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Peter EisenhutFrank Bodmer
Wirtschaftsstudie «Ostschweiz 2007»Die Ostschweiz in Bewegung
UnterseeKreuzlingen
FrauenfeldWeinfelden
Oberthurgau
Wil TGWil SG St. Gallen
Rorschach
Hinterland
MittellandRheintal
Toggenburg
Linthgebiet
Werdenberg
Sarganserland
AppenzellInnerrhoden
Vorderland
Diessenhofen
Diese Studie wurde mit freundlicher Unterstützung
der Bankenvereinigung der Stadt St. Gallen realisiert.
�
Vorwort 2
Zusammenfassung 3
Kapitel � Einleitung 7
Kapitel 2 DerwirtschaftlicheAufschwung 10
Kapitel 3 DieOstschweizholtauf 14
Kapitel 4 LeichterRückstandbeiderAttraktivitätalsWohnort 19
Kapitel 5 DieOstschweizalsArbeitsort 25
Kapitel 6 Branchenstruktur:GrosseBedeutungvonIndustrieundGewerbe 31
Kapitel 7 AussenhandelalsErfolgsfaktor 42
Kapitel 8 Direktinvestitionen:Chancenüberwiegen 49
Kapitel 9 ModerateSteuerbelastung–mitAusnahmen 56
Kapitel �0 HerausforderungenausSichtderUnternehmer 63
Kapitel �� HerausforderungenausSichtderPolitik 69
Kapitel �2 PerspektivenderOstschweizerWirtschaftbis2012 76
Kapitel �3 FolgerungenausdenAnalysenundPerspektiven 84
Kapitel �4 Empfehlungen 89
Anhang:Wirtschaftsregionen 104
Inhaltsverzeichnis
i n h a lt
2 v o r w o r t
DieOstschweizdurchlebtgegenwärtigwirtschaftlichsehrerfolgreicheJahre.DerGrund
dafürliegtineinerKombinationverschiedenerFaktoren:globalerKonjunkturaufschwung,Re-
naissancederIndustrie,StrukturanpassungenindenUnternehmenundlastandleasterfolg-
reicheWirtschaftspolitik.
DessenungeachtetnehmenderinternationaleWettbewerbunddieKonkurrenzumStand-
ortezu.DieRahmenbedingungenwerden–teilsmitenormemMitteleinsatz–kontinuierlich
verbessert,sodassesanderSpitzeimmerengerwird.Mithaltenkannnur,wersichdiesem
WettbewerbstelltunddenReformbedarfauchinkonjunkturellenBoomzeitenaufzeigtund
anpackt.DieserAufgabefühltsichdieIHKverpflichtet:SiezähltnichtnurdieKonjunkturbe-
obachtung,sondernauchdieBerichterstattungzurStruktur-undWachstumsentwicklungzu
ihrenPflichtaufgaben.
DievorliegendeStudieunterscheidetsichvonanderendurchfolgendeBesonderheiten:Ers-
tenswirddenunternehmerischenHerausforderungenvielPlatzeingeräumt.ZuderenErfassung
wurden124InterviewsmitUnternehmensführerngeführtund1400Unternehmenwurdeein
Fragebogenzugestellt.ZweitenshabenwirsowohldiewirtschaftspolitischenMassnahmender
KantonealsauchdieForderungenderIHKaufihrenErfolghinüberprüft.Drittenshabenwir
–nachderAnalyseunddenPerspektiven–Schlussfolgerungengezogen,wirtschaftspolitische
ZielegesetztundEmpfehlungenerarbeitet.
DasZustandekommendieserStudiewurdedankvielseitigerUnterstützungermöglicht.
GrosserDankgebührtDr.FrankBodmer,selbständigerÖkonomundPDanderUniversitätBasel,
dernichtnurOrdnungindieUnmengevonDatengebrachthat,sondernalsMitautoreinen
wesentlichenBeitragleistete.FürdieDurchsichtundanregendenDiskussionendankendieAu-
torendemDirektorDr.KurtWeigelt,demPräsidentenDr.KonradHummler,derVizepräsidentin
FranziskaTschudi,demAusschussmitgliedProf.Dr.UrsFueglistallerunddemVorstandsmitglied
ChristophTobler.ZudemdankenwirdenStudierendendes6.SemestersanderHSG,welche
mitgrossemEngagement(imRahmendesIntegrationsseminars2007beiProf.Fueglistaller)124
UnternehmensführerausderOstschweizinterviewthaben.FürdieÜbernahmedesLektorates
dankenwirUrbanAuerundPriskaSchärvomSt.GallerTagblatt.RenéGüntensperger,Leiter
KommunikationderIHK,dankenwirfürseineintensiveMitarbeitinderEndphasederStudie.
OhnefinanzielleUnterstützungvondritterSeitewäredieserBerichtnichtzustandegekom-
men.DerBankenvereinigungderStadtSt.Gallengebührtfürihrengrosszügigenfinanziellen
BeitrageinbesondersherzlicherDank.
DervorliegendeBerichtwilldasVerständnisfürdiewirtschaftlicheEntwicklungderOst-
schweizinVergangenheitundZukunftfördernsowienotwendigewirtschaftspolitischeImpulse
setzen.Erwillinformieren,aufrütteln,loben,kritisieren,anregen,fordernundkritischeDiskus-
sionenauslösen.
Wirfreuenuns,liebeLeserinundlieberLeser,wennSiedieseZielenachderLektüreals
«erfüllt»beurteilen.DieswünschenwirIhnenunduns.
PeterEisenhut,Chefökonom St.Gallen,imOktober2007
Vorwort
3z u s a m m e n f a s s u n g
InderWirtschaftsstudie«Ostschweiz2007»wirdeineAnalysederwirtschaftlichenEntwick-
lungderOstschweiz,ihrerKantoneundRegionenvorgenommen.EinvertiefterBlickrichtet
sichdabeiaufdieAttraktivitätderOstschweizalsWohn-undArbeitsortundaufdieBranchen-
struktur.AufgrundderBranchenzusammensetzungverdienendieExporte,dieDirektinvestiti-
onenunddasOffshoringderOstschweizerWirtschaftineinemeigenenKapiteleinspezielles
Augenmerk.
EineBesonderheitdesvorliegendenBerichtessinddiebreitangelegteBefragungvonUn-
ternehmensowiediezahlreichenInterviewsmitGeschäftsleitern.DamitwurdendieHeraus-
forderungen,dieChancenundGefahrensowiedieAnsprüchederUnternehmenandieWirt-
schaftspolitikinErfahrunggebracht.
IneinemweiterenAnalysekapitelwirdüberprüft,obdenKantonenundderIHKSt.Gallen-
AppenzellsowiederIHKThurgaumitderUmsetzungihrerwirtschaftspolitischenMassnahmen
bzw.mitihrenEmpfehlungenErfolgbeschiedenwar.
DieUnternehmensbefragungdientealszentraleBasiszurDarstellungdervoraussichtlichen
wirtschaftlichenEntwicklungbis2012–bezogenaufBranchen,KantoneundRegionen.Die
ErgebnissederAnalyseundderPerspektivenwarendieGrundlagefürdieabschliessendauf-
gestelltenwirtschaftspolitischenEmpfehlungen.
DiewichtigstenErkenntnissederStudielassensichin10Punktenzusammenfassen:
�. Die Ostschweiz in «Champagnerlaune»:DieWirtschaftsetzte2004zueinemAuf-
schwungan,derbisheuteanhältundsichstarkaufdieIndustriestützt.DieOstschweiz
blicktaufeinebesonderserfolgreichewirtschaftlicheEntwicklungzurück,welchesich
durchfolgendeMerkmaleauszeichnet:markanterAnstiegderIndustrieproduktion,ra-
santesExportwachstum,Bauboom,steigendeErträgeindenDienstleistungsbranchen,
guteKonsumentenstimmung,sinkendeSteuernbeisteigendenSteuereinnahmenund
sinkendeArbeitslosigkeit.DieWachstumsratenderHaushaltseinkommenbelegen,dass
dieOstschweizzwarnachwievorunterdemLandesmittelliegt,aberamAufholenist.
Trotzdemaufgepasst:Eine«Champagnerlaune»istgefährlich.Allzuoftfolgtdaraufeine
Katerstimmung.
2. Branchenstruktur:ChanceoderGefahr?LangeZeitwurdedemIndustriesektorinhoch
entwickeltenLänderneinlangsamesSterbenvorausgesagt.IndenvergangenenJahren
konntesichdieIndustrieabernichtnurguthalten,sondernsiewardereigentlicheMotor
desAufschwungs.ZuRechtkannmanvoneinereigentlichenRenaissancederIndustrie
sprechen,diederOstschweizmitihremüberdurchschnittlichenIndustrieanteilzugute
kommt.ImVergleichzumschweizerischenDurchschnittsindvorallemdieMaschinen-,
Elektro-undMetallindustrie(MEM),dieBau-,Nahrungs-,Textil-,Kunststoff-undHolzin-
dustriegutvertreten.DieUnternehmenderMEM-BranchenbildeninderEuregioBoden-
seeeinenbedeutendenCluster,derinsbesonderefürTechnikereinem«Arbeits-Eldorado»
gleichkommensollte.
DieBranchenstrukturstellteinewichtigeDeterminantederwirtschaftlichenEntwick-
lungeinerRegiondar.SokanneinhoherIndustrieanteilineinembestimmtenZeitraum
Gefahr,ineinemanderen–wieindenletztenJahren–vorallemChancesein.Eswirdsich
erweisen,obdieIndustrierenaissanceAusdruckeinerdauerhaftenweltweitenNachfrage-
belebungundeinernachhaltigenSteigerungderWettbewerbsfähigkeitderOstschweizer
Industrieist.EinigeIndikatorenbietenAnlasszuOptimismus.
Zusammenfassung
4
3. Erfolgsfaktor Aussenwirtschaft:EsistansichnichtsNeues,dassdieOstschweizer
KonjunkturvomAuslandwachgeküsstwird.AberdieperiodischenMeldungenvonneu-
enRekordergebnissenimExportsindselbstfürgrosseOptimistenüberraschend.Dabei
stechendieAusfuhrenderMEM-IndustriemitmehralsderHälfteamTotalderAusfuhren
besondershervor.DeutschlandnimmtimHandelmitderOstschweizeineherausragende
Stellungein.MitrundeinemDrittelallerWarenverkäufeundbeinahederHälftealler
WareneinkäufeistunsernördlichesNachbarlandzugleichwichtigsterKundeunddomi-
nierenderLieferant.
DasklassischeInstrumentzumVordringenaufausländischeMärktedurchWarenliefe-
rungenausdemheimischenProduktionsbetrieberfreutsichimOstenderSchweiznachwie
voreinerhohenBeliebtheit.EherüberraschendistaufdenerstenBlick,dassdieStrategie
derDirektinvestitioneninderOstschweizerWirtschaftnurunterdurchschnittlichverbreitet
ist.DieDirektinvestitionenimAuslanddienendenOstschweizerUnternehmenzudem
wenigerdemVerlagernvonArbeitsplätzenalsvielmehrderEroberungneuerMärkte.
4. Freud und Leid in der Beschäftigungsentwicklung:Von2001bis2005stiegdieBe-
schäftigunginderOstschweiznurleichtan,gemesseninvollzeitäquivalentenArbeits-
plätzenresultiertegareinkleinerVerlust.Erst2006und2007entstandenimgrösseren
AusmassneueStellen.ImVergleichzumschweizerischenMittelschnittbeiunsderDienst-
leistungssektorschlechterundderIndustriesektorbesserab.
InderkantonalenBetrachtungzeigensichenormeUnterschiede.Sehrerfreulichent-
wickeltensichdieArbeitsplätzeindenKantonenAIundTG.TGistaufdembestenWeg
zurDienstleistungsgesellschaft.GanzandersderKantonSG,woderDienstleistungssektor
ab-unddieIndustrieaufbaute.DerKantonARhatimselbenZeitraumammeistenAr-
beitsplätzeallerKantonederSchweizverloren,vorwiegendindenBranchenElektronik,
Bau-undLandwirtschaft.
5. Attraktivität als Wohnort in Frage gestellt:EinMassfürdieAttraktivitäteinerRegion
istauchdieBevölkerungsentwicklung.RegionenmitgrosserDynamikundhoherLebens-
qualitätzieheninderRegelneueEinwohneran.DieBevölkerungszunahmeinderOst-
schweizliegtleichtunterdemLandesdurchschnitt.AllerdingswächstdieBevölkerungin
unsererRegionvorallemaufgrunddesZuzugsvomAusland.DiebereitsinderOstschweiz
AnsässigenziehtesdagegeneherinandereKantonederSchweiz.DernegativeSaldo
derBinnenwanderungistaufSGundARzurückzuführen.ARhatseitvielenJahrenden
grösstenBevölkerungsrückgangallerKantonezubeklagen.AuchdasToggenburgleidet
untereinerAbwanderung.ZügelnnachKreuzlingen,Wil,Diessenhofen,See-Gasterund
WerdenbergwarindenletztenJahrenhingegenbesonders«envogue».
AngesichtsdervielenStärkenvonSGundARalsWohnregionmussmansichdieFrage
stellen,worindieGründefürdienegativeBinnenwanderungliegen.Antwortensind:SG
kannimBereichderSteuerbelastung,insbesonderebeimittlerenundhöherenSteuern,
nichtmithalten.BeiderVerfügbarkeitvonschönenundguterschlossenemBaulandsowie
attraktivemWohnraumbestehtvorwiegendinARHandlungsbedarf.BeiderVerkehrsin-
frastruktur,derBildungsqualitätundinderöffentlichenSicherheitzeigensich–inallen
OstschweizerKantonen–LückenzwischenAnspruchundWirklichkeit.
6. Von Top bis Flop:DerTGzähltzweifelloszudenGewinnernderletztenJahre.Bevölke-
rungundBeschäftigungsteigenan.DieNähezuZürichundzumBodenseewirdgeschickt
alsStärkeausgespielt,unddieWirtschaftspolitikhatmitetlichenMassnahmendenBoom
tatkräftigunterstützt.
AuchAIgehörtzudenGewinnern.EindrücklicheErfolgeinderIndustrieundbeiden
DienstleistungenkonntendenhohenBeschäftigungsrückganginderLandwirtschaftaus-
z u s a m m e n f a s s u n g
5
gleichen.AIsetztmitseinerStrategieerfolgreichaufeineintakteLandschaft,aufreichlich
vorhandenesundschönesBauland,aufdieNähezurStadtSGundaufeinattraktives
Steuerniveau.
DerKantonSGentwickeltsichwenigerdynamischalsderTGundAI.DieFortschritte
falleneherzögerlichaus,wasteilweiseaufnichtallzumutigeMassnahmen–wiez.B.die
letzteSteuerrevision–zurückgeführtwerdenmuss.ImÜbrigenistSGmitseinendiversen
Regionensoheterogenzusammengesetzt,dassgenerelleAussagenzurEntwicklungdes
Kantonskaumgemachtwerdenkönnen.SchlechtentwickelthabensichinderVergangen-
heitdieRegionRorschach(Beschäftigungsrückgang)unddasToggenburg(Bevölkerungs-
rückgang).DieRegionenWil,See-Gaster,dasWerdenbergunddasRheintalhabenihre
StärkenzumTragenbringenkönnen.
ARgehörtseitderJahrtausendwendezudenwenigenKantonenmitwirklichsorgen-
vollerEntwicklung.DieKombinationvonBeschäftigungs-undBevölkerungsrückgangist
äusserstunangenehm.WeilsichausKrisenauchimmerChancenergeben,istzuhoffen,
dassmitderWirtschaftsstrategie(undinderenZentrumdieSteuerreform)dieEntwicklung
umgedrehtwerdenkann.DamitdernuneingeschlageneWegaberzumZielführt,müssen
diebestehendenKonzepteangepasstundergänztwerden.
7. Wirtschaftspolitik in Bewegung:MangelndeAktivitätkanndenOstschweizerRegie-
rungenindenletztenJahrennichtvorgeworfenwerden–schoneherdasGegenteil.In
ARsolltedasersteRegierungsprogramm2003bis2007dieWendebringen.Folgende
Projektewurdenbeispielsweiseinitialisiert:günstigesSteuerklima,attraktiverWohnraum,
Verkehrserschliessung,StandortfürFreizeit/Erholung/Tourismus,VermarktungalsWohn-
/Lebens-undArbeitsort.DerErfolglässtnochaufsichwarten,sollaberdurchdasneue
RegierungsprogrammunddasEroberndeserstenPlatzesbeiderBesteuerungvonUnter-
nehmenerreichtwerden.
AIsetztmitseinerPolitikerfolgreichaufdasBesondereunddasLokale.Herausfor-
derungensinddasknapperwerdendeBaulandundentsprechendsteigendePreise,das
SpitalwesenunddieStrukturbereinigunginderLandwirtschaft.
SGhatmitdemWirtschaftsleitbildundderStandortoffensivevierSchwerpunktege-
setzt:TechnologieundBildung,AttraktivitätfürFamilien,StandortattraktivitätfürUnter-
nehmenundVerkehrsinfrastruktur.MitumfangreichenMassnahmenpaketenwurdenei-
nigeZieleerreicht,beidenmeistenistmannochunterwegs.
Mit«ChanceThurgau»und«ChanceThurgauPlus»habendieWirtschaftsverbändeim
TGderRegierung69konkreteEinzelmassnahmenpräsentiert.Unterdessenistdiegrosse
MehrheitderVorschlägeerfolgreichumgesetztworden.NureinZiel–wohlaberdas
wesentlichste–wurdeverfehlt:«EineüberdemschweizerischenDurchschnittliegende
ZunahmedesVolkseinkommens.»
8. Was Top-Unternehmen anders machen:IndenInterviewswurdendieUnternehmer
unteranderemauchnachdenErfolgsfaktorenunternehmerischenHandelnsgefragt.Da-
beizeigtesich,dassTop-UnternehmenvorallemdieKompetenzderMitarbeitenden,die
DienstleistungskompetenzunddieKundenorientierungdeutlichhäufigeralsErfolgsfaktor
nennenalsderDurchschnittsämtlicherUnternehmen.
9. Perspektiven intakt:GemässdenPerspektivenderBevölkerungsentwicklungwirddie
AlterungderGesellschaftzueinerzentralenHerausforderung.ImZentrumstehendabeidie
FinanzierungderAltersvorsorgeundeinsinkendesArbeitsangebot.BeidenKantonenwird
vorallemdieFinanzierungderPflegeimMittelpunktstehen.NachdenPrognosendesBfS
mussARimJahre2030miteinemAnteilvonÜber-65-Jährigenvonfast30%rechnen.
z u s a m m e n f a s s u n g
6
BezüglichBranchenentwicklungbis2012sinddieUnternehmenderMEM-Branchen,
dieBankenundderGrosshandelzuversichtlich.DieInformatikbranchestrotztgeradezu
vorOptimismus.EineleichtunterdurchschnittlicheEntwicklungdesUmsatzeserwartendie
FirmenderBranche«DienstleistungenfürUnternehmen».Nurmiteinembescheidenen
WachstumrechnendieTextilindustrie,dasBaugewerbeundderDetailhandel.
KantonalbetrachtetsehendieInnerrhoderUnternehmeneineerfreulicheEntwicklung
aufsichzukommen.DieAusserrhoderglaubendaran,dasssiedieLückezumOstschweizer
Durchschnittwettmachenkönnen.DieUnternehmendesKantonsSGprägendenDurch-
schnitt.AuffallendvorsichtigprognostiziertdieThurgauerWirtschaft.
Rorschach,Wil,AIundWerdenbergsinddieRegionen,welchegemässdengewählten
IndikatorenfürdiePeriode2008bis2012zudenbesonderserfolgreichengehörenwerden.
NacheigenerEinschätzungdürftedasToggenburgdieroteLaternebehaltenbzw.vonAR
übernehmen.
�0. Empfehlungen an die Wirtschaftspolitik:AusschlaggebendfürdenWohlstandsind
effizienteUnternehmen,diemarktfähigeProdukteundDienstleistungenherstellenundzu
Preisenverkaufenkönnen,welcheGewinneermöglichen.AmmeistenNutzenbringtdie
Wirtschaftspolitik,wennsiedieBedingungenschafft,welchedasfreieSpielvonAngebot
undNachfragegewährleistenunddenunternehmerischenEntscheidungsspielraumsowe-
nigwiemöglicheinschränken.
DasPotenzialderOstschweizalsUnternehmens-undWohnstandortistnochnicht
ausgeschöpft.ZudessenAusschöpfungundAusbauhatdieWirtschaftspolitikallesdaran
zusetzen,dieAttraktivitätnichtnurfürUnternehmen,sondernauchalsWohnortfürgut
ausgebildetePersonenmitihrenFamilienzuerhöhen.UnterdemVorzeichendesdemo-
grafischenWandels,desMangelsanFachkräftenunddernegativenBinnenwanderungin
derOstschweizgewinntdieBedeutungderWohnortattraktivitätanBedeutung.
EineErfolgversprechendeStandortförderungkannsichdeshalbnichtaufdieWirt-
schaftspolitikimengenSinnebeschränken.EinigekonkreteEmpfehlungen,welche(hof-
fentlich)Diskussionenauslösenwerden,lauten:
•DieOstschweizerKantonearbeiteneinenVorschlagzurRealisierungderfreienSchul-
wahlaus.DieStudiengebührenandenHochschulenderOstschweizsindmassgeblich
zuerhöhen.AnderFHOisteineFührungsstrukturmiteinereinheitlichenpolitischen
Trägerschaft,einerzentralenFührungmiteinemRektorundeinemeinzigenHoch-
schulrateinzurichten.
•EswirdeinOstschweizerPendlerzugindenFahrplaneingefügt,welchermorgens
undabendsein-biszweimalnachZürichbzw.indieGegenrichtungfährtundnur
inGossauundWilanhält.
•30ProzentderKultursubventionenwerdenneuinFormvonGutscheinenandie
interessierteBevölkerungabgegeben.
•DieVorschriftenzudenLadenöffnungszeitenwerdeninallenOstschweizerKantonen
abgeschafft.ZudemführensiedieliberalstenBaugesetzeein.
•DieOstschweizerKantoneübernehmendienationaleSpitzebeiderBesteuerung
vonUnternehmen.ARsteigertseinesteuerlicheAttraktivitätfürPersonenbeiden
mittleren,SGundderTGbeidenmittlerenundhohenEinkommen.
z u s a m m e n f a s s u n g
7
Kapitel 1Einleitung
8 k a p i t e l 1
AlsimJahre2003dieletzteStudiederIHKzurwirtschaftlichenLagederOstschweizer-
schien,befandsichdieOstschweizineinerschwierigenSituation1.DieWirtschaftliefschlep-
pend,dieZahlderArbeitslosenwarhoch.DieRezessionerhöhtedenPessimismusbezüglich
derzukünftigenwirtschaftlichenEntwicklung.DazukamenUnkenrufeaufdieOstschweizals
Randregion,welcheabseitsvondenZentrenderSchweizkeineklareZukunftsperspektivemehr
habe2.DieErwartungeinerweiterenDesindustrialisierungundderVerlagerungderProdukti-
onsprozesseinderMaschinen-,Elektronik-undMetallindustrie(MEM)nachLändernwieChina
undIndienbelastetedienegativeStimmungzusätzlich,dadieseBrancheninderOstschweizvon
speziellgrosserBedeutungsind.NachderKrisedesTextilsektorsmüssenunmitdemNiedergang
einerweiterenSchlüsselbranchegerechnetwerden.
Erfreulicherweisekamesanders.DieWirtschaftsetzte2004zueinemAufschwungan,der
bisheuteanhält.BesondersdieIndustriehateineeindrücklicheRenaissanceerlebtundstellt
einezentraleStützedesaktuellenAufschwungsdar.DieschweizerischenExporteboomen,und
dieGlobalisierunghatinersterLiniezueinemAnstiegderNachfragenachschweizerischen
ProduktengeführtundnichtzumbefürchtetenAbbauvonArbeitsplätzen.Vondiesemglobalen
NachfragesogkonntedieOstschweizinspeziellemMassprofitieren.
DieSchweizerWirtschaftistzurzeitineinausserordentlichgünstigesweltwirtschaftliches
Klimaeingebettet.DiesgiltimSpeziellenfürdieOstschweiz.DiestarkindustrielastigeBran-
chenstrukturprofitiertvoneinemBoominderWeltkonjunktur,wieerinseinerBreite,Stärke
undLängewohlnochniestattgefundenhat.DazukommtderimVergleichzumEurosehr
schwacheSchweizerFranken,welcherdieKonkurrenzfähigkeitderschweizerischenExporte
indenEuro-Raumdeutlicherhöht.DochsoerfreulichdieaktuelleEntwicklungauchist,soun-
sicherbleibt,obdieguteKonjunktureinVorbotefürmittelfristighöhereWachstumsratenist.
Esgiltdeshalb,einenBlickhinterdieFassadedergutenWirtschaftszahlenzuwerfenunddie
StrukturderOstschweizerWirtschaftzuuntersuchen.WoliegendieStärken,wodieSchwä-
chen?WelchenBeitragkanndieWirtschaftspolitikleisten,umdiePositionderOstschweizer
WirtschaftimnationalenundiminternationalenWettbewerbzustärken?
Welchen Spielraum hat die regionale Wirtschaftspolitik?
FürdieeinzelnenRegionenundKantonebleibendienationalenundinternationalenTrends
vongrosserBedeutung.DieKonjunktureinesKantonswirdinderRegelderjenigenderSchweiz
folgen,welchewiederumentscheidendvondenweltwirtschaftlichenTrendsbeeinflusstwird.
TrotzdergrossenBedeutungvonnationalenundinternationalenTrendsbleibteinbedeutender
SpielraumfürdieregionaleWirtschaftspolitik.WährenddiePolitikdenStrukturwandelnicht
bekämpfensollunddazuauchnichtinderLageist,könnenMassnahmenimBereichRegu-
lierung,Steuern,Bildung,InfrastrukturoderbeiderErhältlichkeitvonbebaubaremBodendie
wirtschaftlicheEntwicklungsehrwohlbeeinflussen.Dafürsorgtnichtzuletztderschweizerische
Föderalismus,welcherdenKantonenundGemeindeneinengrossenHandlungsspielraumlässt
undeinestarkeKonkurrenzzwischenihnenschafft.
Wohn- oder Arbeitsort?
StarkvereinfachtstehenKantonenundGemeindenzweiStrategienoffen,umWachstumzu
generieren.EinerseitskönnensiesichalsattraktiverWohnortpositionieren,wasameinfachsten
übertiefeSteuernundreichlicherhältlichesBaulanderreichtwerdenkann.ZielistdasAnziehen
vongutverdienendenHaushalten,welchedasöffentlicheBudgetnichtzusätzlichbelasten,re-
spektiveeinenNettobeitragandieöffentlichenAufgabenleisten.AufBasisdieserzusätzlichen
1 PeterEisenhutundUrsSchönholzer,EntwicklungundPerspektivenderOstschweizerVolkswirtschaft,IHKSt.Gallen-Appenzell,2003.2 z.B.HansjörgBlöchliger,BaustelleFöderalismus,VerlagNeueZürcherZeitungfürAvenirSuisse,2005.
9e i n l e i t u n g
SteuereinnahmenkönnendieSteuernweitergesenktwerden,womitimbestenFalleinesich
selbstverstärkendeEntwicklunginGangkommt.
AlsAlternativebestehtdieMöglichkeit,sichvorallemalsSitzvonUnternehmenunddamit
alsArbeitsortzupositionieren.AuchbeidieserStrategiekönnentiefeSteuernunddieErhält-
lichkeitvonguterschlossenemBaulandeinewichtigeRollespielen.Allerdingsmussdabeiauch
dasweitereUmfeldstimmen.SomüsseninderweiterenUmgebungentsprechendqualifizierte
Arbeitskräftevorhandensein.ObdiesderFallist,wirdvielfachdamitzusammenhängen,ob
inderRegionbereitsentsprechendeUnternehmenansässigsind.Fallsessoist,ergibtsich
gewissermasseneinPoolvonArbeitskräften,ausdemalleUnternehmenziehenkönnen.Bei
IndustrieunternehmenmusszudemeineguteVerbindungansnationaleAutobahnnetzge-
währleistetsein,umeineneinfachenTransportvonVorleistungenundgefertigtenGüternzu
ermöglichen.
Kein Einheitsrezept
BeiderzuwählendenStrategieistderbestehendenWirtschaftsstruktur,dergeografischen
LageunddenübrigenBesonderheitenRechnungzutragen.Füreinenochstarklandwirtschaft-
lichgeprägteRegioninperiphererLageisteineandereStrategieangebrachtalsfüreineRegion
inderNäheeinesstädtischenZentrumsoderfürdiesesstädtischeZentrumselbst.Angesichts
derVielfaltderRegionenstelltdiesfürdieOstschweizeinespezielleHerausforderungdar,er-
öffnetaberauchChancen.GeradedieVielfaltisteinwichtigerStandortvorteilderOstschweiz,
existiertdocheinNebeneinandervonunterschiedlichenWeltenaufkleinstemRaum.Derurbane
RauminderStadtSt.GallenistnureinehalbeStundevomalpinenRaumrundumdenAlpstein,
vomBodenseeodervomstarkindustrialisiertenRheintalentfernt.Zudemistdasgrosseurbane
ZentrumderSchweiz–Zürich–samtFlughafeninGriffnähe.
FürdieeinzelnenRegionenmussdasheissen,dasssieihreVorteileweiterverstärken.Stark
industrialisierteZonenmüssenversuchen,weiterhinalsStandortfürIndustriebetriebeattraktiv
zubleiben.DieVerfügbarkeitvonqualifiziertenArbeitskräftenausdemtechnischenBereich,
dieErhältlichkeitvonBauland,dieVerkehrsanbindungsowiedieSteuerbelastungsindzentrale
FaktorenfürdenErfolgeinersolchenStrategie.AndereRegionenkönnenaufihrelandschaft-
lichenReizesetzen.FallssieinderNäheeinesstädtischenZentrumsliegen,könnensiesich
alsWohnortfürdenMittelstandpositionieren.BeiperipherenRegionenbietetderTourismus
diebestenPerspektiven.DiestädtischenZentrensolltenwiedervermehrtfürHaushaltemit
mittlerenoderhohenEinkommenattraktivwerden.NebeneinerVerbesserungderstädtischen
InfrastrukturbedingtdiesdieErhältlichkeitvonentsprechendemWohnraumsowieeinrelativ
attraktivesSteuerniveau.
Kantone und Regionen im Fokus
AlsBetrachtungseinheitenfürdieStudiehabenwirKantoneundWirtschaftsregionen
gewählt.KantonesindaufgrundihrergrossenAutonomieundderdarausfolgendenEnt-
scheidungsmöglichkeiteneinerelevanteEinheit.BeiWirtschaftsregionensindsolcheEntschei-
dungsmöglichkeitennichtvorhanden.LediglichdietiefereEbenederGemeindenverfügtüber
Kompetenzen.WirbenutzentrotzdemdiehöhereEinheitderWirtschaftsregionfürdieAnalyse,
dadieRegionenübereinespezifischeWirtschaftsstrukturverfügenunddiewirtschaftliche
VerflechtunginnerhalbderRegionensehrgrossist.
DasAngebotanrelevantenDatenfüreineregionalwirtschaftlicheStudieistinderSchweiz
begrenzt.EinzelneKennzahlen,wiedaskantonaleBruttoinlandprodukt,werdenvomBun-
desamtfürStatistik(BfS)überhauptnicht,anderenurmiterheblicherVerspätungoderalle
paarJahrepubliziert.DiesistfürdieaktuelleSituationinsofernproblematisch,alssichdie
wirtschaftlicheLageindenletztenbeidenJahrenstarkverbesserthat.UmeinbesseresBild
vonderaktuellenLagezuerhalten,habenwirdieoffiziellenZahlenwomöglichmiteigenen
Schätzungenergänzt.
�0
Kapitel 2Der wirtschaftliche Aufschwung
��
DieschweizerischeWirtschaftbefindetsichineinemkonjunkturellenHoch.Nacheiner
langenStagnationsphaseinden90erJahrenundeinerRezessionindenJahren2001bis2003
brachtedasJahr2004dieerfreulicheWende.DieZinsenwarenindenletztenJahrensehrtief,
waseinenBoombeimBauauslöste,wieihndieSchweizschonlangenichtmehrerlebthatte.
MitderboomendenWeltkonjunkturundzuletztauchdemAufschwungindengrossenLän-
dernEuropas(speziellDeutschlands)zogendieExportean,womitdieJahre2006und2007
insbesonderefürdieIndustriesehrpositivwaren.UnterstütztwurdedieseEntwicklungdurch
denWertverlustdesSchweizerFrankensgegenüberdemEuro,demallerdingsderWertgewinn
gegenüberdemDollargegenübersteht.Seit2006istauchbeimPrivatkonsumundbeider
BinnenwirtschafteinAufschwungfestzustellen.ImMomentzeigtsichdieSchweizerWirtschaft
deshalbaufbreiterFrontineinerausgezeichnetenVerfassung.
Aufschwung bei Wertschöpfung und bei Kapitaleinkommen aus dem Ausland
DasgebräuchlichsteMassfürdiewirtschaftlicheEntwicklungistdasBruttoinlandprodukt
(BIP).InAbbildung2.1sinddieStagnationwährenddererstenHälfteder90erJahreunddie
beidenAufschwungphasenEndeder90erJahreundseit2004guterkennbar.Allerdingsbleibt
dasmittelfristigeWachstumauchseit1996mitjährlichenRatenvon1,8%iminternationalen
Vergleichbescheiden.EinalternativesMassistdasBruttonationaleinkommen(BNE),beidemdie
KapitaleinkommenausdemundandasAuslandsowiedieEinkommenderGrenzgängerund
dieÜberweisungenderGastarbeiterzusätzlichberücksichtigtwerden.Dieseshatsichaufgrund
hoherGewinnederinderSchweizdomiziliertenmultinationalenGesellschaftendeutlichbesser
alsdasBIPentwickelt.VorallemimJahre2000undseit2003kamesbeidenKapitaleinkommen
ausdemAuslandzueinemeigentlichenHöhenflug.
EindrittesMassistdasVolkseinkommen,beiwelchemdieAbschreibungenvomBNEab-
gezogenwerdenunddassichdementsprechendähnlichwiedasBNEentwickelthat.Das
VolkseinkommensetztsichimWesentlichenausdenEinkommenderHaushalteunddenEin-
kommenderUnternehmungenzusammen.LetztereswirdvorallemvondenunverteiltenUn-
ternehmensgewinnenalimentiert,wasfürdenAnstiegdesVolkseinkommensderletztenJahre
hauptsächlichverantwortlichwar.DasVolkseinkommenderHaushalteistdagegendeutlich
550‘000
500‘000
450‘000
400‘000
350‘000
300‘000
250‘000
1990
1991
1992
1993
1994
1995
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1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
Quelle: Eigene Berechnungen IHK auf Basis von Daten des Bundesamtes für Statistik (BfS), der OECD und der Schweizerischen Nationalbank (SNB).
Abbildung 2.1: Wachstum Schweiz
––– Bruttonationaleinkommen ––– Bruttoinlandprodukt ––– Volkseinkommen insgesamt ––– Volkseinkommen Haushalte
d e r w i r t s c h a f t l i c h e a u f s c h w u n g
�2
langsamergewachsen,aufgrundeinestiefenWachstumsbeidenArbeitnehmereinkommen
(Abbildung2.1).DieserUnterschiedspieltbeiderAnalysederkantonalenwirtschaftlichen
EntwicklungeinewichtigeRolle.
Die Industrie als Stütze des Aufschwungs
DeraktuelleAufschwungstütztsichstarkaufdieIndustrieunddasverarbeitendeGewerbe
ab(Abbildung2.2)–imUnterschiedzumAufschwungvon1997.BeideSektorenerzielten
indenletztenJahrenbeachtlicheWachstumsraten.DerBausektorprofitiertevondentiefen
Zinsen.DieverarbeitendeIndustriewiederumkonntevomAufschwungderExporteaufgrund
dergutenWeltkonjunkturundderSchwächedesSchweizerFrankensgegenüberdemEuro
profitieren.
DerAufschwungderIndustrieistbreitabgestützt.DaaktuelleWertschöpfungszahlenfür
dieeinzelnenIndustriebranchenfehlen,mussaufBeschäftigungszahlenabgestelltwerden.Di-
114
112
110
108
106
104
102
100
98
96
94
Jahr
1
Jahr
2
Jahr
3
Jahr
4
Jahr
5
Quelle: Eigene Berechnungen IHK auf Basis von Daten des BfS und des Staatsekretariates für Wirtschaft (Seco).
Quelle: Eigene Berechnungen IHK auf Basis von Daten des BfS und des Seco.
114
112
110
108
106
104
102
100
98
96
94
Jahr
1
Jahr
2
Jahr
3
Jahr
4
Jahr
5
Abbildung 2.2: Die Industrie und das
verarbeitende Gewerbe im Aufschwung
Beginn: Januar 1997 ––– Beginn: Januar 2004 –––
Abbildung 2.3: Die Dienstleistungen im
Aufschwung
Beginn: Januar 1997 ––– Beginn: Januar 2004 –––
k a p i t e l 2
�3d e r w i r t s c h a f t l i c h e a u f s c h w u n g
esezeigen,dasssichdiemeistenIndustriebranchenrechterfreulichentwickelthaben.Führend
sinddieSektorenChemieundPharmasowieMedizinaltechnik,OptikundUhren.Guthaben
sichzudemdieMEM-Branchenentwickelt.SogardieTextilindustriekonntesichvergleichsweise
guthaltenunddenSchrumpfungsprozesszumindestverlangsamen.
EsbestehenAnzeichen,dassdieIndustrieeinenumfassendenStrukturwandelvollzogen
hatundsichheutewesentlichwettbewerbsfähigerpräsentiertalsnochinden90erJahren.Die
nächstenJahrewerdenzeigen,obdieseEinschätzungkorrektist.Deutlichwenigererfreulichist
dieEntwicklungbeidenDienstleistungen(Abbildung2.3).HierkonntendieWertedesletzten
Aufschwungsnichtganzerreichtwerden.DaderDienstleistungssektoretwazweiDrittelzur
schweizerischenWertschöpfungbeiträgt,stelltdieschleppendeEntwicklungindiesemBereich
einegewichtigeWachstumsbremsedar.EsistdieseinklaresIndizfürdieDualitätderschweize-
rischenWirtschaft,miteinemdynamischenaussenorientiertenSektorundeinemlethargischen
Binnensektor1.
Der Aufschwung in der Ostschweiz
DerKonjunkturaufschwungvon2004hat–mitgewisserVerspätung–auchdieOstschweiz
erfasst.SorichtigdurchgestartetistdieKonjunkturnämlicherstimFrühling2006,dafürumso
kräftiger.MasszahlenzurWertschöpfungderOstschweizerWirtschaftliegenzwarnichtvor.
DieKonjunkturindikatorenaufBasisderBefragungenderKonjunkturforschungsstelleander
ETHZürich(KOF)ergebenabereinklaresBild.WieAbbildung2.4zeigt,hatsichdieProduktion
inderOstschweizerIndustrieabdem2.Quartal2006starkerhöht.SeitherliegtderKonjunk-
turindikatorinderOstschweizkonstantüberdemjenigenderSchweiz.Ähnlichdynamischwie
dieIndustriehatsichderBauentwickelt,währenddasTempobeidenDienstleistungsbranchen
auchinderOstschweizgemächlicherwar.
1 DokumentiertinFrankBodmer,AufschwungalsReformchance(miteinerReformskizzevonDavidIselinundHansRentsch), NZZ-VerlagfürAvenirSuisse,2007.
Erklärung: Veränderung der Produktion im Vergleich zum Vorjahresquartal, Daten aus Konjunkturumfrage der KOF.
50454035302520151050
-5-10-15-20-25-30-35
1999
Q1
1999
Q3
2000
Q1
2000
Q3
2001
Q1
2001
Q3
2002
Q1
2002
Q2
2003
Q1
2003
Q3
2004
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2004
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Q1
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2006
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2007
Q1
2007
Q3
Sald
opo
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eun
dne
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eBe
urte
ilung
Abbildung 2.4: Industriekonjunktur in der Schweiz und der Ostschweiz
––– Schweiz ––– Ostschweiz
�4
Kapitel 3Die Ostschweiz holt auf
�5
NachwievorliegtdasdurchschnittlicheEinkommeninderOstschweizunterdemschweize-
rischenMittel.UmdiesenRückstandaufzuholen,müssendieWachstumsratenüberdenjenigen
desschweizerischenMittelsliegen.DieskonntedennauchimVerlaufederletzten15Jahre
erreichtwerden,zumindestwennmandasWachstumdesVolkseinkommensderHaushalteals
Massstabzugrundelegt.
Die Ostschweizer Kantone liegen zurück, holen aber auf
FürdieKantoneistvondengesamtwirtschaftlichenAggregatenlediglichdasVolksein-
kommenbekannt,welchesgrossenSchwankungenunterliegt.Wieschonbeidennationalen
ZahlenspielendieKapitaleinkommenunddamitdieunverteiltenUnternehmensgewinneauch
beidenkantonalenZahleneinegewichtigeRolle.DiegrossenmultinationalenGesellschaften
befindensichineinigenwenigenKantonen,vorallemZürich,Basel,Genf,WaadtundZug.
HoldingskonzentrierensichebenfallsineinigenKantonen,zunennensindhierinsbesondere
Zug,NidwaldenundGlarus.InderOstschweizweistlautdenZahlendesBfSvorallemAIeinen
hohenAnteilanKapitaleinkommenaus.BeidenkleinerenKantonenkommtnochhinzu,dass
dasVolkseinkommenproKopfaufgrundvonZu-oderWegzugvonwenigenreichenPersonen
starkschwankenkann.
BeimVolkseinkommenproKopfnahmenimJahre2005dieKantoneBasel-Stadt,Zug,
Nidwalden,GlarusundZürichdieSpitzenplätzeein(Abbildung3.1).ZweidieserKantone
sindgrosseKantonemitbedeutendenstädtischenZentren,nämlichBasel-StadtundZürich.
ZugistinzwischenselberzueinemwirtschaftlichenZentrumgereiftundbesitztvorallembei
denFinanzdienstleistungeneinesehrstarkeStellung.NidwaldenundGlarussindKantone,
welcheunteranderemaufgrundihrervielenHoldingsitzesoweitnachobengerutschtsind,
wobeiNidwaldendankseinengenerelltiefenSteuerninzwischenauchvielegutverdienende
Haushalteanziehenkonnte.DieOstschweizerKantoneliegendagegendeutlichunterdem
schweizerischenMittel,miteinemleichtenVorsprungvonAppenzell-Innerrhodengegenüber
denanderendreiKantonen.
DasVolkseinkommenderKantoneunterliegtaufgrunddervolatilenUnternehmensge-
winnehohenSchwankungen,wasdieResultatefüreinzelneJahrestarkbeeinflussenkann.Ein
alternativerMassstabistdasHaushaltseinkommen.HierschneidendieOstschweizerKantone
deutlichbesserab.Appenzell-Ausserrhoden,ThurgauundSt.GallenliegeninderNähedes
schweizerischenMittels,Appenzell-Innerrhodenetwasweiterzurück(Abbildung3.2).
120‘000
100‘000
80‘000
60‘000
40‘000
20‘000
0
JU VS FR
OW TI LU AR
SG TG BE UR AI
SO AG GR
NE SZ VD BL CH SH GE
ZH GL
NW ZG BS
Quelle: BfS.
Abbildung 3.1: Kantonale Volkseinkommen, 2005
d i e o s t s c h w e i z h o lt a u f
�6
AusdemVergleichderbeidenAbbildungen3.1und3.2istdieenormeBedeutungderUn-
ternehmensgewinnefüreinigeKantoneersichtlich.InBasel-StadtmachtensieimJahre2005
über50%desVolkseinkommensaus,inGlarusknapp40%,undinZugundGenfjeetwaein
Drittel.InAppenzell-Innerrhodenwarenesnoch15%,inSt.Gallen4%,imThurgau3%und
inAppenzell-Ausserrhodengarnur0,3%!
DerBeitragderUnternehmenzumVolkseinkommenentsprichtimWesentlichendenunver-
teiltenGewinnenderKapitalgesellschaften.BeimultinationalenGesellschaftenwerdendiese
GewinnedemjenigenLandoderKantonzugerechnet,inwelchemsieihrenHauptsitzhaben.
UnverteilteGewinneentsprechendeshalbkeinemdirektenEinkommenfürdieBewohnerdieses
LandesoderKantons.VielmehrstellensieVermögenfürdieEigentümerdiesesUnternehmens
dar,dieihrenWohnsitznurinAusnahmefällenamFirmensitzhabendürften.DasVolkseinkom-
menderUnternehmungenleistetdamithöchstensindirekt–überSteuereinnahmen–einen
BeitragandiewirtschaftlicheSituationeinesKantons.DadieseinvielenFällenaufgrundder
SonderbesteuerungderGewinnevonHoldingsundanderenSpezialgesellschaftentiefausfallen
undzudemeineTendenzzurSenkungderGewinnsteuernbesteht,dürftedieBedeutungder
Steuereinnahmensinken.DasEinkommenderHaushalteerscheintdeshalbalsdasverlässlichere
MassfürkantonaleVergleiche.
70‘000
60‘000
50‘000
40‘000
30‘000
20‘000
20‘000
0
JU VS TI FR AI
OW NE
UR
GR
GE
LU SG BE TG VD AR
GL
CH SO AG SZ SH BL BS ZH NW ZG
Quelle: BfS.
Abbildung 3.2: Kantonale Haushaltseinkommen,
2005
1.5%
1.0%
0.5%
0.0%
-0.5%
-1.0%
-1.5%
GE FR TI JU ZH VS
VD
AG
CH
OW NE
GR LU BL GL
SO SG TG BS UR BE SZ AI
AR
SH ZG NW
Quelle: Reale Wachstumsraten, mit dem schweizerischen Konsumentenpreisindex angepasst. Eigene Berechnungen IHK auf Basis von Daten des BfS.
Abbildung 3.3: Jährliche Wachstumsraten
Haushaltseinkommen pro Kopf, 1990 – 2005
k a p i t e l 3
�7
Sarganserland
Diessenhofen
Rheintal
Werden-berg
ToggenburgLinthgebiet
AppenzellI.Rh.
Hinter-land
WilTG
WilSGSt.Gallen
Ober-thurgau
Weinfelden
Kreuzlingen
Rorschach
Vorderland
Untersee
Frauenfeld
Mittelland
d i e o s t s c h w e i z h o lt a u f
BeidenHaushaltseinkommenstelltmanfest,dassanfänglicharmeKantoneimVergleich
zudenreichenKantonenaufholen1.AuchdieOstschweizweistseit1990überdurchschnitt-
licheWachstumsratengegenüberdemschweizerischenMittelauf(Abbildung3.3).Gemäss
denZahlendesBfShabenseit1990vorallemdieWestschweizunddasTessinschlechtabge-
schnitten.
Die Position der Ostschweizer Regionen
OffizielleZahlenfürdiewirtschaftlichePositionvonGemeindenoderKantonenliegenzwar
nichtvor.Esistabermöglich,diekantonalenZahlenzumVolkseinkommenaufdieRegionen
aufzuteilen.FürdieineinerRegionerzieltenEinkommenbestehennämlichinFormderfürdie
direkteBundessteuer(DBST)massgeblichenreinenEinkommenundderErträgeausderDBST
aufUnternehmensgewinnenzuverlässigeStatistiken.MitderenHilfelassensichdiekantonalen
VolkseinkommendesBfSaufdieGemeindenundaufdieWirtschaftsregionenverteilen.Beim
regionalenVolkseinkommenistdasMittellandführend,vorallemdankderGemeindeTeufen
(Abbildung3.4).EsfolgendieRegionenFrauenfeld,See-Gaster,Rorschachunderstan5.Stelle
St.Gallen.Diesistunteranderemdaraufzurückzuführen,dassvielereicheHaushalteinden
umliegendenGemeindenwieMörschwiloderTeufenwohnen,welchebeidenichtTeilderWirt-
schaftsregionSt.Gallensind.AmunterenEndefindetsichdasToggenburg,hinterderRegion
SarganserlandunddemAppenzellerVorder-undHinterland.
1 DokumentiertinFrankBodmer,DieDeterminantendeskantonalenWirtschaftswachstums,Basel,WWZForschungsbericht8/2005.
Abbildung 3.4: Das Volkseinkommen pro Kopf der Ostschweizer Regionen, 2002
n35‘900n 38‘200n 39‘500bis41‘500n 43‘000bis44‘000n 44‘500bis46‘000n 48‘000bis51‘500
Quelle: Eigene Berechnungen IHK auf Basis von Daten des BfS und der ESTV.
�8
Die Position der Gemeinden
BeimVolkseinkommenderGemeindenergibtsicheinetwasdifferenzierteresBildalsbei
denRegionen.Esgibteinzelne«InselndesReichtums»,dieinderNähederSeenliegen(Ab-
bildung3.5).KlarführendwarimJahre2002BottighofenimKantonThurgau,gefolgtvon
Mörschwil,Teufen,JonaundTübach.DieärmsteGemeindewarKrinauimToggenburg,hinter
Schlatt-HasleninAppenzell-InnerrhodenundBrunnadern,ebenfallsimToggenburg.Aufgrund
vonSchwankungenbeimEinkommenunddenGewinnenundaufgrundvonreichenZu-oder
WegzügernkannsichdieReihenfolgeabervonJahrzuJahrverändern.
ErstaunlichweithintenfindetsichdieStadtSt.Gallen.IneinergesamtschweizerischenRang-
listevon2800GemeindenlagdieStadtSt.GallenbeidenreinenEinkommen(gemässDBST)
imJahre2003nuran1520.Stelle!2ZürichlagaufRang773unddamitdeutlichweitervorne
alsSt.Gallen,aberebenfallsweithinterdensteuerkräftigstenGemeinden.Luzern,Genfund
BasellagennurwenigvorSt.Gallen,BernundLausannedahinter.DierelativtiefenEinkommen
derHaushaltestelleneinallgemeinesProblemderStädtedar,indeneneingrosserAnteilvon
HaushaltenmittiefemEinkommenlebt.DieswirdallerdingsinvielenFällenvonrelativhohen
EinkommenderjuristischenPersonenkompensiert.BeiSt.GallenistdieswenigerderFall,trugen
diejuristischenPersonendochzumindestimJahre2002wenigerals10%zumVolkseinkommen
bei.Demistaberhinzufügen,dassdieUnternehmensgewinneimJahre2002schweizweitauf
einemrelativtiefemNiveauwaren.
2 Zahlenfür2003,NormalfällebeiderVeranlagung.Für2002fehlendieDatenfürdieMehrzahlderWestschweizerKantone.Für2003 wiederumfehlendieZahlenzudenUnternehmensgewinnen,neuereZahlenliegennichtvor.
Abbildung 3.5: Das Volkseinkommen pro Kopf der Ostschweizer Gemeinden,
2002
n26‘000bis30‘000n 30‘000bis39‘900n 40‘000bis49‘900n 50‘000bis58‘000n 60‘000bis67‘000n 75‘500
Quelle: Eigene Berechnungen IHK auf Basis von Daten des BfS und der ESTV.
d i e o s t s c h w e i z h o lt a u f
�9
Kapitel 4Leichter Rückstand bei der
Attraktivität als Wohnort
20
DieAttraktivitäteinerRegionfürHaushalteundUnternehmenlässtsichunteranderem
anderEntwicklungvonBevölkerungundBeschäftigungmessen.DiebeidenMassebewegen
sichnichtzwangsläufigimGleichschritt,daaufgrundderKleinräumigkeitderSchweizdas
PendelnzwischenRegionenoderKantonenweitverbreitetist.DieseröffnetfürdieOstschweiz
Chancen,hatsiedochmiteinerschönenLandschaftundrelativtiefenBodenpreisengerade
alsWohnortvieleVorteilezubieten.UndkleineKantonewiediebeidenAppenzellerhalten
dadurchdieMöglichkeit,sichgezieltalsNischenanbieterzupositionieren,wasAIoffensichtlich
bessergelungenistalsAR.
Die Bevölkerungsentwicklung in der Ostschweiz
DieBevölkerungderOstschweizstiegseitdemJahr2000zwaran,dasWachstumwaraber
schwächeralsdasjenigeimschweizerischenDurchschnitt.Thurgau,St.GallenundAppenzell-
InnerrhodenkonntendeutlichpositiveWachstumsratenverbuchen,währendAppenzell-Aus-
serrhodenderKantonmitdemgrösstenproportionalenRückgangderBevölkerunginder
Schweizwar(Abbildung4.1).
VondenOstschweizerRegionenschnittendieRegionenKreuzlingen,See-GasterundRhein-
talambestenab.Schlusslichter–miteinerBevölkerungsabnahme–bildenalledreiRegionen
vonAppenzell-AusserrhodenunddasToggenburg(Abbildung4.2).
EineAnalysederBevölkerungsentwicklungoffenbart,dassmehrPersonenausderOst-
schweizinandereKantoneabwandern,alsvondiesenzuwandern(Abbildung4.3).Allevier
KantoneverzeichnetenabereineNettozuwanderungausdemAusland.
UntersuchungenzurBinnenwanderungzeigen,dassdieHöhederSteuernsowiederPreis
unddieErhältlichkeitvonBauland,HäusernundWohnungenwichtigeFaktorenbeiderMigra-
tionsentscheidungsind1.ZudemwiesendiegrossenZentrenindenletztenJahreneineverstärk-
teAnziehungskraftaus.SohabenRegionenmiteinergutenVerkehrsanbindunganZürichein
stärkeresBevölkerungswachstumverzeichnenkönnen.DiesistinderOstschweizimAllgemei-
nenderFall,wieAbbildung4.2zeigt2.
2.5%
2.0%
1.5%
1.0%
0.5%
0.0%
-0.5%
-1.0%
AR
GL
BS UR JU BE GR
NE
SH SO AI
SG BL
OW LU TG CH TI
AG
NW VD ZH GE SZ VS
ZG FR
Abbildung 4.1:Jährliches Bevölkerungswachs-
tum Kantone, 2000 –2006
Quelle: Eigene Berechnungen IHK auf Basis von Zahlen des BfS zur mittleren Wohnbevölkerung.
k a p i t e l 4
1 SaraCarnazziWeberundSylvieGolay,InterneMigrationinderSchweiz,BundesamtfürStatistik,Neuchâtel,2005.2 AusnahmenbildendasRheintalundWerdenberg,woandereFaktorenanscheinendwichtigerwaren.
2�l e i c h t e r r ü c k s ta n d b e i d e r at t r a k t i v i t ä t a l s w o h n o r t
Abbildung 4.2: Bevölkerungswachstum Regionen, 2000 –2006
Erklärung: Kumulierte Veränderung von 2000 bis 2006. Eigene Berechnungen IHK auf Basis von Zahlen des BfS.
Abbildung 4.3: Quellen der Bevölkerungs-entwicklung, 2000 – 2006
n Bilanz Zuwanderung Auslandn Bilanz Binnenwanderungn Geburtenüberschussn Veränderung Bevölkerung
Sarganserland3,6%
Diessenhofen4,1%
Rheintal5,2%
Werdenberg4,4%
Toggenburg-0,8%Linthgebiet
6,0%
AppenzellI.Rh.,3,3%
Hinter-land
-2,9%
WilTG4,1%
WilSG4,0%
St.Gallen2,0%
Ober-thurgau2,9%
Weinfelden3,4%
Kreuzlingen6,0%
Rorschach3,8%
Vorderland-1,3%
Untersee2,2%
Frauenfeld4,6%
Mittelland-0,1%
Quelle: Eigene Berechnungen IHK auf Basis von Zahlen des BfS zur mittleren Wohnbevölkerung.
5.0%
4.0%
3.0%
2.0%
1.0%
0.0%
-1.0%
-2.0%
-3.0%
-4.0%
-5.0%OstschweizAppenzellA.Rh.AppenzellI.Rh.St.GallenThurgau
22
Leidet die Ostschweiz unter einem Brain Drain?
DieOstschweizscheintvorallemfürZuzügerausdemAuslandattraktivzusein.Beiden
OrtsansässigenisteineAbwanderungzubeobachten(Abbildung4.3).Esfragtsich,obdiese
AbwanderungderAnsässigenvorallemhochqualifizierteArbeitskräftebetrifft.DieZahlenzur
WohnortwahlvonUniabsolventenscheinendieseThesezubestätigen.WirdderWohnortvon
UniabgängernvorundnachdemStudiumverglichen,zeigtsich,dassvieleihrenHerkunftskan-
tonverlassen.BesondersstarkbetroffensinddiebeidenAppenzellundderThurgau.Gewinner
sindvorallemdieUniversitätskantone(Abbildung4.4).
DasssichjungeUniversitätsabgängeramStudienortoderineinemanderenstädtischen
Zentrumniederlassen,istallerdingswedereineÜberraschungnochnotwendigerweiseeinAn-
zeichenfürBrainDrain.FürjungeundhochqualifizierteSinglessindStädtemitihremvielfäl-
tigenFreizeitangebotundihreninteressantenArbeitsstellenderattraktivereWohnort.Nach
derGründungeinerFamiliewandernvielewiederinländlicheRegionenab,dasiedortein
reichlichvorhandenesAngebotanWohnungenundEinfamilienhäusernsowieeinerelativin-
takteUmweltvorfinden.UntersuchungenzumMigrationsverhaltenvonbereitsinderSchweiz
ansässigenHaushaltenbestätigendieseThese.EssindspeziellFamilien,welchevondenStäd-
teninländlicheGebieteziehen.DabeisindinsbesondereländlicheGebieteinderNäheeines
städtischenZentrumsbeliebt3.
AuchDatenzumBildungsniveauderOstschweizerBevölkerungbestätigen,dasseszu
keinemeigentlichenBrainDrainausderOstschweizkommt.SokannbeispielsweisedieMaturi-
tätsquoteeinesKantonsmitdemAnteilderAbsolventenvonUniversitätenundFachhochschu-
lenanderBevölkerungverglichenwerden(Abbildung4.5).Eszeigtsich,dassimDurchschnitt
KantonemiteinerhohenMaturitätsquoteauchmehrUniversitäts-undFachhochschulabgänger
aufweisen,resp.umgekehrt.DieinAbbildung4.5eingezeichneteLinieweistdamiteinepositive
Steigungauf.
InderOstschweizsindbeideQuotentief.Dasbedeutet,dassinderOstschweizverhältnis-
mässigwenigeMaturandenausgebildetwerden,dassaberauchwenigeEinwohnermiteiner
höherenBildungdortwohnen.Eslässtsichsomitnichtsagen,dassdieOstschweizübermässig
Leuteverliert,welchesiemiteinerMaturafürdiehöhereBildungvorbereitethat.Kantonemit
80%
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
AI
AR BL UR
TG NW GL
SO LU SH SG SZ JU GR
Mitt
el
AG ZG OW NE BS FR VS BE TI VD ZH GE
Abbildung 4.4: Abwanderung Uniabsolventen,
2005
Quelle: Eigene Berechnungen IHK auf Basis von Zahlen des BfS.
3 SieheCarnazziWeberundGolay,a.a.O.
k a p i t e l 4
23
einemsolchenVerlustgibtesabersehrwohl,beispielsweisedasTessinoderdenJura.Genf,
Basel-Stadt,ZürichundZugsindumgekehrtKantone,welcheüberproportionalvonderZuwan-
derungvonUniabgängernprofitieren.
WährendAbbildung4.5derTheseeinesBrainDrainsausderOstschweizwiderspricht,muss
festgestelltwerden,dassderAnteilderAbgängervonUniversitätenundFachhochschuleninder
OstschweizklarunterdemschweizerischenMittelliegt.DieskannfürdielokaleWirtschaftbei
derRekrutierungvonhöherqualifiziertenArbeitskräftenzuProblemenführen.DieOstschweiz
mussdeshalbihreAttraktivitätfürhöherqualifizierteArbeitskräfteverbessern.
Löhne und Lebensstandard
EinemöglicheUrsachefürdiemangelndeAttraktivitätderOstschweizalsWohnortsind
Löhne,welchehinterdemschweizerischenDurchschnittunddeutlichhinterdenLöhneninZen-
trenwieZürichoderBaselliegen.AllerdingssinddieLebenshaltungskosteninderOstschweiz
auchdeutlichtiefer.FürdieAttraktivitätistentscheidend,wievielvomLohnnachSteuern,
KrankenkassenprämienundWohnkostennochübrigbleibt.DieserübrigbleibendeTeildes
LohneswirdalsfreiverfügbaresEinkommenbezeichnet.DietieferenLöhneinderOstschweiz
werdenbeieinigenEinkommensklassendurchdietieferenLebensunterhaltskostenmehrals
wettgemacht4.
Wohnraum
EinweitereswichtigesKriteriumbeiderWohnortwahlistdieErhältlichkeitvonBauland,
HäusernoderWohnungenrespektivedieQualitätdesbestehendenImmobilienbestandes.Die
OstschweizhatindenletztenJahreneineneindrücklichenBoombeimHaus-undWohnungsbau
erlebt,welcherfürdieWirtschafts-unddieBevölkerungsentwicklungeinstarkerImpulswar.
GrunddafürdürftedieErhältlichkeitvonBaulandzurelativbescheidenenPreisensein.Inder
15%
10%
5%
0%5%10%15%20%25%30%
Maturitätsquote
Ant
eilm
itU
ni-
oder
FH
-Abs
chlu
ss
OW
AI UR GLTG
LU
BEAG
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AR
NWGR
SZ JU
VSSH
FR
BL
ZGZH VD
NETI
BS
GE
Abbildung 4.5: Verhältnis Maturitätsquote und Einwohner mit höherer Bildung, 2000
Erklärung: Siehe Text für Details. Eigene Berechnungen auf Basis von Zahlen des BfS.
l e i c h t e r r ü c k s ta n d b e i d e r at t r a k t i v i t ä t a l s w o h n o r t
4CreditSuisseEconomicResearch,WasdenHaushaltenunterdemStrichverbleibt.DasverfügbareEinkommeninderSchweiz,2006.
24
OstschweiznahmderBauvonEinfamilienhäusern(Abbildung4.6)deutlichstärkerzualsim
schweizerischenMittel.WeitzurückfindetsichallerdingsauchhierAppenzell-Ausserrhoden.
BeidenWohnungenliegtderZuwachsinderOstschweizdagegenunterdemschweizerischen
Mittel.
25
20
15
10
5
0
BS GE
NE
AR
GL
SH BE VD ZH UR
ZG CH
NW TI LU SG JU SO A
I
GR BL TG SZ AG
OW VS FR
Quelle: Eigene Berechnungen IHK auf Basis von Daten des BfS.
Abbildung 4.6: Neue erstellte Häuser,
2000 –2005, pro 1000 Einwohner
50%
45%
40%
35%
30%
25%
20%
15%
10%
5%
0%
AR AI
GL
NE JU TG SG VD SH BE GR
UR
OW GE FR CH BS SZ ZH SO AG
NW LU VS BL ZG TI
Quelle: Eigene Berechnungen IHK auf Basis von Daten des BfS.
Abbildung 4.7: Anteil vor 1919 erbauter
Wohneinheiten und Anteil vor 1919 erbauter und nicht
renovierter Einheiten
k a p i t e l 4
IstdietiefeZahlvonNeubauteninARFolgederschrumpfendenBevölkerungoderdie
fehlendeZuwanderungFolgevonfehlendenWohnmöglichkeiten?FürdieThesedertiefen
BautätigkeitaufgrunddesBevölkerungsrückgangsspricht,dassdieLeerwohnungsbestände
inAppenzell-Ausserrhodensehrhochsind.AngesichtsdesLeerwohnungsbestandesistesfür
Bauherrenwenigattraktiv,neuesAngebotzuschaffen.
AllerdingsistderHaus-undWohnungsbestandinARmassivveraltetundentsprichtin
weitenTeilenwohlnichtmehrdenheutigenBedürfnissen.AusAbbildung4.7wirdersichtlich,
dassinAppenzell-Ausserrhoden45%desBestandesvor1919erstelltwurde,undeinDrittel
davonwurdenochnierenoviert.Esistzuvermuten,dasseinerseitsdieRenovationdieserHäuser
fürvielepotentielleBewohnernichtattraktivist,andererseitszuwenigBaulandfürneueEin-
oderMehrfamilienhäuservorhandenist.InAppenzell-Innerrhodenbestehtzwarebenfallsein
grosserBestandanaltenHäusern.AufgrundderregenBautätigkeitistaberanzunehmen,dass
zumindestbishergenügendattraktivesBaulandfürNeubautenvorhandenwar.
25
Kapitel 5Die Ostschweiz
als Arbeitsort
26
DieEntwicklungderBeschäftigungverliefindergesamtenSchweizschleppend1.DieZahl
derErwerbstätigennahmseit1990zwarzu,imVerhältniszurWohnbevölkerungallerdingsnur
unterdurchschnittlich.SpeziellbeidenMännernüber55kameszueinemRückzugausdem
Arbeitsmarkt,welcherdurchdiesteigendeErwerbstätigkeitderFrauennichtkompensiertwur-
de.MitderweiterenVerbreitungvonTeilzeitstellenreduziertesichzudemdiedurchschnittliche
ArbeitszeitproErwerbstätigen.DamitverliefdieEntwicklungdergearbeitetenStundenund
damitderVollzeitäquivalentenochlangsameralsdiejenigederZahlderBeschäftigten2.
BeiderregionalenBeschäftigungsentwicklungistzubeachten,dasssichaufgrunddes
häufigenPendelnsundderKleinräumigkeitderSchweizWohn-undArbeitskantonoftunter-
scheiden.Esfragtsichalso,inwieweitdieOstschweizindenletztenJahrenselberArbeitsplätze
generierenkonnteoderobsiesichvorallemaufdieDynamikdesZentrumsZürichverlassen
musste.
Die Beschäftigungsentwicklung in den Kantonen
SehrdynamischverliefdieEntwicklungindenKantonenAppenzell-InnerrhodenundThur-
gau.Abbildung5.1zeigtdieEntwicklungderBeschäftigungder26KantoneundHalbkantone
imVergleich.TGundAIkonntenpositiveWachstumsratenerzielen.Etwasschwächer,aber
überdemschweizerischenMittellagdieBeschäftigungsentwicklunginSt.Gallen.Sehrschwach
verliefdieEntwicklungdagegeninAppenzell-AusserrhodenmiteinemjährlichenRückgangder
Beschäftigungzwischen2001bis2005von2%,d.h.voninsgesamtüber8%.
BeidenRegionenschnittendieRegionenWil(SG),FrauenfeldundWeinfeldenambesten
ab.AmEndefindensichdiedreiRegionenvonARunddieRegionRorschach(Abbildung5.2).
DieWirtschaftsregionSt.GallenliegtnurimMittelfeld,leichtüberdemOstschweizerischen
Durchschnitt.
1 EineDokumentationderBeschäftigungsentwicklungaufNiveauSchweizfindetsichin:FrankBodmer,a.a.O.,2007.2 DieZahlenindiesemKapitelbasierenaufVollzeitäquivalenten.DabeiwerdenTeilzeitstelleninVollzeitstellenumgerechnet.
1.5%
1.0%
0.5%
0.0%
-0.5%
-1.0%
-1.5%
-2.0%
-2.5%
AR
GL
ZH UR
GR
NW NE BS JU BL BE AG SO SH CH SG AI
OW TG TI LU VD VS FR SZ GE
ZG
Quelle: Eigene Berechnungen IHK auf Basis von Daten der Betriebszählung (BZ) und der Landwirtschaftlichen Betriebszählung (LWBZ).
Abbildung 5.1: Beschäftigungsentwicklung
Kantone, 2001 – 2005, pro Jahr
k a p i t e l 5
27d i e o s t s c h w e i z a l s a r b e i t s o r t
Sarganserland-1,3%
Diessenhofen-2,1%
Rheintal-0,9%
Werdenberg-0,7%
Toggenburg-0,3%
Linthgebiet-0,8%
AppenzellI.Rh.,0,1%
Hinter-land
-10,1%
WilTG0,4%
WilSG2,0%
St.Gallen-0,8%
Ober-thurgau-0,7%
Weinfelden1,2%
Kreuzlingen-0,5%
Rorschach-3,7%
Vorderland-4,2%
Untersee1,0%
Frauenfeld1,4%
Mittelland-6,6%
Wie sieht die aktuelle Entwicklung der Beschäftigung aus?
FürdieJahre2006und2007sindmitAusnahmedesKantonsSGnochkeineoffiziellen
Datenverfügbar.AufBasisderZahlderArbeitsbewilligungenfürAusländerhatdieIHKaber
dieEntwicklungfürdieJahre2006und2007geschätzt.FürdiebeidenAppenzellhabenwir
zusätzlicheineStichprobebeidengrösstenUnternehmungendurchgeführt.FürdieBerech-
nungenwerdendieZahlenderBetriebszählungfürdieIndustrieunddieDienstleistungen(ohne
Landwirtschaft)fürdasJahr2005alsAusgangspunktzugrundegelegt.
DieBeschäftigungslageinARhat
sich2006stabilisiertund2007
verbessert(Abbildung5.3).Imlau-
fendenJahrprofitiertedasstark
industrielastigeAusserrhodenvom
AufschwungderExporteundder
Industrieproduktion.Allerdings
kannim2007nichtdasNiveau
von2001undschongarnichtje-
nesvon1991erreichtwerden.
Abbildung 5.2: Beschäftigungsentwicklung Regionen, 2001–2005
Quelle: Eigene Berechnungen IHK auf Basis von Daten der BZ und der LWBZ.
20‘000
18‘000
16‘000
14‘000
12‘000
10‘000
8‘000
6‘000
4‘000
2‘000
01991199519982001200520062007
Quelle: Eigene Berechnungen IHK auf Basis von Daten der BZ. Für 2006 und 2007 Extrapolationen auf Basis der Ausländerbewilligungen und von Unter-nehmerbefragungen
Abbildung 5.3: Beschäftigungsentwicklung AR
28
InAIsetztesichdasWachstumder
Beschäftigungfort(Abbildung5.4).
AlseinzigerOstschweizerKanton
konnteAIdasBeschäftigungsni-
veauvon1991 imzweitenund
drittenSektorklarübertreffen.
DieZahlen fürSGzeigeneine
überdurchschnittlichstarkeBe-
schleunigungdesBeschäftigungs-
wachstumsvonSommer2006
bisSommer2007.DasBeschäf-
tigungsniveauvon1991bleibt
leichtunterschritten.
GemässdemZahlenfürdieAuslän-
derbewilligungenhatsichdieBe-
schäftigungimTGseit2005ähn-
lichentwickeltwieinSG,miteinem
kräftigenWachstumvorallemseit
Sommer2006(Abbildung5.6).Ver-
mutlichwirdimTGimlaufenden
JahrdasBeschäftigungsniveauvon
1991übertroffen.
Eher Wohn- oder Arbeitsort?
AufgrundderKleinräumigkeitderSchweizistdasPendelnzwischenWirtschaftsregionen
undKantonenweitverbreitet.Wohn-undArbeitskantonunterscheidensichdeshalbfürviele
Arbeitnehmer.FürKantoneundRegionenheisstdas,dasssicheinigeeheralsArbeits-,andere
eheralsWohnortspezialisieren.DiesäussertsichimVerhältnisvonErwerbstätigenzurBevöl-
kerung(=Beschäftigungsquote).IndenklassischenArbeitsortenwiedenstädtischenZentren
sinddieseBeschäftigungsquotenhoch,indenumliegendenGemeindenundKantonentiefer.
DieStadtkantoneBasel-StadtundGenfweisendementsprechenddiehöchstenBeschäftigungs-
quotenauf(Abbildung5.7).DieBeschäftigungsquotederOstschweizistdagegenunterdurch-
schnittlich.NurderKantonSGweisteineQuoteinderNähedesschweizerischenMittelsauf,
diejenigenvonAIundTGliegenimunterenDrittel,ARbildetdasSchlusslicht.DiesedreiKan-
tonekönnendeshalbalsWohnkantonebezeichnetwerden.
AufregionalerEbenesinddieUnterschiedeinderOstschweizebenfallsgross(Abbildung
5.8).BeschäftigungszentrumistdieRegionSt.Gallen,inwelchernuretwa10%derBevölkerung
wohnenaberungefähr20%derBeschäftigtenarbeiten.ÜberdurchschnittlicheWerteweisen
auchFrauenfeldsowiedasRheintalauf.AmunterenEndefindensichWil(TG),dasMittel-und
VorderlandsowiedieRegionUntersee.IndiesenvierRegionenistderAnteilderWegpendler
dementsprechendgross.
Abbildung 5.4: Beschäftigungsentwicklung AI
5‘000
4‘500
4‘000
3‘500
3‘000
2‘500
2‘000
1‘500
1‘000
500
01991199519982001200520062007
Quelle: Eigene Berechnungen IHK auf Basis von Daten der BZ. Für 2006 und 2007 Extrapolationen auf Basis der Ausländerbewilligungen und von Unternehmer-befragungen.
Abbildung 5.5: Beschäftigungsentwicklung SG
200‘000
180‘000
160‘000
140‘000
120‘000
100‘000
80‘000
60‘000
40‘000
20‘000
01991199519982001200520062007
Quelle: Eigene Berechnungen IHK auf Basis von Daten der BZ und der BESTA.
Abbildung 5.6: Beschäftigungsentwicklung TG
90‘000
80‘000
70‘000
60‘000
50‘000
40‘000
30‘000
20‘000
10‘000
01991199519982001200520062007
Quelle: Eigene Berechnungen IHK auf Basis von Daten der BZ. Für 2006 und 2007 Extrapolationen auf Basis der Ausländerbewilligungen.
k a p i t e l 5
29d i e o s t s c h w e i z a l s a r b e i t s o r t
Bevölkerungs- und Beschäftigungsentwicklung im Vergleich
DieBeschäftigungsquotesignalisiert,obsicheinKantonodereineRegionalsWohn-oder
alsArbeitsortpositionierthat.EinVergleichderVeränderungvonBeschäftigungundBevölke-
rungzeigtan,inwelcheRichtungdieEntwicklungverlaufenist.Grundsätzlichistesmöglich,
dasssichBevölkerungundBeschäftigungsehrunterschiedlichentwickeln.ImAllgemeinen
entwickelnsichdiesebeidenIndikatorenaberindieselbeRichtung,wieAbbildung5.9zeigt.
AusnahmenvondieserRegelsindvorallemZHundNW,welchebeiderBeschäftigungsent-
wicklungrelativschlechtabschnitten.DerengeZusammenhangzwischenBevölkerungs-und
Beschäftigungsentwicklungistdaraufzurückzuführen,dassvieleArbeitsplätzeimlokalenGe-
werbeentstehen,welchesdielokaleBevölkerungmitDienstleistungenversorgt.
BeidenWirtschaftsregionenwardieBeziehungzwischenBeschäftigungundBevölkerung
zwischen2001und2005deutlichwenigerengalsbeidenKantonen.WieausAbbildung5.10
ersichtlichwird,entsprechensichdieGewinnerbeiderBevölkerungs-undbeiderBeschäfti-
gungsentwicklungnicht.SoentwickeltensichKreuzlingen,Wil(TG),See-GasteroderDiessen-
Erklärung: Anteil Vollzeitäquivalente im Verhältnis zur Bevölkerung, eigene Berechnungen IHK auf Basis von Daten des BfS.
Abbildung 5.7: Beschäftigungsquoten Kantone, 2005
Abbildung 5.8: Beschäftigungsquoten Regionen, 2005
Erklärung: Anteil Vollzeitäquivalente im Verhältnis zur Bevölkerung, eigene Berechnungen IHK auf Basis von Daten des BfS.
60%
55%
50%
45%
40%
35%
30%
25%
Wil
(TG
)
Mitt
ella
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Vord
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Die
ssen
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Rors
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Wil
(SG
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St.G
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nCH=43%
70%
65%
60%
55%
50%
45%
40%
35%
30%
AR FR SZ UR AI
VS BL TG AG SO NW VD GL
OW NE
SH LU JU SG BE GR TI ZH GE
ZG BS
CH=43%
30
hofeninRichtungWohnort,währendsichWil(SG),FrauenfeldundWeinfeldenverstärktals
StandortefürUnternehmenunddamitalsArbeitsortepositionierenkonnten.Einzigdiedrei
RegionenvonARhabeninbeidenBereichenunterdurchschnittlichabgeschnitten.
DieStadtSt.GallenistinAbbildung5.10ebenfallseingetragen.SiehatbeiderBeschäftigung
zwischen2001und2005nurunwesentlichbesserabgeschnittenalsdieWirtschaftsregion
St.Gallen,beiderBevölkerungsentwicklungaberdeutlichschlechter.DieStadtwardamitin
diesenJahrenkeinMotorfürdieOstschweiz3.
Abbildung 5.10: Entwicklung von Bevölkerung
und Beschäftigung der Regionen, 2001–2005
Erklärung: Jährliche Wachstumsraten, normalisiert auf Ostschweizer Mittel. Eigene Berechnungen IHK auf Basis von Zahlen des BfS und der BZ.
Abbildung 5.9: Entwicklung von Bevölkerung
und Beschäftigung der Kantone, 2001–2005
Erklärung: Jährliche Wachstumsraten, normalisiert auf Schweizer Mittel. Eigene Berechnungen IHK auf Basis von Zahlen des BfS und der BZ.
Bevölkerungswachstum
2.0%
1.5%
1.0%
0.5%
0.0%
-0.5%
-1.0%
-1.5%
-2.0%
-1.0%0%1.0%
Besc
häft
igun
gsw
achs
tum
OWAI
UR
GL
TGLU
BEAGSO
SG
AR
NWGR
SZ
JU
VS
SH
FR
BL
ZG
ZH
VD
NE
TI
BS
GE
Entwicklung in Richtung …
… Arbeitskanton … Wohn- und Arbeitskanton
… Problemkanton … Wohnkanton
1.0%
0.5%
0.0%
-0.5%
-1.0%
-1.5%
-2.0%
-2.5%
-1.0%0%1.0%
Bevölkerungswachstum
Besc
häft
igun
gsw
achs
tum
Hinterland
Mittelland
VorderlandRorschach
DiessenhofenSarganserland
Kreuzlingen
Wil(TG)UnterseeFrauenfeldWil(SG)
Appenzell
See-GasterSt.GallenRheintal
Oberthurgau Werdenberg
Weinfelden
StadtSt.GallenToggenburg
Entwicklung in Richtung …
… Wohn- und Arbeitsregion
… Problemregion… Wohnregion
… Arbeitsregion
3 DieBeschäftigungsentwicklungzwischen2001und2005stehtdamitimGegensatzzurEntwicklungzwischen1995und2001. Siehe:StadtSt.Gallen,BeschäftigungundBranchenstrukturderStadtSt.GallenwährendderDekade1995bis2005iminterstädtischen Vergleich,StadtstatistikaktuellNr.5–September2007.
k a p i t e l 5
3�
Kapitel 6Branchenstruktur:
Grosse Bedeutung von Industrie und Gewerbe
32
DieBranchenstrukturstellteinewichtigeDeterminantederwirtschaftlichenEntwicklung
einesKantonsodereinerRegiondar.UnterderRezessionderJahre2001bis2003littbei-
spielsweisederFinanzsektorbesondersstark,waswiederumvorallemdenKantonZürichals
Banken-undVersicherungsmetropoleinMitleidenschaftgezogenhat,aberauchinderStadt
St.GallenSpurenhinterlassenhat.BaselwurdevonderRezessionzuBeginnder1990erJahre
starkgetroffen,dadieseAbkühlungauchinderChemie-undPharmaindustriespürbarwar.Die
OstschweizwartraditionelleinZentrumderTextilindustrieundlittentsprechendstarkunterder
KrisedieserBranche.AuchinderMetall-undMaschinenindustriestandendieZeicheninden
1990erJahrenaufSturm,wassichinderZwischenzeitallerdingswiedergeänderthat.
AufgrundderunterschiedlichenEntwicklungderverschiedenenBranchenliegtesnahe,
PrognosenfürdiewirtschaftlichenAussichteneinesKantonsausderBranchenstrukturher-
zuleiten1.GegendiesePrognosemethodesprichtaber,dasssicheinKantondennationalen
TrendsbeiderBranchenentwicklungentziehenkann.Esistnämlichnichtso,dassalleKantone
indenselbenBranchenerfolgreichsind.AuchbeidenKantonenisteineSpezialisierungsinnvoll.
DementsprechendkanneinKantonmiteinerBranchenstrukturerfolgreichsein,dievielleicht
gesamtschweizerischnichtErfolgversprechendist.AllerdingsstelltdiesfürdieUnternehmen
derentsprechendenBrancheneinespezielleHerausforderungdar.
Bedeutung und Wachstum der Wirtschaftssektoren
DieOstschweizweisteinenüberdurchschnittlichhohenAnteilvonIndustrieundverarbei-
tendemGewerbeaus.ZurIndustrieundzumverarbeitendenGewerbewerdendieIndustrie,der
BauunddieBauzulieferersowieEnergieundWasserversorgunggezählt.DerAnteilliegtinder
Ostschweizbei38%unddamitdeutlichüberdemschweizerischenSchnittvon28%.Gemessen
andenVollzeitäquivalentenlagderKantonTGbeimIndustrieanteilan4.Stelle,SGan7.,AR
an11.undAIan15.Stelle(Abbildung6.1).EinerelativgrosseBedeutungdesIndustriesektors
gehtinderRegelmiteinerkleinenBedeutungdesDienstleistungssektorseinher,dadieLand-
wirtschaftindenmeistenKantonennurnocheinensehrkleinenAnteilausmacht.AIbildethier
dieAusnahmemiteinemAnteilderLandwirtschaftvonnochimmerüber15%.
k a p i t e l 6
1 WieindenRegionalstudienvonCS,UBSoderBAKgemacht.
Erklärung: Vollzeitäquivalente, eigene Berechnungen IHK wauf Basis der BZ und der LWBZ.
Abbildung 6.1: Kantonale Anteile
der Beschäftigten nach Sektoren, 2005
Anteil Dienstleistungen nAnteil Landwirtschaft n
Anteil Industrie n
100%
90%
80%
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
GL JU
OW TG NE
SH SG SO AG UR
AR
NW BL SZ A
I
FR LU VS
ZG TI
CH BE GR BS VD ZH GE
33b r a n c h e n s t r u k t u r : g r o s s e b e d e u t u n g v o n i n d u s t r i e u n d g e w e r b e
BeiderVeränderungderBeschäftigungzwischen2001und2005gibtesebenfallsUnter-
schiedezwischenderSchweizundderOstschweiz.DieIndustriekonntesichinderOstschweiz
etwasbesserhalten,mussteaberauchhiereinenRückganghinnehmen(Abbildung6.2).Die
DienstleistungenwuchseninderOstschweizetwasstärkeralsimschweizerischenMittel.Die
Landwirtschaft,welcheinderOstschweiznachwievorrelativwichtigist,musstedafüreinen
grossenVerlustbeiderBeschäftigunghinnehmen.
DieUnterschiedezwischendenOstschweizerKantonensindgross.InARmusstenalle
dreiSektorenVerlusteverzeichnen,amgrösstenwarensieaberinderIndustrie.InAIwurde
dermassiveRückganginderLandwirtschaftdurcheinenZuwachsindenbeidenanderen
Sektorenkompensiert,wobeidieDienstleistungeneinenetwasgrösserenBeitragleisteten.In
SGverändertesichkaumetwas.DieIndustriekonnteaberimmerhineinenleichtenZuwachs
verzeichnen.ImTGwiederumkameszueinermassivenVerschiebungdeserstenundzweiten
indendrittenSektor.
DieinAbbildung6.2gezeigtenZahlenstellendengewichtetenWachstumsbeitrageines
SektorszumgesamtenBeschäftigungswachstumdesKantonsoderderRegiondar.Soschrumpf-
tediegesamteBeschäftigunginderOstschweizzwischen2001und2005um0,2%proJahr.
LandwirtschaftundIndustrietrugenjeetwa0,2%proJahrzudiesemRückgangbei,was
vondenDienstleistungenmiteinemZuwachsvon0,2%nurzurHälfteausgeglichenwerden
konnte.
Seit2005hatsichdieBeschäftigungsentwicklungbeschleunigt.ZahlenliegennurfürIn-
dustrieundDienstleistungenvorundlediglichfürdieSchweizalsGanzessowiefürdenKanton
St.Gallen.Abbildung6.3zeigtsowohlfürdieSchweizalsauchfürdenKantonSt.Gallenein
starkesBeschäftigungswachstum.DabeihatSt.GallennochetwasbesseralsdieSchweizabge-
schnitten,gestütztaufeinhohesWachstuminderIndustrie.FürdiedreianderenOstschweizer
KantoneliegenkeineZahlenvor.AufgrundunsererStichprobeistaberzuvermuten,dassdie
IndustriebeschäftigungzumindestindenbeidenAppenzellindergleichenGrössenordnung
wieinSt.Gallengewachsenist.
Abbildung 6.2: Jährliches Wachstum der Wirtschaftssektoren, 2001–2005
n Landwirtschaftn Industrien Dienstleistungenn Total
Erklärung: Mit dem mittleren Beschäftigungsanteil gewichtetes Wachstum der Vollzeitäquivalente, eigene Berechnungen IHK auf Basis der BZ und der LWBZ.
1.0%
0.5%
0.0%
-0.5%
-1.0%
-1.5%
-2.0%
-2.5%SchweizOstschweizAppenzellA.Rh.AppenzellI.Rh.St.GallenThurgau
34
Struktur und Entwicklung der Branchen in der Ostschweiz
DieOstschweizweistsowohleinenüberdurchschnittlichhohenAnteilvonIndustrieund
GewerbealsaucheinenhohenAnteilderLandwirtschaftaus.ImIndustriesektorsinddieMetall-
undMaschinenindustriedominierend(Abbildung6.4).Bauindustrie,Nahrungsmittel,Textilien,
KunststoffsowieHolzspielenebenfallseinewichtigeRolle.DerDienstleistungssektoristdem-
entsprechendschwachvertreten,wobeivorallemderRückstandbeidenFinanzdienstleistungen
unddenunternehmensnahenDienstleistungenauffällt.AberauchVerkehr,Staat,Gaststätten,
GrosshandelundpersönlicheDienstleistungenspieleninderOstschweizeinevergleichsweise
kleineRolle.
Erklärung: Mit dem mittleren Beschäftigungsanteil gewichtetes Wachstum der Vollzeitäquivalente, eigene Berechnungen IHK auf Basis von Daten der BZ und der BESTA.
Abbildung 6.3: Jährliches Beschäftigungs-
wachstum zwischen 2001 und 2005 sowie 2005 und 2007
Industrie n
Dienstleistungen n
Zusammen n
Erklärung: Unterschied im Branchenanteil in der Ostschweiz im Vergleich zur Schweiz.Vollzeitäquivalente, eigene Berechnungen IHK auf Basis der BZ und der LWBZ.
k a p i t e l 6
Abbildung 6.4: Differenz Branchenanteile
CH/OCH, 2005
2.0%
1.5%
1.0%
0.5%
0.0%
-0.5%Schweiz2001–2005Schweiz2005–2007St.Gallen2001–2005St.Gallen2005–2007
-2.0%-1.0%0.0%1.0%2.0%3.0%
Kredit,FinanzUntern.Dienstleist.
VerkehrStaat
GaststättenGrosshandel
Pers.Dienstleist.Chemie,Pharma
NachrichtenInformatik
GesundheitMed.,Optik,Uhren
DetailhandelVersicherungen
ImmobilienEnergieBildungSoziales
Elektr.GeräteAutohandel
Papier,DruckFahrzeuge
Glas,SteineMöbel,Schmuck
BauHolz
NahrungsmittelTextil,Kleider
KunststoffLandwirtschaftMaschinenbau
Metallerzeugnisse
35
Struktur und Entwicklung der kantonalen Branchenlandschaft
Appenzell-Ausserrhoden: Zugpferd gesucht
DerKantonARweisteinennachwievorhohenAnteilderLandwirtschaftaus.InderIndus-
triehabendieElektronikbrancheundderTextilsektoreingrossesGewicht.Auffälligistsodann
dergrosseAnteildesGesundheitsbereiches.DieübrigenDienstleistungsbranchensindimVer-
gleichzumschweizerischenMittelschwachvertreten(Abbildung6.5).
Zwischen2001und2005musstenvieleBrancheneinesinkendeBeschäftigunghinnehmen,
allenvorandieElektronik,dieLandwirtschaftundderBau.AberauchbeimDetailhandelund
beidenGaststättenkameszueinemstarkenRückgang.ZwarkonntenderStaat,derBereich
Soziales,dieChemie-undPharmabranche,dieEnergieundderGross-undAutohandelzulegen,
abereinwirklichkräftigesZugpferdfehltzumindestimprivatenBereich(Abbildung6.6).
10%
9%
8%
7%
6%
5%
4%
3%
2%
1%
0%
Ges
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Gla
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Fahr
zeug
e
Erklärung: Vollzeitäquivalente, eigene Berechnungen IHK auf Basis der BZ und der LWBZ.
Abbildung 6.5: Beschäftigungsanteile AR, 2005
n Anteil VZA AR 2005n Anteil VZA CH 2005
b r a n c h e n s t r u k t u r : g r o s s e b e d e u t u n g v o n i n d u s t r i e u n d g e w e r b e
Erklärung: Mit dem mittleren Beschäftigungsanteil gewichtetes Wachstum der Vollzeitäquivalente, eigene Berechnungen IHK auf Basis der BZ und der LWBZ.
Abbildung 6.6: Gewichtetes Wachstum Beschäftigung AR, 2001–2005
n Wachstum VZA AR n Wachstum VZA CH
0.4%
0.3%
0.2%
0.1%
0.0%
-0.1%
-0.2%
-0.3%
-0.4%
-0.5%
-0.6%
-0.7%
-0.8%
Ges
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36
Appenzell-Innerrhoden: Boom dank erfolgreich bewältigtem Strukturwandel
InAIhatdieLandwirtschafteineausserordentlichgrosseBedeutung,miteinemBeschäf-
tigungsanteilvonüber15%.InkeinemanderenKantonarbeiteteinauchnurannäherndso
grosserAnteilderErwerbstätigenimprimärenSektor.EbenfallsvongrosserBedeutungsindder
BauunddieHolzverarbeitung,dieGaststättenundderDetailhandel.Letztereprofitierenspeziell
vomTourismus.BeidenIndustriebranchensindMetallerzeugnisse,Elektronik,Nahrungsmittel-
industrieunddieTextil-undKleiderbrancheüberdurchschnittlichvertreten(Abbildung6.7).
DieNahrungsmittelindustriekonntebeschäftigungsmässigstarkzulegen,ebensowieder
Bau.VerlustewarendagegenbeimHolzbauzuverzeichnen.EbenfallseinedeutlicheBeschäf-
tigungszunahmekonntenBildungundSozialesausweisen(Abbildung6.8).
16%
14%
12%
10%
8%
6%
4%
2%
0%
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Abbildung 6.7: Beschäftigungsanteile AI, 2005
Anteil VZA AI 2005 nAnteil VZA CH 2005 n
Erklärung: Vollzeitäquivalente, eigene Berechnungen IHK auf Basis der BZ und der LWBZ.
Erklärung: Mit dem mittleren Beschäftigungsanteil gewichtetes Wachstum der Vollzeitäquivalente, eigene Berechnungen IHK auf Basis der BZ und der LWBZ.
Abbildung 6.8: Gewichtetes Wachstum
Beschäftigung AI, 2001–2005
Wachstum VZA AI n Wachstum VZA CH n
0.4%
0.3%
0.2%
0.1%
0.0%
-0.1%
-0.2%
-0.3%
-0.4%
-0.5%
-0.6%
-0.7%
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k a p i t e l 6
37b r a n c h e n s t r u k t u r : g r o s s e b e d e u t u n g v o n i n d u s t r i e u n d g e w e r b e
St.Gallen: Grosse Bedeutung von Metall- und Maschinenindustrie,
Aufschwung beim Bau
InSGfälltvorallemdiegrosseBedeutungderMetall-undMaschinenindustrieauf,wäh-
rendbeipraktischallenDienstleistungsbrancheneinleichtunterdurchschnittlicherAnteilzu
vermerkenist(Abbildung6.9).
WachstumsmässigkonntenvondenIndustriebranchenvorallemdieMetallindustrieund
dieElektronikzulegen,beideentgegendergesamtschweizerischenEntwicklung.Sehrerfreulich
entwickeltesichnacheinerlangenKriseauchderBau.ZuletztwurdeauchinSGdieBeschäf-
tigungdurchdenstaatlichenundstaatsnahenSektorgestützt:Bildung,Staat,Gesundheit
undSozialesleistetenalleeinenpositivenBeschäftigungsbeitrag.ZudenVerliererngehörten
insbesondereLandwirtschaft,Textilien,Maschinenbau,Detailhandel,GaststättenundInfor-
matik.DieEntwicklunginSGkannalssehrgleichmässigbezeichnetwerden,wasaufdiestark
diversifizierteWirtschaftzurückzuführenist(Abbildung6.10).
Erklärung: Vollzeitäquivalente, eigene Berechnungen IHK auf Basis der BZ und der LWBZ.
Abbildung 6.9: Beschäftigungsanteile SG, 2005
n Anteil VZA SG n Anteil VZA CH
Abbildung 6.10: Jährliches Wachstum Beschäftigung SG, 2001–2005
n Wachstum VZA SG n Wachstum VZA CH
10%
9%
8%
7%
6%
5%
4%
3%
2%
1%
0%
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Erklärung: Mit dem mittleren Beschäftigungsanteil gewichtetes Wachstum der Vollzeitäquivalente, eigene Berechnungen IHK auf Basis der BZ und der LWBZ.
0.15%
0.10%
0.05%
0.00%
-0.05%
-0.10%
-0.15%
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38
Erklärung: Mit dem mittleren Beschäftigungsanteil gewichtetes Wachstum der Vollzeitäquivalente, eigene Berechnungen IHK auf Basis der BZ und der LWBZ.
Abbildung 6.12: Gewichtetes Wachstum
Beschäftigung TG, 2001–2005
Wachstum VZA TG n Wachstum VZA CH n
10%
9%
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7%
6%
5%
4%
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Erklärung: Vollzeitäquivalente, eigene Berechnungen IHK auf Basis der BZ und der LWBZ.
Abbildung 6.11: Beschäftigungsanteile TG, 2005
Anteil VZA TG n
Anteil VZA CH n
k a p i t e l 6
Thurgau: Grosse Bedeutung von Metall- und Maschinenindustrie,
Wachstum des Gesundheitssektors
AuchimTGmachendieLandwirtschaftunddieIndustrieeinenhohenAnteilanderBe-
schäftigungaus.UnterdenIndustriebranchenstechenvorallemdieMetall-undMaschinenin-
dustriehervor.DanebensindauchdieAnteiledesFahrzeugbaus,derKunststoffindustrie,der
MöbelproduktionundderBau-undHolzbranchegross.DieDienstleistungsbranchensindim
TGebenfallsuntervertreten(Abbildung6.11).
DiegrösstenWachstumsratenresultiertenbeidenstaatlichenoderstaatsnahenDienstleis-
tungen,beidenpersönlichenundbeidenunternehmensnahenDienstleistungensowiebeiden
Finanzdienstleistungen.NurwenigeIndustriebranchenkonntenzulegen:Metallerzeugnisse,
FahrzeugeundBauwirtschaft.LandwirtschaftundMaschinenbaumusstendagegenempfind-
licheEinbussenhinnehmen(Abbildung6.12).
0.30%
0.25%
0.20%
0.15%
0.10%
0.05%
0.00%
-0.05%
-0.10%
-0.15%
-0.20%
-0.25%
-0.30%
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Regionale Branchenstruktur
BeschäftigungsmässigistdieIndustrieregionalsehrunterschiedlichverteilt(Abbildung
6.13).LeaderbeimIndustrieanteilistdasRheintal,gefolgtvonRorschach,Werdenberg,dem
OberthurgauunddenbeidenRegionenumWil.EinenerstaunlichhohenIndustrieanteilhat
auchdasToggenburg.TiefistderIndustrialisierungsgraddagegeninSt.Gallen,welchesvor
allemvondenDienstleistungsbranchenlebt.RelativtiefistersodanninAIundinallendrei
RegionenvonAR.
BeiderInterpretationdieserZahlenistallerdingsinErinnerungzurufen,dassdasVerhältnis
vonArbeitsstellenzurBevölkerungzwischendenRegionenstarkvariiert.DieRegionWil(TG)
hatbeispielsweisenurrelativwenigeStellenimVerhältniszurBevölkerung,damitauchnur
wenigeStellenimIndustriesektorimVerhältniszurBevölkerung.EinhoherIndustrieanteilmuss
damitnichtheissen,dasseineRegionstarkindustrialisiertist.
Quelle: Vollzeitäquivalente, eigene Berechnungen IHK auf Basis der BZ und der LWBZ.
Abbildung 6.13: Regionaler Anteil der Beschäftigten nach Sektoren, 2005
n Anteil Dienstleistungen n Anteil Landwirtschaft n Anteil Industrie
100%
90%
80%
70%
60%
50%
40%
30%
20%
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St.G
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DieBranchenstrukturundBranchenentwicklungderOstschweizerRegionenistsehrhe-
terogen.InderzweitenSpaltederfolgendenTabelleistfürjedeRegiondiejenigeBranche
aufgelistet,welcheimVerhältniszumostschweizerischenMittelamwichtigstenist.Diesgibt
einenEindruckvondenSpezialitätendereinzelnenRegion.ImHinterlandvonARistdieElek-
tronikbranchesehrbedeutend,imMittel-undVorderlanddieTextilbranche.InSt.Gallensindes
dieunternehmensnahenDienstleistungen,imSarganserlanddieGaststätten,inSee-Gasterdie
Kunststoffbranche.InfünfRegionenistderAnteilderLandwirtschaftherausragend.
40
Tabelle 6.1: Einige Highlights der
regionalen Branchenstruktur und -entwicklung, 2001–2005
Regionen Wichtige Branche Gewinnerbranche Verliererbranche
Hinterland Elektr.Geräte Pers.Dienst. Elektr.Geräte
Mittelland Textilien,Bekleidung Grosshandel Bau
Vorderland Textilien,Bekleidung Soziales Gesundheit
Appenzell Landwirtschaft Soziales Landwirtschaft
St.Gallen Untern.Dienstl. Staat Detailhandel
Rorschach Nahrungsmittel Nahrungsmittel Untern.Dienstl.
Rheintal Metallerzeugnisse Bau Detailhandel
Werdenberg Fahrzeuge Metallerzeugnisse Medizinal,Optik,Uhren
Sarganserland Gaststätten Gesundheit Gaststätten
See-Gaster Kunststoff Bau Untern.Dienstl.
Toggenburg Landwirtschaft Soziales Landwirtschaft
Wil(SG) Maschinenbau Metallerzeugnisse Informatik
Oberthurgau Nahrungsmittel Soziales Fahrzeuge
Diessenhofen Landwirtschaft Metallerzeugnisse Maschinenbau
Frauenfeld Staat Versicherungen Nachrichten
Kreuzlingen Gesundheit Verkehr Kunststoff
Wil(TG) Landwirtschaft Metallerzeugnisse Textilien,Bekleidung
Untersee Landwirtschaft Bau Landwirtschaft
Weinfelden Fahrzeuge Fahrzeuge Verkehr
Erklärung: Die «Wichtige Branche» ist diejenige Branche, welche im Vergleich zum ostschweizerischen Mittel im Jahre 2005 den grössten Anteil aufwies. Die Spalten «Gewinner» und «Verlierer» zeigen die Branchen mit dem stärksten resp. schwächsten Beitrag zum Beschäfti-gungswachstum in der Region. Eigene Berechnungen IHK auf Basis der BZ.
2 Vgl.ThomasFriedli,ElgarFleisch,FranzJaeger,HeikoGebauer,IndustriestandortSchweiz,VerlagHaupt,Bern,2007.
k a p i t e l 6
BeimBeschäftigungswachstumistebenfallseinegrosseVariationfestzustellen.InvierRegio-
nengeneriertedieMetallbranchedengrösstenBeschäftigungszuwachs.DieSozialbranche,mit
zusätzlichenStelleninAltersheimenundHeimenfürBehinderte,warebenfallsinvierRegionen
fürdengrösstenZuwachsverantwortlich.IndreiRegionenwaresderBau.Indenrestlichenacht
RegionenwarenesjeweilsunterschiedlicheBranchen,welchedengrösstenpositivenBeitrag
zurBeschäftigunglieferten.InderRegionSGistbezeichnenderweisederStaatammeisten
gewachsen.BeidenVerliererbranchenergibtsicheinwenigereinheitlichesBild.DieLand-
wirtschaftwarindreiRegionenfürdengrösstenBeschäftigungsrückgangverantwortlich,der
Detailhandelinzweien.
Chancen und Risiken der Ostschweizer Branchenstruktur
Eszeigtsich,dassdieBranchenstrukturderOstschweizmitgewissenRisikenbehaftetist.
EinersterRisikofaktoristdernachwievorhoheAnteilderLandwirtschaft,inwelchersichder
Strukturwandelfortsetzenwird.InderIndustriekonntesichdieOstschweizerMetallindustrie
demschweizerischenBeschäftigungsrückgangentziehen,dieTextil-unddieMaschinenindustrie
hingegennicht.EsbestehenaberauchgrosseUnterschiedezwischendenKantonen.ImTG
undinAIfandeinrelativstarkesWachstumdesDienstleistungssektorsstatt,währendinSGdie
Metall-unddieElektronikbranchewichtigeWachstumsimpulselieferten.
DieAussichtenderOstschweizalsIndustriestandorthängenstarkvonderweiterenEntwick-
lungderMEM-Sektorenab.LangeZeitwurdendieseninderSchweizschlechteZukunftspers-
pektivenattestiert.MitdemindustriegestütztenAufschwungderletztenJahreerscheinteine
neueBlütedertraditionellenIndustriebranchenwiedermöglich2.
4�b r a n c h e n s t r u k t u r : g r o s s e b e d e u t u n g v o n i n d u s t r i e u n d g e w e r b e
WieinvielenanderenLändernbildetesichinderSchweizderAnteilderinderIndustrie
Erwerbstätigenstarkzurück.DieserunterdemNamenDeindustrialisierungbekannteProzess
betrafinderSchweizzuerstdieUhren-unddieTextilindustrie,erfassteinden1980erund
1990eraberauchdieMetall-,Maschinen-undFahrzeugindustrie.EhemaligePfeilerderSchwei-
zerIndustrielandschaftwieSulzeroderOerlikongerieteninsWanken.ImGegenzugkameszu
einemstarkenWachstumbeiderChemie-undPharmabranche,beiderMedizinaltechnikund
beidenFinanzdienstleistungen,welcheeinenzunehmendenAnteilderExporteausmachen.Es
kammitanderenWortenzueinerVerschiebungvondentraditionellenExportsektoren(MEM,
TextilienundKleider,Uhren)hinzudiesenneuenSektoren.
DiverseUrsachenwarenfürdiesenProzessverantwortlich.ErstensverlordieSchweiz
aufgrundihreshohenLohnniveausdenkomparativenVorteilinrelativstarkstandardisierten
Produkten,welcheinLändernmittieferenLohnkosteninähnlicherQualität,aberdeutlich
billigerhergestelltwerdenkonnten.IneinigenBranchenwurdeesauchverpasst,aufaktuelle
EntwicklungenzureagierenundneueProduktezuentwickeln.DieAuslagerungvonFertigungs-
prozessennachOsteuropaoderindenFernenOstenhättediesenProzessweiterbeschleunigen
sollen.DerNiedergangderMEM-IndustrienimWerkplatzSchweizhättedamitangehalten.
DieEntwicklungderletztenJahrestelltdieseErwartungeninFrage.Wieausdengezeigten
Statistikenhervorgeht,konntesichdieIndustrienichtnursehrguthalten,sondernsieistsogar
dereigentlicheMotordesaktuellenAufschwungs.Diestrifftnichtnuraufdiechemischeund
pharmazeutischeIndustrieunddieMedizinaltechnikzu,sondernauchaufdieMetall-unddie
Uhrenindustrie.DaskannAusdruckeinerneugefundenenWettbewerbsfähigkeitaufBasisder
altenStärkenQualitätundInnovationsein.
AllerdingsdürftenauchdiesehrguteWeltkonjunkturunddiegrosseNachfragenachIn-
vestitionsgüternindenboomendenVolkswirtschaftenChinasundIndienseineRollegespielt
haben.IndensichneuindustrialisierendenVolkswirtschaftenbestehteinenormerBedarfan
Infrastruktur,woraussichfürdieInvestitionsgüterindustriesehrgutePerspektiveneröffnen.
DavonprofitiertnichtzuletztdieOstschweizmitihrerSpezialisierungaufInvestitionsgüter.
Esbleibtabzuwarten,obvondiesemBoombeidenInvestitionsgüternauchderWerkplatz
Schweiznachhaltigprofitierenwird.DieSchweizerUnternehmensindmitihremumfassenden
Know-howsicherlichineinersehrgutenPosition.Esistaberdenkbar,dassdieProduktions-
prozessezunehmendausgelagertwerden.DienächstenKapitelwerdensichdiesemAspekt
näherwidmen.
42
Kapitel 7Aussenhandel als Erfolgsfaktor
43
DerAussenhandelistfürdiekleine,offeneVolkswirtschaftSchweizvonbesondererBedeu-
tung,fürdieOstschweizerWirtschaftaberistereinzentralerErfolgsfaktor.Auffallendhochist
derAnteilderexportorientiertenIndustrieunternehmungenausdemBereichderMEM-Indus-
trien.AberauchbeianderenIndustriezweigen–wieTextilien,Kunststoff,FahrzeugeoderNah-
rungsmittel–isteinerfolgreichesAgierenaufdemWeltmarkteinzentralesElementfüreineer-
folgreicheUnternehmensstrategie.DieWarenexportesindinderOstschweizdementsprechend
hoch.SobeträgtderExportvonWareninProzentdesVolkseinkommens–dieExportquote–in
derOstschweizrund42%undistdamithöheralsfürdieSchweizmit38%.Gleichzeitigliegen
dieImportederOstschweizunterdemschweizerischenDurchschnitt,sodassderSaldovon
Güterexportenund-importeninsAuslandbesondershochausfällt.ProKopfderBevölkerung
beträgterinunsererRegionca.3500Franken–inderSchweizgut1000Franken.
Grosse Exportdynamik
Maschinen- und Metallexporte führend
BetrachtetmandieExportenachWaren,stechendieAusfuhrenderGruppe«Maschinen,
Apparate,Elektrotechnik»miteinemAnteilvongut36%besondershervor,wobeiinnerhalb
dieserWarengruppedieAusfuhrenvonIndustriemaschinendominieren.Addiertmanzudieser
WarengruppedenAnteildeszweitenExportpfeilers«Metalle»,stelltmanfest,dassaufdie
MEM-Industrie(Maschinen-,Elektro-undMetallindustrie)53%allerLieferungeninsAusland
entfallen(Tabelle7.1).
ZugenommenhatdieBedeutungderChemikalien,diemiteinemExportanteilvongut9%
dendrittenPlatzeinnehmen.EinedeutlicheAnteilssteigerungerzieltendiePräzisionsinstrumen-
te,diePlatzvierbelegen,gefolgtvonderWarengruppe«Textilien,Bekleidung,Schuhe».
WasfürdieOstschweizdieMaschinenindustrie,istfürdieSchweizdieChemiemiteinem
AnteilamGesamtexportvon36%.DieSilbermedaillegehörtderMaschinenindustrieundBron-
zekannsichdieGruppe«Präzisionsinstrumente,Uhren,Bijouterie»umhängen.Dabeiistder
imVergleichzurOstschweizhöhereAnteildieserWarengruppemitdengrossenAusfuhrenvon
Uhrenzuerklären.
Tabelle 7.1: Exporte Warenarten Ostschweiz/Schweiz, 2006
Exporte Warenarten 2006 Differenz
Anteil OCH / Anteil CHBranche Ostschweiz
inMio.Fr. Anteilin%
Maschinen,Apparate,Elektronik 5‘828 36.2%
Metalle 2‘716 16.9%
ChemikalienundverwandteErzeugnisse
1‘508 9.4%
Präzisionsinstrumente,UhrenundBijouterie
1‘320 8.2%
Textilien,Bekleidung,Schuhe 1‘269 7.9%
Land-undforstwirtschaftlicheProdukte,Fischerei
1‘159 7.2%
Fahrzeuge 836 5.2%
Leder,Kautschuk,Kunststoffe 791 4.9%
Papier,Papierwaren,grafischeErzeugnisse
276 1.7%
Wohnungseinrichtungen,Spielzeugeusw.
245 1.5%
SteineundErden 130 0.8%
Energieträger 18 0.1%
-30%-20%-10%0%10%20%
Quelle: Eidgenössische Zollverwaltung, eigene Berechnungen IHK.
a u s s e n h a n d e l a l s e r f o l g s f a k t o r
44
Viele Investitionsgüterexporte – wenige Konsumgüter
DieBesonderheitderOstschweizerWirtschaftsstrukturkommtauchbeieinerGliederung
derAusfuhrennachVerwendungszweckzumAusdruck.FastdieHälfteallerExporteentfällt
aufInvestitionsgüterundguteinDrittelaufHalbfabrikateundZwischenprodukte(Tabelle7.2).
KonsumgüterhingegensindmiteinemAnteilvon17%relativunbedeutend.Ganzandersim
SchweizerDurchschnitt,wodieKonsumgüterexportemit45%dengrösstenAnteileinneh-
men.
Exportwachstum nach Warenarten
DasWachstumderverschiedenenWarenwarsehrunterschiedlich.Von2001bis2006
konntendieNahrungs-undGenussmittelihreAusfuhrenamstärkstensteigern,wasvorallem
aufeineNeuansiedlungimRheintalzurückzuführenist.NachdemDämpferzuBeginndesJahr-
tausendskamenauchdieApparatederElektroindustrieundElektronikwiederandiefrüheren
Wachstumsratenheran.EineansehnlicheExpansionvon7%proJahrerreichtenauchdiePrä-
zisionsinstrumente(Abbildung7.1).
Deutschland wichtigster Kunde – Indien sehr dynamisch
NachLändernbetrachtetistDeutschlandmitgrossemAbstandunserwichtigsterKunde.
WeitabgeschlagenfolgendieUSA,Österreich,FrankreichundItalien(Abbildung7.2).Vom
gesamtenWachstumderExportevon2000bis2006gehenbeinahe30%aufdasKontovon
Deutschland,wobeiderAnteilderGesamtexportenachDeutschlandleichtzurückgegangenist.
RelativwenigzumWachstumbeizutragenvermochtendietraditionellenSpitzenkundenItalien,
Österreich,USAunddasVereinigteKönigreich.NachFrankreichsinddieExportestagniertund
nachJapanhabensiesichsogarreduziert(negativerWachstumsbeitrag).
Tabelle 7.2: Exporte nach Verwendungs-
zweck Ostschweiz/Schweiz, 2006
Quelle: Eidgenössische Zollverwaltung, eigene Berechnungen IHK.
Exporte nach Verwendungszweck Differenz
Anteil OCH / Anteil CHBranche Ostschweiz
inMio.Fr. Anteilin%
Investitionsgüter 6‘450 47.7%
HalbfabrikateundZwischenprodukte 4‘765 34.6%
Konsumgüter 1‘470 16.9%
Rohstoffe 111 0.7%
Energieträger 7 0.1%
-40%-20%0%20%40%
Abbildung 7.1: Entwicklung der wichtigsten
Warenexporte der Ostschweiz (2001 bis 2006)
Textilien/Schuhe Industriemaschinen
Metalle Chemie
Präzisionsinstrumente Kunststoff
Elektroindustrie/Elektronik Nahrungsmittel
-3%-1%1%3%5%7%9%11%13%15%17%19%21%23%25%27%29%
Quelle: Eidgenössische Zollverwaltung, eigene Berechnungen IHK (Grösse der Kreise gemäss Exportumsatz).
k a p i t e l 7
45a u s s e n h a n d e l a l s e r f o l g s f a k t o r
Abbildung 7.2: Wichtige Kundenländer und ihr Beitrag zum Export-wachstum der Ostschweiz
n Anteil (2006) n Wachstumsbeitrag (2000–2006)
AmmeistenanBedeutunggewonnenhabenChinaundIndien.IndenletztensechsJah-
renstiegendieExportenachIndienproJahrumgut30%,derAnteilamTotalderAusfuhren
erhöhtesichvon0,4%auf1,7%.AuchdieWachstumsbeiträgevonPolen,derRussischen
Föderation,vonDänemarkunddenNiederlandenwarenüberproportional.
Importe mit kräftigem Wachstum – Deutschland über alles
DieImportederOstschweizsindindenletztenJahrenstärkergewachsenalsdieExporte.
WeilaberdasNiveauderImportedeutlichtieferliegt,hatderSaldo(derÜberschussderExporte
überdieImporte)trotzdemzugenommen.BesonderskräftigzugelegthabendieEinfuhrenvon
Präzisionsinstrumenten,Energieträgern,MetallenundChemikalien.AmmeistenAusgabenim
Jahr2006verursachtendieImportederWarengruppen«Maschinen,Apparate,Elektrotechnik»,
Metalle,Chemikalienund«Textilien,Bekleidung,Schuhe».
DeutschlandistnichtnurunserwichtigsterKunde,sondernauchderdominierendeLiefe-
rant:WirbeziehenbeinahedieHälfteallerImportevonunseremnördlichenNachbarland.Un-
sereNachbarnimOsten,SüdenundWestenplatzierensichinderRanglistederbedeutendsten
ImportländerebenfallsaufdenvorderstenPlätzen.Nur10%allerEinfuhrenkamen2006von
LändernausserhalbderEU.
Das Aussenhandelsprofil der Ostschweizer Kantone
Kantonale Unterschiede und Gemeinsamkeiten
FürwelchenOstschweizerKantonistderAussenhandelamwichtigsten?Bedientmansich
zurBeantwortungdieserFragederExportquoteundderExporteproKopf,liegenARundSG
nahebeieinander(Tabelle7.3).DaAusserrhodenaberimVerhältnisdeutlichwenigerWaren
importiert,istderSaldoproKopfausdemAussenhandelfürARmarkantgrösseralsfürden
KantonSG.DiekleinsteExportquoteunddentiefstenExportumsatzproKopfweistAIaus.Die
grössteGemeinsamkeitimAussenhandelsprofilallerOstschweizerKantonesinddiehohen
ExportanteileinderWarengruppe«Maschinen,Apparate,Elektronik».MitRechtdarfmanhier
voneinemeigentlichenClustersprechen.
Quelle: Eidgenössische Zollverwaltung, eigene Berechnungen IHK
34%
29%
24%
19%
14%
9%
4%
-1%
Deu
tsch
land
USA
ÖSt
erre
ich
Fran
krei
ch
Italie
n
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Nie
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na
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n
Indi
en
Dän
emar
k
Pole
n
Russ
.Fö
dera
tion
46
Ausserrhoden: Klumpenrisiken
InkeinemKantonderSchweizsinddieImporteproKopfderBevölkerungkleineralsinAR.
DieExportquotehingegenistüberdurchschnittlichgross,wasvorwiegenddreiWarengruppen
zuverdankenist:ApparatederElektroindustrieundElektronik(Anteil33%),Textilien(18%)
sowieChemikalien(15%).DieStagnationderAusfuhrenvon2000bis2005hängtinsbeson-
deremitdenApparatenderElektroindustrieundElektronikzusammen,die2001und2002
einenmassivenDämpferhinnehmenmusstenundbiszum2006dasNiveaudesJahres2000
nichtwiedererreichten.DiesweistsowohlbezüglichWarenartalsauchAnzahlFirmenauf
Klumpenrisikenhin.
Innerrhoden: Tiefste Exportquote aller Kantone
DieExportquotevonInnerrhodenistnichtnurimOstschweizerVergleichtief,sondernkein
KantonderSchweizhateinekleinereExportquote.Unddies,obwohlauchInnerrhodeneinen
überdurchschnittlichenAnteilanIndustriehat,darineingeschlossenabereinigeBetriebe,die
mitihrenProduktenvorallemdenBinnenmarktSchweizbeliefern.DasWachstumderExportein
denletztenJahrenistvorwiegendaufdiesteigendeAuslandnachfragenachApparatenderElek-
troindustrieundElektroniksowienachMetallenzurückzuführen.IhrExportanteilbetrug2006
gut15%bzw.23%.Chemikalien(23%)undTextilien(20%)sinddieweiterenwichtigenSäulen
derAusfuhrenvonAI.BeiInnerrhodenmussallerdingsspezielldaraufhingewiesenwerden,dass
derExportvonDienstleistungen–wieerbeispielsweisedurchdieBesuchevonausländischen
Gästenerzieltwird–indenStatistikenderGüterexportekeinenEingangfindet.
Thurgau: Boom bei den Schienenfahrzeugen
DieExportedesKantonsThurgauvermochtendemTempoderschweizerischenundder
ostschweizerischenExportenichtzufolgen.DiebeidengrösstenSäulenderThurgauerExporte
sindMetalleundIndustriemaschinenmiteinemAnteilvonjeeinemFünftel.Dieabsoluten
ÜberfliegerwarenaberdieSchienenfahrzeuge–einTeilderWarengruppeFahrzeuge–mit
einerWachstumsratevon70%proJahrseit2001.BeimThurgaudominiertDeutschlandals
wichtigsterAbnehmer(36%)nochstärkeralsindenübrigenOstschweizerKantonen.
St.Gallen: Solides Exportfundament
AuchimKantonSGprägenIndustriemaschinen(Exportanteil27%)undMetalle(16%)die
Exportstruktur.Miteinemknappen10%-AnteilfolgenPräzisionsinstrumenteundChemikalien.
DieAusfuhrenstützensichaufeinsolidesundbreitesFundament,dennauchdieAnteilevon
ApparatenderElektroindustrieundElektronik,derTextilien,derNahrungs-undGenussmittel
sowiederKunststoffeliegenzwischen5%und7%.DieTextilienhabenzwarbeiweitemnicht
mehrdieselbeBedeutungwiefrüher,innerhalbderSchweizbleibtderKantonSGaberdie
HochburgderTextilindustrie,gehendoch27%derSchweizerTextilexporteaufseinKonto.
Tabelle 7.3: Aussenhandelsindikatoren für
die Ostschweizer Kantone
Quelle: Eidgenössische Zollverwaltung, eigene Berechnungen IHK.
AR SG TG AI
Exporte2006(in1‘000CHF) 1‘222‘050 10‘643‘011 4‘154‘951 75‘760
Importe2006(in1‘000CHF) 489‘316 8‘631‘647 4‘008‘405 65‘397
Exportein%derImporte2006 250% 123% 104% 116%
ExportumsatzproKopf2005 19‘971 20‘650 15‘786 4‘135
SaldoproKopf2005 11‘833 4‘261 317 121
Exportquote2004 44% 46% 35% 11%
ExportanteilMaschinen,Apparate,Elektronik
38% 38% 33% 23%
k a p i t e l 7
47a u s s e n h a n d e l a l s e r f o l g s f a k t o r
Regionen: Unterschiedliche Bedeutung des Aussenhandels
Überragendes Rheintal
ImRheintalwurdeim2006einExportumsatzvonrund3,4Mrd.Frankenerzielt.Damitträgt
dasRheintaleinenFünftelzumTotalderExportederOstschweizerRegionenbei.DasRheintal
warzwarschonimmer,d.h.solangesichdieregionalenStatistikenzurückverfolgenlassen,die
grössteExportregionderOstschweiz.SeineBedeutunghataberkontinuierlichzugenommen.
DennauchandereKennzahlenuntermauerndieBedeutungdesAussenhandelsfürdasRheintal.
SowerdenproBeschäftigten(Vollzeitäquivalente)rund114000FrankenExportumsatzerzielt
(Abbildung7.3).
NebendemRheintalsinddiefolgendenRegionenhauptverantwortlichfürdiehohenEx-
porterlösederOstschweiz:St.Gallen,Wil(SG),Oberthurgau,WerdenbergundAR.Wenigzur
ExportorientierungderOstschweiztragenDiessenhofen,AI,derUnterseeunddasSarganser-
landbei.
NachWarenartenbetrachtetspielenindenmeistenRegionenIndustriemaschinenundMe-
talledieersteGeige.AusnahmenbildendasRheintal,woPräzisionsinstrumentedenerstenPlatz
belegen.ZudemführeninderRegionSee-GasterKunststoffe,inWeinfeldenSchienenfahrzeuge
undinderRegionUnterseeHaushaltsapparatedieRanglistean.Aussergewöhnlichist,dass
TextilienimAppenzellerlandnochimmerdiezweitwichtigstenExportproduktesind.
Boomende Warenexporte – eine Ursachenanalyse
IndenletztendreiJahrenverzeichnetendieOstschweizerExporteeinkumuliertesWachstum
vonrund23%.EinmalmehrhabendieExporteihregewohnteFunktionalsKonjunkturlokomo-
tivegespielt.DeshalbinteressiertdieFrage,welcheFaktorendennfürdieExportentwicklung
ausschlaggebendsind.GrundsätzlichisteszumeinendieNachfrageausdenausländischen
Quelle: Eidgenössische Zollverwaltung, BFS, eigene Berechnungen IHK
Rheintal
Rorschach
Werdenberg
Wil(SG)
AR
Kreuzlingen
Oberthurgau
See-Gaster
Weinfelden
Wil(TG)
Diessenhofen
Untersee
Frauenfeld
St.Gallen
Toggenburg
Sarganserland
AI
020‘00040‘00060‘00080‘000100‘000120‘000
Abbildung 7.3: Exportumsatz pro Beschäftigten (Vollzeitaquivalente) 2006
48
AbsatzmärktenundzumanderendierelativepreislicheWettbewerbsfähigkeitderExportun-
ternehmen.
Entscheidende Rolle der Auslandskonjunktur
DieentscheidendeRollefürdieNachfragedesAuslandsnach(Ost-)SchweizerWarenspielt
dasausländischeWirtschaftswachstum.InAbbildung7.6sinddasweltwirtschaftlicheBoomjahr
2000,dieanschliessendendreimagerenJahreebensowiedieerfreulichePeriode2004bis2006
gutzuerkennen.GemässBerechnungendesStaatssekretariatsfürWirtschaft(Seco)liegtdie
langfristigeElastizitätderSchweizerExporteaufdasBIP-WachstumimAuslandimBereichvon
2;d.h.,einumeinenProzentpunktstärkeresWachstumderWeltwirtschafterhöhtdieSchwei-
zerExporteumzweiProzentpunkte1.DieOstschweizerExportedürftenaufgrundderBranchen-
struktur(v.a.Investitionsgüter)nochstärkeraufVeränderungendesBIPimAuslandreagieren.
ZudemistdieNachfragenachOstschweizerExportwareninsbesonderevonderkonjunkturellen
EntwicklungderEUunddabeiinsbesonderevonDeutschlandabhängig.
Verbesserung der preislichen Wettbewerbsfähigkeit
FürdierelativepreislicheWettbewerbsfähigkeitspielendasPreissetzungsverhaltenderEx-
porteureunddieWechselkursentwicklungeinewichtigeRolle.WährendindenAchtzigerJah-
renundindererstenHälftederNeunzigerJahreeineAufwertungdesFrankensdiepreisliche
Wettbewerbsfähigkeitnegativbeeinflusste,istderBeitragderpreislichenWettbewerbsfähigkeit
seithermehrheitlichpositivausgefallen–vonderAusnahmederPeriode2001bis2003abge-
sehen(vgl.Abbildung7.4).
Übrige Einflussfaktoren ebenfalls positiv
NebendenbeidenHauptdeterminantenbeeinflussendiverseweitereFaktorendieEntwick-
lungderExporte.SolösenzumBeispielVeränderungenderBranchenstruktur,derWarenqua-
lität,derTechnologie,InnovationenoderdiefortschreitendeGlobalisierungAnpassungenbei
denExportenaus.GemässSecohabendieseFaktorenseitdemJahr2000mehrheitlicheinen
positivenBeitragzumWachstumderAusfuhrengeleistet.
1 Vgl.StaatsekretariatfürWirtschaft(2007):WichtigeBestimmungsfaktorendesschweizerischenAussenhandels,in:Konjunkturtendenzen Frühjahr2007,S.37-46;www.seco.admin.ch,Rubriken«Themen»,«Wirtschaftsentwicklung»,«Konjunkturtendenzen».
13
11
9
7
5
3
1
-1
-32000200120022003200420052006
Quelle: OZD, BFS, SECO / Die Volkswirtschaft
Abbildung 7.4: Die Determinanten des Export-wachstums der Schweiz, in %
Übrige Faktoren n Preisliche Wettbewerbsfähigkeit n Nachfrage des Auslands n
k a p i t e l 7
49
Kapitel 8Direktinvestitionen:
Chancen überwiegen
50
NebendemAussenhandelstellendieDirektinvestitioneneinenzweitenTeilbereichderin-
ternationalenVerflechtungdar.SchweizerischeUnternehmenexportierennichtnurGüterins
Ausland,sieinvestierenimAuslandauchinTochtergesellschaften,welchedieProduktionund
denVertriebvonGüternwahrnehmen.ProdukteschweizerischerFirmenwerdendamitinder
ganzenWeltproduziert.DieszeugtvomErfolgdieserUnternehmen.Direktinvestitionenlösen
darüberhinausaberauchÄngsteaus.DasStichwortOffshoringschafftBefürchtungen,dass
unterderAusweitungderinternationalenArbeitsteilungdieeinheimischenArbeitskräfteund
dieWertschöpfungleidenkönnten.
D e f i n i t i o n e n
•UnterdenBegriffDirektinvestitionenfallendieGründungvonTochtergesellschaftenoder
FilialenimAuslandsowieBeteiligungenanUnternehmenimAuslandimUmfangvonmin-
destens10%amstimmberechtigtenKapital.SowohlOutsourcingalsauchOffshoringsind
BestandteilederDirektinvestitionen.
• OutsourcingbedeutetgemässDefinitionderOECD,dasseinUnternehmenTeileseines
–bisherinternen–ProduktionsprozesseszuanderenFirmenauslagert.Dabeispieltdie
DimensionInland/AuslandkeineRolle.
• Offshoringhingegenistdadurchdefiniert,dasseineVerlegungdesProduktionsprozesses
insAuslandstattfindet,wobeies–imGegensatzzumOutsourcing–keineRollespielt,ob
dieseVerlagerunginnerhalbderFirma(z.B.aneineausländischeFiliale)oderaneineDritt-
firmastattfindet.
Grosse Bedeutung der Direktinvestitionen für die Schweiz
SchweizerUnternehmengehörenzudenwichtigstenDirektinvestorenderWelt.DerBe-
standschweizerischerDirektinvestitionenimAuslandbeliefsich2006nachAngabenderOECD
aufeinenneuenRekordwertvonrund700MilliardenFranken,wasca.150%desnominalen
Bruttoinlandprodukts(BIP)entspricht1.GemessenamBIPistdieSchweizdamitnachHongkong
dergrössteDirektinvestorimAuslandundgehörtzudenzehnamstärkstenglobalisierten
LändernderWelt2.Im2005sindderSchweizausdiesenAuslandengagements75Milliarden
FrankenanErträgenzugeflossen.
GesamthaftbeschäftigenSchweizerUnternehmenimAuslandüber2MillionenPersonen.
GutdieHälftedavonarbeitetinderIndustrie,womitSchweizerIndustrieunternehmenim
AuslandmehrPersonalbeschäftigenalsimHeimatland.DerEntscheid,obneueMärkteüber
schweizerischeoderausländischeStandorteerschlossenwerdensollen,fälltzunehmendzu-
gunstenderletzterenStrategie.DiesbelegtnichtzuletztdieEntwicklungderBeschäftigtenvon
SchweizerFirmenimIn-undAusland(vgl.Abbildung8.1).DasWachstumderExportelässt
vermuten,dasssievondenzunehmendenDirektinvestitionennichtverdrängt,sonderneher
ergänztzuwerden.
Kleinere Bedeutung für die Ostschweiz
DerBestandderOstschweizerDirektinvestitionenimAuslandliegtinProzentdesVolksein-
kommensmitgut50%weitunterdemschweizerischenWertvon143%(Tabelle8.1).Dieser
RückstandistvornehmlichaufdierelativwenigenDirektinvestitionenimDienstleistungsbereich
zurückzuführen,wasangesichtsdesrelativkleinenDienstleistungssektorsinunsererRegion
1Vgl.Trendsandrecentdevelopmentsinforeigndirectinvestments,OECD,Juni20072Vgl.Globalization-IndexKOF/ETH,www.globalization-index.org
k a p i t e l 8
5�d i r e k t i n v e s t i t i o n e n : c h a n c e n ü b e r w i e g e n
nichterstaunt.ImIndustriesektoristderUnterschieddeutlichkleiner.NimmtmandenPer-
sonalbestandalsRichtschnur,beschäftigenOstschweizerIndustrieunternehmenimAusland
rund110000Personen,waseinenAnteilvonknapp70%derIndustriebeschäftigteninder
Ostschweizausmacht.NebenderBranchenstrukturlassensichdieunterdemLandesdurch-
schnittliegendenDirektinvestitionenderOstschweizimAuslandauchmitdemweitgehenden
FehlenvonGrosskonzernenunddergeringenZahlvonHoldinggesellschaftenerklären.Zudem
sindüberdieHälftederdirektenAuslandsengagementsderSchweizmitdenbeidengrossen
Clustern«FinanzplatzZürich»und«ChemiestandortBasel»verbunden.
Wenige ausländische Direktinvestitionen in der Ostschweiz
DieOstschweizistkeinMagnetfürausländischeDirektinvestoren,beträgtderAnteildes
Kapitalbestandes(3,8Mia.)amVolkseinkommendochnur11%(CH56%).Ende2005be-
schäftigten–nachSchätzungenderSNB–ausländischeUnternehmeninderOstschweiz17171
Personen.
BetrachtetmandieInvestitionsströmeausdemAuslandalsAusdruckfürdieStandortat-
traktivität,erhältdieOstschweizkeinegutenNoten.EinewichtigeRolledürftedabeispielen,
dasssichdievierOstschweizerKantoneschonlangenichtmehralsStandortfürHoldinggesell-
schaftenprofilierenkonnten,obwohlderKantonSGeinerdererstenKantonemitdemHol-
dingprivilegwar.NebensteuerlichenGründendürftedabeivorallemdieDistanzzuZüricheine
Abbildung 8.1: Entwicklung der Beschäftigten von Schweizer Firmen im In- und Ausland (1996: Indexwert gleich hundert)
––– Beschäftigte von CH-Firmen im Ausland ––– Beschäftigte in der Schweiz
Quelle: SNB (1996 = 100)
Quelle: SNB, für die Ostschweiz Schätzungen der SNB
Tabelle 8.1: Direktinvestitionen der Ost-schweiz und der Schweiz im Ausland (2005)
140
130
120
110
100
901996199719981999200020012002200320042005
Kapitalbestand im Ausland Ostschweiz Schweiz
inMio.Fr. in%Volkseinkommen
inMio.Fr. in%Volkseinkommen
Total 17‘482 52% 560‘149 143%
Dienstleistungen 1‘625 5% 361‘990 92%
Industrie 15‘857 48% 198‘159 51%
Beschäftigte im Ausland Ostschweiz Schweiz
absolut in%derBeschäf-tigteninderOCH
absolut in%derBeschäf-tigteninderCH
Total 112‘905 33% 2‘002‘174 54%
Dienstleistungen 26‘033 12% 915‘208 34%
Industrie 86‘872 68% 1‘086‘966 109%
52
Rollespielen.DieseistauchbeiderAnsiedlungvonUnternehmungenimHightech-Bereichein
Nachteil.VieleandereKantone–speziellinderWestschweiz–lockenzudemmitumfangreichen
VergünstigungenneueUnternehmungenan.
DiekantonalenWirtschaftsförderungsstellenweisenindenletztensechsJahrenfolgende
Ansiedlungserfolgeaus.DerTGwarindieserHinsichtamerfolgreichsten.
Die zunehmende Bedeutung von Offshoring
EinstinnerhalbeinesUnternehmensoderimnationalenRahmenzusammengefassteWert-
schöpfungskettenwerdenzunehmendaufgeteilt.DieeinzelnenProduktionsschrittewerden
daraufhinuntersucht,obihreAusführunginner-oderausserhalbdereigenenFirmaeffizienter
ist.EbensowirdfürdieeinzelnenGliederderWertschöpfungskettevermehrtnachgeeigneten
ProduktionsstandortenaufderganzenWeltgesucht.
OffshoringistansichkeinneuesPhänomen.AberfolgendeneuereEntwicklungensind
dafürverantwortlich,dassdieDiskussionenüberdieKonsequenzenzugenommenhaben:
•Offshoringgreiftjelänger,jemehraufdieDienstleistungenüber.DieZeiten,indenen
davonv.a.dieIndustriebetroffenwar,sindvorbei.
•VomtraditionellenOffshoringwurdeninsbesonderetiefqualifizierteArbeitskräfte
betroffen.HeutewerdenauchhochqualifizierteArbeitenausgelagert.
•AngstverursachtauchdasrasanteWachstumderbeidengrossenVolkswirtschaftenChinas
undIndiens,diesichauchalsOffshore-LänderfürdieIndustrieanbietenundübereinHeer
vonteilweisehochqualifiziertenArbeitskräftenverfügen,welchesauchinZukunftweiter
wachsenwird.
18‘000
16‘000
14‘000
12‘000
10‘000
8‘000
6‘000
4‘000
2‘000
02002200320042005
Erklärung: Kapitalbestand Ende 2005, in Mio. Franken. Schätzungen der SNB, 2007
Abbildung 8.2: Direktinvestitionen in und aus
der Ostschweiz (in Mio. Franken)
Ostschweizer DI im Ausland n Ausländische DI in n
der Ostschweiz n
Tabelle 8.2: Neuansiedlungen von 2001
bis 2006, begleitet durch die Wirtschaftsförderung
Kanton Ansiedlungen Arbeitsplätze Durchschnittlicher Mitarbeiterbestand
TG 283 2038 7.2
SG 179 1013 5.7
AR 92 200 2.2
AI KeineAngabenerhältlich
Quelle: Kantonale Wirtschaftsförderungsstellen
k a p i t e l 8
53d i r e k t i n v e s t i t i o n e n : c h a n c e n ü b e r w i e g e n
•MachtensichfrüherspezielldieGrossfirmenAuslagerungsprozessezunutze,sindes
zunehmendKMU,welchevomOffshoringeineSteigerungihrerWettbewerbsfähigkeit
erwarten.
•DieAuswahlmöglicherPartnernimmtrasantzu.DiemodernenKommunikationstechno-
logienerlaubenes,überallaufderWeltPartnerzufinden,welchebeiderHerstellungvon
WarenundDienstleistungenkomparativeKostenvorteilebesitzen.
Produktionsanstieg ohne Wertschöpfung und Arbeitsplätze?
Auslagerungsprozessetragendazubei,dasssichdieBeziehungzwischenWertschöpfung
undProduktionlockert.OffshoringführtzueinemsteigendenAnteilimportierterVorleistungen
anderinländischenProduktionunddamitzueinerrelativenAbnahmederWertschöpfungam
Umsatz(genaueramProduktionswert),wasmitderWertschöpfungsquotegemessenwird.
DiedamitverbundenenBefürchtungensind,dassnurimgeringenMasseWertschöpfungund
ArbeitsplätzeimInlandgeschaffenwerden.ImInlandwürdealsozunehmendnurnochdie
EndmontagevielerGüterstattfinden,welchedannaufdemWeltmarktverkauftwürden.In
DeutschlandhatsichdafürderBegriffder«Basarökonomie»eingebürgert3.Deswegenseies
möglich,dassDeutschlandalsExportweltmeistergelteundgleichzeitigvonhoherArbeitslosig-
keitbetroffensei–ExportweltmeisterohneeinheimischeProduktionsbasis.
EineStudiedesBundesministeriumsfürWirtschaftundArbeitüberdieBasarökonomiein
DeutschlandstelltnegativeAuswirkungenaufWertschöpfungundBeschäftigunginAbrede4.
TrotzsteigendemImportanteilundsinkenderWertschöpfungsquotesänkendankOffshoringdie
ProduktionskostenunddieWettbewerbsfähigkeitsteige.DerdadurchausgelösteAnstiegder
ExporteüberkompensieredienegativenEffektedersteigendenVorleistungsimporte.Dafürsei
dersteigendeHandelsbilanzüberschussderbesteBeweis.AuchderFallDeutschlandbestätige,
dasseinevermehrteinternationaleArbeitsteilungproduktivitäts-undwachstumsförderndsei.
AuchdieOECDhatüberdieFolgenvonOffshoringaufdieBeschäftigungeineStudie5
erstelltundfestgestellt,dassAuslandverlagerungennurinkurzerFristmitnegativenBeschäf-
tigungsauswirkungenverbundenseien.InmittlererundlängererFriststeigedieBeschäftigung
aufgrundfolgenderEffektean:AnstiegdeskonsumierbarenEinkommensdanktieferenPrei-
senfürImportgüter,Produktivitäts-undExportwachstumderUnternehmen,Ausdehnungdes
Marktanteils,SteigerungderGewinneundAuslösungvonInvestitionen.Allerdingswürden
AuslandverlagerungenzueinembeschleunigtenStrukturwandelundentsprechendemAnpas-
sungsbedarfaufdemArbeitsmarktführen.VorallemTätigkeitenmitniedrigenQualifikations-
anforderungenwürdennachwievorzudenVerliererngehören.
Offshoring: (Noch) kein Problem für die Ostschweiz
BerechnetmandieWertschöpfungsquotefürdieSchweizmitHilfedesProduktionskontos
(VolkswirtschaftlicheGesamtrechnung,BFS),stelltmanfest,dasssiesichkaumveränderthat.
SowohlinderIndustriealsauchbeidenDienstleistungen6istkeintrendmässigerRückgang
derWertschöpfungsquotezuerkennen,selbstaufBranchenebenenicht(mitAusnahmen,z.B.
Textilien,Lederwaren,Schuhe).
WeitereHinweiseaufdieEntwicklungendesOffshoringkannmanausderAussenhandels-
statistikgewinnen:EinezunehmendeAuslagerungmüssteaneinemzunehmendenAnteilder
Halb-undZwischenprodukteamTotalderImportezumAusdruckkommen.Allerdingsistauch
ausdieserStatistikwederfürdieSchweiznochfürdieOstschweizeineTendenzzumOffshoring
3Vgl.SinnH.W.,2004;TheDilemmaofGlobalisation:AGermannPerspective;ÉconomieInternationale,100,111-1204Vgl.BundesministeriumfürWirtschaftundArbeit,2004,BasarökonomieDeutschland?http//www.bmwi.de/BMW/Navigation/serivce/ publikationen,did=43372.html5Vgl.Offshoringandemployment:TrendsandImpacts,OECD20076 DerAnteilderWertschöpfungamgesamtenProduktionswertbeträgtinderIndustrie35%undimDienstleistungssektor70%.
54
festzustellen.NurbeimImportauseinzelnenLändernnimmtderAnteilderHalb-undZwischen-
produktezu.SohatsichbeispielsweisedieserAnteilderImporteausChinaindieOstschweiz
von1995bis2006kontinuierlichundrasantvon16%auf37%erhöht.
WederausdemAussenhandelnochausdervolkswirtschaftlichenGesamtrechnungistalso
einklarerTrendzurAuslagerungzubeobachten.BestätigtwirddieseTheseauchdurchdieim
internationalenVergleichhoheWertschöpfungsquotederOstschweizerIndustrie.Nebenstatis-
tischenUnwägbarkeitenkönntenfolgendeGründedafürverantwortlichsein:derrelativflexible
Arbeitsmarkt,komplexeProduktionsprozessebeiNischenproduktenimHochpreissegment,die
BetonungderSwissnessusw.AlledieseFaktorenmachenAuslagerungenwenigerattraktiv.
WielässtsichdieseZurückhaltungimOffshoringmitdemrasantenAnstiegderostschwei-
zerischenDirektinvestitionenimAuslandinEinklangbringen?OffensichtlichsindunsereDirekt-
investitionennurzumkleinenTeilaufdieVerlagerungvonverschiedenenUnternehmensfunk-
tionenzurückzuführen,vielmehrsindsiemitdemMotivderEroberungneuerMärkte,eines
besserenMarktzugangesundderNähezumKundenzuerklären.UnterdiesenVoraussetzungen
sindDirektinvestitionenabsatzorientiertundkonkurrenzierenkeineeinheimischenArbeitsplät-
ze.AllenfallsbeeinträchtigensiedaszukünftigeExportwachstum,mehrheitlichaberergänzen
dieseAktivitätenimAuslandjeneimInland.
OstschweizerUnternehmentätigenDirektinvestitionenmehrheitlichebennichtausNot,
sondernausTugend.EineBesonderheitsindjeneFälle,indenenOstschweizerKMUihren
GrosskundeninsAuslandfolgenmüssen.
Offshoring: Kein entscheidender Faktor für Ostschweizer KMU
InZusammenarbeitmitdemSchweizerischenInstitutfürKlein-undMittelunternehmen
anderUniversitätSt.GallenhabenStudierendeimRahmeneinesIntegrationsseminarsimAuf-
tragderIHK124InterviewsmitUnternehmernüberderenHerausforderungendurchgeführt7.
Dabeihatsichgezeigt,dass56UnternehmerdieGlobalisierungundneueMärktealsChance
inderZukunftbetrachten–nur20erkennendarineineGefahrfürihreFirma.Offshoringund
OutsourcingsindgemässAnsichtderUnternehmerwederinderVergangenheitnochinder
ZukunftErfolgsfaktorenunternehmerischenHandelns.
UmNäheresüberdieAuslandverlagerungenderOstschweizerUnternehmenzuerfahren,
habenwirzusätzlichzudenStudierendeninterviewseineschriftlicheBefragung8durchgeführt.
DieFrage«HabenSievon2000bis2007UnternehmensbereicheinsAuslandverlagert?»haben
13%derUnternehmenbejaht.IndenJahren2008bis2012planennoch12%eineVerlage-
rungvonArbeitsplätzeninsAusland.NachBranchenbetrachtet,warenesvon2000bis2007
vorallemdieTextilunternehmen,welcheaufgrunddertieferenProduktionskosteninsAusland
verlagerten,gefolgtvonderInformatik,derElektrotechnik/ElektronikundderKunststoffindus-
trie.IndenkommendenJahrenwirdderTrendzurAuslagerung–gemässUmfrageergebnissen
–vorallemimMaschinenbau,derElektrotechnik/ElektronikundderMetallindustriezunehmen.
NachGrössenklassenbetrachtet,werdendiekleinenUnternehmendasAuslagernvermehrtins
Augefassen(vgl.Tabelle8.3).
7 Vgl.UniversitätSt.GallenundIHKSt.Gallen-Appenzell,Integrationsseminar2007,UnternehmerischeHerausforderungenheuteund morgenausderSichtderKMUderOstschweiz8 UnternehmensbefragungderIHKSt.Gallen-AppenzellimAugust2007.
k a p i t e l 8
55d i r e k t i n v e s t i t i o n e n : c h a n c e n ü b e r w i e g e n
DerAnteilderUnternehmen,welchekeineArbeitsplätzeverlagern,dafürneue(zusätz-
lichzumInland)KapazitätenimAuslandaufbauen,wirdhingegenzunehmen.Habeninder
Periode2000bis2007nochgut23%allerUnternehmenimAuslandinvestiert,werdendies
von2008bis201229%derUnternehmentun.BeidenInformatikfirmenhabenindenJahren
2000bis2007über70%neueKapazitätenimAuslandaufgebautundauchindenBranchen
Textilien,MessinstrumenteundElektrotechnik/Elektroniktatendieszwischen40%und50%.Zu
markantenZunahmenbeiAuslandinvestitionenwirdesunteranderembeidenBanken,inder
Metallindustrie,imMaschinenbau,inderChemieundderElektrotechnik/Elektronikkommen.
DieAnteilevonUnternehmen,welcheOffshoringbetreibenoderneueKapazitätenim
Auslandaufbauen,sagennichtsüberdiedadurchbetroffeneAnzahlvonArbeitsplätzenaus.
GemässeinerUntersuchungderCreditSuisse9sindrund10%allerArbeitsplätzeinderSchweiz
vollkommenund12%schwachtransferierbar.Nurschwerodergarnichtverlagertwerden
können78%derArbeitsplätze.Somitsindalso22%derArbeitsplätzepotenzielldemauslän-
dischenWettbewerbausgesetzt.
Beidiesen22%handeltessichabernurumdasOffshoring-Potenzialundnichtumdie
(zukünftige)RealitätderAuslagerungen.Wieweiterobenbeschrieben,wurdedasPotenzial
insbesondereinderOstschweizbisherausverschiedenenGründennurwenigausgeschöpft.
DierelativeStabilitätunddieiminternationalenVergleichhoheWertschöpfungsquotesind
allerdingskeinGarantdafür,dassdasauchzukünftigsobleibenwird.DiekomparativenVorteile
derdiversenWeltregionensindständiginBewegungundsendenentsprechendeSignalefürdie
internationaleArbeitsteilungaus.AngesichtsderweltweitenDynamikinderArbeitsteilungist
damitzurechnen,dassdiezunehmendenMöglichkeitenzumOffshoringbeizusätzlichenWert-
schöpfungsstufensowohlimDienstleistungs-alsauchimIndustriesektorausgenütztwerden.
DavonbetroffensindzunehmendF&E,Konstruktion,ServiceundAdministration.
9SwissIssuesKonjunktur,Lohnrunde2008:Wasistzuerwarten?CreditSuisse,2.September2007,S.11
Lesebeispiel: 35,3% aller Textilunternehmen geben an, dass sie von 2000 bis 2007 Arbeitsplätze von der Schweiz ins Ausland verlagert haben. 47,1% aller Textilunternehmer geben an, dass sie von 2000 bis 2007 neue Arbeitsplätze im Ausland (ohne Verlagerung aus der Schweiz) geschaffen haben. Quelle: Eigene schriftliche Unternehmensbefragung, IHK St.Gallen-Appenzell, im August 2007.
Verlagerung von Arbeitsplätzen, Anteil der Unternehmen
Schaffung von neuen Arbeits-plätzen im Ausland, Anteil der Unternehmen
2000bis2007 2008bis2012 2000bis2007 2008bis2012
Total 12.8 12.2 23.4 28.8
NachBranchen:1.Textilien2.Kunststoff3.Maschinen4.Elektro5.Chemie6.Metall7.Messinstrumente8.Banken9.DLfürUnternehmen10.Informatik
35.3 21.1 12.5 23.1 7.7 14.5 14.3 14.3 8.7 28.6
5.9 15.8 20.0 30.8 0.0 23.6 7.1 14.3 8.7 0.0
47.1 31.6 32.5 38.5 30.8 25.5 42.9 28.6 21.7 71.4
35.3 42.1 47.5 61.5 46.2 40.0 42.9 42.9 30.4 42.9
NachGrösse:1.Klein(20bis50)2.Mittel(51bis250)3.Gross(grösser250)
7.8 16.3 22.9
11.7 13.1 11.4
18.3 27.5 31.4
20.6 36.6 37.1
Tabelle 8.3: Verlagerung und Schaffung von neuen Arbeitsplätzen im Ausland durch Ostschweizer Unternehmen, in %
56
Kapitel 9Moderate Steuerbelastung – mit Ausnahmen
57
DieSteuerbelastungbildeteinewichtigeDeterminantefürdieAttraktivitäteinesKantons
beiderStandortwahlvonUnternehmenundderWohnortwahlvonHaushalten1.Diesführtzu
einemWettbewerbzwischenGebietskörperschaftenumguteSteuerzahlerundUnternehmen.
TiefeSteuernbzw.SteuersenkungenhabendamiteinendoppeltenpositivenEffekt:Einerseits
ziehensieSteuerbasisan,andererseitsverbessernsiedieAnreizezumArbeiten,zumSparen
undzumInvestierenfürdiebereitsamStandortansässigenSteuerzahler.
AufgrunddergrossenAutonomiederKantoneundGemeindenbeifinanzpolitischenEnt-
scheidenistdieserSteuerwettbewerbeinzentralesElementdesschweizerischenSteuersystems.
DerAufstiegdesKantonsZugzueinemderreichstenKantonederSchweizvollzogsichseit
den50erJahrenunteranderemaufgrundvontiefenSteuern.SeitherzogenvorallemSchwyz
undNidwaldennach.DabeigibtesunterschiedlicheModelle:SchwyzsetztauftiefeSteuern
beidenHaushalten,währendsichNidwaldenundGlarusalsSitzvonHoldinggesellschaften
profilierenkonnten.
IndenletztenJahrenkameszueinerIntensivierungdesSteuerwettbewerbs.Sowurden
neueModelle(z.B.dieinzwischenvomBundesgerichtwiederverworfenendegressivenTarife)
eingeführtundimmermehrKantoneversuchen,mitSteuersatzsenkungenihrePositionzuver-
bessern.DieswurdenichtzuletztdurchdiezusätzlicheGewinnausschüttungderSNBaufgrund
derReduktionderGoldreservenmöglich,welchevorallemfinanzschwacheKantoneunddamit
auchdieOstschweizbegünstigthat.MitdemInkrafttretendesneuenFinanzausgleichs(NFA)
wirddieOstschweizvonzusätzlichenZahlungenprofitieren.DieOstschweizistimSteuerwett-
bewerbinsgesamteinigermassengutpositioniert.ZumindestindenKantonenAI,ARundTG
liegtdieSteuerbelastungunterdemschweizerischenDurchschnitt.Dieswirddurcheintiefes
NiveauderöffentlichenAusgabenermöglicht.
Tiefe Staatsausgaben
BeidenAusgabenproKopfderBevölkerungliegenalleOstschweizerKantoneunterdem
schweizerischenDurchschnitt(Abbildung9.1).DerThurgauist–nachSchwyz–derKanton
mitdenzweittiefstenPro-Kopf-Ausgaben.AIundARlagenimJahre2005anvierterresp.
sechsterStelle,SGanneunterStelle.BeiallenOstschweizerKantonenistaberseit1990eine
AnnäherungandiedurchschnittlicheAusgabenhöhederschweizerischenKantonefestzustel-
len.BesondersausgeprägtwardieAusgabenerhöhunginSGwährendder1990erJahre.Vor
allembeikleinenKantonenkannesaufgrunddervolatilenInvestitionsausgabenzustarken
kurzfristigenSchwankungenkommen.
1 WasdurchdiverseempirischeStudienbestätigtwird.Siehez.B.CarnazziWeberundColay,a.a.O,oderLarsP.FeldundGebhard Kirchgässner,IncomeTaxCompetitionattheStateandLocalLevelinSwitzerland,RegionalScienceandUrbanEconomics,31,2001.
m o d e r at e s t e u e r b e l a s t u n g – m i t a u s n a h m e n
58
Grosse Unterschiede bei der Steuerbelastung der Haushalte
BeiderSteuerbelastungderHaushaltehatsichAIsehrgutpositioniertundliegtzusammen
mitSZ,ZGundNWinderGruppederKantonemitdertiefstenBelastungfürhoheEinkommen
(Tabelle9.1).DiePositionvonAusserrhodenistbeidenhohenEinkommenebenfallsgut,wobei
50‘000 �00‘000 200‘000 500‘000 �‘000‘000
1 GE 0.1% ZG 3.4% ZG 7.2% ZG 10.4% SZ 10.9%
2 TI 0.2% TI 4.1% SZ 8.2% SZ 10.5% ZG 11.0%
3 TG 0.3% SZ 5.1% NW 10.8% NW 13.0% OW 11.8%
4 VD 0.4% ZH 5.7% ZH 10.9% OW 13.7% NW 13.5%
5 ZG 0.5% GE 6.5% AI 11.5% AI 14.3% AI 14.7%
6 BS 1.0% AG 6.5% TI 12.1% AR 17.7% AR 18.1%
7 AG 1.5% NW 7.0% OW 12.9% ZH 18.3% UR 19.6%
8 BL 2.1% VS 7.1% AG 13.4% LU 19.0% LU 19.7%
9 BE 2.1% AI 7.2% AR 13.8% UR 19.0% GR 20.6%
10 ZH 2.2% GR 7.6% VD 13.9% GR 19.1% GL 21.3%
11 SZ 2.3% TG 7.7% SH 13.9% TI 19.2% VS 21.9%
12 NW 2.3% FR 8.1% TG 13.9% TG 19.9% TI 22.0%
13 FR 2.3% SH 8.3% GR 14.5% SH 20.0% ZH 22.1%
14 SO 2.4% SG 8.5% LU 14.6% GL 20.0% SG 22.5%
15 SG 2.5% BL 8.5% VS 14.6% AG 20.2% SH 22.5%
16 VS 2.7% AR 8.8% UR 14.6% BL 20.3% FR 22.7%
17 JU 2.9% UR 8.9% GL 14.7% VS 20.4% TG 22.8%
18 SH 2.9% LU 9.0% GE 15.0% BS 21.4% AG 22.8%
19 GR 3.0% GL 9.1% BL 15.1% SG 21.6% SO 23.3%
20 AI 3.2% OW 9.3% SO 15.3% SO 21.9% BL 24.2%
21 LU 3.5% SO 9.3% FR 15.5% VD 21.9% BS 24.3%
22 AR 3.8% BS 9.7% SG 15.5% FR 22.0% NE 25.0%
23 NE 3.8% VD 9.8% BE 16.4% GE 22.5% BE 25.6%
24 OW 4.1% BE 10.2% BS 16.6% BE 22.7% GE 26.0%
25 UR 4.5% JU 11.1% JU 17.6% NE 24.5% VD 26.3%
26 GL 4.6% NE 11.8% NE 18.7% JU 24.5% JU 27.3%
Tabelle 9.1: Steuerbelastung der Haushalte
nach Einkommensklassen, 2006
Erklärung: Durchschnittliche Belastung des Bruttoarbeitseinkommens mit Kantons-, Gemeinde- und Kirchensteuern für ein verheiratetes Ehepaar (Einverdienerhaushalt) mit 2 Kindern. Daten der Eidg. Steuerverwaltung (ESTV).
k a p i t e l 9
Abbildung 9.1: Ausgaben pro Kopf im Vergleich
zum schweizerischen Mittel, 1990 – 2005
Kanton Appenzell I. Rh. –––Kanton Appenzell A. Rh. –––
Kanton St. Gallen –––Kanton Thurgau –––
Erklärung: Ausgaben für Gemeinden und Kantone im Vergleich zum schweizerischen Mittel von 100, ohne Doppelzählungen, Berechnungen auf Basis von Daten der Eidg. Finanzverwaltung (EFV) und des BfS.
100
90
80
70
60
501990199119921993199419951996199719981999200020012002200320042005
AI
TG
AR
SG
59m o d e r at e s t e u e r b e l a s t u n g – m i t a u s n a h m e n
bereitseindeutlicherAbstandzuInnerrhodenbesteht.DerTGundSGliegenbeidenhohen
EinkommennurimMittelfeld.BeidentiefenEinkommenistdieBelastungindenbeidenAp-
penzelldagegenhoch.InARistfürEhepaaremitKindernauchdieBelastungbeidenmittleren
Einkommen–ebensowieinSG–relativhoch.
Ungeeigneter Gesamtindex der Einkommenssteuerbelastung
DerUmzugineinensteuergünstigenKantonlohntsichnurfürgutVerdienende.Personen
intiefenEinkommensklassenkönnenvoneinemUmzughingegenkaumprofitieren,weilinden
meistenFällendieSteuerersparnisalleinschondurchhöhereMietenzunichtegemachtwird.
NichtnurdeshalbgehtesbeimSteuerwettbewerbumdieoberenEinkommensklassen,sondern
auchweilsichfürdenKantonoderdieGemeindederZuzugumsomehrlohnt,jehöherdas
steuerbareEinkommenist.
ObwohldieBelastungderhohenEinkommenindenbeidenAppenzellgemässTabelle9.1.
tiefist,schneidensieimSteuerbelastungsindexfürEinkommenssteuernderEidgenössischen
Steuerverwaltung(ESTV)relativschlechtab.SoliegtdieEinkommenssteuerbelastungvonAI
gemässdiesemIndexüberdemschweizerischenMittel,diejenigevonARsogarimoberenDrittel
(Abbildung9.2).DerKantonTGhingegenliegtaufdemgutensechstenPlatz,obwohlerinder
SteuerbelastungderoberenEinkommensklassenrelativschlechtabschneidet.
DieschlechtePlatzierungvonAIundARbzw.derguteRangdesTGbeimGesamtindexder
ESTVistdaraufzurückzuführen,dassdietiefenEinkommenbeidiesemIndexübergewichtet
werden2.KonzentriertmansichaufdieSteuerbelastungdermittlerenundhohenEinkommen,
welcheimSteuerwettbewerbimZentrumstehen,soändertsichdasBildradikal.DieESTVpu-
bliziertaucheinenIndexfürdieEinkommenüber90000Franken.Hierschneidendiebeiden
Appenzellsehrvielbesserab(Abbildung9.3).AIliegtmiteinemIndexwertvon87anvierter
Stelle,ARmit100PunktenanzehnterStelle.DerTGbüsstbeidiesemIndexRängeeinund
liegtmit103PunktenleichtunterdemschweizerischenMittel.SGbüsstebenfallsdreiRänge
ein,obwohlderAbstandzumschweizerischenMittelkleinerist.
Abbildung 9.2: Gesamtindex der Einkommens-steuerbelastung, 2006
Erklärung: Steuerbelastungsindex der ESTV für Kantons-, Gemeinde- und Kirchensteuern. Das schweizerische Mittel ist 100.
2 Dokumentiertin:RolandFischer,DieAggregierteSteuerbemessungsgrundlage(ASG)imVergleichzumSteuerkraftindexderFinanzkraft, BerichtzuhandenderProjektleitungNFA,CREDITSUISSEEconomicResearch&Consulting,2001.
150
140
130
120
110
100
90
80
70
60
50
40
ZG TI SZ
NW GE
TG
ZH AG
BL
VD
GR BS AI
VS
SH SG SO LU FR BE AR JU NE
GL
OW UR
60
EsmachtdeshalbkeinenSinn,wenndieKantone–wiediemeistenestun–einebessere
RangierungimGesamtindexderEinkommenssteuerbelastunganstreben,umihreAttraktivität
imSteuerwettbewerbzuerhöhen.SiesolltenihrAugenmerkvielmehraufdieBelastungder
mittlerenundhohenEinkommenlegen.AlsMassstabfürdiePositionimSteuerwettbewerbist
derSteuerindexabEinkommenvon90000Frankengeeignet.
DersichintensivierendeSteuerwettbewerbzeigtsichandensinkendenSteuersätzen.Seit
2000kameszueinerReduktionderdurchschnittlichenBelastungvon1,5%aufEinkommen
über100000Franken(Abbildung9.4).VondenOstschweizerKantonengehörtderTGzu
denjenigen,welchedieEinkommenssteuernindiesemZeitraumammeistenreduzierthaben,
AIliegtbeimschweizerischenMittel,SGundARfindensichinderSchlussgruppe.DieSteuer-
reduktionensetzensichfort,für2008istinvielenKantoneneineweitereSteuersenkungsrunde
geplant.
Abbildung 9.4: Veränderung der Steuer-
belastung, 2000 –2006
Erklärung: Veränderung des gewichteten Mittels der Steuerbelastung für Bruttoarbeitseinkommen ab Fr. 100 000.–, eigene Berechnungen IHK auf Basis von Daten der ESTV.
0.5%
0.0%
-0.5%
-1.0%
-1.5%
-2.0%
-2.5%
-3.0%
-3.5%
-4.0%
-4.5% TI GE
TG LU SZ
OW SH AG VS FR AI
CH ZH BS BE SO
JU ZG BL GR
SG AR
GL
NW UR
VD NE
k a p i t e l 9
Abbildung 9.3: Steuerbelastungsindex für hohe
Einkommen, 2006
Erklärung: Steuerbelastungsindex für Bruttoarbeitseinkommen zwischen 90 000 und 1 Mio. Franken, das schweizerische Mittel ist 100. Daten der ESTV.
150
140
130
120
110
CH=100
90
80
70
60
50
40
ZG SZ
NW A
I
ZH TI
AG
OW
GR
AR VS BL TG UR
SH LU GE
GL
SG FR SO VD BS BE NE JU
6�m o d e r at e s t e u e r b e l a s t u n g – m i t a u s n a h m e n
Unterschiede auch bei der Steuerbelastung der Unternehmungen
BeidenUnternehmenssteuernhatdieBeratungsgesellschaftKMPGaktuelleZahlenfürdas
Jahr2007veröffentlicht.InzwischenliegenalleOstschweizerKantoneunterdemschweize-
rischenMittel(Abbildung9.5).AllehabenindenletztenJahrendieGewinnsteuerngesenkt,
wobeiAIdieVorreiterrolleübernahm.AIliegtinderKantonsranglisteimmernochambesten,
nämlichaufPlatz3.EsfolgenTG–nachderSteuerreformvon2006–aufRang6,AR–nachder
Reformvon2001–aufPlatz8undSG–nachderReformvon2007–aufRang10.ARwirdmit
derimJahre2008inKrafttretendenSteuerreformdieschweizerischeSpitzeübernehmen.
BeidenUnternehmenssteuernwarendieSatzreduktionenimschweizerischenMitteletwa
gleichhochwiebeidenSteuernaufEinkommenüber100000Franken.Abbildung9.6zeigt
NäherungswertefürdieReduktionderdurchschnittlichenBelastungmitGewinn-undKapital-
Abbildung 9.5: Steuerbelastung Unternehmen, 2007
Erklärung: Index auf Basis von Zahlen der KPMG für Belastung mit Gewinnsteuern. Das schweizerische Mittel ist 100.
Abbildung 9.6: Reduktion der Steuerbelastung für Unternehmen, 2000 –2007
Erklärung: Reduktion der durchschnittlichen Steuerbelastung durch Gewinn- und Kapitalsteuern von Gemeinden und Kantonen. Näherungswerte, berechnet auf Basis von Zahlen der ESTV zur Besteuerung einer Kapitalgesellschaft mit 1 Mio Franken Eigenkapital und einer Rendite von 30%, dem Steuerbelastungsindex der ESTV und Zahlen der KMPG.
140
130
120
110
CH=100
90
80
70
60
50
40
OW SZ A
I
UR
ZG TG NW AR LU SG GL JU ZH VS FR TI NE
AG SO SH BE VD GE BS BL GR
2.0%
1.0%
0.0%
-1.0%
-2.0%
-3.0%
-4.0%
-5.0%
-6.0%
-7.0%
-8.0%
-9.0%
UR
OW AR
NE AI
TG VS
SG GL
NW JU SO ZH
LU BE SZ CH ZG SH BL VD FR AG BS TI GE
GR
62
Erklärung: Einkommenssteuern: Steuerbelastungsindex der ESTV für Bruttoarbeitseinkommen von 90‘000 und höher, Zahlen für 2006. Unternehmenssteuern: Steuerbelastungsindex auf Basis von Zahlen der KPMG, 2007. Für exakte Definitionen, siehe Text sowie Abbildungen 9.3 und 9.5.
Abbildung 9.7: Der Steuerbelastungsquadrant,
2006/2007
steuernzwischen2000und2006.AlledreiOstschweizerKantonehabendieUnternehmens-
steuerndeutlichgesenkt.
Die steuerliche Position der Ostschweizer Kantone
UmeinenGesamteindruckvondersteuerlichenAttraktivitätderKantonezuerhalten,fas-
senwirdieInformationenzurSteuerbelastungvonhohenEinkommenundUnternehmungen
zusammen.InAbbildung9.7liegtAIim«Niedrigsteuer»-QuadrantenmittiefenSteuernfür
HaushalteundUnternehmen.AR,TGundSGfindensichimQuadrantenmittiefenUnterneh-
menssteuern,aberrelativhohenSteuernfürHaushaltemitmittlerenundhohenEinkommen.
SGschneidetvondenvierOstschweizerKantonenamschlechtestenab.
k a p i t e l 9
160
150
140
130
120
110
100
90
80
70
60
50
40405060708090100110120130140150160
Unt
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AG
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GL
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ZG
NW
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JU
BESO
BS
TG
VD
BL
GR
ZH
GE
AttraktivalsWohnort Hochsteuerquadrant
Niedrigsteuerquadrant AttraktivalsUnternehmensstandort
UR
FR
Einkommenssteuern
OW
63
Kapitel 10Herausforderungen aus Sicht der Unternehmer
64
Globalisierung,verändertesKundenverhalten,Technologisierung,Informationsflut,Kon-
junkturzyklen,neueBedürfnissederMitarbeiterundvielesmehrwirkenaufdieUnternehmen
undinsbesondereaufdieFührungskräfteein.Solcheexternenundinternen«Impulse»stellen
dieUnternehmungenvorHerausforderungen,welcheoftmalsStrategieanpassungsprozesse
auslösen.
WelcheunternehmerischenHerausforderungenstellensichdenOstschweizerUnternehmen
heuteundmorgen?WelchessinddieentscheidendenErfolgsfaktorenfürdasUmsetzendersich
bietendenChancen?WiebeurteilendieUnternehmerihrenUnternehmensstandort?Woorten
siedendringendstenHandlungsbedarfinderWirtschaftspolitik?Umaufdieseundweitere
FragenAntwortenzuerhalten,habenStudierendederUniversitätSt.GallenimAuftragderIHK
mit124UnternehmeneinInterviewgeführt1.
Unternehmerische Herausforderungen
Chancen und Gefahren auf der Input-Seite
IneinemerstenTeilhabendieUnternehmerFragenausdemBereichderunternehmerischen
Herausforderungenbeantwortet.Erstenswurdensiegefragt,obesbeifolgendenFaktoren
Veränderungengabbzw.inZukunftgebenwird,dankdenensichneueChancenoderGefahren
bieten:Rohstoff/Materialeinkauf;MitarbeiterausdemIn-undAusland;Maschinen/Technik;Ka-
pital;Zulieferer;Supply-Chain-Innovationen;Liegenschaften;Energie;Wissen/Informationen.
DiefolgendenvierFaktorenwurdenindenInterviewsammeistenalsChanceundGefahr
genannt,sowohlinderVergangenheitalsauchinderZukunft:
1.Rohstoffe/Materialeinkauf:
GenannteStichwortewaren:sinkendeMaterialkostendankLiberalisierungen,vermehrteTrans-
parenzdankInternet,neueAnbieterdankGlobalisierung,AbhängigkeitvonLieferanten,An-
stiegdesEuro,Ressourcenknappheit,AnstiegderRohstoffpreise.
2.Zulieferer:
GenannteStichwortewaren:AnstiegderpotenziellenLieferantenunddadurchDruckaufdie
Preise,InnovationendankneuenMaterialien,PreisabsprachenzwischendenLieferanten,Hö-
henflugEuro.
3.MitarbeiterausdemIn-undAusland:
GenannteStichwortewaren:GuteArbeitsmoral,PersonenfreizügigkeitmitderEU,beschränkter
ZugriffaufArbeitskräfteinAmerika,Ingenieurmangel,MangelanhochqualifiziertenArbeits-
kräften,hohePersonalfluktuationen,AbwanderungnachZürich,grosserWeiterbildungsbe-
darf.
4.Maschinen/Technik:
DieserFaktorhatnachAnsichtderInterviewpartnerinderVergangenheiteinegrössereRolle
gespielt,alserinZukunftspielenwird.GenannteStichwortewaren:IndustrialisierungvonGe-
schäftsprozessen,hoherAbschreibungsbedarfaufgrunddesrasantentechnischenFortschrittes,
neueWerkstoffe,neueAntriebssysteme.
Chancen und Gefahren auf den Absatzmärkten
DievondenInterviewpartnernmeistgenannteChancewarendieKundenbedürfnisse,wel-
chesichaufgrunddestechnischenFortschrittsunddesMarketingsstarkverändernkönnen
(Abbildung10.1).DieWünschederKundenwerdensichauchaufgrundderdemografischen
Entwicklung,desTrendszurIndividualisierungundeinessteigendenUmweltbewusstseinsver-
1 IntegrationsseminarderUniversitätSt.GallenbeiProf.Dr.UrsFueglistaller,SchweizerischesInstitutfürKlein-undMittelunternehmen, 6.Semester,2007:UnternehmerischeHerausforderungenheuteundmorgenausSichtderKMUderKantoneSt.Gallenundbeider Appenzell.
Zitat Tobias Frei, saw gruppe:«ObwohldieGrenznähevonVorteil
ist,istessehrschwierig,qualifiziertesPersonalzufinden.Deshalbsind
PersonalentwicklungundMitarbeiter-förderunginZukunftnochwichtiger
alsheute.»
Zitat Andreas Frank, Greiner Packaging:«DankmodernsterTech-
nologieundqualitativüberlegenenLeistungssystemenkönnenwirdie
Preisführerschaftverteidigen.»
k a p i t e l 1 0
65h e r a u s f o r d e r u n g e n a u s s i c h t d e r u n t e r n e h m e r
ändern.AlszweitgrössteChancewerdenneueMärkteerkannt,diedankGlobalisierung,wach-
sendemWohlstandundEntwicklungenindenKommunikationstechnologienentstehen.
DiegrösstenGefahrenortendieOstschweizerKMUimAufkommenvonneuenMitbe-
werbern,beidenbestehendenKonkurrentenundinderPreisentwicklung.NachAngabender
UnternehmerkönnendiePreiseinsbesonderewegenMarktsättigung,neuenMitbewerbern
oderwegenWechselkursschwankungenunterDruckgeraten.Manbefürchtetauchdasstarke
AufkommenvonneuenKonkurrentenausAsienundeineVerschärfungdesWettbewerbs
mitbestehendenKonkurrenten,diedurchZusammenschlüsseeinehöhereMarktmachterrei-
chen.
Welches sind die zukünftigen Erfolgsfaktoren für KMU?
DiebeidenammeistengenanntenErfolgsfaktorensinddieKompetenzderMitarbeiterund
dieProduktinnovationen(Abbildung10.2).DiefolgendeAbbildungzeigtdieErfolgsfaktoren,
welchemindestenszehnmalgenanntwurden.
Was Top-KMU anders machen
Lässtsichaufgrundder124Interviewsherausfinden,wasUnternehmerandersmachen?
UmaufdieseFrageAntwortenzuerhalten,habenwir20Unternehmenausverschiedenen
BranchenundRegionenausgewählt,vonwelchenwirwissen,dasssiezudenbesonderser-
Zitat Toni Schmid, Swissregiobank:«DerWettbewerbwirdhärter.DieBankenkonzentrationkannGefahroderChancesein.GleichzeitigwerdenwirlaufendmitneuengesetzlichenAuflagenkonfrontiert,welcheunsKMUbesondersharttreffen.»
Abbildung 10.1: Die zwei grössten Chancen und die drei grössten Gefahren für die KMU auf den Absatzmärkten
Chance Gefahr
Erklärung: Anzahl Nennungen bei 124 Interviews. Interviews des Integrationsseminars, Universität St.Gallen und IHK St.Gallen-Appenzell, 2007.
Zitat Heinrich Spoerry, SFS-Gruppe:«DieSFS-GruppeplantindennächstenJahreneinenweiterenerheblichenAusbauderKapazitätenimSt.GallerRheintal.»
Zitat Stephan Egger, Happy AG:«GuteProduktqualitätalleinreichtnichtmehraus.MitLeidenschaft,BegeisterungundleuchtendenAugenmüssenwirdenKundenechtenMehrwertbieten.»
Erklärung: Anzahl Nennungen bei 124 Interviews. Interviews des Integrationsseminars, Universität St.Gallen und IHK St.Gallen-Appenzell, 2007. Zollverwaltung, BFS, eigene Berechnungen IHK.
Abbildung 10.2: Zukünftige Erfolgsfaktoren für KMU
KompetenzderMitarbeitenden
Produktinnovationen
Kundenorientierung
OptimierungderProzesseundProdukte
VernetzungUnternehmen
Timetomarket
Dienstleistungskompetenz
Dienstleistungsinnovation
Agilität
Wissensvorsprung
Marketing
051015202530354045
Kunden-bedürfnisse
NeueMärkte
NeueMitbewerber
Preisdruck
BestehendeKonkurrenz
01020304050607080
66
folgreichenFirmenindenKantonenSGundbeiderAppenzellgehören.Eszeigtsich,dassbei
derNennungderErfolgsfaktorenteilweiserechtgrosseDifferenzenzwischenTop-Unternehmen
unddenübrigenUnternehmenbestehen.DieseentsprechendemMuster,welchesinanderen
Untersuchungenfestgestelltwurde2.
Wirtschaftspolitische Herausforderungen
Stärken und Schwächen des Standortes aus der Sicht der Unternehmer
GemessenanderAnzahlderNennungenhaltendieUnternehmendieVerfügbarkeitvon
qualifiziertenArbeitskräftenfürdiegrössteStärkedesStandortesOstschweiz(Abbildung10.4).
GleichzeitigwirddieseStärkevonbeinaheebensovielenUnternehmenalsgrössteSchwäche
bezeichnet.SpeziellimaktuellenAufschwungfälltesvielenUnternehmenschwer,inaus-
reichendemMassSpezialistenmitIngenieur-oderInformatikausbildungzufinden.Auchdie
PersonenfreizügigkeitmitderEUreichtnichtaus,umdieRestriktionenbeimArbeitsangebot
imKonjunkturhochzueliminieren.
2 FranzBailom,KurtMätzlerundDieterTschemernjak,WasTop-Unternehmenandersmachen,Linde-Verlag,Wien,2006.
Abbildung 10.3: Erfolgsfaktoren bei Top-KMU
und Durchschnitts-KMU
Durchschnitts-KMU ––– Top-KMU –––
Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Interviews, Integrationsseminar, Universität St.Gallen und IHK St.Gallen-Appenzell, 2007.
0%20%40%60%80%
Innovationen
KompetenzderMitarbeitenden
Netzwerk
Optimierungsprozesse Kundenorientierung
Dienstleistungskompetenz
Abbildung 10.4: Die wichtigsten Stärken und
Schwächen des Standortes im Urteil der Unternehmer
Stärke Schwäche
Erklärung: Anzahl Nennungen bei 124 Interviews. Interviews des Integrationsseminars, Universität St.Gallen und IHK St.Gallen-Appenzell, 2007.
k a p i t e l 1 0
QualifizierteArbeitskräfte
Lohnkosten
InfrastrukturundDL-Angebote
WissenstransfermitHochschulen
ZusammenarbeitmitBehörden
Steuerbelastung
OffenerMarktzugang
AdministrativeBelastungen
05101520253035
67h e r a u s f o r d e r u n g e n a u s s i c h t d e r u n t e r n e h m e r
Erklärung: Anzahl Nennungen bei 124 Interviews. Interviews des Integrationsseminars, Universität St.Gallen und IHK St.Gallen-Appenzell, 2007.
Abbildung 10.5: Dringendster Handlungsbedarf in der Wirtschaftspolitik aus der Sicht der Unternehmer
Steuerbelastung
AdministrativeBelastung
OffenerMarktzugang
QualifizierteArbeitskräfte
InfrastrukturundDL-Angebot
ArbeitsrechtlicheVorschriften
Baubewilligungen
051015202530354045
AuchdasInfrastruktur- und DienstleistungsangebotinunsererRegionwirdvonbeinahe
gleichvielenUnternehmernalsStärkeundalsSchwächebezeichnet.DieNähezumFlughafen
KlotenunddievielseitigenFreizeitmöglichkeitenwerdenalsStärkeempfunden.AndereUnter-
nehmerbeklagensichüberdieBenachteiligungderOstschweizbeiInfrastrukturinvestitionen.
Gelobtundgetadeltwerdenauch–jenachStandortundBranche–dieVerkehrsinfrastrukturen
fürStrassenundSchienen.
VorallemdieZusammenarbeit mit BehördenunddieLohnkostenwerdenvondeutlich
mehrBefragtenalsStärkedennalsSchwächeangegeben.DiekurzenWegeunddiedirekten
KontaktmöglichkeitenmitdenBehördenwerdengeschätzt.HinterdemLobfürdieLohnkosten
steckendietieferenLohnkosteninderOstschweizimVergleichzuanderenSchweizerRegionen.
HingegenwerdendieiminternationalenVergleichhohenLöhnebeiunsgetadelt.
DaseinzigeStandortkriterium,welcheseinendeutlichnegativenSaldoausweist,sinddie
administrativen Belastungen.AngeführtwerdendabeidieMehrwertsteuer,dieUmwelt-und
Bauauflagen,dieLohnabrechnungunddieExportformalitäten.InsbesonderefürdieIndustrie-
betriebeistdieZollgrenzezurEUeinProblem.
BeiderSteuerbelastungweichendieNennungenalsStärkebzw.alsSchwächenurwenig
voneinanderab.Zuerklärenistdiesdamit,dassdieSteuerbelastungderOstschweizerKantone
iminternationalenVergleichalstiefbeurteiltwird,iminterkantonalenVergleichdagegeninSG
undTGbisvorkurzerZeitnochhochausfiel.
Wie kann der Staat den Unternehmungen das Leben erleichtern?
IndenInterviewswurdendieUnternehmerauchnachdemdringendstenHandlungsbedarf
inderWirtschaftspolitikgefragt.VordringlicherachtendieBefragteneineEntlastungbeider
BelastungmitSteuernundadministrativenPflichten(Abbildung10.5).
Herausforderungen nach Branchen
NichtalleUnternehmensehensichselbstverständlichmitidentischenHerausforderungen
konfrontiert.SokanndieBeurteilungderverschiedenenFaktorenvonBranchezuBranchestark
unterschiedlichausfallen.WirhabendeshalbeinegrobeBrancheneinteilungvorgenommen.
DieDienstleistungsbranchen,spezielldieFinanzdienstleistungen(39%),betrachtendie
MitarbeitersehrvielstärkeralsChancealsdieIndustriebranchen(7%).DieFinanzdienstleis-
tungsunternehmensindesdennauch,welcheaufVeränderungenvorallemmitAnpassungen
beimPersonalmanagement(61%)reagieren(IndustrieundübrigeDienstleistungen14%).Dem-
entsprechendwirdvondenUnternehmendieserBranchedieVerfügbarkeitvonqualifiziertem
Personalnurvon12%alsStandortstärke,von23%hingegenalsSchwächebewertet.Beiden
Industriefirmenaberbeurteilenbeinahe40%dieVerfügbarkeitvonqualifiziertenArbeitskräften
alsStärkeundnur14%alsSchwächeihresStandortes.
68
InderErschliessungneuerMärkteerkennenvorallemdieExportbetriebeneueChancen
(53%).Siesindesaberauch,welchesichSorgenüberdieweiterePreisentwicklungmachen
(35%).BezüglichAnforderungenandieWirtschaftspolitikzeigensichrelativgeringeBranchen-
unterschiede.ZweiForderungenstellenUnternehmerausallenBranchen(miteinemAnteilvon
rund30%):tiefereSteuernundwenigeradministrativeBelastungen.
Herausforderungen nach Kantonen und Regionen
WiebeeinflusstderUnternehmensstandortdieBewertungenderverschiedenenFaktoren?
Tabelle10.1gibtAntwortendarauf,wobeinurdiejenigenFaktorenaufgelistetwerden,welche
vonmindestenseinemFünftelderBefragtengenanntwurden.
FürherausragendvieleUnternehmen(43%)inAIsinddiearbeitsrechtlichenVorschriften
einDornimAuge.InAusserrhodenbemängelteinauffallendgrosserAnteilden(fehlenden)
WissenstransfermitderUniversitätSt.Gallen.DieSteuerbelastungwirdhingegenvoneinem
bedeutendenAnteilderKMU(45%)alsStärkebezeichnet.
ImKantonSGwirdinsämtlichenRegionendieSteuerbelastungausschliesslichoderauchals
Schwächegenannt.InallenRegionenvonSt.GallenwirdinzweiBereicheneinHandlungsbedarf
fürdieWirtschaftspolitikerkannt:SteuerbelastungundadministrativeBelastung.EineÖffnung
derMärktestehtaufderForderungslistevonRorschach,desRheintalsunddesFürstenlands,
welcheübereinenhohenIndustrieanteilverfügen.InderRegionToggenburgsind67%der
interviewtenUnternehmermitderInfrastrukturunzufrieden.EsistdennauchdieeinzigeRe-
gion,inwelchermehralseinFünftelderInterviewten(33%)einenAusbauderInfrastruktur
erwartet.
Kanton/Region Standortstärken Standortschwächen Handlungsbedarf in der Wirtschaftspolitik
AppenzellInnerrhoden
-QualifizierteArbeits- kräfte-Zusammenarbeitmit Behörden
-Arbeitsrecht-Infrastruktur
-Arbeitsrecht-AdministrativeBelastung
AppenzellAusserrhoden
-Steuerbelastung-Zusammenarbeitmit Behörden-Lohnkosten
-QualifizierteArbeits- kräfte-WissenstransfermitUni-Infrastruktur
-Qualifizierte Arbeitskräfte-WissenstransfermitUni
Rapperswil -Zusammenarbeitmit Behörden
-Steuerbelastung -Steuerbelastung-Baubewilligungen-AdministrativeBelastung
Rheintal -Steuerbelastung -AdministrativeBelastung-OffeneMärkte-Steuerbelastung
-ÖffnungderMärkte-AdministrativeBelastung-Steuerbelastung-QualifizierteArbeits- kräfte
Rorschach -Infrastruktur -BodenundGebäude -ÖffnungderMärkte-Steuerbelastung-AdministrativeBelastung
StadtSt.Gallen -Lohnkosten-Infrastruktur
-Steuerbelastung -Steuerbelastung-AdministrativeBelastung
Toggenburg -Lohnkosten-Zusammenarbeitmit Behörden
-Infrastruktur-Steuerbelastung-Umweltauflagen
-Steuerbelastung-Infrastruktur-AdministrativeBelastung
Fürstenland -WissenstransfermitFHO-Lohnkosten-BodenundGebäude-Infrastruktur
-AdministrativeBelastung-Steuerbelastung-Lohnkosten
-QualifizierteArbeits- kräfte-AdministrativeBelastung-Arbeitsrecht-ÖffnungderMärkte-Steuerbelastung
Tabelle 10.1: Herausforderungen nach
Kantonen und Regionen (124 Interviews)
Quelle: Interviews, Integrationsseminar, Universität St.Gallen und IHK St.Gallen-Appenzell, 2007.
k a p i t e l 1 0
69
Kapitel 11Herausforderungen aus
Sicht der Politik
70
AufgabederPolitikistes,attraktiveRahmenbedingungenfürBevölkerungundUnterneh-
menzuschaffen.BildungundInfrastruktursindimMomenthauptsächlichAufgabendesStaa-
tes,wasmiteinerentsprechendenVerantwortungeinhergeht.BeiderFinanz-undSteuerpolitik
kommtdemStaatebenfallseineentscheidendeBedeutungzu.InallendreiBereichenhaben
dieGemeindenundKantoneweitgehendeKompetenzen,womitaucheineregionalePolitik
möglichist.FürdieKantoneundGemeindengiltesdabei,einenattraktivenMixzwischen
attraktivenstaatlichenAngebotenundeinerakzeptablenSteuerbelastungzufinden.Dennein
verbessertesstaatlichesAngebotkostetinderRegelGeld,dasüberhöhereSteuereinnahmen
wiederhereingeholtwerdenmuss.ImFolgendenwirdbeleuchtet,wasdieOstschweizerPolitik
fürdieStandortattraktivitätdervierKantonegemachthat.
Appenzell Ausserrhoden: Grosse Herausforderungen
DerKantonARdurchläufteineschwierigePhase,wiedieZahlenzurEntwicklungvonBe-
völkerungundBeschäftigungklargezeigthaben.Zwischen2001und2005warARderKanton
mitdemstärkstenBeschäftigungsrückgang,undauchbeiderBevölkerungsentwicklunglager
amSchluss.AngesichtsdieserdramatischenSituationwärenumfassendeMassnahmennötig.
ErsteSchrittewurdenbereitszuBeginndesJahrtausendsmitderSenkungderSteuernfürju-
ristischePersonenunternommen.ImRegierungsprogrammfürdieLegislaturperiode2003bis
2007wurdeeinweiteresMassnahmenpaketvorgelegt.
DabeiwurdensehrkonkreteZielefestgelegt(Tabelle11.1),umdenRückgangbeiBevöl-
kerungundBeschäftigungumzukehren.ImZentrumstandeineSteuergesetzrevisionmitder
EinführungvondegressivenTarifen,ummehrHaushaltemitsehrhohenEinkommennachAR
zulocken.DiesewurdevomVolkzwarangenommen,nachheraufgrundderVermischungmit
demGesetzzurVerteilungdesSNB-GoldesvomBundesgerichtwiederaufgehoben.InderNeu-
auflagekonzentriertsichdieSteuervorlagenunaufeineSenkungderUnternehmenssteuern,
wobeidietiefstenUnternehmenssteuerninderganzenSchweizangestrebtwerden.
EinzweiterSchwerpunktwardieErhöhungderAttraktivitätalsWohnregion,übervermehr-
teBereitstellungvonBauland,verbesserteAngebotefürdieKinderbetreuung,dieEinführung
vonBlockzeiten.DamitsolltedieAttraktivitätfürFamilienerhöhtwerden,wasaucheineAnt-
wortaufdiestarkeAlterungderBevölkerungvonARdarstellt.
IneinemdrittenBereichgingesumdiePositionierungvonARalsFreizeit-,Ferien-undGe-
sundheitszentrum.DieBasisfürdiePositionierungalsTourismusortbestehtinderattraktiven
Landschaft.DerKantonAIhatdabeiinnächsterNähevorgemacht,welcheMöglichkeitenin
diesemBereichbestehen.ImBereichGesundheitistARbereitssehrgutpositioniert,waszu-
mindestaufeinweiteresPotenzialhoffenlässt.
AngesichtsderunerfreulichenEntwicklungistklar,dassdieZieleinAR(noch)nichterreicht
werdenkonnten.DieskannverschiedeneUrsachenhaben.Einerseitsistdenkbar,dassAR
aufgrundvonSchwierigkeitenbeiseinenwichtigstenUnternehmeninderRezessionzwischen
2001und2003speziellstarkinMitleidenschaftgezogenwurde.IndiesemBereichsinddie
EinflussmöglichkeitenderPolitiksehrbegrenzt.ZweitenskönnteneinigederMassnahmenerst
miteinigerVerzögerungwirksamwerden.DrittensdürfteneinigeMassnahmeneherzögerlich
ausgefallensein.InsbesonderesinddieMassnahmen,welcheARbesseralsTourismusdestina-
tionpositionierensollen,alseherzurückhaltendzubezeichnen.BescheidensinddieMassnah-
menauchimBereichFamilienundBildung.ViertenshatderKantoninvielenBereichenkeine
ausreichendenKompetenzen.SoistdieAusscheidungvonBaulandSachederGemeinden.Ist
mandortderMeinung,dassdieGemeindebesserkleinundüberschaulichbleibensoll,sokann
derKantondagegennurwenigausrichten.
k a p i t e l 1 1
7�h e r a u s f o r d e r u n g e n a u s s i c h t d e r p o l i t i k
Appenzell Innerrhoden: Den Aufschwung verwalten
GanzanderspräsentiertsichdieAusgangslageinAI.DerKantonerlebteinenanhaltenden
AufschwungmiteinemZuwachsderBevölkerung,derBeschäftigungunddanksehrerfolg-
reichenUnternehmungen.Esgehtdamitvorallemdarum,denAufschwungzuverwalten.
DieserhatdennauchersteSpannungenverursacht,wirddasBaulanddochimmerteurerund
füreinheimischeDurchschnittsverdienerzunehmendunerschwinglich.UnddieIntegrationder
vielenZuzügerwirdwohlauchimdurchTraditionengeprägtenKantonAIeinespezielleHer-
ausforderungdarstellen.
DieStandeskommissionvonInnerrhodenhatineinemBerichtvomOktober2005diePer-
spektiven2006bis2009ihresKantonsaufgezeigt.DerBerichtenthältdieSchwerpunktauf-
gaben,denensichdieStandeskommissionwährendderkommendenvierJahrebesonderszu
Quelle: Eigene Darstellung auf Basis des Regierungsprogamms 2003–2007.
Leitsatz: «Wir positionieren uns als bevorzugter Wohnkanton für alle.»
Ziel Projekte Massnahmen
DeutlicheErhöhungderWohnbevölkerung
-AttraktivenWohnraum schaffen-BetreuungssituationderKinder verbessern-KonzeptfürVermarktungals Wohn-,Lebens-undArbeitsort erarbeiten-GünstigesSteuerklima schaffen-Verkehrserschliessung verbessern-IntakteLandschafterhalten
EinigeGemeindenhabenattraktivenWohnraumgeschaffen,aberdaserhöhteBauvolumenhatsich(noch)nichtaufdieBevölkerungszahlenausgewirkt.FamilienergänzendeBetreuungsangeboteimKleinkindalterkonntennichtwesent-lichverbessertwerden.Hingegenhaben7GemeindenumfassendeTagesstrukturenindenSchuleneingerichtet.AbdemSchuljahr2008/2009sindumfassendeBlockzeitenverbindlicheinzuführen.
Leitsatz: «Wir verstärken unsere Standortattraktivität für kleine und mittlere Unternehmen.»
Ziel Projekte Massnahmen
SteigerungdesArbeitsplatzangebotsdurchkleineundmittlereUnternehmen
-GünstigesSteuerklimaschaffen-Verkehrserschliessung verbessern-AttraktivenWohnraum schaffen-KonzeptfürVermarktungals Wohn-,Lebens-undArbeitsort erarbeiten-StellungalsStandortfürFrei- zeit,ErholungundTourismus verstärken
DieSteuergesetzrevision,durchwelcheARden1.PlatzbeiderBesteuerungvonUnternehmen(juristischenPersonen)einnehmenwird,trittaufBeginn2008inKraft.BeiderErschliessungvonAR(An-schlussanA1)tratenVerzögerungenbeiEntschei-denaufBundesebeneein.DieStauverursacherinderErschliessungdesMittellandes(EinmündungWehrstrasseindieRosenbergstrasseSt.Gallen)istnichtbeseitigtundeineLösungistnichtinSicht.
Leitsatz: «Wir positionieren uns als Kanton mit einem besonders einladenden Angebot für Freizeit, Erholung und Gesundheit.»
Ziel Projekte Massnahmen
SteigerungderAttrak-tivitätalsFerien-undErholungsregion.SteigerungderÜber-nachtungenum20%imVergleichmit2002
-StellungalsStandortfürFrei- zeit,ErholungundTourismus verstärken-IntakteLandschafterhalten-Verkehrserschliessung verbessern-KonzeptfürVermarktung erarbeiten
AufgrundeinesinAuftraggegebenenBerichtesverzichtetedieRegierungaufdieMassnahme«RegionalerNaturparkAppenzellerland».2003wurdedieFeriendorfUrnäschAGgegründet,derEröffnungsterminwurdeaufMärz2008festgelegt.Mitte2005wurdedieAppenzellerlandSportAGgegründetundeinPilotlehrgangeröffnetedasersteSportschuljahranderKantons-schuleTrogen.AufdemSäntiswurdeeinHöhentrainingszentrumeingerichtet.Mitte2006konntederNordicFitnessParkAppenzellerlanderöffnetwerden.
Tabelle 11.1: Regierungsprogramm AR (2003–2007)
72
widmengedenkt.InfolgenderTabellesindeinigeZielederStandeskommissionaufgelistet.
ZudemwirdeineBeurteilungderZielerreichungbeiHalbzeitvorgenommen.
AngestrebtwirdeinerseitseineweitereVerbesserungderStandortattraktivitätvonAIüber
weitereSteuersenkungenunddieBereitstellungvonBaulandfürIndustrieundGewerbe.Da-
nebenstrebeneinigeZieledieSenkungoderKonsolidierungderStaatsausgabenan,wieder
PersonalstoppunddieKonsolidierungimGesundheitswesen.DiesisteineAntwortaufdierela-
tivstarkgestiegenenAusgabenproKopfderBevölkerung.LauteigenerEinschätzungkonnten
dieZielenochnichtdurchwegserreichtwerden.DasanhaltendeWachstumzeigtaber,dass
sichAIweiterhindynamischentwickelt.DasVerfehleneinerSenkungdesGesamtrangsbeider
SteuerbelastungistangesichtsderMängeldesSteuerbelastungsindexesalsnichtweitertragisch
zubezeichnen.GeradesteuerlichistAIweiterhinsehrgutpositioniert.DieAuswirkungender
SteuersatzsenkungenderübrigenKantone–sowohlinderOstschweizalsauchinderrestlichen
Schweiz–aufdieStandortattraktivitätbleibennochabzuwarten.
Quelle: Standeskommission AI
Ziele der Standeskommission Zielerreichung bei Halbzeit
EsisteinemassvolleErhöhungderBevölkerungs-zahlanzustreben.
Ziel erreicht:SeitdemJahr2002wächstdieBevölkerungvonInnerrhodenjährlichleichtan.
DieGestaltungeinerausgeglichenenRechnungistunabdingbar.EsisteinSelbstfinanzierungsgradvon100%anzustreben.
Ziel erreicht.
DieGesamtsteuerbelastungistweiterzusenkenundessindimVergleichderkantonalenSteuer-belastung3bis4Rängegutzumachen.
Ziel noch nicht erreicht:ImGesamtindexderKantoneistAIimJahr2006aufRang10zurückgefallen.GrundsinddieEinkommens-undVermögenssteuernmiteinemIndexstandvon105,6(Schweiz100).DerGrundfürdieüberdurchschnittlicheSteuerbelastungliegtbeiderrelativhohenBesteuerungindenunterenEinkommensklassen.
KonsolidierungderSituationimSpitalwesen. Ziel noch nicht erreicht:Massnahmensindeingeleitet.
Esistdafürzusorgen,dassIndustrie-undGe-werbelandzukonkurrenzfähigenKonditionenerworbenwerdenkann.
Ziel noch nicht erreicht:VerschiedeneMass-nahmenwerdengeprüftundsindimMomentinderVernehmlassung.
ImHinblickaufdieausgeglicheneStaatsrechnungistimKantoneinPersonalstoppzuverfügen.
Ziel (noch) nicht erreicht.
DerZugangzudenstaatlichenStellenistmiteinemE-Government-Konzeptzuerleichtern.
Ziel teilweise erreicht:SämtlichestaatlichenDienstleistungensindaufdemNetz,inkl.Formu-lare.DieStufederTransaktionwirdimMomentangedacht.
Tabelle 11.2: Ziele in AI gemäss Perspektiven
der Standeskommission 2006 bis 2009 und Zielerreichung
St.Gallen: Auf der Suche nach grösserer Dynamik
DerKantonSGstelltwirtschaftlichdengrösstenTeilderOstschweizdar.DieZentrumsstadt
St.GallenistauchfürdieumliegendendreiKantonevongrosserBedeutung.DieEntwicklungin
SGhatdamitauchaufdieumliegendenKantoneAuswirkungen.DieseEntwicklungverliefbe-
friedigend,ohnedassallerdingssehrguteResultateerzieltwerdenkonnten.Seit2005konnten
zwarwiederArbeitsplätzegeschaffenwerden.BeiderBevölkerungsentwicklungliegtSGaber
hinterTGundAIzurück,undauchbeimEinkommenwardieEntwicklungnichtüberragend.
DasVolkswirtschaftsdepartementhatimFebruar2002einWirtschaftsleitbildfürdenKanton
SGpräsentiert.DarinwirddasZielfestgehalten,dassqualifizierteArbeitskräfteundüberdurch-
schnittlichproduktiveUnternehmenimKantonbleiben,dieArbeitskräfteundUnternehmen
sichqualitativverbessernundweiterewertschöpfungsstarkeArbeitskräfteundUnternehmen
sichimKantonniederlassen.DamitdieZieleerreichtwerdenkönnen,wurdeimOktober2002
eineStandortoffensivepräsentiert,welcheinzwölfProgrammenkonkreteSchwerpunkteund
k a p i t e l 1 1
73h e r a u s f o r d e r u n g e n a u s s i c h t d e r p o l i t i k
Tabelle 11.3:SG: Auswahl von Massnahmen der Standortoffensive/Wirt-schaftsleitbild und Stand der Umsetzung
Zielbereich Massnahmen in der Standortoffensive
Stand/Beurteilung der Umsetzung
St.Gallen als Technologie-standort
KonzipierungvonTechnologie-undWissenstransfer-Plattformen.
Plattformennichtrealisiert,aberEvalua-tiondesTeilprojektes«Nano-Cluster-BodenseeNCB»imHerbst2007.
InvestitionsprogrammfüranwendungsorientierteF&E.
UmsatzmässigeErhöhungvonF&EbeiallenHochschulen.EröffnungvonForschungszentrendurchAudiundSAP.KeineigentlichesInvestitionsprogrammdesKantons.
ErarbeitungeinesKonzepteszurFörderungvonJungunternehmendurchdieWirtschaftsförderung.
FürdieGründerzentrenwurdeeineFörderstrategieausgearbeitet,aufderenGrundlageneueLeistungsvereinba-rungenabgeschlossenwurden.
St.Gallen als Bildungs-standort
WettbewerbsfähigkeitderUniversitätfestigen(NeukonzeptionderLehre,Sanierung/ErweiterungBauten,usw.
WesentlicheSchrittezurFestigungderinternationalenWettbewerbsfähigkeitwurdenrealisiert,sowohlwasdieLehrealsauchdieInfrastrukturanbelangt.
ErneuerungundErweiterungderInfrastrukturimKongress-undSemi-nartourismusmiteinemspezifischenFörderprogramm.
EinspezifischesFörderprogrammscheintnichtmehrangezeigt:AusbauHSG,OlmaundEinstein.AufbaueinerPlattformzurVernetzungistimAufbau(«SGBTplus»).
FörderungdesAngebotsaninter-nationalenSchulungsmöglichkeiten.
GründungderInternationalSchoolRheintalinBuchs(2002)undderInter-nationalSchoolSt.Gallen(2008).
Verbesserung Attraktivität für Familien
BedürfnisgerechtesAngebotfürfamilienergänzendeKinderbetreuung.
EinigeKindertagesstättenwurdenneugegründetsowiederenVernetzunggefördert.
SchaffungeinerneuenTagesstrukturindenVolksschulenmitBlockzeitenanallenWochentagenundfakultativenMittagstischen.
DieEinführungvonerweitertenBlockzeitenerfolgtaufBeginndesSchuljahres2008/09.VorerstwerdendieBlockzeitenaufsämtlicheVor-mittageausgedehntsowieeinAngebotfüreinenfreiwilligenMittagstischgeschaffen.
Verbesserung Verkehrsinfra-struktur
DirektanschlussandaseuropäischeEisenbahn-Hochleistungsnetz.
UmsetzungnachRealisierungdererforderlichenbaulichenMassnahmenimZeithorizont2012/2013.
StrassennetzoptimierenundFlugplatzSt.Gallen-Altenrheinaufwerten.
NochungelösteProbleme:VerbindungderbeidenRheintal-Autobahnen,EngpässeindenAgglomerationenSt.Gallen,Rapperswil-Jona,RorschachundWil.NeueLinievonFebr.2007inAltenrheinwiedereingestellt.
Verbesserung Standort für Unternehmen
IminterkantonalenVergleichattraktiveSteuerbelastung.
AuchnachdemII.NachtragzumSteuergesetzbleibtdiesteuerlicheAttraktivitätungenügend.WeitereSteuergesetzrevisionangekündigt.
Wirtschaftsverträglichkeitsprüfungeinführen.AdministrativeEntlastungenreduzieren.
Wirtschaftsverträglichkeitsprüfungwirdeingeführt,KMU-ForumhatTätigkeitimSeptember2006aufgenommen.Handlungsbedarfweiterhingegeben.
Massnahmendarlegte.EinigeProgrammesolltenmittelseinesFonds«ZukunftSt.Gallen»finan-
ziertwerden,welcherabervonderMehrheitderStimmendenabgelehntwurde.
TrotzdemNeinzumFondsversuchtdieRegierung,Schwerpunktefürdiestandortpolitische
Entwicklungzusetzen.DiefolgendeTabellegreifteineAuswahlvonProgrammenundMass-
nahmenheraus,welcheausdemAmtsbericht2004stammen.EslassensichvierSchwerpunkte
ausmachen:erstensdieEntwicklungvonSt.GallenalsTechnologie-undBildungsstandort,zwei-
Quelle: Wirtschaftsleitbild Kanton St.Gallen, 2002; Standortoffensive Kanton St.Gallen, 2002; Bericht der Regierung zum Stand der Umsetzung der Massnahmen der Standortoffensive, 21. Juni 2006.
74 k a p i t e l 1 1
tensdieErhöhungderAttraktivitätfürFamilien,drittensdieVerbesserungderStandortattrakti-
vitätfürUnternehmungen,viertensdieVerbesserungderVerkehrsinfrastruktur.
ImBereichBildungundTechnologiekonnteneinigeErfolgeerzieltwerden.Hiergehtes
vorallemdarum,dievorhandenenStärken–alsStandortvonUniversität,Fachhochschuleund
Empa–besserzurGeltungzubringen.ImBereichFamilienpolitikkannnochnichtvoneinem
Durchbruchgesprochenwerden.DieEinführungvonBlockzeitenanVormittagenabHerbst
2008kannhöchstensalseinbescheidenerAnfangbezeichnetwerden.BeiderVerkehrspolitik
sindsowohlderUmfangderMassnahmenalsauchihreUmsetzungbegrenzt.DieProblemedes
KnotenpunktsSt.GallenharrennocheinerLösung:überlasteteStadtautobahnundVerbindung
insAppenzell.BeiweitersteigendemVerkehrsaufkommenistmittelfristigmiteinemKollapszu
rechnen,mitentsprechendennegativenAuswirkungenaufdenStandortOstschweiz.
BeimStandortfürUnternehmungensolltemitderSteuersenkung,welche2007inKraft
getretenist,einedeutlicheVerbesserungerreichtwordensein.ZurReduktionderadministra-
tivenBelastungenwurdeeineWirtschaftsverträglichkeitsprüfungeingeführt,welchebeineuen
GesetzenzurAnwendungkommt.DiegrossenbestehendenProbleme,welchevonUnterneh-
mernbeklagtwerden,sinddadurchjedochnichttangiert:BehinderungenbeimAussenhandel,
Lärm-undBauvorschriften,arbeitsrechtlicheEinschränkungen(sieheKapitel10).
Thurgau: Chancen genutzt
ImKantonThurgauhabendieWirtschaftsverbände(IHKThurgau,Gewerbeverband)im
September1996unterdemTitelChanceThurgau38sehrkonkreteMassnahmenvorschläge
präsentiert.DieimNovember2002publizierte«ChanceThurgauPLUS»enthielt30Massnah-
men,dieauchvomThurgauerBauernverbandmitgetragenwurden.
ImNovember2005legtendieWirtschaftsverbändeeinenSchlussberichtvor.Dieüberge-
ordnetenZielsetzungenwaren:ErstensSchaffungvonneuenArbeitsplätzen(ChanceThurgau)
undzweitenseineregelmässigüberdemschweizerischenDurchschnittliegendeZunahmedes
ThurgauerVolkseinkommensproKopfundJahr.
DieArbeitsplatzzunahmelagklarüberdemschweizerischenDurchschnitt.Dasheisst:Ziel
erreicht,zumalderKantonThurgaunichtnuralsArbeitsplatzanAttraktivitätgewonnenhat,
sondernauchalsWohnort.AuchdasVolkseinkommenproKopfhatindenJahren2003und
2004zugenommen,allerdingslagdieZunahmeunterdemLandesdurchschnitt.Ziel bisher
nicht erreicht–derBeobachtungszeitraumistallerdingsnochsehrkurz.
Vondeninsgesamt68Einzelmassnahmenwurden39gänzlichumgesetzt,23Massnahmen
teilweiseund6garnicht.DerdurchschnittlicheErfüllungsgradbeträgtgut80%.
Diewohlwichtigstenbis2005voll und ganz umgesetzten Massnahmensind:einekon-
tinuierlichumgesetzteSenkungderSteuern,StärkungundAusbauderBildungsinfrastruktur,
ÄnderungderSubventionspraxis,EinführungeinerKMU-Verträglichkeitsprüfung,systematische
ÜberprüfungderAufgabenundLeistungendesKantonsundderGemeinden,Befristungder
Baubewilligungsverfahren.
Teilweise umgesetztwurdenunteranderen:BekämpfungmissbräuchlicherEinsprachen,
wesentlicheSenkungderStrompreise,Begabtenförderung,flächendeckendeInformatikausbil-
dungandenPrimarschulen.
FolgendeMassnahmenwurdenunteranderennicht umgesetzt:ErschliessungdesMit-
tel-undOberthurgaus,EinführungeinerAusgabenbremse,AufhebungderKirchensteuerfür
juristischePersonen.
ImRegierungsprogramm2004bis2008hatsichderRegierungsratneueZielegesetzt.Eine
ÜberprüfungderZielerreichungkannzumaktuellenZeitpunktnichtdurchgeführtwerden.Die
wichtigstenSchwerpunktzielesollendurchfolgendeMassnahmenerreichtwerden:
75h e r a u s f o r d e r u n g e n a u s s i c h t d e r p o l i t i k
• Schwerpunktziel «Staatshaushalt»:SinkendeSteuerbelastungundsinkendeStaats-
quotesowieeineRangierungiminterkantonalenVergleichimbestenDrittelderKantone.
ImJahr2006belegtderKantonThurgaubeimGesamtindexderSteuerbelastungRang5
allerKantone.
• Schwerpunktziel «Verkehr»:AusbauSchnellzugsangebotundVerdichtungimRegional-
verkehrzwischenZentrenundAgglomerationen.ImStrassenverkehrsinddieEntscheide
überLinienführungundAusbaustandardderHauptstrassenT13undT14zufällen.
• Schwerpunktziel «Bildung, Familie, Jugend»:AufbaueinesQualitätsmanagement-
SystemsindenSchulen,OptimierungderIntegrationvonMigrationsfamilien,Ausbau
familienergänzenderBetreuungsformen,PrüfungvonBlockzeiten.
Wurden die Empfehlungen der IHK St. Gallen-Appenzell aufgenommen?
DieIHK-Studie«EntwicklungundPerspektivenderOstschweizerVolkswirtschaft»desJahres
2003enthielteineAnalysevonrelevantenDatenüberdieOstschweizerVolkswirtschaft.Folge-
rungenausdieserAnalysefürdieWirtschaftspolitikderOstschweizerKantonehatdieIHKkurz
daraufineinemseparatenBericht«Handlungsempfehlungenfüreinewachstumsorientierte
WirtschaftspolitikinderOstschweiz»publiziert.
DieOstschweizerWirtschafthinktevon1991bis2002indenwichtigstenIndikatorendem
Landesdurchschnitthinterher.DeshalbsetztenwirinunseremBerichtvon2003fürdieOst-
schweizerVolkswirtschaftfolgendesZiel:«KlarüberdemLandesdurchschnittliegendeStei-
gerungdeswirtschaftlichenWachstums,zwecksSicherungderBeschäftigungundErhöhung
desVolkseinkommens.»DasWachstumszielwurdenichterreicht,wiedievolkswirtschaftliche
Analysegezeigthat.
EineGrobbilanzüberdieUmsetzungderIHK-Empfehlungenfälltfolgendermassenaus:
• Verkehr:DieMehrheitunsererVorschlägeistinderPhasederPlanung.Definitivgeschei-
tertistdieBodensee-SchnellstrasseS18.EbenfallsgescheitertistdieAbsichteinerStrategie
derBodenseeIndustrie-undHandelskammernzumFlughafenAltenrhein.
• Bildung:Ab2008/2009wirdEnglischinderdrittenPrimarklasseunterrichtetunddie
ErneuerungundErweiterungderUniversitätundderFachhochschulesindimGangbzw.in
Vorbereitung.UnsereEmpfehlungenbezüglichderFHOlauteten:Konzentrationdertech-
nischenAusbildungundFokussierungaufdieKernkompetenzen(auchderInstitute)sowie
VerbesserungdesTechnologietransfers.Zusammenfassendistfestzuhalten,dassdiegegen-
wärtigeStrukturderFHOmitderUmsetzungunsererEmpfehlungennichtvereinbarist.
• Steuern:BeiderBesteuerungvonUnternehmenkonnteninallenvierKantonenFort-
schritteerzieltwerden.Sowirdab2008dieDoppelbesteuerungvonDividendengemildert
unddieForderungnachderVerrechnungderKapitalsteuermitderGewinnsteuerhatden
Durchbruchebenfallsgeschafft.
• Administrative Entlastungen:DieEinführungeinerKMU-Verträglichkeitsprüfungund
einesKMU-ForumswurdenimKantonSt.Gallenvollzogen.
• Attraktivität als Wohnort:MitUnterstützungderKantonesindeinigeGemeindenin
dieOffensivegegangenundhabendieWohnzonenanattraktivenLagenerweitert.Die
BemühungenderKantonebeimAusbaudesAngebotesanKinderkrippenundTages-
strukturenindenSchulensindunterschiedlichweitfortgeschritten.
76
Kapitel 12Perspektiven der Ostschweizer Wirtschaft bis 2012
77
WagtmansichanVoraussagenzurWirtschaftsentwicklung,begibtmansichaufheikle
Pfade.SindesdochnichtzuletztdiePrognosefehler,welcheamRufderÖkonomenzunftnagen.
AufgrundvonvielennichtzutreffendenVoraussagenwerdenÖkonomenauchfolgendermassen
definiert:«EinÖkonomisteinExperte,dermorgenweiss,warumdas,wasergesternvoraus-
sagte,heutenichteingetroffenist.»BöseZungenbehauptenzudem,dassGottdieÖkonomen
nurdeshalbgeschaffenhabe,damitdieWetterprophetennichtsoschlechtdastehen1.
UmunsdieserHämenichtaussetzenzumüssen,delegierenwirdieVerantwortungfürdie
VoraussagenzurwirtschaftlichenEntwicklungandieUnternehmen.WirhabeneineBefragung
vonUnternehmenmitmehrals20Mitarbeiterndurchgeführt,andersich370Firmenausden
verschiedenenRegionenderOstschweizunddiversenBranchenbeteiligthaben.Diefolgenden
VoraussagenfürdieZukunftstammen–miteinerAusnahme–ausdieserUnternehmensbefra-
gung.DieAusnahmebetrifftdieBevölkerungsentwicklung.DieBevölkerungsprognosenfürdie
KantonestammenvomBundesamtfürStatistikunddiePrognosenfürdieRegionenstützen
sichaufBerechnungenderCreditSuisseundderIHKSt.Gallen-Appenzell.
Bevölkerungsperspektiven: Zunahme in allen Ostschweizer Kantonen
DasBfSerarbeitetfürdieeinzelnenKantoneBevölkerungsszenarien,beiwelchendieEnt-
wicklungderBevölkerungaufBasisdergesamtschweizerischenEntwicklungundderStruktur
derBevölkerungderKantonehochgerechnetwird.NachdemdieZukunftfüreinzelneKantone
nichtderVergangenheitentsprechenmuss,sinddieseSzenarienkeineswegsalsPrognosen
aufzufassenunddamitmitdernötigenVorsichtzuinterpretieren.SiekönnenabereinenAn-
haltspunktfürProblemebeidermittelfristigenBevölkerungsentwicklunggeben.DasBfSrech-
netfürAIbiszumJahre2030miteinemstarkenBevölkerungswachstumvonfast25%,imTG
miteinemWachstumvon15%undinSGundARmittieferenWachstumsratenimBereichvon
5%(Abbildung12.1).
1 Vgl.AlfredMeier,ÖkonomenimSpiegeldesWitzes,in:PerspektivenderWirtschaftspolitik,Festschriftzum65.Geburtstagvon Prof.Dr.RenéL.Frey,vdfHochschulverlag,2004
Abbildung 12.1: Szenarium Bevölkerungs-wachstum 2005–2030
35%
30%
25%
20%
15%
10%
5%
0%
-5%
-10%
BS GL
UR
SH GR
AR BE JU NE
OW BL SG SO LU GE
CH TI ZH TG AG VD VS AI
SZ
NW FR ZG
Quelle: eigene Berechnungen IHK auf Basis von Zahlen des BfS.
p e r s p e k t i v e n d e r o s t s c h w e i z e r w i r t s c h a f t b i s 2 0 1 2
78
EinezentraleHerausforderungdernächstenJahrzehntewirddieBewältigungderAlterung
derGesellschaftwerden.GesamtschweizerischstehendabeivorallemdieFinanzierungder
AltersvorsorgeundeinmöglicherweisesinkendesArbeitsangebotimZentrum.BeidenKanto-
nenwirdvorallemdieFinanzierungderPflegeimMittelpunktstehen.EineDurchmischungder
BevölkerungnachAltersgruppendürfteaberauchauspolitischenundsozialenGründenge-
wünschtsein.NachdenPrognosendesBfSwirdvorallemARmiteinemAnteilvonÜber-65-Jäh-
rigenvonfast30%imJahre2030zukämpfenhaben.AuchAIwirdeinüberdurchschnittlicher
AnteilanÜber-65-Jährigenvorausgesagt,währenddieserinSGundTGunterdurchschnittlich
bleibensoll(Abbildung12.2).
Die Perspektiven ausgewählter Branchen
DiezukünftigeEntwicklungeinerBrancheistabhängigvomNachfragepotenzialundvon
derWettbewerbsfähigkeitderUnternehmeninnerhalbdieserBranche.VerschiedeneInstitu-
tioneninderSchweiznehmeneineBeurteilungdieserbeidenFaktorenvor,umdarausdie
PrognosenfürdieeinzelnenBranchenundauchfürdieKantoneundRegionen(jenachBran-
chenanteil)zuerstellen2.DieseMethodikhatallerdingseinenschwerwiegendenNachteil,
dennesgibteigentlichkeinegutenoderschlechtenBranchen,sondernnurguteoderschlech-
teUnternehmen.JekleinerdiebeobachteteRegionwird,destomehrkanneineBeurteilung
derBranchenqualitätaufschweizerischerEbenedeshalbzuFehlschlüssenaufkantonaleroder
regionalerEbeneführen.Sokannesz.B.durchaussein,dasseineBrancheinderSchweizauf
eineunbefriedigendeVergangenheitzurückblickt,dieUnternehmenderselbenBrancheaber
z.B.imRheintaleinehervorragendeEntwicklungdurchlaufenhaben.DieseFehlerquellehaben
wirumgangen,indemwirunsaufdiePrognosenderUnternehmenderbetrachtetenBranchen
inderjeweiligenRegionabstützen.
IndenfolgendenAbbildungenstellenwirnichtnurdieVorraussagenzurEntwicklungbis
zumJahr2012dar,sondernzeigenzugleichauf,wiesichdieentsprechendenWerteinder
Vergangenheitentwickelthaben.
DievioletteLiniebildetdieEntwicklungdergesamtenOstschweizerWirtschaftab,während
diegrüneLiniedieEntwicklungderentsprechendenBrancheaufzeigt.BeiderInterpretationist
zubeachten,dassderMassstabbeijederAbbildungderentsprechendenBrancheangepasst
wurdeundauchZuwachsratenimnegativenBereich(kleineralsnull)abgebildetwerden.
Abbildung 12.2: Altersquoten, 2005 und 2030
2005 n2030 n
35%
30%
25%
20%
15%
10%
5%
0%
AR
SH
TI UR BL BE N
W VS AI
GL
GR JU SO O
W SZ TG SG AG NE
CH LU BS FR ZH ZG VD GE
Erklärung: Anteil der Über-65-Jährigen. Eigene Berechnungen IHK auf Basis von Zahlen des BfS.
2 Vgl.UBS-Outlook,2007
k a p i t e l 1 2
79p e r s p e k t i v e n d e r o s t s c h w e i z e r w i r t s c h a f t b i s 2 0 1 2
Textilien
SowohlinderVergangenheitalsauchinZu-
kunftwirdsichdieTextilindustrieschlechter
entwickelnalsdieGesamtwirtschaft,wobei
docheinansehnlichesPlusimUmsatz,aller-
dingsbeileichterReduktionderBeschäfti-
gung,vorausgesehenwird.
Abbildung 12.3. Perspektiven ausgewählterBranchen (Veränderungen p. J.)
––– Ostschweiz––– Branche
Metall
DieüberdurchschnittlichguteEntwicklung
derMetallindustriewirdauchinderPeriode
2008bis2012anhalten.
Maschinen
Von2001bis2005gingenimMaschinenbau
Arbeitsplätzeverloren.Bis2012werdenaber
etlicheneueStellengeschaffen–solltendie
PrognosenderMaschinenbauunternehmen
eintreffen.
Elektrische Geräte
DieUnternehmen,welchesichmitderPro-
duktionvonelektrischenGerätenbeschäf-
tigen,erwarteneinkräftigesWachstumdes
UmsatzesundderBeschäftigung.
Bau
DasBaugewerberechnetmiteinerdeutlichen
AbschwächungdesUmsatzwachstumsund
einerbescheidenenZunahmeanArbeitsplät-
zen.
Grosshandel
WieschoninderVergangenheitgehendie
Grosshändlerdavonaus,dasssieleichtbes-
serabschneidenwerdenalsdergesamtwirt-
schaftlicheDurchschnitt.
Umsatz03–07
Umsatz06–12
Beschäftigung01–05
Beschäftigung06–125%
3%
1%
-1%
-3%
-5%
-7%
Umsatz03–07
Umsatz06–12
Beschäftigung01–05
Beschäftigung06–126%
4%
2%
0%
-2%
-4% Umsatz03–07
Umsatz06–12
Beschäftigung01–05
Beschäftigung06–127%
5%
3%
1%
-1%
Umsatz03–07
Umsatz06–12
Beschäftigung01–05
Beschäftigung06–127%
5%
3%
1%
-1%
Umsatz03–07
Umsatz06–12
Beschäftigung01–05
Beschäftigung06–125%
4%
3%
2%
1%
0%
-1% Umsatz03–07
Umsatz06–12
Beschäftigung01–05
Beschäftigung06–125%
4%
3%
2%
1%
0%
-1%
80
Die Perspektiven der Ostschweizer Kantone
ZurDarstellungderPerspektivenderKantoneundnachfolgendauchderRegionenhaben
wirdreiIndikatorenbestimmt:dieBeschäftigungsentwicklung,dieBevölkerungsentwicklung
unddieUmsatzentwicklung.DabeistellenwirwiederumnichtnurdieVoraussagenbiszumJahr
2012dar,sondernzeigenauchauf,wiesichdieentsprechendenWerteinderVergangenheit
entwickelthaben.
DievioletteLiniebildetdieEntwicklungderOstschweizerWirtschaftab,währenddiegrüne
LiniejeweilsdieEntwicklungdesKantonsaufzeigt.BeiderInterpretationistzubeachten,dass
derMassstabbeijederAbbildungderentsprechendenBrancheangepasstwurdeundauch
ZuwachsratenimnegativenBereich(kleineralsnull)abgebildetwerden.
Detailhandel
DieUnternehmendesDetailhandelsgehen
voneinerbescheidenenUmsatzsteigerung
vondurchschnittlich1,4%aus.DieserZu-
wachswirdnichtgenügen,umdiebestehen-
denArbeitsplätzezuerhalten.
Banken
AuchwenndieErträgenichtmehrganzim
selbenAusmasssteigenwerdenwieinder
Vorperiode,gehendieBankendochbis2012
voneinererfreulichenEntwicklungaus.
Informatik
DieInformatikbrancherechnetmiteinem
fulminantenUmsatzwachstumundeiner
ebensolchenBeschäftigungszunahme,die
allerdingsaufeinestagnierendeArbeitspro-
duktivitätschliessenlässt.
Unternehmensnahe Dienstleistungen
DieUnternehmen,welcheanderenUnter-
nehmenihreDiensteanbieten,gehenvon
einerleichtunterdurchschnittlichenUmsatz-,
abereinerleichtüberdurchschnittlichenBe-
schäftigungsentwicklungaus.
Umsatz03–07
Umsatz06–12
Beschäftigung01–05
Beschäftigung06–126%
4%
2%
0%
-2% Umsatz03–07
Umsatz06–12
Beschäftigung01–05
Beschäftigung06–128%
6%
4%
2%
0%
-2%
Umsatz03–07
Umsatz06–12
Beschäftigung01–05
Beschäftigung06–127%6%5%4%3%2%1%0%
-1% Umsatz03–07
Umsatz06–12
Beschäftigung01–05
Beschäftigung06–125%
4%
3%
2%
1%
0%
-1%
k a p i t e l 1 2
Ostschweiz –––Branche –––
8�p e r s p e k t i v e n d e r o s t s c h w e i z e r w i r t s c h a f t b i s 2 0 1 2
St.Gallen
DieOstschweizundmitihrder«bestimmen-
de»KantonSGrechnenmiteinerdurchaus
erfreulichenwirtschaftlichenEntwicklung,
auchwenndasUmsatzwachstumhinterder
vergangenenPeriodezurückliegendürfte.
Appenzell Ausserrhoden
AusserrhodenschöpftMut:DieAbnahme
derBevölkerungsollzumStillstandkommen.
NachdemEinbruchbeidenArbeitsplätzen
hofftmanindenkommendenJahrenmit
demOstschweizerDurchschnittSchrittzu
halten.
Appenzell Innerrhoden
DieInnerrhoderWirtschaftrechnetmiteinem
überdurchschnittlichenUmsatzanstieg.Zu-
demistvoneinemrelativhohenBevölke-
rungswachstumauszugehen.
Thurgau
DieUnternehmenimKantonThurgausind
bezüglichUmsatz-undBeschäftigungsent-
wicklungzurückhaltenderalsderOstschwei-
zerDurchschnitt.
Die Perspektiven der Ostschweizer Regionen
IndenfolgendenAbbildungenderOstschweizerRegionenfehlendasAppenzellerMittel-
land,dasSarganserland,Diessenhofen,KreuzlingenundUntersee,weilsichausdiesenRegio-
nenzuwenigUnternehmenanunsererUmfragebeteiligthaben.
DievioletteLiniebildetdieEntwicklungderOstschweizerWirtschaftab,währenddiegrüne
LiniejeweilsdieEntwicklungderRegionaufzeigt.BeiderInterpretationistzubeachten,dass
derMassstabbeijederAbbildungderentsprechendenRegionangepasstwurdeundauchZu-
wachsratenimnegativenBereich(kleineralsnull)abgebildetwerden.
Umsatz03–07
Umsatz08–12
Beschäftigung01–05
Beschäftigung08–125%
4%
3%
2%
1%
0%
-1%
Bevölkerung01–06
Bevölkerung07–12
Umsatz03–07
Umsatz08–12
Beschäftigung01–05
Beschäftigung08–12
Bevölkerung01–06
Bevölkerung07–12
6%5%4%3%2%1%0%
-1%-2%
Umsatz03–07
Umsatz08–12
Beschäftigung01–05
Beschäftigung08–12
Bevölkerung01–06
Bevölkerung07–12
5%
4%
3%
2%
1%
0%
-1%
Umsatz03–07
Umsatz08–12
Beschäftigung01–05
Beschäftigung08–12
Bevölkerung01–06
Bevölkerung07–12
5%
4%
3%
2%
1%
0%
-1%
Abbildung 12.4: Die Perspektiven der Ostschweizer Kantone (Veränderungen p. J.)
––– Ostschweiz––– Kanton
82
Umsatz03–07
Umsatz08–12
Beschäftigung01–05
Beschäftigung08–12
Bevölkerung01–06
Bevölkerung07–12
4%3%2%1%0%
-1%-2%-3%
Umsatz03–07
Umsatz08–12
Beschäftigung01–05
Beschäftigung08–12
Bevölkerung01–06
Bevölkerung07–12
5%4%3%2%1%0%
-1%-2%
Hinterland Vorderland
St. Gallen Rorschach
Umsatz03–07
Umsatz08–12
Beschäftigung01–05
Beschäftigung08–12
Bevölkerung01–06
Bevölkerung07–12
5%
4%
3%
2%
1%
0%
-1%
Umsatz03–07
Umsatz08–12
Beschäftigung01–05
Beschäftigung08–12
Bevölkerung01–06
Bevölkerung07–12
8%
6%
4%
2%
0%
-2%
Rheintal Werdenberg
Umsatz03–07
Umsatz08–12
Beschäftigung01–05
Beschäftigung08–12
Bevölkerung01–06
Bevölkerung07–12
5%
4%
3%
2%
1%
0%
-1%
Umsatz03–07
Umsatz08–12
Beschäftigung01–05
Beschäftigung08–12
Bevölkerung01–06
Bevölkerung07–12
6%5%4%3%2%1%0%
-1%
See-Gaster Toggenburg
Umsatz03–07
Umsatz08–12
Beschäftigung01–05
Beschäftigung08–12
Bevölkerung01–06
Bevölkerung07–12
5%
4%
3%
2%
1%
0%
-1%
Umsatz03–07
Umsatz08–12
Beschäftigung01–05
Beschäftigung08–12
Bevölkerung01–06
Bevölkerung07–12
5%
4%
3%
2%
1%
0%
-1%
Abbildung 12.5: Die Perspektiven der
Ostschweizer Regionen (Veränderungen p. J.)
Ostschweiz –––Region –––
k a p i t e l 1 2
83p e r s p e k t i v e n d e r o s t s c h w e i z e r w i r t s c h a f t b i s 2 0 1 2
Rorschach, Wil, AI und WerdenbergsinddieRegionen,welchebeiunserenIndikatoren
fürdiePeriode2008bis2012zudenbesonderserfolgreichengehörenwerden.Hauptsächlich
dafürverantwortlichistinRorschach,WilundWerdenbergdashoheUmsatz-undBeschäfti-
gungswachstum.AIkannzudemvoneinemüberdurchschnittlichenZuwachsderBevölkerung
ausgehen.SolltendiePrognoseneintreffen,darfvorallemRorschachzudenAufsteigernge-
zähltwerden,littesdochnochinderPeriode2001bis2005untereinemüberdurchschnittlichen
VerlustanArbeitsplätzen.
Das Toggenburg und die drei Ausserrhoder Regionenziertenindervergangenen
EntwicklungdenSchlussderRangliste.NacheigenerEinschätzungdürftedasToggenburgdie
roteLaternebehalten,währenddieAusserrhoderUnternehmenPlätzegutzumachenhoffen.
DieFirmeninFrauenfeld und Weinfeldenerweisensich,wasdiezukünftigeEntwicklung
anbelangt,alsüberauszurückhaltend.
Wil (SG) Oberthurgau
Frauenfeld Wil (TG)
Umsatz03–07
Umsatz08–12
Beschäftigung01–05
Beschäftigung08–12
Bevölkerung01–06
Bevölkerung07–12
5%
4%
3%
2%
1%
0%
-1%
Weinfelden
Umsatz03–07
Umsatz08–12
Beschäftigung01–05
Beschäftigung08–12
Bevölkerung01–06
Bevölkerung07–12
5%
4%
3%
2%
1%
0%
-1%
Umsatz03–07
Umsatz08–12
Beschäftigung01–05
Beschäftigung08–12
Bevölkerung01–06
Bevölkerung07–12
8%
6%
4%
2%
0%
-2%
Umsatz03–07
Umsatz08–12
Beschäftigung01–05
Beschäftigung08–12
Bevölkerung01–06
Bevölkerung07–12
5%4%3%2%1%0%
-1%-2%
Umsatz03–07
Umsatz08–12
Beschäftigung01–05
Beschäftigung08–12
Bevölkerung01–06
Bevölkerung07–12
6%5%4%3%2%1%0%
-1%
––– Ostschweiz––– Region
84
Kapitel 13Folgerungen aus den Analysen und Perspektiven
85
DieOstschweizunddieSchweizhabenwirtschaftlicherfolgreicheJahrehintersich.Dabei
wirdderaktuelleAufschwungvorallemvonderIndustriegetragen.DaderzweiteSektorin
derOstschweizüberdurchschnittlichvertretenist,fieldaswirtschaftlicheWachstuminunserer
Regionentsprechendkräftigaus.DieIndustriewurdevoneinerstarkenZunahmedesBIPder
WeltinSchwunggebracht,alsderenFolgesichdieExportederOstschweizbesondersdyna-
mischentwickelten.AlszweitesSchwungradentpupptesichdieBauwirtschaft.Angetrieben
vontiefenZinsenundrelativmoderatenBaulandpreiseninderOstschweizboomtederHaus-
undWohnungsbau.DieDienstleistungsbranchenentwickeltensichebenfallserfreulich,wenn
auchmitwenigerhohenZuwachsraten.ImZugedeswirtschaftlichenAufschwungsstiegzudem
dieAnzahlArbeitsplätze,wobeidieZunahmeninderOstschweizindenletztenJahrensogar
überdemschweizerischenMittellagen.Nichtgenugdamit:DiePerspektivenbis2012werden
vondenUnternehmensvertreternunsererwichtigstenBranchenalserfreulichbeurteilt.
Reformbedarf im Konjunkturhoch
Gefahr: Ostschweizer Wirtschaft in «Champagnerlaune»!
DieSchweizerunddieOstschweizerWirtschaftbefindensichin«Champagnerlaune».
ChampagnerlaunensindauszweiGründengefährlich:ErstenswirdderHandlungsspielraum
dadurcheingeschränkt(bei0,5PromillehörtderSpassbereitsauf)undzweitensfolgtdarauf
allzuofteineKaterstimmung.AuchwennPartykiller–währenddieKorkenknallen–nichtbe-
liebtsind,istfestzuhalten,dassdiegefährlichstenJahrefürdieUnternehmendiegutenJahre
sind:NichtsistsogefährlichwiederErfolg.ZuleichtlässtmansichinsolchgutenZeitenzum
Ausruhenverführen,zugernedrücktmansichimHochgefühlvorschmerzhaftenReformen.
VielliebererhöhendieUnternehmeninsolchgrandiosenZeitendieKapazitäten–«denPro-
millespiegel»–überdasvernünftigeMasshinausundschiebendiestrategischenAufgaben
vorsichher.
WasheisstdasfürdieUnternehmenspolitik?AufgabevonUnternehmenistes,marktfähige
ProdukteundDienstleistungenherzustellenundzuPreisenzuverkaufen,welcheGewinneer-
möglichen.DamitdieseAufgabeerfülltwerdenkann,müssendiegutenJahregenütztwerden,
umdieStrukturenzubereinigenundzuoptimieren,Investitionenzutätigen,dieForschungs-
undEntwicklungsanstrengungenzuerhöhenunddasHumankapitalaufdieErfordernisseder
Zukunftauszurichten.
MindestensebensoverlockendwiefürUnternehmenisteinKonjunkturboomfürdiePolitik.
DennwelcherPolitikermöchteschonin«Champagnerlaune»seinenWählernunangenehme
Wahrheitenverkünden–vorallemimVorfeldvonWahlen.AberdasAufschiebenvonReformen
ingutenZeitenmachtdieseinspäteren,wenigergutenZeitenschwierigerdurchsetzbar.
VierReformfelder–wiesiesichausderAnalyseergeben–werdenhierangesprochen.Die
SchweizunddieOstschweizleidenerstensaneinemMangelanWettbewerb.AmmeistenNut-
zenbringtdieWirtschaftspolitikderWirtschaftnämlichdann,wennsieBedingungengewähr-
leistet,diedasfreieSpielvonAngebotundNachfrageermöglichenunddenunternehmerischen
Entscheidungsspielraumsowenigwiemöglicheinschränken.
DamitsindwirbeimzweitenReformbedarf:EinausufernderStaatbremstdasWachstum.
JewenigernämlichderStaatvorschreibt,jewenigererbefiehlt,waszutunoderzuunterlassen
ist,jemehreraufdieindividuellenFreiheitsrechtesetzt,umsostärkerwerdenErfinder-,Entde-
cker-undUnternehmerinstinktegewecktundumsogrösserwirdderKuchen,dessenStücke
auchandiesozialBenachteiligtenverteiltwerdenkönnen.WiedieVergangenheitzeigt,istes
deutlichschwerer,einenstaatlichenRückzugdurchzusetzen,alsneueGesetze,Vorschriftenund
Verboteaufzustellen.EinAbbauderRegulierungsdichteundeineSenkungderadministrativen
BelastungensinddeshalbprioritäreAufgabenderWirtschaftspolitik.
f o l g e r u n g e n a u s d e n a n a ly s e n u n d p e r s p e k t i v e n
86
1Vgl.FrankBodmer,AufschwungalsReformchance,a.a.O.
DieForderungnachmehrWettbewerbbeziehtsichnichtnuraufdenBinnenmarkt,son-
dernauchaufdieAuslandmärkte.DerdritteReformbedarfbetrifftdennauchdieÖffnungder
Märkte.GeradefürdieOstschweizsindoffeneMärktezurErhöhungdesWohlstandseineVor-
aussetzung.DenndieOstschweizistaufgrundihrerBranchenstrukturaufdenungehinderten
ZugangzudenWeltmärktenangewiesen.
EinvierterReformbedarfergibtsichinderStrukturpolitik.MitgrosserVorliebehätschelt
diePolitikstrukturschwacheRegionenundBranchen.DerStaatsolltesichaberdavorhüten,
denStrukturwandelzubehindernoderMassnahmenzurBewältigungvonStrukturkrisenzu
ergreifen,die,einmaleingeführt,kaummehrabzuschaffensind(z.B.Bonny-Beschluss).Struk-
turbrüchelassensichambestendadurchvermeiden,dassbestehendeMarktschutz-undMarkt-
schrankenabgebautwerden.DennverzögerteMarktöffnungenführenzuverpasstenChancen.
GänzlichabzulehnensindeinzelbetrieblicheFörderungenundeinebranchenspezifischeIndus-
triepolitik.
AusdiesenÜberlegungenergebensichfolgendegenerellenAnliegen:
• Mehr Wettbewerb:DasfreieSpielvonAngebotundNachfrageerhöhtdiewirtschaftliche
Dynamik.
• Offene Märkte:DieOstschweizgehörtzudengrossenProfiteurenderGlobalisierung.
UnsereWirtschaftbrauchtdenungehindertenZugangzudenWeltmärkten.
• Hoher Entscheidungsspielraum:Nurwerentscheidenkann,kannVerantwortungüber-
nehmen.NurwerVerantwortungübernimmt,hatdieFreiheit,daseigeneSchicksalindie
Handzunehmen.JegrösserdieFreiheit,destogrösserdieInnovationskraft–vonUnter-
nehmenundPrivatpersonen.
• Aufschwung als Reformchance nutzen�:DieerfreulichewirtschaftlicheEntwicklung
istalsReformchancezunutzen,sowohlinderWirtschafts-alsauchinderUnternehmens-
politik.
TrotzvielerGründezurFreudehabenunsereAnalysengezeigt,dassdieOstschweizbeieinigen
IndikatorenderwirtschaftlichenEntwicklunghinterherhinkt.AufderBasisderAnalysenund
PerspektivenlassensichfolgendeZielsetzungenableiten:
Ziele der Wirtschaftspolitik
Erstens: Einkommen erhöhen
EsmusseinZielderOstschweizsein,eineüberdemLandesdurchschnittliegendeSteigerung
deswirtschaftlichenWachstumszuerreichen,damitdieEinkommensteigenundArbeitsplätze
erhaltenoderneuegeschaffenwerdenkönnen.
DasVolkseinkommenproEinwohnerliegtinallenvierOstschweizerKantonennachwievor
unterdemschweizerischenDurchschnitt.HauptgrunddafürsinddieUnternehmensgewinne.
Siefallenbeiunsbesonderstiefaus,weildieOstschweizwederbevorzugterSitzvongrossen
multinationalenGesellschaftennochvonHoldinggesellschaftenist.
BeimEinkommenderHaushaltekonntenunsereKantoneseit1990gegenüberdemLan-
desmittelzwarBodengutmachen,einRückstandbleibtbestehen.DieserRückstandistinsofern
zurelativieren,alstiefereMietenundKrankenkassenprämiensowieimAllgemeinentiefere
LebenshaltungskostendieseEinkommenslückekompensieren.
k a p i t e l 1 3
87f o l g e r u n g e n a u s d e n a n a ly s e n u n d p e r s p e k t i v e n
RegionalbetrachtetsindbeimVolkseinkommenproEinwohnerSee-Gaster,Frauenfeldund
dasAppenzellerMittellandführend.EinenRückstandweiseninsbesonderedasToggenburg
unddasSarganserlandauf.
DieOstschweizerUnternehmengehenbis2012voneinergutenEntwicklungaus,auch
wenndieZuwachsratenderletztenPeriodeihrerAnsichtnachnichtmehrerreichtwerden.Die
BefragungderUnternehmenhatgrosseregionaleundauchkantonaleUnterschiedeergeben.
ZudemhabendieArbeitgebererkannt,dasssieselbstunddieKantoneeinigeHausaufgaben
zulösenhaben,damitihreWachstumsprognosenRealitätwerden.
DasWirtschaftswachstumwirddurchdasArbeitsangebotunddieProduktivitätbestimmt.
EinemWachstumdesArbeitsangebotessindlängerfristigschonalleinausdemografischen
GründenengeGrenzengesetzt.DauerhaftesWachstummusssichdamitvorallemaufein
WachstumderProduktivitätstützen,welcheamwirksamstendurcheineStärkungdesWett-
bewerbserhöhtwerdenkann.
Zweitens: Abwanderung stoppen
DieBevölkerunginderOstschweizhatzugenommen–wennauchunterdurchschnittlich.
NachdenklichstimmtaberdasResultatdernäherenAnalysederBevölkerungsentwicklung.
UntersuchtmandieQuellenderBevölkerungsveränderung,stelltmannämlichfest,dassmehr
PersonenausderOstschweizinandereKantoneabwandern,alsvondiesenzuwandern.Das
WachstumderBevölkerunghatalsoandereGründe:EinestarkeZuwanderungausdemAusland
undeinGeburtenüberschussmachendieAbwanderunginandereKantonemehralswett.
DabeiistdernegativeSaldoderBinnenwanderungaufSGundARzurückzuführen.ARist
seitvielenJahreneinembesondershohenAbwanderungsdruckausgesetzt.IndenKantonen
TGundAIisthingegenaucheinepositiveBinnenwanderungfestzustellen.
RegionalbetrachtetmusstendasAppenzellerHinter-undVorderlandunddasToggenburg
sogareinenBevölkerungsrückganginKaufnehmen.AuchdieBevölkerungsperspektivenfür
dieseRegionensindunbefriedigend.HingegenwarZügelnnachKreuzlingen,Wil,Diessenho-
fen,See-GasterundWerdenbergindenletztenJahrenbesonders«in».
DieAnzahlErwerbstätigeristfürdasWirtschaftswachstum–wieschonerwähnt–eine
wichtigeQuelle.AusdemografischenGründenmussinabsehbarerZukunftmiteinerschrump-
fendenErwerbsbevölkerunggerechnetwerden.EinestarkeZuwanderungausdemAusland
alsKompensationistausgesellschaftspolitischenGründeneinsehrsensiblesThema.Esmuss
deshalbeinZielderOstschweizerKantonesein,dieNettoabwanderunginandereKantonezu
stoppenbzw.sieineineNettozuwanderungumzuwandeln.EineAttraktivitätssteigerungder
OstschweizfürdieZuwanderungvonqualifiziertenArbeitskräftenistdringendnotwendig.
AngesichtsvonvielenStärkenderOstschweizalsWohnregionmussmanderFragenach-
gehen,worindieGründefürdienegativeBinnenwanderungliegen.IstdieSteuerbelastung
zuhoch,zuwenigBaulandverfügbar,dieVerkehrsinfrastrukturungenügend,dieöffentliche
Sicherheitgefährdet?ImBereichderSteuerbelastungkanndieOstschweizbeimittlerenund
höherenEinkommennichtmithalten.EssinddieKantoneSGundTG,welcheindiesenEinkom-
mensklasseneinenHandlungsbedarfhaben.DieVerfügbarkeitvonschönemundguterschlos-
senemBaulandistzumindestfüreinigeRegionenundGemeindeninderOstschweizeindeutig
ungenügend.AuchdieVerkehrsinfrastrukturlässtingewissenRegionenzuwünschenübrig.
DieöffentlicheSicherheitistinderWahrnehmungvielerauchinderOstschweiz–undsogarin
einigenländlichenGemeinden–starkinMitleidenschaftgezogenworden.
88
Drittens: Stärken stärken
DieOstschweizhateineReihevonStärkenvorzuweisen:Aus-undWeiterbildung(mitHSG
undFHOgutesUmfeldfürForschungszusammenarbeit,internationaleSchulen),wettbewerbs-
fähigeIndustriebranchenmiteinembedeutendenMEM-Cluster(zusammenmitLiechtenstein,
VorarlbergundBaden-Württemberg),StadtSt.GallenalswichtigesregionalesZentrum,hohe
Lebensqualität,gesundeStaatsfinanzenusw.
EsmussderOstschweizgelingen,sichausderMassevonanderenRegionenherauszu-
hebenundeinegewisseEinzigartigkeitzuerreichen.DazuisteineFokussierungaufdieStärken
erfolgversprechend.DerWegzumErfolgderOstschweizführtübereineFokussierungauffol-
gendewesentlichenStärken:
• Industrie:FürdieZukunftderOstschweizistesentscheidend,dieRahmenbedingungen
fürdieIndustriesozuverbessern,dasssieihreWettbewerbsfähigkeitaufdenExport-
märktenweiterausbauenkann.
• Bildung:DierelativguteAusgangssituationinderBildungslandschaftmussgenutzt
werden,umdenVorsprungauszubauenundderWirtschaftdaserforderlicheHumankapital
inentsprechenderQualitätzurVerfügungstellenzukönnen.
• St.Gallen:DieStadtunddieAgglomerationSt.Gallensindzustärken,sodassihreBe-
deutungalsregionalesBeschäftigungs-undKulturzentrumweiterausgebautwerdenkann.
AuchdieAttraktivitätalsEinkaufs-undFreizeitortistzuerhöhen.
TrotzallerStärkenderOstschweizistihrPotenzialalsUnternehmens-undWohnstandort
alsonochkeineswegsausgeschöpftundentwicklungsfähig.Reformen,welchedieStärken
nachhaltignochbesserzurGeltungbringen,sindNotwendigkeitundzugleichVoraussetzung
fürweiteresWirtschaftswachstum.
k a p i t e l 1 3
89
Kapitel 14Empfehlungen
90
DieFolgerungenausdenAnalysenunddenPerspektivenhabengezeigt,dassdieOst-
schweizdenAufschwungalsReformchancenutzenmuss.SoisteineweitereÖffnungder
Märkteanzustreben,umdenZugangzudenWeltmärktensicherzustellenundzuverbessern.
MehrWettbewerbistnotwendig,umdiewirtschaftlicheDynamikzuerhöhen.UndumdieIn-
novationskraftzustärken,sinddieEntscheidungsspielräumederUnternehmenzuerweitern.
EineerfolgreicheStandortförderungmusssichinderOstschweizangesichtsdesdemogra-
fischenWandels,desMangelsangutausgebildetenFachkräftenunddernegativenBinnenwan-
derungvermehrtaufdieErhöhungderAttraktivitätalsWohnortkonzentrieren.Dasheisstaber
auch,dasssiesichnichtaufeineWirtschaftspolitikimengenSinnebeschränkenkann,sondern
verstärktauchz.B.WohnbedingungenoderKulturmiteinzubeziehenhat.
EineWirtschaftspolitikzurAusschöpfungundSteigerungdesPotenzialwachstumsderOst-
schweizbestehtausfolgendenStrategieelementen:
• Mehr Wettbewerb:offeneMärkte,LiberalisierungimBinnenmarkt,mehrMarktinder
BildungundimArbeitsmarkt.
• Weniger staatliche Belastungen:administrativeAufwendungenkürzen,Steuerattrakti-
vitäterhöhen.
• Verbesserung der übrigen Rahmenbedingungen:Bildungsstandortstärken,öffentliche
Sicherheiterhöhen,VerfügbarkeitvonGrundstückenundImmobiliensicherstellen,Lösung
desProblemsderZentrumslasten,FokussierungundKonzentrationindernaturwissen-
schaftlich-technischenAus-undWeiterbildung,MEM-Clusterfördern.
Dabeiistzubeachten,dassesdie Ostschweizgarnichtgibt.NichtnurdieKantonesindsehr
heterogen.AuchdieRegionen,insbesondereinnerhalbdesKantonsSt.Gallen,unterscheiden
sichsehrstarkvoneinander.SelbstverständlichmussdieWirtschaftspolitiknichtnurfürdie
OstschweizundihreKantone,sondernauchfüreinzelneRegionenmassgeschneidertwerden.
AufdiesenDifferenzierungsgradkönnenwirindenfolgendenAusführungenallerdingsnicht
eintreten.
Wettbewerb
DieKonjunkturderSchweizläuftdankdemMotorderExportwirtschaftgut,währenddie
Binnenwirtschafthinterherhinkt.DieexportorientierteWirtschaft–nebenderIndustrievor
allemdieFinanzdienstleistungen–musssichiminternationalenWettbewerbbewähren.Die
Binnenwirtschaft–dieLandwirtschaftundderGrossteilderDienstleistungen–istdagegen
vordieseminternationalenWettbewerbgeschützt.Hinzukommt,dassimBinnenmarkteine
VielzahlvonRegulierungendenWettbewerbzusätzlichbehindert.
AufBasisvondiversenBeispielenausliberalisiertenBereichendesBinnensektorsistzu
vermuten,dassWettbewerbdieDynamikeinerBrancheentscheidenderhöht.Beispielesind
dieLiberalisierungderTelekommunikationoderdiejenigederGaststätten.ImDetailhandelhat
derbereitserfolgteoderbevorstehendeMarkteintrittvonausländischenAnbieternwieAldi
undLidlzueinerBelebungdesWettbewerbs,zusinkendenPreisenundzueinersteigenden
Produktivitätgeführt.
Offene Grenzen
OffeneGrenzensindgeradefürdieOstschweizzentral.DieIndustriebetriebesindaufei-
nenmöglichstreibungslosenGüterverkehrüberdieZollgrenzemitderEUangewiesen.Inder
heutigenWeltderJust-in-time-ProduktionsindsowohldieschnelleLieferungandenKunden
alsauchderschnelleBezugvonVorleistungenabsolutzentral.BereitsjetztbestehenProbleme
wegenkurzerÖffnungszeitenderZölle,WartezeitenundumfangreicherFormalitätenbeim
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9�e m p f e h l u n g e n
Grenzübertritt1.DieSituationkönntesichstarkverschlimmern,nämlichdann,wenndieEUauf
einer24-stündigenVoranmeldungderGüterbestehensollte,wiesiesiefürihreAussengren-
zeneinführenwill.NebenzusätzlichenKostenwürdedieseineweitereVerzögerungbeider
Lieferungverursachen,welchedemWerkplatzSchweizgrossenSchadenzufügenwürde.Diese
neueRegulierungistdamitunbedingtzuvermeiden.ZusätzlichsolltedieSchweizmindestens
auflängereÖffnungszeiteneinzelnerZölleundvereinfachteFormalitätenhinwirken.
Liberalisierung des Binnenmarktes
DieLiberalisierungdesBinnenmarktesistaufgutemWeg.KantonaleSchrankenbeider
AusübungvonfreienBerufensindimZugederbilateralenVerträgeendlichgefallen.DasWett-
bewerbsrechtwurdeverschärft,unddieWettbewerbskommissionhatheutedeutlichgriffigere
WaffenimKampfgegenKartellealsnochvorzehnJahren.ZudemwirdaufBundesebeneeine
AngleichungderZulassungsbedingungenvonProduktendiskutiert,welcheunterschiedliche
StandardszwischenderSchweizundderEUeliminierenwürde(Cassis-de-Dijon-Prinzip).Wei-
tereSchrittemüssenbeidenNetzwerksektoren(Strom,Gas,Wasser,PostundBahnen)folgen.
HierstocktdieLiberalisierungaufgrundeinerBlockaderundumdieService-Public-Debatte.
Ladenöffnungszeiten
DieBenutzungvonLädenzuRandzeitenentsprichteinemklarenBedürfnisderKundschaft,
wiederErfolgvonTankstellenshopsundLädeninBahnhöfenundFlughäfenzeigt.Inder
modernenKonsumgesellschaftistEinkaufenzudemeinewichtigeFreizeitbeschäftigung.Die
Flexi-bilisierungderÖffnungszeitenermöglichtdenKonsumentendanneinzukaufen,wenn
sie«freieZeit»haben.DiebisherigeSimultanitätvonBüro-undLadenöffnungszeitensteht
demklarentgegen.SokonntederKantonAppenzell-InnerrhodenmitseinerAbschaffungder
VorschriftenzudenLadenöffnungszeitenKonsumentenausderweiterenRegionanziehenund
seineAttraktivitätfürTouristenerhöhen,wasauchdemlokalenGewerbezugutekommt.
Empfehlung «Ladenöffnungszeiten»:AufhebungderVorschriftenzuLadenöffnungs-
zeiteninallenOstschweizerKantonen.
Abbau von administrativen Belastungen
DieKantonederOstschweizschneideninverschiedenenUntersuchungenzumAufwand
undzudenKostenderadministrativenBelastungensowohlimVergleichzudenanderenKan-
tonenalsauchimVergleichzumAuslandrelativgutab2.Allerdingsbestehtzusätzlichnoch
eineVielzahlvonVorschriftenimBereichdesBau-,desPlanungs-unddesUmweltrechtes.Dies
führtdazu,dassdieSchweizbeiumfassenderenIndikatorenfürdieadministrativeBelastung
eherschlechtabschneidet3.Soüberraschtesnicht,dassdieseBelastungeneinDauerbrenner
aufdempolitischenParkettsind.DazuträgtaucheinelaufendeZunahmederVorschriften
bei,welchedurchdasAnwachsenderöffentlichenAufgaben,juristischeUnklarheiten,unklare
Kompetenzen,dasVermeidenvonRisikenunddieZunahmevonNormenundRegulierungen
verursachtwird.
DerKantonSt.GallenhatimJahr2004zurBeantwortungeinesPostulates«Belastende
AdministrationfürKMU»einProjektteameingesetzt,welchesinZusammenarbeitmitderIHK
1 DokumentiertinRuediMinschundPeterMoser,Zollunion.AlternativezumEU-Beitritt,Zürich/Chur,RüeggerVerlag,2006.2 SohateinKMUinSGrund44StundenproMonatfüradministrativeBelangeeinzusetzen,inZH79undinDeutschland121. Vgl.ChristophA.Müller,AdministrativeBelastungenvonKMUiminterkantonalenundinternationalenVergleich,Bern,Bundesamt fürWirtschaftundArbeit,1998.3PaulConway,VeroniqueJanodundGiuseppeNicoletti,ProductMarketRegulationinOECDCountries:1998to2003,OECD EconomicsDepartmentWorkingPapers,Nr.419,Paris,2005.
92
St.Gallen-AppenzellunddemKantonalSt.GallischenGewerbeverbandsowiedirektbetroffenen
UnternehmenMassnahmenzurReduktionderBelastungenerarbeitete.Miteinbezogenwurde
aucheineUmfragederIHKzurBeurteilungderZweckmässigkeitvonverschiedenenMassnah-
men.DieErgebnissediesesBerichtes4verdeutlichten,dassHandlungsbedarfbesteht.Inder
AntwortderRegierungaufdasPostulatwurdenfolgendeMassnahmenvorgeschlagen:Einsatz
eineszentralen,elektronischenEingangsportals,BeschleunigungvonBewilligungsverfahrenbei
Neu-undUmbauten,EinsatzelektronischerMedienzurErhöhungderTransparenzvonVerfah-
ren,EinsatzeinesKMU-Forums,EinsatzeinesKMU-Tests,StärkungdesVerhältnismässigkeits-
prinzips,verstärkteEinflussnahmederRegierungbeiVernehmlassungendesBundes.
WiedieInterviewsderHSG-StudierendenzudenunternehmerischenHerausforderungen
heuteundmorgen5imRahmendieserStudiegezeigthaben,beeinträchtigendieadministra-
tivenBelastungenauchimJahr2007dieGemütsverfassungderKMU.Über40KMUvontotal
124BefragtenortendendringendstenHandlungsbedarfderWirtschaftspolitikimAbbauvon
administrativenBelastungen.EsstellensichvorallemfolgendeFragen:Wirderstensmitden
Vorschriften,welchezudenBelastungenführen,derverfolgteZwecküberhaupterfüllt,und
wirderzweitenseffizienterfüllt?6DerStaatbefindetsichdiesbezüglichaufeinerGratwande-
rung,beiderKostenderRegulierungdentatsächlichenNutzennieübersteigendürfen7.
Empfehlungen an die Kantone8
1. WeildiegrösstenProblemfelderfürdieUnternehmenimZusammenhangmitBundesrecht
entstehen,isteszentral,dasssichdieKantonedaraufkonzentrieren,nachwenigerauf-
wändigenVollzugsmechanismenzusuchen,beidenendieVerhältnismässigkeitgegeben
ist.ZudemisteineverstärkteEinflussnahmederKantoneaufdieWillensbildungdesBundes
notwendig,beispielsweisedurchdenEinsatzdeskantonalenKMU-Forums.
2. Verhältnismässigkeitbedeutetauch,dassvorhandeneRegelungen,diegewisseEntschei-
dungsspielräumeaufweisen,zuGunstenderWirtschaftausgelebtwerden.EinUmdenken
derVerwaltungistdringendnötig,tendierendochzahlreicheÄmterundStellendazu,alles
bisinsDetailregelnzuwollen–PerfektionismusnachtypischerOstschweizerManier.Auf-
lagen,derenSinnfürdieUnternehmennichterkennbarist,sindimmerwiederAuslöservon
ungutenGefühlengegenstaatlicheInterventionen.DieVerhaltensmusterinderVerwaltung
sinddaraufauszurichten,derEigenverantwortungmehrGewichtbeizumessenunddamit
dieHandlungsfreiheitderUnternehmenzuerhöhen.
3. ÜberprüfungderBewilligungsverfahrenaufihreTauglichkeit–mitdemZiel,Bewilligungen
abzuschaffenoderdieVerfahrenzuoptimieren(E-Simplification).InsbesonderesindAus-
nahmenundSondertatbeständezureduzieren.
4. BeiBewilligungsverfahrenistdieZusammenarbeitderbeteiligtenÄmterzuverbessern,so
dass–wieunsimmerwiedervonMitgliedernberichtetwird–widersprüchlichesVerhalten
ausgeschlossenwerdenkann.
5. DasVerhandelnmitdenverschiedenenAnsprechpartnernausdiversenÄmternwirdvonden
Unternehmenalsäusserstmühsamempfunden.ZuprüfenistdeshalbderEinsatzvon«Case
Managern»,dieeinUnternehmenfallweisevonAbisZbegleiten.
4 Vgl.PeterEisenhut,WodrücktdieKMUderSchuh?,Industrie-undHandelskammerSt.Gallen-Appenzell,2005.5Vgl.UniversitätSt.GallenundIHKSt.Gallen-Appenzell,Integrationsseminar2007,UnternehmerischeHerausforderungenheuteund morgenausSichtderKMUderOstschweiz.6 Vgl.UrsFueglistaller,AlexanderFust,SimonFederer,KleinunternehmeninderSchweiz–dominantundunscheinbarzugleich,Universität St.Gallen,BDOVisura,2007.7UrsFueglistaller,JasminSchiesser,SimonFederer,AdministrativeBelastungenvonKleinunternehmen,UniversitätSt.Gallen, BDOVisura,2007.8 Vgl.UrsFueglistaller,JasminSchiesser,SimonFederer,a.a.O.,S.26f.
k a p i t e l 1 4
93e m p f e h l u n g e n
Empfehlungen an die Unternehmer9
1. DieKlagenderUnternehmerüberdieadministrativenBelastungensindmeistensvonsehr
allgemeinerArtundWeise.DieUnternehmersolltensichbewusstbemühen,ihreProbleme
sogenauwiemöglichzubeschreibenundihreAnliegenderIHK,demKMU-Forumoder
direktderVerwaltungmitzuteilen.
2. ImZusammenhangmitdenInterventionenderUnternehmeristauchzuerwähnen,dass
administrativeBelastungennichtnurvonderVerwaltung,sondernauchvondenBerufs-und
Branchenverbändenausgehen.DieUnternehmersinddeshalbaufgefordert,dieAktivitäten
ihrerVerbändezubeobachtenundwennnötigbeidiesenzuintervenieren.
Revisionsbedarf im Bau-, Planungs- und Umweltrecht�0
NeueInvestitionenbedingenoftneueBauten.DiesewiederumwerdendurchdieRegu-
lierungimBau-,Planungs-undUmweltrechterschwert.DerStrukturwandelinderWirtschaft
bringteszudemmitsich,dassimmermehr«Industriebrachen»entstehen,fürwelcheeine
neueNutzungsmöglichkeitgesuchtwird.SobaldabereineUmnutzungvonLiegenschaften
geplantwird,gelangenimRahmendesBewilligungsverfahrenssehrvielePlanungs-,Bau-,
Umweltschutz-,Brandschutz-undArbeitnehmerschutzvorschriftenzurAnwendung.Diedaraus
entstehendenkomplexenVerfahrenstellensowohldieUnternehmenalsauchdieBehördenvor
grosseHerausforderungenundlöseneinenhohenZeitaufwandaus.
Empfehlung «Liberales Baugesetz»:ImKantonSt.GallenstehtgegenwärtigdieRevision
desBaugesetzesan.DieseChancegilteszunutzen:MiteinemsehrliberalenBaugesetzkann
sowohldieAttraktivitätalsWohn-undauchalsArbeitsortgefördertwerden.
Empfehlung «Umnutzungen erleichtern»:DieUmnutzungindustriellodergewerblich
genutzterLiegenschaftenistdurchfolgendeMassnahmenzuerleichtern.ImBrand-undArbeit-
nehmerschutzsindzueinengendeundzudetaillierteVorschriftenundAuflagenabzuschaffen.
ImArbeitsgesetzistfürdiePlangenehmigungspflichteineBagatellgrenzevon20Beschäftigten
einzuführenundanstellederBewilligungspflichtistdieEinführungeinerMeldepflichtdesEigen-
tümerszuprüfen.DamitderBauherrmöglichstraschzueinemverbindlichenEntscheidgelangt,
sinddieKoordinationderVerfahrenundderErlassderVerfügungeinereinzigenInstanzim
Kantonzuübertragen.
Empfehlung «Sondernutzungspläne vereinfachen»:EntwederreduziertdieVerwaltung
ihreAnforderungenandieKonkretisierungderSondernutzungspläneoderderGesetzgeber
umschreibtabschliessend,welcheEckwertediesemindestensenthaltenmüssen.DieGemein-
denerhöhenfürZentrums-GebieteindenBaureglementendieNutzungsfläche,schaffendie
AusnützungszifferaboderersetzensiedurchflexiblereInstrumente.
Empfehlung «Zumutbare Brandschutzmassnahmen»:DieBrandschutzmassnahmen
müssenfürdenBetriebzumutbarseinunddieKostenineinemvernünftigenVerhältniszur
Wirksamkeitstehen.BeidiesenErwägungenmussauchdieWahrscheinlichkeitdesSchaden-
ereignissesberücksichtigtwerden.
9 Vgl.UrsFueglistaller,JasminSchiesser,SimonFederer,a.a.O.,S.27f.10DieserAbschnittstütztsichaufdenBerichteinerArbeitsgruppeausderVerwaltungundderWirtschaftunterFederführungderIHK, VerfasserHubertusSchmid.
94
Sozialsystem und Arbeitsmarkt
StaatlicheRegulierungenbehindernnichtnurdenWettbewerbaufdenGütermärkten,sie
beeinträchtigenauchdieArbeitsanreize.EingarantiertesErsatzeinkommen–überInvalidenver-
sicherung,ArbeitslosenversicherungoderSozialhilfe–reduziertdenAnreiz,selberzuarbeiten.
BeiderInvalidenversicherungundbeiderArbeitslosenversicherungistderZugangüberBedin-
gungeneingeschränkt.NebendemVorliegendesversichertenSchadensfalls–Arbeitslosigkeit
oderInvalidität–tretenvermehrtauchBedingungenzurTeilnahmeanWiedereingliederungs-
programmen.WährenddiesebeiderArbeitslosenversicherungbereitsTraditionhaben,sowur-
densiebeiderIVerstkürzlichmitder5.IV-Revisioneingeführt.BeiderSozialhilfegiltdagegen
nachwievoralseinzigeBedingungdieBedürftigkeit.Wiedereingliederungsmassnahmensind
keineBedingungfürdenLeistungsbezug.
AngesichtsgrosszügigerLeistungenundwenigrestriktiverBedingungenüberraschtesnicht,
dassdieZahlderLeistungsbezügerindenletzten15Jahrenstarkzugenommenhat.DieKosten
dieserProgrammesindentsprechendgestiegen,waszueinerErhöhungvonSozialabgabenund
Steuerngeführthat.DadurchwerdendieArbeitsanreizederverbleibendenErwerbstätigenwei-
tergeschwächt.DasProblemwirddadurchverstärkt,dassauchinderSchweizeineTendenzzur
EinführungvonMinimallöhnenbesteht.NebendenGesamtarbeitsverträgenisthiervorallem
aufdieflankierendenMassnahmenimRahmenderPersonenfreizügigkeithinzuweisen.Die
KombinationvonhohenMindestlöhnenundgrosszügigenSozialleistungenkanndazuführen,
dasseingrosserTeilderwenigerqualifiziertenErwerbsfähigenausdemArbeitsmarktfällt.
Gefahr durch flankierende Massnahmen
DasZielderflankierendenMassnahmenistdieVermeidungvonsinkendenLöhnendurchdie
gehäufteZuwanderungvonausländischenArbeitskräften.WiedieaktuellenUntersuchungen
desSecobelegen,lässtsichheutewederinderallgemeinennochinderbranchenspezifischen
LohnentwicklungeinlohndämpfenderEffektdurchdiePersonenfreizügigkeitfeststellen.Dies
bestätigtenauchdieaktuellenZahleninSt.Gallen.IndenvergangenenachtzehnMonaten
wurdenlediglichvierUnternehmenwegenzutieferLöhnegebüsst,alleübrigenSanktionen
betrafenFehlerbeiderErfüllungderMeldepflicht.
Problematischist,dassdieÜberwachungdesArbeitsmarktesimRahmenderflankierenden
MassnahmenvondentripartitenKommissionentendenziellzueinerallgemeinenArbeitsmarkt-
kontrolleausgebautwird.SieführendamitüberdieHintertüreMinimallöhneein.Problemeim
VollzugergebensichauchimgrenznahenVerkehr.DienstleistungserbringerausdemVorarlberg
müssenihreTätigkeitachtTagevorArbeitsbeginnmelden.DieseFrist,diemitBlickaufBehand-
lungvonGesuchenausdenneuenEU-Ländernerlassenwurde,behindertdengrenznahen
Verkehr.KurzfristigeAufträgekönnenkaummehrgesetzeskonformausgeführtwerden.Die
Beeinträchtigungdergrenzüberschreitenden,regionalenZusammenarbeitdurchadministrative
VorschriftenbelastetdieWettbewerbsfähigkeitdergrenznahenKantone.
Empfehlung «Masshaltung bei den flankierenden Massnahmen»:Dieflankierenden
MassnahmensindnuraufFälleanzuwenden,woesaufgrundPersonenfreizügigkeitzueiner
SenkungderbranchenüblichenLöhnekommenkönnte.InBranchen,indenenkeinZusam-
menhangzwischendenBewegungenimArbeitsmarktundderPersonenfreizügigkeitfestge-
stelltwerdenkann,istdieArbeitsmarktüberwachungdurchdietripartitenKommissionenzu
sistieren.DieRegierungenderOstschweizerKantonesetzensichdafürein,dassimRahmender
PersonenfreizügigkeitSonderbestimmungen(reduzierteMeldepflichten,kürzereFristen)fürdie
DienstleistungserbringerimgrenznahenVerkehrerlassenwerden.
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95e m p f e h l u n g e n
Eine neue Basis für die Sozialhilfe
BeiderSozialhilfebestehtauchinderOstschweizHandlungsbedarf.DasNiveauderFall-
zahlenliegtzwardeutlichunterdemschweizerischenMittel,derAnstiegfielaberauchinder
Ostschweizkräftigaus.Esistzubefürchten,dassessichumeinenTrendhandelt,dernicht
einfachdurcheinenkonjunkturellenAufschwunggebrochenwerdenkann.Nötigsindneue
Ansätze,welchedenAnreizzueinemBezugvonSozialhilfereduzieren.DieHilfesollnurnoch
andiewirklichBedürftigengehenunddieWiedereingliederunginsZentrumrücken.
Empfehlung «Verbesserung Arbeitsanreize bei der Sozialhilfe»:Dieverantwortlichen
Stellenprüfen,wiedieOstschweizdenvorhandenenSpielraumbeiderSozialhilfenutzen
könnte.ZielmusseinSozialhilfesystemsein,welchesdieEigenverantwortungstärktunddie
Arbeitsanreizeverbessert.
Verbesserung der öffentlichen Sicherheit
DassubjektiveEmpfindenüberdieöffentlicheSicherheithatindenletztenJahrengelitten.
NichtnurindenZentren,sondernauchinländlichenGebietenderOstschweizhäufensich
dieGewalttaten,unddieBrutalitätsteigt.SicherheitistabereinwesentlicherFaktorfürdie
BeliebtheiteinerRegionalsWohn-undArbeitsort.
Empfehlung «Verbesserung der öffentlichen Sicherheit»: UmdieöffentlicheSicherheit
zuverbessern,sinddiePolizeipräsenzundderenHandlungsspielraumandenneuralgischenStel-
lenzuerhöhenunddieStrafverfolgungzuoptimieren.DieAufgabenteilungzwischenKantonen
undGemeindensowiedieOrganisationderPolizeiundderBehördensindzuüberprüfenund
denneuenErfordernissenanzupassen.DieKostenvonSachbeschädigungenbeiRandalensind
konsequentdenverursachendenGruppierungenzubelasten.
Bildungslandschaft: Die Fahrt im Dunkeln
Werstimmtnichtzu:Bildung,ForschungundInnovationsindwichtigeGrundlagenfürdie
EntwicklungderWirtschaft.WohlstandundWachstumsindengverbundenmitderVerfügbar-
keitvongutundbestensausgebildetenLeuten.
MisstmandieInnovationskraftunddenAufwandfürForschungundEntwicklung,können
wirunszuRechtalsinvestitionsfreudigbezeichnen.BeimAufwandfürdieAusbildungfinden
wirunssogarindenvorderstenRängenallerLänderderWeltwieder.Undtrotzdemmagnicht
sorechtFreudeherrschen,denneinhoherInputbedeutetnichtautomatischeinenerstklassigen
Output.DiereichlichenMittelscheinennichtbesonderseffizienteingesetztzuwerden.Denn
trotzdesspitzenmässigenAufwandesliegtdieSchweizbeiErhebungenzumBildungsstand
zwarziemlichweitvorne,aberebennichtanderWeltspitze.AuchbeimBildungswettlaufholt
dieKonkurrenzaufoderhatunsbereitsüberholt.
«DerBildungssektorhatähnlicheMängelwiedasGesundheitswesen:BeideBereicheer-
bringenumfangreicheLeistungen,diefürdieMenschenzentral,jalebenswichtigsind,und
beidesindweitgehendstaatlicheDomänen,stellenalsoeineArtmarktwirtschaftlichesVakuum
dar.Wennmansichvorstellt,dassimSchweizerBildungswesenMillionenvonMenschenjedes
JahrüberdenEinsatzDutzendervonMilliardenvonFrankenentscheiden,ohnedasssiesich
96
dabeigrossanSignaleneinererwartetenNachfrage,RenditeoderananderenMarktkräften
orientierenkönnen,kommtunwillkürlichderGedankeaneinAutoauf,dasohneLichtmit
hoherGeschwindigkeitdurchdieDunkelheitfährt.»11
WiealsoistdieEffizienzinderBildungzuverbessern?DieAntwortliegtaufderHand:
durchdenEinbauvonWettbewerbselementen.
AufderPrimär-undSekundärstufeunseresBildungssystemsistdas«marktwirtschaftliche
Vakuum»allgegenwärtig.DieSchulenfinanzierensichüberSteuergelder,unabhängigvonder
QualifikationihrerAbgänger.SiehabenkeinenexplizitenAnreiz,einqualitativhochwertiges
Bildungsangebotbereitzustellen,undauchdieLehrpersonenwerdenkaumaufgrundihrerLeis-
tungenentschädigt.UmdieBildungsnachfragerfindetkeinWettbewerbstatt.Siehabenkeine
Möglichkeit,dieLeistungenderSchulenzubelohnenoderzubestrafen.AnreizefürQualität
fehlensomitpraktischvollständig.AusökonomischerSichtkönnenWettbewerbselementedie
schulischenStrukturschwächenkorrigieren.
AllerdingsistWettbewerbkeinSelbstzweck.DasBildungssystemmusseinegewisseChan-
cengleichheitgewährenundgesellschaftlicheIntegrationswirkungentfalten.Alldiesmüsste
auchuntereinemWettbewerbsmodellgewährleistetbleiben12.
Wahlfreiheit einführen und Eigenverantwortung der Schulen stärken
ImbestehendenSchulsystembestehtkeineFreiheit,dieSchulederWahlzubesuchen.Die
StaatsschuleistinsoferneinFremdkörperindersozialenMarktwirtschaft,alsdassdieKonsu-
mentensouveränitätmissachtetwird.EineSchulwahlfreiheithatausliberalerSichteinenEigen-
wert,weilsiediepersönlicheFreiheitunddenindividuellenEntscheidungsspielraumausdehnt.
ZudemistBildunggrundsätzlichalseineInvestitionzuverstehen,diespäterzuhöheremEin-
kommenführt.DamitspieltdieQualitäteinerSchuleundmitihrdieEntscheidungsfreiheiteine
zentraleRolle.NeuesteForschungsergebnissebestätigen,dassdieAusgabenproSchülerfürdie
Qualitätnebensächlichsind.VielmehrschneidenjeneLänderindenTestsgutab,diedieRah-
menbedingungenrichtigsetzen.DazugehörenunteranderemeinegrosseEntscheidungsauto-
nomiefürdieSchulenundeineausgebauteWahlfreiheitfürdieElternbeiderSchulwahl13.
Empfehlung «Wahlfreiheit einführen»:DiezuständigenStellenderOstschweizerKan-
tonearbeiteneinenVorschlagzurRealisierungderfreienSchulwahlaus.
Empfehlung «Eigenverantwortung der Schulen stärken»:DieEigenverantwortung
undSelbstständigkeitderSchulenistzustärken,indemdieseimRahmeneinesQualitätsma-
nagementsfürihrTunVerantwortungzutragenhabenundfürguteLeistungenhonoriert
werden.
Tagesstrukturen
DieQualität,dasImageunddieAnpassungsfähigkeitdesBildungssystemsanneuege-
sellschaftlicheBedingungensindiminterkantonalenund-regionalenVergleicheinwichtiger
Standortfaktor.EineAttraktivitätssteigerungderAus-undWeiterbildungkanndeshalbeinen
wesentlichenBeitragzurUmkehrderNettoabwanderungleisten.TagesstrukturenundMit-
tagstischeverbessernnämlichdieBeschäftigungsmöglichkeitenderEltern.DieAttraktivität
derOstschweizalsWohnort–vorallemfürhochqualifiziertePersonen–wieauchalsStandort
fürUnternehmensteigt.
11Zitataus:BeatGygi,NeueZürcherZeitungvomSamstag/Sonntag,4./5.August2007,Nr.178,S.21.12EsisthiernichtderOrt,umdieseDiskussionzuvertiefen.EineausführlicheDarlegungfindetsichin:Bildungsoffensive, IHKSt.Gallen-Appenzell,2000,BerichtderArbeitsgruppeWettbewerb,RolandWaibel,S.151ff.13Vgl.EricA.Hanushek,IncentivesforEfficiencyandEquityintheSchoolSystem,ReferatanderJahrestagungdesVereinsfürSozialpolitik, Oktober2007.
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97e m p f e h l u n g e n
Empfehlung «Tagesstrukturen an den Volksschulen»:DieOstschweizerKantonefüh-
rengemeinsammitdenGemeindenflächendeckendeTagesstruktureninklusiveMittagstische
(mitfreiwilligerTeilnahmederSchülerundSchülerinnen)andenVolksschulenein.
Kostengerechte Studiengebühren
AufdertertiärenBildungsstufesinddieAnreizeebenfallszuverbessern.DerNutzender
AusbildungkommtsowohldemIndividuumalsauchderAllgemeinheitzugute.DieKosten
derAusbildungträgthingegenfastausschliesslichdieAllgemeinheit.MiteinerAnhebungder
StudiengebührenverringertsichnichtnurdiePrivilegierungderStudierendenzulastendersich
übereineLehreAus-undWeiterbildenden,sonderndieAnsprüchederStudierendenaneine
effizienteBildungundaneineerfolgversprechendePositionierungamArbeitsmarktsteigenan.
ZudemerhaltendieHochschulenAnreize,sichvonderKonkurrenzzudifferenzieren.
Empfehlung «Höhere Studiengebühren»:DieStudiengebührensindanzuheben.Dazu
isteinesozialverträglicheFinanzierungdesStudiums(z.B.durchzinsloseDarlehen)zugewähr-
leisten.
Strukturreform der Fachhochschule Ostschweiz (FHO)
DieStrukturderFHOistzuverbessern.ImRahmendergeltendenKonkordatsvereinba-
rungensinddieRektorenunddieHochschulrätederTeilschulen,welchevonverschiedenenKan-
tonengetragenwerden,wederinderLagenochdazubereit,dienotwendigenKompetenzen
aneinezentraleFührungabzugeben.BezogenaufdieFachhochschuleOstschweizhatdieIHK
–bishermehroderwenigererfolglos–eineKonzentrationdertechnischenAusbildungund
eineklareFokussierungaufKernkompetenzengefordert,beidenendieTeilschulenimMarkt
einehoheAkzeptanzhaben.
Empfehlung «Strukturreform FHO»: SchaffungeinereffizientenFührungsstrukturder
FHO,miteinereinheitlichenpolitischenTrägerschaftundeinerzentralenFührungmiteinem
Rektor,dermitdennotwendigenEntscheidungsbefugnissenausgestattetist.Ebensoistein
einzigerFHO-Hochschulratnotwendig,welchemdieKompetenzfürstrategischesHandelnund
Entscheidenübertragenwird.EinezentraleFührungbeinhaltetauchLeistungs-undStandort-
planungen–einregionalpolitischäusserstsensiblesThema.
Profilierung des MEM-Cluster
DieOstschweizundbedeutendeBezirkederRegionendesangrenzendenAuslandessind
einwichtigerStandortfürIndustriebetriebe,vornehmlichfürBetriebeausdemMEM-Bereich.
ZuRechtkannmandabeivoneinemeigentlichenClusterinderEuregioBodenseesprechen.
DamitdieMEM-BranchenihreStellunghaltenundausbauenkönnen,istdieVerfügbarkeitvon
hochqualifizierten,technischausgebildetenArbeitskräftenzuerhöhen.DennsiesinddieBasis
fürdieAusschöpfungundWeiterentwicklungdesWertschöpfungspotenzials.
Empfehlung «Ausbildung im MEM-Bereich»:DieHochschulenrundumdenBoden-
seesorgenerstensfüreinebessereKoordinationihrerAus-undWeiterbildungslehrgängeim
naturwissenschaftlich-technischenBereichundsorgenzusammenmitdenverantwortlichen
politischenStellenfürdieFokussierungundKonzentrationderentsprechendenLehrgängeauf
dieeinzelnenTeilschulen,bzw.förderndieFusioneinzelnerTeilschulen.
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Empfehlung «Engineering-Event»:DieVereinigungderIndustrie-undHandelskammern
desBodenseeraums(B-IHK)führtinZusammenarbeitmitdenzuständigenpolitischenBehör-
deneineexklusiveKontaktveranstaltungfürStudierendetechnischerFachrichtungendurch.
IndustriefirmenausderEuregioBodenseepräsentierensichdenStudierendendertechnischen
HochschulenrundumdenBodenseemittelsWorkshops,Präsentationenusw.Dabeilernensich
StudierendeundUnternehmensvertreterinungezwungenerAtmosphärepersönlichkennen.
EineVerbindungdiesesEventsmitderIntertechverleihtbeidenAnlässeneinebereichernde
Note14.ImZusammenhangmitdiesemEventlanciertdieB-IHKeineKampagnezurBekannt-
machungundProfilierungdesMEM-ClusterandentechnischenHochschulenrundumden
Bodensee.
Zuzug erleichtern
DieVerfügbarkeitvonLiegenschaftenundBaulandisteinewesentlicheGrundlagefürdie
AttraktivitätalsArbeits-undWohnort.DieraumplanerischenInstrumenteimRahmenderRicht-
undNutzungsplanungübernehmeneinezentraleRollezurSteigerungdesWachstumspotenzi-
als.InderOstschweizmusssichergestelltsein,dassGrundstückeundImmobilienzurAnsiedlung
vonzielgruppenorientiertenUnternehmenundPrivathaushalteningewünschterQualitätund
Quantitätverfügbarsind.
DamitFamilienundqualifiziertesPersonaldieOstschweizalsWohnortwählen,mussdiesen
ZielgruppendieIntegrationmöglichstleichtgemachtwerden.Dazugehörennebendenharten
FaktorenwieBaulandoderSteuernauchweicheFaktoren.Die«neuen»St.Galler,Appenzeller
oderThurgauermüssensichwillkommenfühlenundvondenAmtsstellenals«wichtigste»
Kundenbehandeltwerden.EingelungenesBeispielistdieEglisefrançaisederIHKSt.Gallen-
Appenzell.Als1685vielereligiösverfolgteHugenottenindieSchweizflüchteten,beschlossdie
IHKdieVeranstaltungvonfranzösischenGottesdiensten,diebisheutedurchgeführtwerden.
Empfehlung «Verfügbarkeit von Grundstücken und Immobilien sicherstellen»:Die
KantonebetreibenzusammenmitdenGemeinden,Immobiliengesellschaftenundanderen
interessiertenInstitutioneneineaktiveFlächenangebotspolitik.SieentwickelnWohnstandorte
undIndustrie-undGewerbeflächenfürdieanvisiertenZielgruppen–wennnotwendigaufdem
WegderRevisionderOrtsplanungundderkantonalenRaumplanungsowiederRichtpläne.Der
KantonunddieGemeindenentwickelnzudemAnreizezurVerflüssigungvonBaulandreserven
undzurReduktionderBaulandhortung.
Empfehlung «Willkommen sein»:DieWirtschaftsförderungsstellenerleichternzuzugs-
willigenPersonenihreAkklimatisationinderOstschweiz.Siesorgendafür,dasspotenzielleUm-
zugsproblemeeffizientundkundenspezifischgelöstwerden.Zuprüfenist,ob«CaseManager»
–z.B.imFallvonAnsiedlungeninfolgedesBundesgerichtsumzugsnachSt.Gallen–eingesetzt
werdensollten.DieIHKSt.Gallen-AppenzellunddieIHKThurgauunterstützenihreMitglieder
beiderIntegrationvonausländischenKadernindieGesellschaftundKulturderOstschweizund
indiePolitik.DenkbarsindKurz-SeminarezurPolitik,dergemeinsameBesuchvonkulturellen
Veranstaltungen,Stadtführungenusw.
14FürdieKonkretisierungundDurchführungdiesesEventskannaufdasbewährteTeamvon«together»(www.together-online.ch) zurückgegriffenwerden.«together»istauchverantwortlichfürdieerfolgreichenSprungbrett-Events,andenenStudierendemitUnter- nehmenihrerRegionzusammengeführtwerden.
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99e m p f e h l u n g e n
Steuerreformen
DieletztenfünfJahrehabengeradeinderOstschweizeinedeutlicheSenkungderSteuern
gebracht.TrotzderVerbesserungdersteuerlichenPositionderOstschweizmüssenpunktuell
weitereSenkungenfolgen.
Senkung Unternehmenssteuern
DieSenkungderUnternehmenssteuernistausökonomischerSichtspeziellzubegrüssen.
DieResultatediverserempirischerStudiendeutendaraufhin,dassdervolkswirtschaftlicheScha-
denderUnternehmenssteuernbesondershochist,höheralsbeidenSteuernaufEinkommen
undVermögen15.Esistauchzubeachten,dassdieUnternehmungenselberkeineSteuerlast
tragenkönnen,sondernnurdieEignerderUnternehmungundanderenatürlichePersonen.
DiedirekteBesteuerungderEigneristdeshalbausvolkswirtschaftlicherSichtvorzuziehen.
AusnahmenvondieserRegelkannesdanngeben,wenndieKapitaleignernurüberUnterneh-
menssteuernbesteuertwerdenkönnen.DiesistbeiausländischenKapitaleignernoderbeieiner
fehlendenBesteuerungderKapitalgewinnederFall.Angesichtsderhohenvolkswirtschaftlichen
KostenderUnternehmenssteuernundangesichtseinessichverschärfendenSteuerwettbewerbs
könnenaberauchdieseEinschränkungennichtsandernegativenEinschätzungvonUnterneh-
menssteuernändern.
StörendanderUnternehmensbesteuerungistauchdieKapitalsteuer,dieeinereineSub-
stanzsteueristundiminternationalenVergleicheineselteneAusnahmedarstellt.Einweiterer
SchwachpunktdesSteuersystemsist,dassdieFinanzierungskostenvonInvestitionennurvom
Gewinnabgezogenwerdenkönnen,wenndiesemitFremdkapitalfinanziertwerden.Beimit
EigenkapitalfinanziertenInvestitionenentfälltjedeAbzugsmöglichkeit.
EsistmiteinerweiterenSenkungderUnternehmenssteuernzurechnen.AppenzellAusser-
rhodenhältmitderSenkungderGewinnsteuernauf6%ab2008dieschweizerischeSpitzen-
position.AllerdingsplantObwaldenmitAusserrhodengleichzuziehen.
Empfehlung «Spitzenposition bei den Unternehmenssteuern»:DieOstschweizmuss
beidenUnternehmenssteuernanderschweizerischenSpitzebleiben,bzw.andiesevordrin-
gen.ImKantonSt.GallenbedingtdieseineweitereSenkungderUnternehmenssteuern.Die
OstschweizerKantoneführenzudemdiesteuerlicheAbzugsfähigkeiteinerNormalverzinsung
desEigenkapitalssowiedieVerrechnungderKapital-mitderGewinnsteuerein.
Senkung Steuern für Haushalte
BeidenmittlerenundhohenEinkommenbestehtsowohlinSt.GallenalsauchimThurgau
eingewisserHandlungsbedarf,liegendochbeideKantoneüberdemschweizerischenMittel.
UndauchinAusserrhodenistdieSteuerbelastungbeidenmittlerenEinkommeneherhoch.Es
istzuvermuten,dassdiesehoheBesteuerungeinerderFaktorenhinterdemnegativenSaldo
derOstschweizbeiderBinnenwanderungist.DieszeigtnichtzuletztdieregionaleErfahrung,
woTeufen,AppenzellundMörschwilmitderHilfevontiefenSteuerneinenstarkenZuzugvon
gutverdienendenHaushaltenerzielenkonnten.
Empfehlung «Senkung Steuerbelastung für mittlere und hohe Einkommen»:Die
KantoneSt.GallenundThurgaumüssendieSteuernbeimittlerenundhohenEinkommen
senken.AusserrhodenhatbeimittlerenEinkommeneinenHandlungsbedarf.
15ChristianKeuschnigg,Einzukunfts-undwachstumsorientiertesSteuersystemfürdieSchweiz.AnalysederEffizienz-,Verteilungs- undWachstumswirkungen,StudieimAuftragderEidg.Steuerverwaltung,UniversitätSt.Gallen,2006.
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Vereinfachung Steuersystem
NebenderHöhederSteuernspieltauchdieKomplexitätdesSteuersystemseinewichtige
Rolle.KomplexeVorschriftenreduzierendieTransparenzunderhöhendenAufwandfürdie
Steuerabrechnung.InkomplexenSteuersystemenerhöhtsichzudemdieWahrscheinlichkeit,
dassungewollteKonsequenzeneintreten.BereitsschonklassischesBeispielfürdiesenZusam-
menhangzwischenhoherKomplexitätundungewolltenNebenwirkungenistdieMehrwert-
steuer.DurchdievierverschiedenenSätze(Normalsatzvon7,6%,SondersatzfürHotellerievon
3,6%,reduzierterSatzfürNahrungsmittelundKulturvon2,4%,NullsatzfürExporte)unddie
AusnahmenvonderSteuerpflichtentstandeinkomplexesSystem,welcheseinenGrossteilder
SteuernbeiUnternehmungenundimExporterhebt,obwohldieSteuereinereineSteuerauf
demKonsumseinsollte.ZusammenmitdemhohenadministrativenAufwandführtdieszu
hohenvolkswirtschaftlichenKosten.DieInitiativevonBundesratMerzzueinerVereinfachung
desSystemsaufBasiseinesEinheitssteuersatzesistdeshalbzubegrüssen.
AuchbeiderEinkommenssteuerundspeziellbeiderVerbindungvonEinkommens-und
VermögenssteueristeineVereinfachungangezeigt.DerradikalsteentsprechendeVorschlag
wäreeineFlatTax.EtwasmoderaterundpolitischvielversprechenderistderaktuelleVorschlag
derFDPzueinerVereinfachungdesSteuersystems,dieEasySwissTax.Möglichkeitenzuihrer
EinführungsolltenauchfürdieOstschweizgeprüftwerden.
Empfehlung «EasySwissTax»:DieOstschweizerKantoneprüfendieEinführungder
EasySwissTax.
Herausforderung Agglomeration St.Gallen
DieStadtSt.GallenistdasgrosseregionaleZentrum.DieStadtweistzusammenmitderum-
liegendenRegion20%derArbeitsplätze,abernur10%derBevölkerungauf.DiePendleraus
denumliegendenRegionenmachendieDifferenzaus.DamitistdieEntwicklungvonSt.Gallen
alsArbeitsortauchfürdieumliegendenRegionenvonzentralerBedeutung.Dazukommt,dass
St.GalleneinregionalerVerkehrsknotenpunktundeinEinkaufs-undKulturzentrumist.Inder
StadtSt.GallenentwickeltsichdieBeschäftigungzufriedenstellend.Allerdingszeigtsich,dass
nebendenprivatwirtschaftlichangebotenenunternehmensbezogenenundInformatik-Dienst-
leistungenprimärderöffentlicheSektormitdenBereichenGesundheits-undSozialwesen,
UnterrichtswesenundForschungsowiedieÖffentlicheVerwaltungneueArbeitsplätzeanbietet.
DiezunehmendeVerstaatlichungdesArbeitsmarktesderStadtSt.Gallenwirdsichmittelfristig
negativaufdieDynamikunddieFinanzkraftdesStandortesauswirken.
DieBevölkerungistzudemrückläufig,undbeimdurchschnittlichenEinkommenliegt
St.Gallenweitzurück.WeiterharrteineReihevonProblemenimBereichVerkehreinerLösung.
DerVerkehraufderStadtautobahnkollabiertinStosszeitenbereitsjetztregelmässig,zuStaus
kommtesauchaufdenAusfallstrasseninRichtungTeufenundinRichtungWittenbach.Speziell
derKollapsderStadtautobahnhatdamitweitüberdieAgglomerationSt.GallenhinausAuswir-
kungen.EineLösungdieserProblemewirddadurcherschwert,dassessichumüberregionale
Problemehandelt,welcheimMomentvonStadtundKantonSt.Gallengelöstundfinanziert
werdenmüssen,allenfallsmitderfinanziellenBeteiligungdesBundes.
Das Problem der Zentrumslasten
DieProblemederAgglomerationSt.GallensindtypischfürschweizerischeAgglomerati-
onen.VieleAufgabenindenBereichenSoziales,VerkehrundKulturmüssenlokalbereitgestellt
undfinanziertwerden,kommendirektoderindirektaberauchdenumliegendenRegionen
zugute.DiesführtespeziellmitderZunahmederKostenfürsozialeAufgabeninden90er
JahrenzueinerzunehmendenfinanziellenBelastungderStädte,welchesichinsteigenden
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�0�e m p f e h l u n g e n
Steuernniederschlug.DiesozialenProblemeführtenzudemzueinergewissenVerwahrlosung
undzusteigenderKriminalität.DieserProzessführtezueinersinkendenStandortattraktivität
derStädte.SpeziellHaushaltemitmittleremundhohemEinkommenhatteneinenAnreiz,die
Stadtzuverlassen.DieStädtesahensichdamiteinerdoppeltenHerausforderunggegenüber,
einerseitseinersinkendenSteuerbasis,andererseitsimmermehrAufgaben.
DieZentrumslastenlassensichinzweiBereicheaufteilen.ErstenssindesKostenimBe-
reichSoziales,welchesichausderspeziellenZusammensetzungderstädtischenBevölkerung
ergeben.Gruppen,welcheeineüberdurchschnittlicheWahrscheinlichkeitfüreinenBezugvon
staatlichenLeistungenhaben,findensichkonzentriertindenStädten:Alleinstehende,Allein-
erziehende,Auszubildende,AusländerundAlte.DeshalbwirddieserAspektauchals«A-Stadt-
Problematik»bezeichnet.DerNutzenfürdieumliegendenGemeindenistnurindirekterNatur,
dasichdiesewenigerumdiesozialenProblemezukümmernbrauchen.
DanebenerbringenStädteaberauchLeistungen,welchedenumliegendenGemeinden
direktzugutekommen.EssinddiesvorallemLeistungenindenBereichenKulturundVerkehr.
HiersprichtmanvonSpillovers.AuchbeiderGesundheitundbeiderhöherenBildungkannes
zuSpilloverskommen.DieentsprechendenLeistungenwerdeninderRegelvomKantonfinan-
ziertundbetreffendieStadtnichtdirekt,siestellenabereinProblemfürdeninterkantonalen
Finanzausgleichdar.
ImneuenFinanzausgleichwerdendieZentrumslastenneuberücksichtigt.ZurKorrekturder
A-Stadt-ProblematikwurdeeinsoziodemografischerLastenausgleicheingeführt.Eristmitet-
wasüber250Mio.Frankenallerdingsfinanziellknappausgestattetundkompensiertnureinen
BruchteildereffektivenKostenindiesemBereich.DieSpilloverssollenüberinterkantonaleZu-
sammenarbeitgelöstwerden.DieswarimPrinzipbereitsbisherderFall.Neubestehtallerdings
dieMöglichkeit,VerträgezwischeneinzelnenKantonenauchfürdieanderenKantoneeiner
Agglomerationalsverbindlichzuerklären.DamitsolldieGefahrdesTrittbrettfahrenseinzelner
Kantoneverhindertwerden.ObsichdadurchallerdingsdieinterkantonaleZusammenarbeit
verbessernlässt,istnochnichtklar.PraktischeErfahrungenmitdiesemneuenInstrumentarium
konntennochnichtgemachtwerden.
AufjedenFallbestehtfürdieAgglomerationSt.GallennachwievordieHerausforderung,
nachtragfähigenLösungenzusuchen,welcheauchumliegendeGemeindenundKantone
einbeziehen.EinerLösungharrenvorallemProblemebeimVerkehr,beiderGesundheitund
derKultur.Dassollallerdingsnichtheissen,dassdieStadtkeineeigenenAnstrengungenun-
ternehmenmuss,umwiederattraktiverzuwerden16.
Ein neues Konzept für den Agglomerationsverkehr
ProblemebeimVerkehrbesteheneinerseitsbeiderStadtautobahn,andererseitsbeider
VerbindunginRichtungTeufen.DieÜberlastungderStrassenachTeufenentstehtvorallem
zudenStosszeitenmorgensundabendsundwirddurchdenPendlerverkehrausdenbeiden
Appenzellverursacht.EineLösung,welchediebeidenAppenzellbeiderEntscheidung,aber
auchbeidenKostenmiteinschliesst,solltedeshalbmöglichsein,kommteinAusbauderStrasse
dochvorallemdiesenbeidenHalbkantonenzugute.SchwierigersiehtdieSachebeiderStadt-
autobahnundbeiderenZubringernaus.BeidenZubringernbestehendiegrösstenProbleme
beimRosenbergtunnel,wodiePlatzknappheitLösungenzusätzlicherschwert.Immerhinzeigen
diekürzlichpräsentiertenPlänefüreineTunnel-Südumfahrung,dassdieProblemeheuteauch
aufpolitischerEbeneerkanntwerdenundnichtweitereinemDenk-undDiskussionsverbot
unterliegen.
UngenügendistaberauchdieErschliessungderAgglomerationSt.Gallenmitdemöf-
fentlichenVerkehr.DasaktuelleAngebotimschienengebundenenRegionalverkehrhatwenig
16VorschlägefindensichinKurtWeigelt,DerWillezurStadt,ArbeitsgemeinschaftPROSTADT,1996.
�02
gemeinsammiteinermodernenS-Bahn.PersönlicherEinsatzderVerantwortlichenundgute
MarketingideenkönnendielängstüberfälligenInvestitionenindieModernisierungderAnlagen
nichtersetzen.DabeiistdieOptikdesAgglomerationsverkehrsbisindenGrossraumZürichaus-
zuweiten.DieAnbindungandenFlughafenKlotenundandieStadtZürichistmitentscheidend
fürdieStandortgunstunsererRegionundmussdurchInvestitioneninFahrplanundStrecke
weiterverbessertwerden.
Empfehlung «Ostschweizer Pendlerzug»:EsisteinOstschweizerPendlerzuginden
Fahrplaneinzufügen,welchermorgensein-biszweimalinRichtungZürichfährt,abendsin
dieumgekehrteRichtung.EssindnurHaltestelleninGossauundWilvorzusehen,mitdirekter
WeiterfahrtbisZürich.IdealistdieLinieüberStadelhofen,HardbrückebisAltstätten,welche
diedirekteBedienungvonverschiedenenArbeitsortenerlaubt.DiesbedeutetfürPendlereine
Zeitersparnisvonmindestens15MinutenproWeg,beiDestinationenentlangderneuenStrecke
sogarnochdeutlichmehr.
Ein neues Finanzierungskonzept für die Kultur
BeiderKulturhatsichdasProblemderZentrumslasteninsofernreduziert,alsdassdas
TheaterSt.GallennichtmehrvonderStadt,sondernvomKantonbetriebenwird.Trotzdemist
auchhiereineinterkantonaleZusammenarbeitundLastenteilungunterEinschlussderbeiden
AppenzellunddesThurgausanzustreben.EinereineVerhandlungslösungdürfteaberschwie-
rigersein,zumindestsolangedieBenutzungderkulturellenEinrichtungenallenzueinemein-
heitlichenPreisoffensteht.
EineDifferenzierungderPreisenachBenutzergruppewäreallerdingsohneweiteresmöglich.
SiekönntemiteinemVouchersystemkombiniertwerden.DieEinwohnerderjenigenKantone
undGemeinden,welchesichandenKostenbeteiligen,erhieltendabeiGutscheine,welche
ihneneinenverbilligtenKaufvonBillettenfürgewissekulturelleEreignisseerlaubenwürden.
DamitliessesicheineSubventionierungvondenjenigenkulturellenEventserreichen,welche
aucheffektivaufInteressestossen.DieswürdedenNutzenausdenSubventionengegenüber
demheutigenSystemderpolitischenVerteilungderGeldererhöhenundfüreinattraktiveres
Angebotsorgen,waswiederumdenWohnortOstschweizaufwertenwürde.
Empfehlung «Kulturgutscheine»:EinTeilderKultursubventionensollneuinFormvon
GutscheinenandieinteressierteBevölkerungerfolgen,welcheangenaudefiniertenVeranstal-
tungenzueinerReduktiondesEintrittspreisesverwendetwerdenkönnen.DerGesamtbetrag
derGutscheinesolletwa30%derSubventionenbetragen.DiefestenSubventionenandie
KulturinstitutionenwerdenumdiesenBetraggekürzt.DerBetragderGutscheine,welcher
amEndedesJahresnichtbenutztwurde,wirdimVerhältnisdererhaltenenGutscheineanalle
Veranstalterverteilt.DerandieKulturfliessendeGesamtbetragwirddamitnichtgekürzt.
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�03e m p f e h l u n g e n
Zusammenfassung in 20 Empfehlungen
1.AufhebungderVorschriftenzudenLadenöffnungszeiten.
2. «CaseManager»fürUnternehmeneinführen.
3. FlankierendeMassnahmenausschliesslichaufFälleanwenden,woeszueinerSenkung
derbranchenüblichenLöhnekommenkönnte,undreduzierteMeldepflichtsowiekürzere
FristenfürDienstleistungserbringerimgrenznahenVerkehreinführen.
4.DenvorhandenenSpielraumbeiderSozialhilfebessernutzen.
5.VerbesserungderöffentlichenSicherheitdurcherhöhtePolizeipräsenz,Optimierung
derStrafverfolgung,ÜberprüfungderAufgabenteilungzwischenKantonenund
Gemeinden.
6. EinführungderfreienSchulwahl.
7. StärkungderEigenverantwortungderSchulen.
8. FlächendeckendeTagesstruktureninklusiveMittagstischeeinführen.
9.AnhebungderStudiengebühren.
10.SchaffungeinereffizientenFührungsstrukturanderFHO.
11.VerbesserungderKoordination(auchdurchFusionen)derAus-undWeiterbildungs-
lehrgängeimnaturwissenschaftlich-technischenBereichandenHochschulenrundum
denBodensee.
12.Durchführungeines«Engineering-Events»durchdieB-IHKinVerbindungmitder
Intertech.
13.VerfügbarkeitvonGrundstückenundImmobiliendurcheineaktiveFlächenangebots-
politiksicherstellenundAnreizezurVerflüssigungvonBaulandreservenundzur
ReduktionderBaulandhortungentwickeln.
14.«Willkommensein»:PotenzielleUmzugsproblemeeffizientundkundenspezifischunter
Einsatzvon«CaseManagern»lösen.
15.UnterstützungderIHK-MitgliederbeiderIntegrationvonausländischenKadernindie
GesellschaftundKulturderOstschweizundindiePolitik.
16.SpitzenpositionbeidenUnternehmenssteuernerobernbzw.sicherstellen.Verrechnung
derKapital-mitderGewinnsteuersowiedieAbzugsfähigkeiteinerNormalverzinsungdes
Eigenkapitalseinführen.
17.SenkungSteuerbelastungfürmittlereEinkommeninARundzusätzlichfürhohe
EinkommeninSGundimTG.
18.EinführungderEasySwissTaxindenOstschweizerKantonenprüfen.
19.OstschweizerPendlerzugnachundvonZürichindenFahrplaneinfügen.
20.Kulturgutscheineeinführen.
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Anhang: Wirtschaftsregionen
W I RT S C H A F T S R E G I O N E N K A N T O N A P P E N Z E L L A U S S E R R H O D E N
Wirtschaftsregion Gemeinden
Vorderland Grub,Heiden,Lutzenberg,Rehetobel,Wald,Reute,Walzenhausen,Wolfhalden
Mittelland Bühler,Gais,Speicher,Teufen,Trogen
Hinterland Herisau,Hundwil,Schönengrund,Schwellbrunn,Stein,Urnäsch,Waldstatt
W I RT S C H A F T S R E G I O N E N K A N T O N S T. G A L L E N
Wirtschaftsregion Ortschaften
St.Gallen St.Gallen,Abtwil,Engelburg,Eggersriet,Grub,Gossau,Andwil,Waldkirch,Arnegg,Kronbühl,Wittenbach,
Bernhardzell,Lömmenschwil,Häggenschwil,Muolen
Rorschach Berg,Mörschwil,Staad,Altenrhein,Goldach,Rorschach,Rorschacherberg,Steinach,Tübach,Untereggen,Thal
Rheintal Hinterforst,Kriessern,Heerbrugg,Au,Balgach,Berneck,Diepoldsau,Widnau,Altstätten,Eichberg,Marbach,
Oberriet,Rebstein,Rüthi,Rheineck,St.Margrethen
Werdenberg Salez,Sennwald,Frümsen,Sax,Haag,Buchs,Grabs,Gams,Sevelen,Weite,Trübbach,Azmoos,Oberschan
Sarganserland BadRagaz,Pfäfers,St.Margrethenberg,Vadura,Vättis,Valens,Sargans,Wangs,Vilters,Schwendi,Weiss-
tannen,Murg,Quinten,Walenstadt,Unterterzen,Quarten,Oberterzen,Mols,Mädris-Vermol,Mels,Plons,
Berschis,Flums,Flumserberg
Linthgebiet Goldingen,Rapperswil-Jona,Wagen,Bollingen,Schmerikon,Benken,Schänis,Kaltbrunn,Rufi,Ernetschwil,
Walde,Uznach,Neuhaus,Eschenbach,Ermenswil,St.Gallenkappel,Gommiswald,Uetliburg,Rieden,Uznach,
Weesen,Amden
Toggenburg Ricken,Hoffeld,Dicken,Mogelsberg,Nassen,Brunnadern,Necker,St.Peterzell,Rindal,Kirchberg,Gähwil,
Bazenheid,Lütisburg,Bütschwil,Mosnang,Ganterschwil,Dreien,Mühlrüti,Libingen,Dietfurt,Lichtensteig,
Oberhelfenschwil,Krinau,Wattwil,Ulisbach,Hemberg,Ebnat-Kappel,Krummenau,Nesslau,Ennetbühl,Neu
St.Johann,Stein,AltSt.Johann,Unterwasser,Wildhaus,Degersheim,Wolfertswil,Flawil,Egg,Niederbüren
Wil(SG) Niederwil,Uzwil,Oberuzwil,Jonschwil,Niederuzwil,Oberbüren,Henau,Bichwil,Algetshausen,Wil,Rossrüti,
Züberwangen,Zuzwil,Lenggenwil,Zuckenriet,Niederhelfenschwil,Schwarzenbach,Bronschhofen
W I RT S C H A F T S R E G I O N E N K A N T O N T H U R G A U
Wirtschaftsregion Ortschaften
Diessenhofen Diessenhofen,Basadingen,Schlattingen,SchlattbeiDiessenhofen
Frauenfeld Aadorf,Ettenhausen,Guntershausen,Frauenfeld,Pfyn,Lanzenneunforn,Hörhausen,Homburg,Thundorf,
Häuslenen,Uesslingen,Niederneunforn,Oberneunforn,Warth,Herdern,Hüttwilen,Nussbaumen,Islikon,
Gachnang,Felben-Wellhausen,Hüttlingen-Mettendorf,MüllheimDorf,Stettfurt,Wittenwil,Matzingen
Kreuzlingen Ermatingen,Triboltingen,Tägerwilen,Kreuzlingen,Hefenhausen,Hugelshofen,Neuwilen,Siegershausen,
Lengwil-Oberhofen,Güttingen,Altnau,Landschlacht,Scherzingen,Bottighofen
Oberthurgau Amriswil,Schocherswil,Erlen,Oberaach,Zihlschlacht,Sitterdorf,Romanshorn,Uttwil,Kesswil,Salmsach,
Heldswil,Hauptwil,Bischofszell,Schweizersholz,Wilen,Freidorf,Steinebrunn,Neukirch,Arbon,Egnach,Horn,
Roggwil
Untersee Kaltenbach,Eschenz,Mammern,Steckborn,Berlingen,Mannenbach-Salenst,Fruthwilen
Weinfelden Amlikon-Bissegg,Müllheim-Wigoltingen,Wigoltingen,Raperswilen,Märstetten,Ottoberg,Weinfelden,Berg,
Bürglen,Mauren,Schönholzerswilen,Sulgen,Leimbach,Kradolf-Schönenberg,SchönenberganderThur,
Neukirch,Stehrenberg,Friltschen,Mettlen,Bussnang
Wil(TG) Eschlikon,Balterswil,Bichelsee,Sirnach,Wiezikonb.Sirnach,Dussnang,Fischingen,Braunau,Lommis,
Weingarten-Kalthäusern,Wuppenau,Hosenruck,Rickenbachb.Wil,Wilenb.Wil,Münchwilen,
St.Margarethen,Wängi,Tuttwil,Bettwiesen,Tägerschen,Tobel,Affeltrangen,Märwil,Littenheid
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Impressum
Herausgeber:
Industrie- und Handelskammer
St. Gallen-Appenzell
Gallusstrasse 16, 9000 St. Gallen
Tel. 071 224 10 10
Autoren:
Peter Eisenhut
Frank Bodmer
Layout:
matrix-design & kommunikation, Herisau
für axxaris group ag, Trogen
Druck:
Typotron AG, St.Gallen
Erscheinungsdatum:
19. November 2007
©2007 IHK St.Gallen-Appenzell
Preis der Studie:
Für IHK-Mitglieder gratis
Nicht-Mitglieder Fr. 30.–
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