigen Eigenfrequenzen, in denen ein Tunn schwingen kann, sind in Bild 12.2 die untersten fiinf einer 30 kW Windkraftanlage dargestellt, /1/. Die beiden niedrigsten Eigenfrequenzen gehOren zu den ersten Biegeei­genfonnen llings und quer, dann folgen die erste Tunntorsion und als letzte fUr die Dynamik relevanten Eigenfonnen die zweiten Biegeeigenfonnen llings und quer. In der folgenden Darstellung der Anregungen sollen die Phlinomene nahe gebracht werden. Deshalb wird jeweils ein stark vereinfachtes Ein - Freiheitsgrad - System betrachtet.

40

III 'U ;::110-7

:::: P.. 810-8 ..:

1. Torsion

20 40 Drehzahl n

~

60 80 100 [liMin.]

Gondel

Turm

10- 0 80 20 40 60 100 Drehzahl n [liMin.]

BUd 12.2: Resonanzfrequenzen und Eigenformen einer Windkra!tanlage, aus III (Drehzahl n = [}J2n)

Page 347: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

334

12.1 Unwuchterregte Gondel- und Turmschwingungen

In Bild 12.3a ist eine Windturbine mit schlecht ausgewuchtetem Rotor dargestellt. Die umlaufende Fliehkraft aus der "Ubermasse" .run am Hebelarm r

F = ~md)2 (12.4)

zieht den Turm periodisch umlaufend in die Richtung des Fliigels. Da die Tiirme vertikal erheblich steifer sind als in Querrichtung, besteht eine Resonanzgefahr vor aHem fUr Querschwingungen. Daher solI dieses Problem an dem vereinfachten Ein -Freiheitsgrad - System (Bild 12.3b) untersucht werden. Es wird nur die Querbewegung Uy = Uy(t) zugelassen.

F

Ubermasse !::. m

/11

BUd 12.3a: reales System BUd 12.3b: mechanisches Modell

Turm und Rotor sollen sich in einer Ebene befinden, so daB die Unwucht ebenfalls in dieser Ebene wirkt. Die Bewegungsgleichung ergibt sich dann zu:

m 'ily + c uy = F sin('I'o+Qt) (12.5)

mit m = Masse des Turmkopfes c = Federsteifigkeit des Turmes

Mit einem Ansatz nach 'Art der rechten Seite' fiir die Unwuchtantwort, in dem Gy die Schwingungsamplitude darstellt:

(12.6) erhlilt man

(12.7)

Page 348: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

335

Setzt man die Ausdriicke ftir Uy(t) und Uy in die Bewegungsgleichung ein, ergibt sich die Schwingungsamplitude zu:

fiy sin(\jfo+nt) = F sin(\jfo+nt) c - mn 2

beziehungsweise

1\ ~m n2 u =r-

y m.£._ n 2 m

Mit der Turmeigenkreisfrequenz

erhalt man daraus

G =r~m n2

y m rof. - n 2

"-Illyl I

I I I I I

Ar A::: __ 4 ______ _

CUr n krlll.che

'---v---J Drehzahl unlerkrll. Belrleb

Oberkrll. Belrleb

BUd 12.4: Resonanzverhalten einer idealisierten Windkraftanlage

Die Konsequenzen, die sich daraus ergeben, sind:

(12.8)

(12.9)

(12.10)

(12.11)

Ftir Erregerfrequenz gleich Turmeigenfrequenz, COT = n, er­geben sich riesige Turmamplituden (Bild 12.4), es liegt der Resonanz­fall vor. Real kann dieser Bereich jedoch durchaus durchfahren wer­den, wenn das nur schnell genug geschieht. Es kommt also darauf an, einen Betriebsbereich zu wahlen, der moglichst deutlich unterhalb oder oberhalb dieser kri­tischen Zone liegt.

- Der Rotor sollte gut ausgewuchtet werden, dann ist ~ r / m sehr klein. - Der Turm wird entweder sehr steif gebaut, so daB seine Eigenfrequenz deutlich

tiber dem Betriebsbereich liegt (n < 0.7 COT, hoch abgestimmter Turm beziehungsweise unterkritischer Betrieb), oder

- der Turm wird elastisch gebaut, damit die Resonanzstelle unterhalb des Betriebs­bereiches liegt ( n > 1.4 COT, tiberkritischer Betrieb).

Page 349: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

336

Gro8anlagen wie MONOPTEROS und andere arbeiten iiberkritisch, da die Tiirme gar nicht steif genug gebaut werden konnen. Bei kleinen und mittleren Anlagen findet man beide Turmbauweisen vor. Wie schon eingangs erwahnt, haben reale Systeme nicht nur eine Eigenfrequenz, sondern auch noch hOhere, die aber mit wachsender Ordnung immer weniger ins Gewicht fallen. Bild 12.5 stellt qualitativ das Frequenzdiagramm fUr den MONOPTEROS der Firma MBB dar:

,., [rad\s]

c 15 III N C III

10 & ~ -c 5 III

.!!II /"

to:J /

I 0 /

2,., 4

, 30

III ". 'tI IUyl ::I .. i E! f III

& E ::I

Eo< ,.,

quer 12.Turmblegung

liing s l.Turmlorsion

~~G ~ .. ~. :~\. ~~~~ ~ que

~ 6

lIn

r I1.Turmbiegung

gs

8 n [rad\s]

60 · Drehzahl [U/min]

Belrlebs­bereich -r:::~ __

n [rad\s]

BUd 12.5: EigenJrequenzen des Turms einer Anlage vom Typ MONOPTEROS (D = 50 m) und Turmqueramplituden aber der Drehzahl, aberkritischer Bereich, nach /2/

Es berhcksichtigt die Eigenfrequenzen, die zu den ersten beiden Biegeeigenformen langs und quer und zur Turmtorsion gehOren, vergl. Bild 12.2. Aus diesem Diagramm wird erkennbar. daB der Bereich der Betriebsdrehzahlen des MONOPTEROS deutlich auBerhalb moglicher Tunnresonanzen liegt.

Ebenso wie die Massenunwucht liefert aueh die aerodynamische Unwucht eine umlauffrequente Turmanregung. Eine solche aerodynamisehe Unwucht tritt bei mehrfliigligen Windturbinen dann auf, wenn nieht aIle Fliigel unter gleichen

Page 350: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

337

Einbauwinkeln montiert wurden. Beim Einflugler liegt sie immer vor, wei! der kompensierende Gegenflugel fehlt.

12.2 Vom Turmschatten verursachte Gondel-. und Turmschwingungen

Yom Turmschatten verursachte Turmschwingungen treten sehr stark bei Lee I it u fer n mit starr befestigten Fliigeln auf.

3d 6d

Bild 12.6 Nachlaufdelle im Turmschatten, d = Durchmesser des Turmes

Durch die Geschwindigkeitsdelle im Turmschatten (Bild 12.6) nehmen die Umfangskraft und der Schub beim jeweils betroffenen FlUgel kurzzeitig abo Der T u r m s c hub pulsiert mit dem Produkt aus Drehzahl und Flugelzahl (Bild 12.7) und regt dadurch L it n g s s c h win gun g e nan.

Schubverlauf S(t)

1

0,5

.!II 2

.!II 2

II

II

Smax

~II 2

~II 2

s

2II

2II

a)

Drehwinkel

it=ot

b)

Bild 12.7 Schubverlaufbeim 2 -Flagler durch den Turmschatten (a), Zerlegung des Schubs nach Fourier in Mittelwert SO, Grund-

it=ot und Oberwellen (b)

Page 351: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

v

338

Entwickelt man den nun zeitabhfulgigen Tunnschub nach Grund und Oberwellen in eine Fourierreihe, so erhlUt man:

mit

S(t) = So + L Si cos(innt) i

n nn i = 1 i = 2,3,4

(12.12)

Flugelzahl GrundfrequenzderErregung Grundwelle Oberwellen

Benutzt man fur die Schwingungen in Liingsrichtung wieder ein einfaches Ein -Freiheitsgrad - Modell mit dem Translationsfreiheitsgrad Ux (Bild 12.8), dann ergibt sich die Bewegungsgleichung zu:

m Ux + c Ux = So

m

c

+ SI cos (Innt) + S2 cos (2nnt) + S3 cos (3nnt) + ...... .

(Mittelwert) (12.13) (Grundwelle) (1. Oberwelle) (2.0berwelle)

Bild 12.8: Ein - Freiheitsgradrrwdellfilr Liingsschwingungen

In diese Differentialgleichung kann man wieder einen Ansatz 'nach Art der rechten Seite' einfUhren:

Ux = Gxo + LGxi cos(innt) (12.14) i

Nach einem Koeffizientenvergleich fur die linear unabhfulgigen Funktionen cos(innt) erhlUt man damit nicht nur eine Resonanzstelle fUr die Schwingungsamplituden wie bei der Fliehkraftanregung sondem i verschiedene:

Page 352: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

339

Nach einem Koeffizientenvergleich flir die linear unabhiingigen Funktionen cos(innt) erhiilt man damit nicht nur eine Resonanzstelle flir die Schwingungsamplituden wie bei der Fliehkraftanregung sondem i verschiedene:

" _ Si 1 Uxi -

m rof -(inn)2

Eigenfrequenz. 6J

8060 40 20

/' W Turm H--+--+-----,i-------;?"------­

lii.ng8

/' /'

/' /'

/'

/' /' ruhiger Betriebsbereich

I uxl Amplitude. langs Drehzahl 0

qualitativ

Drehzahl 0

Turmresonanz 18ngs Grundwelle 20 (2 Flugler)

Turmresonanz aus 40 -Welle Turrnresonanz aus 50-Welle

(12.15)

Flir einen Zweiflligler ergibt sich daraus das in Bild 12.9 dargestellte Frequenz- und Amplitudendiagramm. Die heftigste Resonanz ergibt sich dabei aus der Grundwelle, weil die Amplituden Sj der Erregerkriifte mit wach­sendem i kleiner werden.

BUd 12.9: Frequenz und Amplitudendia­gramm/ar einen 2 -Flagler aus Schubanregung durch Turmschatten

Aus dem Turmschatten ergibt sich aber nicht nur eine Anregung von Liings- sondem auch von Querschwingungen, da die Umfangskraft mit nn pulsiert. In Bild 12.10 wird die Differenz der Umfangskraft

flU = Uo - Uu

Uo: Uu:

(12.16)

Urnfangskraft am oberen Blatt Umfangskraft am Blatt im Turmschatten

Page 353: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

340

II U{t) ~

Uy ~

II U{t)

L I n=21

I I

11\ Jt\ • 1800 360 0 Ot Uu ...-

BUd 12.10 Anregungen von Querschwingungen aus Turmschatten beim Zweif/iigier, Kriifte .1U(t), Biegeausienkung uy(t)

Allgemein erhiilt man fUr n FlUgel diese Umfangskraftdifferenz zu

~U(t) = ~UO (12.17)

+ ~Ul cos(lnnt) + ~U2 cos(2nnt) + ~U3 cos(3nnt) .........

+

Daraus ergibt sich die Differentialgleichung fUr die Querschwingungen des Turmes zu:

r-

m Uy + c Uy = ~UO + ~)Ui cos(innt) i

woraus wir wieder i verschiedene Resonanzstellen erhalten, Bild 12.11.

IUyl

i\ '" IU ., & • I I '8 .. :a I I I i I I I

1 t L Grundwellenresonanz

Resonanz aus 1.0berwelle

Resonanz aus 2.0berwelle

BUd 12.11 Amplituden der Querschwingungen

0

Page 354: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

341

Auch bei einem L u v Iii u fer, also bei einem Windrad, das vor dem Turm rotiert, wirkt sich der Turm in einer sogenannten Vorlaufdelle aus. Allerdings sind die Amplituden fur die Differenzen aus Schub- und Umfangskrliften erheblich kleiner, die Anregungen also geringer als bei Leelliufem.

12.3 Blattschwingungen

Blattschwingungen werden insbe­sondere von dem Windprofil aus Bodengrenzschicht (Bild 12.12) mit der Umlauffrequenz a und aus der Nach- oder Vorlaufdelle des Turmes mit a und den Oberwellen 20, 30 usw. angeregt. Zur Berechnung der Eigenfrequenzen des FIUgeis genUgen Balkenmodelle. Allerdings erhlilt man aus der Verwindung des FlUgels eine Kopplung von Biegung in Schlag- und Schwenkrichtung mit der Torsion.

v{h)

Bild 12.12: Windprofil in Bodenniihe 'Vor demRotor

Die FlUgel sollten so konstruiert werden, daB ihre elastische Achse etwa im t/4 - Punkt liegt, (t == Blattiefe). Das ist im Normalbetrieb der Angriffspunkt der Luftkrlifte, so daB man keine Fliigeltorsion aus Luftkrliften erhiilt. Werden die Eigenfrequenzen nicht berechnet sondem im Stillstand gemessen, so muB beachtet werden, daB die Fliehkraftversteifung im Betrieb einen leichten Anstieg der Frequenzen bewirkt. Die Eigenftequenzen treten meist in der folgenden Reibenfolge auf:

0)1 : 'Biegung' in weicher Richtung (Schlagbiegung) CO2 : 'Biegung' in steifer Richtung (Umfangs- bzw. Schwenkbiegung) C03 : 'Biegung' in weicher Richtung CIl4 : Torsion usw.

In Bild 12.13 sind die Eigenftequenzen 0)1(0) der ersten Schlagbiegung und C02(O) der ersten Schwenkbiegung eines Turbinenblattes von R = 12.5 m Liinge dargestellt. Die zweite Biegeeigenfrequenz in Schlagrichtung und die erste Torsionseigenfrequenz liegen ·schon oberhalb des gezeigten Bereichs.

Page 355: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

';;;' ~

342

1m Betriebsdrehzahlbereich um n :::: 5.2 rad/s ist die Resonanzfreiheit gegeniiber den umlauffrequenten Erregerkraften (i::::l) und den Oberwellen (i :::: 2, 3,4, .. ) bis zur 4. Ordnung gewahrleistet:

inB ::F- rol (Schlagbiegung) inB ::F- <02 (Schwenkbiegung)

Erst die Anregung 4. Ordnung, die schon sehr schwach ist, liegt in der Nahe der zweiten Blatteigenfrequenz.

60

5 50 Resonanzen

I~~" 40 J3.4 a/ Schwenk-8 ::: ~ ::: Q) ::s 0"

J5 ::: Q) bI)

m t: o:S

~

3

2

1

"'2 II \

biegung 30

<02

~/ 20 Schlag-

10 biegung "'1

rol

Betriebs-bereich

o 10 20 30 40 50 60 70

o

3,14

resonanzfrei

Drehzahl [U/min]

.. [rad/a]

BUd 12.13: Frequenzdiagramm der Blattschwingungen, DEBRA -Versuchsanlage (DLR), /3/

12.4 Schwingungen im Antriebsstrang

I I.

Die wesentlichen Drehtragheiten im torsionselastischen Antriebsstrang sind Nabenkorper und Fliigel einerseits und die Generatortragheit andererseits.

Page 356: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

a

Generator

b

emqn

eBen

Bild 12.14: Modellierung des Antriebsstranges einer Windturbine mit netzein -speisendem Synchrongenerator

343

Meist geniigt es den Strang als Zweifreiheitsgradmodell zu betrachten. Zwischen dem Ge­neratorlliufer und dem Stlinder wirken allerdings magnetische Krlifte. Beim Synchrongenerator, der in das starre Netz einspeist sind sie als eine (lastabhiingige) Drehfeder modellierbar, Bild.12.14. Beim Asynchronge­nerator, der ja mit Schlupf ins Netz einspeist, lassen sie sich durch ei­nen Drehdlimpfer erfassen, dessen Diimpfungskonstante aus der Steilheit der Momentenkennlinie im Synchronpunkt ermittelt wird, vergl. Kap.lO. Bei Anlagen, die mit freier Drehzahl arbeiten (Inselbetrieb) sind diese Fesselun­gen gering.

Bei sehr groBen Anlagen kann es notwendig werden, die Biegeelastizitiit am FuB der Bliitter zu beriicksichtigen, die fUr die Schwenkeigenfrequenz der Blatter verantwortlich ist (Schwingungen in Umfangsrichtung) /4/. Dann muB man mit einem 3 -Freiheitsgradmodell arbeiten /5/. Die Anregungen von Torsionsschwingungen stammen im wesentlichen aus:

- Drehmomentschwankungen durch bodennahes Windprofil und Windschatten des Turmes (Anregungsfrequenzen: Blattzahl x Umlauffrequenz und Vielfache davon),

- Zahneingriffsfrequenzen des Getriebes, - Reglereingriffe (pitchverstellung, Belastungs- und Feldiinderungen im Generator)

Bei Anlagen mit schneller Blattwinkelregelung muB die Torsionsdynamik bei der Reg­lerauslegung mitberiicksichtigt werden, s. a. Kap. 11. Bei stall-gesteuerten, vorwiegend mittleren und kleineren Anlagen mit Einspeisung ins Netz mit einem Asynchrongerator spielt die Torsionsdynamik nur eine geringe Rolle. Bei diesen Anlagen sind die Zahneingriffsfrequenzen allerdings oft fUr die Geriiusche des

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344

Getriebes verantwortlieh, die lastiger werden konnen als die Stromungsgerausehe des Rotors.

12.5 Zur Modellierung

Wir haben bei den vorangegangen Betrachtungen aus dem Gesamtsytem

Blatter - Antriebsstrang - Gondel - Tunn (Mast)

flir un sere Betraehtungen sinnvolle Teilsysteme herausgesehnitten: beispielsweise das sehwingungsfahige biege- und torsionselastisehe starr an der Wurzel eingespannte Blatt. Da die Gondelmasse meist sehr groB ist gegeniiber der sehwingenden Blattmasse, ist dieses Heraustrennen fast immer gereehtfertigt - nur dann nieht, wenn das Teilsystem "Gondelmasse mit elastisehem Tunn" selbst eine Eigenfrequenz in der Niihe der Blatteigenfrequenz hat. In diesem Fall spannt die Gondel das Blatt eben flir diese Frequenz nicht gut ein. Dann muB das Gesamtsystem unter Beriicksichtigung der Kopplung genauer berechnet werden. Das geschieht heute mit Finit- Element- Programmen, die zumindest im konservativen Fall (keine Beriicksichtigung der Luftkriifte) die Stillstandseigenfrequenzen schnell und billig zu bestimmen erlauben. Diese Programme geniigen fast immer, urn Resonanz­situationen sieher auszuschlieBen. Stabilitatsuntersuehungen unter EinschluB der Luft­krafte und Manoverreehnungen wie Hochfahrt, aber aueh BOenantwortbereehnungen am Gesamtsystem, erfordem sehr aufwendige Spezialprogramme /6,7,8,9,10,11,12/. Meist geniigt hier aueh die Betrachtung sinnvoll gewiihlter Teilsysteme

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Page 359: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

13 Windkraftanlagen mit vertikaler Achse

Eine Windkraftanlage mit vertikaler Achse, die das Auftriebsprinzip nutzt, wurde erst 1925 von J. M. Darrieus /2/ in Frankreich zum Patent angemeldet. Da in den folgenden Jahren das Interesse an Windenergie allgemein stark nachlieB, fand der Darrieus-Rotor zunachst keine weite Verbreitung.

Dieser Typ von Windkraftanlagen Hiuft im allgemeinen nicht von alleine an und ist deshalb flir die traditionelle Nutzung von Windemergie (Pumpen, Mahlen, Versorgung von Inselnetzen) ungeeignet.

Reute steht die Stromversorgrlng im Netzparallelbetrieb im Vordergrund. Energie zum Starten einer Windkraftanlage ist also normalerweise vorhanden. In den siebziger Jahren wurde das Prinzip in Canada von R. 1. Templin /3/ erneut aufgenommen.

Wahrend in Europa immer wieder nur einzelne Prototypen entstanden, sind in den USA und in Canada ganze Typenreihen entwickelt worden, die in EOLE C, einer etwa einhundert Meter hohen 4.2 MW-Anlage, gipfelten.

13.1 Grundlagen

Ein Darrieus-Rotor besteht aus mehreren, mehr oder weniger senkrecht stehenden, (Trag-) Flachen, die sich gemeinsam urn eine vertikale Achse drehen. Durch die Uberlagerung von Umfangs- und Windgeschwindigkeit ergibt sich eine wechselnde Anstromung, die eine wechselnde Luftkraft verursacht, deren Tangentialkomponente (fast immer) in Drehrichtung zeigt (Bild 13.1).

---Wind

I

Anstriimung 1_ \

"Fahrtwind"

I ..: Drehrichtung Anstromung

~ : ·-----+--·w;n~ Luftkraft

Luftkraft I

.Fahrtwind"

Widerstand Anstriimung

BUd 13.1: Kriifte an einem Darrieus-Rotor, Draufsicht

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347

Das Kennfeld eines Darrieus-Rotors iihnelt dem Kennfeld einer schnelliiufigen Windkraftanlage mit horizontaler Drehachse (vgl. Kap. 6). Die dimensionslosen Kennlinien eines kleinen Darrieus-Rotors /10/ sind im folgenden Diagramm aufgetragen (Bild 13.2). Das Verhiiltnis nt/r ist der Fliichenfullungsgrad und HIR wird als Schlankheit des Rotors bezeichnet.

Beiwerte

0,3 Cp

0,2

0,1

0

-0,1 0 1 2 3 4

BUd 132: Beiwerte eines Darrieus-Rotors, nt IR = 02, HIR = 25

Fur einen Rotor von flinf Metern Hohe ist das Leistungskennfeld in Bild 13.3 angegeben:

leistung (kW) 2,5~-----------------------------------------------------'

10 m/s

2

1,5

1

0,5

O+-----~~~--~~----~~L-~----~r_----_+----~

o 50 100 150 200 250 300 Drehzahl [11m in)

BUd 133: Leistung Uber Drehzahl bei verschiede~n Windgeschwindigkeiten. fUr einen Dreiblattrotor mit ntlr = 02, H = 5m, R = 2m

350

Page 361: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

348

13.1.1--- Rotorgeometrie

Das Rotorblatt des klassischen Darrieus-Rotors hat die Form einer Springseilkurve. Dies entstand aus der Oberlegung heraus, daB die Zentrifugalbeschleunigung im Betrieb deutlich groBer als die Erdbeschleunigung ist. Wenn ein biegeweiches Rotorblatt an den Enden aufgehangen wird und rotiert, so ergibt sich die Form einer Springseilkurve (Troposkiene). Hat ein biegesteifes Rotorblatt bereits diese Form, so entstehen durch die Rotation keine Biegemomente. Zur Berechnung der Geometrie kann die Form der Springseilkurve durch eine Parabel angenlihert werden (Taylorentwicklung, Abbruch nach dem ersten Glied).

FUr einen parabolischen Rotor mit einer Hohe H, einem Radius R und der Blatdange L sind die geometrischen Zusammenhange in Bild 13.4 dargestellt:

Obere Rotorlagerung

Spannseile

Rotorblatt

Querstrebe

R= 32m

Rotorwelle

Untere Rotorlagerung Scheibenbremse _~~~~~~Kupplung Generator ---ErlR~Ir-~

Bild 13.4: Geometrie eines parabolischen Rotors (tole C)

Eine Abwandlung des klassischen Darrieus-Rotors ist der H-Darrieus mit geraden Rotorbllittern (Bild 13.5). Diese sind zwar einfacher herzustellen, miissen aber, um die bei der Rotation entstehenden Biegemomente aus Fliehkraft aufzunehmen, entsprechend versteift, bzw. abgestrebt werden. Um die aerodynamischen Verluste gering zu halten, wird bier iiblicherweise die Auslegungsschnellaufzahl niedrig gehalten.

Page 362: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

349

Rotor blatt

H=23m

r=R

L=H

Bild 13.5: Geometrie eines zylindrischen Rotors (H-Rotor 300 von Heidelberg Motor)

13.1.2 Anstromverhiltnisse

Stark vereinfachend gehen wir davon aus, daB der Wind vom Rotor gleichmiiBig abgebremst wird, und dabei die Geschwindigkeit im Rotorbereich konstant ist (Bild13.6).

..... .. V1 V3

Bild 13.6: Windgeschwindigkeiten vor, in und hinter einem Darrieus-Rotor

Wie in der BETZ-Theorie (Kap. 5.1) nehmen wir an, daB die Windgeschwindigkeit VI,

die weit vor dem Rotor herrscht, weit dahinter um den Faktor k auf V3 abgebremst wird.

v3 = k VI (13.1)

Page 363: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

350

Die Geschwindigkeit V2 im Rotorbereich sei wie bei Horizontalachsem nach dem Thorem von Froude (Kap. 5.1.1) der arithmetische Mittelwert von VI und v2 :

VI + v3 V2 =

2 (13.2)

Dies ist eine grobe Vereinfachung (z.B.,wenn ein stromungsabwarts gelegener Flfigel durch den Nachlauf eines stromaufwarts gelegenen Flfigels fahrt). Mit der Annahme einer festen Geschwindigkeit V2 im Rotorbereich ist es nun leicht moglich, sich ein Bild fiber die AntrOmverhiiltnisse eines Darrieus-Rotors zu machen.

Urn Aussagen fiber die Anstromverhiiltnisse machen zu konnen, geben wir uns eine Windgeschwindigkeit im Rotor und eine feste Rotordrehzahl vor. Aus Bild 13.7 ergibt sich der AnstrOmwinkel a:

. V2 cos 9 cos 0 sm a = ---:~----

Or (13.3)

und fUr die Anstromgeschwindigkeit c:

c = ~ (V2 cos 0 + Or sin 9)2 + (Or cos 9)2 (13.4)

wobei ffir 9 = at und in der Aquatorebene cos 0 = 1 gilt. Der Blattneigungswinkel 0 ist Bild 13.4 zu entnehmen. Er gibt die Lage des Blattelementes zur Ebene des Winddreiecks an, wenn wir auBerhalb der Aquatorebene sind.

y

.. ~

.. V2 ..

~

X ~

BUd 13.7: Anstromgeschwindigkeit c und Anstromwinkel a in der Aquatorebene

Page 364: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

351

Wir konnen nun also den Anstromwinkel flir ein Blattelement in Abhangigkeit yom Rotationswinkel e auftragen. Ais Parameter ist im Bild 13.8 eine Schnellaufzahl aufgetragen, die mit

(13.5)

definiert ist, also bezogen auf die Windgeschwindigkeit V2 im Rotorbereich und nicht, wie sonst Ublich, VI weit vor dem Rotor.

IX!"]

20

BUd 13.8: Anstromwinkel a als Funktion des Rotationswinkels e = ill (Aquatorebene)

Wie im Bild 13.8 deutlich wird, ist das Vorzeichen des Anstromwinkels yom Rotationswinkel abhangig, wahrend die Amplitude von der Schnellaufzahl abhangt. Wahrend eines Umlaufes des Rotorblattes andert sich allerdings nicht nur die Anstromrichtung, sondern auch die Anstromgeschwindigkeit. In Bild 13.9 ist die Anstromgeschwindigkeit bezogen auf die Windgeschwindigkeit fUr mehrere Schnellaufzahlen aufgetragen.

11 "2

11 1. 2

211 a

BUd 13.9: Bezogene Anstromgeschwindigkeit eines Blattelementes in Abhiingigkeit vom Rotationswinkel e = Qt (nach Gl.13.4)

Page 365: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

352

13.1.3 Bestimmung derLuftkrifte an eiaem. Blattelement

In der Flugzeug-Aerodynamik zerlegt man die am Tragfliigel angreifende Gesamtluft­kraft in Auftrieb und Widerstand. Der Auftrieb ist als Kraft senkrecht zur Anstromung defmiert. Der Widerstand zeigt in Anstromrichtung (Kap. 5.2):

Gesamtluftkraft

---''-'r-~''''''r - ----- - -=-~--

Widerstand Tangentialkraft

BUd 13.10: Aerodynamische Kriifte

Die Kriifte auf das Flachenstiick dF ergeben sich zu

dA=qcadF

dW=qcw dF

mit q =t c2

(13.6)

(13.7)

Zur Berechnung der Krafte werden gewohnlicherweise Beiwerte verwendet, die in Windkanalmessungen n / in Abhangigkeit des Anstromwinkels ermittelt wurden. Diese Me8werte gelten fUr unendlich lange, oder von Wanden begrenzte Tragflugel. Sonst ist der resultierende Auftrieb normalerweise geringer, beziehungsweise der Widerstand gro8er als hier angegeben.

Fiir die weitere Betrachtung sind allerdings nicht die Krafte in Richtung der Anstromung und senkrecht dazu notig, sondem die Krafte in Umfangsrichtung (Tangential) und senkrecht dazu. Deshalb wird man die im Windkanal gemessenen Luftkraftkoeffizienten Ca und Cw zunachst umrechnen in:

cn = Ca cos <X + Cw sin <X (13.8)

Ct = Ca sin <X - Cw cos <X (13.9)

Page 366: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

353

Die Komponenten der Kraft auf das Blattelement mit der Tiefe t in Normal- und Tangentialrichtung sind in Abhiingigkeit von der Lage des Blattelementes (siehe auch Bild 13.4):

dN = Cn q t dz cos ~

dT = Ct q t dz cos ~

(13.10)

(13.11)

Die "antreibende" Kraft wirkt beim Darrieus-Rotor tangential zum Blattelement. Betrachten wir also den Tangentialbeiwert Ct eines symmetrischen Profiles fiber dem AnstrOmwinkel a (Bild 13.11):

ct[-J

-15 -10 -5 -0,01 5 10 15

BUd 13.11: TangentialbeiwertjUrdas Profil NACA 0009, bei Re = 150000

Wie man siehl, besitzt dieses Profit nur in einem AnstrOmwinkelbereich von etwa 30 bis 150 und von -150 bis -30 einen positiven Tangentialbeiwert und somit eine vorwarts treibende Kraft. 1m restlichen Bereich bremst der FIfigel, wenn auch mit geringem Ct

Wert.

Die Kraftkomponente, die auf das Blattelement in Richtung der Windgeschwindigkeit wirkt, lliBt sich wie folgt bestimmen:

dFx = dN cos ~ cos 8 - dT sin 8

= q t Cn cos 8 - Ct - dz ( sin 8) cos ~

(13.12)

Die Schubkraft auf den gesamten Rotor ergibt sich durch Integration fiber die Hohe und

Page 367: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

354

tiber den Umlauf eines Blattes:

H/l 2ft

Fx =- q Cn cos 8 - Ct -- d8dz n t l J ( sin 8) 2 1t cos ~

(13.13)

Das Drehmoment, das ein Blattelement auf die Rotorachse austibt, ist

qCd dM = dT r = .....o......o..r dz

cos ~ (13.14)

Fili den ganzen Rotor gilt:

H/l 2ft

P = M n =.!!...!. f J Ct q r n dE> dz 2 1t .H'/l cos ~

(13.15)

Diese Gleichungen reichen aber noch nicht aus, urn Moment und Leistung eines Darrieus- Rotors zu bestimmen. Denn im Integral stehen zwei unbekannte OroBen: der Tangentialbeiwert Ct, der yom Anstromwinkel (l abhiingt, und der Staudruck q, der sich aus der Anstromgeschwindigkeit c ergibt. Zu deren Ermittlung lehnt man an die Betz-Theorie an, die aber sozusagen von "hinten" benutzt wird.

13.2 Ubertragung der Betz-Theorie auf den Darrieus-Rotor (Single-Streamtube-Theorie)

Man nimmt eine Geschwindigkeit v2 im Rotorbereich an und rechnet tiber die ermittelten Rotorschubkrafte auf die dazugehorige Windgeschwindigkeit VI zuruck. Genauer:

- Man nimmt eine Geschwindigkeit V2 im Rotorbereich sowie eine "Drehzahl" n, denn dann liegen die Winddreiecke fest (siehe Bild 13.7). Dimensionslos betrachtet, wird die auf V2 bezogene Schnellaufzahl ~ = nR/v2 vorgegeben.

- Damit konnen wir die Luftkrafte in jedem Rotorschnitt und gemiiB den Gleichungen (13.13, bzw. 13.14 und 13.15), Drehzahl, Leistung und Rotorschub ermitteln.

- SchlieBlich wird mit Gleichung (13.17) tiber den ermittelten Rotorschub die zugehorige Windgeschwindigkeit VI weit vor dem Rotor bestimmt, mit der die "echte" Schnell­laufzahl A=nR/vi angegeben werden kann ..

Page 368: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

355

Der Zusammenhang zwischen Schubkraft und Windgeschwindigkeit folgt aus dem Impulssatz, der den Rotorschub zu

liefert, was mit den Gleichungen (13.1) und (13.2) in

2 (1-k) FSchub = P F V22 1 +k

(13.16)

(13.17)

umgescbrieben werden kann, wobei F die Rotorflache ist und k = v3/vl.

Setzt man den durch Auswertung des Integrals (13.13) Schub gleich dem Ausdruck (13.17) liillt sich der Faktor k ermitteln und mit ibm die Geschwindigkeit VI, fUr die gilt VI = 2v'l1(1 +k), so daB nun auch die echte Schnellaufzahl vorliegt.

Den dimensionslosen Leistungsbeiwert cpO .. ) erhlilt man, in dem man die mittlere Leistung nach Gleichung (13.15) auf die theoretische Leistung Pwind =~VI3 F bezieht, zu

H/2 21t

cp =.!!...!.. f J ~.£.. OR .!. (1 +k)3 de dz 21tF Hh cos l) V22 V2 R 8

(13.18)

Sicher ist die Vorgehensweise, die auf Ie Gourieres 141 zurilckgeht, mit ihrer Grundannahme einer gleichfOrmigen Durchstromung des Rotorbereiches etwas grob. Eine Abhilfe stellen hier feinere Verfahren nach dem Impulssatz 151 dar oder potentialtheoretische Verfahren, wie sie z.B. von Nebel 161 beschrieben werden. Den EinfluB des Nachlaufs der vorauseilenden Profile, bzw. des Turmschattens konnen auch sie nicht befriedigend berucksichtigen. Auch der Drall der Stromung (vgl. Kap. 5.6) wird normalerweise vemachlassigt.

Das groSe Problem all dieser Rechenverfahren liegt zum Beispiel bei den verwendeten Profilbeiwerten. Diese sind flir unendlich lange Flilgel in stationlirer Stromung aufgenommen worden. Beim Darrieus-Rotor liegt aber eine instationlire Stromung vor, bei der sich stllndig der Anstromwinkelandert. Besonders bei kleinen Anlagen konnen durch die hohen Drehzahlen groSe Fehler entstehen. Der Auftrieb hinkt manchmal dem Anstellwinkel hinterher, weil die Stromung Zeit zum Aufbau der Zirkulation braucht. Dadurch sind aber auch groSere Auftriebsbeiwerte moglich, weil die Stromung auch Zeit rum "AbreiSen" braucht.

Es ist sicherlich gilnstig mit diesen Abschatzungen nur eine kleine Anlage zu bauen, zu messen und mit Hilfe der Ahnlichkeitsregeln (Kap. 8) auf die nachst groSere Anlage zu schlieSen.

Page 369: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

356

13.3 Auslegung von Darrieus-Windturbinen

FUr die Auslegung von Darrieus-Windkraftanlagen gibt es weniger feste Vorschriften als fUr Horizontalaehser. Der konstruktive Freiraum ist aber aueh nieht groB:

- Die Sehlankheit des Rotors HIR

Der ortliehe Anstellwinkel hlingt aueh von der Blanneigung ~ abo Je groBer die Neigung ist, desto groBer ist die Gefahr des unerwiinsehten Stromungsabrisses an den Blattenden. Mit der Schlankheit des Rotors steigen bei gleicher Rotorflaehe aber auch die Belastungen durch die groBere Turmhohe. FUr die Struktur ist also ein weniger schlanker Rotor von Vorteil. Fur ein Verhaltnis von HIR ~ 4 sind von der Aero­dynamik hier keine groBen Leistungsvorteile mehr zu erwarten.

- Flli.chenftillungsgrad nt/R

Ein wesentlicher Parameter um die Auslegungsschnellaufzahl zu beeinflussen, ist der Flachenftillungsgrad (Solidity). Er gibt an, wieviel Rotorblattiefe auf dem Radius verteilt ist. Der Flachenfiillungsgrad sollte zwischen 0.2 fUr Schnellaufer (~Pt '" 5)und 0.5 fUr Langsamlaufer (~Pt '" 3) liegen. Templin /3/ schlagt ~pt2 = 5R1nt vor.

- Profil

Hier liegt der kritische Teil der Auslegung, weil der EinfluB des Profiles auf die Eigenschaften der Windkraftanlage bislang nicht eindeutig vorausgesagt werden kann. Ublich, aber nieht zwingend, sind symmetrische Profile. An den Blattenden werden dicke Profile mit groBem Nasenkreisradius wegen der gutmiitigen tlUberzieheigenschaftentl empfohlen. In Rotormitte hingegen werden geringe Profildicke wegen des geringeren Profilwiderstandes und ein kleiner Nasenkreisradius zum Erreichen eines Stall-Effektes bevorzugt. Allerdings worden auch schon Anlagen gebaut, die mit Profilen ausgestatten waren, die einen groBen Nasenkreisradius hatten, bei denen der prognostizierte Stall-Effekt als Regelmechanismus nieht auftrat. Es lohnt nicht ein Hochleistungs-Laminar-Profil auszuwlihlen, wenn es nicht in der geforderten Gute gefertigt werden kann.

- Anzahl und Form der RotorbIatter

Ein Einblattrotor HiBt sich beim Darrieus-Rotor nur schwer verwirklichen. Ein Zweiblattrotor hat dynamisch ahnliche Probleme wie ein Horizontalachser. Ein Dreiblattrotor Hiuft zwar etwas ruhiger und liefert weniger starke Drehmoment­schwankungen an den Antriebsstrang als ein Zweiblattrotor, laBt sich aber nieht so einfach aufstellen. Eine hOhere Zahl von Rotorblattem ist aero- und strukturdynamisch,

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357

sowie aus Kostengriinden Dicht sinnvoll. Eine Vergrt;8erung der Profiltiefe an den Blattenden scheint strukturell sinnvoll sein, ist aber schwierig zu fertigen.

13.4 Dynamik von Vertikalachsrotoren

-Amegung In KapiteI13.1.2 wurde beschrieben, wie sich Anstr6mrichtung und -geschwindigkeit periodisch indern. Zuslitzlich erflihrt das rotierende System beim Durchfahren der Rotorbllitter durch den Turmschatten und den Nachlauf der voreilenden Rotorbliitter weitere periodische Amegungen.

- Steifigkeit Durch die Aerodynamik ist die Form der Rotorbliitter weitgehend festgelegt. 1m Vergleich zu Horizontalachsern sind die Rotorbliitter linger und haben einen geringeren Querschnitt. Es sind also relativ elastische Gebilde, deren Eigenfrequenzen oft im Bereich dec Betriebsdrehzahlliegen.

In Bild 13.12 sind nun ersten Eigenformen eines zweiflogeligen Darrieus-Rotors (BoLE C) dargestellt:

1,30 •

First blade tlatwise anti symmetric

1,32 ,

First blade f1atwise symmetric

0,63 ~

First tower out-ot-plane

0,74 II

First tower in-plane

Rotor twist

0,93 1,38 2,24 2,40 ~ - I --______

(~) [(> ill cPCD ~ Second tower out-ot-plane

Second tower in-plane

Second blade tlatwise symmetric

Second blade tlatwise antisymmetric

Bild 13.12: Typische Eigeriformen eines Darrieus-Rotors aus 181 Frequenzangaben in Hz

Third tower out-ot-plane

Page 371: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

358

Die Ursache der periodischen Storungen kann man zwar nicht beseitigen, aber es ist moglich ihre Frequenz zu bestimmen. So werden Darrieus-Rotoren oft mit ein oder zwei festen Drehzahlen betrieben, die von den nachsten Eigenfrequenzen weit genug entfernt, so daB ein ruhiger Betrieb moglich ist.

Weiterhin kann man versuchen, die Steifigkeiten so zu beeinflussen, daB die Eigenfrequenzen nicht bei der Betriebsfrequenz liegen. Meist werden zu diesem Zweck Streben an den RotorbHittern oder an den Abspannseilen angebracht. Es ist aber auch schon vorgekommen, daB nachtriiglich ein Rotormast urn drei Meter gekiirzt werden muBte, urn die Steifigkeit der Anlage zu erhOhen.

Durch die Eigendampfung der verwendeten Materialien (z.B. Holz) wird ebenfalls versucht, die Belastungen der Struktur niedrig zu halten.

13.5 Der H-Darrieus

Ein Darrieus-Rotor ist dynamisch sehr nervos, vergl. Bild 13.12, und in manchen Fallen nur mit Streben zwischen Bliittern und rotierender Saule zu ruhigem Laufen zu bewegen. Es kann dann aber einfacher sein, den Streben eine tragende Funktion zuzuordnen und daran ein gerades, leicht zu fertigendes Rotorblatt zu befestigen, also einen H-Darrieus zu bauen.

Werden diese Streben allerdings am Blattende befestigt, urn die aerodynamischen Verluste (Randumstromung) zu minimieren, muB beachtet werden, daB die Fliehkraft aus dem H-Darrieus einen "richtigen" Darrieus machen mOehte. Die Einspannmomente entscheiden hier tiber die Baubarkeit.

Durch die Fliehkrafte wollen sich die Rotorblatter eines H-Darrieus in die Aquatorebene kippen, wenn die elastischen Rtickstellkrafte aus den Streben nieht hinreichend groB sind /10/. Beim klassischen Darrieus dagegen werden die Rotorblatter wieder geradegezogen.

Bei einern H-Darrieus ist eine zyklische Blattverstellung moglich. Dadurch kann das Anlauf: und Betriebsmoment gtinstig beeinfluBt werden. Ein Windrichtungssensor ist dann aber flir die Steuerung notwendig. Allerdings ist die Mechanik durch die hohe Lastspielzahl gefcihrdet.

Page 372: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

Literaturliste zu Kapitel 13

/1/ Betz, A. Wind-Energie und ihre Ausnutzung durch Windmiihlen. Vandenhoeck & Ruprecht, Gottingen 1926, reprint: okobuch Verlag

!21 Darrieus, G. J. M. Turbine Having its Rotating Shaft Transverse to the Flow of the Current United States Patent No. 1.835.018, Dec 1931

(3/ Templin, R. J. Aerodynamik performance theory for the V AK NRC of Canada 1974

/4/ Le Gourieres, D. Wind Power Plants Pergamon Press Oxford 1982

/5/ Strickland, J.H.

359

The Darrieus Turbine: a performance prediction model using multible stream tubes Sandia Laboratories Report, SAND 75-0431, October 1975

/6/ Nebel, M. Berechnungsverfahren fUr Vertikalachsenrotoren Zeitschrift Flugwissenschaft und Weltraumforschung 9 (1985), Heft 5

n/ Althaus, D. Profllpolaren fUr den Modellflug Neckar-Verlag 1980

/8/ Came, Thomas G. Natural and Artifical Exitation for Modal Testing of Large Structures Sound and Vibration, November 1989

/9/ Henseler, H. AnpaBentwicklung MW -Darrieus-Technologie Statusreport 1990 Windenergie

/10/ Gasch, R. Knothe, K. Strukturdynamik Band 2, Abschn. 11.5 Springer-Verlag Berlin 1989

/11/ Projektwerkstatt: "Entwicklung einer Darrieus-Windkraftanlage" interner Projektbericht, TU Berlin

Page 373: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

14 Wirtschaftlichkeit von Windkraftanlagen

Die Wirtschaftlichkeit von Windkraftanlagen wird in diesem Kapitel aus verschiedenen Perspektiven betrachtet

1m volkswinschaftlichen Rahmen werden Aspekte der allgemeinen Energiewirtschaft, der externen Kosten, der energetischen Amortisation und der Beschliftigungseffekte behandelt. Hier gelten Bewertungsansatze, die den betriebswirtschaftlichen Rahmen der Firmen iibersteigen. Zum Beispiel flieBen gesundheits- und beschliftigungspolitische Aspekte in Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen fiir den "Staat als Ganzes" mit ein. Politische Wiinschbarkeiten also, die letztlich iiber Gesetze, Verordnungen, Steuer­regelungen etc. Nachdruck erhalten.

1m betriebswirtschaftlichen Rahmen werden zwei Sichtweisen unterschieden: Die des Windkraftanlagenherstellers und die des Betreibers von Windkraftanlagen.

Die Graflk in Bild 14.1 zeigt den Zusammenhang der einzelnen Betrachtungsebenen des

vorliegenden Kapite1s. ~ ~ ~kSwirtsch~----------'

Energetische Amortisation

8eschaftigungseffekt

Internalisierung externer Kosten

8etriebswirtschaft

Qerstell0 betriebliches Rechnungswesen

[ intern I I extern I

~treib0

Bild 14.1:

Planung

Kontrolle

8uchfGhrung

JahresabschluB

Betrachtungsebenen dieses Kapitels

Projektablauf

Wirtschaftlichkeitsanalyse

Empfindlichkeitsbetrachtung

Page 374: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

361

14.1 Volkswirtschaftliche Aspekte

14.1.1 Energiewirtschaft

Die Energiewirtschaft versorgt die Bevolkerung und die Betriebe mit Kohle, Gas, Strom, Wiirme usw. Die Energieerzeugung ftihrt immer auch zu Umweltzerstorungen und damit zu erheblichen Kosten, die durch das Wirtschaftssystem aufgefangen werden mtissen. Noch finden diese "extemen Kosten" keine oder kaum Beriicksichtigung im volkswirtschaftlichen Kalkiil. Eine okonomisch-akologische Wirtschaft - nur sie hat Zukunft - muB aber diese Kosten mitbewerten und minimieren.

Wegen der Klimaentwicklung ist die Reduktion des CCh-Aussto6es, der zwangsliiufig mit der Verbrennung von Kohle, Gas, Erdol verbunden ist, ein wichtiges Ziel der Energiewirtschaft. Eine Teilrealisierung dieses Ziels ist durch bessere Nutzung des Brennstoffeinsatzes, z.B. in Blockheizkraftwerken moglich.

Parallel dazu muB die Nutzung modemer Technologien forcien werden, die Sonne, Wasser, Wind, Geothermie usw. direkt nutzen und praktisch keinen SchadstoffausstoB verursachen.

Die Verabschiedung des Stromeinspeisegesetzes im Januar 1991 hat mit dem gesetzlichen Einspeisetarif von ca. 17 Pfennigen pro Kilowattstunde einen wichtigen Akzent gesetzt. Durch diese Regelung ist betriebswirtschaftlich interessant geworden, was volkswirtschaftlich notwendig und erwtinscht ist: Die Windenergienutzung mit Stromgestehungskosten von 10 bis 30 Pfennig verbreitet sich in der Bundesrepublik sehr schnell.

14.1.2 Externe Kosten

Zahlreiche Studien beschiiftigen sich mit den Kosten der unterschiedlichen Energieerzeugung, die bis heute von der offentlichen Hand und somit direkt yom Steuerzahler getragen werden. Die Betrachtung dieser sogenannten externen Kosten und ihre Zuordnung zu den jeweiligen Energietriigem ist jedoch sehr umstritten. Die Diskussion wurde vor allem durch die Studie von Hohmeyer 11/1989 entfacht. Dieser bewertet die Nutzung verschiedener Energietriiger ganzbeitlich, das heiBt von ihrer Gewinnung tiber die aufgewendeten Forschungsmittel ftir die Einrichtungen der Nutzung und tiber Umwelteinfltisse bis zu ihrer Entsorgung. Die Schwierigkeit liegt in der Monetarisierung dieser Kosten, da es zur Zeit keine eindeutigen MaBstiibe flir die Bewertung von Umwelteinfltissen gibt. Saurer Regen und Waldsterben sind schwierig in Mark und Pfennig zu fassen. Au6erdem besteht Uneinigkeit tiber die direkten kausalen Zusammenhiinge.

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362

Die folgende Tabelle zeigt eine Ubersicht fiber die verschiedenen Ergebnisse der Studie von Hohmeyer zu diesem Thema. Sie weist soziale Bruttokosten der ElektriziUits­erzeugung bezogen auf die Energietrliger fossile Brennstoffe (A), nukleare Brennstoffe (B) und gewichtete soziale Bruttokosten der einheimischen Stromerzeugung (C) aus. Abschlie8end werden die Kosten der Stromerzeugung durch Windenergie (D) den Kosten der Gewinnung durch konventionelle Energietrllger gegeniibergestellt Es ergibt sich ein Saldo zugunsten der Windenergie von ca. 30 bis 56 Pf/kWh. Dieser Betrag miiBte bei vergleichender Betrachtung der Energiegewinnungsformen der Windenergie als Bonus zugute kommen bzw. den konventionellen Energietragem als zusatzliche Kosten angelastet werden. Eine derartige Bewertung, die nur dUTCh den Gesetzgeber z.B. in Form einer Energiesteuer in Gang gesetzt werden kann, wiirde die Wirt­schaftlichkeit von Windkraftanlagen im Vergleich zum heutigen Status erheblich verbessem.

A Soziale Bruttokosten der Elektrizitatserzeugung aus fossilen BrennstofTen

1. Umwelt- und Gesundheitskosten 2. Reinvestitionszuschlag fur Ressourcenabbau 3. Subventionen

Summe soziale Bruttokosten fossile Elektr.

unterer oberer Schiitzwert Schiitzwert

(in Preisen von 1992)

41,40 60,85 PflkWh.,1 0,12 6,35 PfIkWh.1 0,49 0,49 PflkWh.1

42,00 67,69 PfIkWbel

B Soziale Bruttokosten der Elektrizitatserzeugung aus Kernenergie

l. Umwelt- und Gesundheitskosten 4,32 26,06 PfIkWh.1 2. Reinvestitionszuschlag fur Ressourcenabbau 0,04 2,73 PflkWh.1 3. Subventionen 2, II 2,11 PflkWh.1

Summe soziale Bruttokosten nukleare Elektr. 6,47 30,90 PfIkWbel

C Gewicbtete soziale Bruttokosten der deutscben Stromerzeugung

I. Anteil der Stromerzeugung aus fossilen Brennstoffen (0,705) 29,60 47,72 PflkWh.1 2. Anteil der nuklearen Stromerzeugung (0,237) 1,53 7,32 PflkWh.1

Durcbscbnitt der derzeitigen Stromerzeugung 31,14 55,04 PfIkWbe•

D Bilanz der sozialen Kosten und Nutzen der Windenergie

l. Umwelt- und Gesundheitsschiiden - 0,01 - 0,01 PflkWh.1 2. Subventionen - 0,40 - 0,20 PflkWh.1 3. Makrookonomische Nettoeffekte 0,58 0,97 PflkWh.,1 4. Vermiedene soziale Kosten konventioneller Stromerzeugung 31,14 55,04 PflkWh.,1

Saldo der sozialen Nutzen der Windenergie 31,30 55,80 PfIkWhe•

Mittelwert 43,60 Pf/kWh.,1

Tabelle 14.1 :Vergleich der sozialen Kosten unterschiedlicher Stromerzeugungsarten /1/

Negative Vorzeichen im Fall der Windenergie bedeuten soziale Kosten der Windenergie. Positive Vorzeichen bedeuten sozialen Nutzen der Windenergie oder soziale Kosten konventioadler Stromerzeugung, deren Substitution zu zusatzlichem Nutzen der Windenergie fOOren.

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363

14.1.3 Energetische Amortisation

Zunehmend werden in un serer Gesellschaft zur Beurteilung der Umweltvertraglichkeit eines Produktes ganzheitliche Betrachtungen gefordert, die die Stadien von der Entstehung tiber den Betrieb bis hin zur Entsorgung nach 5kologischen Kriterien untersuchen. Dies gilt sowohl ftir die konventionelle Energiegewinnung aus erschopflichen Rohstoffen, als auch fUr die Nutzung emeuerbarer Energien.

Ausschlaggebend ffir die energetische Amortisation ist die Antwort auf die Frage, ob und nach welcher Zeit der Energieaufwand zur Bereitstellung einer WKA durch die eigene Energiegewinnung kompensiert werden kann. Hierzu dienen die Begriffe Energieinvestition, Energetische Amortisationszeit und Energieemtefaktor.

Die Bilanz herkommlicher Kraftwerke ist wegen der Endlichkeit der Vorrate ihres Brennstoffes, anders als bei regenerativer Energiegewinnung, immer negativ.

Energieinvestition

Die Energieinvestition umfaBt die gesamten ffir die Bereitstellung von Strom aus dem Betrieb einer Windkraftanlage erforderlichen Energieaufwendungen. Sie setzt sich aus dem Energieaufwand flir die Herstellung der Einzelkomponenten, der Hilfs- und Betriebsstoffe, der RohstofferschlieBung, der im ProduktionsprozeB eingesetzten Energie, den verdeckten Energieaufwendungen fUr den Betrieb der Produktionsstatten und den Transport zusammen. Samtliche Aufwendungen sind in Primarenergie anzugeben, wenn notwendig, zu wandeln, und auf ein Kilogramm zu beziehen.

EIWKA = L/iWi[kWh kg] i kg (14.1)

Flir jede eingesetzte Komponente ist das Produkt aus spezifischem Energieinput (fi) und der jeweiligen Masse (Wi) zu ermitteln. Die Summe der Produkte ergibt die Energetische Investition (ElwKA) der Windkraftanlage. Zur Abschatzung der Energetischen Investition stehen einige Richtwerte flir den spezifischen Energieinput zur Verfugung. Zum Beispielliegt dieser Richtwert fUr StahlprofJle bei 15 kWhlkg. Ffir Komponenten, die sich aus mehreren Einzelstoffen zusammensetzen, ist der spezifische Energieinput gemiiB der jeweiligen Massenanteile der Einzelstoffe zu errechnen. Zur Wandlung von Energieaufwendungen in Primarenergieangaben wird ein Konversions­faktor herangezogen, der z.B. flir die Wandlung von eingesetztem Strom aus Primarenergie im Mittel bei 1:3 liegt.

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364

Energetische Amortisationszeit

Bei der Energetischen Amortisationszeit (EAZ) handelt es sich um die in Jahren gemessene Zeitspanne, in der eine WKA die Menge an Energie produziert hat, die zu ihrer Bereitstellung benotigt wurde.

EAZ _ EIWKA [ kWh ] WKA - E Nutz kWh / a

(14.2)

Die Energetische Amortisationszeit wird durch das Verhliltnis Energieinvestition (EI) zu nutzbarer Energie (ENutz) dargestellt. ENutz ist die dabei die Anzahl der jiihrlich

erzeugten Kilowattstunden.

Energieerntefaktor

Der Energieemtefaktor (EEF) gibt an, um wieviel mehr Energie durch die WKA wahrend ihrer Nutzungsdauer erzeugt wird, als fUr ihre Bereitstellung aufgebraucht wurde.

EEFwKA = NWKA ENUIZ [a kWh] EIWKA kWh

(14.3)

Dieser Faktor errechnet sich aus dem Reziproken der Energetischen Amortisationszeit, multipliziert mit der Nutzungsdauer (NWKA) der WKA. Der EEF wird in Vielfachen der Energieinvestition ausgedrUckt

Tabelle 14.2 zeigt den Energieemtefaktor sowie die energetische Amortisationszeit unterschiedlicher Energiegewinnungssysteme.

Steinkohle Atomkraft Wind Photovoltaik Leistung [MW] 700 1300 0,3 0,3

Energieerntefaktor EEF [-] 9 20 40 7

Energieamortisationszeit EAZ fal 0,13 0,08 0,5 4

TOOelle 14.2: Vergleich ausgewiihlter Kraftwerkstypen /2, 3/

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365

14.1.4 Beschaftigung durch den Windenergiemarkt

Der Markt der Umwelttechnologie gehort zu den derzeitigen Wachstumsmarkten der Bundesrepublik Deutschland. Nach einer Einschatzung des Umweltbundesamtes wird die Umwelttechnik in den 90er Jahren Wachstumsraten von jahrlich 5 bis 6 % verzeichnen.

Mit einer Wachstumsrate der installierten Leistung von derzeit jiihrlich 80 % nimmt der Anteil der Windenergietechnologie nieht nur unter den emeuerbaren Energien einen Spitzenplatz ein.

1200

I.Dienstieisler 1000 o Hersteller

:i L---

C 800 0 !. 600 J::j III II) 400 E :l

200

0 1988 1989 · 1990 1991 1992 1993 1994 1995

Bild 14.2: Umsatzentwicklung bei Herstellern von Windkra/tanlagen und Dienstleistern /4/

Mit der Zunahme des jiihrlichen Umsatzes steigen die Beschaftigungszahlen innerhalb dieser Branche. Das Deutsche Institut fUr Wirtschaftsforschung (DIW) prognostiziert fUr den gesamten Umweltmarkt eine Verdoppelung der Beschliftigten von 680.000 auf 1,1 Millionen im Jahr 2000 /5/. Die unerwartet hohe Nachfrage im Windenergiesektor ftihrte automatisch zu einer Zunahme der Beschliftigungszahlen. Ein groBer Teil der neu geschaffenen Arbeitsplatze ist durch die stlindige Weiterentwicklung dieser Technologie bedingt Zudem sind die U ntemehmen bemiiht, ihre Marktposition durch immer bessere Technologien zu festigen. Die Handlungsflihigkeit der mittelstlindischen Untemehmen ist gegeniiber GroBkonzemen sehr flexibel. Die Politik der Kostenreduktion und somit der Trend einen Wettbewerbsvorteil durch den Abbau von ArbeitspUitzen zu schaffen, ist zum Teil in dieser Untemehmensstruktur nicht zu vermeiden (Dem steht aber auf der anderen Seite erhohter Personalbedarf durch die Marktausweitung gegeniiber). Der UntemehmensprozeB ftihrt zur Preissenkung der heutigen Anlagen und somit zu einer hoheren Wirtschaftlichkeit fUr den Betreiber, die es ennoglicht sich gegeniiber herkommlichen Energietragem zu behaupten. Das jahrliche Marktwachstum aufgrund

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366

einer kostengUnstig erzeugten Kilowattstunde "Windstrom" schafft innerhalb der Unternehmensstrukturen zuslitzliche Arbeitspllitze und den weiteren Ausbau der Nutzung regenerativer Energiequellen.

Die derzeitigen (1996) Diskussionen urn das Einspeisegesetz und lange komplizierte Verwaltungsablliufe wlihrend der Genehmigungsverfahren fUhren jedoch zu handfesten Hemmnissen, die sich negativ auf die Beschliftigungspolitik der Hersteller niederschlagen.

5000

c CD CD 0,'1: 4000 :!~ :ell :::I .s::.'O u .: I/) CD 3000 CD .-me' c CD o c > CD _'0 2000 .s::..!: III;: !I ... E CD 111'0 1000 I/) c ~ .-

0 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995

Bild 14.3: Entwicklung der Zahl der Beschii/tigten in der Windenergie einschliej3lich der ZuIiejerer, bezogen auf den deutschen Markt 141

14.2 Betriebswirtschaftliche Aspekte des Herstellers

Betriebswirtschaftlich ist auf Seiten des Windkraftanlagen - Herstellers zwischen dem externen und dem internen Rechnungswesen zu unterscheiden. Wiihrend das externe Rechnungswesen die Einnahmen und Ausgaben des Betriebes gemliB gesetzlicher Vorgaben erfaBt, urn die Besteuerung des Betriebes festzusetzen, ist im Rahmen des internen Rechnungswesens freier Gestaltungsspielraum, urn PlanungsgroBen zu erarbeiten, Kontrollen durchzufUhren und interne Bewertungen anzustellen.

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Externes Rechnungswesen

Das exteme Rechnungswesen wird im wesentlichen durch die Steuergesetzgebung und das Handelsrecht geregelt. Der Betrieb wird im Rahmen der Buchhaltung verpflichtet, Nachweise iiber Vermogen, Kosten, Einnahmen und Erlose zu fUhren. 1m Folgenden werden einige Grundelemente des extemen Rechnungswesens erHiutert:

Umsatz, Einnahmen

Der Umsatz ergibt sich im Rechnungswesen aus der Summe der verkauften Windkraftanlagen bzw. Dienstleistungen und sonstigen Waren eines Geschaftsjahres. Er bildet die Grundlage fUr die zu entrichtende Umsatzsteuer. Die Einnahmen stellen eine Zunahme des Geldvermogens des Herstellers dar, d.h. eine Zunahme des Zahlungsmittelbestandes zuziiglich der Forderungen, abziiglich der Verbindlichkeiten gegeniiber Dritten.

Jahresabschlu6, Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung

Der am Ende eines jeden Geschaftsjahres (haufig Kalenderjahr) zu erstellende lahresabschluB beinhaltet die Elemente Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) und einen Anhang mit Lagebericht. Grundlage bilden die Grundsatze ordnungsgemaBer BuchfUhrung und Bilanzierung (GoB) zusammen mit den Vorschriften des Handelsgesetzbuches (HGB). Die Anforderungen an den lahresabschluB sind abhangig von der Rechtsform des Unternehmens. Lediglich die Kapitalgesellschaft, wie die Aktiengesellschaft (AG) oder die Gesellschaft mit bescluiinkter Haftung (GmbH) ist zur Anfertigung eines Anhangs mit Lagebericht verpflichtet, in dem die nicht in Bilanz oder GuV enthaltenen Informationen zum Unternehmen und zur Aufstellung der Bilanz enthalten sein miissen.

Die zeitpunktbezogene Bilanz stellt auf der Aktivseite das Vermogen dem Kapital auf der Passivseite gegeniiber, urn auf diese Weise eine Aussage treffen zu konnen, woher das Kapital stammt und in welcher Form es verwendet wird. Ziel der Bilanz ist der Schutz der Interessen von Glaubigern, Gesellschaftern, Finanzbehorden und am Umsatz beteiligten Arbeitnehmem.

Die zeitraumbezogene Gewinn- und Verlustrechnung stellt nach §§ 275ff HGB /6/ die in einer Periode verursachten Aufwendungen den Ertragen der Periode gegeniiber. Das Ergebnis dieser Rechnung ist positiv der JahresiiberschuB und negativ der lahresfehlbetrag. Diese Rechnung wird als Erfolgsrechnung bezeichnet, die Auskiinfte dariiber gibt, wo die QueUe des Erfolges im Unternehmen liegt.

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Internes Rechnungswesen Kosten, Kostenarten und Kostenstellen

Auf dem Windkraftanlagenmarkt, wo der intensive Wettbewerb entscheidend Uber den Preis stattfindet, spielt die genaue Kostenkontrolle eine wichtige Rolle. Die unterschiedlichen zu untersuchenden Kosten sind Personalkosten, Sachkosten, Kapitalkosten, Kosten fUr Dienstleistungen Dritter, Kosten flir Steuern, GebUhren und Beitrage. Unter Sachkosten sind die Kosten fUr Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, Maschinen etc. zusammengefaBt. Kapitalkosten resultieren aus der Bereitstellung von Kapital fUr den Betrieb.

Kosten konnen abhangig vom Verhalten auf eine BezugsgroBe, z.B. die Anzahl der Windkraftanlage pro Jahr, nach Fixkosten (Kf) und variablen Kosten (Kv) unterteilt werden. Fixe Kosten, wie z.B. Mieten filr Fertigungshallen fallen im Betrieb unabhangig von der Ausbringungsmenge an, wahrend sich die Hohe der variablen Kosten mit der Rohe des Outputs eines Unternehmens andert. Die Menge der zu beschaffenden Rohstoffe, die z.B. zur Fertigung von Tiirmen notwendig sind, hangt von der Anzahl der produzierten Windkraftanlagen abo Werden aufgrund fehlenden Absatzes keine Windkraftanlagen gebaut, fallen die variablen Kosten nicht an, wohingegen die Fixkosten weiter entstehen. Die Hohe der variablen Kosten ist fUr die Bestimmung der kurzfristigen, die Hohe der Gesamtkosten fUr die Bestimmung der langfristigen Preisuntergrenze entscheidend und bildet die Grundlage filr die Wettbewerbsfahigkeit des Herstellers.

Des weiteren werden Kosten unterschieden nach Einzelkosten, die einem Produkt direkt zuzuordnen sind (z.B. ein fUr einen Anlagentyp bestimmter Generator) und Gemein­kosten, die anfallen, ohne daB sie einem bestimmten Produkt zugeordnet werden konnten (z. B. Vertriebsunterlagen, Maschinen und Werkzeuge, die zur Fertigung verschiedener Windkraftanlagentypen benotigt werden). Die Gemeinkosten mUssen dem Produkt anhand eines Zuschlagsatzes, der sich prozentual auf die Einzelkosten bezieht, zugeordnet werden.

Die Kostenstellenrechnung versucht, eine Antwort auf die Frage zu geben, wo im Untemehmen die Kosten verursacht werden. Dazu wird der Betrieb Z. B. in seine Funktionsbereiche (Beschaffung, Fertigung, Vertrieb, etc.) untergliedert. Falls sinnvoll, wird jeder Funktionsbereich wiederum in kleinere Unterbereiche aufgeteilt, die sich Kostenstellen nennen und in denen Einzelkosten und Gemeinkosten anfallen. Diese Gliederung wird notwendig, da das Endprodukt die einzelnen Abteilungen in unterschiedlichem MaB beanspruchen und somit ein einheitlicher VerteilungsschlUssel der Gemeinkosten ungenau ware. Durch die Kostenstellenrechnung wird die Kontrolle und Uberwachung der Wirtschaftlichkeit einzelner Bereiche des Untemehmens ermoglicht.

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Kosten- und Leistungsrechnung

Die Kosten- und Leistungsrechnung als Teil des internen Rechnungswesens urnfaBt diverse Rechenverfahren zur Ermittlung von Kosten. Aufgabe der Kosten- und Leistungsrechnung ist die Uberpriifung unternehmerischer Grundsatzentscheidungen, Untersttitzung der Preis- und der Vertriebspolitik, Produktionsprogrammplanung und Beschaffungs- bzw. Bereitstellungsplanung.

Finanzplanung

Die Finanzplanung dient der Aufrechterhaltung des finanziellen Gleichgewichts und solI verhindern, daB zeitweise zu hohe liquide Mittel vorhanden sind, die nur eine unzureichende Verzinsung erbringen und irn Unternehmen sinnvoller eingesetzt werden konnten. Durch die Finanzplanung solI der zukUoftige Finanzbedarf prognostiziert und von der U nternehmensleitung vorzunehmende Finanzierungsma8nahmen nach Art, Hohe und Zeitpunkt bestimmt werden.

Wirtschaftlichkeitsrechnung

Anhand der oben genannten Verfahren und Begriffe des externen und internen Rechnungswesens, die in die Wirtschaftlichkeitsrechnung eingehen, lassen sich Aussagen tiber die Wirtschaftlichkeit und Effizienz des Betriebes treffen. Diese Rechnung ist zur Erkennung von unwirtschaftlichen Produkten oder Verfahren, an denen Verbesserungsbedarf besteht, und zur Erkennung von Starken und Schwachen im Unternehmen wichtig.

Zur Bewertung der unternehmerischen Tlitigkeit eines Herstellers stehen unterschiedliche GroBen wie z.B. der Return of Investment (ROI) und die Umsatzrentabilitlit zur Verftigung. Der ROI stellt das investierte Kapital irn Verhliltnis zurn Gewinn dar. So werden Aussagen tiber die Rentabilitlit von Investitionen und der gesamten Geschliftstlitigkeit ermoglicht. Die UrnsatzrentabiIitat setzt den Gewinn des Herstellers in Relation zum Umsatz. 1m Gegensatz zu den in vielen Branchen des Maschinenbaus erzielten 10 - 15 % (Baumaschinen, Armaturen, etc.) betragt die Urnsatzrentabilitiit bei Herstellern von Windkraftanlagen wesentlich weniger. So erzielte der Marktfuhrer VESTAS nach eigenen Angaben irn Jahr 1994 einen Urnsatz von 41 Millionen DKK und erreichte damit nur eine Umsatzrentabilitat von 4,4 % nt. Hier wird deutlich, daB die Gewinnmargen der Hersteller auf dem Windkraftanlagenrnarkt unter denen vergleichbarer Branchen liegen

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Herstellungskosten von Windkraftanlagen

Am Beispiel der Herstellung von Windkraftanlagen sollen die Herstellungskosten ermittelt werden, um einen Teilaspekt des internen Rechnungswesens darzustellen. Die Ermittlung der Herstellungskosten ist ein Verfahren der KostentragerstUckrechnung, die fUr ein einzelnes Produkt die Zuordnung der Kosten vollzieht. Die Aufteilung der Herstellungskosten fUr verschiedene Typen von Windkraftanlagen zeigt das Bild 14.4.

Haube6%

14% Eleklronik u. Sleuerung

Windkraftanlage

Maschinensatz

Sonsliges 10%

BUd 14.4: Aufteilung der HerstellungskostenJUr verschiedene WKA - Typen

12% Generator

links: 300 kW, Stall rechts: 600 KW, Pitch, drehzahlvariabel

Ausgehend von den Herstellungskosten laBt sich der Zusammenhang zu den Endpreisen ableiten, die letztlich vom Markt verlangt werden. Neben den reinen Kosten fUr die einzelnen Komponenten mUssen die Kosten fUr die Fertigung (LOhne) und die Gemeinkosten (Verwaltung, Vertrieb und Entwicklung) beriicksichtigt werden. Somit lassen sich die Gesamtkosten ermitteln, die der Hersteller zu tragen hat. Werden zu diesen Kosten die Gewinnvorstellungen addien, so ergibt sich der Marktpreis fUr den Endverbraucher. Es wird deutlich, daB der Herstellerbei der Aufteilung seiner Gesamtkosten auf Komponenten und eigene Fenigung einen unternehmerischen Spielraum hat, der in Abhangigkeit der Konditionen kostenminimierend ausgenutzt werden kann.

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Die Entscheidung tiber die Fertigungstiefe, also die oben genannte Wahl zwischen Zukauf oder Eigenfertigung von Komponenten (tlmake or buy-Entscheidungtl), wird innerhalb der Windkraft-Branche sehr unterschiedlich gefaIlt Wahrend das Gros der Anbieter die meisten Komponenten zur Herstellung der Anlage fremd beziehen und sich auf die Entwicklung, Anordnung und Montage konzentrieren, entschlieBen sich andere Hersteller zunehmend dazu, Vorprodukte wie Fltigel oder Generatoren selbst zu fertigen, also ihre Fertigungstiefe zu erhohen. Zum Einen wachst der EinfluB des einzelnen auf die Qualitat der Vorprodukte, zum Anderen ist ein Senken der Kosten moglich, da. z.B. Gewinnmargen des Zulieferers vereinnahmt werden. Voraussetzung ffir diesen positiven Effekt ist aber die vorhandene Auslastung der Kapazitaten. Bei sinkender Nachfrage nach Windkraftanlagen stellt die hohere Fertigungstiefe eine zusatzliche Kostenbelastung dar, die nieht wie beim Fremdbezug moglich, durch Nicht­Nachfrage von Vorprodukten vermieden werden kann. Die Auslastung der Kapazitaten einzelner Windkraftanlagenanbieter bestimmt die Wettbewerbsintensitat des Marktes stark. Insbesondere Untemehmen mit hoher Fertigungstiefe, deren einmal aufgebaute Kapazitaten dauerhaft von mangelnder Auslastung betroffen sind, verscharfen den Wettbewerb tiber den Preis der Anlagen.

Von Interesse bei der Betrachtung des Wettbewerbs ist die Entwicklung der Anbieterstruktur auf dem Windkraftanlagenmarkt der achziger und neunziger Jahre. Dominierten zu Beginn der Entwicklung von Windkraftanlagen GroBuntemehmen mit der Haupttatigkeit in anderen Bereichen den Markt, so kam es in der Folgezeit zu verstarkten Markteintritten kleiner Anbieter und einem Rtickzug des Einflusses groBer Hersteller. die letzten zwei bis drei Jahre sind von einem kontinuierlichen Wachstum der neuen, kleinen Unternehmen gepragt. Ob das auf Dauer so bleibt ist fraglich.

Besondere Bedeutung kommt bei der Betrachtung des Kostensenkungspotentials kommt dem strategischen Einkauf zu. Durch Koordinierung und Zentralisierung des Einkaufs eines Herstellers lassen sich gegentiber den Zulieferern bessere Konditionen durchsetzen, wobei sich Erfolge direkt auf die Gewinnsituation des Herstellers auswirken bzw. an den Kunden in Form von Preissenkung weitergeben lassen.

Die zu Beginn der Einftihrung von alternativer Energiegewinnung durch Windkraftanlagen vorgebrachte Argumentation, der Preis der Anlagen und der Technologie sinke mit steigender Absatzzahl, stimmte nur bedingt. Die angefiihrte Kostendegression z.B. durch Ausnutzen von Erfahrungen (Kostenerfahrungskurven) oder BetriebsgroBenvorteile fiel geringer aus als erwartet. Die tltheoretischtl mogliche Reduktion von 20-30 % bei Verdopplung der kumulierten Absatzmenge wie in anderen Bereichen des Maschinenbaus wurde bei Windkraftanlagen nicht erreicht. Ein Grund dafiir konnte sein, daB viele Hersteller tiber Jahre am Rande der Selbstausbeutung arbeiteten

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14.3 Planung und Betrieb von Windkraftanlagen

14.3.1 Projektierung, Realisierung

Ob es sich lohnt Windkraftanlagen zu betreiben hangt letztlich yom Ertrag wahrend der Nutzungsdauer und den entstehenden Kosten in diesem Zeitraum abo Vor dem Kauf einer Windkraftanlage muB deshalb eine detaillierte Wirtschaftlichkeitsanalyse aufgestellt werden.

Der gesamte Projektablauf setzt sich aus einer Vorbereitungs-, einer Projektierungs­und einer Realisierungsphase zusammen, der dann die Betriebsphase folgt.

Bild 14.5 skizziert den Ablauf. Die einzelnen Stufen dieses Ablaufs werden im Folgenden erliiutert.

ca. 1 - 2 Jahre

ca. 20' Jahre

Bild 145: Schema des Projektablaufs

Generell gilt: Fehlentscheidungen in den Frtihphasen "Vorbereitung" und "Projektierung" sind am teuersten.

Oft ist es bis zur Inbetriebnahme einer Windkraftanlage ein nahezu unendlich erscheinender Weg mit vielen Hindernissen, die dann den Sinn einer solchen U nternehmung schon einmal in Frage stellen konnen. Schnell kann ein solches Vorhaben zum "Fulltime-Job" werden. SoU gar ein Windpark erstellt werden, wird tiber gewisse Zeit hauptberufliches Personal kaum zu umgehen sein.

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Db und wann sich die Aufstellung von Windkraftanlagen lohnt, hiingt im Wesentlichen von den nachfolgenden Faktoren ab:

- Windverhiiltnisse am Standort - Hohe der Einspeisevergiitung - Entfernung zur AnschluBeinrichtung

- Technisches Konzept der Anlagen - Kosten der Anlage bei Aufstellung - Pflege und Wartungskosten - Lebensdauer

- Finanzierung aus Eigenkapital und Krediten - Finanzierung aus Fordermitteln - Steuervorteile

Vorbereitungsphase

}smOOon

}w_ge }F~n

Die Rechtsform ist wesentlich fUr die steuerlichen und versicherungstechnischen Aspekte beim Betrieb einer Windkraftanlage. Dem Investor stehen mehrere Rechtsformen bei Grilndung einer Gesellschaft zur Verfilgung. Die gewahlte Rechtsform ist im wesentlichen von dem Projektumfang und den personlichen Verhaltnissen der Betreiber abhangig. Der steuerliche Aspekt des Vorhabens muG bei der Grilndung einer Gesellschaft und der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung immer berucksichtigt werden. Gerade der steuerliche Aspekt sollte durch einen Steuerberater bilanziert werden. Die giingigsten Untemehmensformen bei Vorhaben der Windenergie sind:

GmbH GmbH und Co. KG GbRmbH

1m Folgenden solI der Hintergrund der Gesellschaftskonstruktion kurz aufgezeigt werden.

Hinter der GmbH (Gesellschaft mit beschrankter Haftung) verbirgt sich eine sogenannte Kapitalgesellschaft. Das zur Grundung der Gesellschaft notwendige Kapital steht fUr eine Haftung des Unternehmens zur Verfilgung, somit haftet der Gesellschafter nicht mit seinem PrivatvermOgen. Bei dieser Untemehmensform werden den Gesellschaftem keine privat steuerlich wirksamen Verluste zugewiesen.

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Die GmbH & Co. KG ist eine Sonderfonn der KG, bei der als Vollhafter eine GmbH eingesetzt wird. Sie setzt sieh aus einem persOnlieh voll haftenden, gesehaftsftihrenden Komplementar und den mit ihrem Kapitalanteil haftenden Kommanditisten (den Anlegem) zusammen. Diese Untemehmensfonn steht als Standardmodell fiir mogliehe Beteiligungsgesellsehaften da. Sie verknupft somit die Vorteile der besehriinkten Haftung fUr die Investoren mit den steuerliehen Vorteilen fiir die Anleger.

Die GbRmbH (Gesellsehaft biirgerliehen Rechts mit besehriinkter Haftung) stellt eine Sonderform der den Personengesellsehaften zuzuordnenden GbR dar. Sie ist ein Zusammenschlu6 mehrerer Personen zur Erzielung eines gemeinsamen Zwecks, wobei die Gesellschafter gleiehberechtigt sind. 1m Gegensatz zur reinen GbR (gemeinsame Gesehaftsfiihrung und unbesehrankte Haftung der Gesellsehafter) wird bei der GbRmbH die Haftungsbesehrankung dadureh erreieht, daB naeh auBen gegenuber Dritten ausdriieklieh auf die begrenzte Haftung hingewiesen wird. Nur so kann die Besehriinkung wirksam und ein Ruekgriff von Glaubigem auf das Privatvermogen einzelner Gesellsehafter verhindert werden.

Die Standortauswahl steht in der Vorbereitung eines Windkraftprojektes mit an erster Stelle. Der zuktinftige Standort entseheidet wesentlieh tiber die Amortisationszeit und die Hohe der Rendite des Projektes

Die wirtsehaftliehe Qualitat des Standortes ergibt sieh in erster Linie aus den dort existierenden Windverhiiltnissen. 10% mehr Wind bedeuten bekanntlieh 30% mehr Strom. Ein detailliertes standortbezogenes Windgutaehten kann neben einer direkten Messung vor On Aussagen tiber die Windverhiiltnisse geben. In der Vorphase konnen Potentialstudien, sowie entspreehende Windatlanten Auskunft geben.

Obwohl die Windenergie zu einer der rentablen okologisehen Techniken gehort, darf eine Erriehtung nur an nieht eingesehrankten Standplatzen erfolgen. In Nationalpark, Natursehutzgebieten und Landsehaftssehutzgebieten ist die Energieemte naeh dem existierenden Bauplanungsreeht nieht moglieh. Deshalb sollte eine Bauvoranfrage vor der Durehfiihrung einer Wirtschaftliehkeitsbetraehtung an die zustiindige Gemeinde gestellt werden. Der spatere Kosten- und Zeitaufwand fiir einen Antrag auf eine Baugenehmigung muG in der Analyse beriieksiehtigt werden. Wegen des betraehtliehen Anteils der Fundamentierung an den Investitionskosten, vgl. 14.6, ist eine Begutaehtung des Baugrundes ntitzlieh. Hieraus ergeben sieh dann die Kosten flir ein entspreehendes Fundament.

Urn die gewonnene Stromemte kostengtinstig einspeisen zu konnen, muG die Nahe zum offentliehen Mittelspannungsnetz vorhanden sein. Die Netzanbindungskosten werden von den regionalen Energieversorgungsuntemehmen (EVU) untersehiedlieh angesetzt und hlingen im Wesentliehen von der Anlagengro8e (mogliche installierte Leistung), der Netzvertragliehkeit der Windkraftanlage und den ortlichen Gegeben-

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heiten (freie Netzkapazitiit) abo Durch ein verbindliches Angebot des zustandigen EVU s kann in der Vorbereitungsphase die technische und wirtschaftliche Realisierbarkeit des Projektes abgesclfatzt werden.

Es ergeben sich folgende Schritte:

Rechtsform Auswahl des Standorts

,

AnlagengroBe installierte Leistung

t----____ o-{ Projekt beenden

Projektierungsphase

Bild 14.6: Vorbereitungsphase

Bei einem positivem Ergebnis der Vorbereitungsphase kann eine konkrete Anlagenauswahl aus der Produktpalette der Hersteller erfolgen. Die Projektkosten und die Effizienz der Anlage (Lebensdauer, etc. ) sind entscheidend fUr die Amortisation der Investition.

Projektierungsphase

In der Projektierungsphase kann die Auswahl von GroBe und Typ der Windkraftanlage erfolgen. Oem zukiinftigen Betreiber steht eine gro6e Vielfalt von unterschiedlichen Anlagentypen zur Verfiigung. Urn ein Auswahlverfahren zu vereinfachen, sollten Kostenangebote sowie eine Wirtschaftlichkeitsberechnung eingeholt werden. Beratend stehen hier eine Vielzahl von unabhangigen Ingenieurbiiros zur Seite. Nicht nur die wirtschaftliche Betrachtung der Anlage sollte das Kaufkriterium sein. Der Gesamteindruck des Typs spielt eine wesentliche Rolle fiir die Akzeptanz bei den Nachbarn. Eine Lebensdauer von 20 lahren kann nur durch eine entsprechende

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Konzeption erreicht werden. Somit kann eine einmalig hohere Ausgabe auf lange Sicht wirtschaftlicher sein. Durch Referenzlisten der Hersteller erhalt der Kaufer die Moglichkeit zur Kontaktaufnahrne zu Windkraftbetreibern, urn so rnoglichen Uberraschungen vorzubeugen.

Forder-, Finanzierungsrnodelle und NetzanschluBkosten gehen in die Wirtschaftlich­keitsbetrachtung, die der Hersteller Ublicherweise flir den Betreiber ersteIlt, ein und sollten von dern zukUnftigen Betreiber in der Vorauswahl berilcksichtigt werden und zur Auswahl des optirnalen Anlagentyps filhren. FUr die Realisierungsphase des Projekts sind neben den Fordermitteln ein positiver Bescheid der Baubehorde und eine Finanzierungszusage der Bank notwendig.

BUd 14.7:

Vorauswahl iniger Anlagentype

Auswahl des optimalen Anlagentyps

\---__ ~ Projekt been den

• Realisierungsphase

Projektierungsphnse zur Errichtung von Windkraftanlagen

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377

Realisierungsphase

Der Hauptanteil der Investitionskosten geht in die Realisierungsphase ein. Den Bodenverhaltnissen entspreehend wird das Fundament sowie eine Zuwegung fiir den Anlagentyp vorgesehen. Die H6he der NetzansehluBkosten ist stark von der Anzahl der Windkraftanlagen und der LeistungsgrijBe des Windparks abhiingig.

Der Aufstellungstermin der Anlage sollte in dem Kaufvertrag filr einen bestimmten Zeitraum festgelegt werden, urn so eventuelle Zwisehenfinanzierungen und Ausfall­zeiten zu vermeiden. Bereits in der Realisierungsphase sollte auf einen ltiekenlosen Versicherungsschutz geaehtet werden, der nieht immer vollstiindig dureh den Hersteller der Windkraftanlagen gewiihrleistet ist.

Anlagenkauf

Aufstellen der Anlage

Betriebsphasephase

Bild 14.8: Realisierungsphase

Betriebsphase

Vor der Inbetriebnahme der Windkraftanlage sollte der Be.treiber eine Bauabnahme vorsehen, urn eine Bestatigung tiber die Funktionsttiehtigkeit der einzelnen Komponenten zu erhalten. Bei den jahrliehen Betriebskosten mtissen Versicherungs­kosten beaehtet werden. Der Versieherungsschutz kann je naeh Versieherungstyp fiir allgemeine UnfaIle, Saehschaden sowie Ausfallzeiten eintreten. Je naeh Gr6Benordnung des Projekts sieht der Gesetzgeber eine AusgleiehsmaBnahme fiir die Leistungsfabigkeit

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des Naturhaushaltes vor, da die Errichtung einer Windkraftanlage einen Eingriff in die Natur und Landschaft darstellt. Typische Beispiele sind hier Baumalleen, die vom Betreiber angepflanzt und Uber einen mehrjahrigen Zeitraum gepflegt werden mUssen. Dies fiihrt zu zusatzlichen Kosten, den jahrlichen Ausgleichsabgaben. Wahrend des Betriebs einer Windkraftanlage kommt es zum VerschleiB von Bauteilen. FUr die Kosten der Reparaturen wird aus den laufenden Einnahmen eine RUcklage gebildet. Nebenkosten, wie z.B. Kapitalkosten, Pacht und Wartung sind ebenfalls als wesentlicher Kostenbestandteil in der Betriebsphase zu berucksichtigen. Der fmanzielle Ertrag aus dem Betrieb einer Windkraftanlage ergibt sich dann aus dem erzeugten Strom.

Bauabnahme

Inbetriebnahme

Bild 14.9: Betriebsphase

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379

14.3.2 Wirtschaftlichkeitsanalyse und Wirtschaftlichkeitsrechnungen

Die Investitionskosten und ihre Verteilung

Die Anlagenpreise finden sich in jlihrlich aktualisierten Zusammenstellungen /9, 10/. Eine grobe Vorstellung vermittelt BUd 14.10, das aus Preisangaben der Hersteller fiir 1995 zusammengestellt wurde.

4000

3500

3000

pis 1 kW 2500

DMlm2 uber Rotorradius

WKA-60/11 Aeolus II

• Growian

• Serienanlage

c Prototyp

30kW • Forschungsanlage

2000

1500

1000

500

0

• • ••

0

• •

150 bis 400 kW

500 bis 600 kW

...... 20

1 bis 1,5MW .. • c

40 60 Durchmesser [m]

80

BUd 14.10: Preisje Quadratmeter Rotorflijche (1995) von Serienanlagen

100

Mit zunehmenden Durchmesser ist ein sanfter Preisabfall verzeichnet. Wo aber die Standortbedingungen es erfordem, kann der Betrieb auch von klein en und mittleren Anlagen durchaus sinnvoll sein.

Durch das langsame aber stetige Wachsen des Durchmessers im letzten Jahrzehnt haben die heutigen Anlagen schon fast die Durchmesser der "GroSforschungsanlagen" der 80er Jahre erreicht - mit sehr viel geringerem Kostenaufwand. Die steigende Nachfrage ennoglicht es den mittelsta.ndischen Untemehmen eine kostengiinstige Anlagenleistung im Megawatt-Bereich auf den Markt zu bringen. Die GroSe von Windkraftanlagen ist jedoch begrenzt. Es ist noch nicht absehbar wo die technischen und okonomischen Grenzen bei groBen Rotordurchmessem liegen.

Page 393: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

380

In den beiden folgenden Diagrammen sind die Investitionskostenverteilungen von unterschiedlichen Leistungsklassen dargestellt

300 kW-Klasse

% Windkraftanlage 7' Wer1<

Infrastrul<lur 2% 30/0 5%

Planung u. T ra nsport GenehmlQung u. Montage

600 kW-Klasse

80% Windkraftanlage abWer1<

Infrastruktur ,% 2% 4%

Planung u. Transport Genehmlgung u. Montage

Bild 14.11: I nvestitionskostenverteilung bei verschiedenen Anlagengroj3en

8%

Liegt ftir einen ins Auge gefaBten Standort ein Windhistogramm aus Messung oder gutachterlicher Schatzung vor, liillt sich der Jahresertrag tiber die Leistungskennlinie der Anlage P(v) leicht errechnen

vgl. Kap. 4.3.2. hi ist die relative Haufigkeit der Leistung Pi im Zeitraum T. Ob Pitch­geregelt, Stall-gesteuert, drehzahlfest oder drehzahlvariabel - die Anlagenkonzepte haben hier nUT geringen EinfluB. Wesentlich ist ,daB Wind da ist, denn wie des ofteren erwahnt, bedeutet 10% weniger Wind im Betriebsbereich bis zur Nennleistung der Maschine praktisch 30% weniger Ertrag.

Wirtschaftlichkeitsbetrachtung • Die Rechnung des ersten Jahres

Wird zusiitzlich zu den anfangs anfallenden Investitionskosten der Zeitaspekt, sowie die Finanzierung des Projektes berticksichtigt, lassen sich Aussagen tiber die Wirtschaftlichkeit des Betreibens einer Windkraftanlage treffen. In diesem Fall sind die Betriebskosten ftiT Wartung, Versicherung und Pacht, sowie Zinsen und Tilgungsraten ftiT aufgenommene Kredite zu beach ten. Diese Ausgaben fallen in unterschiedlicher Hohe wiihrend der gesamten Nutzungsdauer der Windkraftanlage an.

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381

Wie im Abschnitt 14.3.1 beschrieben wurde, sind vor allem die Faktoren

- Windangebot - Investitionskosten - Investitionskostenzuschiisse - Betriebskosten - Zins- und Tilgungssatz - Einspeisevergiitung

fUr den erfolgreichen Betrieb einer Windkraftanlage entscheidend.

An einem einfachen Beispiel wird nun die Rentabilitatsbetrachtung des ersten Jahres eines Windkraftanlagenprojektes beschrieben:

FUr einen typischen Binnenlandstandort mit einer mittleren Windgeschwindigkeit von 5,6 m/s auf Nabenhohe wird eine Windkraftanlage der 600 kW-Klasse mit einem Durchmesser von ca. 44 Metero gekauft. Die Investitionskosten (Bild 14.10 und 14.11) belaufen sich auf 1.150.000 DM. Das angefertigte Gutachten prognostiziert fUr die sen Standort einen jahrlichen Energieertrag von 795.000 kWh. Ein Investitions­kostenzuschuB von 15% wird nach dem Baubescheid erteilt. Das aufzunehmende Kapital wird von der Hausbank mit einer Zinsrate von 7% gewahrt. Die Tilgungsrate sei variabel und yom erwirtschafteten UberschuB abhangig. Eine Zusage des ortlichen Energieversorgungsunteroehmens, den erzeugten Wind strom zu 0,1728 DM/kWh abzunehmen, sei ebenfalls vertraglich festgehalten.

Mit diesen Voraussetzungen kann nun eine Gewinn- und Verlustrechnung bilanziert werden:

Investition InvestitionskostenzuschuB Investitionssumme

Betriebskosten Zinsrate (7%) Einnahmen UberschuB

- 1.150.000 DM + 172.500DM -977.500DM

- 30.000DM - 68.425 DM

+ 137.376DM +38.951 DM

Der erwirtschaftete UberschuB ergibt sich aus dem Erlos durch die Stromeinspeise­vergiitung minus den anfallenden Kosten. Das Ergebnis mJ.lJl positiv sein, damit das Projekt wirtschaftlich betrieben werden kann. Dieser Geldbetrag kann nun zur Tilgung der Kredite verwandt werden. Ob das steuerlich die beste LOsung ist hangt von der Rechtskonstruktion der Betreibergesellschaft abo Auch wenn Eigeokapital vorhanden ist, sieht diese Rechnung giinstiger aus. Diese Rechnung muB nun Jahr fUr Jahr unter Beriicksichtigung von aktuellem Zinssatz, von geanderten Einspeisevergiitungen, uSW. wiederholt werden.

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382

Empfindlichkeitsbetrachtung

Die oben vorgefl.ihrte Rechnung ist recht empfmdlich gegen Fehlannahmen der

-Windgeschwindigkeit

- InvestitionskostenzuschuB

- EinspeisevergUtung

Yom Zinssatz nehmen wir an, daB er zumindest fUr das erste Jahr bekannt und fest ist.

200 Gewinn / Verlust rin % der Investitionskosten)

150 T

100 + 50 s

2 18 20

-50 i ~~====----5rTiIs -100 ~ 5m/s

I -150 1

BUd 14.12: Ruckerwirtschaltung der Investitionskosten von 1.l5 Millionen DM in Abhiingigkeit von der mittleren Jahreswindgeschwindigkeit und der Zeit bei 17.28 PI/kWh Einspeisevergutung und 15% InvestitionskostenzuschuJ3

Das Bild 14.12 zeigt wieviel Jahre die Anlage arbeiten muB (unter Annahme sonst

konstanter Bedingungen wie Zinssatz, Betriebskosten, usw.) urn die investierte Summe

zurUckzuerwirtschaften. FUr das Beispiel ist erkennbar, daB bei einer mittleren

Jahreswindgeschwindigkeit von 5,6 rn/s erst nach 15 Jahren, die investierte Summe

erwirtschaftet ist. Die bescheiden hOhere Windgeschwindigkeit von v = 6 rn/s laBt

diesen Zeitraum auf elf Jahre schrumpfen.

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383

Gewinn I Verlust

100 j,(in % der Investitionskosten)

50

I

o L-~· ~-+~-----+-__ --j __ -+::;;""","'-+--::~~"""'~"""'~+_~&\: -sol I

2 4 6

-100 f, ::::::===-----I

-150 1

Bild 14.13: Riickerwirtschaftung der Investitionskosten bei unterschiedlicher Hohe des Investitionskostenzuschusses

Bild 14.13 zeigt die nieht minder groBe Empfindlichkeit der Jahre bis zu vollstlindigen RUckzahlung der Investition gegenUber der Rohe des gewiilirten Zuschusses. Ohne ZuschuB ist die vorgerechnete Anlage erst in zwanzig Jahren bezahlt.

200 ~ Gewinn I Verlust I (in % der Investitionskosten)

150 r 100 +

i

501 I

o L __ -+_.~---t __

~ 2 4 I

-SO-~I ~==== -100 ~

I -1S0 ,.

M

Bild 14.14: Ruckerwirtschaftung der Investitionskosten bei unterschiedlicher Hohe der Einspeisevergutung

Bild 14.14 schlieBlich zeigt die Empfmdlichkeit gegenliber Anderungen der in der Rohe der Einspeiseverglitung. Sehr deutlich wird, wie deren Festlegung in die betriebs­wirtschaftliche Rentabilitiitsbetrachtung eingeht. Hier wird die praktische Konsequenz der volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen, wie z.B. die Festlegung der Einspeise­bedingungen dUTCh den Gesetzgeber, besonders deutlich sichtbar.

Page 397: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

384

Literatur:

/1/ Hohmeyer, Windkraftanlagen Marktiibersicht 1994 Interessenverband Windenergie Binnenland, Osnabriick 1994

/21 E.Roth Energetischer Vergleich von Kraftwerken Brennstoff-Wiinne-Kraft, Bd. 46 (1994)

/3/ Adler, U. DGS - Sonnenenergie, Heft 6/1993, MUnchen 1993

/4/ Keuper, A. DEWI-Magazin Nr. 6, Wilhelmshaven 1995

/5/ Ziesing, H.-J. Tagungsband UTECH'95, Berlin 1995

/6/ Handelsgesetzbuch Beck Texte im dtv, 24. Auflage 1990

/6/ WIND Directions Volume XIV N04 July 1995

n/ Veltrup, M. Wirtschaftlichkeit von Windkraftanlagen DEWI-Magazin Nr. 2, Wilhelmshaven 1993

/9/ Windkraftanlagen Marktiibersicht Interessenverband Windenergie Binnenland, Osnabriick 1995

/10/ Windkraftanlagen / Markt Husum Messe Verlag, Husum 1995

Page 398: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

385

Scblagwortverzeu;bnis

A Belastungen Abgespannter Mast 37,83/ -konstante 184f Abschalt(wind)geschwindigkeit 54,73 - kurzzeitige 185ff Abschaltbremse --.Bettiebsbremse -8US BOen 185ff Abspannseile 83 - 8US Windnachfiihrung 188f Aerodynamische Blattauslegung 58 Berg-Tal-Winde 99f - nach Betz l20ff Beton -Kennwerte und Eignung 195 - nach Schmitz 141ff Betontunn 37,81/ Aerodynamische Bremse 33,37,69, 74~314/ Belriebsbremse 36f,69,73/ Aerodynamische Unwucht 59, 74, 206, 336/ Betriebsfestigkeit 192ff Ahnlichkeitsregeln 198ff Betriebsfiihrung 53f, Kap.ll Ahnlichkeitstheorie 198ff Bettiebskosten 380fT Alu-Strangpre8proflle 6lf Betriebspunkte 165, 167 Aluminium -Kennwerte und Eignung 195f - von Windpumpsystemen 224/,232ff Amerikanisches Windrad --'Westemmill - von stromerzeugenden WKAs 240f,26Of, 282f Amortisation 379fT Belriebsstunden 38 Amortisationszeit Betzsche Leistung 123f - energetische 363ff Bewllsserung 48,207ff - wirtschaftliche 374,38Off Bewegungsgleichungen, linearisiert 331 Anemometer l04ff Biegespannungen 63f AJUage,hydnnUische 208,221/ - 80S Luftkrllften 20lf Anlaufhilfe 78,214 - 8US Massenkriiften 204 AJUaufmoment 59, 223, 230/, 262 Blattanstellwinkelverstellung --'Pitch-Regelung Anregungsfrequenzen 206 Blattautbau 36,60/ Anstr()mgeschwindigkeit 130 Blattelementmethode 152ff AnstrOmung eines LangsamUiufers 165f - Grenzen 179 Anstr()mung eines SchnelUiufers 167f Blaltgeometrie 19,58,6lf,132jf AnstrOmverhllltnisse 163f Blattiefenverlauf 62,133/, 144ff Antriebsmoment 155 Blattneigungswinkel 350 Antriebsstrang 33, 36f, 66ff, 86ff Blattprofll 59 - Dynamik 342 Blattschwingungen 34lf Anwendung 34,37 Blattspitzenverstellung -'Aerodynamische Asynchronmaschine 274 Bremse - polumschaltbar 36,279 Blattverstellung --'Pitch-Regelung Auffiideln der Profllschnitte 150 Blattwinkelregelung --'Pitch-Regelung Auftrieb 12,27f,126 Blattwurzel 61 Auftriebsbeiwert 27f, 126/, 129 - Belastungen 63ff,200ff Aus-dem-Wind-Schwenken 36,80,305,308 Blattzahl 36f,59, 133 Ausgleichswinde, lokale 98f Blindleistung 244,288 Auslegungswindgeschwindigkeit 53ff,226f Blindstrom 253 Au8enpolmaschine 249 Bockwindmilhle 12 Autonome Energiesysteme --'Hybrldsysteme, Bodengrenzschicht 56,64,99ff, 19Of, 333, 341

--'lnselbetrieb Bodenrauhigkeit l00f Axialschub --'Rotorschub BOen 100f/, 185ff Azimutantrieb 33,36, 71ff, 86ff Bremse 18,33,37,69, 73ff, 86ff Azimutlager 33,86jf Bremsklappe 74,314/

BremsmanOver 73,189

B Batterielader 48ff, 80, 260

C Baureihen 198 Bauwinkel 134 CFK 60

Beanspruchungen 52ff, 63ff, 73, 76f, - Kennwerte und Eignung 195f

184/,2OOf Chinesisches Windrad 10 Cooolis-Kraft 97

Page 399: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

386

D 03-Kopplung Dampfmaschine Dllnisches Konzept Darrieus-Rotor

Dauezbrik:he Dauerfestigkeit

66 21

38, 4 Iff, 44ff, 282, 316 10,28,40,50,57,62,71,

83,346ff 182,l85ff

Dimensionierung von Windturbinen Direktumrichter

193 147ff

284 140/,146ff

33,86ff 240 259

Drallverluste Drehkranz Drehstromgeneratoren Drehstrommaschinen Drehzahl - des Rotors - spezifische, der Kreiselpwnpe

36,57/ 233ff

213 64,303

58,75ff,81 257

50ff, 63f, 7If,

- spezifische, der Pumpe Drehzahlbegrenzung drehzahlvariabler/-konstanter Betrieb Dreieckschaltung Dynamik von Windkraftanlagen

- Modellierung - Ubersicht Dynamomaschine - fremderregte - permanenterregte

E Ebene Plane Effektivwert Eigenformen Eigenfrequenzen Einbauwinkel Einblattrotor

80, 331ff 344 332 241 249 249

128 245

333,357 81,200, 205f, 333

134 50f, 59, 66, 71

336f 54

6,361,382ff ~Netzparallelbetrieb

308

- Dynamik Einschaltwindgeschwindigkeit Einspeisevergiitung Einspeisung von Strom Eklipsenregelung Elektrisch gekoppelte Kreiselpumpe 48ff,215,

264ff 50

207ff 109ff,364f

Iff 6ff If 5

109,114f

Elektrische Welle Energie, hydraulische Energieertrag Energieerzeugung, regenerative Energiepolitik Energiequellen, fossile Energiesparen "Energy-Pauern-Faktor" Entwllsserung Entwicklungskosten EntwicklungsUinder

13, 15, 48, 207ff Kap.14

Iff, 34, 207ff

Ersatzschaltbilder Ertrag, finanziell Ertragsaussage - AbschlUzung Exzenterschneckenpumpe

F

243 Kap' 14

l08ff, Kap. 14 108ff, 115f

212,214

Fahnenstellung ~Pitch-Regelung Fail-safe-Betrieb 73/,77 ~KW 3 Feinsynchronisation 291 Feldregler 261 Festigkeit 182, 193ff FUlchenfiillungsgrad 59,134, 347, 356 Fliehkraftanregung 334 Fliehkrlifte 64, I 82ff, 200,334,341 Fliehkraftregler 74, 77/,311 Fliehkraftversteifung 205,341 Fliigel 164, ~Blatt ... FliigelfuB -Belastungen 63ff, 200, 202 Fliigelgeometrie 19,58, 6lf, 132ff Fliigelradanemometer 105f Fliigeltiefe 61, 133/ - nach Betz und Schmitz, normiert 144 FOrderarbeit, spezifische 211 FOrderbedingungen 209f F~he 209ff - geo<llitische 22lf FOOIerlcennlinie der Windpwnpe 225f F&derpolitik 6, 38ff, Kap. 14 FOrderstrom 209ff FOrdervolwnen 226 Formfaktor 113f Fossile Energiequellen If Freitragender Turm 82,86ff Frequenzschwankungen Kap' 14 FrequenzverhlUtnis 200, 205 Froude-Rankinesches Theorem 124f Fundament -Kiriindung

G Galerie-Windmiihle Gelenkige Blattaufhl1ngung Generator - permanenterregter - selbsterregter Generatorleistung Geostrophischer Wind Geschichte

16 62ff

33, 36, 48, 50, 86[[ 248[f 248f[

~Nennleistung 97

- bis 20 Jh. 9ff - ab 20 Jh. 38ff Getriebe 13, 33, 36[, 48ff, 66ff, 86[[ Getriebeanpassung (Windpumpsysteme) 235ff Gewaltbriiche 182 Gewicht, Biegespannungen durch 204 G~ ffi - Kennwerte und Eignung 195[

Page 400: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

387

Gieclager 33,86ff Kippmoment 278 Giecmotor 33, 36, 72, 86ff Kipprotor 309f Gittertunn 33,81/ Kippschlupf 278 Glauerts empirische Formel 175f Klappen (Brems-) 74f,314/ Gleichstrom-Zwischenkreis 37,271,280, 285ff - Momentenbeiwerte 314 Gleichstromgenerator 240 Klassenbreite no Gleitzahl 60,129 Klemmenspannung 243 Goodel 33,70,86ff Klimaverilnderungen 2ff Grenzschicht ~Bodengrenzschicht Klo6sche Formel 278 GroBanlagen 38ff Kohlefaserverstarkte Kunststoffe ~CFK

GroBeneinfluB 201 Kohlendioxid If Griiodung 83 Kolbenpumpe 212ff,220ff

- Drehmoment 222.fJ, 230ff

H Konuswinkel 65,184/

H-Darrieus 36,50,57,348,358 Konzentrator 48

Haufigkeit, relative 11 Off Kosten

Hauptdaten 36,56/ - arten 368f

Hauptlager 33,68,86ff - extern, sozial 36lf

Heizwiderstilnde 326 KrIU'te

Herstellkosten 370 - Zeitverlauf 182

Hindernisse 101 - periodische 182,189.fJ

Hitzdrahtanemometer 107f - stochastische 182

Holliindermiihle 14ff - konstante 182

Holm 60,188/ - kurzzeitige 182,184/

Holz Kreisdiagramm 277

- Kennwerte und Eignung 195f Kreiselmomente 71,188

- Rotorblatter 61 Kreiselpumpe 212, 214, 220ff

Hybridsysteme 48ff,29Off - Drehmoment 222ff

Hydraulische Anlage 208,221/ - Druckzahl 233ff

Hydraulische Energie 207f - einstufig 212,214 - Laufraddurchmessec 233ff - mehrstufig 212,215

I - Nenndrehzahl 233ff Individuelle Schlaggelenke 48, 63ff, 185 - NennfOrderstrom 233f Innenpolmaschinen 249 - Pumpenkonstante 236ff Inselbetrieb 34, 48ff, 78, 267, 326f, 364 - spezifische Drehzahl 233ff Installierte Leistung ~Nennleistung Kunstoffe -Kennwerte und Eignung 195f Instationarer Betrieb 331 Kupplung 33, 66.fJ, 258ff Investitionskosten 379 KurzschluBliiufec 257 - zuschuB 381 KurzschluBstrom 243

KurzschluBversuch 277 J Kiistenregionen 93

Jahrhundertwindl-bOe 73, 183, 185 Jalousienfliigel 18 L

Lagec ~Rotorlager, ~Drehkranz

K Laminate --K:FK, ~GFK, ~Blattaufbau Kennfeldbecechnung 152ff Langsamlaufer 58,163 - Iteration der 172 U1ngsschwingungen 338 Kennfeldec 161ff Larm 57,59,68 Kenngr08en 198f Lastfiille 183ff - dimensionslose 198 Lastfallkombinationen 183 Kennlinie 156ff Laslregelung 320fT - eines Langsamliiufers 159f Lastspielzahl 193 - eines Schnellaufers 157f Lastzuschaltung 326 Kernenergie 4f Ulufec 280 Kettenpumpe 212,215 Uluferbauformen 259 Kinetische Energie 120 Laufruhe ~Dynamik

Page 401: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

388

Leelllufer 36,57 - Dynamik 337ft' ~ 1M Leerlaufversuch 277 Leisnmg -+Rotorleistung, -+Nennleistung - hydraulische 209,2111 - mechanische, der Pumpe 211 Leisnmgsbeiwert cp 22, 25f, 28f,122,

148, 156f, 163 54, 108ff, 111

38ft' Leistungskennlinie Leistungsklasse Leistungsregelung/-begrenzung 18f,36f,

75ff,302ff 324 290

23,27,29,126ff 23,27,29, 126ff, 200, 331

36,57

Leistungssollwert Lieferprioritllt Luftkraftbeiwerte Luftkriifte LuvUlufer

M Mammutpumpe 212,215 Maschinenhaus 33,69, 86ft' Maschinensatz -+Triebstrang Maschinentrllger 33, 66ff, 86ft' Massenkrllfte 331 Massenunwucht 206, 3331 Mast 37f, BOff, 86ff Materialkennwerte 195f Maximale Entwurfswindgeschwindigkeit

-+Uberlebenswindgeschwindigkeit Mechanisch gekoppelte Kreiselpumpe 48, 212,

MechanischeBremse Mechanischer Regier Megawatt-Anlagen Membmnpumpe Mittel wert, linearer

214,220ff -+Bremse

18, 74, 7B, 303 -KiroBanlagen

212,214

Mittlere Windgeschwindigkeit l04f,1081

55, JOBI 198ft' Modellgesetze

Moment Momentenbeiwert Monsune

N

-+Rotordrehmoment 156, 158, 163

96f

Nabe 33,36,62ff Nabenh6he 36,56 Nachlaufrichtungssteuerung 71 Nennleistung 36,56 Nennwindgeschwindigkeit 54 Netzausfall 55 Netzparallelbetrieb, Netzeinspeisung 33,270 - drehzahlvariabel 77, 270, 2B4 Netzunabhllngige Windkraftanlage -+lnselbetrieb Normallcrafi 352 Nocmen 196 Notabschaltung 54f Notfallbremse 37, 73f, 86ff

Nutzung

o Optimalauslegung (Rotor) Orientierung der Rotorachse Orographie

p Paltrockmiihle Passiver Leelauf Pendeln (Generator)

33ft'

132ff 36,57

9Bff, 102, Il6f

16 71

291 Pendelnabe Permanentmagneterregter Generator

38,651 36,50,

249.263 Persisches Windrad Pitch-Regelung

10.24 36f. 46ff. M. 68f. 761.

169f1. 306f,320ff - zu kleineren Winkeln (Fahne) 76f. 306 - zu gr66eren Winkeln (AbriS) 78. 307 Planung u. Betrieb v. WKA 372ff Primarenergiebedarf 5f Produktionsbetrieb 53f Profil 59 - Ebene Platte 128 - G6ttinger 129 ProfJlkataloge 128 Profilverluste 136f Profllwiderstand 176 Projektierung 372ff Propellermoment 311 Pumpe 211ft' - Bauarten 212ft' - sinnvolle Kombinationen mit WKAs 217ff - Wirkungsgrade 2llf - Zusammenwirken mit Windturbinen 217ft'

Q Quellspannung Querschwingungen

R Randumstr6mung Rayleigh-Verteilung Re Rechteckblatt Regelkennfeld - der Zweifahnenregelung - der Turbine. linearisiert Regelstrecke - Fliehkraftregler - Windturbine Regelung - dlnisches Konzept -einfache - durch Winddruck - proportionalwirkend

241 340

l73f 113ff

-+Reynoldszahl 62.205

309 330

312 304

302ft' 316

303.307ff 307f 311

Page 402: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

389

- schnelle 315ff Schubkraft 155,164 Regelungsdifferentialgleichungen, linear. 327ff Schwachwindgebiet -7Standort Regenerative Energien Iff Schwefeldioxid 1 RegIer 74. 78/, 303,311/ Schwenkbiegung 63f. 184. 34lf ReiSUinge 194f Schwedaaft 331 Renumenzspannung 249 Schwingungen ~Off. 59. 64f, 7lf, 80ff, 331ff Rentabilitiit 381 - aus Umfangskraftdifferenz 340 Resonanzfall 335 - Goodel und Tunn 80ff.334/ "response Ufige" 105 Schwingspielzahl 193 Reynoldszahl 199,206 See-Land-Brise 98 - kritische 200 Segelflilgel 10, 14, 48, 79 Richtlinien 73, 192, 196/ Seitenfahne 308 Richtungsnachfiihrung des Rotors 7lf Seitenrad 72 Rohrtunn 82f Selbstllndiger Nachlauf 71 Rosette 72 Sicherheitsbremse 37, 73f, 86ff Rotor 33, 36, 57ff, 86ff Sicherheitssysteme 55 Rotorblatt -7Blau ... Spoiler 74,314/ Rotorblattaufhl1ngung -7Nabe Springseilkurve 348 Rotorblattverstellung -7Pitch-Regelung Stahl -Kennwerte und Eignung 195f Rotorblattzahl -7 B1attzahl Stahlrohrtunn 8lf Rotordrehmoment 57,164 Stahlrotorblatt 60 - partielle Ableitung 328 Stahltunn 8lf Rotordrehzahl 36,57ff Stall-Regelung 36,75,307 RotordW'Chmesser 36,56 Standardabweichung 108 - wirksamer 139 Stl1nder 280 Rotorlager 33,67,86ff Standort 55f,115 Rotorleistung 36,56/, 155,163 Standortauswahl 374 Rotornabe -7Nabe Starkwindbetrieb 54, 77 Rotorschub 123/. 337f Starkwindgebiet -7Standort Rotorwelle 33, 66/, 86ff StarreNabe 63 Rovings 60 Statik. Ubersicht 182ff,332

StatiorUlrer Betrieb 331

S Staudruck 123

Savonius-Rotor 10 Steifer Trum 81

Schalenkreuzanemometer 25f,l04f Steifigkeit 195f

Schall(reduktion) -7U!nn Stemschaltung 257

Schallgeschwindigkeit 195f Steuerung 53f,302ff Stickoxid 1 Schaumkem 60 SWnmgen 55 Scheibenbremse -7Bremse

Schenkelpollaufer 259 Strah1ungsbilanz 95

Schlagbiegung 63ff, 184, 34lf Stromeinspeisegesetz 361

Schlaggelenk 48,63ff, 185 Strompreis aus Windenergie 6, 361. 382ff

Schlankheit des Rotors 347.356 StrOmungsabri8 -7Stall-Regelung

SchleifringIaufer 258 StrOmungskonzentration -7Konzentrator

Sch1euderbetontunn 81 Strukturbelastungen 62f, 75f, 182ff

Schlupf 274 Sturmsicherungen 37, 73/, 86ff,303

Schmitz Diagramm 148 S ynchrondrehstrommaschine 250

Schmitzsche Aus1egung 141 Synchronisation 312

Schneckentrogpumpe 212.215 Synchronisier-Fenster 291

Schnellaufer 58.163 Synchronisierung 250

Schnellaufzahl 19, 25ff, 36f, 58 - Auslegung 130 T - Leerlauf 164 Tagesf6rdervolumen 209f,226 - optimale 160, 158. 229f Tangentialbeiwert 353 SchraganbIasung 190/,306 Tangentialkraft 352 Schub 123/,337f Teillastverhalten 152ff Schubbeiwert 160,156, 158 Temperaturanstieg 3ff

Page 403: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf

390

Tiefenvt7lauf Tiefsetzsteller Tipvt71uste Titan -Kennwerte und Eignung Torsionsschwingungen Tragfliigeltheorie Traglinienverfahren Tr.lnkwasSt7Versorgung Transformator-Ersatzschaltbild Trapezfliigel Treibhauseffelct Triebstrang Trinkwasserversorgung Trudeln Turbinenkennfelder Turbulenzgrad Turm TurmMhe Tunnkopf

62,133/, 144f 261,288

137f 195f 342

126f 180

207ff 275

62 3ff

33, 36f, 66ff, 86ff 209f

76 16lf 108

33,37, BOff

Tunnkopfmasse Turmnachlauf/-schatten/-vorstau

36,56 33,70, 86ff

70, Blff, 334 57, 190,

333, 337f 14 Turmwindrniihle

U Uberdrehsicherungen Ubererregung Uberkritischer Betrieb Uberlebenswindgeschwindigkeit Ubersynchrone Stromrichtcrkaskade tn~halIanemometer Umfangsgeschwindigkeit Umfangskraft

303 253

335f 54

284 100f

130, 194f 155 254

335f 373f

Unteft7regung Unterkritischer Betrieb Untemehmensform Unwucht - aerodynamisch - Masse Up-Scaling

v

206 206,332ff

39, 198

Verbundbauweise 60 Verluste 136ff Verlusthohe 221 Verstellung des Blauwinkels ---+Pitch-Regelung VertikalachSt7 9ff, 28, 36,40, 50,

Verwindung Vielblaurotor VollpolUlufer

W Wasserllirderung Wechselstrommaschine Weibull-Verteilung Weicher Turm

57,62,71,83,346ff 61,146

---+Westemmill 259

13, 15f, 48, 70, 207ff 241,250

113ff 82

Welle Westemmill WidelstandsbeiwMe Widel'standsheizung Wido'standskraft Widt7standsmomente Wind - Bodemulhe - Entstehung - katabischer Wind/Diesel-System Wind/Solar-System Winddreiecke Windfahne Windgeschwindigkeit - globale Verteilung Windhistogramme - idealisiert Windklassierer Windkraftan\agen - Entwicklung - FOrderung Windleistung Windmessung - Auswertung Windnachfiihrung Windpark: Windpumpe - Anlaufverhalten - FOrderkennlinie - Gesamtwirkungsgrad - Giitegrad - Nennbetriebspunkt - Nennwindgeschwindigkeit

33, 66/, 86ff 16f, 20, 50, 58ff, 80

126f 262

23,29,126 202, 204

99ff 94ff 98f

---+Hybridsysteme ---+ Hybridsysteme

129/, 199 71, 308

93ff,382 93

l08ff 113

110ff

7ff,3Bff 6,3Bff

21, 120ff 103f[ 103f[

17,33, 36f, 57, 188 44ff

207ff 220, 230ff

225f 225

226f 228, 232f

227ff,236f Windpumpe mit Kolbenpumpe - Anlaufverhalten 23Of[

227ff - Auslegung Windpumpe mit Kreiselpumpe - Auslegung Windpumpsystem - Auslegung - elektrische Kopplung - mechanische Kopplung Windverhllitnisse, Europa Wippmiihle Wirkleisung W irtschaftlichkeit

Z Zentrifugalregler Zirkulation - Hadley - Rosby Zweiblaurotor Zweifahnenregelung Zyklone

233ff 48f

226ff 264ff 207[[

94 13

244 360ff

73,78/,311 95 96 96

51,59, 65, 72 308 %f