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Wittringhomologie Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Naturwissenschaften (Dr. rer. nat) der Fakult¨ at f¨ ur Mathematik der Universit¨ at Regensburg vorgelegt von Manfred Schmid aus Moosbach 1997

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Wittringhomologie

Dissertationzur Erlangung des Doktorgrades

der Naturwissenschaften (Dr. rer. nat)der Fakultat fur Mathematikder Universitat Regensburg

vorgelegt von

Manfred Schmidaus

Moosbach

1997

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Inhaltsverzeichnis

Einleitung 1

Notationen 4

1 Wittgruppen und Randabbildungen 61.1 Die Randabbildung fur den Wittring . . . . . . . . . . . . . . 61.2 Die Wittgruppe als homogener Raum . . . . . . . . . . . . . . 8

2 Der Funktor F 7−→ W (F ) 122.1 Die Kategorien (Sch/Cfg/k) und (Cfg/k) . . . . . . . . . . . . 122.2 Der Funktor F 7→ W (F ) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122.3 Der Randhomomorphismus und Bewertungsfortsetzungen . . . 222.4 Die Homotopie-und die Reziprozitatseigenschaft . . . . . . . . 43

3 Der Wittkomplex C∗(X; W ,L) 513.1 Der allgemeine Randhomomorphismus . . . . . . . . . . . . . 513.2 Der allgemeine Randhomomorphismus, Unterschemata und Lo-

kalisierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 523.3 Der Komplex . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 543.4 Die Homologie des Wittkomplexes . . . . . . . . . . . . . . . . 56

4 Push-forward und Pull-back 594.1 Push-forward . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 594.2 Pull-back . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59

5 Funktorielle Eigenschaften von C∗(X; W ,L) 655.1 Pull-back und Push-forward als Komplexmorphismen . . . . . 655.2 Die lange exakte Homologiesequenz . . . . . . . . . . . . . . . 79

6 Die Wittringhomologie affiner und projektiver Raume 816.1 Die Homotopieeigenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 816.2 Die Wittringhomologie projektiver Raume . . . . . . . . . . . 86

Literatur 99

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1

Einleitung

Es sei im folgenden k ein Korper der Charakteristik 6= 2.Es sei X ein integres, normales algebraisches k−Schema, und k(X) sei derFunktionenkorper von X. Fur jeden Punkt x ∈ X der Kodimension 1 istdann der lokale Ring OX,x ein diskreter Bewertungsring und definiert daherauf k(X) eine diskrete Bewertung vx mit Restklassenkorper κ(x).Wahlt man nun ein Primelement πvx zur Bewertung vx, so hat man densogenannten zweiten Randhomomorphismus δ

πvx2 : W (k(X)) → W (κ(x))

vom Wittring des Funktionenkorpers k(X) in den Wittring des Restklas-senkorpers κ(x).Es ist fur fast alle 1-kodimensionalen Punkte x ∈ X(1) und alle α ∈ W (k(X))δπvx2 (α) = 0, und also erhalt man eine Randabbildung

d = (δπvx2 ) : W (k(X))→

⊕x∈X(1)

W (κ(x)).

Ein wichtiges Anliegen der geometrischen Theorie der quadratischen Formenist nun die Bestimmung von Ker(d) und Koker(d) fur gewisse Schemata X.So haben dies A. Pfister (in [Pf]) und R. Parimala (in [Pa]) fur bestimmtealgebraische Kurven, z.B. Koniken und elliptische Kurven, getan.Eine kanonische, d.h. unter anderem funktorielle, Beschreibung von Ker(d)und Koker(d) scheitert im allgemeinen aber daran, daß der zweite Randho-momorphismus von der Wahl des Primelements abhangt.Die nachfolgende Arbeit stellt eine Wittringhomologietheorie bereit, mit derdies nun moglich ist.Als Modell dient uns hierfur die von M. Rost in [Ro] entwickelte Homologie-theorie fur die Milnorsche K−Theorie.Der Startpunkt und das Grundproblem einer solchen Homologietheorie furWittringe ist es, den Wittring eines Korpers so zu modifizieren, daß diesereine kanonische Randabbildung zulaßt.Einer Idee von M. Rost folgend, gehen wir hierbei wie folgt vor:Ist F ein Korper, dieser sei endlich erzeugt uber dem Grundkorper k, sobetrachten wir Isometrieklassen regularer quadratischer Formen uber F mit

Werten in dem eindimensionalen Vektorraum ωF/k :=∧dimFΩ1

F/k Ω1F/k uber F.

Die Grothendieckgruppe der Isometrieklassen dieser quadratischen Formenmodulo der Untergruppe hyperbolischer Formen

W (F ) := W (F, ωF/k)

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2

ersetzt die Wittgruppe W (F ) des Korpers F. (Diese Gruppen besitzen imallgemeinen keine Ringstruktur mehr.)Besitzt F eine diskrete Bewertung v, so existiert fur diese Gruppen ein kano-nisch definierter, vom ublichen zweiten Randhomomorphismus abgeleiteter,Randhomomorphismus

δv : W (F )→ W (κ(x)),

welcher nun nicht mehr von der Wahl eines Primelements abhangt.In den Kapiteln 1 und 2 prazisieren wir obige Definition, konstruieren denRandhomomorphismus δv und etablieren das funktorielle Verhalten dieserWittgruppen bei Korpererweiterungen.Es stellt sich heraus, daß man fur endliche Korpererweiterungen E/F (je-weils endlich erzeugt uber dem Grundkorper k) eine kanonische KorestriktioncE/F : W (E) → W (F ) und fur separable (nicht notwendig endliche) Erwei-terungen E/F eine Restriktion rE/F hat, wobei bei letzterer die Zielgruppe

W (E) noch etwas modifiziert werden muß.Der abschließende Teil von Kapitel 2 ist dann dem Studium des Zusam-menspiels von Restriktion, Korestriktion und Randhomomorphismus bei Be-wertungsfortsetzungen gewidmet. Die hierbei erzielten Ergebnisse bilden dieGrundlage fur die geometrischen Anwendungen in den spateren Kapiteln.In Kapitel 3 definieren wir (unter Benutzung des Hauptergebnisses in [Et])das Objekt, welcher der Wittringhomologietheorie zu Grunde liegt:In Verallgemeinerung der am Anfang unserer Ausfuhrungen angesprochenenKonstruktion d : W (k(X)) →

⊕x∈X(1)

W (κ(x)), konstruieren wir mit Hilfe

der Daten des Funktors W auf einem beliebigen algebraischen k−Schema Xeinen Komplex der Form

0→⊕x∈X(n)

W (κ(x))dX−→

⊕x∈X(n−1)

W (κ(x))dX−→ ...

dX−→⊕x∈X(0)

W (κ(x))→ 0,

(n = dim(X)) den sogenannten Wittkomplex C∗(X; W ) auf X.In den beiden nachfolgenden Kapiteln untersuchen wir das funktorielle Ver-halten dieses Komplexes. Dazu etablieren wir nach Vorgabe eines Morphis-mus X → Y von algebraischen k−Schemata gewisse Abbildungen zwischenden Wittkomplexen auf X und Y. Zum Beispiel hat man fur einen Morphis-mus f : X → Y eine Push-forward-Abbildung

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3

f∗ : C∗(X; W )→ C∗(Y ; W ),

und ist f ein glatter Morphismus von der konstanten relativen Dimension n,so existiert eine Pull-back-Abbildung

f ∗ : C∗(Y ; W )→ C∗+n(X; W ,ΩnX/Y );

hierbei ist der Komplex C∗(X; W ) auf X mit dem Geradenbundel ΩnX/Y

’getwistet.’Die in Kapitel 2 erzielten Ergebnisse uber das Verhalten des Randhomo-morphismus bei Bewertungsfortsetzungen benutzen wir in Kapitel 5 um zuentscheiden, unter welchen Bedingungen an den Morphismus f die obigen Ab-bildungen Komplexmorphismen sind. Als Resultat erhalten wir zum Beispielfur die Homologiegruppen der jeweiligen Komplexe eigentliches Push-forwardund glattes Pull-back.Im abschließenden Kapitel beweisen wir eine wichtige Eigenschaft dieserTheorie, namlich die Homotopieinvarianz der Homologiegruppen des Witt-komplexes.Als Anwendung dieses Satzes erhalten wir eine vollstandige Ubersicht uberdie Homologiegruppen des Wittkomplexes aller affinen Raume von beliebigerDimension uber dem Korper k.Mit Hilfe dieses Ergebnisses berechnen wir abschließend die Homologiegrup-pen des Wittkomplexes projektiver Raume uber dem Korper k.Ich mochte mich an dieser Stelle ganz herzlich bei Herrn Dr.M. ROST fur dieAnregung zu dieser Arbeit und seine freundliche Unterstutzung bedanken.Ferner bedanke ich mich bei Herrn A. ETTNER fur zahlreiche hilfreicheGesprache. Ich bedanke mich bei Prof.Dr.G. TAMME, Dr.R. HUBL, Dr.Th.MOSER und M. BOCKES fur viele Anregungen und nutzliche Hinweise zuDetailfragen.

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Notationen und Konventionen:

Ist A ein kommutativer Ring mit 1 und H ein freier A−Modul vom Rang 1,so bezeichnen wir mit H0 die Menge der Basiselemente von H.Fur eine A−Algebra B derart, daß Ω1

B/A ein freier B− Modul von endlichem

Rang ist, bezeichnen wir die maximale außere Potenz von Ω1B/A immer mit

ωB/A.

Ist E ein Korper der Charakteristik p > 0, so bezeichnen wir mit Ep das Bildvon E unter dem absoluten Frobenius von E.

Ist F ein Korper der Charakteristik 6= 2 und φ eine regulare quadratischeForm uber F , so bezeichnen wir mit 〈φ〉 das von φ reprasentierte Elementim Wittring W (F ) von F.Ist E/F eine endliche Korpererweiterung und s : E → F eine von Nullverschiedene F−lineare Abbildung, so bezeichnen wir den Scharlau- Transferzum Funktional s mit s∗ : W (E)→ W (F ).

Alle in dieser Arbeit auftretenden Korper haben, so weit nichts anderes gesagtwird, eine von 2 verschiedene Charakteristik.

Mit (E/F )tr bezeichnen wir den Transzendenzgrad einer KorpererweiterungE/F.

Unter einer Bewertung eines Korpers F verstehen wir immer eine diskreteBewertung vom Rang 1. Ist v eine solche Bewertung, so bezeichnen wir mitOv den Bewertungsring von v; mit mv bezeichnen wir sein maximales Ideal.πv sei immer ein Primelement von v und κ(v) sei der Restklassenkorper vonOv.Arbeiten wir uber einem fixierten Grundkorper k, und ist F endlich erzeugtuber k, so sei eine Bewertung v von F (soweit nichts ausdrucklich anderesgesagt wird) zusatzlich immer von geometrischem Typ uber k; d.h. Ov ist dieLokalisierung einer endlich erzeugten, integren k−Algebra in einem regularenPunkt der Kodimension 1.

Ist X ein Schema und p ≥ 0, so bezeichnen wir mit X(p) die Menge aller

Punkte x ∈ X der Dimension dim(x) = p. Entsprechend bezeichnen wirmit X(d) die Menge aller Punkte x ∈ X der Kodimension codim(x, X) = d.

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Ist L ein Geradenbundel auf X, so sei fur einen Punkt x ∈ X L(x) dereindimensionale κ(x)−Vektorraum Lx ⊗OX,x κ(x).Ist f : X → Y ein Morphismus von Schemata und y ∈ Y , so bezeichnen wirmit Xκ(y) oder Xy die Faser von f in y, d.h. Xκ(y) = Xy ist das κ(y)−SchemaX ×Y Spec(κ(y)).

Abschließend erinnern wir an dieser Stelle an die folgende Definition:Eine endlich erzeugte Korpererweiterung E/F heißt separabel, falls E ei-ne separierende Transzendenzbasis B uber F besitzt, d.h. die ErweiterungE/F (B) ist separabel algebraisch und F (B)/F ist rein transzendent.

In der Arbeit machen wir freien Gebrauch von grundlegenden Tatsachenaus der kommutativen Algebra, der Theorie der Kahler-Differentiale (vgl.[Ku]), der Theorie der Schemata (vgl. EGA, [Ha]) und der quadratischenFormentheorie (vgl. [Sa]).

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1 Wittgruppen und Randabbildungen

1.1 Die Randabbildung fur den Wittring

(1.1.1) Es sei X ein integres algebraisches k−Schema und k(X) der Funk-tionenkorper von X.Wie in der Einleitung dieser Arbeit bereits angesprochen, ist ein Ziel dieserArbeit eine kanonische Randabbildung

d : W (k(X))→⊕x∈X(1)

W (κ(x))

zu etablieren; hierbei bezeichne W (k(X)) und W (κ(x)) die Wittgruppen derregularen quadratischen Formen uber k(X) bzw. κ(x) mit Werten in deneindimensionalen Vektorraumen ωk(X)/k bzw. ωκ(x)/k.

Um zu sehen, mit welchen Daten die Zuordnung F 7→ W (F ) ausgestattetwerden muß, um dies zu erreichen, rekapitulieren wir noch einmal im Detaildie Konstruktion einer solchen Randabbildung fur den ublichen Wittring.Ist X regular in der Kodimension 1, so definiert jeder Punkt x ∈ X(1) einediskrete Bewertung vx auf k(X) mit Restklassenkorper κ(x).

Allgemein hat man nun fur den Wittring W (F ) eines diskret bewertetenKorpers F mit (nicht notwendig geometrischer) Bewertung v nach Wahl einesPrimelements πv einen Gruppenhomomorphismus

δπv2 : W (F ) −→ W (κ(v))

〈a〉 7→

a

πv(a)v

⟩, falls v(a) ≡ 1 mod 2

0, falls v(a) ≡ 0 mod 2

(a ∈ F ∗), den sogenannten 2. Randhomomorphismus zum Primele-ment πv.

δπv2 hangt aber offenbar von der Wahl des Primelements πv ab.

(1.1.2) Bemerkung: Der Homomorphismus sπvv (〈a〉) := δπv2 (〈πv · a〉) :W (F )→ W (κ(v)) hangt hingegen nicht von der Wahl des Primelements ab

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1. Wittgruppen und Randabbildungen 7

und wird auch mit δv1 bezeichnet; es ist der sogenannte 1. Randhomomor-phismus zur Bewertung v.

Wahlen wir also zu jedem x ∈ X(1) ein Primelement πvx der zugehorigenBewertung auf k(X), so erhalten wir eine Randabbildung

d := (δπvx2 ) : W (k(X))→

⊕x∈X(1)

W (κ(x)).

(Beachte: Die entsprechende Konstruktion fur den ersten Randhomomorphis-mus (vgl. (1.1.2)) fuhrt ins direkte Produkt der W (κ(x)).)Ist nun X nicht mehr regular in der Kodimension 1, so hat man zur Definitionvon d die Normalisierung π : X → X zu betrachten.Ist x ∈ X(1), so definiert jeder Punkt y ∈ π−1(x) eine diskrete Bewertungvy auf k(X) mit Restklassenkorper κ(y). Nun ist aber i.a. κ(y) eine endlicheErweiterung von κ(x).Um also einen Homomorphismus von W (k(X)) → W (κ(x)) zu erhalten, istes also von noten δ

πvy2 mit einer Korestriktion cκ(y)/κ(x) : W (κ(y))→ W (κ(x))

zu komponieren.Fur den Wittring existiert eine solche Korestriktion i.a. aber nur nach Vorga-be eines von Null verschiedenen κ(x)− linearen Funktionals s : κ(y)→ κ(x).Die Wahl eines solchen Funktionals ist a priori nicht kanonisch gegeben.

Die Definition einer analogen, aber kanonischen Randabbildung

d : W (k(X))→⊕x∈X(1)

W (κ(x))

erfordert also die Zuordnung F 7→ W (F ) fur bewertete Korper mit einemkanonischen Randhomomorphismus auszustatten und fur endliche Korperer-weiterungen E/F eine kanonische Korestriktion cE/F : W (E) → W (F ) zukonstruieren.

(1.1.3) Bemerkung: Ist E/F eine endliche Korpererweiterung und bildenwir den separablen Abschluß Fs von F in E, so ist die kanonische Restrik-tionsabbildung rE/Fs : W (Fs) → W (E) ein Isomorphismus. Mit Hilfe desScharlau-Transfers zum Spurfunktional (trFs/F )∗ : W (Fs) → W (F ) erhaltman dann eine Korestriktion cE/F : W (E)→ W (F ) durch die Vorschrift

cE/F := (trFs/F )∗ r−1E/Fs

.

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8 1.2. Die Wittgruppe als homogener Raum

In [Mo], 3.4.1 ist gezeigt, daß diese Korestriktion kontravariant funktoriellfur endliche Korpererweiterungen ist.Dieser Vorgehensweise bedienen wir uns auch in Kapitel 2 bei der Konstruk-tion der Korestriktion fur F 7→ W (F ).

(1.1.4) Ist 〈Φ · h〉 ∈ W (k(X)) mit 〈Φ〉 ∈W (k(X)) und h ∈ ω0k(X)/k, so ist

(〈Φ〉 , h) ∈ W (k(X))× ω0k(X)/k und offenbar identifiziert sich dann W (k(X))

mit dem Quotientenraum von W (k(X))×ω0k(X)/k modulo der Diagonalaktion

von F ∗.

Im nachsten Abschnitt stellen wir einige allgemeine Tatsachen uber solcheQuotientenraume zusammen, die uns schließlich einen schlagkraftigen Kalkulfur quadratische Formen mit Werten in einem eindimensionalen Vektorraumliefern.Hiermit ist die Realisierung unserer oben gesteckten Ziele dann in Kapitel 2moglich.

1.2 Die Wittgruppe als homogener Raum

Wir beginnen zunachst ganz allgemein:Sei G eine abelsche Gruppe. Wir betrachten die Kategorie der G−Mengenmit den G−Abbildungen als Morphismen.

Das fur uns wichtigste Beispiel einer solchen Kategorie ist die Kategorie derF ∗−Mengen fur einen Korper F . So sind der Wittring W (F ) und H − 0fur einen F−Vektorraum H Objekte dieser Kategorie.

Wir definieren im Hinblick auf (1.1.4):

(1.2.1) Definition: Seien A und B G−Mengen.Dann sei A ⊗G B := A × B/ ∼, mit (a, b) ∼ (a′, b′) :⇐⇒ Es existiert einElement g ∈ G mit (a′, b′) = (ga, g−1b) fur a, a′ ∈ A und b, b′ ∈ B.

Bezeichnung: Die durch (a, b) in A ⊗G B reprasentierte Aquivalenzklassebezeichnen wir mit a⊗ b.

Ist A eine G−Menge und f : G → G′ ein Homomorphismus von abelschenGruppen, so ist A⊗G G′ vermoge g′ · (a⊗ h′) := a⊗ g′h′ eine G′−Menge.

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1. Wittgruppen und Randabbildungen 9

Alle fur uns notigen Tatsachen uber diese Bildungen sind in den nachfolgen-den zwei Lemmata zusammengefaßt.

(1.2.2) Lemma:

1. A ⊗G B wird durch g(a ⊗ b) := ga ⊗ b = a ⊗ gb fur g ∈ G, a ∈ A undb ∈ B zu einer G−Menge.

2. (universelle Eigenschaft)

Sind A,B und C G−Mengen und ist f : A×B → C eine Abbildung mitder Eigenschaft g · f(a, b) = f(ga, b) = f(a, gb) fur alle g ∈ G, a ∈ Aund b ∈ B, so existiert genau eine G−Abbildung h, so daß

kan

fh

C

A⊗G B

A×B

a⊗ b

(a, b)

kommutiert.

3. Man hat einen kanonischen Isomorphismus von G−Mengen

G⊗G A ∼= A.

4. Sind G,H abelsche Gruppen, die auf C vertraglich operieren (d.h. Cist G− und H−Menge mit g(hc) = h(gc) fur alle h ∈ H, g ∈ G, c ∈ C)und ist A eine G−Menge und B eine H−Menge, so hat man einenkanonischen Isomorphismus von G− und H−Mengen

A⊗G (C ⊗H B) ∼= (A⊗G C)⊗H B.

(1.2.3) Lemma: (Zusammenhang mit Tensorprodukten)

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10 1.2. Die Wittgruppe als homogener Raum

1. Es sei E/F eine Korpererweiterung und H ein F−Vektorraum derDimension 1. Dann hat man einen kanonischen Isomorphismus vonE∗−Mengen

(E ⊗F H)0 ∼= E∗ ⊗F ∗ H0.

2. Es sei O ein kommutativer Ring mit 1, F ein Korper, O → F einRinghomomorphismus und H ein freier O− Modul vom Rang 1. Dannhat man einen kanonischen Isomorphismus von F ∗−Mengen

(H ⊗O F )0 ∼= H0 ⊗O∗ F ∗.

Beachte: H0 ist in kanonischer Weise eine O∗−Menge.

(1.2.4) Definition: (Wittgruppe mit Werten in H)Es sei F ein Korper und H ein eindimensionaler F−Vektorraum.Dann sei W (F,H) := W (F )⊗F ∗ H0.

(1.2.5) Notiz:

1. W (F,H) besitzt eine Gruppenstruktur in der folgenden Weise:

〈φ〉 ⊗ h+ 〈ψ〉 ⊗ h := (〈φ〉+ 〈ψ〉)⊗ h;

dabei ist h ∈ H0 und 〈ψ〉 , 〈φ〉 ∈W (F ).

2. W (F,H) ist ein freier W (F )−Modul vom Rang 1.

W (F,H) heißt die Wittgruppe von F mit Werten in H.

Bemerkung: Ist 〈Φ〉 ⊗ h ∈ W (F,H), so ist Φ · h eine regulare quadratischeForm uber F mit Werten in H. Daher identifiziert sich W (F,H) mit derublichen Grothendieckgruppe der regularen quadratischen Formen uber Fmit Werten in H modulo der Untergruppe der hyperbolischen Formen mitWerten in H.Unser Zugang ermoglicht jedoch eine durchsichtigere Darstellung der funk-toriellen Eigenschaften dieser Gruppen (vgl. 2.1).

Wir haben nun einen kanonischen Randhomomorphismus in der folgendenWeise:

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1. Wittgruppen und Randabbildungen 11

(1.2.6) Definition: Es sei F ein Korper mit Bewertung v (nicht notwendiggeometrisch.)Dann setze

δπv2 (〈a〉)⊗ πv∗;〈a〉

W (κ(v), (mv/m2v)∗)W (F )δv :

dabei sei a ∈ F ∗, πv ein Primelement von v und πv∗ bezeichne die zu πv duale

Basis des eindimensionalen κ(v)−Vektorraums mv/m2v.

Es gilt:

(1.2.7) Lemma: δv hangt nicht von der Wahl des Primelements ab.

(1.2.8) Ist F ein Korper, so operiert aufgrund der Wittrelation 〈b2 · a〉 =〈a〉 fur alle a, b ∈ F ∗ die Gruppe der Quadratklassen Q(F ) := F ∗/F ∗2 aufW (F ).

Ist H ein 1-dimensionaler F−Vektorraum, so ist auch

Q(H) := H0 ⊗F ∗ Q(F )

eine Q(F )−Menge, und man stellt fest, daß Q(F ) auf Q(H) frei und transitivoperiert. Q(H) ist also ein sogenannter Q(F )−Torseur oder Q(F )−Modul.Wir definieren daher allgemein:

(1.2.9) Definition: Es sei F ein Korper. Eine Q(F )−Menge A auf derQ(F ) frei und transitiv operiert heißt Q(F )−Modul.

(1.2.10) Notiz: Nach (1.2.2) 3) ist W (F,H) = W (F )⊗Q(F ) Q(H).

Fur manche Falle (z.B. bei der Konstruktion der Korestriktion in (DW 2)im nachsten Kapitel) ist diese Sichtweise von W (F,H) notig.

Es steht nun alles bereit um unsere, bereits in der Einleitung erwahnte, Zu-ordnung F 7→ W (F ) exakt zu definieren und deren funktorielle Eigenschaftenzu etablieren.Dies geschieht jetzt in Kapitel 2.

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2 Der Funktor F 7−→ W (F )

2.1 Die Kategorien (Sch/Cfg/k) und (Cfg/k)

Wir legen zunachst die Kategorien fest, in denen wir uns nun bewegen.

Es sei k ein vollkommener Korper der Charakteristik 6= 2.

(2.1.1) Die Kategorie (Cfg/k) der ’Korper’ uber k sei folgendermaßenerklart:Die Objekte der Kategorie (Cfg/k) sind endlich erzeugte Korpererweiterun-gen F von k.Ein Morphismus φ : F → E in (Cfg/k) ist ein k−Homomorphismus vonKorpererweiterungen von k.

(2.1.2) Wir definieren nun die Kategorie (Sch/Cfg/k).Die Objekte von (Sch/Cfg/k) sind Schemata X, zusammen mit einem Struk-turmorphismus φ : X → Spec(F ), wobei F ∈ (Cfg/k) und φ von endlichemTyp ist.Morphismen in (Sch/Cfg/k) sind kommutative Diagramme f

φ

ψ

YX

Spec(F ),

dabei ist F ∈ (Cfg/k) und φ, ψ sind von endlichem Typ.

2.2 Der Funktor F 7→ W (F )

Wir definieren nun den Funktor, den wir im folgenden studieren wollen.

Fur ein F ∈ (Cfg/k) ist der F−Vektorraum Ω1F/k endlichdimensional und

daher haben wir zu jedem F ∈ (Cfg/k) den eindimensionalen F−VektorraumωF/k.

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2. Der Funktor F 7−→ W (F ) 13

(2.2.1) Definition: Es sei fur F ∈ (Cfg/k) W (F ) := W (F, ωF/k) (vgl.(1.2.5)), und ist zusatzlich H ein eindimensionaler F−Vektorraum, so sei

W (F,H) := (W (F )⊗F ∗ ωF/k0)⊗F ∗ H0.

Bemerkung: W (F ) interpretiert sich geometrisch als die Wittgruppe derregularen quadratischen Formen uber F mit Werten in dem eindimensionalenF−Vektorraum ωF/k.

Man hat somit eine Zuordnung F 7→ W (F ) von der Kategorie (Cfg/k) in dieKategorie der abelschen Gruppen.

Wir etablieren nun das funktorielle Verhalten von W .

(2.2.2) Es sei φ : F → E ein separabler Morphismus in (Cfg/k).Aufgrund der Separabilitat von E/F hat man eine exakte Sequenz von end-lichdimensionalen E−Vektorraumen

0→ Ω1F/k ⊗F E → Ω1

E/k → Ω1E/F → 0.

Diese induziert durch Ubergang zu den maximalen außeren Potenzen einenkanonischen Isomorphismus von eindimensionalen E−Vektorraumen

ωF/k ⊗F E ⊗E ωE/F∼=−→ ωE/k.

Ist also dF/ks1∧ ...∧dF/ksn eine F−Basis des 1−dimensionalen VektorraumsωF/k, und ist dE/F t1 ∧ ... ∧ dE/F tr eine E−Basis von ωE/F , so ist folglich

dE/ks1 ∧ ... ∧ dE/ksn ∧ dE/kt1 ∧ ... ∧ dE/ktr

eine E−Basis von ωE/k.Ist nun dE/F t

′1 ∧ ... ∧ dE/F t′r eine weitere E−Basis von ωE/F , so gibt es ein

e ∈ E∗ mit

dE/F t′1 ∧ ... ∧ dE/F t′r = e · dE/F t1 ∧ ... ∧ dE/F tr

und also gilt

e · dE/ks1 ∧ ... ∧ dE/ksn ∧ dE/kt1 ∧ ... ∧ dE/ktr =

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14 2.2. Der Funktor F 7→ W (F )

dE/ks1 ∧ ... ∧ dE/ksn ∧ dE/kt′1 ∧ ... ∧ dE/kt′r.

Diese Voruberlegung liefert uns einen wohldefinierten Morphismus

Q(φ∗) : Q(ωF/k)→ Q(ωE/k)⊗Q(E) Q(ωE/F )

von Moduln uber Q(F )→ Q(E).Weiter hat man einen kanonischen Pfeil i : Q(H)→ Q(H⊗F E) von Modulnuber Q(F )→ Q(E).Wir erhalten somit einen Gruppenhomomorphismus

φ∗ : W (F,H) −→ W (E, ωE/F ⊗F H)

durchφ∗ := rE/F ⊗Q(φ∗)⊗ i,

wobei rE/F die naturliche Restriktionsabbildung der Wittringe bezeichnet.

Bezeichnung: Wir bezeichnen φ∗ auch oft mit rE/F und nennen diese Ab-bildung Restriktion.

Beachte: Ist φ : F → E endlich, separabel, so erhalt man eine Restriktionφ∗ : W (F,H)→ W (E,H ⊗F E), da Ω1

E/F = 0 ist.Fur beliebige Korpererweiterungen hat man dagegen keine kanonische Re-striktionsabbildung.

Nochmals zusammengefaßt haben wir also:

(DW 1) Zu jedem separablen Morphismus φ : F → E in (Cfg/k) und jedemeindimensionalen F−Vektorraum H gibt es einen Gruppenhomomorphismus

φ∗ = rE/F : W (F,H)→ W (E, ωE/F ⊗F H).

Die Restriktion besitzt die folgende Funktorialitatseigenschaft.

(2.2.3) Proposition: Es seien φ : F → E und ψ : E → L separableMorphismen in (Cfg/k). Dann gilt:

(ψ φ)∗ = ψ∗ φ∗

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2. Der Funktor F 7−→ W (F ) 15

nach kanonischer Identifizierung der Zielgruppen.

Beweis: Definitionsgemaß ist (ψ φ)∗ durch die Abbildung

rL/F ⊗Q((ψ φ)∗)⊗ i

gegeben.Nun ist aber rL/F = rL/E rE/F auf Wittringniveau und i faktorisiert sichoffenbar in der Form

i

Q(H ⊗F L).H0 ⊗F ∗ Q(E)Q(H) = H0 ⊗F ∗ Q(F )

Wegen der Separabilitat von L/E hat man die exakte Sequenz

0→ Ω1E/F ⊗E L→ Ω1

L/F → Ω1L/E → 0.

Diese induziert einen kanonischen L−Vektorraumisomorphismus

ωL/F∼=−→ ωE/F ⊗E L⊗L ωL/E.

Mit diesem erhalt man fur Q((ψ φ)∗) eine Faktorisierung Q((ψφ)∗)

Q(ωL/k)⊗Q(ωL/E)⊗Q(ωE/F ).Q(ωE/k)⊗Q(ωE/F )Q(ωF/k)

Ersichtlich liefert dies die behauptete Formel. 2

(2.2.4) Es sei nun φ : F → E ein endlicher Morphismus in (Cfg/k) undH ein eindimensionaler F−Vektorraum. Wir konstruieren eine Korestriktion

φ∗ = cE/F : W (E,H ⊗F E)→ W (F,H).

Fur die Wittringe von E und F hat man gemaß (1.1.3) eine KorestriktioncE/F : W (E)→ W (F ).Ist E/F endlich, separabel, so ist ωE/k = ωF/k ⊗F E und nach (1.2.2) und

(1.2.3) ist dann W (E,H ⊗F E) = W (E)⊗F ∗ ω0F/k⊗F ∗H0 und in diesem Fall

definieren wir φ∗ durch das kommutative Diagramm

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16 2.2. Der Funktor F 7→ W (F ) φ∗kan

kan

(trE/F )∗⊗id

W (F )⊗F ∗ ω0F/k ⊗F ∗ H0.W (E)⊗F ∗ ω0

F/k ⊗F ∗ H0

W (F,H)W (E,H ⊗F E)

Wir konstruieren nun eine Korestriktion fur endliche, total inseparable Er-weiterungen.Es sei also φ : F → E endlich, total inseparabel, und es gelte zunachstEp ⊆ F. (Es ist dann E = F ( p

√a1, ..., p

√an) mit a1, ..., an ∈ F ∗.)

Aus Dimensionsgrunden sind die beiden nachfolgenden ersten fundamentalenexakten Sequenzen auch links exakt, namlich

0→ Ω1Ep/F p ⊗Ep F → Ω1

F/F p → Ω1F/Ep → 0

und

0→ Ω1F/Ep ⊗F E → Ω1

E/Ep → Ω1E/F → 0;

hieraus erhalt man die exakte Sequenz

(∗) 0→ Ω1Ep/F p ⊗Ep E → Ω1

F/F p ⊗F E → Ω1E/Ep → Ω1

E/F → 0.

Der absolute Frobenius Fr : E → E induziert einen Isomorphismus vonQ(E)−Moduln

Q(ωE/F )→ Q(ωEp/F p ⊗Ep E).

(Man beachte: Fr induziert keinen Isomorphismus der E−VektorraumeωE/F und ωEp/F p ⊗Ep E.)Berucksichtigt man, daß in kanonischer Weise Ω1

F/k = Ω1F/F p und Ω1

E/k =

Ω1E/Ep gilt, so erhalt man aus (∗) einen kanonischen Isomorphismus von

Q(E)−Moduln

Q(Fr, φ) : Q(ωF/k ⊗F E)∼=−→ Q(ωE/k).

cE/F : W (E)→ W (F ) erhalt man dann durch das kommutative Diagramm

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2. Der Funktor F 7−→ W (F ) 17 cE/Fid⊗Q(Fr,φ)−1

r−1E/F⊗id

W (E)⊗Q(F ) Q(ωF/k)

W (E)⊗Q(E) Q(ωF/k ⊗F E).W (E)⊗Q(E) Q(ωE/k)

W (F )W (E)

(Man beachte wieder (1.2.10), (1.2.2) und (1.2.3).)

Man hat also einen Isomorphismus cE/F : W (E)→ W (F ) und in ersichtlicherWeise dann auch einen, ebenso bezeichneten, Isomorphismus nach Tensorie-ren mit einem eindimensionalen Vektorraum H uber F :

cE/F : W (E,H ⊗F E)∼=−→ W (F,H).

Ist nun E/F endlich, total inseparabel und gilt nicht notwendig Ep ⊆ F, soexistiert wenigstens eine Filtrierung F := F0 ⊆ F1 ⊆ ... ⊆ Fk =: E, so daßFi/Fi−1 fur i = 1, ..., k jeweils endliche, total inseparable Korpererweiterun-gen sind, fur die jeweils F p

i ⊆ Fi−1 gilt (i = 1, ..., k).Es sei dann cE/F := cF1/F0 ... cFk/Fk−1

; hierbei sei cFi/Fi−1die gerade defi-

nierte Korestriktion.Mittels vollstandiger Induktion nach dem Grad der Korpererweiterung uber-legt man sich leicht, daß die so definierte Korestriktion fur endliche, totalinseparable Erweiterungen unabhangig von der Wahl einer solchen Filtrie-rung ist.

Allgemein fur eine beliebige endliche Erweiterung φ : F → E in (Cfg/k)bilden wir den separablen Abschluß Fs von F in E und erklaren

φ∗ : W (E,H ⊗F E)→ W (F,H)

als die Komposition der Korestriktion fur E/Fs und Fs/F.

Wir haben also:

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18 2.2. Der Funktor F 7→ W (F )

(DW 2) Ist φ : F → E ein endlicher Morphismus in (Cfg/k) und H ein ein-dimensionaler F−Vektorraum, so hat man einen Gruppenhomomorphismus

φ∗ = cE/F : W (E,H ⊗F E)→ W (F,H),

die sogenannte Korestriktion.

Diese besitzt die folgende Funktorialitatseigenschaft.

(2.2.5) Proposition: Es seien φ : F → E und ψ : E → L endlicheMorphismen in (Cfg/k).Dann gilt: (ψ φ)∗ = φ∗ ψ∗.

Beweis: In [Mo], 3.4.1 ist die in Frage stehende Funktorialitatsaussage furden Wittring bewiesen. Daher genugt es nach Definition der Korestriktion dieFunktorialitatsaussage fur die entsprechenden Abbildungen der Q−Modulnzu beweisen. Dies geschieht schrittweise:

1. Schritt: Es seien φ, ψ endlich, separabel.Hier ist die behauptete Funktorialitatsaussage offensichtlich.

2. Schritt: Es seien φ, ψ endlich, total inseparabel.(ψ φ)∗ = φ∗ ψ∗ liest man sofort aus der Definition der Korestriktion furendliche, total inseparable Erweiterungen ab (vgl. (2.2.4)).

3. Schritt: Es sei φ : F → E endlich, total inseparabel und ψ : E → Lendlich, separabel.Wegen Schritt 2 durfen wir [E : F ] = p annehmen. Es sei weiterhin Fs derseparable Abschluß von F in L.Wir haben also die folgende Situation:

sep

t.ins

t.ins

sep

ψφ

F.

Fs

L

E

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2. Der Funktor F 7−→ W (F ) 19

Es ist E = F ( p√a) mit a ∈ F ∗, und dann ist aufgrund der Separabilitat von

Fs/F

Fs ⊗F E = Fs(p√a) = L

und daher hat man die nachfolgenden kanonischen Identifizierungen

Ω1E/F ⊗E L = Ω1

E/F ⊗E (Fs ⊗F E) = Ω1L/Fs

und alsdann ein kommutatives Diagramm mit exakten Zeilen (vgl. DefinitionKorestriktion) !"#$%&'()*

0.Ω1E/F ⊗E LΩ1

E/k ⊗E LΩ1F/k ⊗F LΩ1

Ep/F p ⊗Ep L0

0Ω1L/Fs

Ω1L/kΩ1

Fs/k⊗Fs LΩ1

Lp/F ps⊗Lp L0

Hieraus folgt durch Ubergang zu den Q−Moduln die behauptete Funktoria-litat.

4. Schritt: Es seien φ : F → E und ψ : E → L beliebige endliche Erweite-rungen in (Cfg/k).

Es sei Fs der separable Abschluß von F in E, Es der separable Abschlußvon E in L und Hs der separable Abschluß von Fs in Es. Dann ist Hs derseparable Abschluß von F in L.

Zusammengefaßt haben wir also die Situation

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20 2.2. Der Funktor F 7→ W (F )+t.ins

,t.ins

-sep

.sep

/sep

0t.ins

E

F.

Fs

Es

L

Hs

Nun ist

cL/FDef.= cHs/F cL/Hs= (cFs/F cHs/Fs) (cEs/Hs cL/Es),

letzteres nach Schritt 1 und 2.Jetzt ist aber nach Schritt 3

cHs/Fs cEs/HsDef.= cEs/Fs= cE/Fs cEs/E

und damit erhalt man abschließend

cL/F = cFs/F cE/Fs︸ ︷︷ ︸=cE/F

cEs/E cL/Es︸ ︷︷ ︸=cL/E

.

Damit ist die Proposition bewiesen. 2

(2.2.6) Wir konstruieren nun den Randhomomorphismus zu einem be-werteten Korper fur den Funktor W . Dieser hangt im Gegensatz zum analo-gen Homomorphismus des Funktors Wittring nicht mehr von der Wahl einesPrimelements ab.Wir geben hier eine Konstruktion von Andreas Ettner wieder (vgl. [Et]).

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2. Der Funktor F 7−→ W (F ) 21

Es sei also F ∈ (Cfg/k) ein bewerteter Korper mit Bewertung v und H einfreier Ov−Modul vom Rang 1.Wir stellen zunachst fest:

(2.2.7) Lemma: Ω1Ov/k ist ein freier Ov−Modul vom Rang (F/k)tr;

und zwar gilt genauer: Ist πv ein Primelement der Bewertung v und istdκ(v)/ks1, ..., dκ(v)/ksn eine κ(v)−Basis von Ω1

κ(v)/k, so sind die Elemente

dOv/kπv, dOv/ks1, ..., dOv/ksn eine Ov−Basis von Ω1Ov/k; dabei sind s1, ..., sn ∈

O∗v Liftungen von s1, ..., sn ∈ κ(v)∗.

Dann ist nach (1.2.2) und (1.2.3)

W (F,H ⊗Ov F ) := W (F )⊗Ov∗ ωOv/k0 ⊗Ov∗ H0.

Mit δv (vgl. (1.2.6)) erhalten wir dann den Gruppenhomomorphismus

W (F )⊗Ov∗ ωOv/k0 δv⊗id−→ (W (κ(v))⊗κ(v)∗ mv/m2v∗0

)⊗Ov∗ ωOv/k0.

(H ist hier wieder weggelassen.)Die zweite fundamentale exakte Sequenz der Differentialformen fur die Si-tuation k → Ov → κ(v) liefert dann den kanonischen Isomorphismus

mv/m2v ⊗κ(v) ωκ(v)/k = ωOv/k ⊗Ov κ(v).

Damit erhalten wir wieder mit (1.2.2) und (1.2.3)

(W (κ(v))⊗κ(v)∗ mv/m2v∗0

)⊗Ov∗ ωOv/k0 = W (κ(v))⊗κ(v)∗ ωκ(v)/k0.

Zusammengenommen haben wir also einen Homomorphismus

δv : W (F,H ⊗Ov F )→ W (κ(v), H ⊗Ov κ(v)),

welcher offenbar folgende konkrete Beschreibung besitzt:

Ist πv ein Primelement von v und sind s1, ..., sn ∈ Ov∗ Elemente derart, daßdie Elemente dκ(v)/ks1, ..., dκ(v)/ksn eine κ(v)−Basis von Ω1

κ(v)/k bilden, so gilt

δv(〈φ〉 ⊗ dF/kπv ∧ dF/ks1 ∧ ... ∧ dF/ksn) = δπv2 (〈φ〉)⊗ dκ(v)/ks1 ∧ ... ∧ dκ(v)/ksn.

Diese Beschreibung werden wir im Laufe der Ausfuhrungen immer wiederbenutzen.

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22 2.3. Der Randhomomorphismus und Bewertungsfortsetzungen

Wir haben also das dritte Datum:

(DW 3) Ist F ∈ (Cfg/k), v eine Bewertung auf F undH ein freierOv−Modulvom Rang 1, so hat man einen Gruppenhomomorphismus

δv : W (F,H ⊗Ov F )→ W (κ(v), H ⊗Ov κ(v)).

2.3 Der Randhomomorphismus und Bewertungsfort-setzungen

Wir studieren nun den Zusammenhang zwischen Restriktion, Korestriktionund Randhomomorphismus.

Wir beginnen mit der folgenden Linearitatseigenschaft des Randhomomor-phismus:

(2.3.1) Lemma: Es sei v eine Bewertung auf F ∈ (Cfg/k), H ein freierOv−Modul vom Rang 1 und u eine v−Einheit.Dann gilt fur alle α ∈ W (F,H ⊗Ov F )

δv(u · α) = u · δv(α).

Beweis: Sei α = 〈a〉 ⊗ dF/kπv ∧ dF/ks1 ∧ ...∧ dF/ksn ⊗ h ∈ W (F,H ⊗Ov F )gegeben. Dabei ist 〈a〉 ∈ W (F ) eine eindimensionale Form, a ∈ F ∗, h ∈H0, πv ein Primelement von v, und s1, ..., sn ∈ O∗v sind Elemente mit derEigenschaft, daß dκ(v)/ks1, ..., dκ(v)/ksn eine Basis von Ω1

κ(v)/k bilden.

Dann ist nach Konstruktion des Randhomomorphismus (vgl. (2.2.6))

δv(u · α) = δπv2 (〈ua〉)⊗ dκ(v)/ks1 ∧ ... ∧ dκ(v)/ksn ⊗ h.Es sei oE. v(a) ≡ 1 mod 2. (Sonst steht auf beiden Seiten der behauptetenGleichheit Null.)

Nun ist δπv2 (〈ua〉) =

⟨ua

πv(ua)v

⟩=

⟨ua

πv(a)v

⟩= u

⟨a

πv(a)v

⟩= uδπv2 (〈a〉)

und also folgt das Lemma. 2

Fur Bewertungen auf einem Korper E ∈ (Cfg/k), deren Einschrankungenauf gewisse Teilkorper von E trivial sind, hat man die folgenden Aussagen.

(2.3.2) Lemma:

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2. Der Funktor F 7−→ W (F ) 23

1. Sei φ : F → E ein separabler Morphismus in (Cfg/k) und v ei-ne Bewertung auf E, welche auf F trivial ist, und es sei H ein 1-dimensionaler F−Vektorraum. Weiterhin sei der induzierte Morphis-mus φ : F → κ(v) ebenfalls separabel.

Dann gilt:

δv φ∗ = 0.

2. Es sei F ∈ (Cfg/k) und AkF = Spec(F [u1, ..., uk]) der k−dimensionaleaffine Raum uber F , und es sei φ : F → F (u1, ..., uk) der kano-

nische Morphismus und x ∈ AkF(1). Es sei v die zu x gehorige Be-

wertung auf F (u1, ..., uk). Es sei abschließend H ein 1-dimensionalerF−Vektorraum und φ : F → κ(v) der induzierte Morphismus (φ seinicht notwendig separabel). Dann gilt:

δv φ∗ = 0.

Beweis: 1) Sei α ∈ W (F,H) gegeben. Wir konnen wieder annehmen, daßα die Gestalt 〈a〉⊗dF/ks1∧ ...∧dF/ksn⊗h hat; dabei ist a ∈ F ∗, h ∈ H0 unds1, ..., sn eine separierende Transzendenzbasis von F/k.Da die Bewertung v auf F trivial ist, so ist v auch eine geometrische Bewer-tung uber F und also ist

φ∗(α) =

〈(−1)nφ(a)〉 ⊗ dE/kπv ∧ dE/ks1 ∧ ... ∧ dE/ksn ∧ dE/kt1 ∧ ... ∧ dE/ktr

⊗dE/Fπv ∧ dE/F t1 ∧ ... ∧ dE/F tr ⊗ h,

dabei ist πv ein Primelement von v und t1, ..., tr ∈ O∗v eine Liftung einerseparierenden Transzendenzbasis von κ(v)/F.Nach Konstruktion von δv ist dann

δv(α) =

δπv2 (〈(−1)nφ(a)〉)⊗ dκ(v)/ks1 ∧ ... ∧ dκ(v)/ksn ∧ dκ(v)/kt1 ∧ ... ∧ dκ(v)/ktr

⊗dOv/Fπv ∧ dOv/F t1 ∧ ... ∧ dOv/F tr ⊗ h.

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24 2.3. Der Randhomomorphismus und Bewertungsfortsetzungen

Nun ist δπv2 (〈(−1)nφ(a)〉) = 0, da v((−1)nφ(a)) ≡ 0 mod 2 gilt.

2) Sei α = 〈a〉 ⊗ dF/ks1 ∧ ... ∧ dF/ksn ⊗ h ∈ W (F,H) wie in 1) gegeben.Es sei abkurzend K := F (u1, ..., uk). Dann ist

φ∗(α) = 〈a〉⊗dK/ks1∧...∧dK/ksn∧dK/ku1∧...∧dK/kuk⊗dK/Fu1∧...∧dK/Fuk⊗h.

Da AkF glatt ist uber F, so ist dOv/ks1∧...∧dOv/ksn∧dOv/ku1∧...∧dOv/kuk eineOv−Basis des Ov−Moduls ωOv/k. Folglich existiert eine v−Einheit e ∈ O∗vmit

dOv/ks1 ∧ ... ∧ dOv/ksn ∧ dOv/ku1 ∧ ... ∧ dOv/kuk =

e · dOv/kπv ∧ dOv/kt1 ∧ ... ∧ dOv/ktn+k−1,

dabei ist πv ein Primelement der Bewertung v und t1, ..., tn+k−1 ∈ O∗v sindElemente derart, daß t1, ..., tn+k−1 eine separierende Transzendenzbasis vonκ(v)/k ist.Daher ist

φ∗(α) = 〈e · a〉⊗dK/kπv ∧dK/kt1∧ ...∧dK/ktn+k−1⊗dK/Fu1∧ ...∧dK/Fuk⊗h

und also nach Definition des Randhomomorphismus δv(φ∗(α)) = 0.2

(2.3.3) Definition: Es sei F ∈ (Cfg/k), v eine Bewertung von F, und Hsei ein freier Ov−Modul vom Rang 1. Es sei weiter πv ein Primelement vonv.Dann heißt sπvv : W (F,H ⊗Ov F )→ W (κ(v), H ⊗Ov κ(v)) mit

sπvv (α) := δv(πv · α)

fur alle α ∈ W (F,H ⊗Ov F ) der Spezialisierungshomomorphismus zumPrimelement πv von v.

Fur diesen Homomorphismus gilt:

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2. Der Funktor F 7−→ W (F ) 25

(2.3.4) Lemma: Sei φ : F → E ein separabler Morphismus in (Cfg/k)und v eine Bewertung auf E, welche auf F trivial ist, und es sei H ein1-dimensionaler F− Vektorraum. Es sei der von φ induzierte Morphismusφ : F → κ(v) ebenfalls separabel.Dann gilt:

sπvv φ∗ = (−1)n · φ∗fur ein beliebiges Primelement πv von v, nach Identifizierung mit dem durchπv induzierten Isomorphismus der Zielgruppen; dabei ist n der Transzendenz-grad von F uber k.

Beweis: Wir prazisieren zunachst die letzte Aussage:Die Zielgruppe von φ∗ ist W (κ(v), ωκ(v)/F ), wahrend die Zielgruppe von

sπvv φ∗ aber W (κ(v), ωOv/F ⊗Ov κ(v)) ist.Nun ist

ωOv/F ⊗Ov κ(v) = mv/m2v ⊗κ(v) ωκ(v)/F . (∗)

Das Primelement πv induziert einen Isomorphismus κ(v) ∼= mv/m2v.

(∗) induziert vermoge dieser Isomorphie einen κ(v)−Isomorphismus ωκ(v)/F∼=

ωOv/F ⊗ κ(v) und alsdann einen Isomorphismus der in Frage stehenden Ziel-gruppen.Diesen Isomorphismus halten wir fest.Sei nun α ∈ W (F,H) durch 〈a〉⊗dF/ks1∧ ...∧dF/ksn⊗h mit a ∈ F ∗, h ∈ H0

und s1, ..., sn eine separierende Transzendenzbasis von F/k gegeben.Dann ist wieder

φ∗(α) =

〈(−1)nφ(a)〉 ⊗ dE/kπv ∧ dE/ks1 ∧ ... ∧ dE/ksn ∧ dE/kt1 ∧ ... ∧ dE/ktr

⊗dE/Fπv ∧ dE/F t1 ∧ ... ∧ dE/F tr ⊗ h;

dabei ist t1, ..., tr eine separierende Transzendenzbasis von κ(v)/F.

Folglich ist

sπvv (φ∗(α)) =

δπv2 (〈(−1)n · πv · φ(a)〉)⊗ dκ(v)/ks1 ∧ ... ∧ dκ(v)/ksn ∧ dκ(v)/kt1 ∧ ... ∧ dκ(v)/ktr

⊗dOv/Fπv ∧ dOv/F t1 ∧ ... ∧ dOv/F tr ⊗ h =

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26 2.3. Der Randhomomorphismus und Bewertungsfortsetzungen

δπv2 (〈(−1)n · πv · φ(a)〉)⊗dκ(v)/ks1∧ ...∧dκ(v)/ksn∧dκ(v)/kt1∧ ...∧dκ(v)/ktr⊗π

⊗dκ(v)/F t1 ∧ ... ∧ dκ(v)/F tr ⊗ h.

Andererseits ist

φ∗(α) =⟨φ(a)

⟩⊗ dκ(v)/ks1 ∧ ... ∧ dκ(v)/ksn ∧ dκ(v)/kt1 ∧ ... ∧ dκ(v)/ktr

⊗dκ(v)/F t1 ∧ ... ∧ dκ(v)/F tr ⊗ h.

Nun ist

δπv2 (〈(−1)n · πv · φ(a)〉) =⟨

(−1)nφ(a)⟩,

und beachtet man obige Identifizierung, so folgt dann die Behauptung. 2

Wir untersuchen nun die Vertraglichkeit von Restriktion und Korestriktionmit dem Randhomomorphismus. Die hierbei erzielten Ergebnisse sind fun-damental fur die geometrischen Anwendungen in den spateren Kapiteln.

(2.3.5) Satz: Es sei φ : F → E ein separabler Morphismus in (Cfg/k),und es sei v eine Bewertung auf F. w sei eine Bewertung auf E, welche vfortsetzt mit Verzweigungsindex 1. Es sei weiterhin H ein freier Ov−Modulvom Rang 1 und φ : κ(v) → κ(w) sei der induzierte Homomorphismus derRestklassenkorper in (Cfg/k); dieser sei ebenfalls separabel.Dann kommutiert das Diagramm1 δw2

φ∗

3δv

4φ∗

W (κ(v), H ⊗Ov κ(v))W (F,H ⊗Ov F )

W (κ(w), ωκ(w)/κ(v) ⊗Ov H)W (E, ωE/F ⊗Ov H)

d.h. es gilt:

δw φ∗ = φ∗ δv.

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2. Der Funktor F 7−→ W (F ) 27

Beweis: Es ist dimEΩ1E/F = (E/F )tr. Da w und v Bewertungen von geo-

metrischem Typ auf E bzw. F sind, so erhalt man (E/F )tr = (κ(w)/κ(v))trund somit dimEΩ1

E/F = dimκ(w)Ω1κ(w)/κ(v).

Nach [Ku], 6.5 hat man eine exakte Sequenz

0→ mw/(m2w + mvOw)→ Ω1

Ow/Ov ⊗Ow κ(w)→ Ω1κ(w)/κ(v) → 0,

dabei bezeichnet mv bzw. mw das maximale Ideal von Ov bzw. Ow. Aufgrundder Unverzweigtheit der Bewertungsfortsetzung liefert diese Sequenz einenIsomorphismus von κ(w)−Vektorraumen56

dκ(w)/κ(v)t.dOw/Ovt⊗ 1

Ω1κ(w)/κ(v)Ω1

Ow/Ov ⊗Ow κ(w)

Da außerdem Ω1Ow/Ov⊗OwE = Ω1

E/F gilt, so ist Ω1Ow/Ov ein freier Modul uber

Ow vom Rang (κ(w)/κ(v))tr, denn ist t1, ..., tr ∈ O∗w ein System von Elemen-ten derart, daß t1, ..., tr eine separierende Transzendenzbasis von κ(w)/κ(v)bildet, so ist dOw/Ovt1, ..., dOw/Ovtr eine Ow−Basis von Ω1

Ow/Ov .Also ist δw in obigem Diagramm wohldefiniert.Wir rechnen nun die Kommutativitat nach.Es sei α ∈ W (F,H ⊗Ov F ) beliebig. Es seien s1, ..., sn ∈ O∗v Elemente derart,daß s1, ..., sn ∈ κ(v) eine separierende Transzendenzbasis von κ(v)/k bilden.Es sei weiterhin πv ein Primelement von v und h ein Basiselement von H.Es ist dann α = 〈φ〉 ⊗ dF/kπv ∧ dF/ks1 ∧ ...∧ dF/ksn⊗ h. Es sei oE. 〈φ〉 = 〈a〉mit a ∈ F ∗.Zunachst sei v(a) ≡ 1 mod 2.Dann ist

φ∗ δv(〈a〉 ⊗ dF/kπv ∧ dF/ks1 ∧ ... ∧ dF/ksn ⊗ h) =

φ∗(

⟨a

πv(a)v

⟩⊗ dκ(v)/ks1 ∧ ... ∧ dκ(v)/ksn ⊗ h) =

⟨φ(a)

φ(πv)v(a)

⟩⊗ dκ(w)/ks1 ∧ ... ∧ dκ(w)/ksn ∧ dκ(w)/kt1 ∧ ... ∧ dκ(w)/ktr

⊗dκ(w)/κ(v)t1 ∧ ... ∧ dκ(w)/κ(v)tr ⊗ h,

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28 2.3. Der Randhomomorphismus und Bewertungsfortsetzungen

dabei sind t1, ..., tr ∈ O∗w derart, daß die Elemente t1, ..., tr ∈ κ(w)∗ eineseparierende Transzendenzbasis von κ(w)/κ(v) bilden.Andererseits ist

δw φ∗(〈a〉 ⊗ dF/kπv ∧ dF/ks1 ∧ ... ∧ dF/ksn ⊗ h) =

δw(〈φ(a)〉 ⊗ dE/kπv ∧ dE/ks1 ∧ ... ∧ dE/ksn ∧ dE/kt1 ∧ ... ∧ dE/ktr⊗dE/F t1 ∧ ... ∧ dE/F tr ⊗ h) =⟨

φ(a)

πw(φ(a))v

⟩⊗ dκ(w)/ks1 ∧ ... ∧ dκ(w)/ksn ∧ dκ(w)/kt1 ∧ ... ∧ dκ(w)/ktr

⊗dκ(w)/κ(v)t1 ∧ ... ∧ dκ(w)/κ(v)tr ⊗ h.

Nun ist wegen e(w | v) = 1 πv ebenfalls ein Primelement von w, und es giltw(φ(a)) = v(a). Also kommutiert das Diagramm in diesem Fall.Ist v(a) ≡ 0 mod 2, so ist (φ∗ δv)(α) = (δw φ∗)(α) = 0. Damit ist der Satzbewiesen. 2

Korestriktion und Randhomomorphismus verbindet der folgende Satz.

(2.3.6) Satz: Es sei φ : F → E ein endlicher Morphismus in (Cfg/k) undes sei v eine Bewertung auf F. Es seien w1, ..., wn die Fortsetzungen von vauf E und φwi : κ(v)→ κ(wi) die induzierten Pfeile der Restekorpererweite-rungen.Es sei weiterhin H ein freier Ov−Modul vom Rang 1.Dann kommutiert das Diagramm7 (δwi )8

φ∗

9δv

:nPi=1

φ∗wi

W (κ(v), H ⊗Ov κ(v));W (F,H ⊗Ov F )

n⊕i=1

W (κ(wi), H ⊗Ov κ(wi))W (E,H ⊗Ov E)

m.a.W.: Es gilt

δv φ∗ =∑wi|v

φ∗wi δwi .

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2. Der Funktor F 7−→ W (F ) 29

Dem Beweis dieses Satzes schicken wir zwei Tatsachen voraus. Zunachst dasfolgende, leicht zu sehende, Lemma uber Spuren.

(2.3.7) Lemma:

1. Es sei B eine endliche, freie A−Algebra uber einem kommutativen RingA mit 1 und A ⊂ A′ eine Ringerweiterung. Es sei B′ = B ⊗A A′ dieBasiserweiterung. Dann kommutiert das Diagramm;< trB′/A′=>

trB/A

?A.Bb

A′B′b⊗ 1

2. Sind B1, ..., Br endliche, freie A−Algebren und B :=r∏i=1

Bi, so ist

trB/A(b1, ..., br) =r∑i=1

trBi/A(bi),

fur bi ∈ Bi und i = 1, ..., r.

(2.3.8) Bemerkung: Es sei K ∈ (Cfg/k) ein Korper, versehen mit einergeometrischen Bewertung v.Es sei Kv die Henselisierung von K bezuglich v. Kv ist ein bewerteter Korpermit Bewertung v und es gilt e(v | v) = 1.v ist jedoch i.a. keine geometrische Bewertung, da Kv i.a. nicht endlich er-zeugt uber k ist.Nach Definition der Henselisierung ist Kv/K separabel algebraisch, so daßwir die Beziehung

Ω1Ov/k ⊗Ov Kv = Ω1

Kv/k

haben.Wegen mv/m

2v = mv/m

2v gilt außerdem in kanonischer Weise

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30 2.3. Der Randhomomorphismus und Bewertungsfortsetzungen

mv/m2v ⊗κ(v) ωκ(v)/k = ωOv/k ⊗Ov κ(v).

Wir erhalten so analog zu (2.2.6) einen Randhomomorphismus

δv : W (Kv, H ⊗Kv)→ W (κ(v), H ⊗ κ(v))

mit δv(〈a〉 ⊗ dKv/kπv ∧ dKv/ks1 ∧ ... ∧ dKv/ksn ⊗ h) =

δπv2 (〈a〉)⊗ dκ(v)/ks1 ∧ ... ∧ dκ(v)/ksn ⊗ h;

dabei ist πv ein Primelement von v, h ∈ H0, a ∈ K∗v und s1, ..., sn ∈ Ov∗ sindLiftungen einer separierenden Transzendenzbasis von κ(v)/k.Offenbar ist auch eine kanonische Restriktion rKv/K definiert, so daß insbe-sondere (2.3.5) fur den Morphismus K → Kv gilt.

Beweis von (2.3.6): Wir gehen in mehreren Schritten vor.

1. Schritt: Wir zeigen zunachst fur jeden Zwischenkorper M von E/F : Istder Satz fur E/M und fur M/F richtig, so ist er auch fur E/F richtig.Sei dazu v eine Bewertung wie im Satz. Seien u1, ..., ul die Fortsetzungen vonv auf M. Fur i = 1, ..., l seien wi1, ..., wini die Fortsetzungen von ui auf E.Wir betrachten das Diagramm@ (δwij )A

(δui )

Bδv

CcE/M

DcM/F

EniPj=1

cκ(wij)/κ(ui)

FlPi=1

cκ(ui)/κ(v)

GcE/F

HPi,jcκ(wij)/κ(v)

W (κ(v), H ⊗ κ(v)).W (F,H ⊗ F )

l⊕i=1

W (κ(ui), H ⊗ κ(ui))W (M,H ⊗M)

l⊕i=1

ni⊕j=1

W (κ(wij), H ⊗ κ(wij))W (E,H ⊗ E)

Nimmt man an, daß der Satz fur M/F gilt, so kommutiert das untere Recht-eck des Diagramms. Nimmt man an, daß der Satz fur E/M gilt, so kommu-tiert das obere Rechteck, weil es in jeder Komponente i kommutiert.

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2. Der Funktor F 7−→ W (F ) 31

Da der linke bzw. rechte Bogen aufgrund der Funktorialitatseigenschaftender Korestriktion kommutiert (vgl. (2.2.5)) und da die wij offenbar genaudie Fortsetzungen von v auf E sind, ist damit das Gewunschte gezeigt.

2. Schritt: Indem wir die Korpererweiterung E/F in eine separable undeine total inseparable Erweiterung zerlegen, so genugt es also nach dem 1.Schritt die Behauptung des Satzes fur endlich, separable und endlich, totalinseparable Korpererweiterungen E/F zu beweisen.Sei also zunachst φ : F → E endlich, total inseparabel und v eine Bewertungauf F.Wiederum nach Schritt 1 durfen wir [E : F ] = p annehmen.Es existiert genau eine Bewertungsfortsetzung w von v auf E, und es gilte(w | v) = p oder e(w | v) = 1.Außerdem ist die Restekorpererweiterung φ : κ(v) → κ(w) ebenfalls totalinseparabel.Es sei zunachst e(w | v) = p.Da v eine geometrische Bewertung ist, so gilt die fundamentale Gleichung

[E : F ] = p · [κ(w) : κ(v)].

Daher ist κ(w) = κ(v), und wir haben also die Kommutativitat des Dia-gramms I

δw

Jδv

KcE/F

W (F )

W (κ(v))

W (E)

zu beweisen.(Da der Modul H beim Beweis des Satzes keine Rolle spielt, lassen wir ihnab jetzt weg.)Es genugt die Kommutativitat des in Frage stehenden Diagramms auf Ele-menten der Form

α = 〈a〉 ⊗ dE/kπw ∧ dE/ks1 ∧ ... ∧ dE/ksn ∈ W (E)

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32 2.3. Der Randhomomorphismus und Bewertungsfortsetzungen

zu beweisen; hierbei ist a ∈ E∗, πw ein Primelement von w und s1, ..., sn ∈ O∗wsind Liftungen einer separierenden Transzendenzbasis s1, ..., sn ∈ κ(w)∗ vonκ(w)/k.Ist w(a) ≡ 0 mod 2, so ist δw(α) = 0.Ist w(a) ≡ 1 mod 2, so ist

δw(α) =

⟨a

πw(a)w

⟩⊗ dκ(w)/ks1 ∧ ... ∧ dκ(w)/ksn

=

⟨ap

πpw(a)w

⟩⊗ dκ(w)/ks1 ∧ ... ∧ dκ(w)/ksn.

Nach [Ku], 6.7 hat man einen kanonischen κ(w)−Vektorraumisomorphismus

mw/m2w

∼=−→ Ω1Ow/Ov ⊗Ow κ(w).

Daher ist Ω1Ow/Ov ein freier Ow−Modul vom Rang 1 mit Basis dOw/Ovπw.

Damit erhalt man nach Definition von cE/F (vgl. (2.2.4)):

cE/F (α) = 〈ap〉 ⊗ dF/kπpw ∧ dF/ks1 ∧ ... ∧ dF/ksn.

(Beachte: κ(w) = κ(v))Da πpw ein Primelement von v ist, so ergibt sich:

δv(cE/F (α)) =

=

0, fur v(ap) ≡ 0 mod 2⟨

ap

πpv(ap)w

⟩⊗ dκ(v)/ks1 ∧ ... ∧ dκ(v)/ksn, fur v(ap) ≡ 1 mod 2.

Wegen v(ap) = w(a) ist daher die Kommutativitat des Diagramms in diesemFall gezeigt.

Nun sei e(w | v) = 1.Dann ist [E : F ] = [κ(w) : κ(v)] = p und also dimκ(w)Ω

1κ(w)/κ(v) = 1 und

dimEΩ1E/F = 1.

Nach [Ku], 6.7 hat man einen kanonischen Isomorphismus eindimensionalerκ(w)−Vektorraume

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2. Der Funktor F 7−→ W (F ) 33

Ω1Ow/Ov ⊗Ow κ(w)

∼=−→ Ω1κ(w)/κ(v).

Ω1Ow/Ov ist also wieder ein freier Ow−Modul vom Rang 1 mit Ow−Basis

dOw/Ovs; hierbei ist s ∈ O∗w eine Liftung eines Elements s ∈ κ(w)∗ mitdκ(w)/κ(v)s 6= 0.Dann gilt fur ein Element

α = 〈a〉 ⊗ dE/kπw ∧ dE/ks ∧ dE/ki1 ∧ ... ∧ dE/kir ∈ W (E)

mit a ∈ E∗, s ∈ O∗w mit dκ(w)/κ(v)s 6= 0 und i1, ..., ir ∈ O∗v nach Definitionvon cE/F

cE/F (α) = 〈ap〉 ⊗ dF/kπw ∧ dF/ksp ∧ dF/ki1 ∧ ... ∧ dF/kirund alsdann

δv(cE/F (α)) =

=

0, fur v(ap) ≡ 0 mod 2⟨

ap

πv(ap)w

⟩⊗ dκ(v)/ks

p ∧ dκ(v)/ki1 ∧ ... ∧ dκ(v)/kir, fur v(ap) ≡ 1 mod 2;

man beachte hierbei, daß πw ebenfalls ein Primelement von v ist.

Weiter ist

cκ(w)/κ(v)(δw(α)) =

=

0, fur w(a) ≡ 0 mod 2⟨

ap

πpw(a)w

⟩⊗ dκ(v)/ks

p ∧ dκ(v)/ki1 ∧ ... ∧ dκ(v)/kir, fur w(a) ≡ 1 mod 2.

Da w(a) genau dann gerade ist, wenn dies auch v(ap) ist, so kommutiert dasentsprechende Diagramm auch fur den Fall e(w | v) = 1.

3. Schritt: Nun sei E/F endlich, separabel.Es sei Fv die Henselisierung von F bezuglich v. Fv ist ein bewerteter Korpermit Bewertung v, und es gilt e(v | v) = 1 und κ(v) = κ(v).Es seien weiterhin Ewi die Henselisierungen von E bezuglich der Bewertungenwi.

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34 2.3. Der Randhomomorphismus und Bewertungsfortsetzungen

Dann sind die Erweiterungen Ewi/Fv alle separabel, und es gilt

E ⊗F Fv =∏wi|v

Ewi .

Wir erhalten damit den folgenden Wurfel:L δwiMrEwi/E

N(δwi )

OPδv

QrFv/F

Rδv

STPcκ(wi)/κ(v)

UPcκ(wi)/κ(v)

VcE/F

WPcEwi/Fv

W (κ(v), H ⊗ κ(v)).W (F,H ⊗ F )

W (κ(v), H ⊗ κ(v))W (Fv, H ⊗ Fv)

n⊕i=1

W (κ(wi), H ⊗ κ(wi))W (E,H ⊗ E)

n⊕i=1

W (κ(wi), H ⊗ κ(wi))n⊕i=1

W (Ewi , H ⊗ Ewi)

In diesem Wurfel kommutiert die rechte Seitenflache trivialerweise, Bodenund Deckel kommutieren nach (2.3.5) und (2.3.8).Wir zeigen nun die Kommutativitat der linken Seitenflache.Wir haben dazu die Formel

(1) rFv/F cE/F =∑wi|v

cEwi/Fv rEwi/E

zu beweisen.Im Hinblick auf die Gruppenstruktur von W stellt man fest, daß (1) aus derfolgenden Aussage (2) uber das funktorielle Verhalten des Wittrings folgt:

(2) rFv/F cE/F =∑wi|v

cEwi/Fv rEwi/E : W (E)→ W (Fv);

dabei bezeichnet r die naturliche Restriktion und c den Scharlau-Transferzum Spurfunktional.

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2. Der Funktor F 7−→ W (F ) 35

Nach dem Spurlemma (2.3.7) 1) gilt trE⊗FFv(x⊗1) = trE/F (x) fur alle x ∈ Eund also ist trE/F ⊗ idFv = trE⊗FFv/Fv .Nun ist wie bereits festgestellt E ⊗F Fv =

∏Ewi und wieder folgt aus dem

Spurlemma (2.3.7) 2) trEwi/Fv = trE⊗FFv/Fv | Ewi .Daher ist (2) gerade die Aussage des Satzes 2.2 in [Ar]. Somit kommutiertauch die linke Seitenflache des Wurfels.Um also die Kommutativitat der Vorderseite einzusehen, genugt es die Kom-mutativitat der Ruckseite zu beweisen.

Wir durfen also F als henselsch mit Bewertung v und alsdann E als henselschmit Bewertung w und E/F als separabel annehmen.Wir beweisen nun die Aussage des Satzes fur eine unverzweigte Erweiterungmit separabler Restekorpererweiterung und fur eine total verzweigte Erwei-terung, deren Verzweigungsindex nicht von p = char(k) geteilt wird.Dies wird in den beiden folgenden Schritten erledigt.

4. Schritt: Es sei nun φ : F → E endlich, separabel und F henselsch mitBewertung v. w sei die eindeutig bestimmte Fortsetzung von v auf E. w | vsei unverzweigt.Dann ist [E : F ] = [κ(w) : κ(v)].Ist Ov der diskrete Bewertungsring von v, so ist der diskrete BewertungsringOw von w der ganze Abschluß von Ov in E.Es gelten die folgenden Tatsachen:

1. Ow ist ein freier Ov−Modul vom Rang [E : F ]

2. Ow ⊗Ov κ(v) = Ow/mvOw = κ(w)

3. Ow ⊗Ov F = E.

Es sei nun s ∈ O∗w beliebig vorgegeben. Wir setzenXYsx2x

OwOwΦ :

und Z[trOw/Ov(sx

2).x

OvOwΦ := trOw/Ov Φ :

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36 2.3. Der Randhomomorphismus und Bewertungsfortsetzungen

Φ ist eine regulare quadratische Form uber Ov.Φ und Φ induzieren regulare Formen auf dem E− bzw. F−Vektorraum Eund auf dem κ(w)− bzw. κ(v)−Vektorraum κ(w), namlich\]

sx2 ⊗ y2x⊗ y

EOw ⊗Ov F = EΦOw⊗OvF :^_sx2 ⊗ y2x⊗ y

κ(w)Ow ⊗Ov κ(v) = κ(w)ΦOw⊗Ovκ(v) :`atrOw/Ov(sx

2)y2x⊗ y

Ov ⊗Ov F = FOw ⊗Ov F = EΦF :

und bctrOw/Ov(sx

2)y2.x⊗ y

Ov ⊗Ov κ(v) = κ(v)Ow ⊗Ov κ(v) = κ(w)Φκ(v) :

Aus (2.3.7) erhalt man uber diese Formen folgende Aussagen:

1. ΦF = trOw⊗OvF/F ΦOw⊗OvF

2. Φκ(v) = trOw⊗Ovκ(v)/κ(v) ΦOw⊗Ovκ(v).

Mit diesen Aussagen zeigen wir die Kommutativitat des Diagrammsd δweδv

fcE/F

gcκ(w)/κ(v)

W (κ(v)).W (F )

W (κ(w))W (E)

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2. Der Funktor F 7−→ W (F ) 37

Es sei also α = 〈φ〉⊗dF/kπv∧dF/ks1∧...∧dF/ksn ∈ W (E) beliebig vorgegeben.Es sind wie ublich hierbei s1, ..., sn ∈ O∗v Elemente derart, daß s1, ..., sn ei-ne separierende Transzendenzbasis von κ(v)/k bilden, und weiter sei πv einPrimelement von v.πv ist dann auch ein Primelement von w.Offenbar durfen wir 〈φ〉 = 〈s〉 oder 〈φ〉 = 〈sπv〉 mit s ∈ O∗w annehmen.

Es sei zunachst 〈φ〉 = 〈s〉 .

Es ist dann δw(α) = 0.Mit obigen Bezeichnungen ist 〈s〉 =

⟨ΦOw⊗OvF

⟩und nach 1) geht diese Form

unter cE/F auf ΦF .Also ist insgesamt

cE/F (α) = cE/F (⟨ΦOw⊗OvF

⟩⊗ dF/kπv ∧ dF/ks1 ∧ ... ∧ dF/ksn)

=⟨

ΦF

⟩⊗ dF/kπv ∧ dF/ks1 ∧ ... ∧ dF/ksn.

Da aber nach Konstruktion ΦF uber Ov definiert ist, laßt ΦF eine Diagona-lisierung mit Elementen aus O∗v zu. Also ist δv(cE/F (α)) = 0.Somit kommutiert das in Frage stehende Diagramm fur 〈φ〉 = 〈s〉 .

Nun sei 〈φ〉 = 〈sπv〉 .

Es ist 〈sπv〉 =⟨ΦOw⊗OvF · πv

⟩. Nach 1) ist wieder cE/F (

⟨ΦOw⊗OvF · πv

⟩) =⟨

ΦF · πv⟩

.

Also ist

cE/F (⟨ΦOw⊗OvF · πv

⟩⊗ dF/kπv ∧ dF/ks1 ∧ ... ∧ dF/ksn) =⟨

ΦF · πv⟩⊗ dF/kπv ∧ dF/ks1 ∧ ... ∧ dF/ksn.

Nun ist

δv(⟨

ΦF · πv⟩⊗dF/kπv∧dF/ks1∧...∧dF/ksn) =

⟨Φκ(v)

⟩⊗dκ(v)/ks1∧...∧dκ(v)/ksn.

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38 2.3. Der Randhomomorphismus und Bewertungsfortsetzungen

Andererseits ist

δw(⟨ΦOw⊗OvF · πv

⟩⊗ dF/kπv ∧ dF/ks1 ∧ ... ∧ dF/ksn) =⟨

ΦOw⊗Ovκ(v)

⟩⊗ dκ(v)/ks1 ∧ ... ∧ dκ(v)/ksn.

Nach 2) ist cκ(w)/κ(v)(⟨ΦOw⊗Ovκ(v)

⟩) =

⟨Φκ(v)

⟩.

Also hat man abschließend

cκ(w)/κ(v)(⟨ΦOw⊗Ovκ(v)

⟩⊗ dκ(v)/ks1 ∧ ... ∧ dκ(v)/ksn) =⟨

Φκ(v)

⟩⊗ dκ(v)/ks1 ∧ ... ∧ dκ(v)/ksn.

Damit kommutiert das in Frage stehende Diagramm auch in diesem Fall, undalso ist der 4. Schritt erledigt.

5. Schritt: Es sei nun φ : F → E endlich, separabel (F wie ublich hen-selsch) mit Bewertung v und w die eindeutige Fortsetzung von v auf E. DieErweiterung sei totalverzweigt, d.h. es gelte e(w | v) = [E : F ].Dann ist κ(w) = κ(v), und wir haben die Kommutativitat des Diagrammsh

δw

iδv

jcE/F W (κ(v))

W (F )

W (E)

zu beweisen.Wir betrachten in diesem Schritt den Fall char(k) - e(w | v).Es sei πw ein Primelement von w und πv ein Primelement von v. Dann gibtes ein ε ∈ O∗w mit επw

e = πv. Durch Multiplikation von πv mit einer Einheitin F , welche zu ε−1 kongruent ist, kann man annehmen, daß ε = 1 ist. DasPolynom T e− ε hat nach dem Henselschen Lemma eine Nullstelle ε′ in E. Es

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2. Der Funktor F 7−→ W (F ) 39

ist dann πv = (πwε′)e. Ersetzen wir πw durch πwε

′, so konnen wir annehmen,daß πew = πv gilt.Aufgrund von κ(w) = κ(v) und dem Henselschen Lemma gilt fur jede Form〈s〉 ∈W (E) mit s ∈ O∗w 〈s〉 = 〈t〉 in W (E) mit einer Einheit t ∈ O∗v.Weiter ist E = F (πw) und also ist 1, πw, ..., π

e−1w eine F−Basis von E.

Es sei s : E → F das durch s(1) = 1 und s(πiw) = 0 fur 1 ≤ i ≤ e − 1definierte, von Null verschiedene, lineare Funktional.Fur das Spurfunktional trE/F : E → F gilt definitionsgemaß trE/F (1) = eund trE/F (πi) = 0 fur 1 ≤ i ≤ e− 1.Also gilt s(e · x) = trE/F (x) fur alle x ∈ E.Beachte: char(k) ist kein Teiler von e.Somit gilt fur den Scharlau-Transfer zu diesen beiden Funktionalen

s∗(e · 〈φ〉) = trE/F ∗(〈φ〉)

fur alle Elemente 〈φ〉 ∈W (E).Mit Hilfe dieser Voruberlegungen beweisen wir jetzt die Kommutativitat desin Frage stehenden Diagramms.

1. Fall: e(w | v) ≡ 1 mod 2.

Nach [Sa], 2, 5.8 gilt dann s∗(〈1〉) = 〈1〉 und also trE/F ∗(〈1〉) = 〈e〉 .Es sei α = 〈φ〉 ⊗ dF/kπv ∧ dF/ks1 ∧ ... ∧ dF/ksn ∈ W (E) beliebig vorgegeben.Es sind wie ublich hierbei s1, ..., sn ∈ O∗v Elemente derart, daß s1, ..., sn eineseparierende Transzendenzbasis von κ(v)/k bilden.Aufgrund obiger Voruberlegungen genugt es zum Beweis der Kommutativitatdie Falle 〈φ〉 = 〈s〉 mit s ∈ O∗v und 〈φ〉 = 〈sπv〉 mit s ∈ O∗v und πv wie obenzu betrachten.

Es sei zunachst 〈φ〉 = 〈s〉 .Dann ist

δw(α) = δw(〈s〉 ⊗ dE/kπew ∧ dE/ks1 ∧ ... ∧ dE/ksn)

= δw(〈es〉 ⊗ dE/kπw ∧ dE/ks1 ∧ ... ∧ dE/ksn)

=

0, falls w(es) ≡ 0 mod 2⟨

es

πv(es)v

⟩⊗ dκ(v)/ks1 ∧ ... ∧ dκ(v)/ksn, falls w(es) ≡ 1 mod 2.

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40 2.3. Der Randhomomorphismus und Bewertungsfortsetzungen

(Beachte auch hier p - e.)Andererseits ist

δv(cE/F (α)) = δv((〈s〉 ⊗ trE/F ∗(〈1〉))⊗ dF/kπv ∧ dF/ks1 ∧ ... ∧ dF/ksn)

= δv(〈es〉 ⊗ dF/kπv ∧ dF/ks1 ∧ ... ∧ dF/ksn)

=

0, fur v(es) ≡ 0 mod 2⟨

es

πv(es)v

⟩⊗ dκ(v)/ks1 ∧ ... ∧ dκ(v)/ksn, fur v(es) ≡ 1 mod 2.

Da nun v(es) ≡ xmod 2 ⇔ w(es) ≡ xmod 2 (x = 0, 1) gilt, so kommutiertdas Diagramm in diesem Fall.

Nun sei 〈φ〉 = 〈sπv〉 .Es ist

δw(α) = δw(〈sπv〉 ⊗ dE/kπew ∧ dE/ks1 ∧ ... ∧ dE/ksn)

= δw(〈esπv〉 ⊗ dE/kπw ∧ dE/ks1 ∧ dE/ksn)

=

0, falls w(esπv) ≡ 0 mod 2⟨

esπv

πv(esπv)v

⟩⊗ dκ(v)/ks1 ∧ ... ∧ dκ(v)/ksn, falls w(esπv) ≡ 1 mod 2.

Andererseits ist

δv(cE/F (α)) = δv((〈sπv〉 ⊗ trE/F ∗(〈1〉))⊗ dF/kπv ∧ dF/ks1 ∧ ... ∧ dF/ksn)

= δv(〈esπv〉 ⊗ dF/kπv ∧ dF/ks1 ∧ ... ∧ dF/ksn)

=

0, f. v(esπv) ≡ 0 mod 2⟨

esπv

πv(esπv)v

⟩⊗ dκ(v)/ks1 ∧ ... ∧ dκ(v)/ksn, f. v(esπv) ≡ 1 mod 2.

Auch in diesem Fall kommutiert das Diagramm.

2. Fall: Nun sei e(w | v) ≡ 0 mod 2.

Nach [Sa], 2, 5.8 gilt in diesem Fall

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2. Der Funktor F 7−→ W (F ) 41

trE/F ∗(〈1〉) = es∗(〈1〉) = 〈e, eπv〉

und

trE/F ∗(〈πw〉) = 0.

Wir haben die beiden Falle 〈φ〉 = 〈s〉 mit s ∈ O∗v und 〈φ〉 = 〈sπw〉 zubetrachten.Sei zunachst 〈φ〉 = 〈s〉.Es ist

δw(α) = δw(〈esπw〉 ⊗ dE/kπw ∧ dE/ks1 ∧ ... ∧ dE/ksn)

=

⟨es

πv(es)v

⟩⊗ dκ(v)/ks1 ∧ ... ∧ dκ(v)/ksn,

da w(esπw) ≡ 1 mod 2 ist.Andererseits ist

δv(cE/F (α)) = δv(〈es, esπv〉 ⊗ dF/kπv ∧ dF/ks1 ∧ ... ∧ dF/ksn)

=

⟨es

πv(es)v

⟩⊗ dκ(v)/ks1 ∧ ... ∧ dκ(v)/ksn.

Nun sei 〈φ〉 = 〈sπw〉 .Es ist

δw(α) = δw(〈es〉 ⊗ dE/kπw ∧ dE/ks1 ∧ ... ∧ dE/ksn)

= 0,

da w(es) ≡ 0 mod 2.

Weiterhin ist

δv(cE/F (α)) = δv(0)

= 0.

Damit kommutiert das Diagramm auch in diesem Fall.

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42 2.3. Der Randhomomorphismus und Bewertungsfortsetzungen

Der 5. Schritt ist jetzt erledigt.

6. Schritt: Im Fall char(k) = p > 0 ist zum Beweis des Satzes noch der Falleiner separablen Erweiterung E/F mit Verzweigungsindex pk (k ∈ N) undtotal inseparabler Restekorpererweiterung κ(w)/κ(v) zu betrachten.Nach eventueller Adjunktion von Elementen s1, ..., sn ∈ O∗v, deren Bilderin κ(v) eine separierende Transzendenzbasis von κ(v)/k bilden, zu k undnach Ubergang zu einem vollkommenem Abschluß von k(s1, ..., sn), durfenwir κ(w) = κ(v) und κ(v)/k als endlich annehmen.Alsdann ist [E : F ] = e(w | v) = pk. Ist πw ein Primelement von w, so istE = F (πw) und das Minimalpolynom P (t) von πw uber F ist ein Eisenstein-Polynom.Nun ist πv := −NE/F (−πw) ein Primelement von v und es gilt πew = πvu

′ mitu′ ∈ O∗w und u′ = 1.Die Identitat dE/kP (πw) = 0 liefert die Gleichheit

dE/kπw = uP ′(πw)−1dE/kπv

mit u ∈ O∗w und u = 1.Zum Beweis der Kommutativitat des Diagrammsk

δw

lδv

mcE/F W (κ(v))

W (F )

W (E)

betrachten wir Formen 〈s〉 und 〈sπw〉 in W (E) mit s ∈ O∗w.Es ist wieder 〈s〉 = 〈t〉 in W (E) mit einer Einheit t ∈ O∗v.Dann ist α = 〈s〉 ⊗ dE/kπw = 〈t〉 ⊗ dE/kπw = 〈t · P ′(πw)−1 · u〉 ⊗ dE/kπv =〈t · P ′(πw)−1〉 ⊗ dE/kπv.Es ist δw(〈s〉 ⊗ dE/kπw) = 0.Wegen trE/F ∗(〈P

′(πw)−1〉) = 〈1〉 ist aber auch δv(cE/F (α)) = 0.Damit kommutiert das in Frage stehende Diagramm in diesem Fall.Analog verfahrt man mit der Form 〈sπw〉 .Damit ist der 6. Schritt beendet und (2.3.6) bewiesen.

2

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2. Der Funktor F 7−→ W (F ) 43

2.4 Die Homotopie-und die Reziprozitatseigenschaft

(2.4.1) Es sei F ∈ (Cfg/k) und A1F = Spec(F [u]) der eindimensionale

affine Raum uber F. Weiter sei H ein 1-dimensionaler F−Vektorraum.Nach (DW 2) hat man fur die Korpererweiterung F (u)/F die Restriktion

rF (u)/F : W (F,H)→ W (F (u),Ω1F (u)/F ⊗F H).

Jeder Punkt x ∈ A1F (0) definiert eine Bewertung vx auf F (u). Nach (DW 3)

hat man daher den Homomorphismus

δx := δvx : W (F (u),Ω1F (u)/F ⊗F H)→ W (κ(x),Ω1

Ox/F ⊗F H ⊗Ox κ(x));

Ox ist dabei eine abkurzende Schreibweise fur den diskreten BewertungsringOA1

F ,x.

Nun ist δx(α) = 0 fur fast alle x ∈ A1F (0) und beliebige Elemente α aus

W (F (u),Ω1F (u)/F⊗FH) (vgl. (3.1.2)), so daß wir also einen Homomorphismus

d := (δx) : W (F (u),Ω1F (u)/F ⊗F H)→

⊕x∈A1

F (0)

W (κ(x),Ω1Ox/F ⊗F H ⊗Ox κ(x))

erhalten.

Wir beweisen nun den folgenden fundamentalen Satz:

(2.4.2) Satz: (Homotopieeigenschaft des A1)

Unter den Voraussetzungen von (2.4.1) ist die Sequenz

0→ W (F )rF (u)/F−→ W (F (u),Ω1

F (u)/F )d−→

⊕x∈A1

F (0)

W (κ(x),Ω1Ox/F (x))→ 0

exakt und spaltet.(Wir haben hier den Vektorraum H weggelassen und wir setzen Ω1

Ox/F (x) :=

Ω1Ox/F ⊗Ox κ(x).)

Beweis: Wir fuhren (2.4.2) durch Wahl geeigneter Isomorphismen auf einenentsprechenden Satz von Milnor fur Wittringe zuruck.

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44 2.4. Die Homotopie-und die Reziprozitatseigenschaft

Es sei s1, ..., sn eine separierende Transzendenzbasis von F/k und h 6= 0 einElement aus H. Dann induziert die Wahl der F−Basis dF/ks1 ∧ ... ∧ dF/ksnvon ωF/k und h von H einen Isomorphismus

i1 : W (F )∼=−→ W (F,H).

Nun ist dF (u)/Fu eine F (u)−Basis von Ω1F (u)/F und also ist

dF (u)/ks1 ∧ ... ∧ dF (u)/ksn ∧ dF (u)/ku

eine F (u)−Basis von ωF (u)/k.Durch diese Basiswahlen erhalt man einen Isomorphismus

i2 : W (F (u))∼=−→ W (F (u),Ω1

F (u)/F ⊗F H).

Aufgrund dieser Wahlen kommutiert dann das Diagrammni1

oi2

p rF (u)/FqrF (u)/F

W (F (u)).W (F )

W (F (u),Ω1F (u)/F ⊗F H)W (F,H)

Da A1F glatt ist uber F , so ist fur jedes x ∈ A1

F (0) dOx/ks1∧...∧dOx/ksn∧dOx/kueine Basis des freien Ox−Moduls ωOx/k.Ist nun tx1, ..., txn eine separierende Transzendenzbasis von κ(x)/k und πx einPrimelement der Bewertung vx, so ist dOx/kπx∧dOx/ktx1∧...∧txn ebenfalls eineOx−Basis von ωOx/k; hierbei sind tx1, ..., txn ∈ O∗x Liftungen von tx1, ..., txn.Folglich existiert eine Einheit ex ∈ O∗x mit

ex · dOx/kπx ∧ dOx/ktx1 ∧ ... ∧ txn = dOx/ks1 ∧ ... ∧ dOx/ksn ∧ dOx/ku

Die Wahl der κ(x)−Basis ex · dκ(x)/ktx1 ∧ ... ∧ txn von ωκ(x)/k induziert danneinen Isomorphismus

ix : W (κ(x))∼=−→ W (κ(x),Ω1

Ox/F ⊗F H ⊗Ox κ(x)).

Da δπx2 : W (F (u)) → W (κ(x)) O∗x−linear ist, so kommutiert dann das Dia-gramm

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2. Der Funktor F 7−→ W (F ) 45ri2

six

t δxuδπx2 W (κ(x)).W (F (u))

W (κ(x),Ω1Ox/F ⊗F H ⊗Ox κ(x))W (F (u),Ω1

F (u)/F ⊗F H)

Zusammengenommen hat man also das kommutative Diagramm (wir lassendabei H wieder weg und bezeichnen Ω1

Ox/F ⊗Ox κ(x) mit Ω1Ox/F (x))vw rF (u)/Fx dyz

rF (u)/F

|(δπx2 )

~i1

i2

(ix)

0.⊕

x∈A1F (0)

W (κ(x))W (F (u))W (F )0

0⊕

x∈A1F (0)

W (κ(x),Ω1Ox/F (x))W (F (u),Ω1

F (u)/F )W (F )0

Nach [Mi], Th. 5.3 ist die untere Zeile exakt und spaltet, also tut dies auchdie obere. 2

(2.4.3) Es sei weiterhin F ∈ (Cfg/k) und es sei A1F = Spec(F [u]) =: X.

Es sei L ein beliebiges Geradenbundel auf X.

Wir betrachten den Homomorphismus

W (κ(η),L(η))d:=(δx)−→

⊕x∈X(0)

W (κ(x),L(x));

dabei ist η der generische Punkt von X.

Es ist Pic(X) = 0 und also hat man fur ein beliebiges Geradenbundel L einen

globalen OX−Isomorphismus L∼=−→ OX .

Dieser induziert ein kommutatives Diagramm

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46 2.4. Die Homotopie-und die Reziprozitatseigenschaft dd

x∈X(0)

W (κ(x),Ω1Ox/F (x)).W (κ(η),Ω1

κ(η)/F )

⊕x∈X(0)

W (κ(x),L(x))W (κ(η),L(η))

Nach dem vorhergehenden Satz ist daher der Kern der oberen Randabbildungisomorph zu W (F ). Diese Isomorphie ist i. a. nicht kanonisch, sondern hangtvom Geradenbundel und der Wahl des trivialisierenden Isomorphismus ab.(Fur eine prazisere Aussage vgl. (3.4.3).)

(2.4.4) Nun sei X ein integres Schema aus (Sch/Cfg/k), η der generischePunkt von X und L ein Geradenbundel auf X.Ist X außerdem normal, so ist fur jeden Punkt x ∈ X(1) der lokale RingOX,x ein diskreter Bewertungsring und definiert somit eine (geometrische)Bewertung auf dem Korper κ(η).Nach (DW 3) haben wir somit den Gruppenhomomorphismus

δx : W (κ(η),L(η))→ W (κ(x),L(x)).

Wir betrachten nun die Gesamtheit der Homomorphismen δx fur alle x ∈X(1).Es gilt, wie schon an der entsprechenden Stelle in (2.4.1) erwahnt, δx(α) = 0fur ein beliebiges Element α ∈ W (κ(η),L(η)) und fast alle x ∈ X(1) (vgl.(3.1.2)).

Ist nun speziell X eine eigentliche Kurve, so erhalten wir die folgende Rezi-prozitatseigenschaft:

(2.4.5) Satz: Es sei X ∈ (Sch/Cfg/k) eine integre, eigentliche und nor-male Kurve uber Spec(F ), und η sei der generische Punkt von X. Außerdemsei H ein 1-dimensionaler F−Vektorraum. Dann ist die kanonische Sequenz

W (κ(η), H(η))(δx)−→

⊕x∈X(0)

W (κ(x), H(x))Pcκ(x)/F−→ W (F,H)

ein Komplex; hierbei ist H(x) := H ⊗F κ(x).

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2. Der Funktor F 7−→ W (F ) 47

Beweis: Wir lassen im Fortgang des Beweises den Vektorraum H weg.Nach dem Satz von Riemann-Roch ist X projektiv, daher gibt es nachdem projektiven Noetherschen Normalisierungslemma (vgl. [Li], App.A, A.1)einen endlichen Morphismus π : X → P

1F .

Dieser induziert das Diagramm (δx) Pcκ(x)/F

(δy)

Pcκ(y)/F

cκ(η)/κ(ξ)

L

y∈P1F (0)

P

x|ycκ(x)/κ(y)

W (F );

⊕y∈P1

F (0)

W (κ(y))W (κ(ξ))

W (F )⊕

x∈X(0)

W (κ(x))W (κ(η))

ξ bezeichnet dabei den generischen Punkt von P1F .

Ist nun y ∈ P1F (0) und vy die zugehorige Bewertung auf κ(ξ), so durchlaufen

die Bewertungen vx fur alle x ∈ π−1(y) die gesamten Fortsetzungen von vyauf κ(η), da π als endlicher Morphismus insbesondere eigentlich ist.Daher kommutiert das linke Viereck nach (2.3.6).Das rechte Viereck kommutiert aufgrund der Funktorialitat der Korestrikti-on.Somit genugt es die Aussage des Satzes fur X = P1

F zu beweisen.Zum Beweis der Gleichheit ∑

y∈P1F (0)

cκ(y)/F δy = 0

definieren wir fur jedes x ∈ P1F (0) − ∞ die Abbildung

Φx : W (κ(x))→ W (κ(ξ))

wie folgt:Es sei u ∈ κ(ξ)∗ eine Transzendenzbasis von κ(ξ) = F (u) uber F.Dann induziert die κ(x)(u)−Basis dκ(x)(u)/κ(x)u einen Isomorphismus

i : W (κ(x)(u),Ω1κ(x)(u)/κ(x))

∼=−→ W (κ(x)(u))

und dann sei

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48 2.4. Die Homotopie-und die Reziprozitatseigenschaft

Φx(µ) = cκ(x)(u)/F (u)(〈u− u(x)〉 · i(rκ(x)(u)/κ(x)(µ)))

fur alle µ ∈ W (κ(x)).

Sei nun x′ ∈ P1F (0) − ∞ und x′ 6= x gegeben.

Dann gilt:

δx′ Φx(µ) = δx′(cκ(x)(u)/F (u)(〈u− u(x)〉 · i(rκ(x)(u)/κ(x)(µ))))

(2.3.6)=

∑w|vx′

cκ(w)/κ(x′)(δw(〈u− u(x)〉 i(rκ(x)(u)/κ(x)(µ)))).

Fur jede Bewertung w uber vx′ ist u− u(x) eine w−Einheit; daher ist jederSummand nach (2.3.1) von der Form

cκ(w)/κ(x′)(⟨u− u(x)

⟩δw(i(rκ(x)(u)/κ(x)(µ)))).

Jede Bewertung w uber vx′ ist aber auf κ(x) trivial, so daß also

δw(i(rκ(x)(u)/κ(x)(µ))) = 0

gilt.Insgesamt ist also δx′ Φx = 0.Weiter ist

δx Φx(µ) = δx(cκ(x)(u)/F (u)(〈u− u(x)〉 · i(rκ(x)(u)/κ(x)(µ))))

=∑w|vx

cκ(w)/κ(x)(δw(〈u− u(x)〉 i(rκ(x)(u)/κ(x)(µ))))

= δw0(〈u− u(x)〉 i(rκ(x)(u)/κ(x)(µ))),

dabei ist w0 die Fortsetzung von vx zum Primelement u − u(x) ∈ κ(x)[u].(Beachte dabei: κ(w0) = κ(x))Nun ist

δw0(〈u− u(x)〉 i(rκ(x)(u)/κ(x)(µ))) = su−u(x)w0

(i(rκ(x)(u)/κ(x)(µ)))

= (−1)n · µ,

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2. Der Funktor F 7−→ W (F ) 49

letzteres wegen dκ(x)(u)/κ(x)(u−u(x)) = dκ(x)(u)/κ(x)u; dabei ist n = (κ(x)/k)tr(vgl. dazu (2.3.4)).Insgesamt haben wir also

δx Φx = (−1)n · id.Folglich genugt es ∑

y∈P1F (0)

cκ(y)/F δy Φx = 0

fur alle x ∈ P1F (0) − ∞ zu beweisen.

Es ist ∑y∈P1

F (0)

cκ(y)/F δy Φx = (−1)ncκ(x)/F + δ∞ Φx

(n = (κ(x)/k)tr) und wir berechnen

δ∞ Φx(µ) = δ∞(cκ(x)(u)/F (u)(〈u− u(x)〉 · i(rκ(x)(u)/κ(x)(µ))))

=∑w|∞

cκ(w)/F (δw(〈u− u(x)〉 i(rκ(x)(u)/κ(x)(µ))))

= cκ(∞)/F (δ∞(〈u− u(x)〉 i(rκ(x)(u)/κ(x)(µ))))

= (−1)n+1cκ(x)/F (µ).

Damit ist der Satz bewiesen. 2

Bemerkung: (2.4.5) steht in Parallele zu einem von Geyer, Harder, Kne-busch und Scharlau im Jahre 1970 bewiesenen Residuensatz fur quadratischeFormen uber einem algebraischen Funktionenkorper (vgl. [GH], 2).Ist F ein algebraischer Funktionenkorper in einer Variablen mit vollkom-menem Konstantenkorper K, so betrachten sie ebenfalls die WittgruppeW (F,Ω1

F/K) der regularen quadratischen Formen uber F mit Werten in Ω1F/K .

Ist p eine Primstelle von F/K, so definieren sie eine kanonische, vom ublichenzweiten Randhomomorphismus abgeleitete, Residuenabbildung

resp : W (F,Ω1F/K)→ W (κ(p))

und zeigen dann

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50 2.4. Die Homotopie-und die Reziprozitatseigenschaft

∑p

(trκ(p)/K)∗(resp(b)) = 0

fur alle b ∈ W (F,Ω1F/K). Hierbei durchlauft p alle Primstellen von F/K und

κ(p) bezeichnet, wie ublich, den Restklassenkorper der Primstelle p.

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3. Der Wittkomplex C∗(X; W ,L) 51

3 Der Wittkomplex C∗(X ; W ,L)

3.1 Der allgemeine Randhomomorphismus

Es sei X ein Objekt aus (Sch/Cfg/k). Weiterhin sei L ein Geradenbundelauf X.

Ist x ∈ X ein Punkt, so schreiben wir abkurzend W (x,L) fur W (κ(x),L(x))bzw. W (x) fur W (κ(x)).

Ist X ein integres Schema, so bezeichnen wir mit ξ oder ξX den generischenPunkt von X.Ist X zusatzlich normal, so ist fur jeden 1-kodimensionalen Punkt x, d.h.x ∈ X(1), der lokale Ring OX,x ein diskreter Bewertungsring und definiertfolglich eine Bewertung auf OX,ξ.

(3.1.1) Definition: Es sei δx : W (ξ,L) → W (x,L) fur x ∈ X(1) derzugehorige Randhomomorphismus gemaß (DW 3) (vgl. (2.2.6)).

Es gilt nun der folgende Satz.

(3.1.2) Satz: Ist X ∈ (Sch/Cfg/k) normal und integer, L ein Gera-denbundel auf X und α ∈ W (ξ,L) beliebig, so ist

δz(α) = 0

fur fast alle z ∈ X(1).

Beweis: Dies ist eine einfache Konsequenz der analogen Aussage fur dieDivisorabbildung auf X (vgl. [Ha], 6.1). Die Details sind in [Et] ausgefuhrt.

2

(3.1.3) Fur x, y ∈ X definieren wir nun

δxy : W (x,L)→ W (y,L)

wie folgt: Es sei Z := x mit der reduzierten Unterschemastruktur versehen.Wir setzen δxy = 0, falls y 6∈ Z(1) ist. Sonst sei π : Z → Z die Normalisierungvon Z; π ist ein endlicher Morphismus (EGA IV, 2, 7.8.6, ii)). Jeder Punkt y′

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523.2. Der allgemeine Randhomomorphismus, Unterschemata und

Lokalisierungen

aus der Faser π−1(y) definiert eine Bewertung von κ(x). Die Komposition deszugehorigen Randhomomorphismus (3.1.1) mit der Korestriktion cκ(y′)/κ(y)

(DW 2) liefert einen Homomorphismus W (x,L)→ W (y,L). Summiert manuber alle Punkte y′ der Faser π−1(y), so erhalt man den gewunschten Homo-morphismus δxy , also

δxy :=∑y′|y

cκ(y′)/κ(y) δy′ .

Aus (3.1.2) folgt:

(3.1.4) Lemma: Fur jedes x ∈ X und α ∈ W (x,L) gilt δxy (α) = 0 fur fastalle y ∈ X; dabei ist X ∈ (Sch/Cfg/k) und L ein Geradenbundel auf X.

Bemerkung: Wollen wir das Schema besonders betonen, auf dem der allge-meine Randhomomorphismus berechnet wird, so schreiben wir auch ausfuhr-licher δX |xy an Stelle von δxy .

Eine weitere wichtige Eigenschaft des allgemeinen Randhomomorphismus δxyist die folgende Geschlossenheitsrelation.

(3.1.5) Satz: Es sei X ein integres Schema aus (Sch/Cfg/k) und Z dieLokalisierung von X in einem Punkt der Kodimension 2. L sei ein Gera-denbundel auf X.Dann gilt:

0 =∑z∈Z(1)

δzz0 δξz : W (ξ,L)→ W (z0,L);

dabei ist ξ der generische und z0 der abgeschlossene Punkt von Z.

Beweis: vgl. [Et]. 2

3.2 Der allgemeine Randhomomorphismus, Untersche-mata und Lokalisierungen

Es sei X ein Schema in (Sch/Cfg/k) und L ein Geradenbundel auf X.In diesem Abschnitt stellen wir einige nutzliche Beobachtungen uber dasVerhalten des allgemeinen Randhomomorphismus beim Ubergang zu offenenTeilmengen, Lokalisierungen und Fasern zusammen.

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3. Der Wittkomplex C∗(X; W ,L) 53

(3.2.1) Sind x, y ∈ X Punkte, so hat man nach (3.1.3) den Gruppenho-momorphismus

δxy : W (x,L)→ W (y,L).

Es sei Z := x. Z sei mit der reduzierten Unterschemastruktur von Xversehen.Es sei weiterhin y ∈ Z(1). Wir setzen Y := Spec(OZ,y) und betrachten denkanonischen Morphismus Y → Z. Y ist ein eindimensionales, integres Schemamit den Punkten y und x.Aus der Konstruktion des allgemeinen Randhomomorphismus entnimmt mandann die Gleichheit

δX |xy= δY |xy .

Zur Berechnung von δxy durfen wir also zur Lokalisierung Spec(OZ,y) uberge-hen.

(3.2.2) Nun sei π : Y → X ein Morphismus in (Sch/Cfg/k). Es seienx, y ∈ Y Punkte mit π(x) = π(y) =: z; x und y liegen also in derselben FaserYκ(z) = Y ×X Spec(κ(z))→ Spec(κ(z)).Bezeichnet Z ′ den Abschluß von x in Yκ(z) und Z den Abschluß von x in Y ,so gilt nach EGA IV, 2, 5.6.1.1

y ∈ Z ′(1) ⇐⇒ y ∈ Z(1),

und alsdann folgt wieder δYκ(z)|xy= δY |xy .

Der allgemeine Randhomomorphismus ist damit vertraglich mit der Ein-schrankung auf Fasern.

(3.2.3) Es sei abschließend X ∈ (Sch/Cfg/k) und U ⊆ X eine offene Teil-menge, versehen mit der induzierten Unterschemastruktur. Es seien weiterx, y ∈ U ⊆ X.Bezeichnet wiederum Z ′ den Abschluß von x ∈ U, und Z den von x in X, sogilt diesmal klarerweise

y ∈ Z ′(1) ⇐⇒ y ∈ Z(1).

Daher giltδU |xy= δX |xy .

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54 3.3. Der Komplex

Der allgemeine Randhomomorphismus ist damit vertraglich mit der Ein-schrankung auf offene Teilmengen.

3.3 Der Komplex

Es sei X aus (Sch/Cfg/k) und L ein Geradenbundel auf X.

(3.3.1) Definition: Fur ein p ∈ Z setze

Cp(X; W ,L) :=⊕x∈X(p)

W (x,L);

(ist X(p) = ∅, so sei Cp(X; W ,L) = 0.)

Ist L = OX , so schreiben wir fur Cp(X; W ,OX) auch einfach Cp(X; W ).d = dX : Cp(X; W ,L) → Cp−1(X; W ,L) sei komponentenweise durchdxy := δxy (vgl. (3.1.3)) definiert.

Bemerkungen:

1. Die Definition von dX ist wegen (3.1.4) sinnvoll.

2. Es ist dim(x,X) = dim(x) = (κ(x)/F )tr, falls X von endlichem Typuber Spec(F ) ist.

3. Nach kanonischer Identifizierung ist Cp(X; W ) =⊕

x∈X(p)

W (x).

4. Wollen wir die Stelle des Komplexes genauer spezifizieren, an der dXgebildet wird, so schreiben wir manchmal auch dX,n.

(3.1.6) hat nun folgende wichtige Konsequenz.

(3.3.2) Satz: Es gilt dX dX = 0.

Beweis: (vgl. [Ro], 3.3)Wir betrachten die Folge

...→⊕

x∈X(p+1)

W (x,L)dX−→

⊕x∈X(p)

W (x,L)dX−→

⊕x∈X(p−1)

W (x,L)→ ...

Fur beliebige p haben wir dX dX |xz= 0 fur alle x ∈ X(p+1) und z ∈ X(p−1)

zu zeigen.

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3. Der Wittkomplex C∗(X; W ,L) 55

Sei x ∈ X(p+1) und z ∈ X(p−1) beliebig, aber fest.Nach Definition von dX haben wir nun∑

y∈X(p)

δyz δxy = 0

zu beweisen.Um

∑y∈X(p)

δyz δxy = 0 zu beweisen, brauchen wir nur uber solche Punkte

y ∈ X(p) zu summieren, fur die z ∈ y und y ∈ x gilt.Es sei Y = Spec(Ox,z). Y ist integer und lokal.

Da alle Schemata aus (Sch/Cfg/k) katenarisch sind, so folgt

codim(z, x) = codim(z, y) + codim(y, x)

und also ist dim(Y ) = 2. Weiter gilt X(p) ∩ Y = Y(1).Aufgrund der Vertraglichkeit des allgemeinen Randhomomorphismus mit Lo-kalisierungen, vgl. (3.2.1), und (3.1.5) gilt dann∑

y∈X(p)

δyz δxy =∑y∈Y(1)

δyz δxy = 0

und damit ist der Satz bewiesen. 2

(3.3.3) Der Komplex

C∗(X; W ,L) = (Cp(X; W ,L), dX)p∈Z

heißt Wittkomplex auf X mit Werten in L.

(3.3.4) Ist dim(X) = d und wollen wir den Kodimensionsindex benutzen,dann setzen wir

Cp(X; W ,L) :=⊕x∈X(p)

W (x,L) =⊕

x∈X(d−p)

W (x,L) = Cd−p(X; W ,L)

und

dX : Cp(X; W ,L) = Cd−p(X; W ,L)→ Cd−p−1(X; W ,L) = Cp+1(X; W ,L).

Wir bezeichnen diesen Komplex mit C∗(X; W ,L).

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56 3.4. Die Homologie des Wittkomplexes

(3.3.5) Es sei nun k fur einen Augenblick nicht mehr vollkommen. (Es seiaber weiterhin char(k) 6= 2.) Es sei F eine endlich erzeugte Korpererweite-rung von k, X ein algebraisches F−Schema und L ein Geradenbundel aufX.Wir wollen nun in Verallgemeinerung von (3.3.1) den Wittkomplex auf Xmit Werten in L erklaren. Dies geschieht wie folgt:Es sei k′ ein vollkommener Abschluß von k und F ′ das eindeutig bestimmteKompositum von F und k′ uber k. F ′ ist eine endlich erzeugte Korpererweite-rung von k′ und wir bilden die Basiserweiterung X ′ = X⊗FF ′; die Projektionp : X ⊗F F ′ → X ist ein radizieller Morphismus, also insbesondere injektivund damit auch bijektiv. Daruberhinaus gilt p(X ′(q)) = X(q).Es sei nun

C∗(X; W ,L) := C∗(X′; W , p∗L).

Studieren wir im folgenden Wittkomplexe auf beliebigen algebraischen F−Schemata, und ist F endlich erzeugt uber einem Grundkorper k, so konnenwir im Sinne von (3.3.5) k immer als vollkommen annehmen.

3.4 Die Homologie des Wittkomplexes

Ist X ein Schema aus (Sch/Cfg/k) und L ein Geradenbundel auf X, so habenwir also auf X den Wittkomplex C∗(X; W ,L) mit Werten in L,

...→⊕

x∈X(p+1)

W (x,L)dX−→

⊕x∈X(p)

W (x,L)dX−→

⊕x∈X(p−1)

W (x,L)→ ...

(3.4.1) Definition: Fur alle p ∈ Z sei HWp(X; W ,L) :=p-te Homologie-gruppe des Wittkomplexes C∗(X; W ,L) mit Werten in L.Ferner sei HW p(X; W ,L) :=p-te Kohomologiegruppe von C∗(X; W ,L).

(3.4.2) Notiz: Ist dim(X) = d, so ist HWp(X; W ,L) = HW d−p(X; W ,L).

Nun ist also der Wittkomplex etabliert, und in der weiteren Arbeit wird esnun darum gehen die funktoriellen Eigenschaften des Komplexes und seinerHomologiegruppen zu studieren und den Komplex fur gewisse Schemata zuverstehen.

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3. Der Wittkomplex C∗(X; W ,L) 57

Einen speziellen Wittkomplex haben wir nebenbei schon studiert, namlichden der affinen Geraden.

(3.4.3) Es sei A1F = Spec(F [u]) ∈ (Sch/Cfg/k) der 1-dimensionale affi-

ne Raum uber einem Korper F. Betrachten wir den Wittkomplex auf A1F

mit Werten in dem Geradenbundel Ω1A1F /F

, so liefert die exakte Sequenz in

(2.4.2) eine vollstandige Beschreibung der Homologie von C∗(A1F ; W ,Ω1

A1F /F

),

namlich

HWi(A1F ; W ,Ω1

A1F /F

) =

0 fur i = 0

W (F ) fur i = 1.

Gemaß (2.4.3) bleibt obiges Ergebnis auch richtig, wenn wir Ω1A1F /F

durch ein

beliebiges anderes Geradenbundel L auf A1F ersetzen, d.h. es gilt

HW0(A1F ; W ,L) = 0

undHW1(A1

F ; W ,L) ∼= W (F ).

Allerdings ist letztere Isomorphie nicht kanonisch, sondern hangt vom Ge-radenbundel und dem gewahlten, L trivialisierenden, Isomorphismus ab.Praziser heißt das:Fixiert man eine Trivialisierung t : OA1

F

∼=−→ L, so induziert diese, wie in

(2.4.3) beschrieben, einen Isomorphismus j : W (F )∼=−→ HW1(A1

F ; W ,L).t induziert aber auch in offensichtlicher Weise einen Isomorphismus m :

AutOA1F

(L)∼=−→ F ∗.

AutOA1F

(L) operiert dann vermoge j auf W (F ) in der folgenden Weise:

Ist f ∈ AutOA1F

(L), und bezeichnet f den induzierten Automorphismus von

HW1(A1F ; W ,L), so kommutiert das Diagramm

m(f)

jf

j

HW1(A1F ; W ,L);W (F )

HW1(A1F ; W ,L)W (F )

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58 3.4. Die Homologie des Wittkomplexes

dabei ist der linke vertikale Pfeil die Multiplikation mit m(f) ∈ F ∗.

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4. Push-forward und Pull-back 59

4 Push-forward und Pull-back

In diesem Kapitel etablieren wir alle Typen von Operationen, die wir beimStudium des Wittkomplexes immer wieder brauchen werden.

4.1 Push-forward

Es sei f : X → Y ein Morphismus in (Sch/Cfg/k) und L ein Geradenbundelauf Y.Wir definieren fur alle p ∈ Z

f∗ : Cp(X; W , f ∗L)→ Cp(Y ; W ,L)

komponentenweise wie folgt:

(f∗)xy =

cκ(x)/κ(y), falls y = f(x)

0 sonst.

Beachte: Fur y = f(x) und dim(x,X) = dim(y, Y ) ist κ(x)/κ(y) automatischendlich, und wir haben also die Korestriktion cκ(x)/κ(y) gemaß (DW 2) (vgl.(2.2.4)).

Push-forward besitzt die folgende Funktorialitatseigenschaft:

(4.1.1) Satz: Es seien f : X → Y und g : Y → Z Morphismen in(Sch/Cfg/k) und L ein Geradenbundel auf Z. Dann gilt:

(g f)∗ = g∗ f∗.

Beweis: Da Push-forward komponentenweise durch die Korestriktion ge-geben ist, so folgt die behauptete Funktorialitat aus der Funktorialitat derKorestriktion (vgl. (2.2.5)). 2

4.2 Pull-back

In diesem Abschnitt etablieren wir zu einem gegebenem glatten Morphis-mus von Schemata aus (Sch/Cfg/k) von konstanter relativer Dimension einePull-back- Abbildungen zwischen den entsprechenden Wittkomplexen. Dieserfordert etwas mehr Anstrengung.

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60 4.2. Pull-back

Es sei also f : X → Y ein Morphismus in (Sch/Cfg/k) und L ein Gera-denbundel auf Y.f sei nun glatt von der relativen Dimension n. Dann istΩ1X/Y ein lokalfreier OX−Modul vom Rang n.

Folglich ist fur x ∈ X

dimκ(x)Ω1X/Y (x) = dimκ(x)Ω

1OX,x/OY,f(x)

⊗OX,x κ(x)

= n.

Sei y := f(x) ∈ Y. Dann hat man die Korpererweiterung κ(y)→ κ(x).

Ist nun y ∈ Y(p) und x ∈ X(p+n), so ist wegen der Glattheit von f dieKorpererweiterung κ(x)/κ(y) separabel.

Nach (DW 1) (vgl. (2.2.2)) hat man fur solche Erweiterungen eine Restriktion

rκ(x)/κ(y) : W (y,L(y))→ W (x, ωκ(x)/κ(y) ⊗ (f ∗L)(x)).

Wir suchen nun ein Geradenbundel Ω auf X, so daß Ω(x) gerade ωκ(x)/κ(y)

ist.

Dazu stellen wir einen Zusammenhang zwischen Ω1X/Y (x) und Ω1

κ(x)/κ(y) her.

Fur y = f(x) kommutiert das Diagrammκ(x)κ(y)

OX,xOY,y

und in dieser Situation gilt die folgende allgemeine Tatsache:

(4.2.1) Lemma: Sei (A,m)f−→ (B, n) ein lokaler Homomorphismus loka-

ler Ringe A und B mit den maximalen Idealen m bzw. n.

Wir betrachten das kommutative Diagramm

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4. Push-forward und Pull-back 61 ff

l := B/n.k := A/m

BA

Dann hat man eine k−Derivation ddB/A(b) mod (nΩ1

B/A +BdB/A(n))b

Ω1B/A/(nΩ1

B/A +BdB/A(n))l

(b ist dabei ein Reprasentant von b in B)und einen kanonischen Isomorphismus von l−Vektorraumen Ω1

l/k,Ω1B/A/(nΩ1

B/A +BdB/A(n))

welcher das Diagramm d

dl/k

Ω1l/k

Ω1B/A/(nΩ1

B/A +BdB/A(n))

l

kommutativ macht.M.a.W.: Ω1

B/A/(nΩ1B/A +BdB/A(n)) ist der Differentialmodul von l/k.

Beweis: Es sei Ω′ := nΩ1B/A +BdB/A(n) und Ω := Ω1

B/A/Ω′.

Weiter sei ddB/A(b) mod (nΩ1

B/A +BdB/A(n));b

Ω1B/A/(nΩ1

B/A +BdB/A(n))l

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62 4.2. Pull-back

dabei ist b ein Reprasentant von b in B. Man uberzeugt sich nun, daß derReihe nach gilt:

1. d ist wohldefiniert

2. d ist k−linear

3. d erfullt die Produktregel.

d ist somit eine k−Derivation.

Es sei nun dl/k ∈ Derk(l,Ω1l/k) die universelle Derivation.

Aufgrund der universellen Eigenschaft von Ω1l/k hat man einen eindeutig be-

stimmten l−Vektorraummorphismus

v : Ω1l/k → Ω1

B/A/(nΩ1B/A +BdB/A(n)),

so daß v dl/k = d gilt.

Wir betrachten die Komposition

z : B → ldl/k−→ Ω1

l/k

und ersichtlicherweise gilt z ∈ DerA(B,Ω1l/k); hierbei ist Ω1

l/k mit der kano-nischen B−Modulstruktur versehen. Folglich existiert ein Morphismus vonB−Moduln

w : Ω1B/A → Ω1

l/k

mit w dB/A = z. Man hat dann das kommutative Diagramm dB/A¡ f¢w

£¤¥f

¦dl/k

Ω1l/k

k.l

ABΩ1B/A

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4. Push-forward und Pull-back 63

Es gilt nun Ω′ ⊆ Ker(w) und also induziert w einen Morphismus

w : Ω→ Ω1l/k

von l−Vektorraumen mit dl/k = w d.Mit Hilfe der Tatsache, daß Ω als l−Vektorraum von d(l) erzeugt wird, stelltman fest, daß v und w zueinander invers sind.w macht offenbar das Diagramm in der Behauptung des Lemmas kommuta-tiv. 2

(4.2.1) liefert also fur unsere Situation

Ω1κ(x)/κ(y) = Ω1

OX,x/OY,y/mOX,xΩ1OX,x/OY,y +OX,xdOX,x(mOX,x).

Folglich hat man eine kanonische Surjektion

Ω1X/Y (x)→ Ω1

κ(x)/κ(y).

Ist nun y ein Punkt der Dimension p und x ein Punkt der Dimension p+ n,so gilt (κ(x)/κ(y))tr = n.Da κ(x)/κ(y) eine separable Korpererweiterung ist, so gilt nach [Ku], 5.8dimκ(x)Ω

1κ(x)/κ(y) = (κ(x)/κ(y))tr.

Daher ist dimκ(x)Ω1κ(x)/κ(y) = n und also obiger Pfeil ein Isomorphismus.

Fur solche Punkte lautet die Restriktion also

rκ(x)/κ(y) : W (y,L(y))→ W (x, (ΩnX/Y ⊗ f ∗L)(x)).

Wir definieren nun f ∗ : Cp(Y ; W ,L) → Cp+n(X; W , (ΩnX/Y ⊗ f ∗L)) fur alle

p ∈ Z komponentenweise durch

(f ∗)yx =

rκ(x)/κ(y), falls f(x) = y

0 sonst.

(4.2.2) Sei f : X → Y ein etaler Morphismus in (Sch/Cfg/k). Dann ist fglatt von der relativen Dimension 0 (EGA IV, 4, 17.11.1). Insbesondere istΩ1X/Y = 0. Ist L ein Geradenbundel auf Y , dann hat man nach dem gerade

Gesagten das Pull-back

f ∗ : Cp(Y ; W ,L)→ Cp(X; W , f ∗L).

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64 4.2. Pull-back

Pull-back ist in der folgenden Weise funktoriell:

(4.2.3) Satz: Es seien g : Y → X und f : Z → Y Morphismen in(Sch/Cfg/k). g sei glatt von der relativen Dimension n und f sei glatt vonder relativen Dimension m.Dann ist g f glatt von der relativen Dimension n+m und es gilt:

(g f)∗ = f ∗ g∗.

Beweis: Es gilt kanonisch f ∗ΩnY/X ⊗OZ Ωm

Z/Y = Ωn+mZ/X (vgl. [AK], ch.VII,

3.12); daher folgt die Behauptung aus der Funktorialitat der Restriktion (vgl.(2.2.3)). 2

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5. Funktorielle Eigenschaften von C∗(X; W ,L) 65

5 Funktorielle Eigenschaften von C∗(X ; W ,L)

Dieses Kapitel beinhaltet die zentralen technischen Resultate dieser Theo-rie, namlich das Verhalten von Push-forward und Pull-back bei kartesischenQuadraten und die Vertraglichkeit dieser Morphismen mit den Differentialendes Wittkomplexes.

5.1 Pull-back und Push-forward als Komplexmorphis-men

Das folgende Resultat uber kartesische Quadrate ist in Zykeltheorien wohl-bekannt (vgl. [Fu], 1.7 und [Ro], 4.1).

(5.1.1) Satz: Es sei § g′¨f

©f ′

ªg

2

XY

ZY ×X Z = U

ein kartesisches Quadrat in (Sch/Cfg/k); dabei sei g glatt von der relativenDimension n und f sei ein beliebiger Morphismus in (Sch/Cfg/k). Weiterhinsei L ein Geradenbundel auf X.Dann kommutiert fur jedes p ∈ Z das Diagramm« g′∗¬

f ′∗

­f∗

®g∗

Cp(X; W ,L),Cp+n(Y ; W ,ΩnY/X ⊗ g∗L)

Cp(Z; W , f ∗L)Cp+n(U ; W ,ΩnU/Z ⊗ (fg′)∗L)

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66 5.1. Pull-back und Push-forward als Komplexmorphismen

d.h. es gilt:

g∗ f∗ = f ′∗ g′∗.

Beweis: Es sei δ := g∗ f∗ − f ′∗ g′∗.

Wir haben δzy = 0 fur alle z ∈ Z(p) und y ∈ Y(p+n) zu zeigen.

1. Fall: Es sei f(z) 6= g(y).

Dann ist g∗ |f(z)y f∗ |zf(z)= 0, da g∗ |f(z)

y = 0 nach Definition von g∗ gilt.

Weiterhin ist f ′∗ |uy g′∗ |zu= 0 fur alle u ∈ Uz, da f ′(u) 6= y gilt.

2. Fall: Nun sei x := f(z) = g(y).Es gilt dim(x,X) ≤ dim(z, Z) = p.Nun ist g von der relativen Dimension n und also ist dim(y, Y ) ≤ dim(x,X)+n, so daß auch dim(x,X) ≥ p ist, so daß wir schließlich p = dim(x,X) =dim(z, Z) erhalten. Somit ist κ(z) endlich uber κ(x).Da Push-forward und Pull-back lokale Konstruktionen sind, konnen wir of-fenbar Z = Spec(κ(z)) und X = Spec(κ(x)) annehmen. Dann ist f : Z → Xflach und endlich.Nach Konstruktion von g∗ konnen wir auch Y durch Spec(κ(y)) ersetzen, sodaß wir Y = Spec(κ(y)) annehmen.Alsdann genugt es nach EGA I∗, 3.2.7.1 das folgende kartesische Quadrat zubetrachten ¯ g′°

f ′

±g

²f2

Spec(κ(x)).Spec(κ(y))

Spec(κ(z))Spec(κ(y)⊗κ(x) κ(z))

Wir setzen zur Abkurzung K := κ(x), K ′ := κ(y), L := κ(z).Bezeichnen wir des weiteren die Korper K ′ ⊗K L/mi (mi durchlauft hierbeidie endlich vielen maximalen Ideale von K ′ ⊗K L) mit Li, so haben wir dieKommutativitat des Diagramms

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5. Funktorielle Eigenschaften von C∗(X; W ,L) 67³ rLi/L´PicLi/K′

µcL/K

¶rK′/K

W (K)W (K ′, ωK′/K)

W (L)⊕i

W (Li, ωLi/L)

nachzuweisen. (Wir haben die von dem Geradenbundel L stammenden Vek-torraume in diesem Diagramm weggelassen.)Dies geschieht in mehreren Schritten.

1. Schritt: Es sei L separabel uber K.Dann ist R := K ′ ⊗K L eine endliche, separable Algebra uber K ′ und nachdem chinesischen Restsatz gilt

R =∏i

R/mi =∏i

Li,

wobei mi die endlich vielen maximalen Ideale von R durchlauft.Wir haben die Formel

(∗) rK′/K cL/K =∑Li|K′

cLi/K′ rLi/L

zu beweisen.Dazu betrachten wir die Korperdiagramme·¸¹º

K.K ′

LLi

Im Hinblick auf die Gruppenstruktur von W , stellt man (wie im drittenBeweisschritt von (2.3.6)) fest, daß sich (∗) aus der folgenden Aussage (∗∗)uber das funktorielle Verhalten des Wittrings ergibt:

(∗∗) rK′/K cL/K =∑Li|K′

cLi/K′ rLi/L : W (L)→ W (K ′).

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68 5.1. Pull-back und Push-forward als Komplexmorphismen

r ist dabei die naturliche Restriktion und c der Scharlau-Transfer zum Spur-funktional.Nach dem Spurlemma (2.3.7) gilt trR/K′(x ⊗ 1) = trL/K(x) fur alle x ∈ Lund also ist trL/K ⊗ idK′ = trR/K′ .Nun ist wie bereits festgestellt R =

∏Li und wieder folgt aus dem Spurlem-

ma (2.3.7) trLi/K′ = trR/K′ | Li.Daher ist (∗∗) gerade die Aussage des Satzes 2.2 in [Ar].

2. Schritt: Es sei L/K eine total inseparable Korpererweiterung vom Gradp := char(k). Es ist also L = K( p

√a) mit einem a ∈ K.

Da K ′/K separabel ist, so ist L′ := L⊗K K ′ = K ′( p√a) ein Korper.

Die Vertraglichkeit von Differentialmoduln mit Basiserweiterungen lieferteinen kanonischen Isomorphismus von eindimensionalen L′−Vektorraumen

Ω1L/K ⊗L L′

∼=−→ Ω1L′/K′ .

Mit Hilfe dieser Voruberlegungen uberpruft man nun anhand der Definitionvon cL/K fur total inseparable Erweiterungen (vgl. (2.2.4)) und der Restrik-tion rK′/K fur separable Erweiterungen die Kommutativitat von» rL′/L¼

rK′/K

½cL′/L

¾cL/K

W (K)W (K ′, ωK′/K)

W (L)W (L′, ωL′/L)

(vgl. dazu auch den zweiten Beweisschritt von (2.3.6)).

3. Schritt: Es sei nun L/K eine beliebige endliche Erweiterung. Wir bildenden separablen Abschluß Ks von K in L. Dann ist Ks/K endlich, separabelund L/Ks endlich, total inseparabel.Ist Ks 6= L, so zerlegen wir L/Ks in eine Folge von total inseparablen Er-weiterungen Ks =: K0 $ K1 $ ... $ Kn := L, wobei fur alle i = 1, ..., n[Ki : Ki−1] = p gilt.Fur die Tensorprodukte K ′⊗KLi und K ′⊗KLi−1 ist die induzierte Abbildungauf den Spektren

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5. Funktorielle Eigenschaften von C∗(X; W ,L) 69

Spec(K ′ ⊗K Li)→ Spec(K ′ ⊗K Li−1)

bijektiv.Beachtet man außerdem, daß fur eine beliebige separable Erweiterung Z/Fund eine Erweiterung M/F , welche endlich, separabel oder total inseparabelvom Grad p ist, alle Komposita von Z und M uber F separable Erweite-rungen von M sind, so folgt die Kommutativitat des in Frage stehendenDiagramms aus den beiden vorhergehenden Schritten.Damit ist der Satz bewiesen. 2

Dieser Satz ist ein entscheidendes Hilfsmittel beim Beweis der Vertraglichkeitvon Pull-back mit dem Differential des Wittkomplexes.

Wir kommen nun zur Vertraglichkeit von Push-forward mit dem Differentialdes Wittkomplexes.

(5.1.2) Satz: Es sei f : X → Y ein eigentlicher Morphismus in der Kate-gorie (Sch/Cfg/k) und L ein Geradenbundel auf Y.Dann kommutiert fur alle p ∈ Z das Diagramm¿ f∗À

f∗

ÁdX

ÂdY

Cp−1(Y ; W ,L),Cp−1(X; W , f ∗L)

Cp(Y ; W ,L)Cp(X; W , f ∗L)

d.h. es gilt: dY f∗ = f∗ dX .

Beweis: Es sei δ(f∗) = dY f∗ − f∗ dX .Wir haben δ(f∗)

xy = 0 fur alle x ∈ X(p) und y ∈ Y(p−1) zu zeigen.

Es sei z := f(x) und dim(z, Y ) =: q.

1. Fall: Es sei y 6∈ z.Dann ist dY f∗ |xy= 0 nach Definition von dY .

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70 5.1. Pull-back und Push-forward als Komplexmorphismen

Außerdem ist auch f∗ dX |xy= 0, denn fur x′ ∈ x(1)

gilt f(x′) 6= y, denn

sonst ware f(x′) = y ∈ f(x) = z.

2. Fall: Nun sei y = z = f(x).

Dann ist dY f∗ |xy= 0.

Zum Beweis von f∗ dX |xy= 0 betrachten wir nun die Komposition

x → Xf→ Y.

Es ist f(x) ⊆ z. Versehen wir x und z jeweils mit der reduzier-ten Unterschemastruktur, so hat man nach EGA I, 4.1.9 das kommutativeDiagramm von Morphismen von Schemataà fÄÅÆ

z,x

YX

und wir bezeichnen den unteren horizontalen Pfeil wieder mit f. Nach EGAII, 5.4.3 ist f : x → z eigentlich.

Wir durfen also Y = z und X = x annehmen.

Da sich das Differential des Wittkomplexes auf Fasern einschrankt (vgl.(3.2.2)), so durfen wir X = x durch Xκ(y) und Y durch Spec(κ(y)) ersetzen.Dann ist aber die Normalisierung des Abschlusses von x in Xκ(y) eine integre,eigentliche und normale Kurve uber κ(y) und alsdann folgt f∗ dX |xy= 0 ausder Reziprozitatseigenschaft fur Kurven (vgl. (2.4.4)).

3. Fall: Nun sei y ∈ z und y 6= z, q = dim(z, Y ), p = dim(x,X). Es istp ≥ q und dann p = q, wegen y ∈ z und y 6= z. Folglich ist κ(x)/κ(z)endlich.

Wir durfen wieder Y = z und X = x annehmen.

Wir betrachten das Diagramm

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5. Funktorielle Eigenschaften von C∗(X; W ,L) 71Ç gÈf

Éh

Êf

Y,Y

XX

dabei sind g und h die Normalisierungen von X und Y.Es seien x ∈ X und z ∈ Y die generischen Punkte (welche dann uber x ∈ Xbzw. z ∈ Y liegen).Wir betrachten

δ(g∗) = dX g∗ − g∗ dXund behaupten

(1) δ(g∗) | W (x, (fg)∗L) = 0.

Es gilt namlich fur alle α ∈ W (x, (fg)∗L)

δ(g∗)(α) = dX g∗(α)− g∗ dX(α)

= dX(g∗(α))− g∗ (∑x∈X(1)

δx(α))

= dX(g∗(α))−∑

w∈X(1)

cκ(x)/κ(w)(δx(α));

hierbei sind die w ∈ X(1) mit g(x) = w und x ∈ X(1).Weiter haben wir dann

δ(g∗)(α) = dX(g∗(α))−∑

w∈X(1)

cκ(x)/κ(w)(δx(α))

= dX(α)−∑

w∈X(1)

cκ(x)/κ(w)(δx(α))

= 0,

letzteres nach Definition von dX .

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72 5.1. Pull-back und Push-forward als Komplexmorphismen

Analog erhalt man fur

δ(h∗) = dY h∗ − h∗ dY

(2) δ(h∗) | W (z, h∗L) = 0.

Die Funktorialitat von Push-forward zusammen mit (1) und (2) liefert dann

δ(f∗) g∗ | W (x, (fg)∗L) = (dY f∗ − f∗ dX) g∗ | W (x, (fg)∗L)

= (dY f∗ g∗ − f∗ dX g∗) | W (x, (fg)∗L)

= (dY (h f)∗ − f∗ dX g∗) | W (x, (fg)∗L)

= (dY h∗ f∗ − f∗ dX g∗) | W (x, (fg)∗L)(1),(2)

= (h∗ dY f∗ − h∗ f∗ dX) | W (x, (fg)∗L)

= h∗ δ(f∗) | W (x, (fg)∗L)

Nun ist g∗ | W (x, (fg)∗L) ein Isomorphismus auf W (x, f ∗L), so daß es alsogenugt

δ(f)x

y = 0

fur y ∈ Y(p−1) zu zeigen.

Es sei nun u ∈ X ein Punkt uber y. Es ist u ∈ X(1). Der lokale Ring in y undalle Urbilder u sind diskrete Bewertungsringe, da X und Y normal sind.Da f eigentlich ist, so besteht f−1(y) aus allen Bewertungsfortsetzungen vonOY ,y auf OX,x.

Dann ist

δ(f)x

y = dY f∗ − f∗ dX |x

y

= δy cκ(x)/κ(z) −∑u

cκ(u)/κ(y) δu

= 0,

dabei gilt die letzte Gleichheit nach (2.3.6).Damit ist der Satz bewiesen. 2

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5. Funktorielle Eigenschaften von C∗(X; W ,L) 73

Wir kommen nun zur Vertraglichkeit von Pull-back mit dem Differential desWittkomplexes.

Dies behandelt das folgende Resultat.

(5.1.3) Satz: Sei g : Y → X glatt von der relativen Dimension n in(Sch/Cfg/k) und L ein Geradenbundel auf X.

Dann kommutiert fur jedes p ∈ Z das DiagrammË g∗Ìg∗

ÍdX

ÎdY

Cp−1+n(Y ; W ,ΩnY/X ⊗ g∗L),Cp−1(X; W ,L)

Cp+n(Y ; W ,ΩnY/X ⊗ g∗L)Cp(X; W ,L)

also gilt: g∗ dX = dY g∗.

Ist g zusatzlich noch unverzweigt (von der relativen Dimension 0), so ist getale (vgl. EGA IV, 4, 17.6.1) und wir erhalten in diesem Spezialfall:

(5.1.4) Satz: Sei g : Y → X ein etaler Morphismus in (Sch/Cfg/k) undsei L ein Geradenbundel auf X.

Dann kommutiert fur jedes p ∈ ZÏ g∗Ðg∗

ÑdX

ÒdY

Cp−1(Y ; W , g∗L).Cp−1(X; W ,L)

Cp(Y ; W , g∗L)Cp(X; W ,L)

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74 5.1. Pull-back und Push-forward als Komplexmorphismen

(5.1.3) ergibt sich u.a. aus (5.1.4), so daß wir beide Satze ein Stuck weitsimultan beweisen.

Beweis von (5.1.3) und (5.1.4):

1. Schritt: Es sei δ(g∗) := dY g∗ − g∗ dX .Wir haben δ(g∗)xy = 0 fur x ∈ X(p) und y ∈ Y(p+n−1) zu zeigen.Ist g glatt von der relativen Dimension n, so existiert eine endliche, offeneUberdeckung (Ui)1≤i≤k von Y , so daß sich die Einschrankungen g | Ui :

Ui → X in der Form Uig′i−→ A

nX

p−→ X faktorisieren; hierbei ist p jeweilsder Projektionsmorphismus, und die g′i sind etale Morphismen (vgl. [AK],ch.VII, 1.1).Gilt nun g′∗i dAnX = dUi g′

∗i fur ein i und p∗ dX = dAnX p

∗, so folgt ausder Funktorialitat von Pull-back (vgl. (4.2.3)) (g | Ui)∗ dX = dUi (g | Ui)∗.Gilt (g | Ui)∗ dX = dUi (g | Ui)∗ fur alle i, so gilt auch dY g∗ = g∗ dX .

Dies folgt so: Wie gesagt haben wir dazu δ(g∗)xy = 0 fur x ∈ X(p) undy ∈ Y(p+n−1) zu zeigen. Nun ist y ∈ Ui(p+n−1) fur mindestens ein i unddann ist g∗ dX |xy= (g | Ui)∗ dX |xy . Weiter gilt fur Elemente u ∈ Yx mitdY |uy 6= 0 notwendig u ∈ Ui, so daß nach (3.2.3) dY |uy= dUi |uy ist. Also istdY g∗ |xy= dUi (g | Ui)∗ |xy . Damit folgt δ(g∗)xy = 0.

Um sich von der Richtigkeit von (5.1.3) zu uberzeugen, genugt es also (5.1.4)zu beweisen und die Aussage von (5.1.3) fur den (glatten) Projektionsmor-phismus p : AnX → X zu verifizieren.

2. Schritt: Es sei nun g : Y → X etale.Wir zeigen δ(g∗)xy = 0 fur x ∈ X(p) und y ∈ Y(p−1).Es sei z := g(y).

1. Fall: Es gelte zunachst z 6∈ x.Dann ist g∗ dX |xy= 0 nach Definition von dX und dY g∗ |xy= 0, da fur alle

y′ ∈ Yx y 6∈ y′ gilt.

2. Fall: Es sei nun z ∈ x.Es ist dim(z,X) = dim(y, Y ) = p− 1. Folglich ist z 6= x und z ∈ x

(1).

Wir konnen als nachstes X = x annehmen und alsdann Y durch Yx =

Y ×X x = g−1(x) ersetzen (vgl. (3.1.2)).

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5. Funktorielle Eigenschaften von C∗(X; W ,L) 75

Nun sei Xf−→ X die Normalisierung von X. Wir betrachten das kartesische

Diagramm Ó g′Ôg

Õf ′

Öf

X.Y

XZ := Y ×X X

Dann gilt nach dem Satz uber kartesische Quadrate (vgl. (5.1.1)):

f ′∗ g′∗ = g∗ f∗.

Setzen wir nun δ(g′∗) := dZ g′∗− g′∗ dX und beachten wir, daß f eigentlichist, so ergibt sich

f ′∗ δ(g′∗) = f ′∗ dZ g′∗ − f ′∗ g′∗ dX(5.1.2)

= dY f ′∗ g′∗ − f ′∗ g′∗ dX(5.1.1)

= dY g∗ f∗ − g∗ f∗ dX(5.1.2)

= dY g∗ f∗ − g∗ dX f∗= δ(g∗) f∗.

Ist x, y ∈ X mit f(x) = x und f(y) = y, so induziert f∗ einen Isomorphismusvon W (κ(x)) auf W (κ(x)). (Das Geradenbundel ist hier weggelassen.) Esgenugt also δ(g′∗)xy = 0 zu zeigen.Wir durfen somit X als normal annehmen.Es sei U := u ∈ Y

(0)x | y ∈ u. U ist endlich, und es ist notwendig

y ∈ u(1). Dann ist

δ(g∗)xy =∑u∈U

δuy g∗ |xu −g∗ |zy δxz .

Wir durfen nun wie ublich X durch Spec(OX,z) und Y durch Spec(OY,y)ersetzen (vgl. (3.2.1)). Da X normal ist, so ist R := OX,z ein diskreter Be-wertungsring und dann S := OY,y ein lokaler Ring der Dimension ≤ 1.

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76 5.1. Pull-back und Push-forward als Komplexmorphismen

Es sei g : Y := Spec(S) → X := Spec(R) der von g induzierte lokaleHomomorphismus.Da g etale ist, so ist g flach und unverzweigt, so daß nach EGA IV, 1, 17.3.3S ebenfalls ein diskreter Bewertungsring ist.Es sei κ(u) der Funktionenkorper von Y und κ(x) der Funktionenkorper vonX; des weiteren seien κ(y) bzw. κ(z) die Restekorper von S bzw. R.δ(g∗)xy ist dann definitionsgemaß gleich

δu rκ(u)/κ(x) − rκ(y)/κ(z) δz.

Da g wie schon gesagt unverzweigt ist, so besagt (2.3.5) gerade δ(g∗)xy = 0.Mithin ist (5.1.4) bewiesen.

3. Schritt: Nun sei p : AnX → X die Projektion. p ist glatt von der relativenDimension n.Wegen der Faktorisierung×ØÙÚÛ

pX,A

1X...A

n−1XA

nX

der Funktorialitat von Pull-back und AkX = A1Ak−1X

durfen wir zum Beweis der

Aussage dAnX p∗ = p∗ dX annehmen, daß n = 1 ist.

Es sei nun Y := A1X . Wir betrachten wieder δ(p∗) := dY p∗ − p∗ dX und

wollen δ(p∗)xy = 0 fur alle x ∈ X(p) und y ∈ Y(p) nachweisen.Es sei z := p(y).

1. Fall: Es gelte z 6∈ x.Hier gilt δ(p∗)xy = 0 nach denselben Uberlegungen, wie an der entsprechendenStelle im 2. Schritt.

2. Fall: Es sei z = x.Dann ist p∗ dX |xy= 0 und

dY p∗ |xy =∑y′∈Yx

dY |y′

y p∗ |xy′

=∑y′∈Yx

dY |y′

y rκ(y′)/κ(x)

= 0,

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5. Funktorielle Eigenschaften von C∗(X; W ,L) 77

letzteres, da jeder Summand nach (2.3.2 (2)) gleich Null ist, weil fur samtlichey′ ∈ Yx alle Bewertungen auf κ(y′) mit Zentrum y auf κ(x) trivial sind.

3. Fall: Es sei z ∈ x und z 6= x.

Es ist dann z ∈ x(1). Wie im zweiten Schritt uberzeugt man sich dann

davon, daß man X = x und alsdann X als normal annehmen kann.Es ist dann R := OX,z ein diskreter Bewertungsring. Mit dem kanonischenMorphismus f : Spec(R)→ X bilden wir das kartesische DiagrammÜ p′Ý

f ′

Þf

ßp

X.A1X

Spec(R)A1R

Nach EGA I∗, 3.2.7 gilt f ′(A1R) = p−1(f(Spec(R))) und fur u ∈ A1

R induziert

f ′ einen kanonischen Isomorphismus der Halme OA1X ,f′(u)

∼=→ OA1R,u

, und afortiori einen kanonischen Isomorphismus der Wittgruppen

W (κ(u), ((pf ′)∗L)(u))

∼=−→ W (κ(f ′(u)), (p∗L)(f ′(u))).

Modulo dieser kanonischen Identifizierungen gilt dann fur alle u ∈ p′−1(x)

dA1X|uy= dA1

R|uy

(vgl. auch (3.2.3)),und wir erhalten schließlich

δ(p∗) |xy = dA1X p∗ − p∗ dX |xy

= dA1R p′∗ − p′∗ dR |xy .

Man beachte hierbei: Obwohl Spec(R) und dann auch A1R i.a. nicht aus

(Sch/Cfg/k) sind, so sind in diesem Fall offenbar die Wittkomplexe aufSpec(R) und A1

R gemaß Kapitel 3 erklart. Ebenfalls ist das Pull-back furden glatten Morphismus p′ wie in (4.2) erklart.

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78 5.1. Pull-back und Push-forward als Komplexmorphismen

Es genugt somit die Aussage von (5.1.3) fur die Projektion p : A1R → Spec(R)

zu beweisen.

4. Schritt: Wir betrachten nun den glatten Morphismus

p : A1R := Spec(R[t])→ X := Spec(R),

dabei sei R ein diskreter Bewertungsring. (Alle Restklassenkorper von R undA

1R seien endlich erzeugt uber k.)

Wir haben dA1Rp∗ = p∗ dR zu beweisen.Wir betrachten dazu die Wittkom-

plexe àdA1R

áâãδz

äåp∗

æp∗

0,

W (κ(z))

W (K)

0

⊕x∈A1

R(0)

W (κ(x))

⊕x∈A1

R(1)

W (κ(x))

W (K(t))

dabei ist K = Quot(R) und z der abgeschlossene Punkt von Spec(R). (DieGeradenbundel sind wie ublich weggelassen.)Es ist

p−1(z) = Spec(R[t]⊗R κ(z))

= Spec(κ(z)[t]).

p−1(z) enthalt also genau einen 1−dimensionalen Punkt η, namlich den ge-nerischen Punkt von p−1(z).

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5. Funktorielle Eigenschaften von C∗(X; W ,L) 79

Es ist dim(OA1R,η

) = 1, folglich ist OA1R,η

ein diskreter Bewertungsring undR → OA1

R,ηist gerade unverzweigt. Daher folgt dA1

R p∗ = p∗ dR wie im 2.

Schritt wieder aus (2.3.5). Damit ist (5.1.3) vollstandig bewiesen. 2

5.2 Die lange exakte Homologiesequenz

Ist X ∈ (Sch/Cfg/k) und L ein Geradenbundel auf X, so haben wir auf Xden Wittkomplex C∗(X; W ,L) mit Werten in L (vgl. dazu Kapitel 3).Wir haben mit HWp(X; W ,L) seine p−te Homologiegruppe bezeichnet (vgl.(3.4.1)).

(5.2.1) Nun sei i : Y → X eine abgeschlossene Immersion in der Kategorie(Sch/Cfg/k). Weiter sei j : U := X − Y → X die offene Immersion desoffenen Komplements von i(Y ) in X.Wir bezeichnen (Y, i,X, j, U) als das Rand-Tripel zur abgeschlossenen Im-mersion i : Y → X.

Ist nun L ein Geradenbundel auf X, so haben wir in kanonischer Weise dieWittkomplexe C∗(X; W ,L), C∗(Y ; W , i∗L) und C∗(U ; W , j∗L).Die mengentheoretische Zerlegung

X(p) = i(Y(p)) ∪ U(p)

der p−dimensionalen Punkte von X induziert offenbar eine exakte Sequenz

0→ Cp(Y ; W ,L | Y )i∗→ Cp(X; W ,L)

j∗→ Cp(U ; W ,L | U)→ 0

von abelschen Gruppen fur jedes p ∈ Z.

Da i∗ und j∗ nach den Satzen (5.1.2) und (5.1.4) mit den Differentialen derjeweiligen Komplexe kommutieren, so erhalt man folgenden fundamentalenSatz.

(5.2.2) Satz: Es sei X ∈ (Sch/Cfg/k), L ein Geradenbundel auf X und(Y, i,X, j, U) das Rand-Tripel zur abgeschlossenen Immersion i : Y → X.Dann hat man eine kurze exakte Sequenz von Komplexen

0→ C∗(Y ; W ,L | Y )i∗→ C∗(X; W ,L)

j∗→ C∗(U ; W ,L | U)→ 0

und folglich eine lange exakte Sequenz der Homologiegruppen

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80 5.2. Die lange exakte Homologiesequenz

...→ HWp(Y ; W )i∗→ HWp(X; W )

j∗→ HWp(U ; W )δ→ HWp−1(Y ; W )→ ...

(Wir haben dabei die jeweiligen Geradenbundel weggelassen.)

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6. Die Wittringhomologie affiner und projektiver Raume 81

6 Die Wittringhomologie affiner und projek-

tiver Raume

6.1 Die Homotopieeigenschaft

Es sei X ein Objekt aus (Sch/Cfg/k), L ein Geradenbundel auf X und E einlokalfreier OX−Modul vom Rang n.Wir bilden das zu E assoziierte lineare Faserbundel V(E). V(E) ist ein uber Xaffines Schema, und der Strukturmorphismus π : V(E) → X ist glatt (EGAIV, 4, 17.3.8) von der relativen Dimension n.Nach (4.2) hat man dann das Pull-back

π∗ : Cp(X; W ,L)→ Cp+n(V(E); W ,ΩnV(E)/X ⊗ π∗L)

fur jedes p ∈ Z.Da π∗ nach (5.1.3) mit den Differentialen der jeweiligen Wittkomplexe kom-mutiert, so induziert dieser einen, ebenfalls mit π∗ bezeichneten, Homomor-phismus der Homologiegruppen

π∗ : HWp(X; W ,L)→ HWp+n(V(E); W ,ΩnV(E)/X ⊗ π∗L)

fur jedes p ∈ Z.

Bemerkung: Da E ein lokalfreierOX−Modul von endlichem Rang ist, so hat

man einen kanonischen OV(E)−Modulisomorphismus π∗E∼=→ Ω1

V(E)/X . Daher

ist kanonisch ΩnV(E)/X ⊗ π∗L = π∗((

∧n E)⊗OX L).

Unser Hauptergebnis in diesem Abschnitt ist:

(6.1.1) Satz: (Homotopieinvarianz)Es sei X ∈ (Sch/Cfg/k), L ein Geradenbundel auf X und E ein lokalfreierOX−Modul vom Rang n. Dann ist

π∗ : HWp(X; W ,L)→ HWp+n(V(E); W ,ΩnV(E)/X ⊗ π∗L)

ein Isomorphismus fur jedes p ∈ Z.

Speziell erhalt man dann:

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82 6.1. Die Homotopieeigenschaft

(6.1.2) Korollar: Es sei X ∈ (Sch/Cfg/k) und L ein Geradenbundel aufX. Dann ist

π∗ : HWp(X; W ,L)→ HWp+n(AnX ; W ,ΩnAnX/X

⊗ π∗L)

ein Isomorphismus fur jedes p ∈ Z.

Beweis von (6.1.2): Die Aussage folgt aus (6.1.1) mit E = OnX . 2

Beweis von (6.1.1): Fur jede abgeschlossene Teilmenge Z von X, versehenmit der reduzierten Unterschemastruktur von X, ist die Einschrankung

π−1(Z) = V(E)×X Z = V(E | Z) −→ Z

glatt von der relativen Dimension n. Zum Beweis des Satzes konnen wirmittels noetherscher Induktion annehmen, daß der Satz fur alle abgeschlos-senen Z $ X richtig ist, denn sei namlich E die Menge aller abgeschlossenenZ $ X, fur welche der Satz nicht gilt. Angenommen es gelte E 6= ∅; dannenthalt E ein (bzgl. Inklusion) minimales Element Z0. Dann gilt der Satzfur alle abgeschlossenen Y $ Z0 und daher auch fur Z0; dies ist aber einWiderspruch.

Es sei U eine E trivialisierende offene Menge von X und Y = X−U das abge-schlossene Komplement, versehen mit der reduzierten Unterschemastruktur.Fur jedes p ∈ Z haben wir dann nach (5.2.2) ein kommutatives Diagrammmit exakten Zeilenç

(π|Z)∗

èπ∗

é(π|U)∗

êëìí→HWp+n(V(E | U); W )HWp+n(V(E); W )HWp+n(V(E | Z); W )

−→HWp(U ; W )HWp(X; W )HWp(Z; W )−→

(Wir haben in diesem Diagramm die jeweiligen Geradenbundel aus Nota-tionsgrunden weggelassen. Wir tun dies fur die Dauer des Beweises auchweiterhin.)

Nun ist V(E | U) ∼= V(OnX) = AnX . Folglich genugt es nach dem 5-Lemma

(6.1.2) zu beweisen.

Wegen der Faktorisierung

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6. Die Wittringhomologie affiner und projektiver Raume 83îïðñòπ

X,A1X...A

n−1XA

nX

der Funktorialitat von Pull-back und AkX = A1Ak−1X

sieht man iterativ, daß es

genugt die Aussage furπ : A1

X → X

zu beweisen.

Es ist π−1(x) = A1X ×X Spec(κ(x)) = A

1κ(x) fur alle x ∈ X, und hieraus liest

man fur die Menge der p−dimensionalen Punkte von A1X die Zerlegung

A1X (p) =

⋃x∈X(p)

A1κ(x)(0) ∪

⋃x∈X(p−1)

A1κ(x)(1)

ab.Es ist definitionsgemaß

Cp(A1X ; W ) :=

⊕x′∈A1

X (p)

W (x′).

Obige Zerlegung von A1X (p) induziert dann offenbar eine Zerlegung

Cp(A1X ; W ) =

⊕x∈X(p)

(⊕

x′∈A1κ(x)(0)

W (x′))⊕⊕

x∈X(p−1)

(⊕

x′∈A1κ(x)(1)

W (x′))

=⊕x∈X(p)

C0(A1κ(x); W )⊕

⊕x∈X(p−1)

C1(A1κ(x); W ). (∗)

Diese Situation stellt sich nun in folgendem Diagramm dar:ó d′ô d′õd′′

öd′′

÷dX

ødX

ùπ∗

úπ∗

ûπ∗

⊕x∈X(p−2)

W (x);

⊕x∈X(p−1)

C0(A1κ(x); W )

⊕⊕

x∈X(p−2)

C1(A1κ(x); W )

⊕x∈X(p−1)

W (x)

⊕x∈X(p)

C0(A1κ(x); W )

⊕⊕

x∈X(p−1)

C1(A1κ(x); W )

⊕x∈X(p)

W (x)

⊕x∈X(p+1)

C0(A1κ(x); W )

⊕⊕

x∈X(p)

C1(A1κ(x); W )

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84 6.1. Die Homotopieeigenschaft

dabei sei dA1X|⊕

x∈X(p)

C1(A1κ(x); W ) = d′ + d′′ fur jedes p.

Nach (3.2.2) gilt d′′ =⊕

x∈X(p)

dA1κ(x)

fur jedes p und nach Definition von π∗,

(5.1.3) und (2.4.2) gilt

(1) π∗ dX = dA1X π∗

= d′ π∗.

(2) Aufgrund der Definition von π∗ und nach (2.4.2) ist π∗ an jeder Stellevon C∗(X; W ) injektiv, so daß wir

Ker(dX) = Ker(π∗ dX)(1)= Ker(d′ π∗)

erhalten.Außerdem induziert π∗ einen Isomorphismus Ker(dX) ∼= π∗(Ker(dX)).

(3) Aus (1) erhalt man weiterhin

π∗(Im(dX)) = Im(π∗ dX)

= Im(d′ π∗).

Aufgrund von (2) und (3) hat man also zum Beweis des Satzes die Isomorphiedes kanonischen Morphismus

i : π∗(Ker(d′ π∗))/Im(d′ π∗)→ Ker(dA1X

)/Im(dA1X

)

an jeder Stelle p zu zeigen.

(4) Wir zeigen zunachst die Surjektivitat von i :Sei also α ∈ HWp(A

1X ; W ) beliebig vorgegeben. Es sei α ∈ Cp(A

1X ; W ) ein

Reprasentant dieses Elements.Es ist α = α1 + α2 gemaß obiger Zerlegung (∗).Da nach (2.4.2) d′′ surjektiv ist, so gibt es ein γ ∈ C(p+1)(A

1X ; W ) mit

dA1X

(γ) = δ + α2.

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6. Die Wittringhomologie affiner und projektiver Raume 85

Dann gilt:

ρ := α− dA1X

(γ) ∈⊕

x∈X(p−1)

C1(A1κ(x); W )

im Sinne der Zerlegung (∗) und weiter gilt

dA1X

(ρ) = dA1X

(α− dA1X

(γ))

= dA1X

(α)− dA1X

(dA1X

(γ))

= 0.

Folglich ist ρ ∈ Ker(d′′) und also nach (2.4.2) ρ ∈ π∗(Ker(d′ π∗)).Nun ist i(ρ) = α nach Definition von ρ, so daß i surjektiv ist.

Nun zur Injektivitat von i :Sei α ∈ π∗(Ker(d′ π∗))/Im(d′ π∗) reprasentiert durch α = α1 + 0 ∈Cp(A

1X ; W ). (Man beachte wieder obige Zerlegung.)

Es sei nun α ∈ Im(dA1X

). Also existiert ein γ ∈ C(p+1)(A1X ; W ) mit dA1

X(γ) =

α.Wir schreiben wieder γ = γ1 + γ2 gemaß (∗).Aufgrund der Surjektivitat von d′′ existiert somit ein ε ∈ C(p+2)(A

1X ; W ) mit

dA1X

(ε) = δ + γ2.

Dann ist γ − dA1X

(ε) ∈⊕

x∈X(p)

C1(A1κ(x); W ) und es gilt dA1

X(γ − dA1

X(ε)) = α.

Nun ist α ∈⊕

x∈X(p−1)

C1(A1κ(x); W ), so daß notwendig γ − dA1

X(ε) ∈ Ker(d′′)

ist.Nach (2.4.2) ist dann γ − dA1

X(ε) ∈ Im(π∗) und damit also α ∈ Im(d′ π∗).

Damit ist i injektiv, insgesamt also ein Isomorphismus.Somit ist (6.1.1) vollstandig bewiesen. 2

(6.1.3) Korollar: (Wittringhomologie des affinen Raums)Es sei F ∈ (Cfg/k) und AnF = Spec(F [t1, ..., tn]) der n−dimensionale affi-ne Raum uber F. Es sei L ein Geradenbundel auf AnF . Wir betrachten denWittkomplex C∗(A

nF ; W ,L) auf AnF .

Dann gilt:

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86 6.2. Die Wittringhomologie projektiver Raume

HWp(AnF ; W ,L) ∼=

0 fur p 6= n

W (F ) fur p = n.

Beweis: Da Pic(AnF ) = 0 ist, und jeder ’globale’ OAnF−Modulmorphismus

L∼=−→ OAnF einen Komplexisomorphismus C∗(A

nF ; W )

∼=−→ C∗(AnF ; W ,L) in-

duziert, so durfen wir L = OAnF annehmen.Dann folgt das Korollar mit (6.1.2) iterativ aus der Homotopieeigenschaftdes A1

F (vgl. (2.4.2)). 2

Bemerkung: Man beachte, daß die Isomorphie in (6.1.3) i.a. nicht kanonischist, sondern von der Wahl des Geradenbundels und der Wahl des trivialisie-renden Isomorphismus abhangt.Uber die Operation von AutAnF (L) auf W (F ) gilt das gleiche wie fur deneindimensionalen affinen Raum (vgl. (3.4.3)).

6.2 Die Wittringhomologie projektiver Raume

Wir studieren in diesem Abschnitt den Wittkomplex projektiver Raume ubereinem Korper.(6.2.1) Sei also F ∈ (Cfg/k) und P1

F = Proj(F [x0, x1]) der 1-dimensionaleprojektive Raum uber F.Wir studieren nun Randabbildungen auf dem Funktionenkorper κ(η) = F (x1

x0)

von P1F = D+(x0) ∪ ∞; dabei ist η der generische Punkt von P1

F .

Wir betrachten die beiden Gruppenhomomorphismen

d : W (κ(η))→⊕

x∈P1F (0)

W (κ(x))

mitdx = δx fur alle x ∈ P1

F (0),

und

d′ : W (κ(η))→⊕

x∈P1F (0)

W (κ(x))

mit

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6. Die Wittringhomologie affiner und projektiver Raume 87

d′ =

δx fur x ∈ P1

F (0) − ∞sx0x1 fur x =∞.

Es ist sx0x1 (α) = δ∞(x0

x1· α) fur alle α ∈ W (κ(η)) und s

x0x1 (α) = δ∞1 (α) fur alle

α ∈ W (κ(η)).Definitionsgemaß ist d das Differential des Wittkomplexes auf P1

F mit Wertenin OP1

F.

Es gilt nun:

(6.2.2) Proposition:

1. Ker(d) ∼= W (F )

2. Koker(d) = W (F )

3. d′ ist ein Isomorphismus.

Beweis: Wir gehen aus von der exakten Sequenz (vgl. 2.4.3)

0→ W (F )i−→ W (κ(η))

(δx)−→⊕

x∈P1F (0)−∞

W (κ(x))→ 0,

dabei ist i die Komposition

W (F )rκ(η)/F−→ W (κ(η),Ω1

κ(η)/F )∼=−→ W (κ(η)),

wobei der letzte Isomorphismus durch den F [x1

x0]−Modulisomorphismusüý

d(x1

x0)1

Ω1F [

x1x0

]/FF [x1

x0]

induziert ist.Im folgenden bezeichne α : W (κ(η))→

⊕x∈P1

F (0)

W (κ(x)) entweder d oder d′.

Mit obiger kurzer exakter Sequenz erhalten wir dann das kommutative Dia-gramm

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88 6.2. Die Wittringhomologie projektiver Raumeþÿα

i

(δx)

pr

0Koker(α)W (κ(∞))

0⊕

x∈P1F (0)

x6=∞

W (κ(x))⊕

x∈P1F (0)

W (κ(x))W (κ(∞))0

0W (κ(η))W (κ(η))00

0W (F )Ker(α)00

000

mit exakter zweiter und dritter Zeile und exakter dritter Spalte.Das Schlangenlemma liefert dann die exakte Sequenz

0→ Ker(α)→ W (F )δ→ W (κ(∞))→ Koker(α)→ 0.

Wir berechnen nun δ fur α = d oder α = d′.

Es sei β = 〈a〉 ⊗ dF/ks1 ∧ ... ∧ dF/ksn ∈ W (F ) mit a ∈ F ∗, und s1, ..., sn seieine separierende Transzendenzbasis von F/k.Dann ist

i(β) = 〈(−1)na〉 ⊗ dκ(η)/kx1

x0

∧ dκ(η)/ks1 ∧ ... ∧ dκ(η)/ksn

=

⟨(−1)n+1(

x1

x0

)2

a

⟩⊗ dκ(η)/k

x0

x1

∧ dκ(η)/ks1 ∧ ... ∧ dκ(η)/ksn

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6. Die Wittringhomologie affiner und projektiver Raume 89

=⟨(−1)n+1a

⟩⊗ dκ(η)/k

x0

x1

∧ dκ(η)/ks1 ∧ ... ∧ dκ(η)/ksn,

also folgt δ∞(i(W (F ))) = 0.

Außerdem ist nach (2.4.3) δx(i(W (F ))) = 0 fur alle x ∈ P1F (0) − ∞.

Weiter ist kanonisch κ(∞) ∼= F. Vermoge dieser Isomorphie gilt furi(β) =

⟨(−1)n+1a

⟩⊗ dκ(η)/k

x0

x1∧ dκ(η)/ks1 ∧ ... ∧ dκ(η)/ksn ∈ W (κ(η)) mit

a ∈ F ∗ :

sx0x1 (i(β)) = δ

x0x12 (

⟨(−1)n+1x0

x1

a

⟩)⊗ dκ(∞)/ks1 ∧ ... ∧ dκ(∞)/ksn

= δ∞1 (⟨(−1)n+1a

⟩)⊗ dκ(∞)/ks1 ∧ .... ∧ dκ(∞)/ksn

= (−1)n+1 〈a〉 ⊗ dF/ks1 ∧ ... ∧ dF/ksn= (−1)n+1 · β.

Also ist

δ =

(−1)n+1 · id fur α = d′

0 fur α = d.

Die exakte Sequenz aus dem Schlangenlemma liefert dann die Behauptung.2

(6.2.3) Bemerkung: (6.2.2) besagt also

HW0(P1F ; W ) ∼= HW1(P1

F ; W ) ∼= W (F ).

Dieses Ergebnis gliedert sich in die Aussage des nachfolgenden Satzes ein, derdie Homologie des Wittkomplexes auf P1

F mit Werten in einem beliebigenGeradenbundel angibt.

(6.2.4) Ist L ein beliebiger invertierbarer Modul auf PnF , so ist L ∼= OPnF (m)fur ein m ∈ Z (vgl. [Ha], II, 6.16).Daher liefert der folgende Satz eine vollstandige Ubersicht uber die Homologiedes Wittkomplexes auf P1

F mit Werten in einem beliebigen Geradenbundelauf P1

F .

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90 6.2. Die Wittringhomologie projektiver Raume

Offenbar ist von vornherein fur die Homologie des Wittkomplexes auf demprojektiven Raum P

nF lediglich eine Abhangigkeit von Pic(PnF )/2 zu erwarten.

(6.2.5) Satz: Sei F ∈ (Cfg/k) und P1F = Proj(F [x0, x1]). Wir betrachten

fur jedes n ∈ Z den Wittkomplex C∗(P1F ; W ,OP1

F(n)) auf P1

F mit Werten indem invertierbaren Modul OP1

F(n).

Dann gilt:

HW0(P1F ; W ,OP1

F(n)) ∼= HW1(P1

F ; W ,OP1F

(n))

∼=W (F ), falls n ≡ 0 mod 2

0, falls n ≡ 1 mod 2.

Dieser Satz ergibt sich aus (6.2.2) zusammen mit der folgenden einfachenBeobachtung uber den zweiten Randhomomorphismus des Wittrings einesbewerteten Korpers. Obwohl einfach zu sehen, ist sie fundamental fur dieWittringhomologie projektiver Raume.

(6.2.6) Lemma: Es sei F ein Korper mit Bewertung v (v sei nicht notwen-dig geometrisch) und Primelement πv. Dann gilt in W (κ(v)) fur alle a ∈ F ∗

δπv2 (〈πnv · a〉) = δπv2 (〈a〉), falls n ≡ 0 mod 2

und

δπv2 (〈πnv · a〉) = sπvv (〈a〉) = δv1(〈a〉), falls n ≡ 1 mod 2

ist.

Beweis von (6.2.5): Es ist

P1F = D+(x0) ∪ V+((x0))

= D+(x0) ∪ ∞= Spec(F [

x1

x0

]) ∪ ∞.

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6. Die Wittringhomologie affiner und projektiver Raume 91

Das homogene Primideal (x0) von F [x0, x1] sei also der unendlich ferne Punktvon P1

F .Die Multiplikation mit xn0 liefert fur jedes n ∈ Z und alle z ∈ D+(x0)κ(z)−Vektorraumisomorphismen

xn0 : κ(z)∼=−→ OP1

F(n)(z).

An dem Punkt ∞ tut dies die Multiplikation mit xn1 , also

xn1 : κ(∞)∼=−→ OP1

F(n)(∞).

Diese Isomorphismen induzieren in der gewohnten Weise Isomorphismen derWittgruppen

xn0 : W (z)∼=−→ W (z,OP1

F(n)(z))

bzw.

xn1 : W (∞)∼=−→ W (∞,OP1

F(n)(∞)).

Dann kommutiert fur alle n ∈ Z und z ∈ P1F (0) − ∞ das Diagramm δz

δz

xn0

xn0

W (z);W (η)

W (z,OP1F

(n)(z))W (η,OP1F

(n)(η))

dabei ist η der generische Punkt von P1F .

An der unendlichen Stelle kommutiert fur jedes n ∈ Z das Diagramm δ∞δ∞

xn1

xn1

W (∞).W (η)

W (∞,OP1F

(n)(∞))W (η,OP1F

(n)(η))

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92 6.2. Die Wittringhomologie projektiver Raume

Nun sei n ∈ Z beliebig aber fest und α = 〈a〉⊗dκ(η)/ks1∧ ...∧dκ(η)/ksk⊗xn0 ∈W (η,OP1

F(n)(η)) vorgegeben.

Hierbei ist a ∈ κ(η)∗ und s1, ..., sk ∈ κ(η)∗ sind Elemente derart, daß dasalternierende Produkt dκ(η)/ks1 ∧ ... ∧ dκ(η)/ksk eine κ(η)−Basis von ωκ(η)/k

ist.Dann ist

α = 〈a〉 ⊗ dκ(η)/ks1 ∧ ... ∧ dκ(η)/ksk ⊗ (x0

x1

)n

· xn1

=

⟨(x0

x1

)n

a

⟩⊗ dκ(η)/ks1 ∧ ... ∧ dκ(η)/ksk ⊗ xn1

=

⟨(x0

x1

)n

ba

⟩⊗ dκ(η)/k

x0

x1

∧ dκ(η)/kt2 ∧ ... ∧ dκ(η)/ktk ⊗ xn1 ,

wobei b ∈ κ(η)∗ und t2, ..., tk eine separierende Transzendenzbasis von F/kist.Daher ist

dP1F|∞ (α) = δ

x0x12 (

⟨(x0

x1

)n

ba

⟩)⊗ dF/kt2 ∧ ... ∧ dF/ktk ⊗ xn1

(6.2.6)=

δx0x12 (〈ba〉)⊗ dF/kt2 ∧ ... ∧ dF/ktk ⊗ xn1 fur n ≡ 0 mod 2δ∞1 (〈ba〉)⊗ dF/kt2 ∧ ... ∧ dF/ktk ⊗ xn1 fur n ≡ 1 mod 2

Es ist

〈a〉 ⊗ dκ(η)/ks1 ∧ ... ∧ dκ(η)/ksk = 〈ba〉 ⊗ dκ(η)/kx0

x1

∧ dκ(η)/kt2 ∧ ... ∧ dκ(η)/ktk.

Dann ist

d |∞ (〈ba〉⊗dκ(η)/kx0

x1

∧dκ(η)/kt2∧...∧dκ(η)/ktk) = δx0x12 (〈ba〉)⊗dF/kt2∧...∧dF/ktk

bzw.

d′ |∞ (〈ba〉⊗dκ(η)/kx0

x1

∧dκ(η)/kt2∧...∧dκ(η)/ktk) = δ∞1 (〈ba〉)⊗dF/kt2∧...∧dF/ktk.

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6. Die Wittringhomologie affiner und projektiver Raume 93

Zusammengenommen haben wir also fur n ≡ 0 mod 2 das kommutative Dia-gramm dP1!

d

"#⊕

x∈P1F (0)

W (x);W (η)

⊕x∈P1

F (0)

W (x,OP1F

(n)(x))W (η,OP1F

(n)(η))

dabei ist der linke vertikale Isomorphismus xn0 , der rechte vertikale Isomor-phismus ist in den Summanden der endlichen Stellen ebenfalls xn0 und an derunendlichen Stelle xn1 . d ist wie in (6.2.1) definiert.

Fur n ≡ 1 mod 2 haben wir das kommutative Diagramm$ dP1%d′

&'⊕

x∈P1F (0)

W (x);W (η)

⊕x∈P1

F (0)

W (x,OP1F

(n)(x))W (η,OP1F

(n)(η))

dabei sind die vertikalen Isomorphismen die gleichen wie im vorhergehendenDiagramm und d′ ist wie in (6.2.1) definiert.Jetzt liefert (6.2.2) die Behauptung des Satzes. 2

(6.2.7) Bemerkung: Die im Beweis von (6.2.5) gewahlte lokale Triviali-sierung von OP1

F(n) induziert, in Verallgemeinerung der entsprechenden Tat-

sache fur den A1F (vgl. (3.4.3)), einen Isomorphismus

m : AutOP1F

(OP1F

(n))∼=−→ F ∗.

Es sei n ≡ 0 mod 2. Ist j : W (F )∼=−→ HW0(P1

F ; W ,OP1F

(n)) ein Isomor-

phismus, f ∈ AutOP1F

(OP1F

(n)) und f der induzierte Automorphismus von

HW0(P1F ; W ,OP1

F(n)), so kommutiert das Diagramm

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94 6.2. Die Wittringhomologie projektiver Raume( j)j

*f

+m(f)

HW0(P1F ; W ,OP1

F(n));W (F )

HW0(P1F ; W ,OP1

F(n))W (F )

dabei ist der linke vertikale Pfeil die Multiplikation mit m(f) ∈ F ∗.Entsprechendes gilt fur HW1(P1

F ; W ,OP1F

(n)) ∼= W (F ).

Wir benutzen nun den in den Kapiteln 4 und 5 entwickelten Homologie-apparat um eine vollstandige Ubersicht uber alle Wittkomplexe projektiverRaume uber einem Korper F ∈ (Cfg/k) von hoherer Dimension zu erhalten.

Man hat:

(6.2.8) Satz: Sei PnF = Proj(F [x0, ..., xn]) der n−dimensionale projektiveRaum uber F ∈ (Cfg/k) (n ≥ 1) und C∗(P

nF ; W ,OPnF (m)) der Wittkomplex

auf PnF mit Werten in OPnF (m), und es gelte m ≡ 0 mod 2.Dann gilt fur dessen Homologie:

HWi(PnF ; W ,OPnF (m)) ∼=

W (F ), fur i = 0

0, fur 1 ≤ i ≤ n− 1

W (F ), fur i = n und n ≡ 1 mod 20, fur i = n und n ≡ 0 mod 2.

Fur ungeraden Twist hat man:

(6.2.9) Satz: Ist m ≡ 1 mod 2, so gilt fur die Homologie des KomplexesC∗(P

nF ; W ,OPnF (m)) (n ≥ 1):

HWi(PnF ; W ,OPnF (m)) ∼=

0, fur i = 00, fur 1 ≤ i ≤ n− 10, fur i = n und n ≡ 1 mod 2

W (F ), fur i = n und n ≡ 0 mod 2.

Wir beweisen beide Satze simultan.

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6. Die Wittringhomologie affiner und projektiver Raume 95

Beweis von (6.2.8) und (6.2.9):Es ist

PnF = Proj(F [x0, ..., xn]) = V+((xn)) ∪D+(xn)

= Proj(F [x0, ..., xn−1]) ∪D+(xn)

= Pn−1F ∪ AnF .

Die kanonische abgeschlossene Immersion i : Pn−1F → P

nF und die kanonische

offene Immersion j : AnF → PnF induzieren nach (5.2.2) eine kurze exakte

Sequenz von Wittkomplexen

0→ C∗(Pn−1F ; W )

i∗→ C∗(PnF ; W )

j∗→ C∗(AnF ; W )→ 0

und somit eine lange exakte Sequenz der Homologiegruppen

→ HWp+1(AnF )δ→ HWp(P

n−1F )

i∗→ HWp(PnF )

j∗→ HWp(AnF )

δ→ HWp−1(Pn−1F ).

(Bei Aussagen innerhalb dieses Beweises, welche von dem gerade betrachtetenGeradenbundel unabhangig sind, lassen wir dieses, zur Vereinfachung derNotation, meistens weg.)

Nach (6.1.3) gilt HWp(AnF ) = 0, fur p 6= n und jedes Geradenbundel auf AnF .

Daher ist fur 1 ≤ p < n − 1 HWp(AnF ) = HWp+1(AnF ) = 0 und man erhalt

aus obiger exakter Sequenz

(1) HWp(Pn−1F ; W ,OPn−1

F(m)) ∼= HWp(P

nF ; W ,OPnF (m)) fur 1 ≤ p < n− 1

und alle m.

Wir betrachten nun den niedrigdimensionalen Teil der langen exakten Se-quenz der Homologiegruppen:

...→ HW1(AnF )δ→ HW0(Pn−1

F )→ HW0(PnF )→ HW0(AnF ).

Nach (6.1.3) ist wieder HW1(AnF ) = HW0(AnF ) = 0 (fur n 6= 1) und damit

(2) HW0(Pn−1F ) ∼= HW0(PnF ).

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96 6.2. Die Wittringhomologie projektiver Raume

Die lange exakte Sequenz liefert fur die hochdimensionalen Punkte die exakteSequenz

(3) 0→ HWn(PnF )→ HWn(AnF )δ→ HWn−1(Pn−1

F )→ HWn−1(PnF )→ 0;

hierbei haben wir wieder (6.1.3) benutzt.Wiederum nach (6.1.3) ist HWn(AnF ) ∼= W (F ).Wir berechnen nun δ in obiger Sequenz (3).Wir betrachten dazu das folgende kommutative Diagramm mit exakter zwei-ter und dritter Zeile

,-./012345678kan

9r

:;dPnF,n

<dAnF,n

=>?@0;HWn−1(PnF )HWn−1(Pn−1

F )

0Ker(dAnF ,n−1)Ker(dPnF ,n−1)Ker(dPn−1F ,n−1)0

0Cn(AnF ; W )Cn(PnF ; W )00

W (F )HWn(PnF )0

dabei ist r durch die Restriktion induziert (vgl. auch (2.4.3)). Man erhalt diein Frage stehende Sequenz (3) aus vorstehendem Diagramm durch Anwen-dung des Schlangenlemmas auf die zweite und dritte Zeile.Definitionsgemaß ist δ in der Sequenz (3) von dem Randhomomorphismusδξ induziert, wobei ξ ∈ PnF (1) der generische Punkt von Pn−1

F gemaß derZerlegung PnF = Pn−1

F ∪ AnF vom Anfang ist.In Spec(F [ x0

xn−1, ..., xn−2

xn−1, xnxn−1

]) = D+(xn−1) entspricht ξ dem von xnxn−1

er-zeugten Primideal.

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6. Die Wittringhomologie affiner und projektiver Raume 97

Ein α ∈ W (F ) wird unter r in Cn(PnF ; W ,OPnF (m)) auf

〈a〉 ⊗ ds1 ∧ ... ∧ dsk ∧ d(x0

xn) ∧ d(

x1

xn) ∧ ... ∧ d(

xn−1

xn)⊗ xmn

abgebildet; dabei ist a ∈ F ∗, s1, ..., sk eine separierende Transzendenzbasisvon F/k und d bezeichnet abkurzend dκ(η)/k, wobei η der generische Punktvon PnF ist.Nun ist

〈a〉 ⊗ ds1 ∧ ... ∧ dsk ∧ d( x0

xn) ∧ d( x1

xn) ∧ ... ∧ d(xn−2

xn) ∧ d(xn−1

xn)⊗ xmn =

〈−a〉 ⊗ ds1 ∧ ... ∧ dsk ∧ d( x0

xn) ∧ d( x1

xn) ∧ ... ∧ d(xn−2

xn) ∧ d( xn

xn−1)⊗ xmn .

Fur i = 0, ..., n− 2 gilt

d(xixn−1

) ∧ d(xnxn−1

) = d((xixn

)(xnxn−1

)) ∧ d(xnxn−1

)

=xnxn−1

· d(xixn

) ∧ d(xnxn−1

).

Hieraus erhalt man in ωκ(η)/F die Identitat

d(x0

xn−1

)∧ ...∧d(xn−2

xn−1

)∧d(xnxn−1

) = (xnxn−1

)n−1

·d(x0

xn)∧ ...∧d(

xn−2

xn)∧d(

xnxn−1

).

Somit erhalt man

(4) r(α) =⟨(−1)n+ka( xn

xn−1)−n+1

⟩⊗ d( xn

xn−1) ∧ ds1 ∧ ... ∧ dsk

∧d( x0

xn−1) ∧ d( x1

xn−1) ∧ ... ∧ d(xn−2

xn−1)⊗ ( xn

xn−1)mxmn−1

=⟨

(−1)n+ka( xnxn−1

)−n+1( xnxn−1

)m⟩⊗ d( xn

xn−1) ∧ ds1 ∧ ... ∧ dsk

∧d( x0

xn−1) ∧ d( x1

xn−1) ∧ ... ∧ d(xn−2

xn−1)⊗ xmn−1.

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98 6.2. Die Wittringhomologie projektiver Raume

Wir beweisen jetzt (6.2.8) und (6.2.9) durch Induktion nach n.

Fur n = 1 ist (6.2.8) und (6.2.9) gerade (6.2.5).Es sei nun n > 1 und die Aussagen beider Satze richtig fur n− 1.

1. Fall: m ≡ 0 mod 2.Aus (2) erhalt man HW0(PnF ; W ,OPnF (m)) ∼= W (F ).

Aus (1) folgt HWi(PnF ; W ,OPnF (m)) = 0 fur i = 1, ..., n− 2.

Es sei nun n ≡ 1 mod 2; dann ist nach Induktionsannahme

HWn−1(Pn−1F ; W ,OPn−1

F(m)) = 0

und also δ in der Sequenz (3) die Nullabbildung und somit folgt

HWn(PnF ; W ,OPnF (m)) ∼= HWn(AnF ) ∼= W (F ).

Ist n ≡ 0 mod 2, dann ist nach Induktionsannahme

HWn−1(Pn−1F ; W ,OPn−1

F(m)) ∼= HWn−1(An−1) ∼= W (F );

unter Beachtung dieser Isomorphie folgt nun aus (4) mittels (6.2.6) die Iso-morphie von δ in Sequenz (3).Damit folgt HWn(PnF ; W ,OPnF (m)) = 0. Mithin ist (6.2.8) bewiesen.

2. Fall: Sei m ≡ 1 mod 2.Aus (2) erhalt man HW0(PnF ; W ,OPnF (m)) = 0.

Aus (1) folgt HWi(PnF ; W ,OPnF (m)) = 0 fur i = 1, ..., n− 2.

Es sei zunachst n ≡ 1 mod 2; dann ist nach Induktionsannahme

HWn−1(Pn−1F ; W ,OPn−1

F(m)) ∼= HWn−1(An−1) ∼= W (F );

unter Beachtung dieser Isomorphie folgt nun aus (4) mittels (6.2.6) die Iso-morphie von δ in Sequenz (3).Damit folgt HWn(PnF ; W ,OPnF (m)) = 0.Ist n ≡ 0 mod 2, so ist δ notwendig die Nullabbildung und also

HWn(PnF ; W ,OPnF (m)) ∼= HWn(AnF ) ∼= W (F ).

Damit ist auch (6.2.9) bewiesen. 2

(6.2.10) Bemerkung: AutOPnF

(OPnF (m)) operiert, vermoge den in (6.2.8)

und (6.2.9) angegebenen Isomorphismen, auf W (F ) in analoger Weise wie esin (6.2.7) fur den P1

F angegeben ist.

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99

Literatur

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