Wälzlager und Wälzlagerungen - · PDF fileAuch wenn Lager aufgrund der im Abschnitt 15.2.2 beschriebenen Bauformen eine bevor-zugte Lastrichtung aufweisen,

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  • BERBLICK

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    Wlzlager und Wlzlagerungen

    15.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125

    15.2 Funktion und Wirkung von Wlzlagern . . . . . . . . . 126

    15.3 Gestaltung von Wlzlagerungen . . . . . . . . . . . . . . . . 165

    15.4 Beanspruchung und Beanspruchbarkeit von Wlzlagern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181

    15.5 Wlzlagerschden und deren Diagnose . . . . . . . . . 233

    Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243

    Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245

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    Einfhrung

    In diesem Kapitel werden die Grundlagen zur Auslegung und Berechnung von Wlz-lagern sowie die Gestaltung von Wlzlagerungen behandelt. Hierzu werden zunchst

    die verschiedenen Arten und Bauformen von Kugel- und Rollenlagern vorgestellt. Ergnzendwird auch auf die Pressung, Schmiegung und Wlzkrperfhrung innerhalb des Lagers sowieauf die elastische Verformung und die Federungseigenschaften eingegangen. Weiterhin wer-den die Besonderheiten zu den eingesetzten Werkstoffen und die sich aus der Reibung undSchmierung ergebenden Temperaturverhltnisse im Hinblick auf die Funktion des Wlz-lagers erlutert.

    Ausgehend vom einzelnen Wlzlager wird die Gestaltung von Wlzlagerungen durch dieKombination verschiedener Wlzlager in Festlager-Loslager-Anordnung, als angestellte Lage-rung in X-Anordnung sowie in O-Anordnung, Tandemanordnung oder als schwimmendeLagerung behandelt. Dabei wird auch auf die Mglichkeiten zur Passungswahl, die Gestal-tung des Lagerumfeldes sowie den Ein- und Ausbau von Wlzlagern eingegangen.

    Abschlieend erfolgt der Vergleich von Beanspruchung und Beanspruchbarkeit, indem zu-nchst die statische und die dynamische Tragfhigkeit und die jeweils zugehrige quivalenteLagerbelastung erlutert werden. Auf der Grundlage der einwirkenden Lagerkrfte werdendann die Verfahren zur Berechnung der nominellen Lebensdauer, der angepassten nomi-nellen Lebensdauer und der modifizierten Referenz-Lebensdauer nach DIN ISO 281 ausfhr-lich behandelt. Ferner wird auf die zulssigen Drehzahlen von Wlzlagern eingegangen.

    Ergnzend zur Lebensdauerberechnung schliet das Kapitel mit einer bersicht zu hu-figen Wlzlagerschden und deren Diagnose im Betrieb.

    LERNZIELE

    Kennenlernen der grundlegenden Aufgaben von Wlzlagern und ihr Einsatz in antriebstechnischen Anwendungen

    Kennenlernen der Anforderungen und des Betriebsverhaltens von Wlzlagern

    Kennenlernen der grundlegenden Gestaltungsrichtlinien beim Einsatz von Wlzlagern

    Zusammenstellung der Berechnungsgrundlagen zur Auslegung von Wlzlagern

    Kennenlernen ausgewhlter Wlzlagerschden und Mglichkeiten zur Diagnose

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    15.1 Einleitung

    15.1 Einleitung

    Die Wlzlager dienen genauso wie die Gleitlager zur Sicherung der Lage von zueinanderbeweglichen Maschinenelementen im Raum und zur bertragung der dabei auftretendenKrfte (s.a. Kapitel 14). Allerdings wird die Relativbewegung zwischen den beiden abzustt-zenden Teilen durch Wlzkrper ermglicht, die kugel- oder rollenfrmig ausgebildet seinknnen. Abbildung 15.1 zeigt beispielhaft das Radsatzgetriebe der Lokomotive aus Abbil-dung 1.1 und die darin verwendeten Rillenkugellager und Zylinderrollenlager zur Fhrungder Wellen.

    Abbildung 15.1: Lagerungen im Radsatzgetriebe der Lokomotive G 2000 nach Abbildung 1.1

    Auch wenn erste Patente und Einsatzbeispiele von Wlzlagern aus der Zeit zwischen 1800 und1880 stammen, wurden die heute bekannten einbaufertigen Bauformen in den Jahren 1902(Schulterkugellager), 1907 (Pendelkugellager), 1909 (Zylinderrollenlager) und 1912 (Tonnen-lager) entwickelt, mageblich getrieben durch die seinerzeit stetig wachsende Automobil-industrie [15.81]. Im Vergleich zu Gleitlagern weisen die Wlzlager folgende Vorteile auf:

    Bedingt durch das Wlzprinzip tritt bei Anlauf und kleinen Drehzahlen nur geringe Rei-bung auf (Reibungsbeiwert = 0,002 ... 0,01), d.h. das Anlaufmoment ist nur geringfgiggrer als das Betriebsmoment (wesentlicher Vorteil bei Antriebssystemen).

    Zur Erzielung der gnstigen Reibungsverhltnisse und als Korrosionsschutz (fast war-tungsfreie Dauerschmierung) sind nur geringe Schmierstoffmengen erforderlich, die Lagerbentigen keine Einlaufzeit.

    Eine Reihe von Lagertypen kann sowohl Radial- als auch Axialkrfte aufnehmen, bezogenauf die Einbaubreite ist die Tragfhigkeit sehr gro.

    Die weitgehende Normung erlaubt eine einfache Beschaffung und den herstellerunabhn-gigen Austausch von Ersatzlagern.

    Zylinderrollenlager zur radialen Absttzung,

    in axialer Richtung lose

    Kombinierte Lagerung aus Zylinderrollenlager

    und Rillenkugellager (hier: Vierpunktlager) zur

    Aufnahme radialer und axialer Krfte

    Rillenkugellager: Zylinderrollenlager:

    1 Auenring

    3 Innenring

    2 Wlzkrper

    4 Kfig

    I

    II

    1

    4

    3

    2

    1

    4

    2

    3

    4

    2

    3

  • Wlzlager und Wlzlagerungen

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    Diesen Vorteilen stehen die folgenden Nachteile gegenber:

    Die stndigen berrollungen (Wlzkrper Laufbahn) fhren zur Materialermdung,sodass Wlzlager nicht dauerfest sind, was die Berechnung einer ertragbaren Lebensdauererfordert. Ferner ist abhngig von der Baugre aufgrund einwirkender Fliehkrfte auf dieumlaufenden Bauteile (Wlzkrper und Kfig) die zulssige Drehzahl begrenzt (je grerdas Lager, desto geringer die zulssige Drehzahl).

    Die Punkt- bzw. Linienberhrung (Kugel- bzw. Rollenlager) zwischen Wlzkrpern undLaufbahnen bedingt hohe Hertzsche Pressungen, sodass Wlzlager empfindlich sind gegenErschtterungen und Ste.

    Die Empfindlichkeit gegenber Verschmutzung erfordert hufig einen hohen Abdichtungs-aufwand, der zu Verschleistellen mit entsprechenden Leistungsverlusten fhren kann.

    Der radiale Raumbedarf ist, bedingt durch die erforderlichen Abmessungen der Wlzkr-per, grer als beim Gleitlager, ferner ist eine radiale Teilung ungnstig, weshalb diese nurin besonderen Fllen eingesetzt wird [15.4], [15.70].

    Aufgrund der berwiegenden Vorteile haben sich die Wlzlager in den meisten antriebs-technischen Anwendungen durchgesetzt. Es sei aber darauf hingewiesen, dass nicht nurumlaufende Wellen, sondern auch andere Maschinenelemente (z.B. Kurbelschwingen inMechanismen, Kranhaken in einer Unterflasche, Abbildung 10.23) oder aber ganze Baugrup-pen, die teilweise nur Schwenkbewegungen ausfhren mssen, wlzgelagert sein knnen.Hierzu gehren Schiffsruder, Kranausleger, Schleusentore und Klappen im Stahlwasserbau,Drehbrcken und schwenkbare Oberbauten von Kranen und Tagebaugrogerten [15.4],[15.110], [15.120].

    15.2 Funktion und Wirkung von Wlzlagern

    In der Regel besteht ein Wlzlager gem Abbildung 15.2 aus zwei Laufringen (Innenringund Auenring) bzw. Scheiben beim Axiallager (s.a. Abbildung 15.8), einem Satz Wlzkr-per und einem Kfig. Der Kfig hat gem Abbildung 15.3 die Aufgaben, die Wlzkrpernach der Montage gleichmig ber dem Umfang verteilt zu fhren und die gegenseitigeBerhrung der einzelnen Wlzkrper mit der doppelten Umfangsgeschwindigkeit zu verhin-dern. Als Wlzkrper werden Kugeln, Zylinder-, Kegel- oder Tonnenrollen und sogenannteNadeln verwendet.

    In Analogie zum Gleitraum beim Gleitlager wird der mit Schmierstoff gefllte und unterhoher Pressung stehende Kontaktbereich zwischen Laufringen und Wlzkrpern als Wlz-raum bezeichnet [15.63]. Im Gegensatz zum Gleitlager ist der Wlzraum primr jedoch nichtnach den Erfordernissen der Schmierstoffzufuhr gestaltet, sondern funktionsbedingt ist dierelative Wlzbewegung zwischen Laufringen und Wlzkrpern zu ermglichen. Unter Wlz-bewegung wird dabei ein Rollen mit einem berlagerten Gleitanteil verstanden. Dieser uner-wnschte Gleitanteil ideal wre eine reine Rollbewegung ist urschlich zurckzufhrenauf die Lagerkinematik, die unterschiedlichen elastischen Verformungen der einander berh-renden Wlzkrper und Laufbahnen sowie die Krmmung der Hertzschen Kontaktflchen.

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    15.2 Funktion und Wirkung von Wlzlagern

    Um den aus der Wlzbewegung entstehenden Verschlei gering zu halten und mglicheFresserscheinungen zu vermeiden, ist eine Trennung der Wirkflchen durch flssige oderfeste Schmierstoffe erforderlich. In Sonderfllen werden auch reibungsmindernde Beschich-tungen (z.B. Keramik, Kunststoffe) verwendet. Der flssige oder fliefhige Schmierstoffbewirkt im Wlzraum hauptschlich eine gnstigere Kraftberleitung (Pressungsverteilung)in den einzelnen Berhrstellen, wobei die Drcke wegen der konzentrierten Belastungen inden Hertzschen Punkt- und Linienkontakten grundstzlich hher sind als in Gleitlagern.Abbildung 15.2 zeigt die Hertzsche Punktberhrung beim Rillenkugellager und die Linien-berhrung beim Zylinderrollenlager. Aufgrund der Werkstoffelastizitten entstehen unter dereinwirkenden Last F tatschlich ellipsenfrmige und rechteckige Belastungszonen.

    Abbildung 15.2: Grundstzlicher Aufbau eines Kugellagers und eines Rollenlagers mit zugehriger Belastungsart (HertzschePunkt- und Linienberhrung) und mglichen Wlzkrpergeometrien

    Die Schmierstoffzufuhr erfolgt indirekt durch die Transportwirkung des Kfigs, durchSchmierstoffmitnahme der Wlzkrper auerhalb des Bereiches der Einzeldruckzonen oderdurch Zu- und Abtransport von Schmierstoffstrmen im verbleibenden freien Raum zwi-schen den inneren Bauteilen des Wlzlagers, wobei der Druckaufbau im Schmierfilm aus-schlielich nach dem hydrodynamischen Prinzip erfolgt. Im Vergleich zum Gleitlager sinddie hydrodynamisch wirksamen Geschwindigkeiten beim Wlzlager grer, da sich die Ober-flchen von Laufbahn und Wlzkrper relativ zueinander gleichsinnig bewegen. Damit kannbereits bei sehr niedrigen Drehzahlen eine Trennung der Fes