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Minister Meyer: mit Industrie 4.0 und Breitband in die Zukunft 22 Neue Dimensionen: 3-D-Metalldruck für Mondrakete 10 Wertvoll: Unternehmenskultur in SH 06 Der echte Norden: eine Marke auf Erfolgskurs 46 Die Herrin der Reben Melanie Engel bewirtschaftet das größte zusammenhängende Weinanbaugebiet in SH 40 Wirtschaftsland 2016

Wirtschaftsland 2016

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Minister Meyer: mit Industrie 4.0 und Breitband in die Zukunft 22

Neue Dimensionen: 3-D-Metalldruck für Mondrakete10

Wertvoll:Unternehmenskultur in SH06

Der echte Norden: eine Marke auf Erfolgskurs46

Die Herrin der Reben Melanie Engel bewirtschaftet das größte zusammenhängende Weinanbaugebiet in SH

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Wirtschaftsland2016

Liebe Leserin,lieber Leser,seit 2013 tritt Schleswig-Holstein unter der Dachmarke „Schleswig-Holstein. Der echte Norden“ auf. Was zunächst kontrovers diskutiert wurde, stellte sich in der Zwischenzeit als Erfolgs-modell heraus: Der echte Norden schneidet nicht nur in Umfragen gut ab, sondern wird im Land intensiv gelebt. Allen voran von den Landes-behörden und -institutionen, aber auch zunehmend im Rahmen des Partnerprogramms der Wirtschaftsför-derung und Technologietransfer Schleswig-Holstein GmbH (WTSH) von der schleswig-holstei nischen Wirtschaft. Das freut uns, denn nur gemeinsam können wir glaubhaft darauf aufmerksam machen, dass der echte Norden viel zu bieten hat. Nun sind wir noch einen großen Schritt weiter: Mit dem Start der Standort-marketingkampagne im November 2015 werden die vielfältigen Facetten des Wirtschaftsstandortes Schles-wig-Holstein in den kommenden Jahren noch stärker vermarktet.

Wir sind stolz darauf, diese Aufgabe für unser Bundesland übernehmen zu dürfen. Und wir freuen uns, dass wir Ihnen auch in dieser „Wirtschafts-land“- Aus gabe wieder einmal deutlich machen können, dass die Menschen und Macher im Land auf authen tische, bodenständige Art mit Pionierleis tungen, die vielleicht zunächst belächelt werden, von sich reden machen. Wo entstehen solche innovativen Ideen? Dort, wo es sich gut arbeiten lässt. Und wo lässt es sich gut arbeiten? Dort, wo es sich gut leben lässt und wo die Unterneh-menskultur für ein klares JA oder ein klares NEIN steht. Im echten Norden ist das so.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Vergnügen beim Lesen.

Ihr

Dr. Bernd Bösche

Dr. Bernd Bösche,

Geschäftsführer der

Wirtschaftsförderung

und Technologietransfer

Schleswig-Holstein

GmbH – WTSH

Wenn Sie zu den vielen Menschen gehören, die am Ende ihres Urlaubs in Schleswig-Holstein wehmütig die Koffer packen: Bleiben Sie doch gleich hier! In Schleswig-Holstein lässt es sich ausgezeichnet leben und arbeiten. Hier finden Sie optimale Standortbedingungen für Ihr Unternehmen – und das ganz entspannt. Wir helfen Ihnen beim Aufbau einer Niederlassung oder der Gründung einer Firma.

Bis demnächst in Schleswig-Holstein.

WTSH – Wirtschaftsförderung undTechnologietransfer Schleswig-Holstein GmbHLorentzendamm 24, 24103 KielP +49 431 66 66 6-0F +49 431 66 66 6-7 [email protected]

Für Unternehmer mit Weitblick:www.wtsh.de

Schleswig-Holstein

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Wirtschaftsland 2016

EDITORI A L

Leuchtturmprojekt ChemCoast Park Brunsbüttel

Unternehmen von Welt produzieren seit 40 Jahren im größten Industrie-gebiet Schleswig-Holsteins, wo Elbe und Nord-Ostsee-Kanal aufeinander-treffen und die Wege nach Hamburg kurz sind. Der Standort boomt. Jetzt sorgen millionenschwere Investitio-nen für noch mehr Strahlkraft.

24Bio-Pionier Westhof setzt neue Maßstäbe

In Dithmarschen erschafft die Westhof Bio Group neue Dimensionen in der ökologischen Landwirtschaft. Dort steht das größte Bio-Gewächshaus Deutschlands, das seine Energie aus dem Blockheizkraftwerk und der Biogasanlage auf dem Hof bezieht. Auf den Feldern trifft man einen For-schungsroboter der Fachhochschule Westküste.

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32Zweite Heimat Schleswig-Holstein

Hier oben im „echten Norden“ arbei-ten Menschen aus aller Welt – als Fachkräfte, Gründer und Unternehmer. Allen gemeinsam ist unbändiger Ta-tendrang, leidenschaftliches Engage-ment und die Liebe zu ihrer neuen Heimat. „Wirtschaftsland“ erzählt exemplarisch vier Erfolgsgeschichten.

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Inhalt

06 Verbindlichkeit als echter Vorteil Unternehmenskultur in SH

10 Wachstum mit einem „hippen“ Produkt Revolutionen im 3-D-Metalldruck

14 Westhof – alles Bio Mit einzigartiger Technologie zum Erfolg

18 Einfach, praktisch, erfolgreich Rückenwind für Gründerszene

20 Hanse zum Anfassen Das Europäische Hansemuseum in Lübeck

22 Attraktiver Industriestandort SH Interview mit Wirtschaftsminister Reinhard Meyer

24 Industrie-Leuchtturm am Tor zur Welt Investitionsschub im ChemCoast Park Brunsbüttel

28 Patenter Schutz für patente Ideen Innovative Firmen brauchen gutes Patent-Management

32 Angekommen in SH Wie Menschen aus aller Welt in SH arbeiten und leben

36 Starke Partner für den echten Norden Das WTSH-Partnerprogramm

38 Voll auf die Ohren Open-Air-Festivals mit Rock, Jazz und Blues

40 Die Winzerin vom Gröndalberg Melanie Engel – von der Autodidaktin zur Herrin der Weine

43 Eine Box voller Möglichkeiten Innovative Systeme für das Smart Home

46 Der echte Norden Eine Landesmarke auf dem Weg zum Erfolg

48 Intelligente Life-Science-Lösungen Wie Profisportler mit Vitaldaten ihre Leistung steigern

Open-Air-Geheimtipps im echten Norden

In Schleswig-Holstein gibt’s von Mai bis September ordentlich was auf die Ohren. Immer mehr kleine, aber feine Open-Air-Festivals mausern sich zu großen musikalischen Events. Musik-fans freuen sich auf die Live-Auftritte rund um Rock, Jazz und Blues in der Freiluft-Saison 2016.

IN H A LT

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„Verbindlich zu sein, ist ein echter Vorteil“

In den Sechzigern galt die Produkt-orientierung als Erfolgsfaktor eines Unternehmens, in den Siebzigern war es die Marketingorientierung, in den Achtzigern die Service kultur – und seit den Neunzigern gilt zu nehmend die Unternehmenskultur als ausschlag-gebender Wettbewerbsfaktor. Wie sieht sie denn nun bei uns aus – die Unternehmens kultur im mittel-ständisch geprägten Schleswig- Holstein? Welchen Anteil hat sie am Erfolg unseres gesunden Mittelstan-des? Und gibt es etwas Typisches an der Unter nehmenskultur im echten Norden?

„Wirtschaftsland“ hat fünf Führungs-kräfte aus unterschiedlichen Branchen in Schleswig-Holstein zu einem Ge-spräch am runden Tisch eingeladen. Nach zwei Stunden stand fest: In der Unternehmenskultur im echten Nor-den wird Wert auf ein klares Ja und Nein gelegt – und auf Kreativität, die von innen kommt.

Wirtschaftsland: Welche Werte ge-hören zur Ihrer Unternehmenskultur im echten Norden?

Norbert Basler: Für uns stehen ein respektvoller und wertschätzender Umgang, Ehrlichkeit und Vertrauen im Mittelpunkt. Im Kern geht es um die Frage, welches Menschenbild wir zugrunde legen: Ist dies ein positives, vertrauen wir zum Beispiel erst einmal unserem Gegenüber. Unterstellen wir den Willen zu Leistung, Verantwor-tungsübernahme und persönlicher Weiterentwicklung, dann leben wir auch fast automatisch die Werte, die es den Menschen ermöglichen, ihre Potenziale zu entfalten, die eigene Motivation zu erhalten und Kreativität zu entwickeln.

Randolph Schröder: Gutes Auskom-men untereinander, das ist ein Wert, der uns sehr wichtig ist, und das war, denke ich, schon immer so. Und jeder einzelne Mitarbeiter wird als Mensch gesehen. Das stärkt die Motivation. Wenn einer ein Problem hat, kann er zu mir oder einer anderen Füh-rungskraft kommen. Wir versuchen, unseren Mitarbeitern viel zu geben – bekommen aber auch ganz viel zurück.

Wirtschaftsland: Mit den Problemen zum Chef zu gehen, das funktioniert natürlich einfacher in mittelständi-schen Betrieben als in Großkonzer-nen – da haben wir in Schleswig-Hol-stein Vorteile. Welche Werte sind es denn, die gerade in diesen mittelstän-dischen Strukturen gelebt werden?

Britta Blömke: Die Werte, die unsere Firmengründer von Anfang vorgelebt haben und die bis heute prägend für unsere Unternehmenskultur stehen, sind der herzliche Umgang unter-einander, Offenheit und schlanke Hierarchien.

Torben Luther: Auch wir haben eine offene Gesprächskultur und flache Hierarchien. Jeder Mitarbeiter weiß: Verbesserungsvorschläge sind will-kommen und werden auch honoriert. Schließlich können auch kleine Veränderungen teilweise enorm viel bewirken und Dynamik und Schwung bringen. Und es gibt einfach viele kleine Dinge, die einem als Führungs-kraft verborgen bleiben.

Wirtschaftsland: Das hört sich alles sehr schön an. Aber einen netten, offenen Umgang zu pflegen, reicht ja nicht, oder?

Norbert Basler: Genau, schließlich verdienen wir unser Geld im Wettbe-werb mit anderen. Wenn die Kasse stimmt, dann ist es nicht schwer, nett zu sein und Verständnis zu haben. Aber eine konjunkturell schwierige Phase ist dann die Nagelprobe für jede Unternehmenskultur. Dann zeigt sich, ob man nur eine Schönwetter-kultur hat. Denn zu einer wirklich echten Unternehmenskultur gehören bei uns zu jeder Zeit Transparenz und Ehrlichkeit, eben nicht nur in guten Zeiten.

Britta Blömke, Geschäftsführerin

FLS GmbH, Heikendorf

Randolph Schröder, Geschäftsführer

Gebr. Schröder GmbH, Kiel

Norbert Basler, Aufsichtsratsvorsitzender

Basler AG, Ahrensburg

Fünf Führungskräfte aus Schleswig-Holstein über Unternehmens-kultur, typisch norddeutsche Werte und ehrlichen Erfolg

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WER T VOLL : U NTER N EH M ENSKU LT U R IN SH

Wirtschaftsland 2016

Frederike Walter: Transparenz ist sehr wichtig! Man muss zum Beispiel auch den Mitarbeitern in der Produktion zeigen, welchen Anteil sie am Unter-nehmenserfolg haben. Natürlich ist das oft nicht einfach, aber versuchen sollte man es in jedem Fall. Schon al-lein, weil es noch mehr Identifikation mit dem Unternehmen bringen kann.

Wirtschaftsland: Stichwort Trans-parenz: Welchen Vorbildcharakter haben denn dabei die Führungsver-antwortlichen?

Norbert Basler: Man kann sich nicht die neue S-Klasse bestellen, damit auf den Hof fahren und allen ande-ren Leuten erzählen, dass man den Gürtel enger schnallen muss. Eine Belegschaft sieht sofort, wenn man Wasser predigt und Wein trinkt! Das ist unglaubwürdig und dann hat man eigentlich schon verloren.

Wirtschaftsland: Heißt das auch, dass sie als Aufsichtsratsvorsitzender kei-nen eigenen, also markierten Parkplatz haben?

Norbert Basler: Das stimmt. Das wäre ein Privileg mit einer schlechten Signalwirkung für die Unternehmens-kultur. Unternehmenskultur muss bewusst entwickelt werden. Sie ist eine Aufgabe des Managements.

Randolph Schröder: Die klassischen Hierarchien – das war früher. Nehmen wir das Beispiel VW: ein hierarchisches System in einem angstgetriebenen Unternehmen. Da ist keiner aufgestan-den und hat gesagt: Das machen wir nicht. Das ist nicht anständig. Arbeit-geber, Gewerkschaften und Betriebs-rat haben sich um das Thema Unter-nehmenskultur nicht gekümmert.

Wirtschaftsland: Wie sollte denn die Unternehmenskultur in schlechten Zeiten funktionieren? Gibt es Erfah-rungen aus Zeiten der Rückschläge?

Torben Luther: Im Kleinen: Die Ge-setzgebung zur Abgasemission hat deutlich angezogen. Da ist ein Markt-anteil weggebrochen. Wir haben uns gefragt: Wo sind unsere Märkte und Kunden? Da legten unsere Mitarbei-ter eigene Recherchen vor, die wir dann auch genutzt haben. Dieses eigenverantwortliche Arbeiten hat uns schon sehr geholfen.

Britta Blömke: Wenn in Zeiten, in denen es nicht so rund läuft, die Unternehmenskultur so weit trägt, dass sich die Mitarbeiter stützen, dann ist sie eine gute!

Frederike Walter: Ich weiß natürlich nicht, was junge Menschen bei uns oder außerhalb von Schleswig- Holstein mit Unternehmenskultur in Schleswig-Holstein verbinden. Wo-möglich fallen da dann auch Begriffe wie konservativ, rauere Mentalität oder Ähnliches. Aber authentisch – das sind wir wohl. Und wir sind echt, halt der „echte Norden“. Und wenn wir mit „echt“ meinen, dass wir bodenständig, unkompliziert und zuverlässig sind, dann ist das sicher-lich ein Alleinstellungsmerkmal bzw. ein großer Wettbewerbsvorteil für Schleswig-Holstein.

Britta Blömke: Deswegen ist es wich-tig, dass wir gemeinsam auftreten und zeigen, dass der Mittelstand in Schleswig-Holstein ein sehr moderner Mittelstand ist. Und da spielen die jeweiligen Werte der Unternehmens-kultur eine wichtige Rolle.

Norbert Basler: Hinzu kommt noch ein weiterer Aspekt: Es gibt eine Renaissance des familiengeführten Mittelstandes. Ich glaube, dass wir

Wirtschaftsland: Zum Schluss noch eine Frage: Meinen Sie, dass es etwas Typisches an unserer Unternehmens-kultur hier im echten Norden gibt?

Randolph Schröder: Dieses Echte und Authentische – das ist dabei ein ganz wichtiger Punkt. Auch im Vergleich zu anderen Bundesländern oder Ländern, glaube ich, dass wir hier im Norden Deutschlands für ein klares Ja oder ein klares Nein stehen. Das ist unsere Verlässlichkeit. Und unsere Verbindlichkeit. Das halte ich für einen echten Vorteil.

alle Trümpfe in der Hand haben, um daraus etwas für den Norden zu ma-chen. Schleswig-Holstein tatsächlich mehr als andere Bundesländer. Die Nähe zu Skandinavien, die Offen-heit – und man nimmt uns das ab. Ich glaube, das passt einfach zum Zeitgeist. (mif/lei)

Torben Luther, Leiter Sales und Marketing

Weihe GmbH, Altenholz

Frederike Walter, Marketing-Managerin

punker GmbH, Eckernförde

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WER T VOLL : U NTER N EH M ENSKU LT U R IN SHWER T VOLL : U NTER N EH M ENSKU LT U R IN SH

Wirtschaftsland 2016Wirtschaftsland 2016

Die SLM Solutions Group AG aus Lübeck ist Technologieführer bei der Herstellung von Anlagen für den 3-D-Metalldruck

Was vor nicht allzu langer Zeit noch als „Spielwiese“ für Ingenieure und Computerfreaks galt, überschreitet gerade die Schwelle zur globalen Revolution in der industriellen Fertigung: Kom-plexe metallische Bauteile für Flugzeuge, Kraftwerke, Maschinen oder medizinische Implantate werden nicht mehr gefräst, gegossen oder genietet, sondern in additiven Fertigungsverfahren hergestellt, besser bekannt als 3-D-Druck. Technologischer Anführer dieser Revolution, die in rasantem Tempo immer mehr Branchen und Unternehmen erfasst, ist ein ebenso rasant wachsen-des Unternehmen aus Schleswig-Holstein: die SLM Solutions Group AG in Lübeck.

3-D-Druckmaschinen von SLM in Aktion:

Hier entstand auch das Holstentor aus Aluminium,

das u. a. Außenminister Frank-Walter Steinmeier

geschenkt bekam.

Wachstum mit einem „hippen“ Produkt

Am Ende eines Gesprächs, das bis dahin um Unternehmensstruktur, Investitionen, Marktpotenziale und technologische Details kreist, lässt sich Stefan Ritt unerwartet doch noch zu einer kleinen Schwärmerei hinreißen: „Wir sind hier mit unserer Technologie am Puls der Zeit – noch besser geht’s nicht, höchstens mit der Mondrakete. Und sogar da sind Teile drin, die auf unseren Anlagen herge-stellt wurden.“ Mit der Mondrakete ist der deutsche Beitrag zum „Google Lunar X Prize“ der Berliner Firma Part Time Scientists gemeint. Bei dem internationalen Wettbewerb geht es darum, ein Fahrzeug zum Mond zu bringen, auf der Oberfläche abzuset-zen und dort Daten zu sammeln. SLM Solutions steuert dazu Bauteile für die Räder und Kameraadapter bei.

Ritt, 55, ist studierter Physik-Ingenieur und gebürtiger Schleswig-Holsteiner, beides Eigenschaften, die ihn eher nicht als haltlosen Schwärmer ver-dächtig machen. Sein Enthusiasmus stützt sich vielmehr auf Fakten und zu denen zählt, dass er bei der SLM Solu-tions Group AG in Lübeck allein inner-halb einer Jahresfrist rund 100 neue Kolleginnen und Kollegen bekommen hat. Eine glatte Verdoppelung der Belegschaft, die bei dem Hersteller von 3-D-Druckmaschinen im Zuge des zunehmenden wirtschaftlichen

Erfolgs schon länger massiv aufge-stockt wird. Ein Ende des Wachstums ist derzeit nicht abzusehen und da trifft es sich ausgezeichnet, dass das Unternehmen zum Jahresanfang 2016 auch seine Fläche im proppevollen Gewerbe- und Industriegebiet Lübeck- Roggenhorst durch den Umzug einiger Nachbarn auf das Doppelte ausweiten kann.

Stefan Ritt hat die Entwicklung des stark

wachsenden Technologieunternehmens

seit 1998 begleitet.

Blick in die Produktion

am Standort Lübeck

Eine Revolution in 3-D

Leistungsstarke Multi-Laser-Technologie: Die Laser-

schmelzanlage SLM 280 HL ist der Topseller unter den

derzeit drei Anlagentypen der SLM-Produktpalette.

LÜ BEC K ER R E VOLU TION Ä R ELÜ B EC K E R R E VOLU TION Ä R E

Wirtschaftsland 2016 Wirtschaftsland 2016

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Ritt arbeitet seit 1998 bei SLM Solu-tions beziehungsweise dem Vorgän-gerunternehmen des seit Mai 2014 an der Frankfurter Börse im Prime Standard notierten Technologieher-stellers. Viel länger als die meisten also, auch der Vorstand ist mehr-heitlich erst seit dem Jahr vor dem Börsengang an Bord. Zuständig ist Ritt für globales Marketing und Kom-munikation, lange war er es auch für den weltweiten Vertrieb der Anlagen, in denen Laserstrahlen Metallpulver schmelzen. Schicht für Schicht wird aus dem geschmolzenen Metall, meist Stahl-, Titan-, Kobalt-, Chrom- oder Aluminiumpulver, eine beliebige dreidimensionale Form aufgebaut, die exakt den Konstruktionsdaten eines 3-D-Computermodells (CAD) entspricht. Formwerkzeugbau und Nachbearbeitung entfallen, Material-eigenschaften wie Stabilität oder Oberflächenstruktur lassen keinerlei Wünsche gegenüber herkömm-

lich hergestellten Teilen offen. Ein unschlagbarer Trumpf ist zudem die Flexibilität: Es lassen sich komplexe Strukturen „aus einem Guss“ generie-ren, die mit herkömmlichen Verfah-ren schlicht unmöglich wären. Zum Beispiel mit Hohlräumen im Inneren, die Materialverbrauch und Gewicht deutlich reduzieren, was sich gerade in der Luft- und Raumfahrt nicht nur durch den geringeren Treibstoffver-brauch schnell bezahlt macht. „Die Bauzeit der Teile ist mittlerweile oft kürzer und das einzelne Bauteil auch durch die geringere Anzahl an Komponenten preisgünstiger. Immer größere Serien können immer wirtschaftlicher gefertigt werden“, erklärt Ritt. Wer genau hinschaut, kann in den Augen des Ingenieurs ein Funkeln entdecken.

Kein Wunder bei derart überzeugen-den Argumenten, dass die Nachfrage in allen großen Industrieländern stetig ansteigt. Derzeit konkurrieren auf dem Weltmarkt nach Ritts An-gaben sieben Hersteller, vier davon in Deutschland, wo die innovative Technologie ursprünglich entwickelt wurde – unter Beteiligung von Dr. Dieter Schwarze, wissenschaftlicher Kopf und Koordinator im Lübecker Unternehmen. Vorarbeit für das jetzi-ge Wachstum geleistet hat auch der

Komplexe Strukturen wie aus einem Guss: Auch

Hohlräume im Inneren sind, wie hier am Beispiel

eines Turbinen-Bauteils sichtbar gemacht, beim

SLM-Verfahren problemlos realisierbar.

Alle Formen sind möglich:

Pumpenlaufrad aus Aluminium

und Edelstahl mit stromlinien-

optimierter Geometrie

langjährige Geschäftsführer Hans- Joachim Ihde, der seit dem Börsen-gang den Vorsitz im Aufsichtsrat der SLM Solutions Group AG führt. Rund 75 Millionen Euro Wachstumskapital hatten die Lübecker auf dem Frank-furter Parkett im Mai 2014 eingesam-melt, das gibt dem Unternehmen Luft für die kommenden Jahre. „Im Rahmen unserer Wachstumsstrate-gie setzen wir auf Forschung und Entwicklung, den Ausbau unseres internationalen Service- und Ver-triebsnetzwerks sowie den Ausbau des Geschäfts mit Verbrauchsmateri-alien, das heißt mit Metallpulvern“, so der Vorstandsvorsitzende Dr. Markus Rechlin. Ziel ist es, zusätzlich zur Tech-nologieführerschaft auch die Position des Weltmarktführers zu erobern.

Gut für die Lübecker: Der Trend geht zum Einsatz mehrerer Laser. Mit dem größten ihrer drei derzeit im Portfolio vorhandenen Anlagen-typen, dem „SLM 500 HL“, hat das Unternehmen seit Ende 2013 ein

Alleinstellungsmerkmal. „Es ist die weltweit einzige Anlage, in der vier Laser gleichzeitig und unabhängig voneinander an einem Werkstück arbeiten können“, erklärt Ingenieur Ritt. Die Bezeichnung SLM ist zugleich eine eingetragene Wortmarke und die englischsprachige Abkürzung für das Verfahren (selective laser melting), das Kürzel HL verweist auf die Hansestadt Lübeck. In einem Demonstrations- und Trainingscenter, das im April 2015 auf dem Firmenge-lände eröffnet wurde, stehen sieben Maschinen, in denen Musterteile für Kunden gefertigt werden und auch viele Bauteile, die das Unternehmen selbst in der Herstellung seiner Ma-schinen einsetzt. Die Kunden können die Anlagen hier „in Aktion“ kennen-lernen – wobei der Fertigungsprozess an sich wenig spektakulär anzusehen ist, weil das Werkstück zunächst in der unteren Baukammer verschwindet. Zu bewundern sind die Musterstücke erst nach ihrer Fertigstellung oder in den Vitrinen, die ringsum in der Halle

stehen. Darunter ein Holstentor aus Aluminium, das auch alle G7-Außen-minister bei ihrem Treffen in Lübeck im Juni 2015 als Gastgeschenk erhiel-ten – als Beispiel für eine innovative Zukunftstechnologie aus dem echten Norden.

Qualifizierte Mitarbeiter zu be-kom men sei für SLM Solutions kein Problem, sagt Ritt. Das Unternehmen erhalte ständig Initiativbewerbungen aus dem In- und Ausland, natürlich auch von Absolventen der Lübecker Hochschulen. „3-D-Drucker für Metalle sind ein hippes Produkt“, nennt Ritt einen Grund für den Zulauf. Ein weiterer: die hohe Lebensqualität in Schleswig-Holstein mit viel Natur bei gleichzeitiger Nähe zu den größten deutschen Städten Hamburg und Berlin. „Das nehmen die Bewerber durchaus wahr.“ Und auch der viel gereiste Stefan Ritt kann sich für Schleswig-Holstein immer wieder begeistern. (sas)

LÜ BEC K ER R E VOLU TION Ä R E

Wirtschaft und Politik im Austausch:

Lübecks Bürgermeister Bernd Saxe (2. v. li.)

mit SLM-Marketing- und Kommunikationschef

Stefan Ritt, dem Vorstandsvorsitzenden

Dr. Markus Rechlin und dem Vorsitzenden

des Aufsichtsrats Hans-Joachim Ihde

Eine Tochter in Shanghai

Seit November 2015 setzt die SLM Solutions Group AG ihren globalen Wachstumskurs mit einer Niederlassung in Shanghai fort. Die neue Tochtergesellschaft SLM Solutions Shanghai Co. Ltd. betreut den gesamten chinesi-schen Markt. Zur Einweihung des neuen Standortes waren auch Wirtschaftsminister Reinhard Meyer, ein Repräsentant der Regierung von Shanghai und der Vorstandstandvorsitzende Dr. Markus Rechlin vor Ort. SLM Solu-tions ist dennoch kein Newcomer in China. Mit lokalen Partnern sind die Lübecker auch durch ihre Vor-gängerorganisation bereits seit 20 Jahren in der Volksrepublik aktiv. Die neue eigene Repräsent-anz in Shanghai soll den direkten Kontakt zur schnell wachsenden Kundenbasis in China ausbauen und festigen.

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LÜ B EC K E R R E VOLU TION Ä R E

Wirtschaftsland 2016Wirtschaftsland 2016

Deutschlands größtes Bio-GewächshausEinen ganz besonderen Superlativ bietet die Bio-Tomatenproduktion des Westhofs. Dort entstand 2011 das größte Bio-Gewächshaus Deutsch-lands. Darin gedeihen seit 2013 auf vier Hektar rund 70.000 Tomaten-pflanzen. Der besondere Clou: Die Pflanzen wachsen nicht in Nährlösun-gen wie im konventionellen Anbau, sondern im Dithmarscher Boden. „Diesen Unterschied schmeckt man“, erklärt Maike Carstens, Leiterin des Gewächshauses. Die 30-Jährige ist nach ihrem BWL-Studium und Anstel-lungen in einem Hamburger Verlag und einem Versandhandelsunterneh-men wieder zurück in den Betrieb ihrer Eltern gekommen. „Von März bis November bauen wir Tomaten im Ge-wächshaus an. Aus den 70.000 Pflan-zen produzieren wir in neun Monaten rund 1.400 Tonnen Tomaten. Danach

Westhof – mit einzigartiger Technologie zum ErfolgIn den vergangenen zehn Jahren kannte die Bio-Branche nur eine Richtung, und zwar nach oben. Der Umsatz in Deutschland stieg von zwei Milliarden Euro im Jahr 2000 in 14 Jahren auf acht Milliarden Euro. Einer der Pioniere der Branche ist der Westhof aus dem schleswig-holsteinischen Friedrichsgabekoog. Bereits vor 26 Jahren entschieden Rainer Carstens und Paul-Heinrich Dörscher, auf ökologischen Landbau umzusteigen. Ihr Pioniergeist war erfolgreich: Heute zählt Dithmarschen zu den be deutendsten Anbauregionen für Bio-Gemüse in Deutschland.

bekommt der Boden eine Ruhephase. Dann werden die Pflanzen aus dem Boden genommen, zerkleinert und in die Biogasanlage gegeben. Der Boden wird gelockert und optimal mit Nährstoffen versorgt, das Unkraut wird entfernt.“

Einzigartig ist aber nicht nur die Größe des Gewächshauses. Auch das Konzept des schleswig-holsteinischen Unternehmens sucht seinesgleichen. Die Energie liefern das hofeigene Blockheizkraftwerk und die eigene Biogasanlage. Letztere speist zudem das Gewächshaus mit dem für die Pflanzen lebensnotwendigen CO2. Das Besondere an der Westhof-Bio-gasanlage: Sie wird nicht mit Mais gefüllt, der auch als Tierfutter dienen kann, sondern mit nicht verkaufsfähi-gem Gemüse (Klasse C). „Kreislauf-wirtschaft spielt für uns Bio-Bauern eine besondere Rolle. Unser Ziel ist

Maike Carstens ist froh, eine erfüllende

Arbeit in ihrer Heimat Schleswig-Holstein

gefunden zu haben.

es, der Natur so viel zurückzugeben, wie wir ihr entnehmen. Um energie-neutral wirtschaften zu können, setzen wir auf einen symbiotischen Energie- und Nährstoffkreislauf“, erklärt Maike Carstens.

Streben nach VerbesserungenAuch in anderen Bereichen setzt der Westhof auf Innovationen. Aktuell beteiligt sich das Unternehmen an dem Forschungsprojekt Bonirob der Fachhochschule Westküste in Heide. Gewappnet mit Sensoren und diver-sen Kameras scannt der fahrende Roboter seine Umgebung und soll zukünftig zur Beikräuterbekämpfung auf dem Feld eingesetzt werden. „Wir haben so ungefähr zwischen 160 und 180 Hektar Möhren – und knapp sechs Wochen Zeit, sie zu jäten“, er-klärt Maikes Bruder Ulf Carstens. Bonirob soll diese Arbeit in Zukunft schneller, effektiver und kostengüns-

Umsatz mit Bio-Lebensmitteln in Deutschland in den Jahren 2000 bis 2014 in Milliarden Euro*

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Quelle: BÖLW © Statista 2015

* ohne Außer-Haus-Markt

Ein Unternehmen mit Zukunft:

Bei Westhof ist die nächste Generation

der Carstens mit eingestiegen.

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Wirtschaftsland 2016Wirtschaftsland 2016

DIE B IO - PION IER E AUS DITH M A RSC H EN

tiger erledigen. Anders als bei ihren konventionellen Kollegen entfernen Bio-Landwirte Beikräuter nur mit manuellen Jätearbeiten und mecha-nischen Hilfsmitteln. Pflanzengifte als schnelle und bequeme Alternative – das komme für Bio-Bauern einfach nicht in Frage, betont Maikes Vater Rainer Carstens. „Das ist unsere Philo-sophie – wir denken einfach, dass die-ses Gift nicht in unseren Boden und unsere Pflanzen hineingehört. Denn alles, was wir auf unseren Boden bringen, das ernten wir auch wieder und das geht in unsere Nahrungsket-te hinein – deswegen lehnen wir es einfach ab.“

Ressourcenschonende und klimaneutrale Produktion von Bio-LebensmittelnDie Westhof Bio Group besteht aus sechs Firmen: BIOfrost, BIOhandel, BIOanbau, BIOgewächshaus, BIO-energie und BIOinvest. Die um-fangreich integrierten Energie- und Nährstoffkreisläufe sollen die höchst effiziente Verwendung von Ressour-cen sicherstellen und damit auf lange Sicht zu einer energieneutralen Produktion führen. Die Betriebsleiter Rainer Carstens und Paul-Heinrich Dörscher setzen seit Beginn ihrer

Zusammenarbeit auf Bio-Gemüse. Vor allem Möhren und Blumenkohl, aber auch Getreide werden direkt auf dem rund 1.000 Hektar großen Betrieb angebaut, verarbeitet und zum größten Teil frisch über den Hamburger Großmarkt oder direkt an den Einzelhandel vermarktet. Die erfolgreiche Vermarktung von Bio-Gemüse ermöglichte 20 weite-ren Betrieben die Umstellung auf ökologischen Landbau: Die Landwirte bauen für den Westhof Gemüse an. In der Erntezeit unterstützen bis zu 120 Saisonarbeitskräfte die Mitarbei-ter des Betriebes. Faire Löhne und hohe Sozialstandards wie angemes-sene Unterkünfte sind den Betriebs-inhabern besonders wichtig. Der Betrieb vernetzt Anbau, Verarbeitung und Energieerzeugung und schließt so Energie- und Nährstoffkreisläufe. (ki)

Auf rund 1.000 Hektar baut die Familie Carstens

gemeinsam mit ihrem Partner Paul-Heinrich Dörscher

vor allem Bio-Gemüse an.

Beim ökologischen Landbau ist Know-how gefragt.

Auf Hilfsmittel wie chemischen Pflanzenschutz wird

komplett verzichtet.

Die Westhof Bio Group

Auszeichnungen 2015 • Landwirtschaftspreis

CERES AWARD in der Kategorie Biolandbau

• DLG-Preis in Gold für Rote Bete 2014 • 1. Platz des Förderpreises

Ökologischer Landbau 2013• Deutscher Innovationspreis

Gartenbau 2012• Dithmarscher Innovationspreis

„Plietsche Lüüd“

Zahlen · Daten · Fakten• 1.000 ha Anbaufläche • eigene Frosterei• eigene Vermarktungs-

gesellschaft• mit mehr als 4 ha Fläche

das größte Gewächshaus Deutschlands

• kombiniertes Energie-management mit dem Ziel, genauso viel Energie aus regenerativen Energiequellen zu erzeugen, wie das Unter-nehmen verbraucht

• 120 Festangestellte• bis zu 120 saisonale

Arbeitskräfte

Chief Executive Officer. Oder wie wir sagen: Chef.

Mehr Infos unter der-echte-norden.info

Dr. Henning Bähren, Geschäftsführer punker GmbH

14040-00-005 | Kunde: Schleswig Holstein / Der echte Norden | Motiv: Chef | Format: 210 x 297 mm Beschnitt: 3 mm Farbprofil: ISO Coated v2 (ECI) (CMYK) | Bearbeitet: jcw | Stand: 24.11.2015

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Wirtschaftsland 2016

WTSH – GründerszeneGründer hatten es in Schleswig- Holstein noch nie so gut wie jetzt. Natürlich haben sie es grundsätzlich nicht leicht, denn aus einer Idee ein Unternehmen zu entwickeln, erfordert viel Engagement. „Aber mittlerweile gibt es viele Initiativen, die Gründer auf ihrem Weg begleiten“, sagt Dirk Müller, Projektleiter Gründungs-förderung bei der Wirtschaftsförde-rung und Technologietransfer Schles-wig-Holstein GmbH (WTSH). Dass die Situation zwischen Flensburg und Lübeck so gut ist, ist besonders ein-zelnen Personen zu verdanken.

So gibt es mehrere Professoren, die ihre Studierenden bereits während des Studiums animieren, einen eigenen Weg zu gehen. „Diese Leute wollen mehr bieten als die Theorie und vermitteln daher unter-nehmerisches Denken.“ Wichtig ist natürlich eine gute Finanzplanung. Diesbezüglich gebe es laut Müller in Schleswig-Holstein eine gute Förder-kulisse. So wurde etwa der Seed- und Start-up-Fonds neu aufgesetzt. Statt sechs Millionen Euro stehen nun zwölf Millionen Euro für Gründungen zur Verfügung. In diesem Fonds stecken

Mittel vom Land Schleswig-Holstein, der Investitionsbank Schleswig-Hol-stein (IB.SH), der Mittel ständischen Beteiligungsgesellschaft Schles-wig-Holstein mbH (MBG) und dem Europäischen Fonds für regio nale Entwicklung (EFRE).

Allen Gründern kann gesagt werden, dass die Welt nicht zusammenbricht, wenn es nicht klappt. „Eine Gründung impliziert die Möglichkeit zu scheitern wie bei einer Ehe“, sagt Müller, „doch ein Scheitern bedeutet nicht das Ende.“

Einfach, praktisch, erfolgreichDie Gründerszene in Schleswig-Holstein ist bunt: Arztgespräch übers Internet, eine einfache Fernbedienung, effektive Unternehmensberatung und moderne Nachbarschaftshilfe – Ideen für Start-ups gibt es reichlich. Auch die Fördermöglichkeiten sind besser denn je.

Finn Plotz – VionFinn Plotz vertritt eine starke These: „Die Fernbe-dienung wird den digitalen Wandel überleben“. Neue Technik, bei der man zum Umschalten des Fernsehsenders nur noch mit den Fingern durch die Luft wischt, werde sie nicht verdrängen. „Das haptische Gefühl ist ganz wichtig“, sagt der junge Unternehmer aus Glückstadt, der mit Vion eine Fernbedienung auf den Markt bringt, die alles in sich vereint – Fernsehen, Film und Musik –, jedoch nur wenige Knöpfe hat. „Alles soll ganz einfach sein.“ Seit Dezember 2015 sind die ersten 5.000 Exemplare des Design-produkts im Handel erhältlich.

Patientus.deDrei Stunden, um eine Frage zu stellen – Arzt-termine sind meistens sehr zeitaufwendig. Besonders für Berufstätige ist das ein Problem. Der Lübecker Internetdienst Patientus bietet hierfür eine Lösung. Patienten können per Videochat mit ihrem Wunscharzt sprechen. So kann frühzeitig geklärt werden, ob der Besuch einer Arztpraxis nötig ist oder der Zeitaufwand beziehungsweise eine lange Anreise für Patien-ten aus ländlichen Gebieten vermieden werden kann. 100 Ärzte haben sich bereits registriert, bis 2016 sollen es 7.000 sein. Den Gründern Nicolas Schulwitz, Jonathan von Gratkowski und Christo Stoyanov ist wichtig, dass ihr Unterneh-men als das betrachtet wird, was es ist: eine Ergänzung des normalen Arztbesuches. „Die körperliche Untersuchung sowie die anschlie-ßende Behandlung finden nach wie vor in der Praxis statt“, sagt Nicolas Schulwitz.

GezeitenraumFür Inga und Christian Wiele ist es beruflich wichtig, einen klaren Kopf zu haben. Also zogen die Unternehmensberater aus dem Süden Deutschlands nach St. Peter-Ording, um in der frischen Atmosphäre der Nordseeküste ihr Start-up Gezeitenraum zu gründen. Die erfahrenen Wirtschaftsexperten bieten ihren Kunden zum Beispiel das sogenannte Design Thinking an, eine Methode, die kreative und schnelle Prob-lemlösungen in jeder Branche ermöglicht. Auch wenn es banal klingt, geht es hierbei oft erst einmal darum, zu lernen, richtig zuzuhören. „Da-raus ergibt sich, dass Mitarbeiter kreative Ideen entwickeln und effizienter zusammenarbeiten“, sagt Inga Wiele.

Lokalportal Nachbarschaftshilfe neu erfunden: Die Kieler Studenten Sebastian Penthin und Justin Hallauer haben das Start-up Lokalportal gegründet, ein soziales Netzwerk für Orte und Regionen. Seit 2015 ist es online. „Wir wollen hier alle regional relevanten Infos an einem Ort im Internet sam-meln“, erklärt Hallauer. Die Möglichkeiten sind groß. Man kann sich als privater Nutzer, Sportver-ein, Gewerbetreibender oder als öffentliche Stelle anmelden. Aber anders als bei Netzwerken wie Facebook oder Twitter sehen Nutzer von Lokalpor-tal nur Inhalte aus ihrer Region. Diese lassen sich auf einen bestimmten Umkreis eingrenzen. Wie sich Lokalportal entwickelt, hängt von den Nutzern ab. (sb)

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J U NGE M AC H E R

Das 2015 eröffnete

Europäische Hansemuseum

lädt Besucher jeden Alters

zu einer Zeitreise ein.

Die Fassade des Neubaus wirkt beeindruckend, aber nicht unbedingt einladend. Eher trutzig wie bei einer Burg, die es zu erobern gilt. Doch dieser erste Eindruck ist schnell vergessen im aufregen-den Inneren des Europäischen Hansemuseums, einer der bundesweit größten Museumsneugrün-dungen der Nachkriegszeit und neuer Leuchtturm im Unesco-Weltkulturerbe Lübecker Altstadt.

Europäisches Hansemuseum Lübeck

Eintauchen in eine wirtschaftliche Blütezeit

Die Zeitreise beginnt in einem gläsernen Fahrstuhl, der hinab in den Keller fährt – wo den Besucher eine kleine Eiszeit erwartet. „In der archäologischen Grabungsstätte wird nicht geheizt“, erklärt der junge

Museumsmitarbeiter. Tatsächlich ist der Raum kühl, aber auch faszinie-rend mit Zeugnissen aus 1.200 Jahren Geschichte. Legt man die Eintritts-karte auf die interaktiven Stationen, leuchten an den Mauern Jahreszahlen

und Erläuterungen auf: Der Brunnen-schacht entstand in der Frühzeit der Stadt, die Stützwand dahinter erst bei den Arbeiten für das neue Museum, das neben dem Neubau auch das historische Burgkloster einbezieht.

Der Ort steckt voller Geschichte(n). In der Ausstellung dreht sich alles um die Hanse, jenes zwischen Mittelalter und Neuzeit mächtige Wirtschafts- und Städtebündnis. Lübeck war Führungs-macht und ein Nabel der Weltpolitik. Aufstieg und Niedergang, Alltag, Macht und Mythos dieses über drei-einhalb Jahrhunderte erfolgreichen Netzwerks sowie seine Wirkungen bis in die Gegenwart vermittelt das neue Museum in einem Mix aus herkömm-licher, multimedialer und szenischer Darstellung. Vitrinen mit Urkunden, Münzen, Schmuck und historischen Dokumenten wechseln sich ab mit Räumen, in denen Informationen über Bildschirme, Monitore und Hörstatio-nen abgerufen werden können.

Der Chip in der Eintrittskarte bietet die Wahl zwischen vier Sprachen (Deutsch, Englisch, Schwedisch, Russisch), vier Themen und 50 Hanse städten in 16 Ländern. Den größten Reiz üben die Großdioramen aus, lebensecht nach-gestaltete Szenerien, in denen man historische Schauplätze und Situatio-nen auf sich wirken lassen kann.

Die erste dieser kulissenhaften Szenen zeigt eine Flusslandschaft mit Schilf und eine Kogge beladen mit Holzfässern. 1193, so erfährt man an der Hörstation, wählten Kaufleute am Ufer des Flusses Newa im Nordwes-ten Russlands einen Ältermann, der für die Dauer ihrer Handelsreise ihre gemeinsamen Interessen vertreten sollte – ein erster Schritt hin zu dem Bündnis, dem zeitweilig mehr als 200 Binnen- und Hafenstädte zwischen Nowgorod und Brügge angehörten.

Im nächsten der inszenierten Räume kehrt man zurück nach Lübeck im Jahr 1226: Hansekaufleute lassen ihre Häuser neuerdings aus Back-steinen statt aus Holz bauen, an der Trave wird Boden entwässert, um die Stadt-Insel zu vergrößern, und es wer-den Stadtmauern und Befestigungs-anlagen angelegt. Die Luft ist staubig, die Werkzeuge der Bauhandwerker liegen herum wie gerade hingewor-fen. Viel Atmosphäre bei gleichzeitig hoher Informationsdichte.

Weiter geht es ins Jahr 1361, in ein Warenhaus im flandrischen Brügge. Eine Besucherin streicht über einen Tuchballen. „Das fühlt sich echt an, war bestimmt teuer. Das konnten sich damals nur Reiche leisten“, stellt sie mit Kennermiene fest.

Ob reich oder arm: Die Pest, die da-mals in Europa und Lübeck wütete, betraf alle. Das haben die Ausstel-lungsmacher drastisch-düster mit Rattenkadaver und Grabsteinen inszeniert. Entvölkerung und Angst führten zur Wirtschaftskrise. Die ist um 1500 in London, der nächsten Station, längst überwunden. In der florieren-den Handelsmetropole unterhält die Hanse mit dem Stalhof eine bedeu-tende Niederlassung.

Beeindruckend ist auch der nachge-baute Hansesaal im Lübecker Rat-haus. Die Tagesordnung des Hanse-tagstreffens 1518 dokumentiert die Streitigkeiten. Mit dem Bündnis geht es bergab. Als das Hansekontor in Bergen 1764 norwegisch wird, ist die große Zeit der Hanse vorbei.

Religion spielte eine wichtige Rolle in jener Epoche. Darauf verweisen die 15 Mönche aus Wachs, die einem ein Gebet murmelnd im Gang begegnen. Sie wirken verblüffend lebensecht. Das könnte auch für die Hanse-Bür-germeister im alten Burgkloster gelten, wären diese nicht deutlich überlebensgroß. Im „Hanselabor“ kann man zuletzt noch die Wirkungs-geschichte der Hanse studieren. Die schlägt sich heute in zahllosen Pro-duktnamen nieder, ist in vielen Hanse-städten in der Identität der Menschen fest verwurzelt. Lübeck ohne Hanse? Undenkbar. Das Europäische Hanse-museum? In Lübeck am richtigen Ort und eine Attraktion für Hansestädter, Hanse-Interessierte und jeden, der ein besonderes Museumserlebnis zu schätzen weiß. (sas)

Das Europäische Hansemuseum

Eröffnung: Mai 2015

Betreiber: Europäisches Hanse-museum gemeinnützige GmbH

Finanzierung: 40 Mio. Euro Possehl-Stiftung, 10 Mio. Euro Land Schleswig-Holstein

Architekt: Andreas Heller Architects and Designers, HH

Wissenschaftl. Konzept: Prof. Rolf Hammel-Kiesow mit Team, Lübeck

Grundstückseigentümer: Hansestadt Lübeck

Adresse: Europäisches Hansemuseum An der Untertrave 1 23552 Lübeck Tel. 0451 809099-0 www.hansemuseum.eu

Öffnungszeiten: tgl. 10–17 Uhr, außer Heiligabend

Eintritt: 11,50 Euro Erwachsene, Kombiticket „Denkmal Burg-kloster“ 14,50 Euro, ermäßigt u. a. für Schüler und Familien

Gastronomie: Restaurant „Nord“

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Wirtschaftsland 2016

H A NSE ZU M A N FA SSEN

Wirtschaftsland: „Schleswig-Holstein. Der echte Norden.“ ist allen als Touris-musland bekannt. Jetzt wollen Sie den Fokus auf die Industrie lenken – warum?

Meyer: Schleswig-Holstein ist ein attraktiver Industriestandort. Wir haben mit dem ChemCoast Park in und um Brunsbüttel einen starken Chemiestandort, wir haben eine traditionsreiche und zugleich dynami-sche maritime Wirtschaft mit Werften, Wehrtechnik und zahlreichen Zulie-ferern. Wir sind gut aufgestellt in der Medizintechnik und in vielen anderen Branchen. Dafür müssen wir nur mehr

werben, denn vielen ist dieses Poten-zial noch nicht bekannt genug.

Unsere Wirtschaft ist geprägt von kleinen und mittleren Unternehmen. Diese Unternehmen sind flexibel und innovativ und machen unsere Wirt-schaft krisenfest und unabhängig von der internationalen „Großwetterlage“. Das ist ihr großer Vorteil. Beim Stich-wort Industrie denken aber viele an die großen Konzerne. Die haben wir kaum in Schleswig-Holstein. Dafür ha-ben wir andere Stärken: zum Beispiel zahlreiche Hidden Champions, die hoch spezialisiert mit ihren Produkten und Dienstleistungen mitunter Welt-

marktführer sind – aber kaum einer weiß es! Das darf nicht sein. Unsere Stärken sollten wir selbstbewusst vermarkten.

Wirtschaftsland: Was sind die Chan-cen, was sind die Herausforderungen der Industrie in Schleswig-Holstein?

Meyer: Gerade aus der Energiewen-de und dem Ausbau der erneuerba-ren Energien ergeben sich hochinter-essante Chancen für unsere Industrie. Gelingt uns hier ein produktiver Wissens- und Technologietransfer von unseren Hochschulen und For-schungseinrichtungen in die Wirt-

schaft hinein, steckt in diesen Berei-chen viel Potenzial für Wertschöpfung und Beschäftigungsimpulse. Die Basis hierfür ist gegeben, wir haben Kom-petenzfelder in Schleswig-Holstein, in denen wir schon richtig gut aufge-stellt sind. Dazu gehören die maritime Wirtschaft, Life Sciences, erneuerbare Energien, Ernährungswirtschaft sowie Informationstechnologie, Telekommu-nikation und Medien.

Herausforderungen bestehen natür-lich auch. Es gibt zwei ganz wichtige Themen, die wir dringend gemein-sam angehen müssen: Das sind zum einen die Herausforderungen der Digitalisierung im Rahmen von Indus-trie 4.0 und das ist zum anderen der Fachkräftebedarf der Zukunft. In der Industrie gibt es zahlreiche hochwer-tige Arbeitsplätze. Umso wichtiger ist es, auch in Zukunft den Fachkräftebe-darf decken zu können. Das gelingt uns nur, wenn wir alle Reserven akti-vieren – etwa im Bereich der Langzeit-arbeitslosen, der Migranten und der Flüchtlinge.

Wirtschaftsland: Wie kann der Indus-triestandort Schleswig-Holstein aktiv gestärkt werden?

Meyer: Unsere Industriepolitik braucht zweierlei: Wir müssen zum einen auf kluge Weise den Bestand, also die traditionellen Bereiche wie z. B. die maritime Industrie, sichern und pflegen und zum anderen neue Unternehmen ansiedeln, Erfindergeist und Existenzgründungsbereitschaft stärken, die Entwicklung neuer Tech- no logien fördern, Innovation und

Kreativität Raum bieten, sich zu ent-falten. Wir wollen also Tradition und Moderne miteinander verbinden, d. h. unsere traditionellen Branchen und Wachstumsträger pflegen, aber auch moderne Zukunftsbereiche fördern.

Für den Start einer neuen Industrie-politik in Schleswig-Holstein hat die Landesregierung unter Beteiligung von Akteuren aus Unternehmen, Kammern, Verbänden und Gewerk-schaften Eckpunkte für eine industrie-politische Strategie erarbeitet. Ein starkes Bündnis für die Industrie Schleswig-Holsteins soll daraus entstehen, das die Stärken unseres Stand ortes unterstützt und weiter-entwickelt. Die neue Strategie soll zugleich die Grundlage dafür bilden, industrie politische Interessen in Nord-deutschland gemeinsam mit unseren Nachbarn und Partnern selbstbewusst zu vertreten.

Wirtschaftsland: Was heißt das konkret: die vorhandenen Stärken stärken?

Meyer: Unsere Förderpolitik ist ziel-genau, praxisnah, gut vernetzt und im engen Kontakt mit der Wirtschaft. Genau in diesem Sinne haben wir unsere Clusterpolitik neu ausgerichtet und an den wirtschaftlichen Schwer-punkten entlang entwickelt. Denn es gilt, die Kräfte in unseren Kompetenz-feldern zu bündeln und die vorhan-denen Potenziale unserer wirtschaft-lichen Stärken optimal zu entwickeln.

Kern unserer Förderstrategie sind passgenaue Förderinstrumente.

Wir verfahren nicht nach dem Gieß-kannenprinzip und auch nicht nach dem Grundsatz, wer am lautesten schreit, bekommt am meisten. Wir fördern mit zielorientierten, pass-genauen Förderinstrumenten, die den höchsten Effekt erwarten lassen. Dazu gehören unsere Beteiligungs-fonds, die sehr erfolgreich vom Markt aufgenommen werden, dazu gehören die Innovationsförderung, unsere ein-zelbetriebliche Investitionsförderung, unser Standortmarketing unter dem Dach „Schleswig-Holstein. Der echte Norden“, unsere neu strukturierte Cluster-Förderung und eine nach-haltige Ansiedlungspolitik.

Wirtschaftsland: Für eine gute wirtschaftliche Entwicklung ist ent-sprechende Infrastruktur notwendig. Was tut Schleswig-Holstein hierfür?

Meyer: Das ist richtig. Wir müssen unsere Infrastruktur sanieren und wo es geht bedarfsgerecht ausbauen. Für die Landesstraßen hat die Landes-regierung ein Sondervermögen ein-gerichtet. Damit stellen wir deutlich mehr Mittel zur Verfügung als unsere Vorgänger. Und wir haben auch ein Sondervermögen eingerichtet für den Breitbandausbau. Denn bei Infrastruk-tur denken wir nicht nur an Beton: Eine zuverlässige, auch für noch größere Datenmengen der Zukunft geeignete Breitbandversorgung ist für die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft von größter Bedeutung. Deshalb setzen wir auf die Glasfaser-technologie. (hh)

Interview mit Wirtschaftsminister Reinhard Meyer

Schleswig-Holstein ist ein attraktiver Industriestandort

„Unsere Wirtschaft ist geprägt von kleinen und mittleren Unternehmen. Diese Unternehmen sind flexibel und innovativ und machen unsere Wirtschaft krisenfest und unabhängig von der internationalen Großwetterlage.“ Reinhard Meyer

Reinhard Meyer, Wirtschaftsminister

des Landes Schleswig-Holstein

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Wirtschaftsland 2016Wirtschaftsland 2016

EC HT S TA R K – IN DUS TR IE IN SH

„Ich liebe den Blick von der Hoch-brücke über den Nord-Ostsee-Ka-nal bei Nacht, wenn das komplette Industriegebiet im Vordergrund mit tausenden Lichtern vor mir liegt und im Hintergrund beleuchtete Schiffe vorbeiziehen“, schwärmt Martina Hummel-Manzau. Die Geschäftsfüh-rerin der Entwicklungsgesellschaft Brunsbüttel (egeb) kümmert sich mit ihrem Team unter anderem um die Ansiedlung neuer Unternehmen auf dem 2.000 Hektar großen Areal.

„Wir fühlen uns hier als Standort am Puls der wachsenden Märkte.“

„Zwischen Hamburg und Sylt gele-gen, verbindet sich in Brunsbüttel Erholung mit modernstem Hightech und großzügigen Wirtschaftsflächen“, meint Hummel-Manzau.

Wo die Containerschiffe, Tanker und Kreuzfahrer in die Schleusen einlau-fen, hat sich innerhalb von knapp 40 Jahren ein leistungsstarkes Industrie-gebiet in der Metropolregion Ham-burg, dem „Tor zur Welt“, entwickelt. Viele der rund 20 Top-Unternehmen produzieren oder veredeln Spezial-produkte im Bereich der Chemie- und Mineralölindustrie. Auch Energie-erzeuger und Logistiker haben sich hier angesiedelt. Bayer Material-Science (heute Covestro), Bioenergie Bruns büttel Contracting, Lanxess, Sasol, Total, Mercuria, Yara und ande-re beliefern von Schleswig-Holstein aus ihre Märkte rund um den Globus. Neben dem verkehrsgünstigen Standort am Knotenpunkt von Elbe, Nordsee und Nord-Ostsee-Kanal

kann der ChemCoast Park mit einer voll ausgebauten Infrastruktur punk-ten: Der mit drei Häfen ausgestattete Industriepark ist an Schiene und Fern-straße angebunden, die Betriebe kön-nen vor Ort zum Teil Dienstleistungen nutzen – vom Brand- und Werkschutz über einen Logistik-Verbund bis zur Analytik. Die wirtschaftliche Stärke des Standortes sichert Arbeitsplätze: Die Unternehmen selbst beschäftigen etwa 4.000 Mitarbeiter. Zulieferer und andere Betriebe, die von den Global Playern profitieren, haben ins-gesamt etwa 12.500 Jobs geschaffen. Wie positiv sich der Traditionsstand-ort entwickelt, zeigen beispielhaft die drei Brunsbütteler Häfen, die jährlich etwa 12 Millionen Tonnen Ladung um-schlagen. Der Elbehafen etwa kann alle Schiffsgrößen bis 14,80 m Tief-gang abfertigen, er kann Waren aller Arten im Bereich Stückgut, Massengut und Flüssiggut wie Rohöl löschen und sie am Terminal auf Züge, LKW oder andere Schiffe verladen.

„Die aktuellen Investitionen von über 20 Millionen Euro in unsere Häfen sind ein klares Bekenntnis unserer Unternehmensgruppe zu dem Standort“,

betont Frank Schnabel, Geschäfts-führer der Brunsbüttel Ports, ein Unternehmen der Schramm group. In den letzten Jahren habe insbe-sondere die Windenergie in Nord-deutschland einen Boom erfahren, der auch im Hafen zu spüren sei. Immer mehr Bauteile der Wind-energiebranche werden hier umge-

Industrie- Leuchtturm am Tor zur Welt

Am Schnittpunkt von Nord-Ostsee-Kanal und Elbe hat sich das größte Industriegebiet des Landes entwickelt: Im ChemCoast Park Brunsbüttel haben eine Reihe von Welt-unternehmen ihren Produktionssitz. Millionen-Investitionen sollen den Industrie-Leuchtturm weiterhin strahlen lassen.

ChemCoast Park Brunsbüttel mit Investitionsschub auf Zukunftskurs

ChemCoast Park Brunsbüttel:

das größte Industriegebiet in

Schleswig-Holstein

www.chemcoastpark.de

Industriestandort Schleswig-Holstein

Anzahl der Industriebetriebe 1.127

Beschäftigte 122.000

Umsätze38,6 Milliarden Euro (davon Export 22,9 Milliarden Euro)

Branchen mit dem stärksten Umsatzwachstum*• Fahrzeugbau 64,5 %• Reparatur von

Maschinen 16,7 %• Pharmazeutische

Erzeugnisse 11,9 %• Gummi/Kunststoff 5,1 %• Verarbeitendes Gewerbe 4,8 %• Maschinen 4,6 %• Glaswaren 3,9 %• Chemische Erzeugnisse 3,7 %• Elektronik 0,6 %

*2014 im Vergleich zu 2013Quelle: Statistisches Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein, Zahlen von 2014

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DIE C H EM IE S T IM MT

Wir machen nicht viel Wind. Wir nutzen ihn.

Mehr Infos unter der-echte-norden.info

Jochen Möller, Geschäftsführer M.O.E. GmbH

14040-00-005 | Kunde: Schleswig Holstein / Der echte Norden | Motiv: Wind | Format: 210 x 297 mm Beschnitt: 3 mm Farbprofil: ISO Coated v2 (ECI) (CMYK) | Bearbeitet: jcw | Stand: 24.11.2015

schlagen. „Deshalb haben wir unsere Hafenfläche für mehr Lagerkapazi-täten deutlich vergrößert“, erläutert Schnabel. Außerdem konnte das Unternehmen kürzlich in ein neues Verwaltungsgebäude ziehen, das Brunsbüttel Ports gemeinschaftlich mit der egeb und dem Schiffsmak-lerunternehmen Sartori & Berger errichtet hat.

Auch andere Firmen investieren kräftig: Der seit 1964 in Brunsbüttel ansässige Chemieproduzent Sasol stellt unter anderem Grundstoffe für Kosmetik her und baute seine Laboranlagen aus. Die Raffi nerie Hei-de erweiterte ihr Tanklager und die Spedition F. A. Kruse schaffte für den boomenden Markt Logistik flächen für Windenergie. Das Norder stedter

Chemieunternehmen Schülke & Mayr plant, in Brunsbüttel für 20 Millionen Euro eine neue Fabrik zu bauen. „Wir freuen uns auch über die neue Fähr-verbindung der Elb-Link-Reederei zwischen Brunsbüttel und Cuxhaven, die schnelle Überfahrten für Gewer-beverkehre, Schwerlast- und Gefahr-guttransporte ermöglicht“, ergänzt Martina Hummel-Manzau.

Als „absolut positiv“ wertet Bruns-büttel-Ports-Chef Schnabel, der auch Sprecher der Werkleiterrunde ist, die Zukunftsfähigkeit des Hafen- und Industriegebietes: „Der ChemCoast Park Brunsbüttel wird zu Recht von der Landesregierung als industrielle Perle bezeichnet. Der Standort steht aber national und international im Wettbewerb mit anderen Standor-

ten.“ Um die Wettbewerbsfähigkeit langfristig zu stärken, müssten frühzei-tig Entscheidungen zum bedarfsge-rechten Ausbau von Infrastruktur und Energie getroffen werden, betont Schnabel, der seinen Lieblingsort im ChemCoast Park gefunden hat: „Mein Büro! Von hier aus habe ich einen wundervollen Blick auf die Elbe mit den großen Containerschiffen.“ (wel)

Sie fördern die Unternehmensansiedlung

im ChemCoast Park Brunsbüttel:

das Team mit egeb-Geschäftsführerin

Martina Hummel-Manzau

„Der ChemCoast Park Brunsbüttel wird zu Recht

von der Landesregierung als industrielle Perle

bezeichnet.“ Frank Schnabel

Wirtschaftsland 2016

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DIE C H EM IE S T IM MT

Patenter Schutz für patente IdeenInnovative Firmen brauchen ein gutes Patent-Management

Eine Weltneuheit, die auch noch gewerblich anwendbar ist, hat beste Chancen, als Patent ge-schützt zu werden. Doch viele Unternehmen scheuen davor zurück, diesen Schritt zu gehen. Das Patent- und Markenzentrum der Wirtschaftsförderung und Technologietransfer Schleswig-Hol-stein GmbH (WTSH) unterstützt Unternehmen und Erfinder beim Patent-Management.

So kehrt der Technologieführer:

Die Innovationen im Hako Citymaster

sind dank eines Patent-Managements

geschützt.

Sauber: Bis zu zehn Patente meldet

der Reinigungsspezialist Hako pro Jahr an.

In vielen Kommunen gehören sie zum Straßenbild: die meist rot lackierten Reinigungsmaschinen von Hako. Das Unternehmen aus Bad Oldesloe mit seinen 2.000 Mitarbeitern zählt zu den international führenden Herstel-lern. Die Technologieführerschaft kam allerdings nicht von allein: „Im Jahresdurchschnitt melden wir acht bis zehn Patente im Bereich der Reinigungstechnologie an. Ohne ein Patent-Management ist ein syste-matisches Vorgehen im Bereich des geistigen Eigentums nicht sinnvoll möglich“, betont Ludger Lüttel, der als Leiter Service-Entwicklung auch das Patentwesen bei Hako managt.

Um die wertvollen Ideen in den Köpfen für den eigenen Markterfolg zu schützen, gehört ein durchdachtes Patent-Management unbedingt zur Firmenstrategie.

„Diese Vorgehensweise wird oft unterschätzt“,

meint Birgit Binjung, Diplom-Ingeni-eurin und Abteilungsleiterin Innovati-onsmanagement und verantwortlich für das Patent- und Markenzentrum bei der WTSH. „Um Erfolg zu haben,

dürfen innovative Unternehmen ihre Schutzrechte nicht nur verwalten – sie sollten sie gezielt managen.“ Denn Patente dienen nicht nur dazu, die eigene Innovation vor Nachahmung zu schützen, weiß Binjung. „Patent-recherchen geben außerdem wertvol-le Hinweise über den Wissensstand der Mitbewerber.“ Dazu komme, dass Unternehmen, die mit neuen Produk-ten auf den Markt gehen wollen, auch vorab prüfen sollten, ob sie damit keine geltenden Patente verletzen.

Angemeldete Patente können von Dritten problemlos eingesehen wer-den, weil Patent- und Markenämter die Patentschriften 18 Monate nach der Anmeldung veröffentlichen. Doch Unternehmen, die ihre Entwicklun-gen vor den Wettbewerbern geheim halten wollen und auf eine Patentie-rung verzichten, gehen ein großes Risiko ein. Weil meist viele Mitarbeiter die technischen Interna kennen, ist

Die patentierte IBAK Argus 5 ist eine

Dreh-, Neige- und Schwenkkopfkamera,

die dank Traktorreifen sicher in Kanalisati-

onsrohren bewegt werden kann.

BODYGUA R D FÜ R W ELTN EU H E ITEN

„Um Erfolg zu haben, dürfen innovative Unterneh-

men ihre Schutzrechte nicht nur verwalten – sie

sollten sie gezielt managen.“ Birgit Binjung

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Wirtschaftsland 2016 Wirtschaftsland 2016

Darüber hinaus geben die Patentakti-vitäten von Mitbewerbern Aufschluss über Markttendenzen, Trends und Strömungen in der Branche. Darum ist es für Unternehmen wichtig, ihren Mitarbeitern Zugang zu Patentin-formationen anzubieten und sie in Patentfragen zu schulen. Auch dafür stehe den Unternehmen das Patent- und Markenzentrum zur Verfügung, sagt Binjung. Und das alles, damit patente Erfindungen auch patenten Schutz genießen. (wel)

bis 2013 insgesamt 1.013 Patente angemeldet. Mit 724 Anmeldungen rangiert Rheinmetall Defence (Kiel) als Produzent von Wehrtechnik auf dem zweiten Platz.

Zu den innovationsstarken Firmen gehört auch das vor 70 Jahren gegründete Kieler Familienunter-nehmen IBAK Helmut Hunger GmbH & Co. KG. Der größte Hersteller von Inspektionsanlagen zur Untersuchung schwer zugänglicher Rohrleitungen und Brunnen beschäftigt über 300 Mitarbeiter, von denen jeder sechste im Bereich Forschung und Entwick-lung tätig ist. Bis heute hat die IBAK 168 Patente, Gebrauchsmuster oder Designs (früher Geschmacksmus-ter) angemeldet, darunter 43 in den vergangenen 10 Jahren. „Der Ausbau unserer Technologieführerschaft kann durch ein effektives Patent- Management wirkungsvoll unterstützt werden“, erklärt Patent-Manager Klaus Ermoneit. „Durch den Schutz von neu gewonnenem Know-how sichern wir nicht nur unsere eigene Wettbewerbsposition langfristig. Wir können so auch den Handlungsspiel-raum von Mitbewerbern systematisch einschränken.“

In sieben Schritten zum Patent

1. Patentrecherchen durchführen, Ergebnisse bewerten und Schlussfolgerungen für die eigene Patentanmeldung ziehen (Lohnt die Anmeldung? Ja/Nein. Wie sollte die eigene Patentanmeldung formuliert werden, um sich bestmöglich vom Wettbewerber abzugrenzen?)

2. Anmeldung: Ein Unternehmen oder ein Erfinder meldet ein Patent beim Deutschen Patent- und Markenamt in München an – online, per Fax oder per Post (Kosten: ab 40 Euro).

3. Prüfungsantrag stellen: Erst dann prüfen Fachleute die Patentan meldung inhaltlich (Kosten: 350 Euro).

4. Patenterteilung: Das Patent erhält eine Patentnummer (z. B. DExxxB3/B4) und wird veröffentlicht.

5. Einspruchsmöglichkeit: Wenn etwa ein Konkurrent meint, das Patent sei zu Unrecht erteilt worden, kann er binnen neun Monaten nach Patentveröffentlichung Einspruch einlegen. Ein Gremium des Patent amtes prüft und entscheidet dann, ob das Patent aufrechterhalten oder teilweise oder ganz widerrufen wird.

6. Patentschutz: Wird das Patent endgültig erteilt, gilt es maximal 20 Jahre lang – aber nur, wenn der Patentnehmer es jedes Jahr verlängert. Dabei steigen die Kosten ab dem dritten Jahr von 70 Euro schrittweise bis auf 1.940 Euro (20. Jahr).

7. Kontinuierliche Überwachung des technologischen Gebietes und der Wettbewerber

Infos: Wirtschaftsförderung und Technologietransfer Schleswig-Holstein GmbH (WTSH), Lorentzendamm 24, 24103 Kiel, Tel. 0431 66666 - 830/833/834, www.wtsh.de/ideen-schuetzen-patente-marken-designs

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Wirtschaftsland 2016

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BODYGUA R D FÜ R W ELTN EU H E ITEN

die Gefahr groß, dass eine Erfindung früher oder später außerhalb des Unternehmens bekannt wird. Zudem bestehe die Gefahr, dass ein Wett-bewerber unabhängig an derselben technischen Lösung arbeitet und sie seinerseits zum Patent anmeldet, er-läutert Birgit Binjung. „Im ungünstigs-ten Fall kann der Wettbewerber die Nutzung der eigenen ungeschützten Neuentwicklung sogar untersagen.“

Die Vorteile einer Patentanmeldung überwiegen dagegen bei Weitem: Einerseits können Technologieführer von ihren geschützten Produkten und Verfahren Lizenzgebühren einneh-men, sofern sie sie nicht selbst exklu-siv vermarkten wollen – diese Summe addiert sich weltweit auf mehrere 100 Milliarden Dollar jährlich. Anderer-seits können sie Konkurrenzunter-nehmen davon abhalten, die eigenen Innovationen zu kopieren. Durch Plagiate, die nicht juristisch verfolgt werden, gehen allein in Deutsch-land 70.000 Arbeitsplätze pro Jahr verloren. Vermeiden können Firmen dies mit einem effektiven Patent- Management.

„Unser Patent-Management-System sieht vor, dass ein Leiter diese The-matik zentral bearbeitet. Außerdem berät und entscheidet ein Patentrat alle wichtigen Patentfragen“, erläutert Ludger Lüttel die Vorgehensweise bei Hako.

„Wir haben eine monatliche Patentüberwachung einge-führt, die unterteilt wird nach Stichworten, Märkten und Wettbewerbern.“

Hako beauftragt bei der Überwa-chung externe Dienstleister wie etwa die Patentexperten bei der WTSH. „Wir greifen aber auch selbst auf Onlineportale zu. Auch die eigenen Mitarbeiter im Vertrieb oder auf Messen fungieren als wertvolle Scouts und sind damit wichtige Akteure der Überwachung von Konkurrenzpro-dukten“, berichtet Lüttel.

Bei Neuentwicklungen sollten Er-finder frühzeitig mit der weltweiten Patentrecherche beginnen, um zu schauen, ob es die technische Lösung bereits gibt oder nicht. Die Patentre-chercheure der WTSH übernehmen diese Arbeit für die Firmen als Dienst-leistung. „Wir haben dabei Zugang zu 90 Millionen Patentdokumenten weltweit“, erklärt Binjung.

Dass schleswig-holsteinische Unter-nehmen patentierfreudig sind, zeigt eine 2015 erschienene Studie des Lehrstuhls für Technologiemanage-ment der Christian-Albrechts-Uni-versität zu Kiel. Die Rangliste der innovativsten Unternehmen führt das Lübecker Unternehmen Dräger an: Der Hersteller von Medizin-, Sicher-heits- und Tauchtechnik hat von 2000

„Kieler Stäbchen“ mit Patent: In verzweigten Leitungsnetzen kommt die

Dreh-/Schwenkkopfkamera IBAK Orion L zum Einsatz. Ihre Führungseinheit,

das „Kieler Stäbchen“, ist in alle Richtungen dreh- und schwenkbar.

So sieht eine Patenturkunde vom

Deutschen Patentamt in München aus. Sie

listet das Patent, den Patentinhaber und

den Erfinder auf.

BODYGUA R D FÜ R WELTN EU H E ITEN

Wirtschaftsland 2016

Zweite Heimat Schleswig-Holstein

Schleswig-Holstein ist weltoffen. Menschen aus der ganzen Welt leben und arbeiten hier Seite an Seite. „Wirtschaftsland“ stellt vier Menschen vor, die im echten Norden ihre Heimat gefunden haben.

Angekommen – Menschen aus aller Welt im echten Norden

A NGEKOM M EN IN SH

Von der Matrosin zur ge-fragten Fischerei-Expertin Adalheidur Alfredsdóttir

Der Beruf ihrer Eltern ist der Grund, warum es die achtjährige Isländerin Adalheidur Alfredsdót-tir nach Deutschland verschlägt. Sie lebt in Hameln, Magdeburg und

Gummersbach, bis die Familie 2008 nach Kiel zieht und die Tochter am Gymnasium Käthe-Kollwitz-Schule in Kiel ihr letztes Schuljahr absolviert. „Mit Abstand das schönste Jahr meiner Schulzeit,“ schwärmt die Isländerin noch heute. In nur zwei Wochen sei sie komplett in alle Aktivitäten ein-bezogen worden, habe dort ihre beste Freundin und viele Freunde kennengelernt.

2009 besteht sie erfolgreich ihr Abitur und kehrt in ihre isländische Heimatstadt Akureyri zurück, um Fisheries Science – Fischereiwissenschaft – zu studieren. „Jeder Is-länder hat eine familiäre Verbindung zur Fischerei. Und ich war neugierig auf das Studienfach“, begründet Alfredsdót-tir ihre Wahl. Im Studium ist sie eine von wenigen Frauen. Um sich auch später in dem von Männern dominierten Beruf Respekt verschaffen zu können, heuert die tatkräftige Studentin kurzerhand in den Sommermonaten als Matro-sin auf dem größten isländischen Trawler an. An Bord ist sie die einzige Frau unter 33 Männern. Eineinhalb Monate am Stück arbeitet die Crew rund um die Uhr in Acht-Stun-den-Schichten. Ein echter Knochenjob, der maximal vier bis fünf Stunden Schlaf am Stück erlaubt. “Seekrank? Geht nicht, wenn man sich an Bord behaupten will“, lacht die heute 25-Jährige. Drei Jahre fährt sie neben ihrem Studium immer wieder zur See und fängt Heringe und Makrelen. Im Juni 2014 hat sie ihren Bachelor of Fisheries Science in der Tasche.

Anfang Oktober 2014 – sie ist gerade wieder auf hoher See – ruft ihre Mutter per Satellitentelefon an. Die frisch-gebackene Fischereiwissenschaftlerin habe ein Jobange-bot aus Kiel und könne sofort anfangen. Chefs Culinar, einer der bedeutendsten Großhändler für Lebensmittel und Non-Food in Deutschland, bietet ihr eine Position im internationalen Einkauf an. Schon lange habe man nach Fachkräften mit ihren Qualifikationen gesucht. Adalheidur Alfredsdóttir sagt sofort Ja. Am ersten November 2014 startet sie bei Chefs Culinar. „In Kiel habe ich mich immer am wohlsten gefühlt. Ich mag den ehrlichen, ruhigen

Charakter der Schleswig-Holsteiner, ihren trockenen Humor und wie sie immer direkt mit der Sprache heraus-rücken. Ganz wichtig für mich: Ohne die Nähe zum Meer könnte ich nicht leben. Und: Die Winter sind hier deutlich milder als in Island und die Sommer viel wärmer“, erzählt Alfredsdóttir mit leuchtenden Augen. www.chefsculinar.de

Vom spanischen Schüler zum Lübecker Azubi Santiago Lopéz

In seiner Heimat, der Pro-vinz Murcia in Südspani-en, ist fast jeder zweite Ju-gendliche arbeitslos. Der 19-jährige Santiago Lopéz ergattert glücklicher weise nach seinem Realschul-abschluss einen Ausbil-

dungsplatz als Schweißer. Der Haken an der Sache: Die Ausbildung ist rein schulisch ausgerichtet und bietet ihm kaum praktische Erfahrungen. Doch ein Gutes hat das Gan-ze: Der junge Spanier erfährt dort von Moin España, einem Projekt der Lübecker Handwerkskammer, das arbeitslose spanische Jugendliche und freie Lehrstellen in Lübeck zu-sammenbringt. Lopéz ergreift seine Chance und wählt „die sichere Schiene“: Nach einem sechswöchigen Deutschkurs geht es für ihn nach Lübeck, wo er bei der Firma Kohlhoff Gebäudetechnik GmbH eine Ausbildung zum Anlagenme-chaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik beginnt.

Bei der Integration unterstützt ihn die Handwerkskammer Lübeck mit fachlichem Nachhilfe- und Deutschunterricht, der Unterbringung in einer Wohngemeinschaft, intensiver persönlicher Betreuung und großem Engagement. „Das hat mir beim Einleben in Lübeck wirklich super geholfen. Auch meine Arbeitskollegen haben sich sehr um mich ge-kümmert und mich sogar zu sich nach Hause eingeladen“, erzählt der junge Spanier. Aber auch andere in Lübeck le-bende Spanier und seine kolumbianische Freundin helfen ihm dabei, in der Hansestadt heimisch zu werden.

Heute ist Santiago Lopéz 21 Jahre alt, hat seine Zwischen-prüfung erfolgreich absolviert und befindet sich im dritten Lehrjahr. Sein nächstes Ziel ist es, nach der Ausbildung als Fachkraft in dem Lübecker Betrieb weiterzuarbeiten. Was er an Schleswig-Holstein besonders mag? Die Architektur, das Essen und die vielen Grünflächen, die nicht so ausge-trocknet sind wie im spanischen Murcia.www.kohlhoff-luebeck.de

Santiago Lopéz, Lübeck

Adalheidur Alfredsdóttir, Kiel

Wirtschaftsland 2016 Wirtschaftsland 2016

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Vom Flüchtling zum Geschäftsführer Ismet Kovacevic

Mit 25 Jahren flüchtet Ismet Kovacevic vor den Schrecken des Krieges in seiner Heimat Bosnien und Herzegowina. Ohne ein Wort Deutsch zu sprechen, kommt er nach

Hamburg. Schnell zieht es ihn ins ruhigere Schleswig-Hol-stein. Der gelernte Maurer und Fliesenleger findet in Oeversee Arbeit bei dem Bauunternehmen Straßenburg. Nach Kriegsende reist er zurück nach Bosnien und Herze-gowina. Doch die Wirtschaft dort liegt am Boden.

2006 kehrt Kovacevic in seine zweite Heimat Schles-wig-Holstein zurück. Sein ehemaliger Arbeitgeber emp-fängt ihn mit offenen Armen. Der Bosnier arbeitet sich zum Polier hoch, macht sich 2012 selbstständig. Nach intensiven Gesprächen mit dem Inhaber Klaus-Dieter Straßenburg übernimmt er 2015 den 27 Jahre alten Traditionsbetrieb.

Finanziell unterstützt ihn bei der Unternehmensübernahme der Mikromezzaninfonds der Mittelständischen Beteili-gungsgesellschaft Schleswig-Holstein mbH (MBG). Heute beschäftigt Ismet Kovacevic acht Mitarbeiter. „Die Reakti-onen unserer Kunden und Mitarbeiter auf mich als neuen Geschäftsführer sind durchweg positiv. Das freut mich sehr“, berichtet er. Was er an Schleswig-Holstein besonders schätzt? Die freundlichen, hilfsbereiten Menschen. Und die Landschaft, die ihn an seine Heimat erinnert.www.strassenburg-bau.de

Vom Studenten zum Start-up-Gründer Dr. Mohammad Faizan

Geboren in Indien, studiert in Frankreich, promoviert an der Chris-tian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU). Moham-mad Faizan reist 2010 in die Landeshauptstadt

Schleswig-Holsteins, denn hier leben seine Schwester und sein Schwager. Hier schreibt Faizan auch seine Master Thesis in Ernährungswissenschaften und erhält 2014 seinen Doktortitel. Während seines Studiums engagiert er sich als Vorsitzender der Indian Student Group an der CAU. „Dort habe ich hautnah miterlebt, wie schwierig es für ausländi-sche Studierende ist, einen Praktikums- oder Arbeitsplatz

zu finden“, erzählt der junge Inder. Als Ursache habe er kulturelle Unterschiede und unzureichende Infor mationen ausgemacht.

Dieses Problem will Dr. Faizan lösen: Er gründet 2015 ComfNet Solutions in Kiel. ComfNet vernetzt talentierte internationale IT-Studierende in Kiel mit kleinen und mittle-ren Unternehmen, die IT-Dienstleistungen benötigen. Die Firmen profitieren von dem Know-how der Studierenden. Diese wiederum sammeln praktische Erfahrungen, können ihr Studium finanzieren und steigern ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Darüber hinaus berät Dr. Faizan Unterneh-men, die internationale Geschäftsbeziehungen nach Asien knüpfen möchten. Parallel dazu engagiert er sich bei opencampus Kiel, dem Bildungscluster der Region. Als Head of International Affairs bietet er dort u. a. Workshops für Flüchtlinge und potenzielle Start-ups an. Das Beste an Schleswig-Holstein? Das sind für ihn die Strände.www.comfnet.de

Erfolgsverstärker im echten Norden

Moin EspañaDas Projekt der Handwerkskammer Lübeck arbeitet mit regionalen Unternehmen zusammen, um den drohen-den Fachkräftemangel in SH und die Jugendarbeitslo-sigkeit in Spanien zu bekämpfen.www.internationaleprojekte.de

Bildungscluster opencampusIm Mittelpunkt steht die Vernet zung von Kieler Hoch-schulen mit Unternehmen und Organisationen, um Studierenden die Chance zu eröffnen, ihr Know-how in der berufl ichen Praxis einzusetzen.www.opencampus.sh

Mikromezzaninfonds Deutschland Der Fonds bietet finanzielle Unterstützung bei der Un-ternehmensgründung – explizit auch für Menschen mit Migrationshintergrund. Ansprechpartner ist die Mittel-ständische Beteiligungsgesellschaft Schleswig-Holstein mbH (MBG).www.mbg-sh.de(sk)

A NGE KOM M E N I N SH

Ismet Kovacevic, Flensburg

Dr. Mohammad Faizan, Kiel

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Nicht nur 152 Wattführer,sondern auch30 Weltmarktführer.

Mehr Infos unter der-echte-norden.info

Bodo Müller, Geschäftsführer JOB GmbH

14040-00-005 | Kunde: Schleswig Holstein / Der echte Norden | Motiv: Weltmarktführer | Format: 210 x 297 mm Beschnitt: 3 mm Farbprofil: ISO Coated v2 (ECI) (CMYK) | Bearbeitet: jcw | Stand: 24.11.2015

Dachmarke „Schleswig-Holstein. Der echte Norden.“ platzieren. Darüber hinaus erhalten sie eine Präsenz im Standortportal www.standort-sh.de. Im Gegenzug verpflichten sich die Partner, das Landesmarketing zu unterstützen, indem sie zum Beispiel von ihrer eigenen Website auf www.standort-sh.de verlinken. „Unser Ziel ist eine Win-win-Situation für die Part-ner und das Standortmarketing des Landes. Denn nur wenn wir an einem Strang ziehen, können wir erfolgreich vermitteln, was Schleswig-Holstein als Wirtschafts-, Lebens und Arbeitsstand-ort zu bieten hat“, so Judith Kunze, Verantwortliche für das WTSH-Partner-programm.

Die PremiumpartnerSie agieren heraus gehoben im Rahmen des Partnerprogramms, indem sie in die Standortmarketing-kampagne des Landes eingebun-den werden und sich proaktiv für den Standort Schleswig-Holstein engagieren. Zusätzlich zu den zuvor genannten Leistungen können sich Premiumpartner an verschiedenen Aktionen wie zum Beispiel Gemein-schaftsständen auf Jobmessen und Karrieretagen beteiligen. Darüber hi-naus haben sie die Möglichkeit einer Präsenz in Print-Publikationen und der Teilnahme an Premiumpartner-Veran-staltungen. Die angebotenen Aktio-nen werden durch die WTSH stetig weiterentwickelt und eng auf die Wünsche und Bedürfnisse der Partner des Partnerprogramms abgestimmt. „Wir sind Premiumpartner im Part-nerprogramm, weil wir den Standort Schleswig-Holstein aktiv fördern und bekannter machen möchten. Allein ist es schwierig, aber mit einer starken Gemeinschaft können wir mehr be-wegen“, meint Premiumpartner Gert Bendixen, Geschäftsleitung Queisser Pharma GmbH & Co. KG.

Premiumpartner Axel Weidner von der Mankenberg GmbH in Lübeck verbindet mit dem WTSH-Partner-programm ein ganz klares Ziel:

„Schülern und Studenten zu zeigen, dass sie sehr wohl auch in Schleswig-Holstein die besten Bedingungen für eine erfolgreiche Karriere haben. Das ist es, was mir wichtig ist und was wir gemeinsam mit den anderen Partnern schaffen wollen.“

Das Partnerprogramm soll auch die Standortmarketingkampagne, die sich auf den Wirtschaftsstandort Schleswig-Holstein fokussiert,

KURZINFO

Informationen rund um das Partnerprogramm unter:www.partner-sh.dewww.wtsh.de

Wirtschaftsförderung und Technologietransfer Schleswig-Holstein GmbH

Judith Kunze Lorentzendamm 2424103 KielT +49 431 66 66 6-8 22F +49 431 66 66 6-7 [email protected]

flankie rend unterstützen. So stan-den zum Beispiel für die ersten Kampagnen motive, die im Land sichtbar waren, ausschließlich Pre-miumpartner als Testimonials zur Verfügung. „Ich bin von unserem Wirt-schaftsstandort überzeugt und habe mich gern bereit erklärt, die Standort-marketingkampagne zu unterstützen, weil auch wir von einer starken Marke profitieren“, so Katrin Birr, Geschäfts-führerin der Gebrüder Friedrich Werft GmbH in Kiel.

Ein Land, ein Wort – gemeinsam Stärke zeigenEin enger Abgleich der geplanten Maßnahmen des Standortmarketings und des Partnerprogramms ist in Zukunft unabdingbar. „Zusammen-gefasst hat das Partnerprogramm das Ziel, gemeinsam mit der schleswig- holsteinischen Wirtschaft die attrak-tiven Standortvorteile gezielt zu kommunizieren und bewusst zu ma-chen, denn: Schleswig-Holstein ist ein offener, lebenswerter und erfolgrei-cher Wirtschafts- und Arbeitsstandort, geprägt durch eine authentische, innovative, bodenständige Unterneh-menskultur“, so Judith Kunze. (lei/jk)

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Gert Bendixen, Geschäftsleitung

Queisser Pharma GmbH & Co. KG.

www.queisser.de

Axel Weidner, Mankenberg GmbH, Lübeck

www.mankenberg.de

Starke Partner für den echten Norden Starke Branchen, starker Mittelstand und vielseitige Karriere chancen – das ist Schleswig-Holstein. Damit genau diese Standortvorteile verstärkt wahrgenommen und kommuniziert werden, hat die Wirtschaftsförderung und Technologietransfer Schleswig-Holstein GmbH (WTSH) das Partnerpro-gramm „Schleswig-Holstein. Der echte Norden.“ ins Leben gerufen und holt hierzu die Unterneh-mer des Landes mit ins Boot.

Ziel des Partnerprogramms ist es, den schleswig-holsteinischen Mittelstand mit seinen vielfältigen, attraktiven Karrierechancen und Beschäftigungs-möglichkeiten im Rahmen der Dach-marke „Schleswig-Holstein. Der echte Norden.“ bekannter zu machen – und somit qualifizierte Fachkräfte zu ge-winnen und an den Standort zu binden.

Selbstbewusst, offensiv und mit ge- bündelten Kräften wollen die Partner des Partnerprogramms gemeinsam mit der WTSH die Potenziale des Wirt-schafts-, Arbeits- und Lebensstandorts nach außen tragen. Die Plattform dafür bietet das WTSH-Partner pro gramm. Es richtet sich an Unternehmen und Institutionen mit Sitz in Schleswig-Hol-stein, die aktiv in das Standortmar-keting eingebunden werden und als Markenbotschafter für den Standort Schleswig-Holstein auftreten.

„Es ist wichtig, dass wir ge-meinsam agieren und zeigen, dass der Mittelstand hier ein sehr moderner Mittelstand ist“,

meint Premiumpartnerin Britta Blöm-ke, Geschäfts führerin der FLS GmbH.

Das Programm gliedert sich in drei Kategorien: die Partnerschaft, die institutionelle und die Premium-partnerschaft. Je nach Kategorie ste-hen den Teilnehmern verschie dene Angebote zur Verfügung.

Die Partnerschaft Im Rahmen der Partnerschaft und der institutionellen Partnerschaft erhält das Unternehmen oder die Institution das Recht, die Kategorienmarke und den Claim der Dachmarke „Schles-wig-Holstein. Der echte Norden.“ den

Vorgaben entsprechend zu nutzen und mit dem eigenen Corporate Design zu kombinieren.

Die Partner dürfen sich somit in ihrer Außendarstellung offiziell als Marken-botschafter bzw. Repräsentant der

Das WTSH-Partnerprogramm

GEM E I NSA M FÜ R DEN EC HTEN NOR DEN

Britta Blömke, Geschäftsführerin

FLS GmbH, Heikendorf

www.fastleansmart.com

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L I V E ON S TAGE

Eutin: Blueshauptstadt Europas

Längst hat sich das Internationale Bluesfest Eutin als eines der bedeu-tendsten Festivals in der europäi-schen Bluesszene etabliert. Über 15.000 Besucher genießen regel-mäßig im Mai ein mitreißendes Programm mit Künstlern aus Europa und Nordamerika – und das kosten-los auf dem Eutiner Marktplatz, wo das Festival in das kulturelle Treiben der wunderschönen Altstadt einge-bunden wird. Zu den Stammgästen gehören die Kieler Georg Schroeter und Marc Breitfelder, die zu den bes-ten Bluesmusikern weltweit zählen. Live-Sessions und Clubkonzerte im Brauhaus am Marktplatz ergänzen das Open-Air-Erlebnis ebenso wie Kunstausstellungen. Vom 13. bis 16. Mai 2016 ist es in Eutin wieder so weit.

www.bluesfest-eutin.de

Gartenparty XXL: Langeln Open Air

Ein Geheimtipp wird langsam erwach-sen: „Wer konnte ahnen, dass alles so schnell so groß wird …“, wundern sich die Macher dieses außergewöhnli-chen Festivals, das vor einigen Jahren als Schüler-Gartenparty mit Freunden begann. Doch aus Freunden wurden Fans und immer mehr Fans, und nach

einigen Jahren reichte das Bierzelt im Garten nicht mehr aus. Heute kommen rund 800 Freunde der ge-pflegten Rockmusik in die ländliche Gegend nördlich von Norderstedt, wo das Motto immer im Juli lautet: „Bunt! Laut! Rockt! Das Langeln Open Air gibt Euch voll was auf die Ohren!“ 2015 spielten 15 Bands auf zwei Büh-nen, wobei so manche Nachwuchs-gruppe aus Schleswig-Holstein und Deutschland zu einem Geheimtipp von morgen heranreifen dürfte. Mehr über das Programm 2016 auf der Homepage.

www.langelnopenair.de

Rocken wie die Wikinger: Baltic Open Air

Wenn Superstars wie Uriah Heep oder Saga ebenso unter freiem Himmel auftreten wie Heino als Rocker mit Lederjacke („Junge“), die Deutschrocker Extrabreit oder Me-tal-Queen Doro Pesch – dann muss es sich um das Baltic Open Air handeln. Direkt an der Schlei rocken junge und etablierte Bands vor über 10.000 Zuschauern „wie die Wikinger“, so verheißt es jedenfalls der Werbeslog-an. Im vergangenen Jahr zum fünf-jährigen Minijubiläum des Festivals machten 17 Bands auf zwei Bühnen Stimmung. Am 26. und 27. August 2016 soll es wieder so weit sein: Die Bands Airbourne, U.D.O., Barock und andere haben bereits ihren Auftritt angekündigt.

www.baltic-open-air.de

Entertainment am Sandstrand:

Entertainment am Sandstrand: Stars at the Beach

Mit jeder Menge Strand-Flair ging das Festival Stars at the Beach in Timmen-dorf im September 2014 erstmals über die Bühne. Mark Forster („Au revoir“) und Axel Prahls Inselorchester („Blick aufs Mehr“) hießen die Top Acts vor Ostseekulisse in der Beach- Volleyball-Arena mit 4.000 Plätzen. Junge und ältere Fans sollen sich gleichermaßen für die musikalischen Angebote begeistern können, lautete das Konzept der Veranstalter, das voll aufgegangen ist. Drei Tage lang lauschten weit über 5.000 Zuschau-er den Künstlern, ein Großteil der Karten war bereits vor Festivalbeginn verkauft. 2016 soll es in Timmendorfer Strand eine Fortsetzung von Stars at the Beach geben. Diese Künstler sind bereits gebucht: Neben Namika, Philipp Dittberner und Johannes Oer-ding treten die Bands Madsen und Tonbandgerät vom 1. bis 3. Septem-ber am Sandstrand auf. (wel)

www.stars-at-the-beach.de

Voll auf die Ohren

Sie lassen die Open-Air-Bühnen zwischen Nord- und Ostsee wackeln: 2016 gehen über 30 Festivals unter freiem Himmel über die Bühne. Es muss dabei nicht immer der Mega-Open-Air-Klassi-ker in Wacken sein. Viele kleinere, aber coole Events am Strand, auf Bauernhöfen oder Marktplätzen haben die Herzen ihres Publi-kums erobert. Wir sind ganz Ohr und werfen einen Blick auf die Open-Air-Geheimtipps 2016 in Schleswig-Holstein.

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Open-Air-Festivals: Geheimtipps aus Rock, Jazz und Blues

Rocken „wie die Wikinger“ beim Baltic

Open Air in Schleswig. Hier macht die

Formation Schandmaul Stimmung unter

freiem Himmel.

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2011 hat sie den Hof, der seit 1948 von ihrer Familie bewirtschaftet wird, von ihren Eltern übernommen: insgesamt rund 250 Hektar, auf denen vor allem Erdbeeren und Himbeeren angebaut werden und Landwirtschaft betrieben wird. Man verkauft die Früchte an Selbstpflücker und über drei Dutzend mobile Verkaufsstellen. In einem Feldcafé gibt es selbst gebackenen Kuchen und Marmeladen. Ein weite-rer Geschäftszweig auf dem Ingenhof ist das Vermieten von Wohnungen. Dort, wo sich früher Schweine gesuhlt haben, sind geschmackvolle Ferien-appartements entstanden, die vor allem von Familien bis in den Herbst hinein genutzt werden. „Sanfter Tou-rismus ist in. Und davon profitieren auch wir“, verrät Melanie Engel.

Vor sechs Jahren hat sie dann ein für schleswig-holsteinische Verhältnisse aberwitziges Vorhaben gestartet: Sie begann auf dem Südhang des Grön-dalbergs in der Nähe von Malkwitz, rund 13.500 Rebstöcke zu pflanzen. Kurz zuvor hatte sie die dafür notwen-digen Rebrechte erhalten. Schles-wig-Holstein hatte diese Rechte von Rheinland-Pfalz übertragen bekom-men – für insgesamt 10 Hektar Wein-anbau. Über die Vergabe entschieden wurde nach Bodenbeschaffenheit, Steigungswinkel des Berges und

klimatischen Kriterien. Melanie Engel bewirtschaftet mit ihrem Team die mit rund drei Hektar größte zusam-menhängende Weinanbaufläche des Landes. Und sie ist die einzige Frau unter den Winzern im nördlichsten Bundesland.

„Anfangs habe ich viel Spott geerntet und wurde belächelt.“

„Doch mittlerweile hat sich das geändert“, sagt die 37-Jährige.

Anders als andere Winzer im Nor-den – die den Großteil der Weinernte in den Süden transportieren – verar-beitet Melanie Engel die Trauben vor Ort. Hierfür waren Investitionen in Kellertechnik nötig, Tanks, Abbeerma-schine, Weinpresse und Weinnetze mussten angeschafft und zwei neue Mitarbeiter eingestellt werden, die sich mit Kellermeister Jan Carstens um das Thema Wein kümmern. Als Winzerin ist die studierte Agrarwis-senschaftlerin eine echte Autodidak-tin. „Ich habe mir viel angelesen und mir zudem immer wieder bei Patrick Balz, einem Winzer aus Rheinhessen, Rat geholt“, erklärt sie. Angebaut sind auf den Flächen überwiegend die weiße Solaris-Traube und daneben

Bodenbeschaffenheit, Steigungswinkel und

klimatische Verhältnisse: Der Gröndalberg bringt

beste Voraussetzungen für den Weinanbau mit.

Zwischen den Reben fühlt Melanie Engel

sich wohl – setzt bei der Weinlese

allerdings viele weitere Helfer ein.

Die Winzerin vom GröndalbergDie Unternehmerin Melanie Engel über Patina, Spott und die Lust an der Unabhängigkeit

„Nicht weil es schwer ist, wagen wir es nicht, sondern weil wir es nicht wagen, ist es schwer“

steht auf dem Stein neben dem Eingang des Wohn-hauses auf dem Ingenhof. Sich nicht an Vorhaben heranzutrauen, weil man glaubt, dass sie zu schwer für einen sein könnten – dieser Gedanke ist wahr-scheinlich den meisten vertraut. Melanie Engel ficht das nicht an. Im Gegenteil: Dieser Haltung, die vom römischen Philosophen Seneca beschrieben wurde, bietet die Hausherrin und Betreiberin des Hofes in der Holsteinischen Schweiz erfolgreich die Stirn.

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ENGE L NO 1

die pilzwiderstandsfähige Cabernet Cortis- und die Regent-Traube. Der „Engel No 1“ aus der Solaris-Traube, den wir probieren, ist ein schlan-ker, fruchtiger Wein mit Noten von Pfirsich, Quitte, Stachelbeere und Holunder. Selbstverständlich geht es in Süddeutschland um andere Dimensionen und höhere Qualitäten. Doch wer einmal auf dem Gröndal-berg steht, muss feststellen: Wein und Schleswig-Holstein ist zwar eine außergewöhnliche, aber eine funktio-nierende Kombination. „Geht wie-der!“, möchte man hinzufügen, denn schließlich wurde im hohen Norden bis ins Mittelalter hinein Wein ange-baut. Danach kam eine kleine Eiszeit – und mehrere 100 Jahre lang war kein Weinbau mehr möglich. Etwa 8.000 Liter weißer und 4.000 Liter roter Wein vom Ingenhof wurden 2014 abgefüllt, darüber hinaus noch Erd-beer-Secco in Flaschen und stylishen Dosen. „Ein neues Produkt, das bei den Kunden prima ankommt“, erklärt Melanie Engel. Verkauft werden die Weine in einem Hofladen und online. Zu den Abnehmern gehören Hotels in Schleswig-Holstein ebenso wie die Staatskanzlei.

In ihrem Büro, das in ihrem Elternhaus untergebracht ist, sitzen wir an einem alten Tisch mit schöner Patina. Mela-nie Engel streicht über die Oberflä-che des Tisches und sagt:

„Ich möchte Dinge erhalten, die eine Geschichte erzählen können.“

Historische Möbel zu restaurieren und wieder herzurichten ist dement-sprechend eine ihrer Lieblingsbe-schäftigungen – obwohl sie dazu oft wenig Zeit hat. Ein Grund dafür klopft wenig später an die Tür: ihr sechsjäh-riger Sohn Jorge. Seine sieben Jahre alte Schwester Jonna ist noch in der Schule. Melanie Engel ist alleinerzie-hende Mutter. Wie sie das bei ihren vielfältigen Tätigkeiten als Landwirtin,

Wohnungsvermieterin und Winzerin schafft? „Es ist viel Arbeit. Aber es geht schon“, sagt sie und lacht. „Wenn ich meinen Kopf frei bekom-men und entspannen will, gehe ich gerne in die Natur. Außerdem unter-stützen mich meine Eltern und auch die Mitarbeiter sehr.“

Als Unternehmerin hat sie einen ausgeprägt integrativen Führungsstil. „Ich schätze jeden meiner Mitarbeiter und will ihn bei meinen Vorhaben mit-nehmen.“ Hat sie Vorbilder? „Meine Mutter!“, sagt sie und ergänzt: „Mir imponieren Menschen, die ihrer Zeit voraus sind. Und Frauen, die ihren Weg gehen und sich nicht abhängig machen.“ Dass Melanie Engel ihren Weg und vor allem keinem Wagnis aus dem Weg geht, daran kann kein Zweifel sein. (mif)

Ein Wein aus Schleswig-Holstein mit

feinem Aroma dunkler Beeren: der

„Engel No 1“ Cabernet Cortis 42

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Eine Box voller MöglichkeitenDie Lübecker Symcon GmbH macht das Smart Home erschwinglich und leicht bedienbar – und sieht für das neue Produkt SymBox noch viele mögliche Anwendungsbereiche.

Ute hat es morgens im Bad gerne warm. Wenn sie von leiser Musik und den sich öffnenden Rollläden geweckt wurde und unter die Dusche geht, ist die Heizung bereits „wach“ und hat dafür gesorgt, dass Ute nicht frösteln muss. Geht sie aus dem Haus, wird die Temperatur in allen Räumen energiesparend abgesenkt; auf wie viel Grad genau, kann sich Ute auf dem Smartphone oder anderen Endgeräten anzeigen lassen. Sie kann von unterwegs die Beleuchtung regeln, die Waschmaschine starten, den Paketboten vor ihrer Haustür sehen und vieles mehr, was mittels Haussteu-erung und Gebäudeautomation schon seit geraumer Zeit möglich ist. Das Besondere bei Ute ist: Ihr Smart Home

ENGE L NO 1 SC H L AU ER WOH N EN

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Michael Steiner (li.) und Michael Maroszek vor ihrem Büro in den

Lübecker Media Docks. Das ehemalige Lagerhaus ist Unterneh-

menspark, Gründerzentrum und Veranstaltungsort.

hat sie für vergleichsweise kleines Geld bekommen, und es braucht nicht mehr als eine einzige kleine Box, die sich mit allen elektronischen Systemen im Haus „versteht“ – und das, obwohl diese von vielen unterschiedlichen Herstellern kommen. Und noch ein Punkt, der für Ute besonders wich-tig ist: Auch als technischer Laie kommt sie mit dem System bestens zurecht.

Ute könnte auch Sandra oder Bernd heißen. „Der Name ist uns irgendwann untergekommen, während wir die benut-zerfreundliche Bedienoberfläche für die SymBox entwickelt haben. Daraus wurde Ute, die Lieblingskundin“, erklären Michael Steiner (52) und Michael Maroszek (30) schmun-zelnd. Doch nicht nur die erdachte Eigenheimbesitzerin von nebenan, auch die reale und inzwischen internatio-

nale Kundschaft weiß das Produkt der Symcon GmbH aus Lübeck zu schätzen. Ihre Software, die derzeit als einzige auf dem Markt alle gängigen Hausautomationssysteme un-terstützt und unter einer Bedienoberfläche zusammenfasst, vertreiben die Schleswig-Holsteiner seit 2005. Der Kunden-kreis erstrecke sich inzwischen von Island bis Dubai, so die beiden Geschäftsführer. Zu 90 Prozent erfolgt der Ver-trieb über das Internet. Die Kunden, die sich die Software direkt vom Symcon-Server installieren, sind überwiegend technisch interessierte Immobilieneigentümer, aber auch gewerbliche Kunden, darunter Wohnungsunternehmen oder auch die Spielbank Schleswig-Holstein, die in ihren Häusern in Lübeck und Schenefeld von der Klimasteuerung über Licht bis zu Video-/Audio-Programmen alles über das Symcon-Produkt regelt.

Mit der im Spätsommer 2015 nach rund zweijähriger Entwicklungsarbeit veröffentlichten, betont übersichtlich gestalteten Bedienoberfläche stoßen Steiner und Maroszek nun in neue Käuferschichten vor – Stichwort Ute, die den Elektriker ihres Vertrauens einmalig mit der Installation der SymBox beauftragt. „Die Elektrofachbetriebe sind für uns In-tegratoren. Davon gibt es deutschlandweit jetzt schon mehr als 100, Tendenz ständig steigend“, so die Unternehmer. Bei den Elektrobetrieben sichert und schafft die innovati-ve Technik aus Lübeck Arbeitsplätze. Aber auch im Sym-con-Büro in den Media Docks direkt an der Trave mussten die Chefs schon zusammenrücken, um für derzeit drei feste Mitarbeiter Platz zu machen. Der 52-jährige Steiner ist von Haus aus Nachrichtentechniker und seit mehr als 25 Jahren selbstständig, sein 30-jähriger Kollege hat Wirtschaftsin-formatik an der Lübecker Universität studiert und bereits als Schüler und Student bei Steiner gejobbt. Beide Männer kommen aus dem gleichen kleinen Ort in Ostholstein, in dem auch die „Alte Schule“ steht – Steiners Zuhause und zugleich Symcon-Demo-Objekt im Internet (webfront.info).

„Das System lässt sich kontinuierlich an indivi-duelle Bedürfnisse und Gebäude anpassen.“

„Aufgrund der Integration von PHP als Skriptsprache ist nahezu alles realisierbar, vom einfachen Schalten bis hin zu komplexen Aufgaben in der Gebäudeautomation“, erklärt Michael Maroszek. Was Ute gar nicht wissen will, ist für

Smart-Home-Enthusiasten gerade das Salz in der Suppe: Innerhalb der Symcon-Community tauschen sich rund 8.500 registrierte Benutzer in derzeit etwa 250.000 Fo-rumsbeiträgen aus und stellen Skripte ein, die frei kopiert werden dürfen. Das schafft nicht nur Produktbindung, es lässt Symcon auch bei Suchmaschinenabfragen nach oben klettern. „Geben Sie Smartwatch und Hausautomation ein oder HomeMatic und Katzenklappe, dann erscheinen wir auf der ersten Seite meist an erster oder zweiter Stelle“, stellt Steiner zufrieden fest.

Präsent sind Internetnutzer in den Symcon-Räumen in Lübeck auch noch auf andere Art: Eine Ecke des Büros füllt eine Spielzeuglandschaft, in der es diverse, über webfront.info ansteuerbare mechanische Elemente gibt wie Hebe-bühne, Hubschrauber, LED-Laufschrift. Auch diese Szene-rie dient als Demo, um Neugierigen einen spielerischen Eindruck davon zu bieten, wie sie mit Symcon schalten und walten können. „Ob sie hier bei uns den Heli starten oder in ihrem Ferienhaus die Rollläden öffnen, bleibt von der Bedienung her gleich“, sagt Michael Steiner, während der Spielzeughubschrauber tatsächlich gerade abhebt, gesteuert von einem unbekannten User irgendwo auf der

Welt. Die SymBox funktioniert übrigens ohne permanen-te Internetverbindung, ein nicht unbedeutender Fakt für Kunden, die in Sachen Privatsphäre und Datenschutz auf Nummer sicher gehen wollen.

Dass ihr System großes Potenzial nicht nur in den Berei-chen häuslicher Komfort und Sicherheit hat, davon sind die Symcon-Macher fest überzeugt. Ein Stichwort – und Gegenstand eines Kooperationsprojekts mit der Univer-sität Lübeck – heißt Energieflusssteuerung: „Wie stellen wir es an, dass beispielsweise der Solarstrom vom Dach bevorzugt im eigenen Haushalt eingespeist wird und zwar genau da, wo er gebraucht wird?“ Ein Riesenthema sei außerdem „Ambient Assisted Living“, abgekürzt AAL und übersetzt mit „altersgerechte Assistenzsysteme für ein selbstbestimmtes Leben“. „Es geht darum, mit technologi-scher Unterstützung unter anderem Anomalien zu erken-nen, ob zum Beispiel jemand entgegen seiner Gewohnheit bis mittags im Bett liegen bleibt. Das System kann dann etwa eine Benachrichtigung an einen vorher festgelegten Empfänger schicken.“ Gerade in diesem zukunftsrele-vanten Anwendungsgebiet seien viele Module denkbar. Möglich also, dass Ute demnächst altert. (sas)

2 2

2

2

22 2 2

SymBox

Die Grafik macht deutlich, wie sich mit

der SymBox die gesamte Hausautomation

mit vielen unterschiedlichen Systemen

bedienen und beobachten lässt – von zu

Hause oder unterwegs.

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SC H L AU ER WOH N EN SC H L AU ER WOH N EN

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Ein Landesslogan auf dem Weg zum Erfolg

DER EC HTE NOR DEN KOM MT A N

Seit 2013 segelt Schleswig-Holstein unter einer einheitlichen Dachmarke mit dem mittlerweile bundesweit bekannten Claim: „Schleswig-Holstein. Der echte Norden.“ Inzwischen treten alle Behörden und Einrichtungen des Landes im Gewand des echten Nor-dens auf. Auch mit Gemeinschaftsstän-den auf in- und ausländischen Messen ist Schleswig-Holstein mittlerweile einheitlich erkennbar. Im Rahmen einer Kampagne soll nun auch die Außenwirkung weiter gestärkt werden. Schleswig- Holstein ist auf einem guten Weg mit seiner Dachmarke, auch wenn diese zu Beginn kontrovers diskutiert wurde.

2014 bewies eine Emnid-Umfrage des Landes Mecklenburg-Vorpommern, dass Schleswig-Holsteins Slogan bereits 30 Prozent der Bundesbürger bekannt war. Und damit auf Platz zwei der Bekanntheit rangierte. Damals

Nur bei den Experten aus Bayern kam der „echte Norden“ gut an. Bei allen anderen südlichen Bundesländern hat die Mehrheit den Slogan nicht unter die Top 3 gewählt. Viele Probanden aus Thüringen, Saarland und Hessen empfinden sogar, dass der Slogan nur eine geringe Aussagekraft hat. „Ich führe das darauf zurück, dass der Claim noch nicht ausreichend emotio-nal aufgeladen ist“, erklärt der 26-jäh-rige Tönnemann. „Unter dem echten Norden können sich die Süddeut-schen einfach nichts vorstellen.“ Auch Prof. Dr. Stefan Hoffmann unterstützt seinen Studenten bei dieser These:

„Der Slogan muss nun mit Leben gefüllt werden. Die große Bekanntheit und die gute Bewertung in der Heimat sind eine hervorragende Basis dafür.“

Insgesamt wird nur der Claim eines Bundeslands authentischer bewertet als „Der echte Norden“ und zwar Ba-den-Württembergs „Wir können alles. Außer Hochdeutsch“. Dieser erreicht

auch für seine Originalität die höchste Bewertung. Schleswig-Holstein erzielt hier den dritten Platz. Wobei nur geringe Unterschiede zu „Saarland. Großes entsteht immer im Kleinen“, „Sachsen-Anhalt. Wir stehen früher auf.“ und „An Hessen führt kein Weg vorbei.“ bestehen.

Die Ergebnisse seiner Studie fasst der BWL-Student in einer Authen-tizitäts-Originalitäts-Matrix zusam-men. Alle Slogans sind so entwickelt worden, dass sowohl Einheimische (Interne) als auch potenzielle Touris-ten/Besucher und Neubürger (Exter-ne) angesprochen werden. Wäre ein Slogan besonders, aber nicht authen-tisch, würde er sich im Feld „catcher“ befinden. Hier sind die Personen aus anderen Bundesländern die Ziel-gruppe. Wäre ein Slogan hingegen auf sein Bundesland zugeschnitten, aber unauffällig, wäre er im Bereich „keeper“ zu verorten. Deren Ziel-gruppe sind Personen innerhalb des Bundeslandes. Allerdings befindet sich die Hälfte der Slogans im rechten unteren Feld „replacable“. Sie sind damit als austauschbar und unauffällig bewertet worden und sollten über-

dacht werden. Das Idealfeld „unique“ ist ebenfalls von der Hälfte der Slo-gans erreicht worden. Mit Abstand die beste Bewertung erhält Baden-Würt-temberg. Aber auch „Schleswig-Hol-stein. Der echte Norden“ liegt im Idealfeld. Diese Bewertung bietet eine gute Ausgangslage, um mit der aktuellen Imagekampagne die Marke aufzuladen. (ki)

schoben viele dieses gute Ergebnis vor allem auf die kontroversen Dis-kussionen in überregionalen Tages-zeitungen. Ende 2015 hat die Arbeit des Kieler Masterstudenten Yannik Tönnemann bewiesen, dass „Schles-wig-Holstein. Der echte Norden“ nicht nur bekannt, sondern auch beliebt ist.

„Der Slogan wird von Schleswig-Holsteinern und von Personen aus anderen Bundes-ländern als authentisch wahr-genommen“,

fasst Tönnemann die Ergebnisse seiner Studie zusammen. Darin be-fragte er deutschlandweit knapp 227 Experten aus Wirtschaft, Tourismus und Regierung dazu, wie authentisch und originell die Slogans von acht ausgewählten Bundesländern sind.

Seine Arbeit zeigt, dass Schleswig-Hol-steins Claim sein Ziel erreicht, denn neben Bodenständigkeit und Klarheit ist Authentizität der definierte Wert der Marke. Doch nicht nur hier ist „echt“ der zentrale Bestandteil, er ist auch zentraler Wert des Landes.

Dass hier der richtige Begriff gewählt worden ist, zeigt vor allem die Befra-gung der Schleswig-Holsteiner. Sie bewerten den Slogan sehr positiv. 87 Prozent der Probanden aus Schles-wig-Holstein sortieren den Slogan unter die Top 3 bei Gesamteindruck. Aber auch in anderen Bundesländern wird Schleswig-Holsteins Marken-auftritt positiv bewertet. Hier sticht besonders die Zustimmung der Nachbar-Bundesländer hervor. Dieses Ergebnis überrascht, da besonders diese Länder bei der Einführung des Claims Kritik äußerten. Die Süddeut-schen bewerteten allerdings anders.

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Authentizitäts-Originalitäts-Matrix

1 82 3 4 5 6 7

81

76

54

32

unique

Authentizität

Ori

gin

alitä

t

catcher

keeper replaceable

BW

SL

HERP

ST

MV

HB

SH

BW (Baden-Württemberg) Wir können alles. Außer Hochdeutsch.

HB (Hansestadt Bremen) Bremen erleben.

HE (Hessen) An Hessen führt kein Weg vorbei.

MV (Mecklenburg-Vorpommern) MV tut gut!

RP (Rheinland-Pfalz) Wir machen‘s einfach.

SL (Saarland) Saarland. Großes entsteht immer im Kleinen.

ST (Sachsen-Anhalt) Sachsen-Anhalt. Wir stehen früher auf.

SH (Schleswig-Holstein) Schleswig-Holstein. Der echte Norden.

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Die Experten sind sich einig: Schleswig-

Holsteins Claim punktet mit Authentizität.

Prof. Dr. Stefan Hoffmann (li.) und Yannik

Tönnemann (re.) forschen am Institut für

Betriebswirtschaftslehre der CAU zu Kiel

SPOR TLIC H E TEC H NOLOGIESPOR TLIC H E TEC H NOLOG IE

Schleswig-Holstein hat sich gemein-sam mit Hamburg zu einem starken Standort im Bereich der Biotechnolo-gie und der Medizintechnik entwi-ckelt. Zahlreiche Unternehmen und Forschungseinrichtungen arbeiten hier breit gefächert an innovativen Produkten. Im Segment der beson-ders zukunftsträchtigen mobilen und vernetzten Anwendungen engagiert sich sehr erfolgreich Kristronics aus Harrislee bei Flensburg.

Die Nachfrage nach mobiler und drahtloser Sensorik, die verschiedene biometrische Werte erfasst, wächst stetig. Beispiele für solche Geräte sind längst ein gewohnter Anblick geworden: Viele Hobbysportler etwa nutzen bereits tragbare Herzfrequenz-messer. Die technischen Anforderun-gen an solche Produkte des Massen-

marktes sind jedoch vergleichsweise niedrig. Mit seinem Geschäftsbereich Medical und Life Science widmet sich Kristronics dagegen den anspruchs-vollsten Aufgaben auf diesem Gebiet: Sie liefern Lösungen für medizinische und Profisport-Anwendungen.

Mit seiner 35-jährigen Erfahrung hat sich Kristronics ein umfassen-des Know-how auf dem Gebiet der Sensortechnik erarbeitet. Deshalb kann das Unternehmen seine Kunden je nach Anforderung in allen Phasen der Entwicklung neuer Geräte un-terstützen. Ob als Einzelsensor oder als komplettes System – Hochleis-tungssensoren inklusive Einbau in die vorgesehenen Träger und Gehäuse sowie Verarbeitungs- und Übertra-gungssoftware samt den bei diesen persönlichen Daten notwendigen Ver-schlüsselungsprotokollen, hier gibt es alles aus einer Hand!

Enorme Anforderungen

Mit den Sensoren von der Förde kann nahezu die gesamte Bandbreite menschlicher Vitaldaten überwacht werden. Hierzu gehören die Herz- und Atemfrequenz, die elektrische Spannung der Herzmuskelfasern zur Anfertigung eines Elektrokar-diogramms oder auch die Atem-geräusche als ein Indikator für die Stabilität der Lungenfunktion. Dabei konzentriert sich Kristronics auf die mobile Sensortechnik. Das macht die Patienten unabhängiger und beweg-licher. Die Daten werden zur Aus-wertung drahtlos übertragen – an ein Labor oder eine Arztpraxis. Mit dieser Vernetzung steigen die Anforderun-gen an die Geräte immens. Damit bei-spielsweise ein Arzt die Daten über den Zustand eines Patienten auch aus der Ferne zweifelsfrei und zuverlässig beurteilen kann, müssen diese Werte vollkommen fehlerfrei gemessen, übertragen und ausgewertet sein. Aus diesem Grund haben die Produk-te strengste gesetzliche Normen und Standards zu erfüllen. Um eine fort-laufende Überwachung zu gewähr-leisten, müssen die Sensoren zudem robust, möglichst wartungsarm, resis-tent gegen äußere Einflüsse und rund um die Uhr bequem zu tragen sein.

Entwickelt werden die Lösungen am Standort Harrislee, individu-ell abgestimmt auf die einzelnen Kundenanforderungen. Neben der Messpräzision, der Widerstandsfähig-keit und der Anwenderfreundlichkeit liegt der Fokus darauf, immer mehr Funktionen auf kleineren Sensoren unterzubringen. Die Elektronik dazu wird, ebenfalls in Harrislee, aus weit-gehend standardisierten Bauteilen zusammengefügt, die sowohl einzeln, als auch im Verbund mehrfach um-fangreich getestet werden, um so die geforderte Genauigkeit garantieren zu können.

Intelligente Life-Science-Lösungen

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Widerstandsfähig, präzise und

wartungsarm – Kristronics erfüllt

strengste Standards.

Kristronics fertigt verlässige

Elektronik nach neuesten

technologischen Standards.Embedded Mobile Systems: hohe

Funktionalität auf kleinstem Raum

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Effiziente Lösungen zur vernetzten Gesundheit

Kristronics entwickelt und fertigt ver-lässliche Anwendungen mit hohem Qualitätsstandard für immer neuere und empfindlichere elektronische Einsätze wie z. B. Diagnostik und The-rapie. Es wird damit ein Weg geschaf-fen, Teile der Bevölkerung, gerade auch im Hinblick auf unsere zuneh-mend alternde Gesellschaft, etwa in ländlich geprägten Regionen wie Schleswig-Holstein, effizient, sicher und kostenbewusst zu versorgen.

Was kranken Menschen im Notfall das Leben retten kann, nutzen auch gerne die Profi-Sportler. Für sie steckt in den so präzise gemessenen Vitalwerten vielleicht das Quäntchen Potenzial, das bisher ungenutzt blieb und ihnen nun womöglich zu neuen Höchstleis-tungen verhilft.

So komplex die Anforderungen an diese mobilen, vernetzten Produkte auch sind, so aufwendig ist es, sie zur Marktreife zu bringen. Kristronics arbeitet darum regelmäßig eng mit renommierten Forschungseinrich-tungen und industriellen Partnern zu-sammen, um Forschungsergebnisse gemeinsam zu nutzen und daraus in Kooperation eine Lösung zu schaffen.

Seit November 2013 engagiert sich Kristronics zum Beispiel im Projekt „WELCOME“. Das EU-Projekt hat sich zum Ziel gesetzt, die Versorgung und Früherkennung bei Patienten mit chronischen Lungenerkrankun-gen (COPD) zu verbessern. In enger Zusammenarbeit mit dem Univer-sitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) und weiteren Mitgliedern des Welcome-Konsortiums realisiert Kristronics die dazugehörige Elektro-nik. Die verschiedenen Parameter der Lungenfunktion bis hin zur permanen-ten Aufzeichnung der Atemgeräusche betroffener Patienten werden fortlau-fend gemessen. Die Daten werden dann verschlüsselt an eine Cloud (Online-Speichermedium) übertragen

und stehen dort den medizinischen Betreuern und Ärzten übersichtlich aufbereitet zur Analyse zur Verfügung. Mittlerweile ist die Arbeit an diesem Projekt schon weit fortgeschritten. Zu dem Zeitpunkt, da das entwickelte Gerät dann an Patienten ausgegeben wird, suchen die Entwickler von Krist-ronics längst nach neuen Möglichkei-ten, die eingesetzte Elektronik noch kleiner und universeller zu machen. (bes)

Hauptsitz von Kristronics in

Harrislee bei Flensburg

SPOR TLIC H E TEC H NOLOGIESPOR TLIC H E TEC H NOLOG IE

Life Science für anspruchsvolle

Diagnostik und Therapie

Wirtschaftsland 2016

Profisportler setzen auf

innovative mobile Messgeräte.

Innovatives Projekt zur Früherkennung und

Versorgung von chronischen Lungener-

krankungen (COPD)

Sensor zur Erfassung

von biometrischen Daten

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IM PR E SSU M

Veröffentlicht durch:WTSH – Wirtschaftsförderung und Technologietransfer Schleswig-Holstein GmbHLorentzendamm 24, 24103 KielT. +49 431 66 66 6-0, F. +49 431 66 66 67 67E-Mail: [email protected]

V. i. S. d. P. Dr. Bernd BöscheGeschäftsführer der WTSHAmtsgericht Kiel, Handelsregister HRB 3358Umsatzsteueridentifikationsnummer: DE134868530

Chefredaktion:Ute Leinigen, Leiterin Standortmarketing / ÖffentlichkeitsarbeitT. +49 431 66 66 6-820, F. +49 431 66 66 6-769

Autoren: Sven Bohde (sb), Michael Fischer (mif), Harald Hase (hh), Kathrin Ivens (ki), Susanne Kratzenberg (sk), Judith Kunze (jk), Ute Leinigen (lei), Bjørn Erik Sass (bes), Sabine Spatzek (sas), Joachim Welding (wel)

Gesamtkonzeption: New Communication GmbH & Co. KGWerbe- und Marketingagentur

Projektmanagement: Kathrin Ivens, New Communication

Gestaltung: Marcus Braasch, New CommunicationFrauke Heinsohn, New Communication

Lektorat: Michael Fischer, FischertextSusanne Kratzenberg, New Communication

Produktion: ppa.bumann GmbH & Co. KGPrint- & Produktionsagentur Friedrich-Voß-Straße 1a, 24768 Rendsburg

Bildnachweise: Titel: Katharina Löwe; Seite 2 und 3: WTSH; Seite 4: H. - Joachim Harbeck, Westhof, Katharina Löwe; Seite 5: H. Nickel; Seite 7–9: New Communication; Seite 10–13: SLM Solution Group AG, Seite 14–16: Westhof, Seite 18: Vion, Seite 19: Gezeitenraum, Patietus.de, Lokalportal; Seite 20: Hansemuseum; Seite 22: grafikfoto.de, Ministeri-um für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie, Seite 24–26: H. - Joachim Harbeck, egeb; Seite 28–30: Hako, IBAK, Seite 31: Deutsches Patentamt; Seite 32: pantherme-dia.net; Seite 33 und 34: Katharina Löwe; Seite 36: New Communication, Seite 37: WTSH; Seite 38 und 39: Baltic Open Air, H.Nickel, Frank Schwichtenberg, Stars at the Beach; Seite 40–42: Holger Stöhrmann; panthermedia.net; Seite 42–45: Symcon, Sabine Spatzek; Seite 46 und 47: Christoph Edelhoff; Seite 48–51: Chrsitoph Edelhoff und Kirstronics

Layout und Gestaltung sind urheberrechtlich geschützt. Gleiches gilt für die einzelnen redaktionellen Beiträge und ihre Zusammenstellung sowie für Fotos und Grafiken. Möchten Sie Inhalte und Fotos übernehmen, wenden Sie sich bitte an die Chefredaktion unter [email protected]. Diese Druckschrift wird im Rahmen der Öffentlichkeitsar-beit der WTSH herausgegeben. Sie darf weder von Partei-en noch von Personen, die Wahlwerbung oder Wahlhilfe betreiben, im Wahlkampf zum Zwecke der Wahlwerbung verwendet werden. Auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehenden Wahl darf die Druckschrift nicht in einer Weise verwendet werden, die als Parteinahme der Landes-regierung zu Gunsten einzelner Gruppen verstanden wer-den könnte. Den Parteien ist es gestattet, die Druckschrift zur Unterrichtung ihrer eigenen Mitglieder zu verwenden.

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Chief Executive Officer. Oder wie wir sagen: Chefin.

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Katrin Birr, Geschäftsführerin Gebr. Friedrich Kiel

14040-00-005 | Kunde: Schleswig Holstein / Der echte Norden | Motiv: Chefin | Format: 210 x 297 mm Beschnitt: 3 mm Farbprofil: ISO Coated v2 (ECI) (CMYK) | Bearbeitet: jcw | Stand: 24.11.2015

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