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new management Nr. 4 | 2003 36 operations Knowledge Management Empirische Studien belegen, dass 85% aller Merger die Zie- le verfehlen, die sie erreichen wollen. Die Profitabilität der fusionierten Unternehmen sinkt drei Jahre nach der Trans- aktion durchschnittlich um 10%. Was läuft schief? Der Bei- trag argumentiert, dass die Berücksichtigung der Wissens- perspektive in allen Phasen einer Fusion den Erfolg mass- geblich unterstützt, was an den Fallbeispielen Cap Gemini Ernst & Young sowie Siemens gezeigt wird. E in deutsches Grossunternehmen der Verkehrstechnik kauft ein französisches Unternehmen mit 500 Mitar- beitern, um kurzfristig zusätzliches Know-how zu ge- winnen. Auf deutscher Seite werden die Übernahmever- handlungen von der «Mergers and Acquisitions»-Abtei- lung (M&A) geführt. Nach Vertragsabschluss übernimmt eine operative Geschäftseinheit die Aufgabe, das neue fran- zösische Tochterunternehmen in den Konzern zu integrie- ren, ohne jedoch Erfahrung mit der Integrationsproblema- tik zu haben. M&A kennt zwar das französische Unterneh- men, ist jedoch nur informell nach dem Vertragsabschluss an der weiteren Integration beteiligt. Die Probleme beginnen Die französischen Experten stehen dem Merger skeptisch gegenüber. Ein Weggang von Mitarbeitern und Mitarbei- terteams würde den Wert der Akquisition erheblich schmälern; das Wissen ist nur rudimentär dokumentiert. Der deutsche Käufer verfügt nur über wenig französisch- sprachige Mitarbeiter, die die Brücke zur neuen Tochter schlagen können bzw. sich in Teams integrieren könnten. Die Unternehmenskulturen des deutschen Grossunterneh- mens und des zugekauften französischen Mittelunterneh- mens sind sehr unterschiedlich. Die neue deutsche «Mut- Wissen fusionieren Wie Wissensintegration den Erfolg von Mergers & Acquisitions unterstützt. Von Klaus North und Angela Blanco* ter» entsendet eine Führungskraft zur Übernahme der Ge- schäftsführung bei der französischen Tochter. Die Proble- me beginnen. Wie lässt sich eine Integration effektiver gestalten? Der Wert der Akquisition ist durch das Know-how der Mitar- beiter gegeben. Daher ist es sinnvoll, bereits in einem frühen Stadium nicht nur Mergers and Acquisitions tätig werden zu lassen, sondern auch vertrauensbildende Mass- nahmen zu ergreifen, wie z. B. das Kennenlernen der Mitar- beiter beider Unternehmen fördern, wichtige Wissensträ- ger bzw. Teams identifizieren und ihre Haltung zum Merger positiv beeinflussen. Nach Abschluss der Verhandlungen sollte ein Coaching des Integrationsprozesses von erfahre- nen Fachleuten der M&A-Abteilung stattfinden. Grundle- gend für den Erfolg ist, dass Wissen und Wissensträger nicht als Objekte angesehen werden, über die durch einen Kaufvertrag frei verfügt werden kann. Integrationsmanagement entscheidet über Erfolg oder Nichterfolg Experten sind sich einig, dass vor allem ein gutes Integra- tionsmanagement entscheidend für das Gelingen einer Fu- sion ist. Hierbei kommt der Zusammenführung von nor- mativem, strategischem und operativem Wissen eine be- sondere Bedeutung zu. Probleme entstehen durch einen auf Kostensynergien statt auf Innovationen gerichteten Fokus, mangelnde systematische Wissensintegration sowie einen * Prof. Dr. Klaus North und Dipl.-Betriebswirtin Angela Blanco, Fachhochschule Wiesbaden.

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36 operations Knowledge Management

Empirische Studien belegen, dass 85% aller Merger die Zie-

le verfehlen, die sie erreichen wollen. Die Profitabilität der

fusionierten Unternehmen sinkt drei Jahre nach der Trans-

aktion durchschnittlich um 10%. Was läuft schief? Der Bei-

trag argumentiert, dass die Berücksichtigung der Wissens-

perspektive in allen Phasen einer Fusion den Erfolg mass-

geblich unterstützt, was an den Fallbeispielen Cap Gemini

Ernst & Young sowie Siemens gezeigt wird.

Ein deutsches Grossunternehmen der Verkehrstechnikkauft ein französisches Unternehmen mit 500 Mitar-beitern, um kurzfristig zusätzliches Know-how zu ge-

winnen. Auf deutscher Seite werden die Übernahmever-handlungen von der «Mergers and Acquisitions»-Abtei-lung (M&A) geführt. Nach Vertragsabschluss übernimmteine operative Geschäftseinheit die Aufgabe, das neue fran-zösische Tochterunternehmen in den Konzern zu integrie-ren, ohne jedoch Erfahrung mit der Integrationsproblema-tik zu haben. M&A kennt zwar das französische Unterneh-men, ist jedoch nur informell nach dem Vertragsabschlussan der weiteren Integration beteiligt.

Die Probleme beginnen

Die französischen Experten stehen dem Merger skeptischgegenüber. Ein Weggang von Mitarbeitern und Mitarbei-terteams würde den Wert der Akquisition erheblichschmälern; das Wissen ist nur rudimentär dokumentiert.Der deutsche Käufer verfügt nur über wenig französisch-sprachige Mitarbeiter, die die Brücke zur neuen Tochterschlagen können bzw. sich in Teams integrieren könnten.Die Unternehmenskulturen des deutschen Grossunterneh-mens und des zugekauften französischen Mittelunterneh-mens sind sehr unterschiedlich. Die neue deutsche «Mut-

Wissen fusionierenWie Wissensintegration den Erfolg von Mergers & Acquisitions unterstützt.

V o n K l a u s N o r t h u n d A n g e l a B l a n c o *

ter» entsendet eine Führungskraft zur Übernahme der Ge-schäftsführung bei der französischen Tochter. Die Proble-me beginnen.

Wie lässt sich eine Integration effektiver gestalten? DerWert der Akquisition ist durch das Know-how der Mitar-beiter gegeben. Daher ist es sinnvoll, bereits in einemfrühen Stadium nicht nur Mergers and Acquisitions tätigwerden zu lassen, sondern auch vertrauensbildende Mass-nahmen zu ergreifen, wie z. B. das Kennenlernen der Mitar-beiter beider Unternehmen fördern, wichtige Wissensträ-ger bzw. Teams identifizieren und ihre Haltung zum Mergerpositiv beeinflussen. Nach Abschluss der Verhandlungensollte ein Coaching des Integrationsprozesses von erfahre-nen Fachleuten der M&A-Abteilung stattfinden. Grundle-gend für den Erfolg ist, dass Wissen und Wissensträgernicht als Objekte angesehen werden, über die durch einenKaufvertrag frei verfügt werden kann.

Integrationsmanagement entscheidet überErfolg oder Nichterfolg

Experten sind sich einig, dass vor allem ein gutes Integra-tionsmanagement entscheidend für das Gelingen einer Fu-sion ist. Hierbei kommt der Zusammenführung von nor-mativem, strategischem und operativem Wissen eine be-sondere Bedeutung zu. Probleme entstehen durch einen aufKostensynergien statt auf Innovationen gerichteten Fokus,mangelnde systematische Wissensintegration sowie einen

*P r o f . D r . K l a u s N o r t h

u n d D i p l . - B e t r i e b s w i r t i n

A n g e l a B l a n c o , FachhochschuleWiesbaden.

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hohen Know-how Verlust durch Fluktuation der Mitarbei-ter. Vielfach sind Unternehmen während der Fusion sostark auf sich selbst bezogen, dass das Lernen von Kunden,Wettbewerbern und anderen externen Wissensquellen ver-nachlässigt wird. Wissensmanagement kann bei allen For-men von Unternehmenszusammenschlüssen das Errei-chen der Synergieziele unterstützen. Um die Potenziale desWissensmanagements bei Fusionen zu verstehen, soll zu-nächst der Ablauf von M&A anhand des idealtypischenDrei-Phasen-Modells mit Pre-Merger, Transaktion und Post-Merger (Jansen, 2001) betrachtet werden (vgl. auch Abb. 1):Ω Die Pre-Merger-Phase beinhaltet strategische Analysen

des eigenen Unternehmens, da diese strategischeLücken und Potenziale aufzeigen kann und dadurch dieIdentifikation möglicher «M&A-Bedarfe» erleichtertwird. An die Identifikation des Bedarfs schliesst sich dieStrategiekonzeption an, die sowohl eine Zielformulie-rung des Initiators, die Abwägung der Zusammen-schlussform als auch Akquisitionskriterien beinhaltet.

Ω Die Merger-Phase, auch Transaktionsphase genannt,wird von dem Transaktionsprozess bestimmt. Dieserumfasst alle wesentlichen Schritte von der Kontaktauf-nahme und Bietung, über die Unternehmensbewertungund Due Diligence bis hin zum Vertragsabschluss, demso genannten Closing.

Ω Post-Merger-Phase oder auch Implementierungs- oder

Integrationsphase wird der Teil des Fusionsmanage-ments bezeichnet, der sich mit der Integration der Un-ternehmen befasst. Dies ist die kritischste Phase im ge-samten Integrationsprozess, da unterschiedliche Orga-nisationen, Unternehmenskulturen, Managementstile,Systeme, Prozesse und Strukturen zusammengeführtwerden müssen. Dies ist besonders wichtig, da Syner-giepotenziale sich nur dann entfalten und zum Erfolgder Fusionen und Akquisitionen beitragen können,wenn die individuellen Charaktere der einzelnen Un-ternehmen zusammengeführt und integriert werden.Die Integration der Unternehmen sollte jedoch nicht

Ein gutes Integrationsmanagement ist entscheidend für das Gelingen einer Fusion.

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Abb. 1 : Die drei idealtypischen Phasen einer Integration

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ausschliesslich in der Post-Merger-Phase stattfinden,sondern bereits während der Due Diligence (Pre-Mer-ger-Integration) einsetzen.

Erst Ende der 80er und Anfang der 90er begannen Wis-senschaftler, die bis dahin stark fragmentierte Forschungum M&A-Prozesse zu integrativen Modellen zusammenzu-führen, in denen auch die Integrationsplanung ihren Platzfand. Haspeslagh und Jemison (1991) identifizieren im Pro-zess der Integration die Elemente Transfer strategischerFähigkeiten (also auch Wissen), Schaffung der benötigtenAtmosphäre und Interaktionen.

Müller-Stewens (2001) stellt in seinem Ansatz als aus-schlaggebenden Grund für das Scheitern von Integrations-prozessen die Tatsache heraus, dass trotz der wiederkehren-den Merger-Wellen immer noch nicht aus den Erfahrungenin den Integrations- bzw. Change-Management-Projektengelernt und demzufolge vorhandenes Wissen nicht effektivgenutzt wurde.

Jansen (2001) fordert, die Fusion von Unternehmen soll-te mit einer Integrationsplanung beginnen, die bereits wäh-

rend der Pre-Merger-Phase eingeleitet wird. Hierbei unter-streicht er in seinem 7-K-Modell die Faktoren Know-how,Koordination, Kultur, Kommunikation, Ko-Produzentenund Kunden, Kernbelegschaft, Kompensation und Karriere-modelle, Knowledge-Management sowie die Kontrolle.

Auf Grund der in Theorie und Praxis aufgezeigten Be-deutung der Ressource Wissen für das Gelingen oder Schei-tern von Fusionen sollen die Integrationsmodelle durchMethoden des Wissensmanagements erweitert werden. InAbb. 1 sind für die oben dargestellten drei idealtypischenPhasen von Fusionen jeweils geeignete Methoden des Wis-sensmanagements dargestellt, die im Folgenden erläutertwerden

Strategische Wissensanalyse in der Pre-Merger-Phase

Die Pre-Merger-Phase konzentriert sich im Wesentlichenauf die Unterstützung strategischer Analysen und die früh-zeitigen Vorbereitungen der Integrationsarbeit. Die strate-gische Wissensanalyse kann sowohl die Eigenprofilbil-

Phas

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Phas

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Phas

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Pre-Merger-Phase: Strategische Wissensanalyse

Transaktionsphase: Wissen bewerten und absichern

Wissensintegrationsphase

Unternehmensanalyse• strategische Wissensanalyse deckt

Potenziale und Lücken auf• Wissenslandkarte identifiziert Wis-

sensträger und -bestände

Wettbewerbs-und Akquisitions-umfeldanalyse• Analyse des Akquisitionsumfeldes

(Länder, Märkte, Geschäftsfelder)durch Netzwerke und Datenbasen

Analyse der Motive und Zielsetzungmit Strategiekonzeption• Motive und Zielsetzungen • Abwägung Allianz vs. Akquisition• Akquisitionskriterien• Akquisitionsstrategie (Team, Mei-

lensteine)

Kontakt-, Verhandlungsaufnahme und Bietung• Vorauswahl (Screening)• Kontaktsuche, Identifikation von Wis-

sensträgern• Kontakt mit Key-Experten

Integrationsmanagement• Planung des Integrationsprozesses• Wissensintegrationsanalyse• Einbindung von Key-Experten, Kopp-

lung der Wissensorganisation beiderUnternehmen

Unternehmensbewertung, Kaufpreisfindung und Finanzierung• Knowledge Base Due Diligence• Bewertung der Wissensorganisation

des Zielunternehmens

Integrationsmassnahmen auf fünfEbenen• organisatorische Integration • strategische Integration • administrative Integration • operative Integration• kulturelle Integration

Vertragsphasen und wettbewerbs-rechtliche Prüfung• rechtliche Absicherung des

Intellectual Capitals • Closing (Verträge)

Erfolgskontrolle (post merger audit)• Wirtschaftlichkeitsnachrechnungen

Akquisitionscontrolling• Realisierung der Synergien • Lernen aus der Fusion

Die drei Phasen von Mergers & Aquisitions aus der Wissensperspektive.

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dung wie auch die Akquisitionsumfeld-Analyse unterstüt-zen und so für Klarheit bezüglich der eigenen Unterneh-mensziele sorgen sowie strategische Lücken und Potenzialeaufzeigen.

Wie in Abb. 2 aufgezeigt, werden in der strategischenWissensanalyse sowohl die Kompetenzen des kaufendenUnternehmens und die möglicher Übernahmeziele – imAllgemeinen als Zielunternehmen oder Target bezeichnet –bezogen auf Kundenerwartungen, Markt- und Technologie-entwicklungen sowie Konkurrenten bewertet. Dadurchwerden Synergien, aber auch fehlende Kompetenzen deut-lich.

Wissenslandkarten können dazu beitragen, ungenutztePotenziale in der eigenen Unternehmung aufzuzeigen undrechtzeitig vor der Akquisitionsentscheidung aufzude-cken. Schon manches Unternehmen hat nach der Fusionfestgestellt, dass die eingekauften Kompetenzen bereits imeigenen Konzern vorhanden waren, nur war dies nicht be-kannt. Müller-Stewens (2001) unterstreicht die Relevanzdieses analytischen Vorgehens in seinem Integrationsan-satz. Um eine erfolgreiche Strategie zu konzipieren, scheintes wichtig, sich Klarheit über seine eigenen Motive und Zie-le zu verschaffen und diese in die Akquisitionsplanung und-gestaltung zu integrieren. Die oben beschriebenen Analy-sen sollten in der Formulierung strategischer Wissenszieledes Käufers münden, in denen ein anzustrebendes Fähig-keitenportfolio und die inhaltliche Bestimmungen des or-ganisationalen Kernwissens beschrieben werden. Vor die-sem Hintergrund sollte sowohl die «Partnerwahl» wie auchdie Durchführung der Akquisition sorgfältig durchdachtund durchgeführt werden, um das anzustrebende Fähigkei-

tenportfolio zu erlangen. Die Kosten von Zusammen-schlüssen sind erheblich, sodass die Planung sehr sorgfältigdurchzuführen ist, damit die Integrationskosten nicht dieSynergiekosten übersteigen.

Transaktionsphase: Wissen bewerten undabsichern

Die Transaktionsphase besteht im Wesentlichen aus Kon-taktsuche und -aufnahme, Verhandlungen, Unternehmens-bewertungen und Kaufpreisermittlung sowie dem Ver-tragsabschluss.

Als relevante Prozesse in der Transaktionsphase lassensich das Strategic Screening, die Due Diligence und die Un-ternehmensbewertung identifizieren. Während der Kon-taktsuche ist darauf zu achten, dass die Geheimhaltung ge-währleistet wird, da nun schon konkrete Pläne bestehen,die zum Teil sehr aufwendig erstellt wurden und durch einan die Öffentlichkeit Bringen von Informationen hinfälligwürden. Das Strategic Screening wird häufig mit Hilfe voninternen und externen Datenbanken durchgeführt. Spätes-tens hier erweist es sich als hilfreich, wenn bereits im Vor-feld für eine adäquate Dokumentenablage in den internenDatenbanken gesorgt wurde und eine effiziente Markt- undKonkurrenzbeobachtung installiert ist.

Fakten und Zahlen durch parallele Prüfung absichern

Die enge Zusammenarbeit eines firmeninternen Wissens-managementteams mit externen M&A Dienstleistern – die

Abb. 2 Die strategische Wissensanalyse

1) Welche Kompetenz(en) erwarten unsere Kunden von uns in den nächsten drei Jahren?

2) Welche Kompetenzen benötigen wir für die Nutzung/Entwicklung neuer Technologien oderMärkte?

3) Was machen wir besser als unsere Konkurrenten?Wie können wir diese Stärke ausbauen? Alleineoder mit Partnern?

4) Was machen die Zielunternehmen unserer Akqui-sition besser als wir? Was können wir daraus ler-nen?

Kompetenzendes Käufers

Kompetenzendes Zielunternehmens

Was sind die Kompetenzen des kaufenden Unternehmens und der möglichen Übernahmeziele?

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in dieser Phase von hohem Wert sein können – scheintempfehlenswert, da die Fakten und Zahlen, die so entschei-dend für den Erfolg der Transaktion sind, durch eine mehr-fache, auch parallele Prüfung, abgesichert werden könnenund müssen. Die Due Diligence bei einem Unternehmens-zusammenschluss ist eine sorgfältige Analyse, Prüfung undBewertung eines Unternehmens, das ganz oder in Teilenverkauft werden soll. Wesentlicher Inhalt dieser vorver-traglichen Prüfung ist die Beschaffung und Aufarbeitungvon Informationen mit dem Ziel, das zum Verkauf anste-hende Unternehmen auf verborgene Chancen und Risikenhin zu durchleuchten, um seinen Wert im Sinne derzukünftig zu erwartenden Zahlungsströme besser einschät-zen zu können. Häufig mangelt es dem Käufer an vielen In-formationen, die allerdings dem Verkäufer offen oder latentzugänglich sind. Durch die Vereinbarung einer Due Dili-gence wird vom Verkäufer signalisiert, dem Käufer seinWissen zu übertragen und somit die Informations-Asym-metrie zu beseitigen. In diesem Sinne kann die Durch-führung einer Due Diligence als Prozess des kombiniertenEinsatzes von Wissensübertragung seitens des Verkäuferssowie Wissenserarbeitung seitens des Käufers verstandenwerden. Von Bannert et al. (2002) wird argumentiert, dassselbst bei technologieorientierten Akquisitionen die detail-lierte Bewertung von Technologien im Rahmen der Due Di-ligence vernachlässigt wird. Die Autoren präsentieren da-her eine «Technology Due Diligence». Wir möchten diesen

Gedanken erweitern und plädieren für eine «KnowledgeBase Due Diligence», in der die wichtigsten Elemente derWissensbasis des Zielunternehmens erfasst und bewertetwerden. Die in Abb. 3 dargestellte Grundstruktur einer sol-chen Betrachtung der Wissensbasis eines Unternehmensenthält die Kategorien Mitarbeiter, interne Struktur und ex-terne Struktur, die qualitativ und quantitativ beurteilt wer-den können (vgl. North, 2002). Diese Beurteilung bildetdann auch eine Grundlage für die finanzielle Bewertungder Wissensbasis zur Ermittlung des Kaufpreises. Die Know-ledge Base Due Dilligence macht auch transparent, woSchlüsselmitarbeiter im Zielunternehmen zu finden sind,die man keinesfalls verlieren möchte. Es gilt, diese Mitar-beiter frühzeitig einzubinden, Ihnen ggf. konkrete Angebo-te für die Zukunft zu machen sowie ggf. im Fusionsvertragden Verbleib dieser Mitarbeiter im Unternehmen als Ver-tragsbedingung zu formulieren.

Integration: Wissenstransfer undgemeinsame Identität

Da dem Transfer von strategischen Fähigkeiten die Schaf-fung der richtigen Atmosphäre vorausgeht, müssen Rah-menbedingungen gestaltet und gesteuert werden. Dazusollten Firmen zunächst beurteilen, inwiefern die Rahmen-bedingungen (Unternehmensleitbild, Führungsgrundsätzeund Anreizsysteme) die Werte des Unternehmens wieder-

Element der Wissensbasis

Abb. 3: Grundstruktur einer Knowledge Base Due Diligence

Unternehmen/Organisationseinheit:Stand:

Mengengerüst Indikatoren

1 Mitarbeiter

1.1 Ausbildungsniveau1.2 Einstellungen/Wertvorstellungen1.3 Produkt-/Prozesskompetenz1.4 Informations- und Kommunikations-Kompetenz1.5 unternehmerische Kompetenz1.6 Entwicklungsteams, Kundenteams1.7 Experten

2 Interne Struktur

2.1 Technologien2.2 Prozesse2.3 Informations- und Kommunikations-Infrastruktur2.4 Kultur

3 Externe Struktur

3.1 Kundenbeziehungen3.2 Lieferantenbeziehungen3.3 Beziehungen zu externen Wissensträgern

Mitarbeiter, interne Struktur und externe Struktur sind die Elemente einer Knowledge Base Due Diligence.

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geben. Dies bedeutet, dass das neue Unternehmen nachdem Zusammenschluss die Verankerung der Werte und derBedeutung des Wissens im neuen Unternehmensleitbildwiderspiegeln sollte. Gemeinsame Wertvorstellungen derMitarbeiter sind wichtig, um deren Zusammenarbeit zufördern und die Ziele nicht aus den Augen zu verlieren. Erstdurch diese Zusammenarbeit kann der Transfer der strate-gischen Fähigkeiten – also auch des Wissens – glücken.

Hierzu erweist sich eine Wissensintegrationsanalyse(vgl. Abb. 4) als sinnvoll, in der z.B. im Rahmen von Integra-tions-Workshops normatives, strategisches und operativesWissen der Unternehmensteile und des gemeinsamen Un-ternehmens identifiziert und reflektiert werden. Aus derBegleitung von Fusionen wissen wir, dass häufig zu schnellüber operative Fragen beschlossen wird, ohne über das zuGrunde liegende normative und strategische Wissen nach-zudenken.

Da bei einer Integration nicht alle Problemstellungengleichzeitig bearbeitet werden können, gilt es Prioritätenzu setzten. Aus diesem Grund sollten in allen einzelnenfunktionalen Subsystemen, wie z. B. Geschäftsfeldern oderFunktionsbereichen, Ziele gesetzt werden, die zeitlich inkurz-, mittel- und langfristige eingeteilt sind. Zum einengilt es, kurzfristige Erfolge der einzelnen Geschäftseinhei-ten und andererseits einen langfristigen Kompetenzaufbaudes Gesamtunternehmens zu erzielen. Besonders der kurz-fristige Erfolg von Geschäftseinheiten ist nach Fusionenzum einen für das «Wir-Gefühl», zum anderen für eine Prä-senz bei Stakeholdern besonders wichtig. So sind zum Bei-spiel nach einem Zusammenschluss häufig Kunden verun-sichert. Um diese kurzfristig zu unterstützen, können Mit-tel des Wissensmanagements eingesetzt werden. Beispiels-

weise können eine Wissenslandkarte oder Gelbe Seiten da-zu beitragen, Wissen zu identifizieren und allen Mitarbei-tern des neuen Unternehmens auf diese Weise zugänglichzu machen. Dadurch wird nach einer Fusion sofort ein ein-heitliches Bild nach aussen präsentiert, und eine souveräneVertriebsabteilung kann die verunsicherten Kunden «beru-higen».

Wie man die Bedingungen für den Wissensaustausch schafft

Für einen durchgreifenden und langfristigen Kompetenz-und Wissensaufbau können drei Kernpunkte des Wissens-marktkonzeptes (North, 2002) zu Hilfe genommen werden:Erstens müssen Rahmenbedingungen für den Wissensaus-tausch geschaffen und gestaltet werden. Zweitens sindSpielregeln für den Wissensmarkt zu definieren, und drit-tens sind Prozesse und Strukturen des operativen Wis-sensmanagements zu gestalten und zu lenken. Dies bedeu-tet, sich zunächst einen Überblick zu verschaffen, wo wel-ches Wissen im Unternehmen zu finden ist. Durch Lokali-sierung von Experten und Best Practices im neuen Unter-nehmen besteht die Möglichkeit, dieses Wissen zu bündelnund abrufbar zu machen. Anschliessend müssen Wissens-anbieter und Nachfrager zusammengebracht werden.

Dies sollte durch Zusammenführung der Kompetenz-netzwerke, Erfahrungsaustauschgruppen oder Communi-ties of Practice (Wissensgemeinschaften) der Unterneh-mensteile erreicht werden. Hat ein Unternehmen bereits ei-ne funktionierende Wissensorganisation, so kann diesevom anderen Unternehmen genutzt werden, wie dies z.B.bei den «Tech Clubs» von Chrysler der Fall war, die dann im

Für den Wissensaufbau müssen die Rahmenbedingungen für den Wissensaustausch und die Spielregeln für den Wissensmarkt definiert werden.

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gemeinsamen Unternehmen DaimlerChrysler eine Platt-form für den Erfahrungsaustausch bilden. Auch können sogenannte Task Forces oder «Post-Merger-Integration-Teams» die Grundlage für neue gemeinsame Netzwerkebilden. Solche Arbeitsgruppen sollten nach vermeintlichgelungener Fusion nicht zu schnell aufgelöst werden, son-dern ggf. in Kompetenzcenter oder permanente Arbeits-gruppen umgewandelt werden.

Datenbanken nicht voreiligzusammenlegen

Ein hoher Wissensverlust im operativen Bereich ist unter an-derem auf die Harmonisierung von Computersystemenzurückzuführen. Dies sollte dringend bei der Integration derSysteme beachtet werden und die Gestaltung dieser so aus-fallen, dass der Verlust möglichst gering gehalten wird. Bei-spielsweise sollten Datenbanken nicht voreilig zusammen-gelegt werden, sondern Mitarbeitern zunächst Zugang zurfrüheren Datenbank des «anderen» Unternehmens einge-richtet werden, bis eine Ideallösung konzipiert werden kann.Müller-Stewens unterstreicht allerdings, dass der Schwer-punkt der Post-Merger-Integration häufig nicht auf die Mitar-beiter gelenkt wird, was – besonders in der Dienstleistungs-branche – zu massiven Wettbewerbsnachteilen durch dasAbwandern von Mitarbeitern führen kann. Die oben erwähnten Wissenslandkarten können auch dazu dienen, interne Kapazitäten aufzudecken und in dem neu gestaltetenUnternehmen adäquat einzusetzen und somit ein Abwan-dern von Mitarbeitern durch Unzufriedenheit zu verhindern.

Ausserdem können sie eine übereilte Entlassungswelle verhindern, deren Auswirkungen später durch kosteninten-sive Massnahmen rückgängig gemacht werden müssen.

Integrationsmanagement benötigt schnelle und mög-lichst vielschichtige Feedbackprozesse, um dadurch Lern-prozesse und Reaktionsmassnahmen anzustossen. Hierzubieten sich die bereits eingeführten Knowledge Base DueDilligence und Wissensintegrationsanalyse an. Beide In-strumente beinhalten Segmente, welche die zu erwarten-den Synergien aufzeigen. Dadurch bietet sich im späterenVerlauf die Möglichkeit, das Erreichen der angestrebtenZiele zu überprüfen und gegebenenfalls bei Abweichungenkorrigierende Massnahmen einzuleiten. Ferner ist zu be-achten, dass Unternehmenszusammenschlüsse wissensin-tensive Projekte darstellen, bei denen Erfahrung und Lern-effekte innerhalb sowie über einzelne Projekte hinweg ent-stehen. Diese Lerneffekte sollten im «M&A-Prozess» veran-kert und für zukünftige Fusionen verfügbar sein. Wissenüber diese Zusammenschlüsse kann einen zentralen Erfolgsfaktor darstellen.

operatives Wissen «Know-how»

Käufer-Target zusammen

Ω Produkt-/Prozess-kompetenz Informations- und Kommunikationssysteme

Ω Technologien

Ω operatives Wissen überKunden, Lieferanten

Ω Know-how des «supplychain management»

strategisches Wissen«Know-what»

Käufer-Target zusammen

Ω unternehmerische Kompetenz

Ω Früherkennungssysteme

Ω Aufbau von Kunden- Lieferantenbeziehungen

Ω strategische Allianzen

Ω Zusammenarbeit mit externen Wissensträgern

normatives Wissen«Know-why»

Käufer-Target zusammen

Ω Einstellungen

Ω Wertvorstellungen

Ω Unternehmenskultur

Ω Wie wollen wir mit Kunden, Lieferanten,und externen Wissens-trägern umgehen?

verkörpert durch

Mitarbeiter

Interne Struktur

Externe Struktur

Abb. 4: Die Wissensintegrationsanalyse

Art des Wissens

Häufig wird zu schnell über operative Fragen beschlossen, ohne über das normative und strategische Wissen

nachzudenken.

Weiterführende Artikel:www.newmanagement.ch

– Erfolg mit «learning histories», Marc Opitz, PatriceLienhard, , Joachim Rau (10/2002)

– Wenn die Experten gehen, Stefan M. Koruna, Andri Frey (4/2002)

– Knowledge Fairs, Bruno Hermann, Christof Schmitz(10/2002)

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85 Prozent aller Merger verfehlen diegesetzten Ziele.

Die folgenden zwei Fallbeispiele zeigen auf, wie die Wissensintegration durch ein funktionierendesWissensmanagement unterstützt und wie, beim zweitenBeispiel, Unternehmen aus Fusionserfahrungen lernenkönnen.

Cap Gemini Ernst & Young: Integrationdurch Wissensmanagement

Cap Gemini Ernst & Young ist eine der weltweit grösstenGesellschaften für Management- und IT-Beratung. Nachder Fusion im Mai 2000, die in einem Zeitraum von nur sie-ben Monaten durchgeführt wurde, integrierte und verein-te die neue Organisationsstruktur die bisherigen Stärkenvon Ernst & Young Consulting und Cap Gemini und Ge-mini Consulting. Bei allen beteiligten Unternehmen exi-stierte ein Wissensmanagement bereits vor der Fusion inmehr oder weniger ausgeprägter, institutionalisierterForm. Ernst & Young hat bereits zu Beginn der 90er JahreWissensmanagement im Unternehmen verankert und ge-wann im Jahr 2000 zum dritten Mal in Folge einen MAKEAward (Most Admired Knowledge Enterprise). Nach demClosing war das Knowledge-Management-Team beiCGE&Y eines der ersten Teams, das sich zusammenfand,um die Integration zu unterstützen. Hierbei spielte der Ge-danke, Rahmenbedingungen zu schaffen, die sowohl einenkurzfristigen Erfolg der einzelnen Unternehmenseinhei-ten wie auch einen langfristigen Kompetenzaufbau desneuen Gesamtunternehmens unterstützen sollten, einevorherrschende Rolle.

Zu diesem Zweck wurden aus Wissensmanagement-sicht kurz-, mittel- und langfristige Ziele festgelegt, die so-genannten Quick-, Medium-Term- und Long-Term-Wins.Im Zuge der Erarbeitung dieser Quick Wins wurde zu-nächst geklärt, warum CGE&Y Knowledge-Managementbraucht und welchen Nutzen sich CGE&Y vom Know-ledge-Management erwartet. Mit der Beantwortung dieserFragen wurde bei den Mitarbeitern ein Grundverständnisfür die strategische Relevanz des Wissensmanagements beiCGE&Y geschaffen. Besonders eine höhere Effizienz imVerkauf, ein innovativeres Leistungsprofil, eine höhereQualität der Abwicklung von Projekten sowie Markenbe-kanntheit waren Nutzen, die durch das Wissensmanage-ment erzielt werden sollten.

Des Weiteren wurden die Mitarbeiter mit den neuenKnowledge-Leitsätzen des Unternehmens vertraut ge-macht. Diese lauteten:

Ω Wissen ist unser wichtigstes Kapital.Ω Wissen liegt in der Verantwortung jedes einzelnen Mit-

arbeiters.Ω Wir sind ein Unternehmen, das jeden Mitarbeiter mit

dem notwendigen Wissen ausstattet.Ω Der Wert des Wissens ist durch die Anwendung in ei-

nem Projekt definiert.

Damit wurde ein entscheidender Teil der Rahmenbe-dingungen gestaltet, der später für den erfolgreichen Ver-lauf der Fusion mitverantwortlich war (vgl. hierzu Spitz-bart und Leucht, 2001).

Zu den Quick Wins gehörte des Weiteren, den Zugangaller Mitarbeiter zum dokumentierten Wissen des ehemalsanderen Unternehmens zu ermöglichen. Besonders ent-scheidend für das Erreichen dieser Quick Wins schien dieTatsache, dass diese Ziele durch Präsentationen des Wis-sensmanagementteams und Newsletters kommuniziertund somit allen Mitarbeitern vertraut gemacht wurden.

Die Medium-Term- und Long-Term-Wins sahen vor al-lem einen langfristigen Kompetenzaufbau des Unterneh-

Ein kluger Schachzug für KMU: www.softm.ch

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mens vor, der durch die Integration des Wissensmanage-ments in vier wesentliche Elemente realisiert werden soll-te: Organisation, Prozesse, System und Leistungsmessung.Ω Prozesse wurden benötigt, um Wissen abzurufen, zu

speichern und zugänglich zu machen. Teil davon war,Barrieren gegen das Wissensmanagement abzubauen.Dies wurde realisiert, indem die einzelnen Barrieren be-leuchtet, Gegenmassnahmen entwickelt und der darausresultierende Nutzen erkannt wurde. Des Weiteren soll-te Wissensmanagement in die Beratungsprojekte miteingebunden werden. Um die Qualität der Datenban-ken zu sichern, welche entscheidend vom Engagementder einzelnen Mitarbeiter abhängt, wurde der Fokus aufdie Erfassung, Wiederverwendung und Entwicklungvon Wissen bei den Mitarbeitern gerichtet.

Ω Organisation: Um die Wissensmanagementziele zu er-reichen, wurden in acht Regionen Chief Knowledge Of-ficer (CKO) eingeführt, die eine strategische Funktionausübten. Monatlich wurden «Knowledge Manage-ment Councils» zur Besprechung von Neuigkeiten undFestlegung von weltweiten Standards abgehalten. Fürdie operative Umsetzung und die Unterstützung derCKO gab es weiterhin 300 Knowledge-Manager. So ge-nannte Knowledge Stewards, die in ihrer Funktion Voll-zeit-Consultants sind, sind wiederum Experten in be-stimmten Fachgebieten und unterstützen auf dieseWeise die Knowledge-Manager. Innerhalb der Projekt-teams wurden Knowledge-Champions benannt, die ne-ben ihrer Projekttätigkeit gemeinsam mit dem Know-ledge-Manager die Aufbereitung des gewonnenen Wis-sens bearbeiteten.

Ω Das so genannte KI-Portal dient als einziger Zutritt zu allen Datenbanken und Services. Als besonders heraus-ragende Funktionen dieses Portals sind der virtuelle Pro-

jektraum, Diskussionsforen, Adressbuch und das per-sönliche Setzen von Links zu nennen, die Wissensarbeitim neuen Unternehmen erleichtern sollten. Des Weite-ren lieferte das Intranet Wissen über das Unternehmenselbst, regionale Intranets, Sektoren, Service Lines undReferenzen. Durch die Einbeziehung von Knowledge-Management in die Leistungsbeurteilung sowie die Ein-führung einer Scorecard, um die Erfolge von Know-ledge-Management zu messen, wurde bei der Fusion aufWissensweitergabe über die Grenzen der ursprüngli-chen Unternehmen gesetzt.

Wesentlichen Anteil hatte ein Anreizsystem, welchesdie Weitergabe von Wissen durch ein Punktesystem be-lohnt. Die Fusion von Cap Gemini Ernst & Young wurde inrelativ kurzer Zeit abgeschlossen. Die Tatsache, dass bereitsvor dem Zusammenschluss bei allen beteiligten Unterneh-men Wissensmanagement in mehr oder weniger ausge-prägter, institutionalisierter Form existierte, spielte gewisseine Rolle für die rasche und umfassende Integration.

Siemens: Aus Fusionen lernen

Für Siemens sind Akquisitionen und Fusionen ein wichti-ges strategisches Werkzeug, um gezielt Wachstumsfelderzu besetzten und das Geschäftsportfolio zu optimieren(Schmidt 2001). Der Konzern gab für diese Aktivitäten inden letzten zehn Jahren rund 17 Mrd Euro aus. Dabei wur-den mehr als 1000 Einzelgesellschaften übernommen, undgleichzeitig laufen über 100 Akquisitions- bzw. Integra-tionsprojekte mit verschiedenen Partnern. In Vorhabenmittlerer Grösse und Aktivität in zwei Regionalmärktenwerden typischerweise rund 40 Parteien eingebunden. Zudiesen gehören unter anderem organisatorische Einheiten,

Einladung zur Teilnahme an der Salärstudie

Kadersaläre 2003In diesem Jahr wird zum 21. Mal die wichtigs-te Salärumfrage für Führungskräfte derSchweiz die gewohnt aussagekräftigen undverlässlichen Daten liefern. Die Studie bietetbranchenspezifische aber auch branchenüber-greifende Informationen über Höhe, Strukturund Verteilung der Saläre. Ausserdem nimmtdie Studie Bezug auf die stets aktuellen Fra-gestellungen wie variable Entlöhnung, FringeBenefits und Boni für Kadermitglieder.

Erweitert wird die Studie dieses Jahr um dasaktuelle Kapitel «Corporate Governance». Um den Anwendern der Studie ein Höchstmass

an Nutzen zu bieten, können wir Sie zusätz-lich mit unserem den aktuellen Anforderun-gen entsprechenden Salärberechnungsmodellauf CD-ROM beliefern. Sie können damit aufGrundlage der erhobenen Daten Marktwert-bestimmungen durchführen, die Ihren spezifi-schen Anforderungen gerecht werden.

Die Studie liefert eine fundierte Vergleichsba-sis für eine effiziente Salärpolitik und ist somitein leistungsfähiges Instrument für Ihr Perso-nalmanagement. Durch Ihre Beteiligungerhöhen Sie die Aussagekraft der Ergebnisse.Als Umfrageteilnehmer erhalten Sie die

Studie zum reduzierten Preis von Fr. 650.-statt Fr. 1500.- (inkl. Benchmark-Tool aufCD-ROM Fr. 750.- statt Fr. 1900.-). Die Trä-ger der Studie – die Kienbaum AG und dieHandelsZeitung – bieten Gewähr für Kom-petenz und Diskretion. Der eingeschalteteNotar garantiert die vertrauliche BehandlungIhrer Salärdaten.

Bestellen Sie die Unterlagen bei:HandelsZeitung, Frau Patricia Buck Seestrasse 344, 8027 ZürichTelefon 01/288 35 51, Fax 01/288 93 51E-Mail: [email protected]

BestelltalonBitte senden Sie uns die Unterlagen zur Datenerhebung

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45Knowledge Management operations

Bannert, V. et al. (2002): Die vergesse-ne Technologie bei Übernahmen, newmanagement Nr. 12, S. 34–45.

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Haspeslagh, P.C.; Jemison, D. B.(1992): Akquisitionsmanagement,Wertschöpfung durch strategischeNeuausrichtung des Unternehmens,Frankfurt: Campus.

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Picot, G. ( Hrsg.) (2002): HandbuchMergers &Acquisitions, Stuttgart:Schaeffer-Pöschel.

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Fachabteilungen, externe Dienstleister, einzuschaltendeBehörden sowie Sozialpartner (vgl. Lucks, 2002). Siemens-interne Studien haben gezeigt, dass Integrationsproblemenicht aus strategischen Fehlentscheidungen, sondern auseinem schlecht durchgeführten «Post Closing Process» ent-standen sind. Um aus diesen Fehlern und guten Erfahrun-gen zu lernen, gründete der Konzern im Jahr 2001 das Kom-petenzzentrum für Mergers & Acquisitions mit den Zielen,Unternehmenszusammenschlüsse zu unterstützen, denProzess der Zusammenführung durch Wissenstransfer op-timal zu managen und einen weltweit einheitlichen undverbindlichen Prozess einzuführen.

Zentrales Instrument für den Wissenstransfer des Kom-petenzcenters ist eine passwortgeschützte Intranetseite.Diese so genannte M&A Integration Knowledge Base be-handelt alle integrationsrelevanten Themen systematisch.Herausragend daran ist, dass ein weltweiter Zugriff zu in-tegrationsrelevantem Wissen ermöglicht wird, welches inForm von spezifischen Modulen, Beispielen und Instrumen-ten abgelegt ist (vgl. Siemens, 2001). Ziel der Knowledge Ba-se ist, eine Grundlage für das Integrationsmanagement und-controlling mit folgenden Inhalten bereitzustellen: Ω Grundsätzliche Regeln und Prozeduren, die dazu not-

wendig sind, ein Integrationsprojekt nach den Siemens-Vorgaben durchzuführen.

Ω Die Möglichkeit, Best Practices einzufügen und die Leis-tung der M&A Integration bei Siemens zu erhöhen, un-ter Beachtung der besonderen Anforderungen der ein-zelnen Branchen, Geschäftsgrössen, -zusammenhängeund -risiken.

Ω Eine Basis bereitzustellen, um weiteres Wissen zu gene-rieren und auszutauschen.

Dabei wird die Knowledge Base in vier Ebenen aufge-teilt: Die erste Ebene dient dazu, in die Knowledge Base ein-zuführen und einen Überblick über die Inhalte zu geben.Die zweite Ebene beinhaltet die Controlling- und Projekt-leitungsrahmen. Die dritte Ebene enthält die Wissensmo-dule für alle Integrationsthemen von der Vorfeldanalyse biszur operativen Umsetzung. Diese Module wurden in Kolla-boration mit Integrationsexperten in den Bereichen, Zent-ralen und Fachabteilungen entwickelt. Zu den Inhalten ei-nes jeden Moduls gehören so genannte Meilensteinlisten,Ziele, Methoden, praktische Beispiele und betreffende An-sprechpartner. Ein Netzwerk von Ansprechpartnern, News-letter, Eventkalender und Schulungsbausteine bilden dievierte Ebene.

Wissensmanagement ist bei Mergers & Acquisi-

tions ein entscheidender Faktor. Der Beitrag zeigt, dass die

Wissensakquisition durch M&A alleine nicht genügt, um Er-

folge durch Synergieeffekte zu erzielen, sondern dass dafür

zunächst Wissensbestände und -träger identifiziert sowie An-

reize für den Transfer und Austausch von Wissen bewusst ge-

schaffen werden sollten. Weiter wird dargestellt, dass der

Prozess der Integration, der sich durch alle Phasen eines Zu-

sammenschlusses zieht, durch Wissensmanagement deut-

lich effektiver gestaltet werden kann. Wenn im akquirieren-

den und im Zielunternehmen eine professionelle Wissens-

orgsanisation funktioniert, kann dies die Fusion erleichtern.

Summary

Aus den vorangegangenen Integrationserfahrungen hatSiemens über einzelne Projekte hinweg Erfahrungen sam-meln, systematisieren, reflektieren und weitergeben kön-nen. Die Verankerung dieser Lerneffekte im Center of Com-petence und der angeschlossenen Knowledgebase scheinthierbei sehr zum Erfolg beizutragen.