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Wirtschaftsstrategische Rohstoffe für den Hightech-Standort Deutschland Forschungs- und Entwicklungsprogramm des BMBF für neue Rohstofftechnologien HIGHTECH-STRATEGIE

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Wirtschaftsstrategische Rohstoffe für den Hightech-Standort DeutschlandForschungs- und Entwicklungsprogramm des BMBF für neue Rohstofftechnologien

BILDUNGHIGHTECH-STRATEGIE

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BILDUNGHIGHTECH-STRATEGIE

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VORWORT

Vorwort

Wohlstand, wirtschaftliche Entwicklung sowie die nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen zu sichern, erfordert erhebliche gesellschaftliche Anstrengungen. Deutschland nimmt dabei mit seiner Nachhaltigkeitsstrategie, der Energiewende und dem „Deutschen Ressourceneffizienzprogramm“ weltweit eine Vorreiterrolle ein. Zukunftstechnolo-gien basieren insbesondere auf natürlichen Ressourcen wie beispielsweise metallischen Rohstoffen, die Deutschland zu einem erheblichen Teil importieren muss. Internationale Kooperationen sowie Forschung und Entwicklung sind daher wichtige Elemente der Strategie der Bundesregierung zur Sicherung einer nachhaltigen Rohstoffversorgung Deutschlands.

Mit dem Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcen technologie, das 2011 gegründet wurde, haben wir einen ersten Schritt getan zum Ausbau der Forschung für Rohstofftechnologien. Zusätzlich soll das vorliegende neue Forschungs- und Entwick-lungsprogramm „Wirtschaftsstrategische Rohstoffe für den Hightech-Standort Deutschland“ in den nächsten Jahren gezielt die Forschung und Entwick-lung umwelt- und ressourcenschonender Technolo-gien stärken. Die Rückgewinnung metallischer Sekundärrohstoffe durch Recycling sowie die umweltfreundliche und effiziente Gewinnung von Primärrohstoffen sind integrale Bestandteile der programmatischen Zielsetzung.

Das Programm „Wirtschaftsstrategische Rohstoffe für den Hightech-Standort Deutschland‘‘ ordnet sich ein in das Rahmenprogramm „Forschung für nachhaltige Entwicklungen – FONA“. Ziel dieses Rahmenprogramms ist, Deutschlands Position als internationaler Technologieführer in den Bereichen Klimaschutz, nachhaltiges Ressourcenmanagement sowie innovative Umwelt- und Energietechnologien zu stärken und auszubauen.

Ich danke den Mitgliedern des „Programmbeirates Ressourcentechnologien“ für die Erarbeitung der vorliegenden Empfehlungen. Das neue Programm leistet einen wegweisenden Beitrag zur Erreichung unserer forschungspolitischen Zielsetzungen.

Bundesministerin für Bildung und Forschung

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MITGLIEDER DES PROGRAMMBEIRATES RESSOURCENTECHNOLOGIEN DES BMBF

Mitglieder des Programmbeirates Ressourcentechnologien des BMBF

Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c. mult. Friedrich-W. Wellmer (Vorsitz), Präsident a.D. der BGR

Prof. Prof. e.h. Dr. Dr. h.c. mult. Carsten Drebenstedt, TU Bergakademie Freiberg

Prof. Dr. Dr. h.c. Rolf Emmermann, acatech (Projektinitiative Rohstoffe-Werkstoffe-Neue Technologien)

Prof. Dr.-Ing. Martin Faulstich, TU München

Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c. Bernd Friedrich, RWTH Aachen University

Prof. Dr.-Ing. Daniel Goldmann, TU Clausthal

Prof. Jens Gutzmer (PhD ZA), Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie

Dr. Volker Steinbach, BGR

Prof. Dr.-Ing. Michael Stelter, TU Bergakademie Freiberg

Prof. Dr. Gerold Wefer, Universität Bremen

Prof. Dr. Holger Weiß, Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung

Im „Programmbeirat Ressourcentechnologien des BMBF“ sind Experten aus dem Bereich Wert-schöpfung bei nicht-energetischen Rohstoffen der führenden technischen Universitäten und außer-universitären Forschungseinrichtungen Deutsch-lands vertreten. Die Mitglieder wurden vom BMBF benannt, um externen Sachverstand in die Pro-grammgestaltung einzubeziehen und das BMBF zur Ausrichtung zukünftiger Fördermaßnahmen zu beraten. Der Programmbeirat hat mit der konstituierenden Sitzung im April 2011 seine

Tätigkeit aufgenommen und im Folgenden die aktuelle Forschungslandschaft sowie den künftigen Bedarf der Hightech-Industrie in Deutschland hinsichtlich wirtschaftsstrategischer Rohstofftechno -logien analysiert. Daraus wurden der Forschungs-bedarf und die Empfehlungen zur weiteren Umsetzung abgeleitet. Diese Analysen und Empfehlungen münden in das vorliegende Forschungs- und Ent - wicklungsprogramm des BMBF für neue Rohstoff-technologien.

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INHALT

Inhalt

1

Inhalt

Vorwort

Mitglieder des Programmbeirates Ressourcentechnologien des BMBF

Inhalt ..........................................................................................................................................................................1

Kurzfassung .............................................................................................................................................................. 2

1 Einleitung ............................................................................................................................................................ 5

1.1 Die Bedeutung wirtschaftsstrategischer Rohstoffe für den Hightech-Standort Deutschland ............5

1.2 Politische Initiativen in Deutschland, Europa und weltweit .....................................................................9

1.3 Ziele des Programms ...................................................................................................................................... 12

2 Forschungslandschaft Ressourcentechnologien in Deutschland ............................................................13

2.1 Hochschulen und Forschungs einrichtungen ........................................................................................... 13

2.2 Aktuelle Forschungsförderung des BMBF ...................................................................................................... 27

3 Europäische und internationale Forschung zu Ressourcentechnologien ..............................................31

3.1 Forschungslandschaft in Europa ..................................................................................................................32

3.2 Forschungslandschaft außerhalb Europas .................................................................................................32

4 Zukünftiger Forschungs- und Entwicklungs bedarf ...................................................................................34

4.1 Primärrohstoffe und Exploration .................................................................................................................34

4.2 Sekundärrohstoffe und Recycling ................................................................................................................37

4.3 Sicht der in Deutschland ansässigen Industrie ......................................................................................... 40

5 Maßnahmen zur Umsetzung des Programms ............................................................................................42

5.1 Förderschwerpunkte des BMBF ....................................................................................................................42

5.2 Flankierende Maßnahmen ............................................................................................................................43

Abkürzungsverzeichnis und Glossar ...................................................................................................................46

Literatur ...................................................................................................................................................................52

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Kurzfassung

KURZFASSUNG

Als Industrienation verdankt Deutschland seinen Wohlstand der materiellen Produktion und dem Export. Um diesen Wohlstand zu sichern, müssen Rohstoffe verlässlich verfügbar sein – in erster Linie nichtenergetische mineralische Ressourcen. Sie werden benötigt, um Zukunftstechnologien zu entwickeln und auszubauen, aber auch um unsere ambitionierten Klimaschutzziele zu erreichen und die Energiewende zu beschleunigen. Bei diesen so genannten Hochtechnologie-Rohstoffen ist Deutschland zumeist auf Importe angewiesen. Zahlreiche Studien beschäftigten sich in den vergangenen Jahren daher mit der Frage, welchen Rohstoffbedarf die Zukunftstechnologien nach sich ziehen und welche Risiken in der Versorgung auf uns zukommen können. Analysiert wurden dabei einzelne mineralische Elemente oder Stoffgruppen wie Platingruppenmetalle, Seltene Erden und andere Hochtechnologie-Metalle. Besonders vor dem Hintergrund steigender Rohstoffpreise gewinnen diese Studienergebnisse an Relevanz.

Regierungsinitiativen für mehr

Ressourceneffizienz

Mineralische Ressourcen sind knapp und teuer. Ein effizienter Umgang mit ihnen wird deshalb immer wichtiger. In mehreren Programmen engagiert sich die Bundesregierung für das Thema Ressourceneffi-zienz.

Mit ihrer Hightech-Strategie will sie zukunfts-fähige Lösungen für globale Herausforderungen erarbeiten. Forschung, neue Technologien und die Verbreitung von Innovationen sollen eine sparsame und effiziente Nutzung von Ressourcen ermög lichen, wie es im Bedarfsfeld Klima und Energie der Hightech-Strategie gefordert wird. Die Nationale Nachhaltigkeitsstrategie verfolgt das Ziel, die Rohstoffproduktivität bis 2020 gegenüber 1994 zu verdoppeln. Um die Versorgung mit nichtener-getischen mineralischen Rohstoffen zu sichern, verabschiedete die Bundesregierung außerdem auf Vorschlag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) im Oktober 2010 die Rohstoffstrategie. Diese spannt einen weiten inhalt - lichen Bogen: vom Abbau der Handelshemmnisse über Technologieentwicklung, Ausbildung und Wissenstransfer bis hin zur Entwicklungszusam-menarbeit. Das Deutsche Ressourceneffizienz-programm (ProgRess) der Bundesregierung

definiert 20 Handlungsansätze für die nachhaltige Nutzung abiotischer, nichtenergetischer Rohstoffe wie Erze, Industrie- und Baumineralien und die stoffliche Nutzung biotischer Rohstoffe. Bei der Umsetzung dieser Initiativen spielen Forschung und Entwicklung eine Schlüsselrolle.

Parallel zu den deutschen Aktivitäten wird auch auf europäischer Ebene eine Rohstoffstrategie vor - bereitet. Die Leitinitiative Ressourcenschonendes Europa im Rahmen der Europa-2020-Strategie der Europäischen Kommission will die Umstellung auf eine ressourcenschonende Wirtschaft unterstützen, die Versorgung mit wesentlichen Ressourcen sichern und neue Wachstums- und Innovations-möglichkeiten schaffen.

Die deutsche Forschungslandschaft

Die Forschungskapazitäten in Deutschland konzen-trieren sich auf mehrere wissenschaftliche Institu-tionen. Zu nennen sind hier die außeruniversitären Forschungseinrichtungen der Helmholtz-Gemein-schaft, der Fraunhofer Gesellschaft und der Bundes-anstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) sowie die Technischen Hochschulen / Universitäten in Aachen, Clausthal und Freiberg. Letztere ist die älteste montanwissenschaftliche Hochschule der Welt. Die drei genannten Hochschulen sind die einzigen in Deutschland, an denen der vollständige Materialkreislauf und die komplette Wertschöp-fungskette der nichtenergetischen mineralischen Rohstoffe erforscht und vermittelt werden – von der Lagerstättenkunde bis zum Recycling. Andere Hochschulen stellen Forschungs- und Bildungs-kompetenzen im Bereich Materialforschung und zu einzelnen Stufen der Wertschöpfungskette bereit. Gefördert durch das BMBF und das Land Sachsen wurde im August 2011 außerdem das Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie gegründet. Mit diesem Institut soll langfristig die Forschung zur Wertschöpfungskette mineralischer Rohstoffe gestärkt werden.

Programmziele und -inhalte

Ziel des Programms Wirtschaftsstrategische Roh - stoffe für den Hightech-Standort Deutschland ist es, die Forschung, Entwicklung und Ausbildung ent - lang der Wertschöpfungskette nichtenergetischer

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3KURZFASSUNG

mineralischer Rohstoffe in den nächsten fünf bis zehn Jahren auszubauen. Das Programm richtet sich an Universitäten, außeruniversitäre Forschungs-einrichtungen und Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft. Es will die angewandte Forschung und deren Verknüpfung mit der Grundlagenforschung stärken.

Ab 2013 wird das BMBF deshalb schrittweise thematische Schwerpunkte fördern, die einzelne Abschnitte oder die gesamte Wertschöpfungskette berücksichtigen. Das Programm wird technologie-offen gestaltet und gemeinsam mit Forschung und Wirtschaft weiterentwickelt, wobei die Fortschritte der nationalen und europäischen Ressourcenpolitik ebenso einfließen wie Anforderungen aus Wirt-schaft und Wissenschaft. Dabei knüpft es unmittel-bar an die nationale und europäische Rohstoffstra-tegie an.

Im Fokus des Programms stehen Metalle und Mineralien, die für unsere Zukunftstechnologien sicher verfügbar sein müssen und die eine große Hebelwirkung für die Wirtschaft haben („wirt-schaftsstrategische Rohstoffe“). Baurohstoffe oder marine mineralische Rohstoffe sind nicht Gegen-stand des Programms. Massenmetalle werden nur angesprochen, wenn sie als Koppelprodukt bei der Gewinnung von Primär- und Sekundärrohstoffen entstehen oder wenn eine erhebliche Verbesserung der Rohstoffeffizienz zu erwarten ist.

Forschungsbedarf im Bereich der Primär-

und Sekundärrohstoffe

Wie kann die Verfügbarkeit von wirtschafts-strategischen Rohstoffen für die deutsche Industrie gesichert werden? Hier sieht das BMBF vordringlich Forschungs- und Entwicklungsbedarf in zwei Bereichen: in der Exploration und Gewinnung von Primärrohstoffen und in der Gewinnung von Sekundärrohstoffen durch Recycling.

Bei den Primärrohstoffen und deren Exploration besteht Forschungsbedarf für alle wesentlichen Schritte der Rohstoff-Wertschöpfungskette:

• für die Erkundung (neue Erkundungsverfahren, z. B. für einheimische Rohstoffpotenziale)

• für den Bergbau (energie- und materialeffi ziente Gewinnungsverfahren)

• für die Aufbereitung (optimierte Zerkleinerungs-und Sortierverfahren, um die Produktivität zu steigern und den Energieeinsatz zu vermindern)

• für die Metallurgie (neue effiziente Gewinnungs-verfahren für Hochtechnologiemetalle)

Auch zu übergreifenden Themen ist die Forschung gefragt: So soll z. B. die integrative Betrachtung von Geologie, Bergbau, Aufbereitung und Metallurgie die Optimierung der Wertschöpfungskette über mehrere Schritte möglich machen (Geometallurgie). Die wertschöpfungskettenübergreifenden Forschungs felder der Rohstoffwirtschaft und Ressourcenanalytik bieten ebenso Ansatzpunkte für neue Forschungsvorhaben wie die ökologischen, gesellschaftlichen und politischen Aspekte der globalen Rohstoffwirtschaft.

Nichtenergetische mineralische Wertstoffe sind wichtig für die deutsche Wirtschaft. Sie sind in unseren Abfällen und Produktionsrückständen enthalten, allerdings oft nur in geringen Konzen-trationen, so dass ihre Rückgewinnung eine Herausforderung darstellt.

Im Bereich der Sekundärrohstoffe und des Recyclings besteht Forschungsbedarf zu folgenden Themen:

• zu Stoffströmen und Potenzialen (Datengrund-lage zu Sekundärrohstoffquellen, Erfassungs-systeme, spezifisches Stoffstrommanagement, Produkt gestaltung)

• zu Aufbereitung und Trennung (Materialauf-trennung unter weitgehendem Erhalt der ursprünglich beabsichtigten Materialeigen-schaften bzw. Zer legung in Grundwerkstoffe)

• zu metallurgischer Extraktion und Reinigung (flexible Prozesse mit maximierter Rückgewin-nungsrate für Multi-Metallsysteme und verbes-serte Stofftrennung auf elementarer oder mole kularer Ebene)

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4 KURZFASSUNG

• zur Bewertung (objektiver Vergleich alternativer Recyclingtechnologien und Verfahrenswege nach ökobilanziellen, ökonomischen und anderen Aspekten)

Maßnahmen zur Umsetzung des Programms

Das Programm Wirtschaftsstrategische Rohstoffe für den Hightech-Standort Deutschland baut auf aktuelle Fördermaßnahmen folgender Rahmen-programme auf:

• FONA – Forschung für nachhaltige Entwick-lungen

• WING – Werkstoffinnovationen für Industrie und Gesellschaft

• Forschung für die Produktion von morgen

und der programmübergreifenden Förderinitiative KMU-innovativ: Ressourcen- und Energieeffizienz.

Es setzt einen ersten Schwerpunkt auf Maßnah-men, mit deren Hilfe das heimische Angebot an wirtschaftsstrategischen Rohstoffen erhöht werden kann und welche die bestehenden Anstrengungen für Material- und Produktinnovationen sowie zur Verbesserung der Materialeffizienz ergänzen.

Flankierende Maßnahmen sollen außerdem die deutsche Rohstoffforschung international vernetzen und sichtbar machen, die Akzeptanz der heimischen Rohstoffgewinnung verbessern und die Aus- und Weiterbildung in diesem Bereich stärken. Der Wissensaustausch und die Entwicklung von Rohstoffpartnerschaften werden durch bilaterale Forschungskooperationen mit rohstoffreichen Ländern unterstützt. Das Programm verfolgt zudem das Ziel, den Wissenschaftsstandort Deutschland zu stärken. Bestehende Kooperationen sollen zu diesem Zweck weiterentwickelt und Bildungs-angebote an Universitäten ausgebaut werden. Themenbereiche von europäischer Bedeutung werden im Rahmen der europäischen Zusammen-arbeit bearbeitet.

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5EINLEITUNG

1 Einleitung

Abbildung 1: Kreislauf von Rohstoffen und Abfällen (nach Faulstich 2010)

1.1 Die Bedeutung wirtschaftsstrategischer Rohstoffe für den Hightech-Standort Deutschland

Rohstoffbedarf

Seit den fünfziger Jahren hat der Ressourcen - bedarf in den Industrieländern in hohem Maße zuge nommen; diese Entwicklung ist jetzt auch in den aufstrebenden Entwicklungs- und Schwellen-ländern wie China zu beobachten. In den letzten 50 Jahren wurden weltweit mehr Rohstoffe verbraucht als in der gesamten Menschheitsgeschichte zuvor. Und der Rohstoffverbrauch nimmt weiter zu – trotz aller Maßnahmen, die Ressourcenproduk - ti vität zu erhöhen. Wir leben heute in einer Welt, in der die Produktzyklen immer kürzer und die Produkte unserer Industrie, insbesondere der Elektro - nik industrie, immer komplexer werden. Für die

Herstellung eines Computerchips benötigte man in den achtziger Jahren noch zwölf verschiedene chemische Elemente, in den neunziger Jahren stieg die Anzahl bereits auf 16. Heute braucht man für einen Hochleistungschip mehr als 60 Elemente. Dies belegt eine häufig zitierte Rohstoffstudie des US-amerikanischen National Research Council (NRC 2008). In der Automobilbranche sieht es ähnlich aus: Bestand ein Auto früher im Wesentlichen aus Eisen, Stahl, Kupfer, Aluminium, Blei, Zink, Gummi, Kunststoffen und Glas, so ist es heute ein Hightech-Produkt mit vielfältigen Elektronikkomponenten. Das Auto der Zukunft benötigt zusätzlich ein breites Elementspektrum, z. B. Seltene Erden für Permanent- magnete in den Hilfs- bzw. Antriebsmotoren oder Legierungselemente im Stahl.

Der Kreislauf von Rohstoffen entlang der Wert - schöpfungskette und des Produktlebenszyklus ist schematisch in Abbildung 1 dargestellt.

Rohstoff-gewinnung

Abfälle

Abfälle

Abfälle

Abfälle

Abfälle

TeileGeräte

Güter-nutzung

RecyclingAufbereitung/Halbzeugherstellung

Güter-produktion

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6 EINLEITUNG

Abbildung 2: Wirtschaftsstrategische Rohstoffe in der Rohstoffimportbilanz

Deutschland 2010 (Quelle: BGR / DERA, verändert)

Rohstoffimporte

Deutschland hat ein starkes produzierendes Gewerbe mit großen Exporterfolgen. Gerade technologische Spitzenprodukte wie Automobile haben es der deutschen Wirtschaft ermöglicht, überraschend schnell aus der Wirtschafts- und Finanzkrise 2008/09 herauszukommen. Knapp 25 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von etwa 2.500 Mrd. EUR im Jahre 2010 werden immer noch vom produzierenden Gewerbe (ohne Baugewerbe) generiert. Damit liegt Deutschland weit vor anderen großen europäischen Ländern wie Frankreich, Italien oder gar Großbritannien, wo der Anteil des produzierenden Gewerbes nur noch etwa halb so groß ist wie hier.

Für die Herstellung ihrer Spitzenprodukte benötigt die deutsche Wirtschaft sowohl Primär- als auch Sekundärrohstoffe. Sekundärrohstoffe sind zwar im eigenen Land verfügbar; doch besonders die Hochtechnologiemetalle werden hier derzeit nur ungenügend erschlossen. Bei den Primärroh-stoffen ist Deutschland zum größten Teil auf Importe angewiesen; Metallrohstoffe müssen sogar fast vollständig eingeführt werden. Etwa 4,4 % des BIP – in 2010 entsprach dies 109,3 Mrd. EUR – kostet der Import von Rohstoffen die deutsche Wirtschaft. Hiervon entfallen knapp zwei Drittel auf Energie- und etwa ein Drittel auf Metallrohstoffe, darunter besonders auf Eisen, Stahl und die Massenmetalle im Bereich der Nichteisenmetalle (NE-Metalle) (siehe Abbildung 2). Stahlveredler einschließlich Refraktärmetalle, Metalle für die Elektronikbranche und andere Hightech-Rohstoffe wie Seltene Erden oder Platingruppenelemente machen etwa 9 % des eingeführten Rohstoffwertes aus. Hierbei handelt es sich um die Rohstoffe, die für die Herstellung von Spitzenprodukten benötigt werden. Kurz gesagt: Weniger als 0,5 % unseres BIP wenden wir für diese wirtschaftsstrategischen Rohstoffe auf, obwohl gerade sie mit ihrer Hebelwirkung unsere Volks-wirtschaft schnell aus einer Rezession herausführen und den Wohlstand im Land sichern können.

In der ersten Dekade dieses Jahrtausends änderte sich die globale Rohstoffversorgung grundlegend: Fast bis zum Ende des letzten Jahrtausends lebten wir in einer Welt, in der 25 % der Weltbevölkerung – nämlich die in den Industrieländern – 70 bis 80 % der Weltrohstoffproduktion benötigten. Doch dann begann der rasante Anstieg des Rohstoffverbrauchs

in den bevölkerungsreichen Entwicklungsländern, allen voran in der Volksrepublik China. Betrug der chinesische Anteil am Weltstahleinsatz 1990 nur 8 %, so waren es 2010 bereits 45 %. Auch der Bedarf an anderen Metallen nahm drastisch zu: Der Kupfer-einsatz stieg von 6 % auf 39 %, Aluminium von 5 % auf 40 %. China ist heute der größte Absatzmarkt für alle wesentlichen Rohstoffe mit Ausnahme von Erdöl und Erdgas. Hier nimmt die Volksrepublik lediglich Platz 2 hinter dem Spitzenreiter USA ein.

Der Bedarf an wirtschaftsstrategischen Rohstoffen steigt ebenfalls – und damit auch die Konkurrenz um sie. Dass es aber noch deutliche Potenziale in der Gewinnung dieser Rohstoffe gibt, verdeutlicht Abbildung 3.

Importe 2010109,3 Mrd. €

Erdöl 36,3 %

Erdgas 21,6 %

Kohle 4,3 %

Sonstige Energierohstoffe 1,3%

NE-Basismetalle 14,9 %

Eisen, Stahl 5,9 %

Gold, Silber 5,2 %

Nichtmetalle 1,9 %

Wirtschaftsstrategische Rohstoffe 8,7 %

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7EINLEITUNG

Das abgebildete „Metallrad“ zeigt das Spektrum an Haupt-, Neben- und beibrechenden Metallen und ihre Verknüpfung. Für beibrechende Metalle gibt es keine eigenen Lagerstätten, sie treten in der Natur nur zusammen mit Hauptmetallen auf.

Im inneren Ring finden sich die Hauptme-talle. Bergbau- und Hüttenbetriebe sind vor allem auf diese Metalle ausgerichtet. Nach außen hin folgen dann die Nebenmetalle, die jeweils mit den Hauptmetallen verknüpft sind.

Im nächsten Außenring sind diejenigen Nebenmetalle aufgeführt, die fast ausnahmslos mitgewonnen werden. Auch für diese Metalle sind die Anlagen der Bergbau- und Hütten-betriebe ausgelegt. Weiter außen folgen Neben - elemente, für deren Gewinnung nur eine ein - geschränkte Infrastruktur zur Verfügung steht. Doch es handelt sich hierbei vielfach um wert-volle Metalle, die beispielsweise in der Elektronik von Bedeutung sind. Im äußersten Ring sind die

Abbildung 3: Das Metallrad: Darstellung der Verknüpfung von Hauptmetallen und Nebenprodukten in Erzlagerstätten nach Verhoef et al. (2004)

und Reuter et al. (2005). Eingekreist sind die von der Europäischen Kommission derzeit als kritisch identifizierten Rohstoffe „EU-14“

(AdHoc-Arbeitsgruppe der EU 2010).

Elemente aufgeführt, die in der Regel nicht mit - gewonnen werden. Sie verbleiben in Aufberei-tungsabgängen, Rückständen oder Schlacken.

Elemente, die zu den vierzehn von der EU im Jahre 2010 als kritisch eingestuften Rohstoffen bzw. Rohstofffamilien gehören – zu den so genannten „EU-14“ – sind eingekreist. Die Abbildung zeigt, dass sich diese kritischen Rohstoffe auf die beiden äußeren Ringe konzen-trieren. Die Gewinnungsrate dieser Rohstoffe kann also noch deutlich verbessert werden. Sie können unter dem technologieoffenen Ober-begriff der „wirtschaftsstrategischen Rohstoffe“ gefasst werden. Der Begriff ist umfassender als die Liste der EU 14, allerdings ist er nur auf Deutschland bezogen.

Eine Studie im Auftrag der KfW-Bankengruppe zeigt, dass aus Sicht deutscher Unternehmen weitere Rohstoffe als kritisch zu bewerten sind (Erdmann et. al 2011).

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8 EINLEITUNG

Rohstoffbedarf und -preise

Die veränderte Nachfrage führte bei vielen Roh-stoffen zu einem starken Preisanstieg. Diese Ent- wicklung wurde nur kurzzeitig durch die Finanz-krise im Jahr 2008 unterbrochen. Verglichen mit dem Preisniveau zur Jahreswende 2002 / 03 stieg der Preis von Blei auf das Achtfache, der von Nickel zeitweilig auf das Sechsfache, der Zink- und Kupfer-preis auf das Fünffache und der von Erdöl auf das Vierfache. Exportrestriktionen in einigen Produ-zenten- und Exportländern und Spekulationen an den Finanzmärkten verursachten zusätzliche Preisspitzen.

Bei derartig ungewöhnlichen Preisbewegungen wird der Regelkreis der Rohstoffversorgung wirk - sam (siehe Abbildung 4). Die Industrie reagiert sowohl auf der Angebots- als auch auf der Nach-frageseite, so dass nach einiger Zeit das erhöhte Angebot und die verringerte Nachfrage wieder ein neues Gleichgewicht finden: auf der Angebotsseite durch verstärkte Produktion im Primär- wie auch im Sekundärrohstoffbereich, auf der Nachfrageseite durch Substitutionsmaßnahmen im weitesten Sinne.

In diesem Regelkreis unterstützt der Staat die Aktivitäten der Industrie durch flankierende Maßnahmen. Beispiele hierfür sind das rohstoff-politische Förderinstrumentarium, die Rohstoffau-ßenpolitik und die Forschungsförderung. So fördert die Bundesregierung im Rahmen der Hightech-Strategie Spitzentechnologien, um die Ressourcen-effizienz zu steigern (siehe Abschnitt 2.2.).

Abbildung 4: Regelkreis der Rohstoffversorgung (nach Wellmer / BGR)

Verknappung Preisanstieg

Reaktionen durch Preisanreize

Angebot und Nachfrage wieder im Gleichgewicht

Angebotsseite• Primäre Rohstoffe

(Exploration, Investition in neue Produktion, Erhöhung des Rohstoffausbringens aus der Lagerstätte und in der Aufbereitung/ Metallurgie)

• Sekundäre Rohstoffe (Verbesserung des Recyclings, Aufbereitung niedrighaltiger Schrotte)

Nachfrageseite• Sparsamer Materialverbrauch• Substitution• Neue Technologien mit anderem

Rohstoffprofil

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9EINLEITUNG

1.2 Politische Initiativen in Deutschland, Europa und weltweit

Deutsche Initiativen

Das bei uns geltende marktwirtschaftliche Prinzip besagt, dass es Aufgabe der Wirtschaft sei, die Industrie mit Rohstoffen zu versorgen; der Staat müsse hierfür jedoch die erforderlichen Rahmen-bedingungen setzen, zu denen auch eine effektive Forschungsinfrastruktur gehöre. Diesem Prinzip folgend hat die Bundesregierung im Jahre 2007 auf der Basis eines intensiven Dialoges zwischen Wirtschaft und Politik Elemente einer Rohstoff-strategie entwickelt. Im Jahr 2010 wurde die Roh- stoffstrategie der Bundes regierung verabschiedet.

Nach dieser Strategie wird die Bundesregierung u. a.:

• den Zugang zu Rohstoffen verbessern und die Bezugsquellen diversifizieren

• Innovationen durch Rohstoffforschung und -entwicklung fördern

• Rohstoffpartnerschaften aufbauen

• strukturelle Maßnahmen umsetzen, beispiels-weise die Gründung der Deutschen Rohstoff-agentur an der Bundesanstalt für Geowissen-schaften und Rohstoffe oder die Einrichtung eines Interministeriellen Ausschusses Rohstoffe

• die Aus- und Weiterbildung ausländischer Fach- und Führungskräfte fördern

• eine enge Verzahnung mit der EU-Rohstoff-initiative schaffen

Der Interministerielle Ausschuss (IMA) Rohstoffe unter Federführung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) koordiniert die Aktivitäten der Bundesregierung in der Rohstoff-politik. Auch der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) arbeitet aktiv im Ausschuss mit und bündelt dabei die Interessen der Industrie.

Durch Rohstoffpartnerschaften will die deutsche Bundesregierung Partnerländer bei einer nach-haltigen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung unterstützen. Die Partnerschaften sollen gleichzeitig zur Rohstoffversorgung der

deutschen Wirtschaft beitragen. Erste Partner-schaftsabkommen wurden mit der Mongolei und mit Kasachstan unterzeichnet, weitere sind in Vorbereitung. Die Rohstoffaktivitäten der Wirt-schaft werden so von staatlicher Seite flankiert und unterstützt.

Auch die deutsche Industrie setzt auf Zusammen-arbeit: Mit der Allianz zur Rohstoffsicherung – einer konzertierten Rohstoffinitiative – will sie die Koopera-tion von deutschen Unternehmen bei der Rohstoff-beschaffung fördern und so die Versorgung sichern.

Mit dem im Juli 2011 veröffentlichten Nationalen Masterplan Maritime Technologien will das BMWi auch die Gewinnung mariner mineralischer Roh - stoffe vorantreiben.

Bereits im April 2002 beschloss die Bundes-regierung die Nationale Nachhaltigkeitsstrategie Perspektiven für Deutschland. Eines der Ziele der Strategie ist es, durch eine nachhaltige Rohstoff-wirtschaft die Rohstoffproduktivität in Deutschland bis 2020 gegenüber 1994 zu verdoppeln. Das Wirtschaftswachstum soll also vom Rohstoffver-brauch entkoppelt werden. Insgesamt entwickelt sich die Rohstoffproduktivität zwar in die ange-strebte Richtung, doch leider viel zu langsam. Nur durch so genannte „Effizienzsprünge“ kann das Ziel der Nachhaltigkeitsstrategie noch erreicht werden. Das BMBF unterstützt deshalb Forschung und Entwicklung in diesem Bereich, etwa durch För-derung von F&E-Vorhaben mit Beteiligung der gewerblichen Wirtschaft in den Förderschwer-punkten r2 und r3 (siehe Abschnitt 2.2) oder durch Förderung des Helmholtz-Instituts Freiberg für Ressourcentechnologie.

Auf Initiative des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) wurde im Februar 2012 das Deutsche Ressourcen-effizienzprogramm (ProgRess) der Bundesregierung verabschiedet. Das Programm definiert 20 Hand-lungsansätze für die nachhaltige Nutzung abioti-scher, nichtenergetischer Rohstoffe wie Erze, Industrie- und Baumineralien sowie für die stoff-liche Nutzung biotischer Rohstoffe. Eine Schlüssel-funktion nimmt hier die Forschung und die Erweite-rung der Wissensbasis ein.

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10 EINLEITUNG

Die Kreislaufführung von metallischen und mine ralischen Rohstoffen muss dringend verbessert werden – dies forderte der Rat für Nachhaltige Entwicklung (RNE) im Juni 2011 in seinen Empfeh-lungen an die Bundesregierung. Will man die Rohstoffproduktivität verdoppeln, so leistet auch die bessere Nutzung von Sekundärrohstoffen einen Beitrag. Die Empfehlungen wurden unter dem Titel „Wie Deutschland zum Rohstoffland wird“ vom RNE veröffentlicht.

Mit der 2008 verabschiedeten Internationali-sierungsstrategie für Wissenschaft und Forschung reagiert die Bundesregierung auf Herausforde-rungen der Globalisierung wie Klimawandel oder Ressourcenverbrauch. Konkrete Ansatzpunkte für das Bundesministerium für Bildung und Forschung sind z. B. verstärkte strategische Kooperationen mit internationalen Partnern im Rahmen der wissen-schaftlich-technischen Zusammenarbeit sowie die Mitgestaltung und kohärente Vernetzung mit europäischen Initiativen.

Europäische Initiativen

Auf europäischer Ebene brachte die EU-Rohstoff-initiative aus dem Jahr 2008 das Thema Rohstoff-sicherung auf die politische Agenda. Mit der Initiative soll die Entwicklung einer gemeinsamen europäischen Rohstoffstrategie vorangebracht werden. (KOM(2008) 699)

Die EU-Rohstoffinitiative beruht auf drei Säulen:

• der Rohstoffzugang soll über internationale Märkte erfolgen, wobei gleiche Bedingungen für industrielle Wettbewerber gelten

• eine nachhaltige Rohstoffversorgung innerhalb der EU soll gefördert werden

• die Ressourceneffizienz und das Recycling sollen gesteigert werden

Eine Arbeitsgruppe identifizierte im Rahmen dieser Initiative 14 Rohstoffe als für die EU „kritisch“ (EU-14), und zwar in Bezug auf ihre wirtschaftliche Bedeutung und auf Versorgungsrisiken (European Commission 2010, siehe auch Abbildung 3, S. 7).

Strategische Maßnahmen, um die Rohstoff-versorgung zu sichern, wurden von der Europäischen Kommission Anfang 2011 im Strategiepapier zur Rohstoffinitiative benannt (KOM(2011) 25).

Die Strategie beinhaltet folgende Kernelemente:

• die Liste der für die EU kritischen Rohstoffe wird regelmäßig aktualisiert

• eine bilaterale Zusammenarbeit mit afrika-nischen Ländern wird aufgebaut

• der Rechtsrahmen für die nachhaltige Rohstoff-gewinnung in der EU wird verbessert

• Forschung und Innovation für die gesamte Rohstoff-Wertschöpfungskette werden gefördert

Im Juni 2011 veröffentlichte das Europäische Parlament einen Bericht über eine erfolgreiche Rohstoffstrategie für Europa. In diesem Bericht fordert das Parlament, „bei der Zuweisung von Mitteln für Forschungen über Rohstoffe wie Seltenerdmetalle klare Ziele vorzugeben, so wie beispielsweise Japan das Ziel vorgibt, den Verbrauch von Seltenerdmetallen um ein Drittel zu senken“ (Europäisches Parlament 2011).

Strategien und Maßnahmen zur Rohstoffversor-gung sind eingebettet in die Strategie Europa 2020, die durch verschiedene Leitinitiativen konkretisiert wird. In der Leitinitiative Innovationsunion wird der Aufbau einer Europäischen Innovationspartner-schaft (EIP) zur nachhaltigen Versorgung mit nichtenergetischen Rohstoffen für eine moderne Gesellschaft vorgeschlagen.

Eine weitere Leitinitiative zum Thema Ressourcen-schonendes Europa verfolgt das Ziel einer ressourcen-schonenden und kohlenstoffarmen europäischen Wirtschaft. Dazu muss der Ressourceneinsatz verringert und die Versorgung mit wesentlichen Ressourcen gesichert werden. Auch geht es darum, neue Möglichkeiten für Wachstum und Innovation zu schaffen und die Umweltauswirkungen der Ressourcennutzung möglichst gering zu halten (KOM (2011) 21).

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11EINLEITUNG

Im September 2011 stellte die EU-Kommission ihren Fahrplan für ein ressourcenschonendes Europa und die Umgestaltung der europäischen Wirtschaft bis 2050 vor. Bis 2013 sollen danach klar definierte Ziele und transparente Indikatoren für den Ressourcenverbrauch entwickelt werden.

Will man Ressourcen schonen, so leistet die effiziente Verwendung von natürlichen Ressourcen wie Metalle und Mineralien einen wesentlichen Beitrag dazu. Die bereits genannte Rohstoffinitiative, die nationale Umsetzung des EU-Abfallrechts und der Übergang zu einer nachhaltigen Material- oder Kreislaufwirtschaft lassen hier Fortschritte erwarten. Doch auch Forschung und Innovation können die Ressourcenproduktivität steigern. So sollen die Forschungsmittel des neuen europäischen Forschungs- und Innovationsförderprogramms Horizont 2020 eingesetzt werden, um die Schlüssel-ziele der Ressourceneffizienz zu verfolgen. Auf diesem Wege soll mehr Wissen zur Rohstoffverfüg-barkeit geschaffen und eine nachhaltige Rohstoff-versorgung und -verwendung gefördert werden – inklusive Exploration, Gewinnung, Verarbeitung, Substitution, Verwertung und Rückgewinnung. Das Programm Horizont 2020 tritt ab 2014 die Nachfolge des 7. Forschungsrahmenprogramms an (KOM(2011) 571).

Im Rahmen von Horizont 2020 soll das Europä-ische Innovations- und Technologieinstitut (EIT) ab 2014 um eine Wissens- und Innovationsgemein-schaft (KIC) Rohstoffe entlang der gesamten Wert - schöpfungskette erweitert werden. Durch Zusam-menführung exzellenter Hochschuleinrichtungen und Forschungszentren mit Unternehmen soll die Wettbewerbsfähigkeit der Mitgliedsstaaten gestärkt werden.

Schon jetzt fördert die EU im 7. Forschungs-rahmenprogramm Vorhaben für eine nachhaltige Rohstoffversorgung. Im Fokus stehen dabei inno-vative Konzepte und Verfahren zur Gewinnung hochwertiger mineralischer Produkte (ProMine) und zur Erfassung von Rohstoffressourcen (Euro-geosource, OneGeology), aber auch Strategien und Technologien der Rohstoffgewinnung und -verarbeitung und zur Reduzierung des ökolo-gischen Fußabdrucks (EO-Miners, Impactmine). An diesen Forschungsvorhaben wirken auch deutsche Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Behörden mit.

Um notwendige Forschungsschwerpunkte zu definieren und entsprechende Partnerschaften zu initiieren, hat sich eine Europäische Technologie-plattform für die nachhaltige Gewinnung minera-lischer Rohstoffe (European Technology Platform on Sustainable Mineral Resources ETP-SMR) eta-bliert. Treibende Kraft dieser Plattform, an der sich geologische Gesellschaften, Verbände und Forschungseinrichtungen beteiligen, sind europä-ische Unternehmen.

Das im November 2011 unter der Federführung Frankreichs (CNRS) gestartete ERA-Net Industrial Handling of Raw Materials for European Industries (ERA-MIN) dient der Abstimmung nationaler F&E- Aktivitäten zu Bergbau, Recycling und Substitution nichtenergetischer Rohstoffe wie Baumineralien, Industriemineralien und Metallrohstoffe. Neben Deutschland und Frankreich sind bislang Finnland, Griechenland, die Niederlande, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Spanien und Ungarn im ERA-Net vertreten. Großbritannien, Italien und Moldawien beteiligen sich als assoziierte Partner, weitere Partnerländer sollen hinzu kommen. Geplant ist auch, dass sich das Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie am Stakehol-der Forum beteiligt. Das ERA-Net soll die „European non energy raw materials research community“ innerhalb der EU 27 strukturieren und vernetzen. Dazu werden sämtliche Institutionen, nationalen Strategien und Förderprogramme der beteiligten Länder im Bereich Rohstoffe erfasst. Außerdem werden internationale Kooperationsmöglichkeiten mit Industriestaaten wie Japan, den USA oder Kanada und Entwicklungsländern identifiziert.

Globale Initiativen

Im Jahr 2007 wurde unter dem Dach des Umwelt-programms der Vereinten Nationen das UNEP International Resource Panel gegründet. Haupt-aufgabe des Panels ist es, unabhängige wissen-schaftliche Analysen bereitzustellen, die sich mit der nachhaltigen Nutzung natürlicher Ressourcen und ihrer Umweltwirkungen über den gesamten Lebensweg auseinandersetzen. So soll das Panel zu einem besseren Verständnis darüber beitragen, wie Wirtschaftswachstum, Ressourcenverbrauch und Umweltbelastung entkoppelt werden können.

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12 EINLEITUNG

1.3 Ziele des Programms

Ziel des Programms Wirtschaftsstrategische Rohstoffe für den Hightech-Standort Deutschland ist es, die Forschung und Entwicklung entlang der Wertschöpfungskette nichtenergetischer minera-lischer Rohstoffe zu fördern und auszubauen. Der Zeithorizont dafür beträgt fünf bis zehn Jahre. Das Programm richtet sich an Universitäten, außeruni-versitäre Forschungseinrichtungen und Unter-nehmen der gewerblichen Wirtschaft. Es will die angewandte Forschung bis in den Demonstrations-maßstab ebenso fördern wie deren Verknüpfung mit der Grundlagenforschung. Bildung und Fortbildung zu Ressourcentechnologien werden als flankierende Maßnahmen eingesetzt.

Dabei konzentriert sich das Programm auf solche Metalle und Industrieminerale, die eine große Hebelwirkung für die Wirtschaft haben und deren Verfügbarkeit für unsere Zukunftstechno-logien gesichert werden muss. Derzeit können wir einen schnellen Wandel beobachten, was die Anzahl, Anforderungen und Qualität der Rohstoffe für Hightech-Produkte angeht. Deshalb ist das Programm hinsichtlich der Auswahl der Rohstoffe technologieoffen gestaltet. Marine mineralische Rohstoffe, sofern diese durch den Nationalen Masterplan Maritime Technologien des BMWi abgedeckt sind, oder mineralische Baurohstoffe sind nicht Gegenstand des Programms. Massen-metalle im NE-Metallbereich werden insofern angesprochen, als sie bei der Gewinnung von Koppelprodukten und Elementen und bei der Aufarbeitung von Sekundärrohstoffen mit betrach-tet werden müssen. Sie sind außerdem Gegenstand des Programms, wenn bei der Gewinnung, der Produktion oder dem Produkt selbst erhebliche Verbesserungen der Rohstoffeffizienz zu erwarten sind.

Ab 2013 werden schrittweise thematische Schwerpunkte gefördert, die einzelne Abschnitte oder die gesamte Wertschöpfungskette berücksich-tigen. Im ersten Schritt liegt dabei der Schwerpunkt auf der Angebotsseite, und zwar sowohl bei Primär- als auch bei Sekundärrohstoffen. Hier geht es um die Erforschung und Erprobung von Methoden, die zur Auffindung und Nutzbarmachung derjenigen Rohstoffe genutzt werden können, die deutsche Unternehmen benötigen. Außerdem soll erforscht werden, wie das Recycling wirtschaftsstrategischer Rohstoffe verbessert werden kann. Unmittelbare Anknüpfungspunkte werden dabei die Rohstoff-strategie der Bundesregierung und der Europä-ischen Kommission sein.

In den folgenden Kapiteln werden zunächst die wichtigsten deutschen Forschungskapazitäten im Bereich Ressourcentechnologien dargestellt sowie das europäische und internationale Forschungs-umfeld beschrieben. Ausgehend von der Analyse der Forschungslandschaft mit aktuellen Forschungs-schwerpunkten werden im Anschluss der zukünf-tige Forschungs- und Entwicklungsbedarf auf Grundlage der Empfehlungen des Programm-beirates Ressourcentechnologien und Maßnahmen zur Umsetzung beschrieben.

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2 Forschungslandschaft Ressourcentechnologien in Deutschland

Wichtige Forschung im Bereich Ressourcentechno-logien wird von der Industrie durchgeführt. Diese Forschung verfolgt wirtschaftliche Interessen und wird überwiegend vertraulich behandelt. Unter-stützung erfährt die Industrie durch öffentlich geförderte F&E-Verbundprojekte in Zusammenar-beit mit Hochschulen und Forschungseinrich-tungen. Die Darstellung in diesem Abschnitt beschränkt sich deshalb auf die wichtigsten Hoch-schulen und öffentlichen Forschungsein richtungen in Deutschland.

2.1 Hochschulen und Forschungs - einrichtungen

Im Folgenden werden die deutschen Forschungs-kapazitäten im Bereich Ressourcentechnologien dargestellt. Neben außeruniversitären Forschungs-einrichtungen werden dabei vor allem die Tech-nischen Hochschulen / Universitäten in Aachen, Clausthal und Freiberg vorgestellt, weil sie die einzigen Hochschulen in Deutschland sind, an denen noch die vollständige Wertschöpfungskette in Forschung und Lehre vertreten ist. Obwohl an anderen Hochschulstandorten ebenfalls Forschungs- und Bildungskompetenzen vorhanden sind – z. B. zur Materialforschung oder einzelnen Stufen der Wertschöpfungskette – werden diese aus Gründen der Übersichtlichkeit nicht weiter ausgeführt.

Abbildung 5: Wichtigste Forschungs- und Ausbildungsstandorte zur Wertschöpfungskette der Ressourcentechnologien in Deutschland

(Quelle: RWTH Aachen University, ergänzt)

13FORSCHUNGSLANDSCHAFT RESSOURCENTECHNOLOGIEN IN DEUTSCHLAND

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14

Im August 2011 wurde mit Förderung durch das BMBF und das Land Sachsen das Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie gegründet, um langfristig die Forschung zur Wertschöpfungs-kette mineralischer Rohstoffe zu stärken. Das neue Helmholtz-Institut, getragen vom Helmholtz- Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) und der TU Bergakademie Freiberg, wird in den nächsten fünf Jahren die Forschung zur Erkundung, Gewinnung, Aufbereitung, Materialsubstitution und zum Recycling nichtenergetischer mineralischer Roh - stoffe in der Helmholtz-Gemeinschaft verankern.

Deutsche Rohstoffagentur in der Bundes- anstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe

Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) ist eine Ressortforschungseinrich-tung der Bundesregierung im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi). Als zentrale geowissenschaftliche Beratungs -einrichtung der Bundesregierung berät und infor - miert sie forschungsbasiert Politik und Wirtschaft in allen geowissenschaftlichen und rohstoffwirt-schaftlichen Fragen. Ihre Arbeit dient einer ökono-misch und ökologisch vertretbaren Nutzung und Sicherung natürlicher Ressourcen und somit der Daseinsvorsorge. Im Bereich mineralische Rohstoffe arbeiten aktuell 41 wissenschaftliche und 31 nicht- wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die im Oktober 2010 in der BGR eingerichtete Deutsche Rohstoffagentur (DERA) ist die zentrale Schnittstelle und Beratungsplattform im Bereich der Rohstoffwirtschaft für die deutsche Wirtschaft sowie für Politik und Öffentlichkeit. Sie transferiert die Fachkompetenz der BGR und nutzt deren wissenschaftlich-technische Infrastruktur für die Rohstoffberatung.

Die Aufgaben der DERA:

• Mit dem Rohstoffinformations- und Rohstoff-frühwarn-System werden aktuell und regelmäßig rohstoffbezogene Informationen und Analysen für die Wirtschaft bereitgestellt. Die DERA erhöht so die Markttransparenz auf den Roh-stoffmärkten und stellt der Wirtschaft wichtige Entscheidungsgrundlagen zur Verfügung.

• Die DERA bewertet Rohstoffpotenziale sowie mögliche alternative bzw. neue Lieferquellen für Explorations- und Bergbauprojekte, Projekte der ersten Bearbeitungsstufe sowie für Nutzungs-möglichkeiten von Begleit- und Reststoffen. Sie unterstützt Unternehmen bei der Beteiligung an Explorations- und Gewinnungsprojekten und bei der Anwendung effizienter Verfahren zur Gewin - nung und Verarbeitung von Rohstoffen bzw. bei der Nutzung von Begleit- und Reststoffen.

• Die DERA berät und unterstützt die deutsche Wirtschaft darin, die Risiken der Rohstoff - ver sorgung zu senken und die Bezugsquellen zu diversifizieren. Geostrategische Sicherheits-fragen und Umweltaspekte werden dabei berücksichtigt.

• Die DERA unterstützt die Rohstoffpartnerschaf-ten der Bundesregierung mit rohstoffreichen Ländern. Dies dient sowohl dazu, die Rohstoff-versorgung der deutschen Wirtschaft zu sichern, als auch die Entwicklungs- und Schwellenländer bei der nachhaltigen Nutzung ihrer Rohstoff-potenziale und ihre Integration in die internatio-nale Rohstoffwirtschaft zu unterstützen.

• Die DERA bietet fachliche Unterstützung für die Rohstoffförderprogramme der Bundes regierung auf den Gebieten der Rohstoff erkundung, -gewinnung und -importe. Mit dem Programm Ungebun dene Finanzkredite (UFK) und dem geplanten Rohstoffexplorationsförderprogramm unterstützt die Bundes regierung die deutsche Wirtschaft bei förderungswürdigen oder im besonderen Interesse der Bundesrepublik Deutschland liegenden Rohstoffvorhaben im Ausland.

• Die DERA organisiert im Auftrag des BMWi den Wettbewerb zur Verleihung des Deutschen Rohstoffeffizienzpreises. Sie unterstützt natio-nale Rohstoffeffizienzprogramme mit Fokus auf Beratung bzw. auf Transfer von Forschungs- und Entwicklungsergebnissen in die Wirtschaft.

Der inhaltliche Fokus der DERA liegt darauf, die globale Verfügbarkeit von Rohstoffen zu bewerten, die Versorgungssicherheit Deutschlands mit Rohstoffen einzuschätzen sowie Rohstoff- und Bergbaupotenziale zu ermitteln. Damit die Rohstoff-agentur flexibel und vorausschauend auf sich

FORSCHUNGSLANDSCHAFT RESSOURCENTECHNOLOGIEN IN DEUTSCHLAND

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15FORSCHUNGSLANDSCHAFT RESSOURCENTECHNOLOGIEN IN DEUTSCHLAND

verändernde Marktsituationen und den Bedarf der Wirtschaft reagieren kann, betrachtet sie alle Rohstoffgruppen (Metalle, Industrieminerale, Baurohstoffe und Energierohstoffe) und zwar weltweit und in Deutschland. Aufgrund der Importabhängigkeit Deutschlands liegt der Schwerpunkt der DERA-Aktivitäten zunächst bei den Metall- und Hochtechnologierohstoffen.

Um die fachliche Beratungskompetenz der DERA auf dem Stand von Wissenschaft und Technik sicherzustellen, führt die BGR im Vorfeld industriel-ler Aktivitäten Forschungs- und Entwicklungs-vorhaben durch. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Untersuchung neuer Rohstoffpotenziale und der Entwicklung rohstoff- und bergwirtschaftlicher Instrumente und Methoden. Aufbauend auf der fachlichen Expertise der BGR in den Bereichen Lagerstätten- und Meeresforschung sowie Rohstoff- und Bergwirtschaft werden sowohl vorbereitend als auch gemeinsam mit der Wirtschaft ausgewählte neue Ansätze oder Projekte für die Rohstoffwirt-schaft bearbeitet. So führt die BGR geowissenschaft-liche Übersichtsarbeiten zur Rohstoffhöffigkeit in bislang wenig erkundeten Regionen durch. Die Ergebnisse können der Wirtschaft Ansätze für gezielte Vorhaben im Rohstoffbereich liefern. Beispiele für solche Projekte sind F&E-Vorhaben zur Untersuchung und wirtschaftsgeologischen Bewertung ausgewählter Lagerstätten, zur Entwick-lung alternativer Gewinnungsmethoden und Produktionstechnologien, zur Erhöhung der Effizienzpotenziale bei der Primärgewinnung, zur Zertifizierung von Rohstoffhandelsketten und zum analytischen Herkunftsnachweis von minerali schen Rohstoffen. Weitere thematische Schwerpunkte sind Rohstoffpotenziale in Bergbau- und Industrie-abfällen, Biomining, Meeres- / Tiefseebergbau und innovative Lagerstättenkonzepte insbesondere für Hochtechnologiemetalle. Die Unter suchung und Bewertung von marinen mineralischen Rohstoffen – besonders von Mangan-Knollen und von marinen polymetallischen Sulfidvererzungen – nehmen dabei eine wichtige Rolle ein.

Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren

Die Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren (HGF) adressiert langfristige, gesellschafts- und wirtschaftspolitisch relevante Fragestellungen und schafft mit ihren Forschungs-ergebnissen eine wesentliche technologische Basis für eine wettbewerbsfähige deutsche Wirtschaft. Mit fast 33.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in 18 Forschungszentren ist sie die größte Wissen-schaftsorganisation Deutschlands. Derzeit verfolgt sie die Forschungsbereiche Energie, Erde und Umwelt, Gesundheit, Luftfahrt, Raumfahrt und Verkehr, Schlüsseltechnologien und Struktur der Materie. Anknüpfungspunkte zur Ressourcentech-nologieforschung ergeben sich momentan haupt-sächlich in den Forschungsbereichen Schlüsseltech-nologien, Energie sowie Erde und Umwelt. Im Forschungsbereich Struktur der Materie finden sich Anknüpfungspunkte nur in Bezug auf die Material-forschung und -optimierung für sehr spezielle Zwecke, z. B. für Nanodrähte, Supraleitung oder Hochtemperaturwerkstoffe.

Der Forschungsbereich Schlüsseltechnolo gien erforscht diejenigen Technologien, die neue Methoden und innovative Lösungen für die Heraus-for derungen in den Forschungsfeldern der Helm-holtz-Gemeinschaft versprechen oder bei denen die Industrie durch zeitnahe Nutzung von der groß - forschungsspezifischen Infrastruktur des Forschungs-bereichs profitieren kann. Die Erforschung von Ressourcentechnologien erfolgt bislang vor allem unter starker Fokussierung auf anwendungsorien-tierte Materialfragestellungen in den Forschungs-programmen „Funktionale Werkstoff systeme, Grundlagen für zukünftige Informationstechnolo-gien“ und „NANOMIKRO: Wissenschaft, Technologie und Systeme“.

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16 FORSCHUNGSLANDSCHAFT RESSOURCENTECHNOLOGIEN IN DEUTSCHLAND

• Funktionale Werkstoffsysteme Hier geht es besonders darum, kosteneffiziente, ökologische und nachhaltige Materialien zu entwickeln, die u. a. in der Medizin Anwendung finden. Wirtschaftsstrategische Minerale und Metalle spielen hier eine wichtige Rolle: So werden beispielsweise für die Herstellung biomedizi-nischer Anwendungen aus Magnesium Additive wie Silber, Yttrium, Gadolinium, Cerium, Lanthan oder Neodym benötigt. Federführend bei der Bearbeitung dieser Themen ist in der HGF das Helmholtz-Zentrum Geesthacht.

• Grundlagen für zukünftige Informations-technologien Die Informations- und Kommunikationstechno-logie ist mit ihren derzeit rund 800.000 Arbeits-plätzen in Deutschland ein wichtiger Wirt-schafts zweig. Schlüsseltechnologien für dieses Segment werden u. a. im Forschungs-zentrum Jülich erforscht. Hier geht es beispiels-weise darum, alternative Oxide für Daten-speicher (z. B. Hafniumoxid) zu entwickeln oder Iridium als Elektrodenmaterial bzw. in Spin- Valves zu verwenden.

• NANOMIKRO: Wissenschaft, Technologie und Systeme Im Programm NANOMIKRO bieten sich vor allem im Bereich der Entwicklung von Technologien für die Energiespeicherung Anknüpfungspunkte zur Ressourcentechnologie. So erforscht das neu gegründete Helmholtz-Institut Ulm für Elektro-chemische Energiespeicherung gemeinsam mit dem Karlsruher Institut für Technologie aktuelle Formen der Energiespeiche rung – z. B. Lithium-Ionen-Batterietechnik – ebenso wie zukünftige Formen auf Nanoebene. Am Karlsruher Institut für Technologie werden außerdem nanokristal-line Metalle z. B. hinsichtlich ihrer Plastizität untersucht. Im Vordergrund steht dabei die Analyse von Verformungsmechanismen, -bedingungen und von Legierungszusammen-setzungen sowie von Strategien, die die Herstel-lung von Werkstoffen mit optimalen Eigenschaf-ten unter wirtschaft lichen Gesichtspunkten sicherstellen.

Ziel des Forschungsbereichs Energie ist es, öko-logisch und ökonomisch tragbare Lösungen zu entwickeln, die die Energieversorgung nachhaltig sichern können. Gerade im Forschungsprogramm Erneuerbare Energien geht es darum, grundlagen- und anwendungsorientierte Forschung bereitzu-stellen, um die derzeit eingesetzten Technologien rohstoffeffizienter zu gestalten. Ein Beispiel hierfür ist die Entwicklung von Dünnschicht-Solarzellen an den Helmholtz-Zentren Berlin und Geesthacht, die den Verbrauch von Metallen wie Kupfer, Indium oder Gallium reduzieren sollen. Transparente, leitende Oxide, die ebenfalls in der Photovoltaik Verwendung finden, können hinsichtlich ihres Indium-Verbrauchs effizienter gestaltet werden, Rückseitenspiegel bzw. Kontakte hinsichtlich ihres Silber-Verbrauchs. Für den Anwendungsbereich Photovoltaik könnten somit die Materialkosten langfristig gesenkt und Arbeitsplätze erhalten werden. Verfahren, mit denen das Gewicht von Bauteilen reduziert wird – beispielsweise bei Dünnschicht-Solarzellen – können auch in anderen Bereichen Anwendung finden, etwa in der Solar-thermie, Windkraft oder Elektromobilität.

Ein Ziel der Mitte 2012 unter Federführung des Helmholtz-Zentrums Dresden Rossendorf ins Leben gerufenen Helmholtz-Allianz LIMTECH (Liquid Metal Technologies) ist die Energie- und Ressourcen-effizienz von Flüssigmetall-Technologien zu erhöhen, z. B. beim Gießen von Metallen, der Separation wertvoller Metalle aus Schlackeschmelzen oder der Herstellung von Solar-Silizium.

Der Forschungsbereich Erde und Umwelt untersucht die grundlegenden Funktionen des Systems Erde und die Wechselwirkungen zwischen Gesellschaft und Natur. Damit schafft er eine solide Wissensbasis, um die menschlichen Lebensgrund-lagen langfristig und nachhaltig zu sichern. Das Deutsche GeoForschungszentrum (GFZ) in Potsdam widmet sich dabei den geologischen, physika-lischen, chemischen und biologischen Prozessen des Systems Erde. Die Forschungsaufgaben werden in Departments wie Geodäsie, Fernerkundung oder Physik der Erde organisiert.

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Abbildung 6: Dauerbelastungsuntersuchung am Biaxial-Prüfgerät

(Quelle: TU Bergakademie Freiberg / Wolfgang Thieme)

17FORSCHUNGSLANDSCHAFT RESSOURCENTECHNOLOGIEN IN DEUTSCHLAND

Auch das Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI) sowie das GEOMAR verfügen über Infrastrukturen und Kompetenzen, die für die Forschung zur Ressourcentechnologie genutzt werden können – z. B. dafür, Lagerstätten in großen Tiefen zu erforschen und marine Rohstoffe wie polymetallische Manganknollen und -krusten zu gewinnen. Da hierbei auch ökologische und sozio- ökonomische Auswirkungen betrachtet werden müssen, kann das Helmholtz-Zentrum für Umwelt-forschung, das die komplexen Wechselwirkungen zwischen Mensch und Umwelt in genutzten und gestörten Landschaften erforscht, in die Aktivitäten einbezogen werden.

Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie (HIF)

Derzeit dominiert also in der Helmholtz- Gemeinschaft die Erforschung der nachfrage-seitigen Nutzung von Rohstoffen, und zwar in Hinblick darauf, diese zu substituieren oder durch effizien tere Prozess- und Produktdesigns zu ersetzen. Das neu gegründete Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie (HIF) erweitert das Forschungsprofil der Helmholtz-Gemeinschaft, indem es den Fokus auf die Angebotsseite legt.

Das im Jahr 2011 gegründete Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie setzt sich zum Ziel, als nationale Forschungsinstitution durch die Entwicklung neuer Technologien zur Versorgung der deutschen Wirtschaft mit dringend benötigten mineralischen und metall-haltigen Rohstoffen beizutragen. Der Fokus liegt auf der Entwicklung material- und energie-effi zienter Technologien für die wirtschaftliche Nutzbarmachung auch komplex zusammen-gesetzter primärer und sekundärer Rohstoffe. Dies gilt besonders für wirtschaftsstrategische Hochtechnologiemetalle. Ziel ist es, eine inter-disziplinäre Ressourcentechnologieforschung zu etablieren, welche die gesamte Rohstoff-Wertschöpfungskette von der Erkundung und Gewinnung der Rohstoffe über ihre Aufberei-tung und Veredelung bis hin zum Recycling umfasst. Schwerpunkte der Forschung sind neben der Erhöhung der Verfügbarkeit von primären und sekundären Rohstoffen unter Wahrung von Material- und Energieeffizienz langfristig auch die produktspezifische Rohstoff-auswahl und Substitution sowie die Bewertung

der Nachhaltigkeit von Ressourcentechnologien. Durch diesen ganzheitlichen Ansatz deckt das Institut einen strategischen Bedarf in der deutschen und europäischen Industrie- und Forschungslandschaft. Beide Gründungspartner – die TU Bergakademie Freiberg und das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossen-dorf (HZDR) – bringen ihre Expertise in das Institut ein. Die enge standortgebundene Zusammenarbeit des Instituts mit der TU Bergakademie Freiberg bietet perspektivisch auch die Möglichkeit, Aus- und Weiterbildungsangebote zur Verfügung zu stellen, die langfristig den Nachwuchs für die ressourcen-nahe Technologieforschung in Deutschland sichern.

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18 FORSCHUNGSLANDSCHAFT RESSOURCENTECHNOLOGIEN IN DEUTSCHLAND

Abbildung 7: Ehemaliger Versuchskonverter am ATZ Entwicklungs-

zentrum (heute Fraunhofer UMSICHT-ATZ) (Quelle: ATZ Entwicklungs-

zentrum)

Fraunhofer-Gesellschaft für angewandte Forschung

Mit weltweit über 80 Forschungseinrichtungen – darunter 60 Fraunhofer-Instituten in Deutschland – und mehr als 20.000 Mitarbeiterinnen und Mitar-beitern ist die Fraunhofer-Gesellschaft (FhG) die größte Organisation für angewandte Forschung in Europa. Entsprechend der zunehmenden gesell - schaftlichen Bedeutung des Themas findet die Ressourceneffizienz in nahezu jedem Institut Würdigung. Im Jahr 2011 waren bei Fraunhofer im Forschungsfeld der wirtschaftsstrategischen Rohstoffe rund 350 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und etwa 115 nicht-wissenschaft-liche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. Neben Projekten zur Energieeffizienz und zur Schonung fossiler Energieressourcen beschäftigt sich fast die Hälfte der deutschen Institute in eigenen Projekten oder Kooperationen mit der Frage, wie metallische Ressourcen geschont werden können.

Die Forschungsschwerpunkte des F&E-Programms für neue Ressourcentechnologien werden u. a. durch die Vernetzung der Fraunhofer-Gesellschaft in thematisch gegliederte Forschungsverbünde aufgegriffen. Von den sechs Fraunhofer-Verbünden haben der Fraunhofer-Verbund Produktion und der Fraunhofer-Verbund Werkstoffe, Bauteile – MATERIALS direkten Bezug zu diesem Programm. In den übrigen vier Verbünden werden spezifische Aspekte betrachtet, beispielsweise die Material-substitution oder neue Technologien mit anderem Rohstoffprofil.

Unter den zahlreichen Instituten der FhG arbeiten derzeit einige Hauptakteure mit hoher Fachkompetenz im Ressourcenbereich. In der nachfolgenden Aufzählung sind aus den umfang-reichen Portfolios nur die einschlägigen Arbeits-gebiete dieser Institute angegeben:

• Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie ICT, Pfinztal (Berghausen) Stofftrennung, Recycling, Kreislauf- und Abfallwirtschaft

• Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT, Aachen Lagerstättenerkundung, Rohstoffcharakteri-sierung, Analytik von Sekundärrohstoffen

• Fraunhofer-Institut für Silicatforschung ISC, Würzburg Materialentwicklung, Anwendungsentwicklung

• Fraunhofer-Institut für System- und Innova tions-forschung ISI, Karlsruhe Innovations- und Technologiemanagement, Dematerialisierung

• Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT, Oberhausen Ressourcenmanagement, Elektronikrecycling

• Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU, Chemnitz / Dresden Ressourceneffiziente Produktion, Material-einsparung, Verschleißreduzierung

• Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikro integration IZM, Berlin Nachhaltigkeitsbewertung von Elektronik, Elektronik recycling

Neben dem Klimawandel oder der Gesundheits-vorsorge ist auch der Ressourcenmangel eine zentrale gesellschaftliche Herausforderung. Ihm kommt in der zukünftigen Ausrichtung der Fraunhofer-Gesellschaft eine adäquate Bedeutung zu. In einem institutsübergreifenden Portfolio-Prozess wurden fünf forschungsintensive, wachstumsstarke „Märkte von übermorgen“ identifiziert. Die für

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19FORSCHUNGSLANDSCHAFT RESSOURCENTECHNOLOGIEN IN DEUTSCHLAND

diese Märkte relevanten Forschungsfelder werden seit dem Jahr 2011 weiter ausgebaut. Darunter steht ein seit langem in der Fraunhofer-Gesellschaft verankertes Thema: „Produzieren in Kreisläufen“, das in direkter Verbindung zu dem vorliegenden F&E-Programm steht. Die übrigen Felder beziehen sich auf die Bereiche Gesundheit, Katastrophen-management, Elektrizität und Mobilität. Insbeson-dere die beiden letztgenannten Forschungsgebiete sind ebenfalls eng mit der Ressourcenthematik verwoben, u. a. durch den dazugehörigen Bedarf an Technologie rohstoffen.

Den Zukunftsmärkten wurden in einer ersten internen Auswahlrunde fünf „Übermorgen- Projekte“ zugeordnet. In dem Leitprojekt „Molecular Sorting for Ressource Efficiency“ kooperieren mehrere Fraunhofer-Institute (IBP, ICT, IGB, IKTS, ISC, WKI) bei der Entwicklung von Trennprozessen auf der kleinsten erforderlichen Ebene, insbesondere für metallische, mineralische, biogene und fossile Rohstoffe. In den Leitprojekten „Supergrid“ und „Hybride Stadtspeicher“ spielen material- und damit rohstoffbezogene Aspekte ebenfalls eine bedeutende Rolle.

Der Ausbau des Themenfeldes Ressourcen schlägt sich auch in institutionellen Erweiterungen der Fraunhofer-Gesellschaft nieder. Unter Federfüh-rung des Fraunhofer-Instituts für Silicatforschung (ISC) wird derzeit eine neue Projektgruppe geschaf-fen: Die Fraunhofer-Projektgruppe für Wertstoff-Kreisläufe und Werkstoff-Substitution (IWKS). Ihre Arbeitsgebiete liegen in der Ressourceneffizienz, der Recyclingtechnologie, der Aufbereitungstechnik und der Werkstoffsubstitution.

Das Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT, Oberhausen, verstärkt seine Kompetenz im Ressourcenbereich durch die Eingliederung des ATZ Entwicklungs-zentrums Sulzbach-Rosenberg, das seit 1990 auf den Gebieten Energie, Rohstoffe und Materialien forscht. Das Motto „Produzieren ohne Rohstoffe“, also auf Basis von sekundären und nachwachsen-den Einsatzstoffen, wird einen Schwerpunkt an beiden Standorten bilden. Die Arbeitsgebiete des Fraunhofer UMSICHT-ATZ sind Energietechnik, Energiespeicher, Neue Materialien (u. a. Roh- und Werkstoffe für die Energietechnik), Kreislaufwirt-schaft, Ressourcenmanagement und Recycling (u. a. metallurgische Wertstoffrückgewinnungs-verfahren).

Mit den beiden Erweiterungsmaßnahmen werden Forschergruppen mit anerkannter Expertise in die Fraunhofer-Gesellschaft integriert und erheb - liche Synergieeffekte sowohl innerhalb der Einrich-tungen als auch institutsübergreifend erzielt.

Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen (RWTH Aachen University)

An der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen (RWTH Aachen University) deckt die Fakultät „Georessourcen und Material-technik“ die Forschung und Lehre entlang der Wertschöpfungskette vom Rohstoff bis zum Werkstoff ab. Sie ist Gründungskomponente der Hochschule, die 1870 aufgrund der Nähe zur Montanindustrie in Aachen, Stolberg und Lüttich als „Polytechnische Hochschule“ ihren Anfang nahm.

Heute zählt die Fakultät mit ca. 600 Beschäf-tigten, 3.500 Studierenden und etwa 900 Studien-anfängern pro Jahr weltweit zu den größten Forschungszentren im Bereich der Materialtechnik – und zwar sowohl in Bezug auf Georessourcen als auch auf Recycling. 135 externe Lehrbeauftragte verstärken die Verbindung zur Industrie und bringen praktische Erfahrung in die akademische Lehre ein. Die 43 Professorinnen und Professoren, 370 wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und ca. 220 nicht-wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter organisieren sich historisch bedingt in die Fachgruppen GuG (Geowis-senschaften und Geographie), FRE (Rohstoff- und Entsorgungswesen) sowie MuW (Metallurgie und Werkstofftechnik). Heutzutage sind die Grenzen sowohl in Hinblick auf Studiengänge als auch auf Forschungsprojekte aufgebrochen: Übergreifende Themen werden gemeinsam unter Einbeziehung externer Kompetenzen bearbeitet. Die Werkstoffe bilden über integrierte Programme und Foren die Brücke zum Maschinenbau, Bauingenieurwesen und zur Elektrotechnik, die zusätzliche Professuren für fachspezifische Werkstoffkunde führen. Als fakultätsübergreifende Großprojekte im Bereich der Ressourcensicherung seien stellvertretend der SFB525 Stoffströme und der seit 2011 in Aachen von Siemens eingerichtete Forschungsbereich Rare Earth – Green Mining and Separation genannt. In ihnen kooperieren beispielsweise Institute der Lagerstättenkunde, des Bergbaus, der Aufbereitung

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20 FORSCHUNGSLANDSCHAFT RESSOURCENTECHNOLOGIEN IN DEUTSCHLAND

Abbildung 8: Metallabstich beim autothermen Recycling von Elektro -

nikschrott (Quelle: RWTH Aachen University, IME / Nadine Koren)

und der Metallurgie in Vier-Jahres-Programmen. Nach außen wirkt das von über 20 Professuren getragene gemeinnützige Aachener Kompetenz-zentrum Ressourcentechnologie e. V. (AKR). Es bindet zusätzliches Know-How aus den Bereichen Rohstoffrecht und Rohstoffwirtschaft ein.

Die generelle Stärke von Aachen liegt in der angewandten Forschung auf allen Ebenen der Wertschöpfungskette, die in der Aufbereitung und Metallurgie von experimenteller Forschung bis in den Demonstrationsmaßstab reicht. Die Grund-lagen- und Analysenkompetenz der Fakultät für Naturwissenschaften wurde erfolgreich integriert, um Methoden zu entwickeln und Mechanismen beschreiben zu können. Diese Kooperation zeigt sich auch in der strategisch gewollten stark wachsen-den Anzahl von Publikationen in international anerkannten und referierten Fachzeitschriften und Konferenzbänden. Im Folgenden sind die Beiträge der drei Fachgruppen zur Ressourcenkompetenz Aachens zusammengefasst.

Innerhalb der Fachgruppe Geowissenschaften und Geographie wird die Rohstoffforschung von der Energy and Mineral Resources Group

(EMR) durchgeführt und koordiniert. Diese besteht aus sechs (der insgesamt 19) Professuren und beschäf-tigt sich in ihrer Kernkompetenz mit Themenbereichen, die zukünftig verstärkte Einflussfaktoren der globalen Weltwirtschaft darstellen. Hierzu zählen der globale Energieverbrauch und damit assoziierte Effizienz-maßnahmen ebenso wie das generelle Wachstum der Rohstoffnachfrage für Hightech-Produkte der Informations- und Kommunikationstechnologie sowie der Bereich der Mobilität. Grundlagen liefert die Forschung mit anwendungsorientierten Frage-stellungen in den Fachgebieten organische und anorganische Geochemie, Petro logie, Lagerstätten-kunde, Exogene und Endogene Dynamik sowie quantitative Geodynamik und Geomechanik.

Im Vordergrund steht die Prozessforschung mit rohstofforientierten Schwerpunkten wie der Entstehung von Lagerstätten metallischer und nichtmetallischer Erze und fossiler Energieträger (Erdöl, Erdgas, Schiefer- und Flözgas, Kohle). Eine bedeutende Rolle spielt auch die Entwicklung genetischer Modelle und Explorationskonzepte sowie die technisch-ökonomische und ökologische Bewertung des Nutzungs- und Risikopotenzials der Rohstoffe. Die integrierte Rohstoffforschung der EMR-Gruppe basiert auf dem Konzept der „Ore System Analysis“. Dieser Ansatz erforscht und integriert alle geologischen Parameter, die die Bildung und Erhaltung von Energie- und Erzressourcen kontrollieren.

Die Fachgruppe Rohstoffe und Entsorgungstech-nik deckt mit neun Professuren sowohl den Bereich der Rohstoffgewinnung als auch den der Rohstoff- Prozesstechnik ab. Aufbauend auf langjährigen Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten lassen sich folgende Themen mit Bezug zur Ressourcen-sicherung herausstellen:

• selektive Rohstoffgewinnung im großtechnischen Maßstab durch wissensbasierte Maschinenopti-mierung / -steuerung und Online-Qualitätsüber-wachung des gewonnenen Rohstoffs

• variable Nutzung von polymetallischen Lager-stätten durch Modellierung der zeitlichen und qualitativen Gewinnungsabfolge mit betriebs-wirtschaftlicher Bewertung

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21FORSCHUNGSLANDSCHAFT RESSOURCENTECHNOLOGIEN IN DEUTSCHLAND

• Bewertung von Nachhaltigkeitsaspekten und Akzeptanzfragen bei der Rohstoffgewinnung

• Forschung zur gewinnungstechnischen Nutzung unkonventioneller Lagerstätten

• Erschließen abfallstämmiger sekundärer Ressourcen durch Optimierung der Prozess - kette zur Anreicherung der Wertinhalte

Die Arbeiten im Bereich der Rohstoffgewinnung zielen damit stets auf eine Effizienzsteigerung bei der Lagerstättennutzung, auf die bedarfs- und qualitätsgesteuerte Selektion von Lagerstättenpar-tien sowie auf die Erschließung bislang ungenutzter Ressourcen. Der Schwerpunkt Rohstoffverfahrens-technik erarbeitet Beiträge zur Optimierung des Ausbringens von werthaltigen Inhaltsstoffen primärer und sekundärer Rohstoffen sowie zur Effizienzbewertung von Anreicherungsprozessen. Den Prozessketten folgend umfasst der Schwer-punkt Themen wie:

• Adaption mechanischer Verfahren zur Konzen-tration von Wertinhalten in Rohstoffen

• Online-Detektion und mathematische Klassifi-kation von Rohstoffeigenschaften mit Anwen-dungen von der maschinellen Gewinnung bis zur Sortierung

• thermische Verfahren zur Konzentration wert - haltiger Stoffe aus sekundären Quellen und zur energetischen Nutzung von heizwertreichen Begleitmaterialien

In der Fachgruppe Metallurgie und Werkstofftech-nik befassen sich 15 Professuren mit der Extraktion von Metallen aus Konzentraten der primären und sekundären Gewinnungsroute, der nachfolgenden Reinigung und Konsolidierung sowie der Überfüh-rung in Werkstoffe. Auch hier ist der internationale Trend zur stärkeren Fokussierung auf Materialwis-senschaften (inkl. Dünnschicht- und Nanotechno-logie) nicht spurlos vorbeigegangen. Dennoch erreichen die fünf Forschungsstellen der Prozess-technik der Metalle (Metallurgie, insbesondere Recycling, Formgebung, Anlagenbau) bezüglich des Drittmittelaufkommens nahezu die Hälfte der Fachgruppen- und ein Drittel der Fakultätsmittel. Eine besondere Stärke der Gruppe liegt in ihrer engen Vernetzung: „rückwärtsgerichtet“ mit der

Rohstoffverfahrenstechnik (RWTH-intern sowie mit der Industrie) und „vorwärtsgerichtet“ mit den Werkstoffinstituten und den metallverwertenden Unternehmen. Die Forschungen zielen deshalb generell auf „zero waste“, Energieeffizienz, den „scale up“ bis in den Pilotmaßstab und die multi-skalige Simulation von Prozessen. Die Fachgruppe unterhält eigene Know-how-Zentren wie das Center of Highly Advanced Metals and Processes (CHAMP), das Aluminium Engineering Center (aec) oder das Zentrum für metallische Bauweisen (ZMB). Aktuell bereitet die Fachgruppe den Industrie-Cluster Advanced Metals and Processes (AMAP) im Rahmen des RWTH-Campus-2020-Projektes vor. Ziel des Clusters ist es, über 100 Forscherinnen und Forscher verschiedener Unternehmen und der RWTH unter einem Dach in gemeinsamen Entwicklungs-projekten zusammenzuführen.

Rohstofftechnologisch befasst sich die Fachgruppe mit Rest- und Kreislaufstoffen der Metallurgie (Stäube, Schlacken, CO2-Emissionen, Feuerfeste Materialien), aber auch mit vor- und nachgelager-ten Prozessstufen (Abraum, Zunder, Stäube, Späne, Schrotte etc.). Berücksichtigt werden auch „end-of-life“-Produkte wie Altautos, Elektronik, Batterien, Katalysatoren oder auch Solarkollektoren. Metho-den, die für deren Prozessierung bis zum markt-fähigen Produkt (Metall / Legierung / Verbindung) eingesetzt werden, umfassen die Elektrometallur-gie, die Vakuummetallurgie, die Injektionstechnik, die Agglomeration und Hydrometallurgie / ange-wandte Elektrochemie sowie unterstützend die Prozessmodellierung. Diese Methoden gelten als besondere Schwerpunkte der RWTH Aachen University. Die Forschungsziele sind neben der Metalldarstellung und dem Reinheitsgrad die Synthese von Legierungen aus immer komplexer und ärmer werdenden Vorstoffen (Erze wie auch sekundäre Materialien). Aus Sicht der Nachhaltig-keit kommt dem Energiemanagement eine beson-dere Bedeutung zu. Ausgewählte Themen der aktuellen wie auch der zukünftigen Arbeit sind Wärmerückgewinnung aus Gas und Schlacke, Nutzung des Reduktionspotenzials von Abgasen, Einsatz von Biomassen und Wasserstoff sowie die integrierte Verwertung von Kunststoffen in metallurgischen Prozessen.

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22 FORSCHUNGSLANDSCHAFT RESSOURCENTECHNOLOGIEN IN DEUTSCHLAND

Technische Universität Bergakademie Freiberg

Die Technische Universität Bergakademie Freiberg wirbt mit dem Namenszusatz „Die Ressourcen-universität. Seit 1765.“ für das Zentrum der Montan-wissenschaften im sächsischen Freiberg. Die strate - gische Entwicklung der Ressourcenuniversität ist auf die Schärfung des Ressourcenprofils besonders unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit, auf die Steigerung der gesellschaftlichen Attraktivität des Ressourcenprofils und auf die geschlossene Wertschöpfungskette durch Innovation bis zur technisch nahen Erprobung gerichtet. Die gelebte Tradition der Nachhaltigkeit geht mit der Prägung des Nachhaltigkeitsbegriffes auf den Freiberger Oberberghauptmann Hans Carl von Carlowitz (1713) zurück.

Das Ressourcenprofil ist das Wissenschaftsprofil der nachhaltigen Stoff- und Energiewirtschaft entlang der Wertschöpfungskette der Rohstoffe. Diese schließt die Prozesskette der Verarbeitung der natürlichen Rohstoffe von der Erkundung über die Gewinnung, Veredlung / Verarbeitung zum verar-beiteten Produkt und das Recycling ein. Die Wissen-schaftsgebiete der Mathematik und Informatik, Naturwissenschaften, Ingenieurwissenschaften und Wirtschaftswissenschaften sind sowohl in der Forschung als auch in der Ausbildung (mit über 30 Studiengängen) über die gesamte Wertschöpfungs-kette verbunden. Etwa die Hälfte der insgesamt 88 Professuren haben ihren wissenschaftlichen Schwerpunkt in einer der Wertschöpfungsstufen bzw. in den vier Profillinien Geo, Material / Werk-stoffe, Energie und Umwelt.

Unterstützend zu diesem Profil wurde im Jahre 2011 das Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcen-technologie (HIF) gegründet, das mit zunächst sechs Abteilungen (Erkundung / Bewertung, Gewinnung, Aufbereitung, Metallurgie / Recycling, Modellierung und Analytik) über seine Profilbreite mit der Univer - sität vernetzt ist. Gemäß der Rohstoffstrategie der Bundesregierung betrachtet es die Universität als ihre Aufgabe, neben hoch qualifizierten Wissen-schaftlerinnen und Wissenschaftlern auch die Experten für die Sicherung der Rohstoffversorgung der Wirtschaft auszubilden. Als älteste Montanuni-versität der Welt kommt sie ihrer Verantwortung

nach, das Leitprinzip der nachhaltigen Entwicklung im Rohstoffsektor bei der Ausbildung von Fach- und Führungskräften weltweit zu verankern. Hierzu gründete sie gemeinsam mit der St. Petersburger Bergbauuniversität, der zweitältesten Montan-universität (seit 1773 nach Freiberger Vorbild) das World Forum of Universities of Resources on Sustainability.

Das Freiberger Ressourcenprofil entwickelt national und international wachsende Anziehungs-kraft. Die Studentenzahlen haben sich in den letzten 15 Jahren verdreifacht. Von den aktuell ca. 5.700 Studierenden (Stand 2012) studieren 80 % in den so genannten MINT-Fächern und ca. 60 % in den Ingenieurwissenschaften. Bei Geotechnik und Bergbau überwiegt der Anteil der nichtsächsischen Studierenden. Rund 20 % der Erstsemester kommen aus den Rohstoffländern Osteuropas, Asiens und Südamerikas. Im engeren Bereich der minerali-schen und nichtenergetischen Rohstoffe gibt es ca. 1050 Studierende, davon ca. 320 Studienanfänger. Im Bereich der Lehre und Forschung zu nicht- energetischen mineralischen Rohstoffen sind 24 Pro fessorinnen und Professoren, 224 wissenschaft-liche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und 98 nicht-wissenschaftliche Beschäftigte aktiv.

Mit den sächsischen Geopartnern wurde 2001 das Geokompetenzzentrum Freiberg e. V., das deutschlandweit größte Geomontan-Netzwerk, gegründet. Darin arbeiten neben der TU Bergaka-demie Freiberg über 120 Geo-Firmen, das Sächsische Oberbergamt, das Sächsische Bergarchiv und der Geologische Dienst (Landesamt für Umwelt, Land - wirtschaft und Geologie) zusammen.

Die traditionell enge Verbindung zu Russland, Osteuropa und Zentralasien fortsetzend, hat sich die Universität zur Schlüsseluniversität für diese Regionen auf dem Gebiet der mineralischen Roh - stoffe und Energieträger entwickelt. Sie ist Partner des internationalen Verbundes International University of Resources (IUR) mit vier europäischen Montanuniversitäten Dnepropetrovsk / Ukraine, Krakow / Polen, Leoben / Österreich und St. Peters-burg / Russland. Der erste gemeinsame Masterstu dien-gang Mining Engineering beginnt im Jahr 2012. Zusammen mit der Bergbauuniversität St. Peters-burg kooperiert die Bergakademie Freiberg seit

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23FORSCHUNGSLANDSCHAFT RESSOURCENTECHNOLOGIEN IN DEUTSCHLAND

2006 im Deutsch-Russischen Rohstoffforum, der wichtigsten Nichtregierungsplattform in der Rohstoffkooperation mit Russland. Die Roh-stoffpartnerschaften der Bundesregierung mit der Mongolei und Kasachstan wurden und werden wissenschaftlich und universitär vorbereitet und begleitet.

Für die montanwissenschaftlichen Arbeiten steht in Freiberg ein bedeutendes Geoarchiv zur Verfügung, insbesondere die nationalen Biblio-theks-Sammelschwerpunkte der DFG, die geowis-senschaftlichen sowie Sammlungen mineralischer Rohstoffe und Kohlen, eine historische Modell-sammlung, eine bedeutende Geodatensammlung und die Sammlungen des Sächsischen Bergarchivs.

Charakteristisch für die Forschung der Ressourcen-universität ist, dass die Wertschöpfungsstufen übergreifend und in vernetzten Innovationsketten von der Theorie bis zur technisch nahen Erprobung betrachtet werden. Eine in Deutschland in diesem Zusammenhang unikale Wissenschafts-Innova tions-kette reicht von der Mineralogie, Kristallphysik und -chemie bis hin zur Werkstoffwissenschaft und -technologie. Beispiele für rohstoffbezogene Inno - vationsketten sind die Lithium-Initiative (von der Erkundung und Gewinnung von Lithium bis zum Batteriespeichermaterial und dem Recycling), das Kompetenzzentrum Magnesium (vom Roh-material zum Magnesium-Konstruktionswerkstoff), das Hochdruckzentrum (vom Molekül bis zum superharten Werkstoff) oder das Zentrum für

Energierohstoff-Forschung DBI|bergakademie (Kohlenstoffträger von der Erkundung bis zum chemischen Rohstoff). Ein wesentliches Alleinstel-lungsmerkmal der Universität ist das eigene Lehr- und Forschungsbergwerk „Reiche Zeche“. Für die großtechnisch nahe Forschung stehen außerdem Forschungs-Walzstraßen, industrienahe Energie-wandlungs- und Chemie-Großversuchsanlagen, Gießerei-Versuchsfelder oder halbtechnische Badschmelzanlagen bzw. ein Großfeldschergerät zur Verfügung. Die Universität plant den weiteren Ausbau der Großforschungstechnik (z. B. Smart-Mining-Forschungsbergwerk und Kohlenstoff- Institut).

Im Bereich der Rohstoff- und Materialforschung existieren zwei Sonderforschungsbereiche der DFG (TRIP-Matrix-Composite, Multifunktionale Filter für die Metallschmelzefiltration), zwei Schwerpunktprogramme (Feuerfest – Initiative zur Reduzierung von Emissionen, Algorithmen zur schnellen, werkstoffgerechten Prozessketten-gestaltung und -analyse in der Umformtechnik), ein Landesexzellenzprogramm (Atomares Design und Defektengineering), das Freiberger Hochdruck-Forschungs zentrum, ein Vorhaben zur Validierung des Inno vationspotenzials (Selbstglasierende kohlenstoffgebundene Funktionalbauteile für die Stahlmetallurgie und die Gießerei mit Selbst-heilungseigenschaften), drei Innovative Regionale Wachstumskerne (Hybride Lithiumgewinnung, Innovative Braunkohlenintegration, Magnesium-Wachstumskern) und zwei Bundes-Exzellenzzentren (Virtualisierung von Hochtemperaturkonversions-prozessen, Deutsches Energierohstoff-Zentrum).

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24 FORSCHUNGSLANDSCHAFT RESSOURCENTECHNOLOGIEN IN DEUTSCHLAND

Abbildung 9: Bergwerksanlage Reiche Zeche – Standort von Deutschlands einzigem Forschungsbergwerk

(Quelle: TU Bergakademie Freiberg / Waltraud Rabich)

Lehr- und Forschungsbergwerk „Reiche Zeche“

Als einzige Universität Deutschlands und Europas betreibt die TU Bergakademie Freiberg eine Berg-werksanlage für die Forschung und für die fachspezifische Ausbildung der Studierenden und des Führungsnachwuchses. Die Nutzung eines funktionierenden Forschungsbergwerkes in einer Universität ist in dieser Form auch weltweit einmalig. Auf dem Gebiet der Forschung können in den Bereichen Erkundung, Gewinnung und Erprobung von Ausrüstungen sowie dem Test neuer Verfahren große Nutzeffekte erzielt werden. Die Forschungsinfrastruktur umfasst derzeit konkret geophysikalische und geotechnische Versuchs- und Messstände sowie eine europaweit einzigartige Sprengkammer für die Materialsynthese. Gegenwärtig laufende Umbauarbeiten des Schachtes „Reiche Zeche“ und Pläne der Neuauffahrung eines befahrbaren Zuganges, mit einzigartigen Voraussetzungen für Forschung und experimentelle Untersuchungen direkt in situ, verbessern die Nutzerperspektive. Die Studierenden geowissenschaftlicher und geotechnischer Studiengänge absolvieren im Forschungsbergwerk u. a. Praktika auf den Gebieten der Bergbautechnologie, Sprengtechnik, Grubenbewetterung, des Strecken-vortriebs, der Fels- und Gebirgsmechanik, Vermessungstechnik, Geophysik, Geothermie und Umwelt-geochemie.

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Abbildung 10: Pilotanlage zur Entzinkung von Stahlschrotten, entstanden im Rahmen der BMBF-Fördermaßnahme r²

(Quelle: IFAD, TU Clausthal / Prof. E. Gock)

25FORSCHUNGSLANDSCHAFT RESSOURCENTECHNOLOGIEN IN DEUTSCHLAND

Technische Universität Clausthal

Die Forschung im Bereich der Ressourcentechno-logien ist ein klassisches, angestammtes Forschungs-gebiet in der Region Clausthal, getragen von der TU Clausthal als Nachfolgerin der ehemaligen Berg-akademie im Verbund mit Forschungseinrich-tungen wie dem Clausthaler Umwelttechnik Institut (CUTEC) und Partnerinstituten innerhalb des Verbundes der Niedersächsischen Technischen Hochschulen (NTH) (TU Clausthal, TU Braun-schweig, Leibniz Universität Hannover).

Im Kernbereich der Ressourcentechnologien sind derzeit acht Institute mit 18 Professoren tätig. Dazu kommen 132 wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie 58 nicht-wissenschaftlich Beschäftigte. Insgesamt sind ca. 750 Studierende im Fachbereich Energie und Rohstoffe eingeschrieben, ca. 150 Studienanfänger kommen pro Jahr hinzu. Im Bereich der Ressourcentechnologien arbeitet die TU Clausthal sehr eng mit Unternehmen der Grund-stoffindustrie zusammen. Bedingt durch die Berg- bautradition im Harz sind gerade in dieser Region viele Unternehmen beheimatet, die als Weltmarkt-führer wesentlich zur Wettbewerbsfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland beitragen. Die Koope - rationskette reicht dabei bis hin zu den Produkt-herstellern wie der Automobilindustrie, die ent-scheidend auf eine sichere Rohstoffversorgung angewiesen sind.

Die Forschung im Bereich der Ressourcentech-nologien an der TU Clausthal wird geprägt von Instituten aus den Bereichen Geowissenschaften, Bergbau, Erdöl- und Erdgastechnik, Aufbereitung, Metallurgie, Werkstoffwissenschaften und Werk-stofftechnologien. Die TU Clausthal bietet mit ihrer institutionellen Struktur die Möglichkeit, das Spektrum der Gewinnung und Verarbeitung primärer und sekundärer Rohstoffe in all seinen Aspekten abzudecken.

Mehr als 15 Institute aus allen drei Fakultäten sind hier tätig und kooperieren eng miteinander. Aus diesen Kooperationen heraus sind an der TU Clausthal Forschungszentren entstanden, u. a. das Clausthaler Zentrum für Material technik, in dem verschiedene Institute entlang der Rohstoff-Grundstoff-Werkstoffkette zusammen arbeiten. Die Kooperationen reichen über die Grenzen der TU Clausthal hinaus und finden verstärkt mit den Partneruniversitäten im NTH-Verbund statt.

Des Weiteren pflegt die TU Clausthal eine enge Forschungspartnerschaft mit der CUTEC, einem Forschungsinstitut des Landes Nieder-sachsen mit rund 100 Mitarbeiterinnen und Mit-arbeitern, welches ein starkes Kompetenzfeld im Bereich der Ressourcen effizienz aufgebaut hat.

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26 FORSCHUNGSLANDSCHAFT RESSOURCENTECHNOLOGIEN IN DEUTSCHLAND

An der TU Clausthal sind die Aufsuchung, Erkundung sowie Analyse von Rohstofflager - stätten Thema der Forschungsarbeiten der Institute für Geologie, Geophysik sowie der Lehrstühle für Mineralogie und Lagerstättenkunde des Instituts für Endlagerforschung. Die Gewinnung von mineralischen und Energie-Rohstoffen ist Arbeits-gebiet der Institute für Bergbau sowie für Erdöl- und Erdgastechnik. Diese Institute befassen sich mit der Erschließung von Lagerstätten im Tagebau und Tiefbau, der Lagerstättentechnik und Lager-stättensimulation sowie der Förderung von Roh-stoffen. Schwerpunkte der letzten Jahre lagen u. a. in der optimalen Planung von Rohstoff-betrieben, der effizienten Rohstoffgewinnung, der Tiefengeothermie sowie dem Tiefseebergbau.

Der Lehrstuhl für Rohstoffaufbereitung und Recycling am Institut für Aufbereitung, Deponie-technik und Geomechanik befasst sich traditionell mit der Aufbereitung primärer Rohstoffe mit Schwerpunkt im Bereich von Erzen und Industrie-mineralen. In den letzten Jahrzehnten lagen die Forschungsschwerpunkte auf den Gebieten effi- zienter Aufschlusszerkleinerung sowie Flotation und Laugung. Fußend auf den Technologieentwick-lungen bei der Aufbereitung der primären Roh-stoffe begann in den 70er-Jahren die Entwicklung von Recyclingtechnologien. Rückstände aus der Produktion wie etwa der Rohstoffgewinnung, der Hüttenindustrie und der Herstellung komplexer Produkte etwa in der Automobilindustrie bilden seither einen Schwerpunkt der Arbeiten. Die Entwicklung von Verwertungstechnologien für ausgediente Produkte und Einrichtungen wie Altfahrzeuge, Elektronikschrott oder Batterien haben in den letzten Jahren einen immer größeren Raum eingenommen. Begleitend zur Entwicklung neuer Produkte werden Recyclingtechnologien etwa im Bereich Elektromobilität entwickelt.

Auf dem Weg vom Rohstoff zum Grundstoff sind die Institute für Metallurgie, für nichtmetallische Werkstoffe sowie für Polymerwerkstoffe und Kunst - stofftechnik tätig. Dort erfolgt auch der Übergang vom Grundstoff zum Werkstoff, u. a. mit Schwer-punkten auf dem Gebiet der Entwicklung komplexer neuer Werkstoffe sowie von Werkstoffen aus Sekun- därrohstoffen (Recyclaten). Besondere Forschungs-kompetenz besteht u. a. im Bereich von Leicht-metallen, Leichtmetalllegierungen und Faser-verbundwerkstoffen, Keramiken, Gläsern und Zementen.

In verschiedenen Instituten aus dem Bereich der Werkstoff- und Werkstoffverarbeitungstechno-logien werden die weiteren Schritte hin zu anwen-dungsspezifischen und fügbaren Werkstoffen, Halb zeugen und Bauteilen erforscht und entwickelt.

Die aufgeführten Forschungstätigkeiten der Institute werden von Arbeiten der Institute für Wirt-schaftswissenschaften und der Umweltwissenschaf-ten flankiert. Die wirtschaftliche Einschätzung sowie die stetige Entwicklung neuer umweltscho-nender Maßnahmen werden hiermit über den gesamten Prozess der Energie- und Rohstoffgewin-nung abgedeckt. Gleiches gilt für die Arbeit des Instituts für deutsches und internationales Berg- und Energierecht, dessen Forschungstätigkeit die juristischen Rahmenbedingungen verschiedenster Projekte aus dem Bereich der Energie- und Rohstoff-gewinnung abdeckt.

Aktuell finden in der Region Clausthal / Goslar maßgebliche Entwicklungen im Bereich des Recyclings wirtschaftsstrategischer Metalle statt. Die TU Clausthal hat neben ihren bisherigen drei Forschungszentren den Cluster Recycling einge-richtet. Die CUTEC entwickelt korrespondierend dazu ihren Cluster Nachhaltigkeitsmanagement weiter. Gemeinsam haben die TU Clausthal und die CUTEC mit acht führenden Unternehmen der Region (u. a. H.C. Starck, PPM oder Electrocycling) aus dem Rohstoff- / Grundstoff- sowie dem Recycling-bereich, dem Landkreis Goslar, der Wirtschafts-region Goslar und der GDMB im Oktober 2011 den Recyclingcluster Wirtschaftsstrategische Metalle Niedersachsen (REWIMET) gegründet.

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2.2 Aktuelle Forschungsförderung des BMBF

Die Forschungsförderung des BMBF zu Rohstoffen und Ressourceneffizienz ist eng mit Förderaktivi-täten anderer Ressorts, insbesondere des BMU und des BMWi, verzahnt (siehe Tabelle 1).

Förderprogramme des BMBF

Das BMBF fördert in mehreren Fachprogrammen Forschungs- und Entwicklungsvorhaben im Themen-bereich Ressourcentechnologien. Insbesondere folgende Fachprogramme sind für den Themen-bereich relevant:

• FONA – Forschung für nachhaltige Entwicklungen

• WING – Werkstoffinnovationen für Industrie und Gesellschaft

• Forschung für die Produktion von morgen

In weiteren BMBF-Programmen werden F&E- Vorhaben gefördert, die punktuell ebenfalls Bezüge zum Themenbereich Ressourcentechnologien und wirtschaftsstrategische Rohstoffe haben, z. B. in Programmen für neue Technologien (IKT 2020, Energieforschungsprogramm) oder für regionale F&E-Förderung (Unternehmen Region).

Tabelle 1: Ausgewählte rohstoffbezogene Förderaktivitäten der Bundesregierung

27FORSCHUNGSLANDSCHAFT RESSOURCENTECHNOLOGIEN IN DEUTSCHLAND

FONA – Forschung für nachhaltige Entwicklungen

Im Rahmenprogramm Forschung für nachhaltige Entwicklungen – FONA sind im Aktionsfeld Nach-haltiges Wirtschaften und Ressourcen mehrere Fördermaßnahmen mit Bezug zum F&E-Programm Wirtschaftsstrategische Rohstoffe für den Hightech- Standort Deutschland angesiedelt.

• r² – Innovative Technologien für Ressourcen-effizienz – Rohstoffintensive Produktions-prozesse Im Fokus von r² stehen rohstoffnahe Industrien mit hohem Materialeinsatz, da hier eine große Hebelwirkung zur Erhöhung der Rohstoff-produktivität erreicht werden kann, z. B. in der Metall- und Stahlindustrie oder in der Chemie-, Keramik- und Baustoffindustrie. Insgesamt werden im Zeitraum von 2009 bis 2013 22 F&E- Verbundvorhaben von Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft gemeinsam mit Forschungseinrichtungen mit einem Gesamt-fördervolumen von ca. 38 Mio. EUR unterstützt, weitere 18 Mio. EUR steuern die beteiligten Unternehmen bei.

Stufe im Förderzyklus BMBF BMU BMWi

Technologie- entwicklung, F&E

r² und r³, CLIENT KMU-innovativ, MatRessource u. a.

Masterplan Maritime Technologien (marine Rohstoffe)

Demonstrationsphase Umweltinnovations-programm

Markteinführung und Umsetzung

Netzwerk Ressourceneffi-zienz | VDI Zentrum Ressourceneffizienz

demea Innovationsgut-scheine – Modul Rohstoff- und Materialeffizienz

Strategische Aktivitäten Interministerieller Ausschuss Rohstoffe

F&E-Programm für neue Rohstofftechnologien, HIF

ProgRess BGR / D ERA Rohstoffpartnerschaften

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28 FORSCHUNGSLANDSCHAFT RESSOURCENTECHNOLOGIEN IN DEUTSCHLAND

Abbildung 11: Schlämmrückstände aus der Kupfergewinnung in Tierra Amarilla, Chile (Quelle: Maike Hauschild, PtJ)

• r³ – Innovative Technologien für Ressourcen-effizienz – Strategische Metalle und Mineralien Im Rahmen von r³ werden Verbundprojekte zwi schen Industrie und Wissenschaft mit dem Ziel gefördert, Effizienzsprünge in der Ressourcen nutzung zu erreichen. Der Fokus liegt auf der Steigerung der Rohstoffeffizienz, dem Recycling und der Substitution knapper wirtschaftsstrategischer Rohstoffe. Ein weiterer Themenschwerpunkt ist „Urban Mining“ zur Rückgewinnung von strategischen Rohstoffen aus anthropogenen Lagerstätten, z. B. aus Alt deponien. Für die ab Mitte 2012 startenden Forschungsverbünde sind Fördermittel in Höhe von insgesamt 30 Mio. EUR und erhebliche zusätzliche Beiträge der Unternehmen vorgese-hen.

• KMU-innovativ: Ressourcen- und Energie-effizienz Mit der fortlaufenden Förderinitiative KMU- innovativ verfolgt das BMBF das Ziel, das Inno - va tionspotenzial kleiner und mittlerer Unter-nehmen (KMU) im Bereich Spitzenforschung zu stärken sowie die Forschungsförderung im Rahmen seiner Fachprogramme insbesondere für erstantrag stellende KMU attraktiver zu gestal-ten. Im Technologiefeld Ressourcen- und Energieeffi zienz werden KMU bei der Entwick-lung innovativer Technologien und Dienstleis-tungen für eine verbesserte Ressourcen- und Energieeffizienz unterstützt. Im Themenbereich Ressourcen effizienz wurden seit 2007 mehr als

130 Vorhaben mit einem Gesamtfördervolumen von ca. 25 Mio. EUR gefördert. Die erfolgreiche Fördermaßnahme soll mit halbjährlichen Einreichungsterminen für Projektideen fort-gesetzt werden (bis zu 6 Mio. EUR p. a.).

• Internationale Partnerschaften für nachhaltige Klimaschutz- und Umwelttechnologien und -dienstleistungen (CLIENT) Im Fokus von CLIENT steht die Forschung und Entwicklung von angepassten nachhaltigen Technologien und Dienstleistungen gemeinsam mit Partnern aus Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika und Vietnam. Diese sollen anhand von Prototypen oder pilothaften Anwendungen in den Themenfeldern Klimaschutz, Ressourcen-nutzung, Land management und Wasser-management umgesetzt werden. Insgesamt sollen im Zeitraum von 2010 bis 2016 Verbund-vorhaben mit einem Gesamtfördervolumen von 60 Mio. EUR gefördert werden; davon wird voraussichtlich ca. ein Viertel dem Themen-bereich Ressourcennutzung zuzuordnen sein.

WING–Werkstoffinnovationenfür Industrie und Gesellschaft

Im Rahmenprogramm WING – Werkstoffinno va-tionen für Industrie und Gesellschaft werden ebenfalls im Rahmen von KMU-innovativ F&E- Vorhaben zur Werkstoffentwicklung in kleinen und mittleren Unternehmen gefördert.

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29FORSCHUNGSLANDSCHAFT RESSOURCENTECHNOLOGIEN IN DEUTSCHLAND

Darüber hinaus sind auch die folgenden Förder-maßnahmen für den Themenbereich Ressourcen-technologien relevant:

• Materialien für eine ressourceneffiziente Industrie und Gesellschaft – MatRessource Mit der Förderinitiative MatRessource will das BMBF wirkungsvolle Impulse zur Erhöhung der Ressourceneffizienz durch Materialinnovationen geben. Folgende Themen stehen im Fokus der Förderung:

• Substitution und Materialeffizienz: Recycling von Nanomaterialien; Verringerung der Abhängigkeit von strategischen Metallen und Erhöhung der spezifischen Material - aus beuten; Entwicklung eines Nanomaterial-recyclings

• Korrosionsschutz: Verbesserte Oberflächen-schutzsysteme und neue Materialien mit deutlich erhöhter Korrosionsbeständigkeit zur Erhöhung der Lebensdauer von Bauteilen und Anlagen und zur Steigerung der Effizienz von Energieanlagen

• Katalyse und Prozessoptimierung: Sicherung der Rohstoffversorgung durch (neue) an den Wandel der Rohstoffbasis der Grundstoffindus-trie angepasste Katalysatoren; Ressourcen-ein sparung durch Erhöhung von Katalysator-standzeiten; Prozessintensivierung durch aktivere Katalysatoren und multifunktionale Reaktoren bei gleichzeitiger Steigerung der Energieeffizienz

Für die erste Auswahlrunde 2011 wurden ca. 30 Mio. EUR Fördermittel für F&E-Projekte zur Verfügung gestellt, eine weitere Auswahlrunde erfolgt 2012.

• Multimaterialsysteme – Zukünftige Leichtbau-weisen für ressourcensparende Mobilität Die BMBF-Fördermaßnahme Multimaterial-systeme zielt auf die Entwicklung von ganzheit-lichen Leichtbauansätzen für Fahrzeuge, die durch den Einsatz von Multimaterial systemen die Reduzierung des Fahrzeuggewichtes sowie die Energieeinsparung ermöglichen und gleich - zeitig gestiegene Ansprüche etwa an Fahrkom-fort und Sicherheit im Fahrzeug umsetzen. Zu deren Realisierung sind der Einsatz maß-geschneiderter Werkstoffkombinationen und

die Weiterentwicklung der dafür notwen digen Fügetechnologien erforderlich. Dadurch soll das Potenzial der Multimaterialsysteme in Hinblick auf Gewichts-, Kosten- und Ressourceneinspa-rung für herkömmliche und zukünftige Fahrzeug konzepte (Automobile, Flugzeuge, Schienenfahrzeuge) erschlossen werden.

• Schlüsseltechnologien für die Elektromobilität (STROM) Das BMBF fördert im Rahmen der Bekannt-machung „Schlüsseltechnologien für die Elektro - mobilität (STROM)“ in den Rahmen programmen WING und „IKT 2020 – Forschung für Innova-tionen“ u. a. die Entwicklung ressourcenschonen-der Technologien für Elektrofahrzeuge. Dies umfasst beispielsweise Recyclinglösungen für Elektromotoren aus Elektro- und Hybridfahr-zeugen, um Metalle der Seltenen Erden aus Permanentmagneten zurückzugewinnen.

• Innovationsallianz Lithium-Ionen-Batterie LIB 2015 In der 2007 geschlossenen Innovationsallianz Lithium-Ionen-Batterie LIB 2015 verpflichtete sich ein Industriekonsortium von BASF, BOSCH, EVONIK, LiTec und VW, in den nächsten Jahren 360 Mio. EUR für Forschung und Entwicklung an der Lithium-Ionen-Batterie zu investieren. Dies wird ergänzt und komplementiert durch die Fördermittel des BMBF in Höhe von 60 Mio. EUR für diesen Bereich. Neben der Entwicklung neuer Werkstoffe für Lithium-Ionen-Akkumulatoren wird auch ein abfallarmes, innovatives Recycling-verfahren zur wirtschaft lichen Rückgewinnung der Werkstoffe aus Lithium-Ionen-basierten Automobilbatterien erforscht.

Forschung für die Produktion von morgen

Im Rahmenprogramm „Forschung für die Produktion von morgen“ ist die Steigerung der Ressourceneffi-zienz in der Produktion ein Themenschwerpunkt. Hier liegt der Fokus auf der Förderung von F&E- Vorhaben zu folgenden Themen:

• energieeffiziente Prozesse und Technologien in der Fertigungs- und Verfahrenstechnik

• energieeffiziente Produktionsausrüstungen

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30 FORSCHUNGSLANDSCHAFT RESSOURCENTECHNOLOGIEN IN DEUTSCHLAND

• gezielte Einstellung von Produkteigenschaften durch Fertigungstechnologien auch unter Berücksichtigung von Ressourceneffizienz in Produkt und Prozess

• Bauteile mit ressourceneffizient erzeugten, lokal funktionalen Oberflächen

Von den Forschungsergebnissen sollen möglichst viele unterschiedliche Zielgruppen, insbesondere die produzierenden Unternehmen profitieren. Deshalb wurde eine gemeinsam vom BMBF und dem Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) getragene Innovationsplattform Res sourceneffizienz in der Produktion – kurz Effizienz fabrik – ins Leben gerufen. Ergebnisse dieser F&E-Vorhaben sind unter www.effizienzfabrik.de abrufbar.

• Innovationsallianz Green Carbody Technologies Die Innovationsallianz Green Carbody Techno-logies – ein bundesweiter Verbund von 60 Unter-nehmen der Automobilbranche (OEMs, Zulieferer, Ausrüster) sowie produktionstech nischer Fraunhofer-Institute in Chemnitz (IWU), Aachen (IPT) und Stuttgart (IPA) – forscht zu Fragen der Energie- und Ressourceneffizienz bei der Herstel-lung von Fahrzeugkarosserien. Chancen und Ziele liegen dabei sowohl im Aspekt der Energie- und Ressourceneinsparung zum Klimaschutz als auch im Potenzial nachhaltiger deutscher produktions-technischer Innovationen am Weltmarkt. Für die Projekte der Innovationsallianz ist eine Laufzeit von drei Jahren (Start: 1. Januar 2010) vorgesehen. Das Forschungsvolumen der beteilig ten Unter-nehmen beträgt insgesamt ca. 100 Mio. EUR. Davon werden 30 Mio. EUR in gemeinsame Ver- bundprojekte investiert. Das BMBF unterstützt diese Innovationsallianz mit 15 Mio. EUR.

• Energieeffizienter Leichtbau Im Rahmen der Förderbekanntmachung „Energieeffizienter Leichtbau“ fördert das BMBF F&E-Vorhaben zur Entwicklung neuer ressourcen schonender Herstellungs- und Bear-beitungstechnologien und dazu erforderlicher Produktionsausrüstungen für eine wirtschaft - liche und ressourceneffiziente Fertigung von Leichtbau produkten aus Faserverbundwerk-stoffen und Multimaterialsystemen.

• KMU-innovativ: Produktionsforschung Darüber hinaus werden im Rahmen von KMU- innovativ in der Produktionsforschung F&E- Vorhaben in kleinen und mittleren Unterneh-men u. a. mit einem besonderen Fokus auf energie effizientere Produktionsmaschinen und -anlagen sowie deren Komponenten gefördert.

Innovationsinitiative Unternehmen Region für die Neuen Länder

Im Rahmen der BMBF-Innovationsinitiative Unter-nehmen Region wird seit März 2011 an der TU Bergakademie Freiberg das Verbundvorhaben „Hybride Lithiumgewinnung“ gefördert. Ziel ist die bessere Nutzung in Deutschland vorhandener Rohstoffpotenziale. Die geplante Erfassung und Charakterisierung der bekannten Vorkommen (Zinnwaldit, lithiumhaltige Tiefenwässer) ist der erste Schritt zu deren Erschließung und Basis für die Verfahrensentwicklung. Gleiches gilt für die Sekundärrohstoffe (Lithium-Akkus). Es sollen eine technisch und betriebswirtschaftlich untersetzte Lösung für ein effizientes Logistik system sowie ein funktionierendes Anreiz system für die Erhöhung der Rücknahmequote gefunden und in der Praxis getestet werden. Die Entwicklung der mechani-schen, metallurgischen und chemischen Verfahren soll die Basis einer Technologieplattform bilden, die eine effiziente Gewinnung von Lithiumcarbonat aus unterschiedlichen Ausgangsmate rialien (Primär- und Sekundärrohstoffe) ermöglicht.

Mit der Förderung der Innovationsforen „Life- Cycle-Strategien und Recycling für Seltene Metalle mit strategischer Bedeutung“ und „Sonden für Hydrogeologie und Rohstofferkundung“ wird vom BMBF der Aufbau regionaler Kompetenzen zur Rohstoffversorgung unterstützt.

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3 Europäische und internationale Forschung zu Ressourcentechnologien

Bei der Betrachtung der internationalen Forschungs - aktivitäten muss zwischen Aktivitäten auf den Seiten Angebot und Nachfrage differenziert werden. Auf der Nachfrageseite gibt es in jeder Industrienation und auch in einigen Schwellen-ländern umfangreiche Maßnahmen, die auf die Substitution und den effizienten Einsatz von Materialien abzielen. Die Darstellung dieser Forschungsaktivitäten würde den Rahmen dieses Überblicks sprengen.

Anders ist dies auf der Angebotsseite. Hier konzentrieren sich die Forschungsaktivitäten auf einige ressourcenreiche Länder, in denen der Bergbau und die ersten Stufen der Wertschöpfungs-kette stark ausgeprägt sind. Hier sind besonders Australien, Kanada, Südafrika, Brasilien, Chile und mit einigen Abstrichen die USA zu nennen. In Europa nimmt Schweden eine herausragende Stellung ein, gefolgt von Österreich. Interessant sind die Anstrengungen, die seit einigen Jahren insbesondere in Japan im Bereich angebotsseitiger Ressourcentechnologieforschung unternommen werden.

Abbildung 12: Staaten mit international führenden Forschungseinrichtungen außerhalb Deutschlands auf dem Gebiet der angebotsseitigen

Ressourcentechnologieforschung, die die gesamte Wertschöpfungskette abdecken

31EUROPÄISCHE UND INTERNATIONALE FORSCHUNG ZU RESSOURCENTECHNOLOGIEN

• Luleå University of Technology, Schweden• Montanuniversität Leoben, Österreich

• Commonwealth Scientific and Industrial Research Organisation (CSIRO), Australien

• Sustainable Minerals Institute (SMI) at University of Queensland, Australien

• MINTEK, Südafrika

• CANMET-MTL, Natural Resources Canada• Colorado School of Mines, USA

• ICREMER, Japan

• JOGMEC,Japan

Minero y Metalúrgico (CIMM)

• Centro de Tecnologia Mineral (CETEM), Brasilien

• Centro de Investigación , Chile

• GZRINM, China• GRINM, China• NSPC, China

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32 EUROPÄISCHE UND INTERNATIONALE FORSCHUNG ZU RESSOURCENTECHNOLOGIEN

3.1 Forschungslandschaft in Europa

Eine bedeutende europäische Forschungseinrich-tung auf dem Gebiet der Ressourcentechnologien ist die Luleå University of Technology in Strömsund (Schweden). In engem Kontakt mit der Industrie werden sowohl grundlagen- als auch anwendungs-orientierte Forschung und Lehre zum Schwerpunkt Bergbautechnik und Metallurgie betrieben. Dabei wird die Wertschöpfungskette metallischer Roh - stoffe bis hin zur Produktentwicklung berücksichtigt, wobei klassische bergbauliche Expertise durch Kompetenzen u. a. in Chemie, Statistik und Wirt-schaftswissenschaften ergänzt wird.

Ebenfalls mit mehreren Lehrstühlen auf allen Stufen der Rohstoff-Wertschöpfungskette vertreten ist in Europa die Montanuniversität Leoben (Öster-reich). Forschung und Lehre konzentrieren sich auf der Seite des Angebots auf mineralische Rohstoffe und nachhaltige Produktion und Technologie. Hinzu tritt auf der Nachfrageseite der Schwerpunkt Hochleistungswerkstoffe. 2010 wurde das Impuls-zentrum Rohstoffe fertiggestellt, das mit Technik-, Labor- und Versuchsflächen die Rahmenbedin-gungen zur Bündelung von universitärer und außeruniversitärer Forschung und Entwicklung schaffen soll. Das neue Zentrum, das auch Ausbil-dungsangebote für die Wirtschaft entwickelt, ergänzt das bereits am Standort bestehende Impulszentrum Werkstoffe (Nachfrageseite).

Osteuropa verfügt über erhebliche Kompe-tenzen in der Ressourcentechnologieforschung zu primären Rohstoffen. Zu erwähnen sind hier die Berg- und Hüttenakademie Krakau sowie die spezialisierten Universitäten für Bergbau und Metallurgie in Dnepropetrovsk (Ukraine), St. Petersburg und Moskau (Russland), die mit spezialisierten wissenschaftlichen Forschungs-instituten und Instituten der Akademien der Wissenschaften zusammenarbeiten. Besonders hervorzuheben ist die Bergbauuniversität St. Petersburg, die den Status einer Nationalen Forschungsuniversität hat und die Leituniversität Russlands in Ressourcenfragen ist. Hier befindet sich das Zentrum für die russische Rohstoffstrategie, mit besonderen Kompetenzen in Lagerstätten-erkundung und -bewertung, Rohstoffabbau, Auf bereitung und Recycling.

Die Universität ist weltweit mit Industrieunter-nehmen, Forschungseinrichtungen und Universi-täten vernetzt.

3.2 Forschungslandschaft außerhalb Europas

International führend in der Rohstoffforschung ist die Commonwealth Scientific and Industrial Research Organisation (CSIRO) in Australien. Als nationale Forschungsbehörde ist sie mit 15 Forschungsbereichen und rund 5.000 Mitarbeite-rinnen und Mitarbeitern an über 50 Standorten eine der weltweit größten einschlägigen Forschungsein-richtungen. Im Rahmen des zentralen Forschungs-schwerpunkts „Mining and Minerals“ werden in CSIRO neben Kohlenwasserstoffen alle Stufen der Wertschöpfungskette metallischer Rohstoffe und deren Technologien abgedeckt. Besonderen Stellenwert nehmen dabei die vorderen Wertschöp-fungsstufen ein: Der Forschungsbereich „Earth Science and Resource Engineering“ widmet sich u. a. neuen Konzepten und Technologien zur Risikoreduzierung bei Exploration und Produktion. Schon heute ist CSIRO bei Explorationstechnologien weltweit Marktführer. Insgesamt sind Rohstoffe für die Industrie und damit für das Bruttoinlands-produkt des Rohstofflieferanten Australien überaus wichtig. Entsprechend machen das „Light Metals Flagship“ und das „Minerals Down Under Flagship“, die beide auf kostensenkende und effizienzstei-gernde Techno logien fokussiert sind, zwei von zehn der bedeutend sten Bereiche des nationalen „Flagship“-Forschungs programms aus. In diesem Programm arbeiten Wissenschaft und Wirtschaft interdisziplinär zusammen.

Zusätzlich zur industrienahen Forschung werden auch ergänzende Aus- und Weiterbildungs-möglichkeiten am Sustainable Minerals Institute (SMI) der University of Queensland in Brisbane (Australien) angeboten. Die Forschungszentren des Instituts decken große Teile der Wertschöpfungs-kette metallischer Rohstoffe ab, jedoch derzeit ohne Recycling: das W.H. Bryan Mining and Geology Research Centre (BRC) betreibt Grundlagen-forschung zu Erkundung, Gewinnung und Auf-bereitung; das Julius Kruttschnitt Mineral Research Centre (JKMRC) konzentriert sich auf Technologie-entwicklung für Aufbereitung und Veredelung; weitere Zentren beschäftigen sich mit Aspekten der

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33EUROPÄISCHE UND INTERNATIONALE FORSCHUNG ZU RESSOURCENTECHNOLOGIEN

Sicherheit, Gesundheit und sozialen Verantwortung im Bergbau oder der Altbergbauen und Rekultivie-rung.

Als nationale Rohstoff-Forschungsorganisation Südafrikas ist auch MINTEK aus Randburg auf die Bedarfe der heimischen Mineralien- und Metall-industrie ausgerichtet. Mit rund 800 Mitarbeite-rinnen und Mitarbeitern gehört MINTEK zu den weltweit führenden Forschungseinrichtungen für metallische Rohstoffe und Technologien auf den Stufen Aufbereitung und Veredelung. Zu den insgesamt neun Technologieabteilungen zählen außerdem Biotechnologie (Schwerpunkt Biolea-ching), Mineralogie (Schwerpunkt Erkundung), Advanced Materials sowie Analytical and Enginee-ring Services. Neben Forschung und Entwicklung bietet MINTEK so national und international eine große Palette von Beratungs-, Prüf- und Vermark-tungsleistungen an.

Auch in Kanada befasst sich das Department of National Resources (National Resources Canada – NRCan) als nationale Behörde mit Fragestellungen metallischer Rohstoffe und deren Technologien auf einzelnen Stufen der Wertschöpfungskette. In ihrem „Minerals and Metals Sector“ ist der Forschungsbereich aus „CANMET Materials Techno-logy Laboratory“ (CANMET-MTL) und „CANMET Mining and Mineral Sciences Laboratories“ (CANMET- MMSL) eng mit Politik und Gesetzgebung verknüpft. Während das CANMET-MMSL auf die Gewinnung und Aufbereitung fokussiert ist und sich eine weltweite Reputation für dazugehörige Technolo-gien erarbeitet hat, konzentriert sich das CANMET-MTL auf die Veredelung und das Recycling von metallischen Rohstoffen. Auf „valueadded structu-ral metals“ spezialisiert, gehört es in diesem Bereich zu den führenden Forschungszentren. Beiden Einrichtungen gemein ist die enge Ausrichtung von Forschung und Entwicklung an den Bedarfen der heimischen metallverarbeitenden Industrie.

Eine bedeutende Forschungseinrichtung aus dem Hochschulbereich der USA ist die Colorado School of Mines in Golden, die vor allem in den Bereichen Erkundung, Gewinnung und Recycling metallischer Rohstoffe forscht. Auch hier sind die angewandte Forschung und die spezifischen Aus- und Weiterbildungsangebote stark an den jeweils aktuellen Bedarfen der nationalen Industrie orien - tiert und in interdisziplinären Zentren organisiert.

In Hinblick auf heutige und zukünftige Entwick-lungen und Herausforderungen in der Rohstoff-industrie hat z. B. Ende 2009 die Newmont Mining Corporation die Gründung und Finanzierung des multidisziplinären Center for Innovation in Earth Resources Science & Engineering (CIERSE) über-nommen.

Auch in Japan forschen wichtige Institutionen zu Ressourcentechnologien. Ziel der Japan Oil, Gas and Metals National Corporation (JOGMEC) ist es, eine stabile Versorgung Japans mit natürlichen Rohstoffen zu garantieren. Zu den Aktivitäten gehört die Unterhaltung eines Informationszentrums für mineralische Rohstoffe, die Lagerung und Vorhal-tung seltener Metalle, die Unterstützung japanischer Unternehmen bei der Beschaffung von Risikokapital für Explorations- und Gewinnungsprojekte sowie die Entwicklung neuer Technologien entlang der gesamten Rohstoff-Wertschöpfungskette. Seit 2009 existiert mit dem International Center for Research and Education on Mineral and Energy Resources (ICREMER) an der Akita Universität ein weiteres Forschungsinstitut im Bereich der Ressourcentechno-logieforschung.

China ist derzeit weltweit der Hauptlieferant für Seltene Erden und gleichzeitig einer der größten Verbraucher von Rohstoffen. Bekannte Forschungs-einrichtungen sind das Guangzhou Research Institute of Nonferrous Metals (GZRINM), das General Research Institute for Non-ferrous metals (GRINM) und das National Science Promotion Center (NSPC). Das GZRINM erforscht alle Bereiche der Rohstoff-Wertschöpfungskette sowohl grund lagen- als auch anwendungsorientiert mit einem Fokus auf Techno-logien. Es verfügt mit über 1.200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Forschung über eine hohe wissenschaftliche Schlagkraft. Das GRINM mit über 2.000 Forschenden behandelt vor allem die Aufberei-tungs- und Veredelungsstufen der Wertschöpfungs-kette. Auch hier steht die Technologie im Mittel-punkt. Das NSPC ist in der Baotou National Rare-Earth Hi-Tech Industrial Development Zone angesiedelt – dem mit rund 70 % der chinesischen Produktion wichtigsten Standort in China für die Produktion von Seltenen Erden.

In Südamerika sind das Centro de Tecnologia- Mineral (CETEM) in Brasilien und das Centro de Investi - gación Minero y Metalúrgico (CIMM) in Chile auf dem Gebiet der Ressourcentechnologie forschung tätig.

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34

4 Zukünftiger Forschungs- und Entwicklungs bedarf

ZUKÜNFTIGER FORSCHUNGS- UND ENTWICKLUNGSBEDARF

Die bisherigen Forschungs- und Entwicklungsakti-vitäten in Deutschland sind überwiegend auf der Rohstoff-Nachfrageseite angesiedelt, z. B. zur Verringerung des Materialeinsatzes durch innova-tive Produkte und Prozesse. Die Anstrengungen auf der Nachfrageseite sollen fortgesetzt werden. Hier besteht insbesondere weiterer Bedarf zur Substitu-tion wirtschaftsstrategischer Rohstoffe durch neue Werkstoff- und Technologieentwicklungen. Damit soll der rapide ansteigende Bedarf dieser Rohstoffe in aufstrebenden Zukunftstechnologiebereichen (z. B. Erneuerbare Energietechnologien) abge-schwächt werden.

Die Analyse der aktuellen Forschungslandschaft in Deutschland zeigt, dass insbesondere auf der Rohstoff-Angebotsseite die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten verstärkt werden müssen. Hier sieht der Programmbeirat Ressourcentechno-logien des BMBF erheblichen Forschungs- und Entwicklungsbedarf zur Erhöhung des heimischen Angebotes an wirtschaftsstrategischen Rohstoffen. Dies betrifft sowohl die effiziente und umwelt-verträgliche Bereitstellung von Primärrohstoffen als auch das Recycling zur Bereitstellung von Sekundärrohstoffen. Die in Deutschland ansässige Industrie unterstützt diese Sichtweise. Der Forschungs- und Entwicklungsbedarf wird im Folgenden ausführlich dargestellt.

4.1 Primärrohstoffe und Exploration

Forschung entlang der Wertschöpfungskette

Deutschland nimmt bei der Verarbeitung von Sekundärrohstoffen weltweit eine Vorreiterstel lung ein, die es auch weiterhin ausbauen wird. Trotzdem wird die deutsche Volkswirtschaft – als einer der Weltmarktführer für Schlüssel- und Hoch-Technolo-gien – auch künftig in hohem Maße von primären Rohstoffen abhängig sein. Da auch der Rohstoff-bedarf der Schwellenländer zunimmt, verschärft sich die Konkurrenz auf dem globalen Rohstoff-markt. Der weltweite Bedarf kann derzeit nicht allein durch geschlossene Stoffkreisläufe gedeckt werden. Gerade für so genannte Elektronikmetalle wie Gallium, Germanium oder Indium reicht Recycling allein nicht aus, um sie in den erforder-lichen Mengen für die deutsche Wirtschaft

verfügbar zu machen. Hier ist auch langfristig eine Gewinnung durch Bergbau nötig.

Umfassende Forschungskompetenzen zur gesamten Wertschöpfungskette primärer Rohstoffe sind in Deutschland an der RWTH Aachen University, der Technischen Universität Clausthal und der Technischen Universität Bergakademie Freiberg konzentriert. Auch die Bundesanstalt für Geo-wissenschaften und Rohstoffe in Hannover ist hier zu nennen (vgl. Kapitel 2). Daneben existiert an anderen Standorten spezielles Know-how zu einzelnen Wertschöpfungsstufen. Soll die Versor-gung der deutschen Volkswirtschaft mit Primär-rohstoffen langfristig gesichert werden, so müssen diese Kompetenzen weiter gestärkt, ausgebaut und effektiv vernetzt werden.

Im Folgenden wird der prioritäre Forschungs-bedarf für jeden der wesentlichen Schritte der Primärrohstoff-Wertschöpfungskette – von der Erkundung über den Bergbau bis zur Aufbereitung und Metallurgie – dargestellt. Ebenfalls berücksich-tigt werden die wertschöpfungskettenübergreifen-den Forschungsfelder der Rohstoffwirtschaft und der Ressourcenanalytik sowie ökologische, gesell-schaftliche und politische Aspekte der globalen Rohstoffwirtschaft.

Erkundung

Im Bereich der Erkundung müssen neue Verfahren entwickelt werden, mit denen Rohstofflagerstätten unter großer Überdeckung identifiziert werden können. Ob fernerkundliche, geophysikalische, geochemische oder mineralogische Erkundungs-verfahren – sie alle sollten auch das Ziel verfolgen, den physikalischen Eingriff in die Umwelt so klein wie möglich zu halten. Dies ist auch wichtig, um die gesellschaftliche Akzeptanz für die Rohstofferkun-dung und -gewinnung zu erhöhen. Außerdem sollten Erkundungsverfahren entwickelt werden, mit denen neue Lagerstätten von wirtschaftsstrate-gischen Rohstoffen identifiziert werden können. Hierzu gehören sowohl lagerstättengenetische Aspekte als auch die Herleitung von Proximitäts-indikatoren.

Neue Verfahren sind insbesondere für die Erkundung heimischer Rohstoffpotenziale wichtig, die allerdings auch eine Neubewertung bekannter

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35ZUKÜNFTIGER FORSCHUNGS- UND ENTWICKLUNGSBEDARF

Lagerstätten einschließt. Die bisher genutzten Modelle für Lagerstätten mineralischer Rohstoffe in Deutschland sind im internationalen Vergleich jedoch unzureichend. Hier müssen explorations-relevante 4D-metallogenetische Modelle im Rahmen der Neubewertung entwickelt werden, die Unsicherheiten für bekannte Lagerstätten-distrikte in Deutschland berücksichtigen. Erforder-lich ist, dass bekannte Datensätze reinterpretiert und neue modernste mineralogische, geochemische und insbesondere geochronologische Daten bereitgestellt werden. Mit diesen Daten sind die Interpretation der Genese der Lagerstätten und die Ableitung von Erkundungskonzepten zur Erfassung bisher unbekannter Rohstoffvorkommen möglich. Dies gilt vor allem für das Potenzial der wirtschafts-strategischen Hochtechnologie-Metalle, die bisher nicht Gegenstand der Bergbauaktivitäten in Deutschland gewesen sind.

In diesem Zusammenhang sind auch neue hoch - auflösende aeorogeophysikalische Daten bundes-weit oder zumindest in Regionen mit besonderem Rohstoffpotenzial anzustreben. Irland und Nord-irland gehen hier mit gutem Beispiel voran: Ihre erfolgreiche Tellus Initiative gab einen positiven Impuls für die Erkundung heimischer Rohstoffe.

Bergbau

Die bergmännische Gewinnung von primären Rohstoffen muss energie- und materialeffizienter gestaltet werden – hier besteht vordringlicher Forschungsbedarf. Eine Effizienzsteigerung kann in verschiedenen Bereichen erzielt werden. So sollten bestehende Prozessabläufe optimiert und

auto matisiert oder neuartige Technologien der Gesteins zerstörung entwickelt werden, z. B. indem der mechanische Eingriff durch Hochdruckwasser-strahlen und Mikrowellen unterstützt wird. Auch der Materialtransport und andere bergbauliche Prozesse können noch optimiert werden. Weiteres Potenzial liegt im Einsatz von vernetzten Informa-tionssystemen sowie von Sensorik / Aktorik und Robotik für eine integrierte Produktionsplanung und -steuerung. Eine derartige Planung kann dazu beitragen, dass der Gewinnungsprozess besser mit der vorgeschalteten geologischen Charakterisie-rung und den nachgeschalteten Aufbereitungs-prozessen verzahnt wird. Weitere Forschungsfelder liegen in der hochselektiven Gewinnung und in der Minimierung des Materialtransports durch gewin-nungsnahe Aufbereitung und Versatz. Nicht nur die Effizienz, auch die Sicherheit im Bergbau kann so gesteigert werden. Eine Automatisierung des Gewinnungsprozesses trägt dazu bei, dass weniger Personen aktiv im Bergbau eingebunden werden müssen – und damit zu einer Verringerung der spezifischen Risiken insbesondere im Tiefbau (Stichwort „Smart Mining“ oder „Green Mining“). Da die Tagebaue immer tiefer werden, sind neue Technologien notwendig. Sie sollen einen sicheren und umweltverträglichen Abbau ermöglichen.

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36 ZUKÜNFTIGER FORSCHUNGS- UND ENTWICKLUNGSBEDARF

Aufbereitung

Auch bei den Aufbereitungsprozessen muss die Material- und Energieeffizienz gesteigert werden. So sollten besonders energieintensive Zerkleine-rungsprozesse optimiert werden, um mit gerin-gerem Energie- und Materialeinsatz die Freisetzung aller im Rohstoff enthaltenen Wertkomponenten zu verbessern. Auch der Einsatz sensorgestützter Sortierprozesse verfolgt dieses Ziel. Diese Prozesse werden zwar schon vereinzelt in der Rohstoff-industrie eingesetzt, haben aber noch Entwick -lungs potenzial. Technologien zur effizienten Separation – insbesondere Flotation – auch bei komplexen und feinkörnigen polymetallischen Rohstoffen ermöglichen eine nahezu vollständige Nutzung aller enthaltenen Wertkomponenten. Auch diese Technologien gilt es zu entwickeln. Voraussetzung hierfür sind neue Konzepte der Betriebsführung, die ihren Fokus nicht mehr ausschließlich auf eine einzige Hauptkomponente wie Kupfer oder Gold legen, sondern eine möglichst rückstandsfreie umfassende Nutzung des gewon-nenen Rohstoffes anstreben. Solche Konzepte werden derzeit inter national nur in sehr wenigen Berg- und Hütten betrieben umgesetzt, z. B. von der Palabora Mining Company in Südafrika.

Metallurgie

Auch bei der metallurgischen Verarbeitung von Aufbereitungsprodukten sollten in erster Linie Möglichkeiten erforscht werden, wie die Material- und Energieeffizienz gesteigert werden kann. Während die pyrometallurgische Verarbeitung in einigen Fällen sehr energieintensiv ist, sind hydro-metallurgische Prozesse oft von großen Abwasser-mengen begleitet. Bei vielen Prozessen wird außerdem ein großer Teil der Wertkomponenten in Zwischenprodukte wie Schlämme, Schlacken und Flugstäube überführt oder geht in Endschlacken verloren. Diese müssen dann in internen Kreis-läufen wieder aufgearbeitet werden. Bei den gut entwickelten großtechnischen Prozessen für Eisen, Kupfer, Zink oder Aluminium – also für solche Metalle, die eine weite Nutzung erfahren – gibt es bezogen auf das Hauptmetall weniger Forschungs-bedarf. Trotzdem besteht hier aufgrund der Mengen-ströme ein enormes Potenzial zur Effizienzsteige-rung. Doch gerade für die Nutzung der geringer konzentrierten Begleitrohstoffe müssen neue

Technologien entwickelt werden. Diese selteneren Metalle treten meist als Begleitkomponente der oben genannten Massenmetalle auf, weshalb ihre Gewinnung einen Eingriff und damit Entwick-lungen auch in diesem Bereich erfordert. Zu den Begleitrohstoffen gehören auch viele wirtschafts-strategische Metalle wie Indium, Gallium, Germanium oder Molybdän. Hier ist die Forschung dringend gefordert, energie- und materialeffiziente Techno-logien zur Nutzung solcher Begleitmetalle zu ent wickeln und das oft unbekannte Rohstoffpotenzial (z. B. Gallium und Indium in Bauxit, Germanium und Indium in Zinkerzen) zu belegen.

Forschungsbedarf besteht auch bei der Entwicklung effizienterer Technologien zur Prozessierung von solchen Rohstoffen, die nicht als Begleitrohstoffe auftreten, sondern eigene Lagerstätten bilden (Lithium, Magnesium, Seltene Erden) und die aufgrund ihres Einsatzes in Zukunftstechnologien erst jetzt einen breiten industriellen Einsatz erfah-ren. Die Technologien, die zur Veredelung dieser Rohstofftypen im Moment zur Verfügung stehen, sind zumeist veraltet und daher wenig material- und energieeffizient. Zugleich kann der sich rasch vergrößernde industrielle Bedarf an diesen Rohstoffen nicht allein über Recycling abgedeckt werden (Wachstumsmärkte). In einigen Fällen (insbesondere Magnesium) steht der Nutzung heimischer Rohstoffpotenziale nur die fehlende Entwicklung einer geeigneten Technologie im Wege.

Chemische und insbesondere mikrobielle Laugungsverfahren sind ein weiteres wichtiges Forschungsfeld für den primären Rohstoffsektor. Diese Verfahren ermöglichen eine effiziente Gewinnung von Metallen bei niedrigen Ausgangs-konzentrationen – und zwar mit relativ geringem

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37ZUKÜNFTIGER FORSCHUNGS- UND ENTWICKLUNGSBEDARF

Energieeinsatz und bei niedrigen Temperaturen. Deshalb weisen sie im Verhältnis zu anderen Verfahren häufig eine bessere Umweltbilanz auf. Besonders die mikrobiellen Laugungsverfahren sind sehr energieeffizient. Eine rasche Entwicklung dieser Verfahren für die Nutzung komplexer, poly - metallischer Rohstoffe erscheint zwar prinzi piell möglich, erfordert jedoch erhebliche Forschungs-anstrengungen.

Bei der Konzentrierung und Separation von Metallen – besonders von wirtschaftsstrategischen – birgt der Einsatz von Biosorption ein erhebliches Potenzial. Bei der Biosorption werden Zellproteine auf entsprechende Substrate aufgebracht, um Metalle mit hoher Selektivität aus stark verdünnten metallhaltigen Lösungen auszufällen. Diese Metalle können danach wieder von ihrem Substratfilm abgelöst und chemisch gefällt werden. Besonders Erfolg versprechend für eine effiziente Rohstoff-gewinnung scheint hier die Kombination aus mikrobieller Laugung mit nachfolgender Bio sorp-tion. Biosorptionsprozesse werden bislang nicht industriell eingesetzt, hierzu besteht noch beträcht-licher Forschungsbedarf.

Marine Rohstoffe

Im Bereich der marinen Rohstoffe ist die wissen-schaftliche Erkundung von polymetallischen Mangankrusten und -knollen sowie von polymetal-lischen Sulfidlagerstätten weit fortgeschritten. Hier konnten bereits entsprechende Rohstoffpotenziale aufgezeigt und erste Konzepte zur wirtschaftsgeo-logischen Bewertung und bergbaulichen Gewin-nung erarbeitet werden. Was jedoch fehlt sind Technologien, um diese Rohstoffe umweltgerecht, material- und energieeffizient zu gewinnen. Auch Technologien zur Aufbereitung und Metallurgie werden benötigt – besonders für die Nutzung von polymetallischen Mangankrusten und -knollen als Quelle für strategische Metalle. Welche Auswir-kungen die Rohstoffgewinnung auf die betroffenen Ökosysteme hat, muss im Sinne einer Technik-folgenabschätzung ebenfalls untersucht werden. Deutschland verfolgt derzeit aktiv die Erkundung und Nutzung mariner Rohstoffe. Der Themen-bereich marine mineralische Rohstoffe wird bereits im Nationalen Masterplan Maritime Technologien des BMWi adressiert und ist nicht Gegenstand des vorliegenden Programms.

Bewertungsansätze

Die Erkundung, Gewinnung und Nutzung primärer Rohstoffe – auch unter Einsatz innovativer Techno-logien – sollte stets von einer fundierten ökologi-schen, ökonomischen und sozialen Bewertung begleitet werden. Außerdem sollten Nachhaltig-keitsindikatoren weiterentwickelt werden, die auch eine umfassende Nutzung des Stoffbestandes eines Rohstoffkörpers berücksichtigen. Aufbauend auf bereits bestehenden Ansätzen, etwa im Bereich des Risiko-, Projekt- und Portfoliomanagements, müssen neue Ansätze entwickelt werden, die zusätzliche Umweltparameter berücksichtigen. Mit neuen Modellen zur Verbesserung des Preis-parameters, wie sie in modernen ökonomischen Bewertungsansätzen von Lagerstätten und Explora-tionsvorhaben genutzt werden, könnten Lager-stätten zukünftig marktorientiert und damit optimal bewertet werden. Hier ist die Realoptionsanalyse ein Beispiel. Kooperations- und Beteiligungsmodelle z. B. mit Explorationsunternehmen in Drittländern (Stichwort „Rückwärtsintegration“) sollten spezi-fisch auf die rohstoffverarbeitende Industrie zugeschnitten werden. Auch für den Bereich des globalen Rohstoff-Supply-Chain-Managements müssen neue Konzepte erarbeitet werden.

Die gesellschaftliche Akzeptanz für Technologie-entwicklung im Bereich Primärrohstoffe sollte weiter gesteigert werden. Dazu muss sich die Forschung der Frage widmen, welchen Einfluss unterschiedliche institutionelle Werte- und Normensysteme auf die Wahrnehmung neuer Technologien haben.

4.2 Sekundärrohstoffe und Recycling

Der steigende Bedarf an wirtschaftsstrategi schen Rohstoffen stellt die Recyclingwirtschaft vor neue Herausforderungen. Bisher konzentrierte sie sich vor allem auf Stoffströme mit hoher Mengen- und Wertrelevanz, aus denen vergleichsweise wenige, dafür in hoher Konzentration enthaltene Sekundär-rohstoffe separiert wurden. Beispiele hierfür sind Eisenschrott, sortenreine Aluminium-Schrotte oder auch Altglas. Wertstoffe, die nur in geringer Konzentration enthalten sind, werden durch Sortierung und Aufbereitung teilweise abgetrennt und finden sich in Nebenprodukten oder Abfällen

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38 ZUKÜNFTIGER FORSCHUNGS- UND ENTWICKLUNGSBEDARF

Abbildung 13: Kupferschlacke als sekundäre Lagerstätte

(Quelle: Maike Hauschild, PtJ)

der Aufbereitung wieder. In einigen Fällen werden sie heute bereits im Kreislauf geführt – beispielsweise der Anodenschlamm aus der Kupfer-Raffination – oder gelangen verdünnt mit den Hauptmetallen indirekt zurück in den Markt. Verluste entstehen hier, wenn sich beispielsweise als Stahlveredler zugesetzte Legierungselemente in Konverter- oder Elektroofenschlacke anreichern und anschließend keine gezielte Verwendung mehr erfolgt. Dies ist bei der üblichen baustofflichen Verwertung der Schlacken der Fall, aber auch bei Tantal aus den Elektrolytkondensatoren oder bei Seltenen Erden aus Magneten.

Zum Recycling wirtschaftsstrategischer Roh-stoffe sollten Systemuntersuchungen durchgeführt werden. Diese können stärker ausdifferenzierte Erfassungs- und Trennsysteme vor den Aufberei-tungs- und Extraktionsschritten umfassen, aber auch eine verbesserte material- oder elementspezi-fische Rückgewinnung während oder nach der Aufbereitung. Zu bewerten ist auch, wie hoch die Selektivität, die Rückgewinnungsrate bezogen auf den einzelnen Wertstoff sowie die Flexibilität der bestehenden metallurgischen Recyclingverfahren sind. Die verschiedenen Alternativen sollten unter ökologischen und ökonomischen Aspekten objektiv betrachtet und vergleichend bewertet werden. Im Rahmen eines Forschungs- und Entwicklungs-programmes lassen sich die folgenden Themen-felder ableiten:

• Stoffströme / Potenziale

• Aufbereitung / Trennung

• Metallurgische Extraktion und Reinigung

• Bewertung

Das Themenfeld Stoffströme / Potenziale soll eine möglichst umfassende Datengrundlage über Sekundärrohstoffquellen bereitstellen sowie die Möglichkeiten und Grenzen eines spezifischen Stoffstrommanagements aufzeigen. Im Einzelnen könnten die F&E-Ansätze dieses Gebietes wie folgt strukturiert werden:

• Sekundäre Lagerstätten Mengen und Eigenschaften des Rohstoff-inventars in deponierten Siedlungsabfällen,

Produktionsrückständen, Schlackenhalden oder anderen Altdeponien sowie in der bestehenden Infrastruktur (im Sinne des „urban mining“)

• Derzeitige und zukünftige Stoffströme Identifizierung und Quantifizierung wirtschafts-strategischer Rohstoffe im bestehenden Wirt-schafts kreislauf sowie Prognose der zu erwarten-den Änderungen von Mengen und Inhaltsstoffen; Erkennen ungenutzter und neuer potenzieller Stoffströme

• Erfassungssysteme Untersuchungen zum Auf- und Ausbau differen-zierter Erfassungssysteme für bislang dispers verwendete und verteilte wirtschaftsstrate-gische Rohstoffe, z. B. separate Sammel systeme für Magneten, Leuchtmittel und bestimmte elektronische Baugruppen; verbesserte Trenn-systeme; Weiterentwicklung der Sensorik zur automatischen Erkennung

• Temporäre Rohstofflager Konzeption und Umsetzung der rückholbaren Ablagerung von Wertstoffen, die unter den der zeitigen Rahmenbedingungen noch nicht in den Ressourcenkreislauf zurückgeführt werden können.

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39ZUKÜNFTIGER FORSCHUNGS- UND ENTWICKLUNGSBEDARF

Die temporären Lager müssen hohe Umwelt - schutz standards sicherstellen, z. B. Grundwasser-schutz oder Vermeidung von Treibhausgas-Emis-sionen. Wenn geeignete Rückgewinnungs-verfahren verfügbar sind, müssen sie unter ökonomisch und ökologisch vertretbaren Bedingungen rückbaubar sein.

• Produktgestaltung Recyclinggerechte Konstruktion, Produktkenn-zeichnung (auch zur automatisierten Erkennung / Sortierung, s. o.). Beispiele sind zerlegbare elektro-nische Baugruppen oder selten erdbasierte magne- tische Antriebs- und Schaltsysteme in Fahrzeugen (wie Fensterheber oder Sitz- und Spiegelverstel-lung), die derzeit dem Schredderschrott zufließen. Bei entsprechender Kennzeichnung und leichter Zugänglichkeit könnten diese per Hand oder automatisiert separiert werden. Der Gedanke der Rückgewinnung bei der Produktgestaltung ist nachhaltig in die betriebliche und universitäre Ausbildung zu verankern.

Das Themenfeld Aufbereitung / Trennung beinhaltet in erster Linie technische F&E-Ansätze, die sich im Wesentlichen auf mechanisch-physikalische Verfahren beziehen. Hierzu gehört die Material-auftrennung unter (teilweiser) Beibehaltung von Baugruppen, Verbunden und Legierungen; die ursprünglich beabsichtigten Materialeigenschaften bleiben so weitgehend erhalten. Dies bietet sich besonders für Hochleistungswerkstoffe mit aufwän-digem Herstellungsprozess an. Alternativ könnten Verbundmaterialien oder Abfallgemische wie Schlacken durch abgestimmte, dosierte mechanische Einwirkungen in ihre ursprünglichen Bestandteile

zerlegt werden. Die Grundwerkstoffe können so unmittelbar zum Aufbau neuer Verbunde oder für andere Verwendungszwecke genutzt werden.

Die F&E-Ansätze im Themenfeld Metallurgische Extraktion und Reinigung zielen auf flexible Prozesse mit maximierter Rückgewinnungsrate für Multi-Metallsysteme sowie auf eine verbesserte Stofftrennung auf elementarer oder molekularer Ebene ab. Ein Beispiel ist hier die Entwicklung schmelzmetallurgischer Wertstoffrückgewin-nungsverfahren mit reduzierender und oxidieren-der Fahrweise und der Bildung von wertstoffan- oder wertstoffabgereicherten Zwischenprodukten. Neben diesen pyrometallurgischen Verfahren wird die Integration hydrometallurgischer Separations-verfahren in die Prozesskette immer wichtiger. Besonders bei Wertstoffen, die stark verdünnt vorliegen, ist mit einer hohen Selektivität der Anreicherungsschritte zu rechnen. Beispiele sind hier Laugung, selektive Anreicherungsverfahren wie Lösungsmittelextraktion, Ionenaustausch, Membranverfahren oder Elektrolyse.

Die Themenfelder Stoffströme / Potenziale, Aufbereitung / Trennung und Metallurgische Extraktion / Reinigung sind nicht zwingend separat voneinander zu sehen, sondern können sich auch gegenseitig bedingen. Dies betrifft beispielsweise die metallurgische Verarbeitung, deren Effizienz von den vorangegangenen Aufbereitungsschritten stark abhängen kann. Der Schnittstellenoptimierung (Aufbereitungstiefe) kommt hier große Bedeutung zu. So kann die mechanisch-physikalische Aufberei-tung und Wiedernutzbarmachung von Hochleis-tungswerkstoffen voraussetzen, dass geeignete Inputmaterialien separat erfasst und zugeführt werden oder ein neuer metallurgischer Verfahrens-weg entwickelt wird.

Um objektive Entscheidungskriterien zu erhalten, sind – analog zum Bereich Primärrohstoffe und Exploration – im ergänzenden Themenfeld Bewer-tung einzelne, alternativ zueinander anwendbare Recyclingtechnologien und Verfahrenswege oder aber sinnvolle, aufeinander abgestimmte Verfahrens kombinationen zu bewerten. Hierbei sollten ökobilan zielle und ökonomische Kriterien einfließen und gegebenenfalls weitere Aspekte wie Realisierungschancen oder soziale Auswirkungen mit herangezogen werden.

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40 ZUKÜNFTIGER FORSCHUNGS- UND ENTWICKLUNGSBEDARF

4.3 Sicht der in Deutschland ansässigen Industrie

In einer sich durch die Globalisierung zunehmend beschleunigenden internationalen Arbeitsteilung mit Wettbewerbern aus Asien und anderen Regi-onen dieser Welt hängt die zukünftige Wett bewerbs-fähigkeit der deutschen Industrie entscheidend von ihrer Innovationsfähigkeit ab.

Dabei ist die deutsche Industrie der Motor für den Prozess des Wandels. Mit ihren Produkten leisten die Unternehmen einen unverzichtbaren Beitrag zu Klimaschutz, Energieeffizienz und Zukunftstechnologien. Deutschland steht vor einer Reihe von großen gesamtgesellschaftlichen Herausforderungen wie Klimawandel, Energie-wende und dem zunehmenden Wettbewerb um Ressourcen. Die Bewältigung dieser Herausforde-rungen erfordert entsprechende Technologien, Prozesse und Produkte, die durch die Industrie bereitgestellt werden, z. B.:

• Hightech-Materialien für eine ressourcenscho-nende Mobilität

• Batterien für Elektroautos

• Werkstoffe für den Bau von Windrädern

• Kupfer und Aluminium für den Ausbau des Stromnetzes

• Dämmstoffe, um Gebäude energieeffizient zu machen

Die Beispiele ziehen sich durch die gesamte Wert-schöpfungskette. Am Beginn steht der Einsatz von Ressourcen, von Rohstoffen, von Energie. Nur so können die Produkte hergestellt werden, die zur Lösung globaler Probleme benötigt werden. Fort schritt und Innovation bleiben daher an die Verfügbarkeit von Rohstoffen gebunden.

Für die Verbesserung der Rohstoffsicherheit Deutschlands bedarf es aus Sicht des Bundes-verbandes der Deutschen Industrie (BDI) eines umfassenden Ansatzes, der alle relevanten Bereiche umfasst: Der Abbau von Handelsbeschränkungen und der Ausbau direkter Bezugswege müssen ebenso Teil dieses Ansatzes sein wie die Verbes-serung des Zugangs zu Rohstoffen. Genauso von

Bedeutung sind die Stärkung bzw. Schließung der Stoffströme und die Weiterentwicklung des Recycling sowie die Nutzung von Abfällen, die in der Produktion anfallen, und die Entwicklung von Substituten. Dafür sind die Beiträge der verschie-denen Politikbereiche stärker zu verzahnen, insbesondere der Handelspolitik, der Abfallpolitik, der Umweltpolitik und der Forschungspolitik. Übergeordnetes Ziel muss dabei sein, der Industrie einen Zugang zu Rohstoffen in ausreichender Quantität und zu wettbewerbsfähigen Preisen zu sichern.

Die Forschungspolitik kann wichtige Beiträge zur Verbesserung der Rohstoffverfügbarkeit leisten. Die Entwicklung von Technologien zur Aufdeckung illegaler Abfallexporte und die Weiterentwicklung von Explorations- und Gewinnungsmethoden zur Untersuchung und Erschließung inländischer Rohstoffpotenziale sind Beispiele dafür. Bei der Entwicklung neuer Forschungsprogramme müssen deshalb das Potenzial und die Notwendigkeit zur Unterstützung anderer rohstoffrelevanter Politik-felder durch Forschung berücksichtigt werden, um eine kohärente Rohstoffpolitik zu realisieren.

Das übergeordnete Anliegen der Industrie ist laut BDI, dass die Hightech-Strategie der Bundes-regierung die in Deutschland und Europa bestehen-den und geplanten Initiativen zu einer Verbesse-rung der Verfügbarkeit von metallischen Rohstoffen berücksichtigt und nach Möglichkeit mit diesen verknüpft wird. Zu nennen ist dabei ins besondere die geplante Europäische Innovationspartnerschaft Rohstoffe.

Bei der Bewertung der Kritikalität von Roh-stoffen erachtet die Industrie die Ergebnisse der jüngsten deutschen und europäischen Unter-suchungen als zutreffend (Angerer et al. 2009, Europäische Kommission 2010, Elsner et al. 2010, Erdmann et al. 2010).

Daneben ist die Aus- und Weiterbildung ein wesentlicher Bestandteil, um Innovationen im Rohstoffsektor zu fördern. Die industrielle Wert-schöpfungskette bietet viele fortschrittliche und hochentwickelte Arbeitsplätze. Durch eine enge Verknüpfung zwischen Industrie und Universitäten sowie eine erhöhte Mobilität zwischen den Sektoren können Innovationen gefördert und entwickelt werden.

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41ZUKÜNFTIGER FORSCHUNGS- UND ENTWICKLUNGSBEDARF

Wichtige Forschungsbeiträge aus Sicht der Industrie zur Verbesserung der Versorgungssituation bei Metallen sind:

• Erweiterung der Wissensbasis zur Verfügbarkeit von Primär- und Sekundärrohstoffen Z. B. Analyse des Metallgehalts von existierenden Deponien, Abraumhalden, Produktionsschlacken und Nebenprodukten

• Weiterentwicklung der Gewinnung von Roh-stoffen aus Abfällen und Altprodukten durch Unterstützung der Entwicklung von Recycling- und Rück gewinnungsverfahren Dies betrifft insbesondere Seltene Erden und andere Metalle, die in kleinen Rohstoffanteilen in komplexen Produkten verbaut werden und für die es bislang nur beschränkt Recycling-verfahren gibt.

• Bessere Nutzung von metallhaltigen Reststoffen aus der Produktion Hierfür ist eine rohstoff- und prozessspezifische Betrachtung der Wertschöpfungs ketten erforder - lich, die insbesondere von kleinen und mittel-ständischen Unternehmen durch kooperative Verbundprojekte schnell umgesetzt werden kann.

• Analyse der Stoffströme kritischer Metalle in Europa Es gilt zu analysieren, welche Mengen an wirt-schaftsstrategischen Rohstoffen an welchen Stellen in den Wertschöpfungsstufen und im Produktlebenszyklus eingesetzt werden bzw. anfallen, um Ansatzpunkte für eine Rück-führung in Stoffkreisläufe zu bestimmen.

• Entwicklung von Technologien und Maßnahmen zur Unterbindung illegaler Exporte Nach wie vor gehen beträchtliche Mengen an wertvollen Metallen durch illegale Exporte von Abfällen, die als gebrauchte Produkte deklariert werden, aus dem europäischen Stoffkreislauf verloren. Eine zentrale Schwachstelle sind die Ausfuhrkontrollen. Es werden Prozesse und Technologien benötigt, die ein Aufdecken von illegalen Abfallexporten erleichtern und verbessern.

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42

5 Maßnahmen zur Umsetzung des Programms

MASSNAHMEN ZUR UMSETZUNG DES PROGRAMMS

5.1 Förderschwerpunkte des BMBF

Das BMBF wird auf Empfehlung des Programm-beirates die nächsten Förderbekanntmachungen im Rahmen des Programmes Wirtschaftsstrate-gische Rohstoffe für den Hightech-Standort Deutschland auf die Erhöhung des heimischen Angebotes an wirtschaftsstrategischen Rohstoffen ausrichten. Es werden hiermit kurz-, mittel- und langfristige Ziele verfolgt, und zwar beim Angebot primärer wie auch sekundärer Rohstoffe. Im Einzelnen sollen die Schwerpunkte liegen auf der:

• Entwicklung von Konzepten zur Exploration von Primärrohstoffen

• Entwicklung von technischen Konzepten zur wirtschaftlichen Nutzung von komplexen Erzen bekannter Lagerstätten

• Aufarbeitung von Aufbereitungs- und Produk-tionsrückständen

• Aufarbeitung von Altprodukten (end-of-life)

Zwischen den letzten Explorationsarbeiten in Deutschland Anfang der achtziger Jahre und den jetzigen Aktivitäten liegen etwa 20 bis 25 Jahre. In dieser Größenordnung liegt der Innovationszyklus für neue Methoden und Konzepte in der Explora-tion. Der Stand der Technik hat sich wesentlich verändert: Die Eindringtiefen von Explorations-methoden sind erhöht, ganz neue genetische Modelle für neue Lagerstättentypen sind weltweit entwickelt worden. Dass auch in einem Land mit langer Bergbautradition bauwürdige Lagerstätten

zu entdecken sind, zeigt beispielsweise die Ent-deckung der bedeutenden Wolframlagerstätte Mittersill in Österreich im Jahre 1967, die auf der Basis eines wissenschaftlichen Konzeptes gefunden wurde. Solche konzeptionellen Vorarbeiten sind die Grundlage jeder kommerziellen Exploration. Die kommerzielle Exploration selbst ist nicht Thema dieser Fördermaßnahme. Vielmehr sollen mit der Kenntnis der deutschen Lagerstätten und neuen internationalen Erkenntnissen und Methoden innovative Konzepte für die Erkundung neuer heimischer Lagerstätten entwickelt werden.

Die lange Bergbau- und Explorationstradition Mitteleuropas im Metallsektor hat dazu geführt, dass es bekannte Rohstoffkörper, für die bisher keine geeigneten Aufbereitungsmethoden ent-wickelt werden konnten, und viele Tailings (Auf-bereitungsrückstande) sowie Produktionsrückstände gibt. Weiterhin hat die zum Teil sehr geringe Effizienz bei der Aufbereitung komplexer Erze Rückstände hinterlassen, die ein erhebliches Rohstoffpotenzial beinhalten. Wenn auch realisti-scherweise anerkannt werden muss, dass zahlreiche dieser Resthalden mittlerweile überbaut oder anderweitig genutzt werden, so liegt doch immer noch ein großes Rohstoffpotenzial vor, das mit verbesserten Methoden genutzt werden kann.

Bei der Aufarbeitung von end-of-life-Produkten muss der Tatsache Rechnung getragen werden, dass Produktzyklen immer kürzer und die Produkte unserer Industrie, insbesondere der Elektronikindus-trie, immer komplexer werden. Daraus resultiert eine immer komplexere und sich schnell ändernde Zusammensetzung der Sekundärmaterialien. Sie

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43MASSNAHMEN ZUR UMSETZUNG DES PROGRAMMS

sind viel komplizierter zusammengesetzt als Primärrohstoffe bzw. -konzentrate und erfordern daher die Entwicklung spezieller mechanischer und metallurgischer Aufbereitungsmethoden. Bei den Sekundärrohstoffen standen bisher vor allem Stoffströme mit hoher Mengen- und Wertrelevanz im Vordergrund, aus denen vergleichsweise wenige, dafür in hoher Konzentration enthaltene Wertstoffe separiert wurden. Demgegenüber sollen hier die zumeist nur in geringer Konzentration in end-of-life-Produkten enthaltenen Sekundärstoffe im Vordergrund stehen, die sich bisher in Neben-produkten oder Abfällen wiederfinden. Für sie gilt es, Wiedergewinnungsmethoden zu entwickeln.

Das BMBF wird außerdem bestehende Förder-aktivitäten im Rahmenprogramm Forschung für nachhaltige Entwicklungen – FONA zur Unterstüt-zung der Umsetzung des Programms nutzen. Folgende laufende Fördermaßnahmen mit weite-ren Einreichungsterminen für Projektideen sind hierfür relevant:

• KMU-innovativ: Ressourcen- und Energieeffizienz: Förderung von innovativen Einzel- oder Verbund -vorhaben zur Steigerung der Ressourceneffizienz mit kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) als Hauptnutzer der Ergebnisse

• Internationale Partnerschaften für nachhaltige Klimaschutz- und Umwelttechnologien und -dienstleistungen (CLIENT): Gemeinsame Förderung von F&E-Projekten zur Unterstützung der nachhaltigen Ressourcen-nutzung mit internationalen Partnerländern

Im BMBF-Rahmenprogramm „Werkstoffinnova-tionen für Industrie und Gesellschaft – WING“ wird die Ressourceneffizienz als zentrales Handlungsfeld adressiert. Durch Innovationen im Materialbereich können stoffliche und energetische Ressourcen gezielt reduziert und Umweltbelastungen vermin-dert werden. Materialinnovationen bieten ein hohes Potenzial, industrielle Prozesse auf allen Wertschöpfungsebenen mit erheblich höherer Leistung bei gleichzeitig reduziertem Ressourcen-einsatz zu führen. Dies kann z. B. darüber erreicht werden, dass natürliche Ressourcen intelligent und effizient genutzt, die Materialeffizienz erhöht oder die Lebensdauer von Bauteilen und Anlagen verlängert wird.

Im BMBF-Rahmenprogramm „Forschung für die Produktion von morgen“ ist die Steigerung der Ressourceneffizienz in der Produktion ein Themen-schwerpunkt. Dazu gehören Fördermaßnahmen zur Weiterentwicklung von Technologien zur Rohstoffgewinnung sowie zur effizienten Roh-stoffverarbeitung. Zu den zukünftigen Forschungs-schwerpunkten gehören beispielsweise:

• Management von Kreisläufen (Nutzen statt Produktverkauf, Geschäftsmodelle für Kreislauf-prozesse, Konzepte für weltweite Produkt- und Materialkreisläufe, ganzheitliche Bewertungs-methoden für Kreislaufprozesse, Methoden zur Abbildung, Bewertung und Optimierung von Produktionsnetzen in Kreislaufwirtschaftssyste-men, Planungsvorgehen und -werkzeuge für die Rückführlogistik)

• Entwicklung und Produktion kreislauffähiger Produkte (Methoden und Richtlinien zur Entwicklung und Konstruktion recycelbarer Produkte, Verbesserung der Recyclingfähigkeit durch ein ganzheitliches Lebenszyklusdesign, Materialalternativen und angepasste Herstel-lungsprozesse, Produktionsverfahren und Werkstoffe für recycling gerechte Produkte)

• Recyclingtechnologien (Verfahren zum Detektieren, Separieren und Aufbereiten von Materialien aus Altprodukten, Verfahren zur Trennung von Verbundwerkstoffen, Quali-fizierung von Recyclingtechnologien für den industriellen Einsatz, hochwertige Werkstoffe auf Basis von Sekundärrohstoffen)

5.2 Flankierende Maßnahmen

Neben F&E-Aktivitäten sind Bildung und Ausbildung von besonderer Bedeutung, um den Hightech-Standort Deutschland langfristig zu sichern und dem Fachkräftemangel entgegen zu wirken. Die Hochschulen richten ihr Studienangebot an dem zunehmenden Fachkräftebedarf und der entspre-chend steigenden Nachfrage nach Studienplätzen in rohstoffrelevanten Studiengängen aus (siehe Tabelle 2).

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44 MASSNAHMEN ZUR UMSETZUNG DES PROGRAMMS

RWTH Aachen University – Studierende nach ausgewählten Studiengängen

2006 2007 2008 2009 2010

Rohstoffe und Entsorgungstechnik 744 757 887 957 922

Metallurgie und Werkstofftechnik 749 899 1069 1214 1315

TU Bergakademie Freiberg – Studierende nach ausgewählten Studiengängen

2006 2007 2008 2009 2010

Geotechnik und Bergbau 227 263 311 345 398

Geologie / Mineralogie / Geowissenschaften 139 169 231 281 353

Tabelle 2: Zeitliche Entwicklung der Studierendenzahlen in Fächern mit Rohstoffbezug

(ausgewählte rohstoffaffine Studiengänge, Diplom, M.Sc, B.Sc summiert)

(RWTH Aachen University Zahlenspiegel 2010)

(TUBAF- Zahlenspiegel 2010)

TU Clausthal – Studierende nach ausgewählten Studiengängen

2006 2007 2008 2009 2010

Energie und Rohstoffe / Rohstoffversorgungstechnik

95 126

Metallurgie / Werkstoffwissenschaften und -technik

147 137

146

136

177

123

231

149

(TU Clausthal - Hochschulstatistik)

Zur Ergänzung der Forschungsförderung des BMBF empfiehlt der Programmbeirat weitere flankierende Maßnahmen zur Umsetzung der Programmziele.

• F&E-Infrastruktur F&E-Infrastruktur im Demonstrationsmaßstab sollte entlang der Wertschöpfungskette – vom Bergbau bis zum Recycling – bereitgestellt und unterstützt werden. Dies kann erforderlich sein, um die deutschen Forschungsstandorte im internationalen Wettbewerb zu stärken und die Umsetzung von F&E-Ergebnissen in den industriellen Maßstab zu fördern.

• Doktorandenprogramm zur Optimierung der Schnittstellen vom Rohstoff zum Werkstoff Im Rahmen eines Doktorandenprogramms sollte die Ausbildung von Führungskräften über die Schnittstellen der Kette „Werkstoffverfügbarkeit – Werkstofferzeugung – Werkstoffverarbeitung – Werkstoffeinsatz – Werkstoffrecycling“ hinweg ermöglicht werden. Ausbildungsinhalte sind die Zusammenhänge und technologischen Einflüsse im Materialfluss – ausgehend von der recycling-gerechten Produktentwicklung – auf die Material-erzeugung, den Materialeinsatz und das Material -recycling in ihrer Gesamtheit. Nur eine derart interdisziplinäre Ausbildung kann einen nach - haltigen Lösungsansatz für das „Schnittstellen-problem“ vom Rohstoff zum Werkstoff bieten.

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45MASSNAHMEN ZUR UMSETZUNG DES PROGRAMMS

• Steigerung der Akzeptanz für die heimische Rohstoffgewinnung Gezielte Maßnahmen, um ein Bewusstsein für die Rohstoffproblematik zu schaffen und die Akzeptanz der Bevölkerung für eine umweltver-trägliche heimische Rohstoffgewinnung zu fördern, sollten rechtzeitig einsetzen. Nur so kann möglichen Vorbehalten und Widerstän den begegnet werden, die die wirtschaftliche Nutzung der F&E-Ergebnisse gefährden könnten.

• Netzwerke und transnationale Zentren der Ressourcenforschung Ein Schlüssel für effiziente Rohstofftechnologie-forschung und -entwicklung liegt in der Koope-ra tion zwischen international führenden Forschungszentren. Die Möglichkeiten, länder-übergreifende Netzwerke zu gründen und nachhaltige bilaterale wissenschaftlich-techno-logische Zusammenarbeit (WTZ) zu fördern, sollten genutzt werden.

• Aktive Mitgestaltung der EIP Rohstoffe und weiterer europäischer Initiativen Die Prozesse zum Themenfeld Rohstoffe für eine Europäische Innovationspartnerschaft sollten aktiv vom BMBF mitgestaltet werden, um deutsche F&E-Prioritäten einzubringen und den Nutzen für die deutsche Industrie zu steigern. In die geplante Wissens- und Innovationsgemeinschaft (KIC) des Europäischen Innovations- und Techno-logieinstituts (EIT) zum Thema Rohstoffe sollten führende deutsche Forschungseinrichtungen eingebunden werden. Eine Forschungskoopera-tion mit Frankreich könnte als Ausgangs punkt für gemeinsame europäische Aktivitäten im kommenden EU-Forschungs programm Horizont 2020 genutzt werden.

• Beteiligung an transnationalen Projekt aufrufen im ERA-Net ERA-MIN Forschungsthemen, die sich aufgrund länder-übergreifender Synergien besonders für die europäische Zusammenarbeit eignen, sollten im Rahmen des ERA-Net ERA-MIN in transnationalen Projektaufrufen bearbeitet werden. Damit sollen deutsche Forschungseinrichtungen und Unter-nehmen unterstützt werden, mit den führenden Partnern in Europa in transnationalen Forschungs-verbünden zusammenzuarbeiten.

• Internationaler akademischer Austausch Durch gezielte Maßnahmen zur Unterstützung des akademischen Austauschs – z. B. in Zusam-menarbeit mit dem DAAD oder durch europä-ische Marie-Curie-Maßnahmen – können die Internationalisierung der deutschen Rohstoff-forschung verstärkt und neue Partnerschaften zu rohstoff reichen Ländern und führenden internationalen Forschungseinrichtungen entwickelt werden. Diese Maßnahmen sollten thematisch und institutionell an die BMBF- geförderten Forschungs projekte anknüpfen.

• Internationales Tagungsformat Zur Steigerung der öffentlichen Sichtbarkeit und internationalen Vernetzung der deutschen Forschung zu Rohstofftechnologien empfiehlt der Programmbeirat eine verstärkte Beteiligung an etablierten internationalen Tagungen oder die Entwicklung eines eigenen internationalen Tagungsformates. Hierbei sollte die Leitidee der nachhaltigen Entwicklung im Rohstoffbereich international vorangetrieben werden.

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46 ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS UND GLOSSAR

Abkürzungsverzeichnis und Glossar

AWI (Alfred-Wegener-Institut für Polar- und

Meeresforschung):

Das Alfred-Wegener-Institut ist das Helmholtz- Zentrum für Polar- und Meeresforschung. Es koordi - niert die Polarforschung in Deutschland und stellt wichtige Infrastruktur für die Wissenschaft zur Verfügung, z.B. Forschungsschiffe, die auch für die Erkundung des Meeresbodens im Hinblick auf marine Rohstoffe eingesetzt werden. Das Institut hat seinen Hauptsitz in Bremerhaven und beschäf-tigt über 900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. www.awi.de

BGR (Bundesanstalt für Geowissenschaften

und Rohstoffe):

Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) ist die zentrale geowissenschaft-liche Beratungseinrichtung der Bundesregierung und gehört zum Geschäftsbereich des Bundesminis-teriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi). Die Deutsche Rohstoffagentur (DERA, s. u.) hat zudem ihren Sitz an der BGR. www.bgr.bund.de

CLIENT (BMBF-Förderschwerpunkt):

Der Förderschwerpunkt „Internationale Partner-schaften für nachhaltige Klimaschutz- und Umwelt-technologien und -dienstleistungen (CLIENT)“ ist Teil des BMBF-Rahmenprogramms „FONA – Forschung für nachhaltige Entwicklungen“. Im Fokus von CLIENT steht die Forschung und Entwick-lung von angepassten nachhaltigen Technologien und Dienstleistungen gemeinsam mit Partnern aus Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika und Vietnam. Diese sollen anhand von Prototypen oder pilothaften Anwendungen in den Themenfeldern Klimaschutz, Ressourcennutzung, Landmanage-ment und Wassermanagement umgesetzt werden.www.fona.de/client

demea(DeutscheMaterialeffizienzagentur):

Die demea arbeitet im Auftrag des Bundesministe-riums für Wirtschaft und Technologie (BMWi), um Unternehmen über die Bedeutung der Rohstoff- und Materialeffizienz zu informieren und sie bei der

Lokalisierung und Erschließung von Einsparpoten-zialen zur Steigerung ihrer Rentabilität und Wett-bewerbsfähigkeit zu unterstützen. www.demea.de

DERA (Deutsche Rohstoffagentur):

Die DERA ist die zentrale Informations- und Bera-tungsplattform für mineralische und Energieroh-stoffe an der BGR (s. o.). Zentrale Themen der DERA sind Rohstoffverfügbarkeit und Versorgungssitua-tion sowie Rohstoffpotenziale und Ressourceneffizienz. www.deutsche-rohstoffagentur.de

EIP (Europäische Innovationspartnerschaft):

Die Strategie Europa 2020 der Europäischen Kommis-sion wird durch verschiedene Leitinitiativen unter-setzt. In der Leitinitiative Innovations union sollen u. a. Europäische Innovationspartnerschaften (EIP) entwickelt werden, die öffentliche und private Akteure auf EU-, nationaler und regionaler Ebene zusammen bringen, um den großen gesellschaft-lichen Herausforderungen durch Innovation zu begegnen und neue Märkte für die europäischen Unternehmen zu erschließen. Die von der Europä-ischen Kommission vorgeschlagene EIP Rohstoffe zielt auf die nachhaltige Versorgung mit nichtener-getischen Rohstoffen für eine moderne Gesellschaft. Elemente dieser Innovationspartnerschaft sollen u. a. die Demonstration von inno vativen Pilotanlagen für Rohstoffextraktion, -verarbeitung und Recycling sowie die Suche nach Ersatzstoffen für mindestens drei Schlüsselanwendungen kritischer Rohstoffe sein. (KOM(2010) 546, KOM(2012) 82) http://ec.europa.eu/research/innovation-union http://i3s.ec.europa.eu/commitment/43.html

EIT (Europäisches Innovations- und Techno-

logieinstitut):

Ziel des EIT ist die Förderung der Wettbewerbs-fähigkeit der Mitgliedstaaten durch Zusammen-führung exzellenter Hochschuleinrichtungen, Forschungszentren und Unternehmen, die sich mit größeren gesellschaftlichen Herausforderungen auseinandersetzen. Im Rahmen von Horizont 2020, dem zukünftigen Forschungs- und Innovations-rahmenprogramm der EU, soll das EIT um sechs

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47ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS UND GLOSSAR

neue grenzübergreifende Innovationszentren in öffentlich-privaten Partnerschaften – bekannt als Wissens- und Innovationsgemeinschaften (KIC) – erweitert werden. Eines der neuen KIC soll sich ab 2014 dem Thema Rohstoffe widmen (nachhaltige Erkundung, Gewinnung, Verarbeitung, Verwer-tung und Substitution von Rohstoffen). http://eit.europa.eu

ERA-NET ERA-MIN:

Das im November 2011 unter der Federführung Frankreichs (CNRS) gestartete ERA-Net „Industrial Handling of Raw Materials for European Industries (ERA-MIN)“ dient der Abstimmung nationaler F&E-Aktivitäten zum Bergbau, zum Recycling und zur Substitution nichtenergetischer Rohstoffe (Bau mineralien, Industriemineralien, Metallroh-stoffe). Neben Deutschland und Frankreich sind bislang Finnland, Griechenland, die Niederlande, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Spanien und Ungarn im ERA-Net vertreten. Großbritannien, Italien und Moldawien beteiligen sich als assoziierte Partner, weitere Partnerländer sollen hinzu kommen.

Zu den geplanten Aktivitäten gehört die Erfassung der Institutionen, nationalen Strategien und Förder-programme der beteiligten Länder im Bereich der Rohstoffe sowie die Identifizierung internationaler Kooperationsmöglichkeiten. ERA-MIN entwickelt gemeinsam mit Stakeholdern eine Strategische Forschungs agenda für nichtenergetische Rohstoffe, die Grundlage für die gemeinsame Förderung von F&E-Projekten sein soll. ERA-MIN wird im 7. Forschungsrahmenprogramm der EU gefördert.

ETP-SMR (European Technology Platform on

Sustainable Mineral Resources):

Die Europäische Technologieplattform für nachhal-tige Gewinnung mineralischer Rohstoffe (ETP-SMR) ist eine industriegetragene Initiative zur Moderni-sierung der europäischen Mineralrohstoffindustrie durch Forschung und Innovation. Schwerpunkt-themen sind u. a. die Sicherung der Rohstoffverfüg-barkeit, die Unterstützung von Explorationsaktivi-täten in Europa und die Entwicklung nachhaltiger Produktionstechnologien. www.etpsmr.org

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48 ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS UND GLOSSAR

FONA (Forschung für Nachhaltige Entwick-

lungen):

Das Rahmenprogramm „Forschung für Nachhaltige Entwicklungen – FONA“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) integriert den gesamten Forschungsprozess von den Grundlagen bis zur Anwendung, um Entscheidungsgrundlagen für zukunftsorientiertes Handeln zu erarbeiten. Es stellt den konzeptionellen Rahmen für die nach-haltigkeitsbezogene Forschungsförderung des BMBF im Zeitraum 2010 bis 2015 dar, in dem mehr als zwei Mrd. EUR Fördermittel für die Entwicklung nach - haltiger Innovationen bereit gestellt werden sollen. Eines der zentralen Aktionsfelder von FONA ist „Nachhaltiges Wirtschaften und Ressourcen“, in das sich das vorliegende F&E-Programm einordnet und in dem bereits Förderschwerpunkte mit Bezug zu Rohstofftechnologien umgesetzt werden (z. B. r2, r3, CLIENT, KMU-innovativ, siehe dort). www.fona.de

GEOMAR:

Das GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanfor-schung Kiel ist eine der führenden Einrichtungen auf dem Gebiet der Meeresforschung in Europa. Aufgabe des Instituts ist die Untersuchung der chemischen, physikalischen, biologischen und geologischen Prozesse im Ozean und ihre Wechsel-wirkung mit dem Meeresboden und der Atmosphäre. Dazu gehört z. B. auch die Erzbildung am Boden der Ozeane. Das Institut beschäftigt etwa 750 Mitarbeiter-innen und Mitarbeiter. www.geomar.de

GFZ (Deutsches GeoForschungsZentrum):

Das GFZ Helmholtz-Zentrum Potsdam erforscht als nationales Forschungszentrum für Geowissenschaften weltweit das „System Erde“ mit den geologischen, physikalischen, chemischen und biologischen Prozessen, die im Erdinneren und an der Oberfläche ablaufen. Es erarbeitet damit Grundlagen zur Sicherung und umweltverträglichen Gewinnung natürlicher Ressourcen. Das GFZ beschäftigt über 1000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. www.gfz-potsdam.de

HIF (Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcen-

technologie):

Das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf und die TU Bergakademie Freiberg bündeln ihre Kompetenzen und Infrastrukturen im Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie (HIF). Ziel ist es, neue Technologien zur Erkundung, Gewinnung und Nutzung von Rohstoffen für die Wirtschaft bereitzustellen. Die Ausbildung von Fachkräften im Rohstoffsektor sowie die Förderung der Aus- und Weiterbildung ausländischer Fach- und Führungskräfte im Ressourcensektor sind weitere Schwerpunkte. Das HIF wurde 2011 mit Förderung des BMBF und des Landes Sachsen gegründet. www.hzdr.de/freiberg

Hochtechnologiemetalle:

Unter Hochtechnologiemetallen werden Metalle verstanden, die für die Produktion von Zukunfts-technologien wie Energie- und Umwelttechnolo-gien, Informationstechnik oder Elektromobilität besondere Bedeutung haben. Dazu gehören z. B. die Metalle der Seltenen Erden (s. u.) und andere Metalle, die zwar im Vergleich zu Massenmetallen wie Eisen, Aluminium oder Kupfer in geringen Mengen produziert werden, aber für Hochtechnolo-giebereiche unerlässlich sind. Durch den Ausbau einzelner Technologiebereiche wie der Stromerzeu-gung aus Windkraft kann der Bedarf für diese Metalle sprunghaft ansteigen, so dass das Versor-gungsrisiko zunimmt. In der Regel besteht eine hohe Importabhängigkeit bei diesen Metallen und sie sind von wirtschaftsstrategischer Bedeutung für den Standort Deutschland (s. u.).

HZDR (Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossen-

dorf):

Das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf betreibt Forschung zur Erhaltung und Verbesserung der Lebensgrundlagen in den Bereichen Gesundheit, Energie und Materie. Großgeräte wie z. B. das Hochfeld-Magnetlabor Dresden werden u. a. zur Entwicklung innovativer Materialien eingesetzt. Das HZDR beschäftigt rund 900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. www.hzdr.de

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49ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS UND GLOSSAR

KIC (Wissens- und Innovationsgemeinschaften):

KIC sind grenzübergreifende Innovationszentren in öffentlich-privaten Partnerschaften am European Institute of Technology (EIT, s. o.). Im neuen europä-ischen Rahmenprogramm Horizont 2020 soll ab 2014 ein KIC zur nachhaltigen Erkundung, Gewin-nung, Verarbeitung, Verwertung und Substitution von Rohstoffen etabliert werden.

Kritische Rohstoffe (Rohstoffkritikalität):

Als kritische Rohstoffe werden Rohstoffe bezeich-net, deren Versorgungslage für die Wirtschaft sich mittel- bis langfristig als kritisch erweisen könnte. Zur Kritikalität tragen insbesondere Versorgungs-risiken wie hohe Importabhängigkeit oder ein Rohstoffmonopol in wenigen Erzeugerländern sowie die rohstoffbezogene Vulnerabilität der Wirtschaft, d. h. die Anfälligkeit der Wirtschaft bei Störungen der Rohstoffversorgung aufgrund fehlender Substitutionsmöglichkeiten oder begrenzter Recyclingfähigkeit bei. In Studien der Europäischen Kommission und der KfW-Banken-gruppe wurden beispielsweise kritische Rohstoffe für die EU (EU-14) und für die deutsche Wirtschaft ermittelt (siehe auch Abbildung 3, Erdmann et al. 2011 und Europäische Kommission 2010).

KMU-innovativ:

Mit der 2007 gestarteten Förderinitiative KMU-innovativ verfolgt das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) das Ziel, das Innova-tionspotenzial kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) im Bereich Spitzenforschung zu stärken sowie die Forschungsförderung im Rahmen seiner Fachprogramme attraktiver zu gestalten. Eines der geförderten Technologiefelder im Rahmen von KMU-innovativ ist „Technologien für Ressourcen- und Energieeffizienz“. In halbjährlichen Einrei-chungsterminen werden innovative F&E-Projekte von KMU im Verbund mit anderen Unternehmen oder Forschungseinrichtungen gefördert, die zur Steigerung der Ressourcen- und Energieeffizienz beitragen. www.kmu-innovativ.de

MatRessource (BMBF-Förderschwerpunkt):

Zielsetzung des Förderschwerpunkts MatRessource – Materialien für eine ressourceneffiziente Industrie und Gesellschaft im Rahmenprogramm WING (s. u.) ist neben der effizienteren Nutzung von Rohstoffen eine Substitution von strategischen Metallen und eine Verlängerung der Lebensdauer von Bauteilen und Anlagen. Die Erhöhung der Ressourceneffizienz durch Materialinnovationen soll dazu beitragen, die Abhängigkeit von Rohstoffimporten dauerhaft zu verringern, die internationale Wettbewerbs-fähigkeit durch Senkung der Energie- und Material-kosten zu verbessern und die Umwelt zu entlasten.

Primärrohstoff:

Rohstoff, der nicht aus stofflichen Rückständen, sondern unmittelbar aus natürlichen Ressourcen (z. B. Erz) gewonnen wird (siehe auch Abbildung 1).

ProgRess(DeutschesRessourceneffizienz­

programm):

Das Deutsche Ressourceneffizienzprogramm (ProgRess) der Bundesregierung gibt einen Über-blick über vorhandene Aktivitäten, Handlungs-ansätze und Maßnahmen zur Steigerung der Ressourceneffizienz. Es konzentriert sich zunächst auf abiotische, nichtenergetische Rohstoffe sowie die stoffliche Nutzung biotischer Rohstoffe und entwickelt dafür 20 Handlungsansätze für die nachhaltige Nutzung dieser Rohstoffe. http://www.bmu.de/wirtschaft_und_umwelt/ressourceneffizienz/ressourceneffizienzprogramm/doc/47841.php

r² (BMBF-Förderschwerpunkt):

Der BMBF-Förderschwerpunkt „r2 – Innovative Technologien für Ressourceneffizienz – Rohstoff-intensive Produktionsprozesse“ im Rahmen von FONA (s. o.) fokussiert auf rohstoffnahe Industrien mit hohem Materialeinsatz, da hier eine große Hebelwirkung zur Erhöhung der Rohstoffprodukti-vität erreicht werden kann, z. B. in der Metall- und Stahlindustrie oder in der Chemie-, Keramik- und Baustoffindustrie. Insgesamt werden im Zeitraum von 2009 bis 2013 22 F&E-Verbundvorhaben von Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft

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50 ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS UND GLOSSAR

Abbildung 14: Alt-Halden aus der Kupfergewinnung als potenzielle

Rohstoffquelle (Quelle: Maike Hauschild, PtJ)

gemeinsam mit Forschungseinrichtungen mit einem Gesamtfördervolumen von ca. 38 Mio. EUR gefördert, weitere 18 Mio. EUR steuern die beteilig-ten Unternehmen bei. www.r-zwei-innovation.de

r3 (BMBF-Förderschwerpunkt):

Der BMBF-Förderschwerpunkt „r³ – Innovative Technologien für Ressourceneffizienz – Strategische Metalle und Mineralien“ im Rahmen von FONA (s. o.) fördert Verbundprojekte zwischen Industrie und Wissenschaft mit dem Ziel, Effizienzsprünge in der Ressourcennutzung zu erreichen. Der Fokus liegt auf der Steigerung der Rohstoffeffizienz sowie auf Recycling und Substitution knapper strategisch relevanter Rohstoffe. Ein weiterer Themenschwer-punkt ist „Urban Mining“ zur Rückgewinnung von strategischen Rohstoffen aus anthropogenen Lagerstätten, z. B. aus Altdeponien. Für die ab Mitte 2012 startenden Forschungsverbünde sind Förder-mittel in Höhe von insgesamt 30 Mio. EUR und erhebliche zusätzliche Beiträge der Unternehmen vorgesehen. www.fona.de/r3

Ressourceneffizienz:

Unter dem Oberbegriff Ressourceneffizienz werden Maßnahmen zur Schonung und zur effizienten Nutzung natürlicher Ressourcen (inkl. Rohstoffe) zusammengefasst. Dazu gehören vor allem die Effizienzsteigerung bei der Rohstoffgewinnung, die Verringerung des Materialeinsatzes in Verfahren und Produkten, die Verlängerung der Nutzungs-dauer von Produkten, die Kreislaufführung von Rohstoffen (Recycling) und die Substitution von knappen Ressourcen.

Rohstoffproduktivität:

Die Rohstoffproduktivität ist ein Indikator zur Bewertung des Rohstoffverbrauchs und der Roh-stoffeffizienz einer Volkswirtschaft. Er ergibt sich als Quotient aus dem gesamten Rohstoff- / Material-verbrauch und dem Bruttoinlandsprodukt, d. h. die Verringerung des Rohstoffeinsatzes bei gleicher Wertschöpfung oder die Steigerung der Wert-schöpfung aus den eingesetzten Rohstoffen tragen

zur Steigerung der Rohstoffproduktivität bei . Der Indikator wird u. a. in der Nationalen Nachhaltig-keitsstrategie „Perspektiven für Deutschland“ der Bundesregierung genutzt. Ziel ist es, die Rohstoff-produktivität bis 2020 (gegenüber 1994) zu verdoppeln.

Von Seiten der Wissenschaft wird an dem summa-rischen Indikator Rohstoffproduktivität auch Kritik geübt, da alle Rohstoffe gleich behandelt werden – ohne Berücksichtigung einer Rohstoffwerthierarchie. Durch Einsatz der wirtschaftsstrategischen Roh-stoffe (s. u.) lassen sich jedoch mit geringen Mengen große Hebelwirkungen erzeugen. Beispielsweise gelingt es, die Rohstoffeffizienz der Energierohstoffe durch moderne Mess- und Regelungstechnik – mit entsprechendem Bedarf an Technologierohstoffen – zu erhöhen. (Wagner und Wellmer 2009)

Darüber hinaus beruht die bisherige Ermittlungs-methode der Rohstoffproduktivität auf den Massen der inländischen Rohstoffentnahme und der impor - tierten Rohstoffe sowie Halb- und Fertigwaren. Der Ersatz inländischer Produktion oder die Einfuhr von Gütern auf höheren Verarbeitungsstufen führt zu einer rechnerischen Erhöhung der Rohstoffproduk-tivität, obwohl faktisch keine Ressourcen eingespart werden. Unter Einbeziehung dieses zusätzlichen Materialbedarfs in den Herkunftsländern in Form so genannter Rohstoffäquivalente („Rohstoffruck-säcke“) würde sich die bisherige positive Entwick-lung des Indikators weiter relativieren. (Buyny und Lauber 2009)

Sekundärrohstoff:

Rohstoff, der durch Aufbereitungsvorgänge aus stofflichen Rückständen von Produktion oder Konsum (z. B. Abfälle, Altprodukte) gewonnen wird, um wieder in den Wirtschaftskreislauf eingeführt zu werden (siehe auch Abbildung 1).

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51ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS UND GLOSSAR

Seltene Erden (Metalle der Seltenen Erden):

Zu den 17 Metallen der Seltenen Erden gehören die chemischen Elemente der 3. Gruppe des Perioden-systems (ohne Actinium) und die Lanthanoide. Sie kommen oft nur in geringen Mengen und in Bei - mischungen gemeinsam mit anderen Metallen in Erzen vor (s. o. Abbildung 3), sind aber als Hochtech-nologiemetalle (s. o.) von strategischer Bedeutung für die Wirtschaft.

WING(WerkstoffinnovationenfürIndustrie

und Gesellschaft):

Das BMBF fördert seit 2004 im Rahmen des Förder-programms WING die Entwicklung neuer Werk-stoffe, werkstoffbasierte Herstell- und Verarbei-tungstechnologien und das interdisziplinäre Forschungsfeld Nanotechnologie. Das Programm fokussiert dabei auf die drei Leitziele:

• Stärkung der Innovationskraft der Unternehmen

• Berücksichtigung des gesellschaftlichen Bedarfs

• Nutzung von Forschung und Technologie für nachhaltige Entwicklungen

Damit wird ein Grundstein für eine höhere Wett-bewerbsfähigkeit der Industrie, für ressourcen- und umweltschonende Technologien sowie für die Schaffung bzw. den Erhalt hochwertiger Arbeitsplätze in Deutschland gelegt.

Wirtschaftsstrategische Rohstoffe:

Unter wirtschaftsstrategischen Rohstoffen, die im Fokus dieses Programmes stehen, werden Metalle und Mineralien verstanden, deren Verfüg-barkeit für Zukunftstechnologien gesichert werden muss und die eine große Hebelwirkung für die Wirtschaft haben. Ein relativ geringer Mengenein-satz dieser Rohstoffe trägt zu einer hohen zusätz-lichen Wert schöpfung in Hochtechnologiebereichen bei. Eine Gruppe von Rohstoffen unter dem Aspekt der Technologieoffenheit als „wirtschaftsstrategisch“ zu bezeichnen, soll den Nachteil einer statischen Liste vermeiden. In der Regel werden „kritische Rohstoffe“ (s. o.) mit einer Matrix beurteilt, in die das Versorgungsrisiko (Konzentration der Anbieter, politisches Risiko u. a.) und die Empfindlichkeit der Volkswirtschaft im Hinblick auf Versorgungsausfäl-le (Substituierbarkeit, Recycling raten u. a.) einge-hen. Bedingt im Wesentlichen durch politische Veränderungen, den Aufbau neuer Primär- und Sekundärproduktionen oder durch schnellen technologischen Wandel und oft ausgelöst durch plötzliche Preisspitzen, die den Regelkreis der Rohstoffversorgung (siehe Abbildung 4) anstoßen, erfolgt alle drei Jahre eine kritische Überprüfung.

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52 LITERATUR

Literatur

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54 NOTIZEN

Notizen

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Impressum

HerausgeberBundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)Referat Ressourcen und Nachhaltigkeit53170 Bonn

Bestellungenschriftlich anPublikationsversand der BundesregierungPostfach 48 10 0918132 RostockE-Mail: [email protected]: http://www.bmbf.deoder perTel.: 01805 77 80 90Fax: 01805 77 80 94(14 Cent/Min. aus dem deutschen Festnetz,Mobilfunk max. 42 Cent/Min.)

StandSeptember 2012

DruckPrint Production, Aachen

GestaltungStefanie Jelic, Projektträger Jülich (PtJ)

TextReferat Ressourcen und Nachhaltigkeit, BMBFFachbereich Umwelttechnologien, PtJMitglieder des Programmbeirates Ressourcen - technologien des BMBF

BildnachweisFraunhofer UMSICHT-ATZ: S. 18istockphoto.com: S. 12, S. 35, S. 36, S. 39, S. 41, S. 47, S. 51 PtJ: S. 28, S. 38, S. 50RWTH Aachen, IME: S. 20TU Bergakademie Freiberg: Titel, S. 4, S. 17, S. 24, S. 35, S. 42 TU Clausthal: S. 25Presse- und Informationsamt der Bundesregierung, Steffen Kugler: Vorwort

Diese Druckschrift wird im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit vom Bundes ministerium für Bildung und Forschung unentgeltlich abgegeben. Sie ist nicht zum gewerblichen Vertrieb bestimmt. Sie darf weder von Parteien noch von Wahlwerberinnen / Wahlwerbern oder Wahlhelferinnen / Wahlhelfern während eines Wahlkampfes zum Zweck der Wahlwerbung verwendet werden. Dies gilt für Bundestags-, Landtags- und Kommunalwahlen sowie für Wahlen zum Europäischen Parlament.Missbräuchlich ist insbesondere die Verteilung auf Wahlveranstaltungen und an Informationsständen der Parteien sowie das Einlegen, Aufdrucken oder Aufkleben parteipolitischer Informationen oder Werbemittel. Unter-sagt ist gleichfalls die Weitergabe an Dritte zum Zwecke der Wahlwerbung. Unabhängig davon, wann, auf welchem Weg und in welcher Anzahl diese Schrift der Empfängerin / dem Empfänger zugegangen ist, darf sie auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehenden Wahl nicht in einer Weise verwendet werden, die als Parteinahme der Bundesregierung zugunsten einzelner politischer Gruppen verstanden werden könnte.

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