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Wirkung des Cocains auf das Froschherz und seine Gew~hnung an das Gift. Von M. Kochmann1). (Aus dem Pharmakologischen Institut der Universit~t Halle.) Mit 16 Textabbildungen. (Eingegangen am 29. April 1921.) Es war nrsloriinglieh geplant worden, die Wirkung der Lokalan~sthe- tica auf das Froschherz einer vergleiehenden Untersuchung zu unter- ziehen. Im Lauf der Arbeit zeigte es sich, dal3 mit dem Coeain eine Reihe von Ergebnissen erzielt wurde, die einer VerSffentlichung weft erseheinen dfirften. Uber die Wirkung des Cocains auf das Froschherz liegen eine Anzahl von Arbeiten vor, die Poulsson~) in dem betreffenden Absehnitt des Handbuchs der experimentellen Pharmakologie yon Heffter kritisch zusammengestellt hat. Die einen Autoren halten das Cocain ffir ein diastoliseh wirkendes tterzgift (vgl. v. Anrep), das in sehr kleinen Gaben keinen Einflul~ zeigt, nach Mosso aber das Herz zu erhShter Frequenz und VergrS~erung der Amplitude anregt. Nach diesem eben genannten Untersucher soil, das tierz auf groite Gaben yon Cocain einen systolischen Stillstand zeigen, was yon Dastre und Pouehet best~tigt wurde. In neuester Zeit hat Weiler 3) diastolische Erweiterung mit starker Pu]sverlangsamung und schliel31ich Herzstillstand in Dia- stole be0bachtet. Im Anfang konnte bei Pulsverlangsamung eine Zu- nahme der Amplitude wahrgenommen werden. Versehiedene Autoren berichten fiber .eihe Arrhy~hmie des I-Ierzschlages. Rip pel 4) fiihrt diese Erscheinungen (regelm~13ige Vorhofkontraktionen bei Unregelm~l~igkeit in der Sehlagfolge der Kalnmer) auf Ersehwerung des Uberganges der Reize vom Vorhof zur Kammer zurfick. Zur Erk]~rung der Tatsache, dab die VorhSfe l~nger sehlagen als die Kammer nimmt v. Anrep 1) Ein Tell der Versuche wurde unter Mitwirkung des tierrn Dr. G. Apitz, damals Volontgrassistent am Institut, angestellt. 2) E. Poulsson in A. I-Ieffter, Handb. d. experim. Pharmakologie. Ber- lin 1920. 3) L. Weiler, Arch. f. exp. Pathol. u. Pharmakol. 80, 131. 1917. *) A. Rippel, Arch. L Pharmazie ~58, 287. 1920.

Wirkung des Cocains auf das Froschherz und seine Gewöhnung an das Gift

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Wirkung des Cocains auf das Froschherz und seine Gew~hnung an das Gift.

Von M. Kochmann 1).

(Aus dem Pharmakologischen Institut der Universit~t Halle.)

Mit 16 T e x t a b b i l d u n g e n .

(Eingegangen am 29. April 1921.)

Es war nrsloriinglieh geplant worden, die Wirkung der Lokalan~sthe- tica auf das Froschherz einer vergleiehenden Untersuchung zu unter- ziehen. Im Lauf der Arbeit zeigte es sich, dal3 mit dem Coeain eine Reihe von Ergebnissen erzielt wurde, die einer VerSffentlichung weft erseheinen dfirften.

Uber die Wirkung des Cocains auf das Froschherz liegen eine Anzahl von Arbeiten vor, die P o u l s s o n ~ ) in dem betreffenden Absehnitt des Handbuchs der experimentellen Pharmakologie yon H e f f t e r kritisch zusammengestellt hat. Die einen Autoren halten das Cocain ffir ein diastoliseh wirkendes tterzgift (vgl. v. A n r e p ) , das in sehr kleinen Gaben keinen Einflul~ zeigt, nach Mosso aber das Herz zu erhShter Frequenz und VergrS~erung der Amplitude anregt. Nach diesem eben genannten Untersucher soil, das t ierz auf groite Gaben yon Cocain einen systolischen Stillstand zeigen, was yon D a s t r e und P o u e h e t best~tigt wurde. In neuester Zeit hat W e i l e r 3) diastolische Erweiterung mit starker Pu]sverlangsamung und schliel31ich Herzstillstand in Dia- stole be0bachtet. Im Anfang konnte bei Pulsverlangsamung eine Zu- nahme der Amplitude wahrgenommen werden. Versehiedene Autoren berichten fiber .eihe Arrhy~hmie des I-Ierzschlages. R i p pel 4) fiihrt diese Erscheinungen (regelm~13ige Vorhofkontraktionen bei Unregelm~l~igkeit in der Sehlagfolge der Kalnmer) auf Ersehwerung des Uberganges der Reize vom Vorhof zur Kammer zurfick. Zur Erk]~rung der Tatsache, dab die VorhSfe l~nger sehlagen als die K a m m e r nimmt v. A n r e p

1) Ein Tell der Versuche wurde unter Mitwirkung des tierrn Dr. G. Apitz , damals Volontgrassistent am Institut, angestellt.

2) E. Poulsson in A. I-Ieffter, Handb. d. experim. Pharmakologie. Ber- lin 1920.

3) L. Weiler, Arch. f. exp. Pathol. u. Pharmakol. 80, 131. 1917. *) A. Rippel , Arch. L Pharmazie ~58, 287. 1920.

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an, da$ die Cocainempfindliehkeit des Ventrikels grSSer als die der VorhSfe sei.

Die Versuche, die im folgenden besehrieben werden, wurden an den isolierten Frosehherzen frisch gefangener Sommer- und Winter- frSsche, zum Teil aus, besonderen Grfinden an den Herzen fiberwinterter Tiere angestellt. R. esculenta und temporar ia ha t t en im allgemeinen die gleichen Versuchsergebnisse.

Die Herzen sehlugen an der Straub-Fiihnersehen Kantile, die Fiillung betrug 1 ccm RingerlSsung, die folgendermaBen zusammengesetzt war: Fiir Sommer- frSsche: NaC1 6,0 g, KC1 0,075 g, CaC12 0,1 g, NaHCOa 0,1 g auf 1000,0 cem H20; f~" WinterfrSschel): ~aC1 6,0 g, CaC12 0,24 g, KC1 0,42 g, ~NattCO3 0,3 g a u f 1000,0 ccm It20. Am besten schlagen die Herzen, wenn man sie nach der Ent- nahme aus dem Tier etwa eine Stunde mit einer verdiinnten Froschblut-Ringer. 15sung arbeiten 1/~Bt und erst nachher diese BlutlSsung dm'ch reine l~ingerlSsung mehrmals ersetzt. Die Lssungen des Cocains wurden in der Weise hergestellt, dab wir zun/~ehst eine LSsung yon n/10 o = 0,34% Cocainum hydrochloricum in destflliertem Wasser bereiteten. Die erforderlichen Verdiinnungen wurden jedesmal frisch aus dieser StammlSsung hergestell t, weil das Coeain in den schwachen Konzentrationen bei alkalischer Reaktion schnell einer Spaltung unterliegt. Auch die StammlSsung wurde mindestens alle Wochen erneuert.

G r e B e C o c a i n g a b e n : 1/1000 M o l . - L S s u n g e n ~-- 0,034~o rufen fast umni t te lbar nach der Besehickung der Kanfile mit der GiftlSsung dia- stolischen Herzst i l ls tand hervor.

Abb. 1. Wirkung yon ~/~ooo Cocain �9 l t~ l . S t i l l s tand und atlndihliche E~-holung bis zur I ~ l b i e r u n g .

Der Ventrikel s teht zuerst still, wahrend der Vorhof noeh einige Zeit welter sehl~gt. 1)as Herz bl~iht sieh s iehtbar langsam auf und sieht sehliei3]ich wie ein straff mit Luf t geftillter Ballon aus. Seine F o r m n~hert sieh also der einer Kugel, das heigt, es wird im Querdurehmesser

2) Nach C. Amsler und A. FrShl ieh , Zeitschr. f. d. ges. exp. Med. li , 107. 1920.

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erweitert und in der Langsachse verkfirzt, so dab bei der gew6hnlichen Aufschreibung der Herzkontraktionen (L~bertragung der Bewegungen der Herzspitze auf einen leiehten Schreibhebe}) die FuBlinie trotz maxi- maler Diastole nach oben steigt und dadurch einen gewissen Kontrak- tionszustand vort~uscht. Nach 1/2--1 Stunde setzen, ohne dab ein Wechsel der Herzfiillung s~attgefunden h~tte, die Vorhofskontraktionen wieder ein, die so stark werden, dab sie den Ventr~kel, der immer noeh sehlaff ist , passiv Initnehmen. SehlieBlieh beginnen auch die Ventrikel- k0ntrak~i0nen:. DaS Herz ist also wenigstens teilweise erholungsf~hig. Es bleibt abet bei dieser Konzentration geseh~idigt, indem jede zweite Kammerkontraktion ausfhllt, w~hrend regelm~Bige Vorhofskontrak- tionen vorhanden sind, es bleibt also Pulshalbierung bestehen. Aueh ein Weehsel der Giftl6sung auf giftfreie l~ingerl6sung bringt das Herz nieh~ mehr zum regelreehten Sehlagen.

1/2000 Mol.- L 6 s u n g ruff manchmal noch diastolisehen Stillstand hervor, meistens abet werden die Kontraktionen nut bedeutend klelner und langsamer, es fallen Kammerkontraktionen aus, die Vorh6fe kOnnen, wenn auch verlangsamt, regelmKl~ig weiterschlagen. So kommt es unter Umst~nden zum Ausfall mehrerer Kontraktionen hintereinander oder nur zur Halbierung, Drittelung usw. des Pulses. Spontane Erholung ohne Entfernung der Giftl6sung ist m6glieh, wenn auch nieht voll- st~ndig, da der Puls halbiert bleibt. Weehsel auf giftfreie RingerlSsung kann den Herzschlag wieder regelm~Big gestalten, ja es wird sogar 6frets beobaehtetl dab danach eine allerdings vorfibergehende ErhShung der Pulsfrequenz eintritt.

1 - 1 Die verdfinnungen von /1000-- /10000 Mol. L 0 s u n g haben /~hn- liehe, wenn auch selbstverst~ndlich geringere Wirkungen als die ebcn geschilderten. Spontane Erholung konnte, obwohl die Gift!6sung in der Kaniile nicht gewechselt' wurde, yon 1/6000 Mol.-L6sung fast stets beob- aehtet werden. Die Erholung gehf, in der Weise vor sieh, dab allm~hlieh immer weniger Kammersehlage ausfallen, his endlich auf jede zweite Vorhofkontraktion eine Kammerkontraktion eintritt. Auf diese Hal- bierung des Pulses folg~ schlieBlich eine Drittelung, Viertelung usw., das heifer es fEllt nur noch die dritte vierte, fiinfte usw. Kammersystole aus. Auf diese Weise komlnt es zu einer Gruppenbildung yon einer Anzahl regelmi~Biger Herzkontraktionen, die dutch eine einem aus- fallenden Herzselalag entspreehende Pause voneinander getrennt sind. Diese Pausen werden immer se!tener, die Gruppen regelmal]iger Herz- schl~ge immer grSBer und sehliel~lieh ist der Herzschlag wieder voll- kommen hergestellt.

Bei 1/2oooo Mol.- L S s u n g kOnnen die eben geschilderten eharak- teristi'sehen Erseheinungen der RhythmusstSrung noch auftreten. In manehen F~llen kommt es aber nicht mehr dazu, sondern nur zu einer

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Pulsverldeinerung und -Verl~ngsamung ohne AusfM1 yon Kammer- systolen.

M i t t l e r e K o n z e n t r a t i o n e n : yon 1/,0o0o--lA0oo0o Mol . - L 6 s u n g bedingen nur noeh im absteigenden M~Be eine Pulsverkleinerung und -Verlangs~mung. Spontane Erholung ist regelm~l~ig zu beob~chten. Bei Wechsel der Giftl6sung au{ giftfreie I~ingerl6sung kommf es bei f~st Mlen Konzentrationen zu ein~r vollkom- menen Entgiftung. Die Sch~digung ist

�9 Mso im weitesten Urn- f~ng reversibel.

Bei g~nz k l e i n e n K o n z e n t r a f i o n e n :

z. B. 1/16ooo 0 M o l . - L 6 s u n g wurde, be- sonders bei iiberwin- ter ten Temporarien, Abb. 2. Cocain tIC1 n/20ooo. Verkleinerung und Verlangsamung

eine Zunahme der ohne Gruppenbildung.

Kontrakfionsgr61~e gesehen, wobei der Puls enfweder gleich bleibf oder eine geringe Ver- langsamung aufweist. In einigen Fi~llen kam es sogar zu einer kleinen Beschleunigung des Pulses. Auch diese Ver~nderungen sind durch Wechsel der Cocainl6sung auf gift- freie Ringerl6sung rever- sibel.

Um die Gabe, die eine Vergr61~erung des Herz- schlages hervorruf t , mif mehr Sicherheif zu treffen, sind wir in der Weise vor- gegangen, da{3 wit nicht die Gesamffiillung des Her- zens gegen die Cocainl6sung austauschten, sondern dM~ wir nur 1/10 ccm des Ka-

Abb. 3. CocMn t{C1 n/16. oo o a) vor der Vergiftung. b) ver- nfileninhalts en~nahmen grS~erung destterzschlages w~ihrend der Cocainwirkung.

unddafiir die gleiche Menge c) nach Weehsel auf 1%.-L. wieder Absinken der Amplitude.

einer dfinnen CocMnlSsung hinzufiigten. Wendet man z. B. eine 1/3 o ooo Mol.-L6sung an, so wird diese durch den KaniileninhMt um das Zehnfache verdfinnf ( ~ 1/3oo ooo)" Nach kurzer Zeif wird yon neuem 1/1 o ccm des KaniileninhMtes entnommen u n d gegen die gleiche Menge der 1/30 ooo CocMnl6sung ausgetauschr Auf diese

Pfliigers Archly f. d. ges. Physiol. Bd. 190. 11

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Weise gelingt as, ganz allm~hlich die Konzentration zu steigerni). Abb. 4, die eine Steigerung der AmplitudengrS$e bei vermehrtem Pulsschlag zeig~, ist auf diese Weise gewonnen worden.

Die an der Straub-Ffihnerschen Kanfile schlagenden tterzen, die ihre Bewegungen mittels H~kehenschreibung aufzeichnen, lassen znn~chst

nnr die Ver~nderungen in der Lgngsachse erkennen. Abet auch dieseVer~tnde- rungen kSnnen, wie schon oben hervorgehoben wor- den ist, aus rein mechani- schen Ursachen undeutjich gemacht oder verdeckt werden. Um nun fiber die Xnderung des tterz v o 1 u - m e n s Aufschlu$ zu erhal-

Abb. 4. Allmiihliche Steigerung der Cocainkonzentration ~en~ gingen wir in tier yon ~/8ooo00 beginnend. Pulsbeschleunigung und VergrS-

l~erung der Ampiitude. Weise vor, dal~ wir das Herz in ein kleines Glas-

gefi~l~ luftdieht einsetzten und durch Luftfibertragung die Volumeni~nde- rungen des Herzens durch eine empfindliehe Mareysche Trommel auf-

zeiehnen lieften. Wenn die Gummimem- ~ !! i i ,~: ~ bran derMareyschen Trommel gut, das

heil~t luft dicht und mit der nStigen Span- hung, aufgebunden wird, und das Ge- wicht des Sehreibhebe]s mSglichst k l e in i s t (feiner Strohhalm), so sind die Aus~ schl~ge der Mareysehen Kapsel in ver- hgltnismgftig weiten Grenzen den Vo-

I T lumen~nderungen proportional, wovon man sich durch die Eichung tiberzeugen kann. Die Versuchsanordnung im ein- zelnen ergibt sich aus der beigefiigten Skizze (Abb. 5).

Abb. 5. 1) Unter der Voraussetzung, dab keine ZerstSrung des Giftes stattfindet, l~13t sich die erreichte Konzentration nach der Formel

bereehnen x = a - , wobei a die ursprt~ngliehe Menge, --b die naeh jedem c

Weehsel zuriiekbleibende gfftfreie FNssigkeitsmenge trod n die Zahl bedentet, wie (0; oft GiftlSsung zugeft~gt wurde. Im vorliegenden 1%11 ist x = 1 -- iO . I-Iier wie

sehon oft hatte ieh reich des mat~hematisehen Rates yon I-Ierrn Geh. Rat Wangerin zu erfreuen, dem ieh aueh an dieser Stelle meinen verbindliehsten Dank ausspreehe.

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Wirkung des Cocains auf das Frosebherz und seine GewShnung an das Gift. 163

Die Eichung wurde in der Weise vorg~r/0mmen, dab an flem freien Ende der durch Hahn zu verschlie~enden T-Kaniile T mittels Gummischlauchs eine feine, zur H~lfte mit Wasser gefiillte Spritze (Liebergsche Tuberkulinspritze) angefiigt wurde. Dureh Verschieben des Spritzenstempels um 1/10 oder 2/20 ecru ]/~Bt sieh die Mareysehe Kapsel gut auf 0,1 und 0,05 ccm eichen 1).

Mit Hilfe dieser Methode stellten wir fest, da~ kleine Coeaingaben eine geringe VergrSl~erung der Systole ohne Ver~nderung der l%Blinie der Kurve hervorrufen, w~hrend grSl~ere Konzentrat ionen eine sofortige diastolische Erweiterung des Herzens bedingen, die aber sehr bald etwas naehlaBt. Gleichgiiltig, ob das Herz diastolisch stillsteht oder noch weiterschl~gt, kommt es spontan wieder zu einem allm~hlichen An- stieg der Kurve. Jedoeh erreicht diese mit ihrem G]Pfelpunkt nach schadigenden Cocaingaben hie- reals die alte ttShe. Und auch die ]~uf~Hnie, die die diastolische Erweiterung anzeigt, bleibt unter Abb. 6. Volumenschreib(mg. Wirkung kleiner

der Ful~linie der Kurve vor der Cocainkonzentration.

Cocaindarreichung. Naeh kurzer Zeit, z. B. nach 1/2000oMol.-CocainlSsung, ist die AmplitudengrSf~e fast ebenso hoeh wie zuvor; die ganze Kurve liegt aber tiefer als vor der Giftdarreichung.

Wir kSnnen also die Ergebnisse W e i l e r s (1. c.) ffir die mitt leren Konzentrat ionen des Cocains best~tigen, der fiir diese Erscheinungen

Abb. 7. a) Volumenschreibung. Diastolische B1/ihung des Herzens bei n/~0o o Cocain �9 HC1. b) Volumenschreibung. Diastolische Erweiterung und Abfall des Tonus.

eine Verringerung der , ,Elas t iz i ta t" im Sinne S c h m i e d e b e r g s annimmt. Wir mSehten diese Erscheinungen kurz als eine Vcrringerung des Herz- muskeltonus bezeichnen. Die sonstigen toxischen :Erscheinungen, Hal-

l) Wir haben gefunden, dab die Volumensehreibung mit der Mareyschen Kalosel einfacher und mindestens ebenso genau ist als mit dem uns zur Verffigung stehenden Pistonrekorder.

11"

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bierung usw., konnten natiirlich auch bei dieser Methode der Regi- strierung wahrgenommen werden.

Zur Erg~nzung wurden aueh Versuehe an dem in situ befindliehen tIerzen yon R= temporaria angestel!t. ])as Herz wurde zm' l~egistrierung in der bekannteu Weise naeh E n g e l m a n n suspendiert und der ganze Frosch in einer feuchten Kammer gehalten, um die Eintrocknung des Herzens zu verhindern. Subcutane Injektionen yon kleinen Cocain- dosen zeigten keinerlei Einflul~ auf Frequenz und St~rke des Pulses. Injektion v~)n 10 mg Coeain. hydroch], bewirkte voriibergehende Un- regelm~i~igkeit des Pulses. Injektion yon 0,5 g Coeain pro Kilogramm Froseh (nach P o u l s s o n die tSdliche Dosis) bewirkte erst 2 Stunden naeh der Einspritzung eine Halbierung des Pulses. Injektion von 20 mg Cocain bei einem Froseh yon 17 g = 1,2 g pro Kilogramm Tier -- also eine die tSdliehe bei weitem tiberschreitende Dosis -- rief sehon kurze Zelt nach der Einspritzung Halbierung und sparer starke Verlangsamung der Pulses hervor. Ungef~hr a/a Stunden blieben dig Ventrikelkontrak- tionen ganz aus, wi~hrend die Vorh6fe noeh schwach weiterschlugen. ])as Hcrz stand diastolisch und straff nfit Blur gefiillt still. Nach fund 25 Minuten setzten spontan die Ventrikelkontraktionen wieder ein. Nach 14 Stunden sehlug das Herz immer noeh, wenn aueh ~ul~erst un- regelmi~l~ig. Einen systoHsehen Stillstand haben wir auch hierbei hie- reals gesehen.

Die beobachteten Wirkungen des Cocains auf das Frosehherz lassen sich folgendermal~en erkli~ren:

Die Zunahme der AmplitudengrSl~e nach kleinen Gaben diirfte un- gezwungen, besonders aber im Hinblick auf die Ergebnisse der Unter- suehungen, die ich mit Daels 1) am Warmbliiterherzen angestellt habe, dahin gedeutet werden, dab die Reizbarkeit des Ventrikels zunimmt.

Die Ver l angsa m u n g der Sehlagfolge der Kammer bei gleichzeitiger Verlangsamung des Vorhofes kann wohl auf eine beginnende L~hmung der Reizerzeugungsst~tten zuriickgefiihrt werden. Eine Mitwirkung des Vagus konnte am atropinisierten Herzen ausgeschlossen werden.

Fiir die V e r k l e i n e r u n g der SystolengrSl~e der Kammer mu~ eine Abnahme der :Erregbarkeit des Ventrikels angenommen werden. Dies geht aus Versuchen an Herzen hervor, die durch die erste StannilJs- ligatur stillgelegt worden waren und rhythmiseh dureh den ()ffnungs- sehlag tines Induktionsstromes gereizt wurden. Aus der St~rke des l~eizes (Rollenabstand der sekund~ren v o n d e r primi~ren Spule des Schlitteninduktionsapparates) li~Bt sieh ersehen, ob die Erregbarkeit des Herzens zu- oder abgenommen hat. Die rhythmische l~eizung wurde mit Hilfe eines Apparates nach Art des Ludwig-Hfiflersehen Strom-

1) M. Kochmann und F. Daels, Arch, internat, de pharmacodyn, et do th6rap. 18, 41. 1907.

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wi~hlers erreicht, bei dem die Schlie~ungsstrSme abgeblendet sind, so dal3 nur der 0ffnungsinduktionsschl~g zur Wirkung gelangt. Die eine Elektrode des sekundaren Stromes wurde in die RingerlSsung der Herz- kantile gebracht, wahrend das Hakchen, das an der Herzspitze "zur Ubertragung der Bewegungen auf den Schreibhebel diente, als zweite Elektrode verwandt wurde. Ein feinster Plat indraht stellte die Ver- bindung mit der sekund~tren Sp~fle her. Bei denjenigen Konzentrationen, die neben Pulsverlangsamung eine Verkleinerung der SystolengrSt]e her- vorrufen, mul~ten die Rollenabst~inde vermindert werden, z .B. yon l0 auf 5, ja auf 0 cm, um iiberhaupt Kontrakt ionen am Herzen hervor- zurufen. Es nahm also die Erregbarkeit des Herzmuskds erheblich ab. Durch Wechsel auf giftfreie RingerlSsung war es in allen :Fallen mSglich, wiederum eine Zunahme der Erregbarkeit festzustellen.

Die U n r e g e l m g i 3 i g k e i t des Herzschlages, das Ausfallen yon Ven- trikelkontraktionen bei vorhandenem Vorhofschlag, kSnnte einmal darauf zurtickgefiihrt werden, dal3 StSrungen im Reizleitungssystem zwischen Vorhof und Kammer, also im Hisschen Btindel, dutch das Cocain bedingt werden, eine Annahme, der sich auch l%ippel (1. c.)zuzuneigen scheint.

Diese M5glichkeit konnte dadurch ausgeschlossen werden, dal3 die gleichen StSrungen unter Cocainwirkung auf t ra ten , wenn die Reiz- leitung zwischen Vorhof und Kammer dutch die zweite Stanniusligatur vollkommen unterbrochen war.

Abb. 8. II. Stanniusligatur. Trotz dessen Halbierung, Drittlung des Kammerschlages.

Auf der Kurve 8, die yon solcher autonom schl~genden Herz- kammer gewonnen wurde, sieht man den Ausfall einer oder mehrerer Systolen und schlieI~lich als Anfang einer Erholung: die Gruppen- bildung. Ein Vergleich dieser Kurven mit solchen vom nicht ligierten Herzen, z .B . Kurve 13 und 14 las t beziiglich der Arrhythmie einen Unterschied nicht erkennenl).

1) A. Fr6hlich und E. P. Pick (Arch. f. exp. Pathol. u. Pharmakol. 84, 250. 1918) fanden, dab Cocain 1 : 5000 sowohl das ganze Herz, wie den autonom schla- genden Ventrikel dauernd diastolisch stillstellen.

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Eine andere Erkl~irung fiir den unregelmiiBigen tterzschlag konnte in der Verl~ngerung der refrakt~ren Phase des Herzens gesueht werden, wie es S t r a u b 1) ffir das Antiarin und neuerdings F r e y ~ ) fiir das Strychnin festgestellt haben.

Darch die Untersuehungen M a r e y s ~) und sp~iter W. T r e n d e l e n - b u r g s 4 ) wissen wir, dab der Ventrikel w~hrend der Kontraktion un- erregbar ist und dab seine Erregbarkeit yore Beginn der Diastole an schnell wieder zunimmt. Wenn die Zunahme der Erregbarkeit, die Er- hglung nach der ErschSpfung dureh die Kontraktion im Sinne F r e ys , sehr langsam vor sich geht, so kann es sieh ereignen, dab der vom Sinus fiber die Vorh6fe kommende normale Reiz nicht geniigt, um den Ventrikel zur Kontraktion zu bringen. Die Erregbarkeit der Kammer 1/iBt sich am ganzen Herzen an der GrSBe des Reizes ermessen, der gerade imstande ist, eine Extrasystole des sehlagenden tterzens, eine Kontraktion des stillstehenden auszul6sen. Es wurde also der grSBte Rollenabstand gemessen, bei dem durch den Induktionsschlag eines Schlittenapparates~ ) am nicht cocainisierten Herzen eine Extrasystole bedingt wird. Dann wird das Herz durch eine passende Konzentration -con Cocain so gesch~digt, dab eine oder mehrere Kammerkontrakti0nen ausfallen, und von neuem der gr6ftte Rollenabstand aufgesueh~, bei d e m eine Kontraktion ausgelSst werden kann. Dabei zeigt sich nun, dab die Stromst~rke unter Umst~nden gar nieht so sehr xfiel grSl]er zu sein braueht als vorher, ja, da6 sie unter Ums~inden gleichbleibt (Kurve 10), dab aber die Zeit, die zwisehen einer Si0ontankontraktion und der kfinst- lich hervorgerufenen Systole verstreicht, sehr viel 1/~nger geworden ist. ~VIit anderen Worten: die Erregbarkeit des Ventrikels nach einer Spon- tankontrakt ion erreicht ihr Maximum sehr viel langsamer, w/ihrend seine H6he unter Umst~tnden gar nicht oder nicht viel gegeniiber dem regelrechten Verhalten zuriickbleibt. -I

Auf der Abb. 9 erkennen wir, dal~ bei 12 cm Rollenabstand einc Extra- systole sich etwa 0,85 Sekunden nach der Spontansystole hervorrufen l~Bt. Am cocainisierten Herzen ist eine. wenn auch klcinere Kontraktion bei Rollenabstand

7 cm erst nach 2,85 Sekunden, im weiteren Verlauf sogar erst nach 3 Sekunden bei Rollenabstand = 5 cm mSglich. Erholb sich dann das Herz unter giftfreier l~ingerl6sung, so kann eine nunmehr grSBere Kontraktion schon 1,3 Sekunden 'nach der Spontansystole bei Rollenabstand ~ 8 cm hervorgerufen werden.

In cinem anderen Versuch war folgendes Verhalten festzustellen. Der ]ginimalrciz zur Ausl5sung der Extrasystole ist (Rollenabstand ~ 16 cm) 0,66 Se- kunden nach ]3eendigung der spontanen Systole wirksam, w/~hrend nach der

~) W. Straub, Arch. f. exp. Pathol. u. Pharmakol. 45, 380. 1901. ~) E. ~rey, Arch. f. exp. Pathol. u. Pharmakol. 8~(, 377. 1920. a) M. M a r e y , Cpt. rend. hebdom, des s6ances de l'acad, des sciences 89, 203.

1879. a) W . T r e n d e l e n b u r g , Pfliigers Arch. f. d. ges. Physiol. 141, 378. 1911. 5) Auf cine Eichung des Schlitteninduktoriums haben wir verzichtet.

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Wirkung des Cocains auf das Frosehherz und seine GewShnung an das Gift. 167

Coeainisierung der Minimalreiz bei R011enabst~nd 13 em erst 60 Sekunden naeh der vorhergehenden Kontraktion eine Zusammenziehung hervorbringt. Bei der

Abb. 9. l~efraktl irstadium dureh Coeain wesentl ieh verliingert, a) Rol lenabs tand 12 cm vo r Coeainwirkung. b) R.-A. 7 cm. c) R.-A. 5 cm w~hrend der Cocainwirkung. d) R..-A. 8 om wiihrend

der Erholung. Un ten Zeit, dar t iber die Reizmarkierung.

Erholung des Herzens lie8 sich die Extrasystole bei Rollenabstand = 14 em be- reits wieder nach einer Sekunde hervorrufen.

Abb. 10. a) u. b) vor der Coeainisierung. tL-A. = 6 cm wirksam, 8 cm unwirksam, e) w/ihrend der Cocainwirkung. Verl~ingerung der refrakt~ren Phase. Unten Zeit. Oben Reizmarkierung.

U m sich e ine b i ld l i che A n s e h a u u n g v o n d iesen V o r g ~ n g e n m a c h e n

zu k 6 n n e n , h a b e n wi r v e r s u e h t , das S t a d i u m der U n e r r e g b a r - k e i t g r a p h i s c h da rzus t e l l en .

D iese A b b i l d u n g v e r a n -

s e h a u l i e h t die Verh~ l tn i s se

des Ver suches de r K u r v e 9.

D u r c h diese q u a n t i t a t i v mes -

s e n d e n V e r s u c h e g l a u b e n wi r

d e n AusfMl de r Ven t r i ke l - k o n t r a k t i o n e n u n t e r Coca in-

w i r k u n g h i n r e i c h e n d erk l i i r t zu h a b e n l ) .

E i n e seh r b e m e r k e n s w e r t e

E r s c h e i n u n g , au f die s chon

0

2,5

40

Z5

Io, o

125 a) b) c) d)

Abb. 11. l~elative Unerregbarkei t . a) vo r der Cocain- darreiehung, b) u. c) w~hrend dieser, d) w~ihrend der

Erholung.

1) H. S t r a u b , Deut. Arch. f. 1-din. ivied. 123, 403, 1917 h~t iihnliche Be- dingungen bei dem klinischen Bilde des Herzalternans zur Erkl/irung herangezogen.

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168 M. Kochmann :

wiederholt aufmerksam gemacht wurde, ist die spon t ane E r h o l u n g des Herzens , obwohl die GiftlSsung nicht gegen giftfreie l%ingerlSsung ausgewechselt wurde. Es bestehen zwei MSglichkeiten, diese Erschei- nung zu erkl~ren. Einmal konnte das Cocain in der RingerlSsung bei schwach alkalischer l%eaktion und Durchperlen yon Luft zerstSrt werden. Zwei~ens konnte es sich abet auch um eine Gew6hnung des tterzens an das Gift handeln, also eine gewisse erworbene Immunit~t gegen das Coca~.n ,r

Die erste MSglichkeit erschien zm~chs t die wahrscheinlichere zu sein, da wit wissen, daft sich CocainlSsungen verh~ltr~sm~ftig rasch zer- setzen. Erst jfingst hat ]%ippel unter P. T r e n d e l e n b u r g (1. c.) diese Verh~ltnisse genauer untersucht. Unsere eigenen Versuche zeigten uns, daft bei mehrstfindigem Durchleiten yon Luft, wie es ja auch bei Ver- suchen am Herzen geschieht, die Wirksamkeit des Cocains leidet. ])as geht aus der Abb. 12 deutlich hervor.

Aber unwirksam wird die Cocain-RingerlSsung auch nicht nach 31/2stiindiger Luftdurchleitung. Es wurde infolgedessen welter unter-

Abb. 12. UnvoUkommene ZerstSrung des Cocains: a) Wirkung yon n/~00oo Coc. �9 HC1 nach 21/2 stiindiger Luftdurchleitung. b) einer frischbereiteten LSsung.

sucht, ob sie im tIerzen schneller unwirksam gelnacht wurde. Zu diesem Zweck wurde die Cocain-1%ingerlSsung, die als Ffillung eines tterzens toxisclle Erscheinungen ausgelSst, bei weiterem Verweilen im Herzen die spontane Erholung aber nicht gehindert hatte, einem zweiten frischen tterzen als Fiillung gegeben. Dabei zeigte sich, daft eine starke Schadi- gung des zweiten Herzens eintrat, wenn die Erholung beim ersten Herzen schon bis zur Pulshalbierung fortgeschritten war. Man gewinnt deu~lich den Eindruck, dalt das zweite tterz st~trkere toxische Erscheinungen zeigt als es diejenigen sind, die das erste tterz bei der Entnahme der Fiillung darbot. Es kommt beim zweiten Herzen zu Sch~tdigungen, die das erste Herz bereits i~berwunden hat (Abb. 13a und b).

Wird nun die Ffillung des ersten t{erzens zu einer Zeit entnommen, wo bereits Erholung eingetreten ist, die wohl als vollkommen bezeichnet

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werden darf, so tritt dennoch eine Schadigung des zweiten tterzens ein, die sich dureh Pulsverlangsamung und -Verkleinerung kundgibt. Selbst-

Abb. 13 a.

verst~ndlich fiberzeugten wir uns, dal~ die giftfreie Ringerl6sung, die Ms Ffillung eines mehrere Stunden schlagenden Herzens gedient hatte, fiir ein zweites Herz nicht toxJsch ist.

Aus diesen Versuchen geht also hervor, dal] das Cocain: trotz weir fortgeschrittenerErhblung noch nicht vollkommen zerst6rt ist. Wenn da- Abb. 13 b. her die Erholung zweffellos zum Teil auf die Zerst6rung eines gewissen Anteils des Cocains zuriickgefiihrt werden kann, so zeigt sich doch andererseits, dab sie allein zur Er- kl~rung der Erholung nicht genfigt, und eine GewShnung des Herzens an das Gift sehr wahrscheinlich ist.

~Venn nun w/rklich eine Gew6hnung vorliegt, so darf bei einem solchen gewShnten I-Ierzen eine sicher sch~digende Cocaingabe keine oder nur geringe toxische Wirkungen hervorrufen. Diese Annahme traf in der Tat zu, wie sicn aus den Abb. 14 und 15 ergibt.

Fiir die zweite Vergiftung wurde se]bstverst~ndlich die Cocain- 16sung frisch bereitet. Um die AngewShnung sicherer zu erreichen, gingen wit in manchen Versuchen so vor, dab wir das erste Herz in der- selben Weise, v~e es frfther schon auseinandergesetzt wurde, durch a.ll- m~hlich steigende Konzentrationen his zur eintretenden ttalbierung des Pulses vergifteten, indem wir rasch nacheinander ~mmer 1/10 ccm der Kaniilenfiillung dutch 1/loccm einer passenden Cocain-l~ingerl6sung austauschten. Wenn dann die Sch~digung eintrat, heBen wir das Herz sich erholen und ersetzten nunmehr den ganzen Inhalt durch eine Cocsdn- 15sung, die der ffftheren Endkonzentration gleichkam, unter der Voraus-

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setzung, dab eine Spaltung des Cocains tiberhaupt nicht stattgcfunden hi~tte. Die Abb. 16 gibt einen solchen Versuch wieder.

Es mug jedoch hervorgehoben werden, dab diese GewOhnung an das Cocain bei Esculenten nicht ohne weiteres zu erzielen ist. Auch frisch gefangene Temporarien eignen sich nicht in dernselben Urn-

fange dgffir wie tiberwin~erte Exempl~re. Aus diesem Grnnde wurden die Versuche, die wir schon 1920 begonnen hatten, in diesem Jahre noch einm~l wieder- holt, und zwar mit dem gleichen Ergebnis. Nicht belanglos ist die

Abb. 14. a), b), e) veranschauliehen die Sch/~- Zeit, zu der man zum zweiten- digung des l~erzens dutch eocain nhso.. ~md mM das Cocain darreicht. Es die :grholung. d) u. e) zeigen die wesentlich ge- ringereWirkung dutch eine zweite CocainlSsung W a r aher nicht mSglich, dafiir

yon gleicher Konzentration. experimontelle Unterlagen z u

schaffen. Wie diese Gewblanung zu erkl~ren ist, dariiber geben die Versuehe

keinen AufseMui3. Man kSnnte sich vorstellen, dal3 die Spaltprodukte

Abb. 15. Gewohnung des tterzens an Cocain. a) Wirkung yon n/a~00~ Cocain ltC1. b) Zweite Vergittung mit der gleichen Gabe ; fast keine Wirkung.

des Coc~ins die Bindung des Giftes mit den giftempfindlichen SteUen der ZeUe verhindern, indem sie diese selbst besetzt halten. Von dieser Vors*ellung ausgehend, wurde versucht, das Herz nfit den Spalt-

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produkten des Coeains, z .B. dem Ekgonin I) _vorzubehandeln. Doeh ftihrten diese Untersuchungen, ebenshw.o~g:zu ein~m Ergebnis wie der Zusatz von Serum, Blur, EiweiB und: Zheker, sowie Zusatz oder Entzug

Abb. 16. GewShnung: a) allm~hliehe Steigerung der Cocainkonzentrat ion bis zur t talbierung. b) Gleiche Gabe fast ohne Wirkung.

von Bestandteilen tier gingerlSsung. Aus diesen zahlreiehen Versuehen sei nur noch erwiihnt, dal3 das Coeain bei Serumzusatz wesentlich schw~ichere Wirkungen ausfibt als in reiner lgingerl6sung und ferner, dab in kalifreier Ringerl6sung das Herz nicht in Diastole, sondern in halbsystolischer Stelhmg zum Stillstand kommt.

Z u s a m m e n f a s s u n g .

1. Coeain raft in gro~en Konzentrationen, 1/20o 0 Mol.-L6sung dia- stolisetlen Herzstillstand hervor, und zwar zun~ehst der Ventrikel, erst spi~ter der VorhSfe.

Geringere Konzentrationen bis 1/20 o0o Mol.-LSsung ffihren zu Ver- langsamung des Herzsehlages, zu einer Vermindermlg der Systolen- grSl3e und zum AusfM1 yon Kammerkontraktionen bei gleiehmi~Big fortschlagenden Vorh6fen.

Mittlere Konzentrationen 1/2 o ooo-- 1/lo0 ooo Mol.-L6sungen rufen nur Verlangsamung der Sehlagfolge und Verkleinerung der SystolengrSBe hervor.

Noeh kleinere Konzentrationen (1/lSOO0O--i/~ooooo) Mol.-L6sung k6nnen bei m~il3ig verlangsamter, 6fter aber gleiehbleibender, ja sogar etwas beschleunigter Herztatigkeit eine Vergr613erung der Kammer- amplitude bedingen.

Geringere Konzentrat.ionen als 1/~o0 o0o NormallSsung sind tiberhaupt unwirksam.

1) Ich verdanke das Ekgonin der IAebenswtirdigkeit des Herrn Professor J. v. Braun- Berlin.

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2. Die beobachteten Erscheinungen: sowohl Pulsverlangsamung und u als aueh AmplitudenvergrSl~erung sind dutch giftfreie Ringerl6sung in weitestem Umfange reversibel zu gestalten.

3. Auch am ganzen Frosch lassen sich durch Cocain, das in die Lymphs&cke injiziert wird, die gleichen Erscheinungen yon seiten des IIerzens auslSsen. Der Herzstillstand ist aber selbst naeh den gr6Bten Gaben hie systoliseh, sondern immer e~n diastolischer.

4. Die Pulsverlangsamung unter CocainwJrkung wird dureh eine be- ginnende L&hmung der Reizerzeugung, die Verkleinerung der Ampli- tude dutch eine Abnahme der Erregb~rkeit der Kammern, der Ausfall yon Ventrikelkontraktionen durch Verlgngerung der refrakt&ren Phase in quantitativ messenden Yersuchen erkl&rt.

5. Bei nicht zu hohen Konzentrationen yon Coea~n tri t t eine spon- tane Erholung e in . Diese ist zum Tell auf eine Zerst5rung des Cocains, zum Tell anf eine GewShnung des tterzens an das Gift zurfickznfiihren. Letzteres ]&l~t sieh am besten an aberwinterten FrSschen naehweisen.