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1 3 SCHWERPUNKTTHEMA © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014 Wissensintegration auf Augenhöhe – Die Bedeutung praxisnaher, transdisziplinärer Lehre im Kontext nachhaltigkeitsbezogener Studienfächer Johannes Merck · Marina Beermann uwf DOI 10.1007/s00550-014-0313-8 1 Einführung Transdisziplinäre Forschung kann als weitestgehend etab- lierte Methode vergleichbar zu Ansätzen der Interdiszipli- narität innerhalb der wissenschaftlichen Beschäftigung mit Fragen der Nachhaltigkeit bezeichnet werden. Im Gegensatz hierzu wird der Ansatz der Transdisziplinarität stiefmütter- lich bis gar nicht im Rahmen akademischer Lehre berück- sichtigt. Vor diesem Hintergrund beleuchtet der vorliegende Beitrag die Chancen und Vorteile, die durch einen aktiven Einbezug praxisnaher, transdisziplinärer Lehr-Lern-Settings im Rahmen von nachhaltigkeitsbezogenen Studienfächern generiert werden können. Praxisnahe, transdisziplinäre Lehre fokussiert hierbei auf die aktive Partizipation von Praktikern wie z. B. erfahrenen CSR-/Nachhaltigkeitsma- nagern und die damit einhergehende Vermittlung aktiven Erfahrungswissens. 2 Nichttrivialität von Nachhaltigkeit Trotz der hohen Vielfalt existierender Nachhaltigkeits- konzepte und bestehenden z. T. gegensätzlichen Diskursen auf zivilgesellschaftlicher, rechtlicher, unternehmerischer und einzelpersonenbezogener Ebene, ist Nachhaltigkeit als Leitbild für eine zukunftsfähige Gesellschaft allgemeinhin etabliert. Nichtsdestotrotz bestehen weiterhin eine Vielzahl von Herausforderungen hinsichtlich der konkreten Umset- zung und Integration von Nachhaltigkeit. Nachhaltigkeit als Querschnittsaufgabe ist seinem Wesen nach nicht-trivial, d. h. Nachhaltigkeit ist meist verknüpft mit multidimen- sionalen, komplexen, inter- und transdisziplinären, ambi- valenten Problemstellungen, die oftmals einhergehen mit diversen Zeithorizonten (vgl. Beermann et al. 2014). Folg- lich, erfordert die Integration von Nachhaltigkeit in Lehr- Zusammenfassung Die Vermittlung von Nachhaltigkeit stellt besondere didaktische Anforderungen an Lehrende und die Gestaltung von Curricula. Der vorliegende Beitrag beleuchtet vor diesem Hintergrund die Rolle einer praxis- nahen, transdisziplinären Lehre und den damit einherge- henden Chancen sowie Anforderungen. Unter Berücksich- tigung von Erkenntnissen aus der Motivationsforschung wird die Bedeutung einer praxisnahen, transdisziplinären Lehre für die erfolgreiche Vermittlung der Inhalte nach- haltigkeitsbezogener Studienfächer sowie der Ausbildung zukünftiger „Change maker“ in Sachen Nachhaltigkeit verdeutlicht. Dr. J. Merck () Otto Group, Director Corporate Responsibility Otto Group (VV- CR), Otto GmbH & Co KG, Wandsbeker Straße 3–7, 22172 Hamburg, Deutschland E-Mail: [email protected] Dr. M. Beermann Systain Consulting GmbH, Spaldingstrasse 218, 20097 Hamburg, Deutschland E-Mail: [email protected] Johannes Merck Marina Beermann

Wissensintegration auf Augenhöhe – Die Bedeutung praxisnaher, transdisziplinärer Lehre im Kontext nachhaltigkeitsbezogener Studienfächer

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Schwerpunktthema

© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014

Wissensintegration auf Augenhöhe – Die Bedeutung praxisnaher, transdisziplinärer Lehre im Kontext nachhaltigkeitsbezogener Studienfächer

Johannes Merck · Marina Beermann

uwfDOI 10.1007/s00550-014-0313-8

1 Einführung

Transdisziplinäre Forschung kann als weitestgehend etab-lierte Methode vergleichbar zu Ansätzen der Interdiszipli-narität innerhalb der wissenschaftlichen Beschäftigung mit Fragen der Nachhaltigkeit bezeichnet werden. Im Gegensatz hierzu wird der Ansatz der Transdisziplinarität stiefmütter-lich bis gar nicht im Rahmen akademischer Lehre berück-sichtigt. Vor diesem Hintergrund beleuchtet der vorliegende Beitrag die Chancen und Vorteile, die durch einen aktiven Einbezug praxisnaher, transdisziplinärer Lehr-Lern-Settings im Rahmen von nachhaltigkeitsbezogenen Studienfächern generiert werden können. Praxisnahe, transdisziplinäre Lehre fokussiert hierbei auf die aktive Partizipation von Praktikern wie z. B. erfahrenen CSR-/Nachhaltigkeitsma-nagern und die damit einhergehende Vermittlung aktiven Erfahrungswissens.

2 Nichttrivialität von Nachhaltigkeit

Trotz der hohen Vielfalt existierender Nachhaltigkeits-konzepte und bestehenden z. T. gegensätzlichen Diskursen auf zivilgesellschaftlicher, rechtlicher, unternehmerischer und einzelpersonenbezogener Ebene, ist Nachhaltigkeit als Leitbild für eine zukunftsfähige Gesellschaft allgemeinhin etabliert. Nichtsdestotrotz bestehen weiterhin eine Vielzahl von Herausforderungen hinsichtlich der konkreten Umset-zung und Integration von Nachhaltigkeit. Nachhaltigkeit als Querschnittsaufgabe ist seinem Wesen nach nicht-trivial, d. h. Nachhaltigkeit ist meist verknüpft mit multidimen-sionalen, komplexen, inter- und transdisziplinären, ambi-valenten Problemstellungen, die oftmals einhergehen mit diversen Zeithorizonten (vgl. Beermann et al. 2014). Folg-lich, erfordert die Integration von Nachhaltigkeit in Lehr-

Zusammenfassung Die Vermittlung von Nachhaltigkeit stellt besondere didaktische Anforderungen an Lehrende und die Gestaltung von Curricula. Der vorliegende Beitrag beleuchtet vor diesem Hintergrund die Rolle einer praxis-nahen, transdisziplinären Lehre und den damit einherge-henden Chancen sowie Anforderungen. Unter Berücksich-tigung von Erkenntnissen aus der Motivationsforschung wird die Bedeutung einer praxisnahen, transdisziplinären Lehre für die erfolgreiche Vermittlung der Inhalte nach-haltigkeitsbezogener Studienfächer sowie der Ausbildung zukünftiger „Change maker“ in Sachen Nachhaltigkeit verdeutlicht.

Dr. J. Merck ()Otto Group, Director Corporate Responsibility Otto Group (VV-CR), Otto GmbH & Co KG,Wandsbeker Straße 3–7,22172 Hamburg, DeutschlandE-Mail: [email protected]

Dr. M. BeermannSystain Consulting GmbH,Spaldingstrasse 218,20097 Hamburg, DeutschlandE-Mail: [email protected]

Johannes Merck Marina Beermann

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und Lernkonzepte spezifische Kompetenzen – sowohl aus Sicht der Lehrenden hinsichtlich der Vermittlung als auch aus Perspektive zukünftiger Nachhaltigkeitsmanager im Umgang mit nachhaltigkeitsbezogenen Herausforderungen (vgl. Kopp und Martinuzzi 2013; Merck 2013; Nölting et al. 2013). Welche spezifischen Kompetenzen und welches Wis-sen zukünftigen Nachhaltigkeitsmanagern/Change maker im Rahmen nachhaltigkeitsbezogener Studienfächer ver-mittelt werden müssen und wie dies gelingen kann, wird im Folgenden skizziert.

3 Wissens- und Kompetenzvermittlung im Kontext von Nachhaltigkeit

Ein Blick in die Forschungslandschaft des letzten Jahrzehnts zeigt den Entwicklungsprozess der nachhaltigkeitsbezoge-nen Forschung im Bildungskontext auf. Die Darstellung von Tilbury (2011) zeigt deutlich, dass heute neue Anforde-rungen an die nachhaltigkeitsbezogene Forschung gestellt werden als noch zehn Jahre zuvor (Abb. 1).

So wird u. a. der Anspruch erhoben, dass Forschung selbst Veränderungsprozesse anstoßen soll sowie diese auch aktiv umsetzt, quasi selbst zum „Change Agent“ wird und sich von dem Verständnis des einst rein passiven, infor-mierenden Akteurs trennt. Dieser Trend lässt sich nicht nur für den Bereich der Forschung, sondern auch innerhalb der Lehre feststellen. So konstatiert die UNESCO im Rahmen eines Berichts über die Ausrichtung von Bildungsangebo-ten im Lichte einer nachhaltigen Entwicklung, dass sich die

Rolle von Lehrenden grundlegend verändern wird: “(…) learning is increasingly happening individually beyond for-mal educational settings, the role of teachers will have to evolve from dispensers of information and knowledge to facilitators and enablers of learning” (UNESCO 2012a). Die hier skizzierten Prozesse sind u. a. durch die seit 1999 initiierten Veränderungen im Rahmen der Bologna-Reform verstärkt worden. Durch die Bologna-Reform hat die Kom-petenzorientierung und damit einhergehend die Wende von der reinen Wissensvermittlung zur Outputorientierung, d. h. zu Lernzielen und Kompetenzen stattgefunden. Hierdurch resultieren Veränderungen hinsichtlich der Gestaltung von Studienfächern, der Lehre und schließlich auch neue Anfor-derungen an Lehrende. Gemäß der Hochschulrektorenkon-ferenz – Projekt Nexus (2012, S. 2) sollte ein zunehmend akademisch orientiertes Verständnis zur Kompetenzorien-tierung in der Lehre entwickelt werden. Hierbei sollte Kompetenz verstanden werden als Befähigung zu einem Handeln, das jeweils zu integrierende Bündel von kom-plexem Wissen, Fertigkeiten, Fähigkeiten, motivationalen Orientierungen und (Wert-)Haltungen beinhaltet. Für die Gestaltung und Umsetzung der Lehre sowie dem Erreichen der Lernziele sind somit hohe Ansprüche gesetzt.

Zur Bedeutung der Kompetenzorientierung im Rahmen der Bologna Reform weist jedoch Schaepers (2008) daraufhin, dass der Begriff der (Schlüssel-)Kompetenz nicht explizit in den offiziellen Dokumenten des Bologna Prozesses benannt worden ist, sondern vielmehr eng geknüpft ist an die überge-ordnete Zielstellung der Reform: „Enhancing the employabi-lity of higher education graduates“. Schaepers (2008) folgert

Shifts from...

Research which is discipline focused

Research that has academic impacts

Research that informs

Research on technological and behaviour change

Researcher as expert

Research on people

..to be more inclusive of...

Research which is inter- and multidisciplinary

Research which has social impact

Research that transforms

Research that focuses on social and structural change

Researcher as partner

Research with people

Abb. 1 Veränderungen in der Forschungslandschaft zu Nach-haltigkeit im Bildungsbereich in den letzten zehn Jahren. (Quelle: Tilbury (2011, S. 6))

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Wissensintegration auf Augenhöhe – Die Bedeutung praxisnaher, transdisziplinärer Lehre im Kontext

allem zwei wesentliche Anforderungen an das Lehr-Lern-Setting: Erstens gilt es Studierende für einen realistischen Blick auf nachhaltigkeitsbezogene Herausforderungen zu sensibilisieren und zweitens ihr Bewusstsein zu schärfen für mögliche Diskrepanzen zwischen theoretischen Anspruch einerseits und den Umsetzungsmöglichkeiten in der Praxis andererseits. Hierbei gilt es den Spagat zwischen der wis-senschaftlichen Beschäftigung mit Aspekten der Nachhal-tigkeit und der wirtschaftlichen Realität zu meistern bzw. diesen offenzulegen. Die zwei Logiken der Wissenschaft (Logik der Wahrheitsfindung) einerseits und der Wirtschaft (Logik der Angemessenheit) andererseits können sonst Frustration und Dysbalancen zur Folge haben und schließ-lich zu Motivationsverlust seitens der Studierenden führen. Und dies ist nicht nur im Übergang ins Berufsleben, sondern auch im Studienprozess selbst von großer Bedeutung, da die Beschäftigung mit Themen der Nachhaltigkeit oft mit kom-plexen Missständen zusammenhängt und selten mit Fort-schritten und eindeutigen Erfolgstories.

In der Definition des Kompetenz-Begriffs der HRK – Projekt Nexus (2012) wurde bereits der Bezug zu moti-vationalen Orientierungen hergestellt. Die Autoren des vor-liegenden Beitrags rekurrieren im Folgenden vorwiegend auf Ergebnisse der Motivationsforschung, die die Bedeutung von Positivbeispielen, d. h. dem Aufzeigen von konkreten Beispielen, dass Veränderungen in Richtung Nachhaltigkeit machbar sind, unterstreichen (Deci und Ryan 1993; Ban-dura 1977). Praxisnaher, transdisziplinärer Lehre wird hier-bei eine entscheidende Rolle zugewiesen.

5 Erkenntnisse aus der Motivationsforschung

Erkenntnisse der Motivationsforschung haben gezeigt, dass physiologische Bedürfnisse, Emotionen und psychologi-sche Bedürfnisse wesentliche Treiber menschlicher Moti-vation sind. In Anlehnung an die Selbstbestimmungstheorie von Deci und Ryan (1993) spielt die Berücksichtigung psy-chologischer Bedürfnisse für die Motivation eine beson-ders bedeutende Rolle. Die Autoren postulieren hierbei drei angeborene psychologische Bedürfnisse, die für eine intrin-

hieraus, dass die Kompetenzorientierung ein indirektes bzw. abgeleitetes Ziel der Bologna Reform darstellt.

Der hier indizierte Anspruch an eine verstärkte Ausrich-tung der akademischen Ausbildung an die Anforderungen des Arbeitsmarkts zeigt die Relevanz auf auch im Rahmen von nachhaltigkeitsbezogenen Studienfächern den Blick auf potentiell zukünftige Arbeitsfelder und den dortigen Anforderungen zu werfen. Die Untersuchung von Kopp und Martinuzzi (2013) ist hierbei von Interesse, da sie die umfangreichen Anforderungen an im Besonderen Führungs-kräfte im Nachhaltigkeitsbereich aufzeigt. Die Autoren haben auf Basis einer Literaturauswertung aktueller Publi-kationen ein Kategorienraster von Nachhaltigkeitskompe-tenzen entwickelt. Dabei bezieht sich die Auswertung auf drei Publikationen, die auf Befragungen von Führungskräf-ten im mittleren und Top-Management basieren (Abb. 2).

Kopp und Martinuzzi (2013) haben hiermit verdeutlicht, dass der Umgang mit Fragen der Nachhaltigkeit ein breites Set an Kompetenzen erforderlich macht. Vor diesem Hin-tergrund stellt sich die Frage wie die in der Praxis erfor-derlichen Nachhaltigkeitskompetenzen erfolgreich und mit welchen Methoden im Rahmen einer akademischen Ausbil-dung vermittelt werden können.

Die UNESCO (2012b, 25 f.) differenziert hierbei neun Lernformen im Kontext einer nachhaltigen Entwicklung. Diese sind im Rahmen einer globalen Evaluation (GMES) identifiziert worden (Tab. 1):

Während einzelne Lernformen als eher konventionell bezeichnet können (transmissive learning, disciplinary learning), sind auch Lernformen benannt, die innovativer, neuartiger sind wie z. B. multi-stakeholder social learning oder systems thinking-based learning. Deutlich wird jedoch auch, dass ein expliziter Bezug zu praxisnahen, transdiszi-plinären Lehr- und Lernformen fehlt. Im Folgenden wird daher die aus Sicht der Autoren spezifische Bedeutung die-ser Lehr- und Lernform vorgestellt.

4 Die Rolle praxisnaher, transdisziplinärer Lehre

Aus praxisorientierter Sicht stellt die Vermittlung von nach-haltigkeitsbezogenen Inhalten und Problemstellungen vor

Abb. 2 Nachhaltigkeitskom-petenzen für Führungskräfte. (Quelle: Basierend auf Kopp und Martinuzzi (2013, S. 95))

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Sinne der Selbstwirksamkeit ist? Die Notwendigkeit hierzu stellt sich wie zuvor ausgeführt wurde vor allem im Kontext einer wissenschaftlichen Beschäftigung mit und Vermitt-lung von Nachhaltigkeit. Im Rahmen akademischer Lehre ist es so gut wie unmöglich unmittelbar Einfluss auf die von Bandura beschriebenen Konstituenten der Selbstwirksam-keit zu nehmen, mit Ausnahme der zweiten Konstituente der „stellvertretenden Erfahrungen“, welche Bandura wie folgt beschreibt: „Seeing people similar to oneself succeed by sustained effort raises observers’ beliefs that they too possess the capabilities master comparable activities to suc-ceed“ (Bandura 1994, S. 72).

Die Autoren des vorliegenden Beitrags vertreten die Auffassung, dass ein praxisnahes, transdisziplinäres Lehr-Lern-Setting positiven Einfluss auf den Grad der Selbst-wirksamkeit von Studierenden nehmen kann auf Grund der spezifischen Einbindung stellvertretender Erfahrun-gen. Wohingegen „konventionelle“ Lehrmethoden kaum in der Lage sind (begrenzt ggf. im Rahmen von Planspie-len) diese aus motivationaler sowie Resilienz-fördern-der Sicht (vgl. Fröhlich-Gildhoff und Rönnau-Böse 2009, S. 42) entscheidende Größe zu aktivieren, kann praxisnahe, transdisziplinäre Lehre durch ihren inhärenten Einbezug stellvertretender Erfahrungen bzw. der aktiven Einbindung von Erfahrungswissen durch Praktiker einen positiven Ein-fluss auf die Ausbildung der Selbstwirksamkeitserwartung von Studierenden nehmen.

sische wie extrinsische Motivation gleichermaßen entschei-dend sind (BPNT – Basic Psychological Needs Theory):

1. Kompetenz oder Selbstwirksamkeit2. Autonomie oder Selbstbestimmung3. Soziale Eingebundenheit oder soziale Zugehörigkeit

In diesem Zusammenhang ist die Sozialkognitive Lerntheo-rie von Bandura (1977), im Besonderen aber sein Modell der Selbstwirksamkeitserwartung von Interesse. Nach Ban-dura lässt sich Selbstwirksamkeit (self-efficacy) folgen-dermaßen definieren: „(self-efficacy) is the belief in one’s capabilities to organize and execute the courses of action required to manage prospective actions“. Selbstwirksam-keit ist demnach die Überzeugung in die eigenen Fähig-keiten, z. B. eine bestimmte Aufgabe erfolgreich meistern zu können. Es handelt sich hierbei also um eine subjektive Einschätzung, ob die für das Erzielen einer bestimmten Auf-gabe nötigen Fähigkeiten vorhanden sind. Die Selbstwirk-samkeit kann dabei nach Bandura (1997) vor allem von vier Quellen beeinflusst werden:

1. Eigene Erfolgserlebnisse (mastery experiences)2. Stellvertretende Erfahrungen (vicarious experiences)3. Soziale Ermutigungen (social persuasions)4. Emotionaler/psychologischer Zustand (psychological

states)

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage wie Lehre so gestaltet werden kann, dass diese handlungsleitend im

Tab. 1 Lernformen im Kontext einer nachhaltigen Entwicklung (UNESCO 2012b). (Quelle: Eigene Darstellung, auf Basis von UNESCO (2012b, 25 f.))Lernformen im Kontext von ESD (UNESCO 2012b)

Kurzbeschreibung

1. Discovery learning Learners are immersed in a rich context where they encounter some element of mystery; they beco-me curious and begin to make sense of their experience through their own exploration

2. Transmissive learning Using didactic skills (e.g. presenting, lecturing, story-telling) and supporting materials (e.g. work-books, instruction forms, visuals) a body of knowledge, set of rules or code of conduct is transferred to the learners

3. Participatory/collaborative learning Although not identical, both emphasize working together with others and active, not passive, partici-pation in the learning process, which tends to focus on resolving a joint issue or task

4. Problem-based learning Focused on solving real or simulated problems, to better understand the issue or find ways to make real-life improvements. Issues are either identified by the learners, or pre-determined (e.g. by tea-chers, experts, commissioning bodies)

5. Disciplinary learning Taking questions of a disciplinary nature (e.g., geographical and biological) as a starting point, to better understand underlying principles and expand the knowledge base of that discipline

6. Interdisciplinary learning Taking issues or problems as a starting point, then exploring them from different disciplinary angles to arrive at an integrative perspective on possible solutions or improvement

7. Multi-stakeholder social learning Bringing together people with different backgrounds, values, perspectives, knowledge and expe-rience, from both inside and outside the group initiating the learning process, to set out on a creative quest to solve problems that have no ready-made solutions

8. Critical thinking-based learning Exposing the assumptions and values people, organizations and communities live by and challenging their merit from a normative point of view (e.g. animal well-being, eco-centrism, human dignity, sustainability) to encourage reflection, debate and rethinking

9. Systems thinking-based learning Looking for connections, relationships and interdependencies to see the whole system and recognize it as more than the sum of its parts; and to understand an intervention in one part affects other parts and the entire system

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Wissensintegration auf Augenhöhe – Die Bedeutung praxisnaher, transdisziplinärer Lehre im Kontext

Bandura A (1997) Self-efficacy: the exercise of control. Freeman, New York

Beermann M, Schattke H, Günther S (2014) Heterogenität in Lehr-Lern-Settings – Konzepte zum Umgang mit Heterogenität in der Lehre. HDS.Journal 1(2014):64–75

Deci EL, Ryan R (1993) Die Selbstbestimmungstheorie der Motivati-on und ihre Bedeutung für die Pädagogik. Zeitschrift für Pädago-gik, 39. Jahrgang, Nr. 2, 223–238

Fröhlich-Gildhoff K, Rönnau-Böse M (2009) Resilienz, MünchenHochschulrektorenkonferenz (HRK) (2012) Nexus Impulse für die

Praxis. Kompetenzorientierung im Studium. Vom Konzept zur Umsetzung, Ausgabe 1, 2012

Kopp U, Martinuzzi A (2013) Teaching sustainability leaders in sys-tems thinking. Business Systems Review 2(2):191–215

Merck J (2013) Herausforderungen und Kompetenzen für unter-nehmerische Nachhaltigkeitsstrategien. Interview mit Johannes Merck zum Beitrag „Nachhaltigkeitskompetenzen in Unterneh-men und Organisationen“. Die Unternehmung, 67. Jahrgang, 2/2013, 191–193

Nölting B, Schäpke N, Pape J (2013) Nachhaltigkeitskompetenzen in Unternehmen und Organisationen. Die Unternehmung, 67. Jahr-gang, 2/2013, 175–191

Tilbury D (2011) Assessing ESD experiences during the DESD: an expert review on processes and learning for ESD. Paris, UNESCO. http://insight.glos.ac.uk/sustainability/Education/Documents/GUNI%20HE%20in%20the%20World%204%20HE%27s%20Committment%20to%20Sus.pdf. Zugegriffen: 05. März 2014

Schaeper H (2008) The role of key competencies in the Bologna Process: Rhetoric and Reality, http://www.dzhw.eu/pdf/pub_vt/22/2008-07-26_Vortrag_Schaeper_ICP.pdf. Zugegriffen: 09. Feb. 2014

UNESCO (2012a) Education and skills for inclusive and sustainable development beyond 2015, UN System Task Team on the Post-2015 Development Agenda. http://www.un.org/en/development/desa/policy/untaskteam_undf/thinkpieces/4_education.pdf. Zuge-griffen: 09. Feb. 2014

UNESCO (2012b) Shaping the education of tomorrow. 2012 Report on the UN decade of education for sustainable development, abrid-ged. http://unesdoc.unesco.org/images/0021/002166/216606e.pdf. Zugegriffen: 05. März 2014

Im Kontext von nachhaltigkeitsbezogenen Studienfä-chern ist dies von außerordentlicher Bedeutung wie unter Einbezug der folgenden Spezifika verdeutlicht wird:

● Hohes Risiko für entstehende Diskrepanzen zwischen einem hohem theoretischen Anspruch hinsichtlich der Lösung nachhaltigkeitsbezogener Problemlagen einer-seits und meist begrenzten und zudem eher pragmati-schen sowie sukzessiven Umsetzungsmöglichkeiten im Alltagsgeschehen von z. B. Unternehmen, Regierungen, etc. andererseits;

● Hohes Maß an schwierigen Aufgabenstellungen auf Grund einer hohen Komplexität, längerfristigen und interdisziplinären Problemstellungen und fehlenden Erfahrungswerten im Umgang hiermit;

● Potentiell hohes Risiko für Frustration und Motivationsverlust.

6 Ergebnisse

Praxisnahe, transdisziplinäre Lehre geht explizit auf die bestehenden Diskrepanzen zwischen den zwei Logiken der Wissenschaft einerseits (Logik der Wahrheitsfindung) und der Wirtschaft andererseits (Logik der Angemessenheit) ein, sensibilisiert Studierende hierfür und kann so handlungs-leitendes Wissen an zukünftige Nachhaltigkeitsmanager vermitteln und deren Motivation für die Beschäftigung mit meist nicht-trivialen Problemstellungen bestärken. Das Ler-nen von und durch stellvertretende Erfahrungen kann wich-tiger Bestandteil für die Motivation von Studierenden und zukünftigen „Change maker“ im Kontext einer nachhaltigen Entwicklung sein.

Literatur

Bandura A (1977) Self-efficacy: toward a unifying theory of behavio-ral change. Psychological Review 84:191–215

Bandura A (1994) Self-efficacy. In Ramachaudran VS (Hrsg) Ency-clopedia of human behavior, vol. 4. Academic Press, New York, S 71–81