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Wolfgang Wildgen Goethe als Wegbereiter einer Dynamischen Morphologie in Natur und Sprache Wenn ich Goethe als Wegbereiter einer Dynamischen Morphologie bezeichne, dann aus zwei Gründen: Erstens hat er mit seiner Typenlehre und mit seiner Suche nach idealen Urformen das Paradigma einer abstrakten Formenlehre geschaffen, die über die empirischen Klassifikationen zeitgenössischer Biologen hinaus tendierte; zweitens hat er unter dem Einfluss von Plato und Leibniz nach einfachen, letztgültigen dynamischen Prinzipien gesucht, aus denen sich Sein und Werden der Welt erklären lassen. Seine ganzheitlich-dynamische Auszug mit Korrekturen und Ergänzungen aus: Wildgen, Wolfgang, 1983. Goethe als Wegbereiter einer Dynamischen Morphologie (unter besonderer Berücksichtigung der Sprachform). Vortrag gehalten bei der Tagung: Goethes Beitrag zur Naturwissenschaft heute, Bayreuth, in: Jahresbericht des Präsidenten 1982, Universität Bayreuth: 235-277. Erneut abgedruckt in: L.A.U.T. Preprint, Reihe A, Papier Nr. 125, Trier, 1984. document.doc 1/34

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Wolfgang Wildgen

Goethe als Wegbereiter einer Dynamischen Morphologie in Natur

und Sprache

Wenn ich Goethe als Wegbereiter einer Dynamischen

Morphologie bezeichne, dann aus zwei Gründen:

Erstens hat er mit seiner Typenlehre und mit seiner

Suche nach idealen Urformen das Paradigma einer

abstrakten Formenlehre geschaffen, die über die

empirischen Klassifikationen zeitgenössischer Biologen

hinaus tendierte; zweitens hat er unter dem Einfluss von

Plato und Leibniz nach einfachen, letztgültigen

dynamischen Prinzipien gesucht, aus denen sich Sein

und Werden der Welt erklären lassen. Seine

ganzheitlich-dynamische Theorie wirkt auf dem

Hintergrund moderner Theorien der Entstehung von

Leben und der Evolution komplexer Wesen sehr aktuell, obwohl letztlich eine direkte

Beeinflussung nicht anzunehmen ist. Goethe ist somit eher in dem Sinne Wegbereiter, als er

eine Problem-Sicht verfolgt hat, die sich heute wieder als fruchtbar erweist.

Goethes Ideen zur Sprachmorphologie, die zwar in seinem Werk nur einen geringen Platz

einnehmen, erhalten ihr Gewicht eben durch die Symbiose von Sprachkunst und Wissenschaft

in der Person Goethes. Sie werfen ein helles Licht auf Grundfragen der Sprachwissenschaft

Auszug mit Korrekturen und Ergänzungen aus: Wildgen, Wolfgang, 1983. Goethe als Wegbereiter einer Dynamischen Morphologie (unter besonderer Berücksichtigung der Sprachform). Vortrag gehalten bei der Tagung: Goethes Beitrag zur Naturwissenschaft heute, Bayreuth, in: Jahresbericht des Präsidenten 1982, Universität Bayreuth: 235-277. Erneut abgedruckt in: L.A.U.T. Preprint, Reihe A, Papier Nr. 125, Trier, 1984.

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und deren Stellung zwischen den Natur- und Geisteswissenschaften.

1 GOETHES KONZEPTION EINER ,,MORPHOLOGIE ÜBERHAUPT“

Gottfried Herder (1744-1803), dessen wissenschaftlich philosophischer Geist Goethe in seiner

Straßburger Zeit tief beeindruckt hat, schrieb 1770

seine berühmte Preisschrift ,,Über den Ursprung der

Sprache“. Goethe konnte deren Entstehung persönlich

im Gespräch mit Herder mitverfolgen. Er war zu dieser

Zeit allerdings noch dabei, seine dichterische Kraft zu

entwickeln. Aus der Bewegung der Sturm- und

Drangperiode heraus war ihm Unmittelbarkeit,

Gefühlsechtheit wichtiger als philosophische

Abstraktion. Dennoch ist Herders Grundthese, die

Kontinuität vom Anorganischen zum Organischen,

vom Tier zum Menschen und die Zielgerichtetheit der

Entwicklung, die im menschlichen Geist (in der Sprache und besonders in der Poesie) gipfelt,

eine Grundlage für Goethes dichterisches und naturwissenschaftliches Schaffen geworden.

Interessanterweise ist es aber gerade die Differenz zu Herder, Goethes Vorliebe für das Sinn-

liche, Anschauliche, Unmittelbare und seine Abneigung gegen das Abstrakt-Allgemeine,

welche seine besondere Verbindung von Dichtung und Naturwissenschaft prägen. Dabei mag

seine zeichnerische Begabung eine vermittelnde Rolle gespielt haben.

Die Spannung zwischen Goethes Wunsch nach Unmittelbarkeit und dem Wunsch nach

globalem Verstehen ließ die spezifisch Goethesche Morphologie entstehen, die er selbst an

die Spitze einer aufsteigenden Liste von Wissenschaften stellt, die da sind:

Naturgeschichte: Organische Naturen, Habitus, GestaltNaturlehre: Materielle Naturen, Kräfte, OrtsverhältnisseAnatomie: Organische Natur, innere und äußere Teile, ohne das lebendige

GanzeChemie: Teile eines organischen Körpers, Stoff hervorbringend, Stoff

zusammengesetztZoonomie: Das Ganze insofern es lebt und wirkt, physische KraftPhysiologie: Das Ganze sofern es lebt und wirkt, geistige KraftMorphologie: Gestalt in ihren Teilen und in ihrem Ganzen, Übereinstim-

mungen, AbweichungenMorphologie überhaupt: Betrachtung des organischen Ganzen durch Vergegenwärtigung

aller dieser Rücksichten und Verknüpfung derselben durch die

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Kraft des Geistes.(Goethe, Johann Wolfgang v., Werke, Hamburger Ausgabe, Bd. 13, 122 f; aus: Nacharbeiten und Sammlungen [1820])

Die ,,Morphologie überhaupt“ fasst alle Wirkungskräfte zusammen und stellt damit die

höchste und umfassendste Naturwissenschaft im Sinne Goethes dar (vgl. auch Meyer-Abich,

1949: 76 f.).

Diese hierarchische Anordnung der naturwissenschaftlichen Disziplinen macht deutlich, dass

die Morphologie mehr ist als die Klassifikation gesammelter Formen oder Gestalten. Sie ist

eine zwar konkrete, aber die Gesamtheit der Differenzen und Übereinstimmungen sowie den

anatomischen Aufbau und physiologischen Zusammenhang der Teile berücksichtigende

Wissenschaft. Die ,,Morphologie überhaupt“ soll diese konkreten Teilbehandlungen zu einer

universalen Darstellung der Natur durch die ,,Kraft des Geistes“ vereinen.

Die zentralen Begriffe in Goethes Morphologie der klassischen Zeit (etwa 1775-1805) sind

der Typus und die Urbilder (Urpflanze, Urtier, Urkörper). Einerseits wird der Typus und die

Existenz von Urbildern methodisch als tertium comparationis der vergleichenden Forschung

gefordert (so in: Bildung und Umbildung organischer Naturen, ibidem 21), andererseits

erhalten diese Begriffe eine platonische Realität, sie sind Baupläne, Prinzipien, nach denen

die Natur die Vielfalt der Formen kraft der ihr eigenen Freiheit schafft. Diese platonische

Tendenz verstärkt sich in der Spätphase Goethes, in der er beeinflusst von Leibniz nach

abstrakteren Prinzipien sucht. Dadurch werden die Urformen oder Archetypen nicht mehr in

der Weise ,,sichtbar“ wie es Goethe bei seiner Suche nach der Urpflanze noch vorschwebte.

Entgegen der Unmittelbarkeitsforderung des jungen Goethe entsteht jetzt doch eine

abstraktere Vorstellung des Typus als Organisationsprinzip einer großen Vielfalt von Formen.

Komplementär zum Typus konzipiert Goethe die Metamorphose, welche den Typus

verändert, ihn an die Umwelt anpasst. Auf diese Weise entstehen die Arten.

Eine mittlere Abstraktionsebene nehmen geometrische Formen der Dynamik ein. So spricht

Goethe in dem Aufsatz: Spiraltendenz der Vegetation von: ,,Allgemeine Spiraltendenz der

Vegetation, wodurch in Verbindung mit dem vertikalen Streben Bau und Bildung der

Pflanzen nach dem Gesetze der Metamorphose vollbracht wird“. (Goethe, 1955: 131)

Diese geometrisch-dynamischen Formen werden durch die allgemeinen Prinzipien: Polarität

und Steigerung ergänzt.

Goethe vollzieht dabei in seinem Lebenswerk einen Teil des Wissenschaftszyklus vom

Empirischen zum Ideellen, den er anlässlich seiner Beschreibung der Geschichte der

Farbenlehre aufgedeckt hatte. In dieser sehr abstrakt verbalen Endform der Morphologie ist

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Goethe der damaligen Philosophie von Schelling (1775-1854) und Hegel (1770-1831) näher

als den sich in der ersten Hälfte de 19. Jahrhunderts rasant entwickelnden

Naturwissenschaften.

2 VERFALL UND NEUENTSTEHUNG DER DYNAMISCHEN MOR-PHOLOGIE

Die Morphologie, wie sie Goethe programmatisch skizziert hat, wurde mitgetragen durch die

naturphilosophischen Ansätze von Schelling (vgl. ,,Schellings erster Entwurf eines Systems

der Naturphilosophie“ von 1799) und durch die parallelen Arbeiten Okens (vgl. dessen Lehr-

buch der Naturphilosophie, 1809-1811). Goethe selbst sah sich außerdem in Geoffroy

St. Hilaire anerkannt und nahm gegen Ende seines Lebens Stellung zum Akademiestreit

zwischen Geoffroy St. Hilaire und Cuvier (vgl. Goethes ausführliche Kommentierung

der ,,Principes de philosophie zoologique“ (Hamburger Ausgabe, Bd. 13, 219-250).

St. Hilaires Grundgedanke ist nach Goethe: ,,die Organisation der Tiere sei einem

allgemeinen, nur hier und da modifizierten Plan, woher die Unterscheidung derselben

abzuleiten sei, unterworfen.“ (Goethe, W. von, Hamburger Ausgabe Bd. 13, 225)

Diese Kontroverse war für Goethe deshalb so bedeutsam, weil hier ein international

anerkannter Naturforscher seine Arbeit explizit gewürdigt hatte. Dessen Gegner Cuvier

freilich sah in der Arbeit der Deutschen (neben Goethe werden genannt: Kielmeyer, Meckel,

Oken, Spix, Tiedemann, Bojanus, Carus) den Versuch, eine längst widerlegte pantheistische

Theorie zu begünstigen (ibidem, 227, 250).

Das Grunddilemma der idealistischen Morphologie, wie die spätere, an Goethe anknüpfende

morphologische Forschung genannt wurde, ist in Goethes Arbeiten schon vorgeprägt. In der

Beobachtung einzelner Phänomene verfährt diese Morphologie zwar empirisch; bei der

Festlegung allgemeiner Strukturen im Vergleich und bei der Konstruktion allgemeiner

Urformen, Typen, vermischen sich aber subjektive, häufig gar sprachliche Schemata mit der

Theorie, so dass die Typen und Urformen eher philosophisch-spekulativ als empirisch

motiviert sind. Dies wird besonders am Urblatt deutlich, das weniger eine phylogenetische

Urform als vielmehr eine Verallgemeinerung des Prototyps eines ,,Blattes“ in der deutschen

und zentraleuropäischen Weitsicht darstellt. Dies bedeutet: eine sprachliche

Verallgemeinerung in der Kultur des Biologen dient als Folie des Archetyps (vgl. dazu

Zimmermann, 1968: 50 ff.).

Es ist auf diesem Hintergrund nicht erstaunlich, dass die idealistische Morphologie etwa seit

Mitte des 19. Jahrhunderts von der Mehrzahl der Biologen abgelehnt wurde. Sie hatte

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international nur vereinzelte Fortführer (so die Archetypenlehre von Owen [1804–1892],

Aggasiz: Essay of classification, 1859, und D'Arcy Thompson, On Growth and Form, 1917).

Die Arbeit von D'Arcy Thompson, der einerseits nach Urtypen, Urplänen sucht, andererseits

dabei auf geometrische Konzepte zurückgreift, führt in direkter Linie zur topologisch-

dynamischen Archetypenlehre René Thoms (vgl. Thom 1977: 179). Dieser bezieht sich

übrigens auch auf Geoffroy St. Hilaire, wobei er annimmt, dass die heutigen Biologen eher

dazu neigen, für Cuvier Partei zu ergreifen, während er selbst St. Hilaires Wunsch nach einer

morphologischen Fundierung für wissenschaftlich legitim hält (vgl. Thom, 1975: 36 und unter

Bezugnahme auf Husserls Phänomenologie Petitot-Cocorda, 1992).

Der naturphilosophische Aspekt der Goetheschen Morphologie (besonders in älteren

Arbeiten) beeinflusste die Ganzheitsphilosophie von Driesch (1905) und auch die

Gestaltpsychologie (Anfang des 20. Jahrhunderts). Insbesondere letztere zeigt eine

Verbindung von empirischer (teilweise naturwissenschaftlicher) Strenge und großer Breite,

die bis ins Philosophische und Ästhetische reicht. Die Kontinuität, insbesondere im deutschen

Raum, soll jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Gewicht von Goethes morphologi-

schen Arbeiten zu seinen Lebzeiten eher mäßig war und nach seinem Tode rasch abnahm.

Die Biologie des 19. Jahrhunderts wurde wesentlich geprägt durch die Festigung der

Evolutionstheorie, die als Idee bereits seit Ende des 19. Jahrhunderts (bei Lamarck und

implizit sogar bei Herder) in Arbeiten der Biologen und Naturphilosophen vorhanden war.

Erst die Verbindung von empirischer Sorgfalt und einfachem Erklärungsgefüge in den

Arbeiten von Darwin und Wallace führte 1859 (Publikationen der ,,Origin of Species“ durch

Darwin) zu einer neuen und tiefer greifenden vergleichenden Morphologie, die heute von

keinem Biologen mehr ignoriert werden kann. Aus der phylogenetischen Perspektive kann

man sich beim Vergleich der Formen von Lebewesen nicht mehr auf Analogien und abstrakte

Urformen beschränken, man muss die Geschichte der Formentstehung angeben und die Kräfte

freilegen, welche zur Erhaltung und Veränderung von Formen im konkreten evolutionären

Verlauf geführt haben. Kurz gesagt, nach Darwin ist die naive Morphologie der Goethe-Zeit

nicht mehr möglich. Dies heißt jedoch keineswegs, dass der Darwinismus die in der

Goetheschen Morphologie aufgeworfenen Fragen beantwortet hätte, im Gegenteil, er stellte

andere Fragen und auch andere Antwortschemata in den Vordergrund und hat damit das

Problemfeld systematisch vervollständigt. Gerade die schwierigen Fragen, nämlich diejenigen

nach der Kontinuität von Natur, Geist und Kunst wurden jedoch von engeren

naturgeschichtlichen Fragen verdrängt. Generell ergab sich ein neues Vorbild für die Wis-

senschaft, das auch für die Geisteswissenschaft Gültigkeit erhielt.

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Die sorgfältigen und verästelten empirischen Analysen und Ergebnisse sollten durch

möglichst einfache und generelle Gesetze erklärt werden. Von diesen Gesetzen wurde

erwartet, dass sie vom Typ quasi-physikalischer Gleichgewichtsgesetze sind, d. h. es sollten

keine höheren Pläne oder Entelechien ins Spiel kommen; aus den Wirkungen in der jeweils

einzelnen Konfiguration sollten auch allgemeine Strukturen, etwa die Entstehung von Arten,

erklärt werden. In diesem Sinne ist die Zielvorstellung der nach-darwinschen Biologie der von

Goethe diametral entgegengesetzt.

In der Physik sind zwei große Entdeckungen von fundamentaler Bedeutung für die spätere

Neuentstehung der Dynamischen Morphologie. Erstens die beiden thermodynamischen

Gesetze. Das erste wurde 1847 von Helmholtz mathematisch als Energieerhaltungsgesetz

formuliert. Es stellt den Prototyp genereller Gleichgewichtssätze dar. Das zweite

thermodynamische Gesetz, die Irreversibilität der Umwandlung von Energie in Wärme, war

zwar in der Technik bekannt, es entfaltet seine theoretische (innovative) Wirkung aber

besonders in der irreversiblen Thermodynamik Prigogines. Gerade die Irreversibilität ist aber

für die Theorie der Strukturentstehung von großer Bedeutung. Eine weitere große Innovation

waren die Feldlehre von Faraday (1791-1867) und Maxwells mathematische Formulierung

der Feldgleichungen (um 1860). Die physikalische Feldlehre hat ihrerseits die

Gestaltpsychologie Ende des 19. Jahrhunderts beeinflusst (besonders

die ,,Vektorpsychologie“ Kurt Lewins; vgl. Wildgen, 2001). Sie ermöglichte eine

dynamische, kontinuierliche Modellbildung mit Fernwirkungen und schaffte damit eine

Alternative zum Mechanismus in der Tradition von Descartes.

Die Mathematik hat sich im 19. Jahrhundert grundlegend verändert. Die Loslösung von der

Anschaulichkeit und der direkten Dienstfunktion für die Technik (die Goethe so aufbrachte)

führte in eine Grundlagenkrise, aus der eine große Fülle neuer Systeme hervorging. Es

entstanden die Logikkalküle (und die Metamathematik), die nicht-euklidischen Geometrien

und schließlich die Topologie und die Differentialtopologie sowie die Stochastik. Mit dieser

Vielfalt mathematischer Formen war ein reiches Instrumentarium für neue Morphologien

geschaffen. Die Morphologie konnte sich aus der Bevormundung durch die Sprache, die

Alltagsweltsicht befreien; zumindest teilweise, denn letztlich ist die Umgangssprache die

letzte Rückversicherung (im Sinne des späten Wittgenstein).

Dieses Problemfeld greift jedoch schon hinüber in die Sprachmorphologie, deren weitere

Entwicklung nach Humboldt wir kurz verfolgen wollen, um auf diese Weise die historische

Kluft zwischen Goethes Tod und heute zumindest notdürftig zu schließen.

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3 METAMORPHOSEN DER DYNAMISCHEN SPRACHMOR-PHOLOGIE

Wilhelm von Humboldts Sprachphilosophie stellte eine

Synthese der intensiven sprachphilosophischen

Auseinandersetzungen seit Leibniz und einen

vorläufigen Höhepunkt dar. Gleichzeitig war aber seine

Lehre der inneren und äußeren Sprachform auf einer

abstrakten Höhe angesiedelt, die von der turbulenten

nachfolgenden Entwicklung nicht nur nicht erreicht,

sondern auch sorgfältig umschifft wurde. Bopp (1791-

1867) und Jacob Grimm (1785-1863) setzten teilweise

die Tradition fort. Die neue Attraktion, die

Rekonstruktion der germanischen und indo-europäischen Ursprachen und deren Bestärkung

durch den ab Mitte des 19. Jahrhunderts einsetzenden Darwinismus führten die

Sprachwissenschaften in ganz andere Gefilde. Die stark historisierende, an Quellen

orientierte, vergleichende Sprachwissenschaft und der allgemeine Trend zu ausschließlich

mechanistischen Erklärungen ließen bald vergessen, dass die Sprache nicht eine bloße

Naturform, wie die Blüten des Botanikers oder die Arten des Biologen, ist. Man tendierte

dazu, die Sprachwissenschaft auf eine Naturwissenschaft, ja auf die Naturgeschichte zu

reduzieren (und stellte damit Goethes Hierarchie der Wissenschaften auf den Kopf). Nicht

zuletzt das von Helmholtz formulierte Energieerhaltungsgesetz und die mechanische

Gesetzlichkeit der Darwinschen Evolutionslehre führten zum Ideal eines mechanischen, von

jeder bewussten Einwirkung, jeder höheren Formung unbeeinflussten Gesetzlichkeit. Diese

Zielvorstellung einer geistlosen Wirkung ist den Idealen von Herder, Goethe und Humboldt,

insbesondere Goethes Idee der Steigerung und der Kontinuität von Natur, Geist und Kunst so

entgegengesetzt, dass das Erbe der Goethe-Zeit verloren gehen musste. Es entstand die

Konzeption einer naturwissenschaftlichen Linguistik (Schleicher, 1848) und die Idee der

Lautgesetze. Allerdings verlor sich die anfängliche Euphorie der Anhänger rein mechanischer

und deshalb ausnahmsloser Lautgesetze bald. Die Lautgesetze wurden durch das im

Wesentlichen assoziationspsychologische Analogieprinzip ergänzt oder gar zur ,,Mode“

abgewertet (s. H. Paul für die erste Tendenz, Delbrück für letztere). Wundt führte beide

zusammen und verknüpfte sie in einer psychophysischen Theorie, die mit Fechners

Psychophysik in Zusammenhang gebracht werden kann.

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Im späten 19. Jahrhundert finden verschiedene neu entstandene Disziplinen, wie die

Psychologie, die Soziologie und die Linguistik, zu einer ersten Konsolidierungsphase. Die

alten Probleme der Sprach-Morphologie sind jedoch ihrer Lösung nicht näher gekommen,

man hat lediglich Sprachbeobachtungen und Sprachvergleiche angehäuft. Die nächste und

heutige Periode brachte eine Serie von Syntheseversuchen und führte schließlich zur

Wiederaufnahme der klassischen Probleme. Dass diese Synthesephase noch andauert, hängt

mit immer neuen Anpassungen der Sprachwissenschaft an wichtige Veränderungen im

theoretischen Umfeld, hauptsächlich in der Psychologie und Soziologie, aber auch in der

Philosophie, zusammen. Die wichtigsten Wellen waren Saussures Vorlesungen zu Beginn des

20. Jahrhunderts, der Prager Funktionalismus, der Instrumentalismus und Distributionalismus

(Kontexte des Gebrauchs bestimmen die Klassifikation) bei Harris, der eingebettet in den

logischen Empirismus (Carnap, Bar Hillel) von seinem Schüler Chomsky variantenreich

fortgeführt wurde. Gleichzeitig mit Chomsky und Bar Hillel kommt eine neue Entwicklung

zum Tragen, die sich bald selbstständig entwickelte: die logisch-mathematische

Approximation natürlicher Sprachen (durch Logik-Kalküle bei Montague und Barwise durch

Computersprachen bei den technisch motivierten Theoretikern). Diese Methode besteht im

Wesentlichen in einer Übersetzung der natürlichen Sprache in eine der logisch algebraischen

Kunstsprachen. Das Herausfiltern einer Universalgrammatik zeigte am Ende aber meist mehr

die Filter als das Phänomen. Zwei Grundfragen blieben weiterhin unbeantwortet: Ist Sprache

mehr Natur oder Konvention, welches ist der Zusammenhang von Sprache – Denken bzw.

Sprache und Wirklichkeit oder Kultur?

Zwar gibt es interessante Folgearbeiten zu Humboldt, so die Arbeiten der Neo-

Humboldtianer: Weisgerber und Gipper; aber sie bleiben in dem Rahmen, den auch Humboldt

nicht sprengen konnte.1 Eine Dynamische Morphologie heute kann sich nicht mehr mit den

Erkenntnismitteln zu Zeiten Goethes und Humboldts bescheiden, sie muss die fundamentalen

Veränderungen in der wissenschaftlichen Landschaft, seit Goethes und Humboldts Tod,

akzeptieren und integrieren. Das Faszinierende dabei ist, dass eben diese neuen Ent-

wicklungen Keime nicht nur für eine Wiederaufnahme der Problematik, sondern auch

Ansätze zu deren Lösung enthalten, d. h. gerade die Negation des Idealismus von Goethe und

Humboldt schuf die Voraussetzungen für eine Fortführung ihrer Arbeit. Damit erwies sich die

Nicht-Fortführung der idealistischen Morphologie Goethes und der sehr schwierigen

Sprachtheorie Humboldts als produktiver als die Arbeiten der Humboldt-Epigonen.

1 Cassirer hat zuerst 1923 und später in einem Aufsatz zum Strukturalismus in der Sprachwissenschaft versucht, die Tradition von Goethe und Humboldt zumindest philosophisch fortzusetzen. Vgl. Wildgen (2003).

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4 EIN NEUER ANLAUF ZU EINER DYNAMISCHEN SPRACH-MORPHOLOGIE

Über 150 Jahre nach Goethes Tod, über 200 Jahre nach Herders Preis-Schrift, ist das Interesse

an den biologischen Grundlagen der Sprache wieder sprunghaft angestiegen. Nachdem eine

Fülle von Daten über historische Sprachzustände und lebende Sprachen vorliegt, geht es nicht

darum, diese in einer Theorie zu integrieren; die ,,Allgemeine Sprache“, die ,,Idee“ hinter der

Verschiedenheit der Sprachen rückt wieder in den Vordergrund. Gleichzeitig ist man sich

dessen bewusst, dass für die Dynamische Sprachmorphologie ein spezielles Instrumentarium

notwendig ist und dass dabei das Problem der Vermittlung zwischen (kategorialer)

Wahrnehmung/Gedächtnis und Sprache im Zentrum steht, d. h. die Dynamische

Sprachmorphologie erhält neuerdings eine kognitive oder gar neurologische Komponente.

Goethe hat das fundamentale Problem jeder menschlichen Erkenntnis klar erkannt. In den

Paralipomena zur Farbenlehre spricht er es in einer Diktion aus, die schon an Wittgenstein

denken lässt:

,,Alle Erscheinungen sind unaussprechlich; denn die Sprache ist auch eine Erscheinung für sich, die nur ein Verhältnis zu den übrigen hat, aber sie nicht herstellen kann (identisch ausdrücken kann).“ (Goethe, Artemis Ausgabe, Bd. 17, Aphorismen und Fragmente, Symbolik, 777)

Für sich persönlich sah Goethe nur einen Ausweg aus diesem Dilemma: die poetische

Sprache.

,,Im gemeinen Leben kommen wir mit der Sprache notdürftig fort, weil wir nur oberflächliche Verhältnisse bezeichnen. Sobald von tieferen Verhältnissen die Rede ist, tritt sogleich eine andere Sprache ein, die poetische.“ (Goethe, ibidem, 775)

In seiner Zeichenlehre hat Goethe jedoch einen anderen Ausweg aus dem Dilemma angege-

ben, der für die moderne Naturwissenschaft von zentraler Bedeutung ist: Die Mathematik ist

eine Sprache mit besonderen Symbolqualitäten: ,,weil ihr gleichfalls Anschauungen zugrunde

liegen, die im höchsten Sinn identisch mit den Erscheinungen werden können.“ (Goethe,

ibidem, 776)

Gleichzeitig sieht Goethe aber auch die Gefahren der mathematischen Sprache, wenn er sagt:

,,daß aber ein Mathematiker aus dem Hexengewirre seiner Formeln heraus zur Anschauung der Natur käme und Sinn und Verstand unabhängig wie ein gesunder Mensch brauchte, werd ich wohl nicht erleben“ (An Zelter, 17. Mai 1829, zitiert in Seiler 1909, 4).

Ganz so pessimistisch war Goethe allerdings nicht, immerhin hebt er den Mathematiker

Lagrange hervor, indem er sagt: ,,möchten doch alle den gründlich-klaren Sinn eines

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Lagrange besitzen und damit Wissen und Wissenschaft behandeln“ (Goethe, Artemis

Ausgabe, Bd. 17, 770).

Obwohl Goethe die weitgehende Mathematisierung der Physik ablehnte, war es gerade diese,

welche den Mitte des 19. Jahrhunderts einsetzenden Empirismus in Richtung auf Goethes

Idealismus zurückführte (vgl. A. Groth, 1972, 167 ff.).

Goethe sah wohl in groben Umrissen Gefahren und Chancen der Mathematisierung, er konnte

aber deren Ausmaß und Vielfalt noch nicht ahnen. Die Allgemeine Morphologie Thoms

verwendet Mathematik nicht nur für das Trennen und Vergleichen, also in der konkreten

empirischen Arbeit, sondern auch bei der Suche nach Grundtypen und letzten Formprinzipien.

René Thom steht damit einerseits als Mathematiker in der Tradition des von Goethe hoch

gelobten Lagrange, andererseits versucht er, eine Naturphilosophie aufzubauen, in welche die

heute vorhandenen Disziplinen von der Physik bis zur Psychologie und Linguistik ein Funda-

ment und eine Perspektive erhalten. In seiner Rede anlässlich der Verleihung der

Ehrendoktorwürde der Universität Tübingen zum Thema „Für eine Wiederbelebung der Na-

turphilosophie“ zeigt der Mathematiker Thom einige Konfliktfelder der heutigen

Wissenschaft auf. Er fasst das Problem des Wissenschaftlers als ein zweifaches auf. Erstens

muss dieser einen empirischen Tatbestand sichern, d. h. eine Morphologie in Raum und Zeit

feststellen. Zweitens muss er aus der Flut solcher Feststellungen eine einfache Theorie bauen.

Die Theorie soll dabei die Willkür bei der Beschreibung einzelner verstreuter Morphologien

verringern, indem eine generelle Morphologie, in der Regel mithilfe verdeckter Größen und

Parameter, konstruiert wird. Thom vergleicht diese Situation mit dem Sinnbild Platons vom

Menschen, der in einer Höhle aus Schatten das Geschehen draußen zu erschließen versucht.

Die Annäherung der Theorie an die Erfahrungstatsachen ist nur in wenigen Fällen so gut und

so lückenlos (kompakt, analytisch), dass quantitative Vorhersagen möglich sind. Dies gelingt

zwar in der klassischen Mechanik, aber bereits in der Physik der Flüssigkeiten, in der Chemie

und erst recht in der Biologie sind exakte mathematische Modelle, die gleichzeitig eine breite

empirische Deckung haben, nur in besonderen Fällen möglich. Meist geht es um praktische

Approximationen und im Falle der Biologie fehlen teilweise sogar mathematische

Einfachheits- (Eleganz-) kriterien, um alternative Theorien bewerten zu können. Die Situation

ist dagegen wieder günstiger in Bereichen, welche selbst eine sehr ausgeprägte und

niedrigdimensionale Morphologie besitzen, z. B. in der Sprache, die deutlich wahrnehmbare

und abgrenzbare Muster (Phoneme, Morpheme, Syntagmen, Sätze) erkennen lässt; diese sind

annähernd eindimensional (zumindest suggeriert die Alphabetschrift eine lineare

Reihenbildung).

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Aus dieser sehr kritischen Sicht der Morphologie erweist sich die intuitive Suche Goethes

nach einfachsten Organisationsprinzipien und Archetypen als eine vernünftige Heuristik.

Außerdem spricht eine solche Sichtweise, die auf der einen Seite die analytischen und

quantitativen Modelle der Physik, auf der anderen Seite die sehr geordnete Morphologie der

Sprache als Extrema hat, gegen den seit dem 19. Jahrhundert dominierenden Reduktionismus.

Es scheint eben zwei grundsätzlich verschiedene Modi wissenschaftlicher Modellbildung als

Rekonstruktion sichtbarer und greifbarer Morphologien durch einfache, invariante,

verborgene Morphologien zu geben. Der Dichter und Zeichner Goethe hatte nicht zufällig

einen privilegierten Zugriff zur sprachlich-konzeptuellen Morphologie und zur

psychologischen Farb- und Formenlehre (in seiner Farbenlehre und Botanik), denn er stand

der Sprache und der figürlichen Anschauung sehr nahe. Der scheinbare Irrtum der

idealistischen Morphologen, ihr Rückgriff auf die eigene subjektive Vorstellungskraft, auf

sprachliche Prototypen war zumindest als Findungsstrategie kein Irrtum, sondern geschicktes

Vorgehen. In dieser Hinsicht steht Thom, ohne es explizit reflektiert zu haben, auch in der

Kontinuität Humboldts. Die Sprache ist eine Zwischenwelt, sie ist dies aber in der Form der

Tätigkeit des denkenden Menschen. Die Sprache ist eine Hülse, die wir zuerst ausfüllen und

dann sprengen müssen (um eine weitere Hülse gleichzeitig zu schaffen). Diese Botschaft

Humboldts hat Cassirer in seinem Begriff der genetischen Betrachtung gut erfasst, wenn er

sagt:

,,Jede Betrachtung der Sprache muß ,,genetisch“ verfahren: nicht in dem Sinne, daß sie sie in ihrer zeitlichen Entstehung verfolgt, und daß sie ihr Werden aus bestimmten empirisch-psychologischen ,,Ursachen“ zu erklären versucht, sondern in dem Sinne, dass sie das fertige Gefüge der Sprachbildung als ein Abgeleitetes, Vermitteltes erkennt, das erst verstanden wird, wenn es uns gelingt, es aus seinen Faktoren aufzubauen und die Art und Richtung dieser Faktoren zu bestimmen. Das Zerschlagen der Sprache in Wörter und Regeln bleibt immer nur ein totes Machwerk wissenschaftlicher Zergliederung - denn das Wesen der Sprache beruht niemals auf diesen Elementen, die die Abstraktion und Analyse an ihr herausstellen, sondern ausschließlich auf der sich

ewig wiederholenden Arbeit des Geistes, den artikulierten Laut zum Ausdruck des Gedankens fertig zu machen.“ (Cassirer, 1953: 104)

Wie will Thom nun diese Problemstellung einen

Schritt weiterbringen? Er setzt dort an, wo Humboldt

in neukantianischer Tradition aufhört: bei den

Invarianten der Anschauung. In Thoms topologischer

Semantik wird auch noch die Struktur des

Anschauungsraumes theoretisch angegangen. Die

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Instabilitäten, Brüche, Katastrophen raumzeitlicher Strukturen sind das Grundinventar, aus

dem prägnante Gestalten in Wahrnehmung und Gedächtnis aufgebaut werden. Sie sind das

Alphabet der Symbolwerdung. Das Symbol selbst ist die Stabilisierung einer

hochdimensionalen Anregungsstruktur unserer Wahrnehmungs- und Verarbeitungsorgane;

wir schaffen eine statische Morphologie als Produkt einer inneren Anregung durch äußere

Morphologien. Zumindest ansatzweise berührt sich hier die Thomsche Symboltheorie mit

Piagets Theorie der kognitiven Äquilibration; mit dem Unterschied gewiss, dass Thom ein

Alphabet irreduzibler Gestalten, semantischer Archetypen, angibt und diese mathematisch

fundieren kann. Piaget dagegen versucht die axiomatische Fundierung der Mengenlehre als

Blaupause des menschlichen Denkens zu nützen.

Freilich, selbst wenn Thoms gewagter Lösungsversuch Erfolg hätte, wäre damit erst ein

Zipfel des Vorhanges gelüpft; nur ein kleiner Strahl wäre auf die Wand der platonischen Höhe

gefallen. Die Thomsche Morphologie wird aber sicher neue Relevanz-Kriterien für

linguistische und psycholinguistische Arbeiten setzen, so dass man zumindest weiß, welche

Erfahrungsmorphologie uns erstaunt, welche Erscheinung zu uns spricht.1

,,Die Ordnung, in welche wir die Dinge stellen, liegt nicht in den Dingen; die Hauptsache ist, daß der Mensch sich das Anschauen, zu dem er einmal genöthigt ist, bequem mache und das thut er durch den Begriff, und durch die dem Begriffe correspondierende Ordnung.“ (Goethe in der Farbenlehre, zitiert bei K.-H. Menzen, 1980, 50)

Nun ist die gefundene Ordnung sicher keine zwingende, da sie wesentlich von den

(begrenzten) Einsichten des Beobachtenden, Forschenden abhängt. Eine solche

Wissenschaftsauffassung kann leicht als elitär missverstanden werden, trägt sie doch den

Stempel des Genie-Kults (und dies schien für Goethe wie für Thom natürlich zu sein).

Letztlich fehlt beiden, Goethe und Thom, das, was Thom als Erfolgs-Geheimnis der Physiker

ansieht, die stabile Verständigungsbasis, der kompakte Bezugsrahmen, der die

Transformation von Beobachtungen, Erfahrungen eines Forschers in diejenigen des anderen

erlaubt. Sicher hat Thoms Theorie durch das mathematische Fundament und durch die

Integration seiner Dynamischen Morphologie in die naturwissenschaftliche Forschung

gegenüber Goethe und Humboldt ein neues Plateau erreicht. Dennoch unterliegt sie der

Instabilität aller Archetypenkonstrukte ohne ausreichende empirische Fundierung. Letztlich

ist diese Instabilität jedoch auch eine Chance, denn so wie Goethes Morphologie in der

Gestaltpsychologie eine Steigerung erfuhr, wird wohl auch Thoms Theorie, ohne Bestand zu

haben, sich zu höheren Formen verwandeln können.

1 Vgl. die Prägnanztheorie Thoms und Wildgen (2006)..

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5 ANDERE TYPEN DYNAMISCHER MORPHOLOGIE UND DIE SPRACHE

In der Verfolgung des Schicksals der Goetheschen Morphologie im 19. Jahrhundert hatte ich

bereits auf zwei weitere Ansätze hingewiesen, die Thermodynamik und die fraktale

Geometrie. Ich möchte nur kurz auf deren Bedeutung für eine Sprachmorphologie hinweisen,

um das im vorherigen Abschnitt entworfene Bild zu ergänzen.

Goethe hatte als Dichter einen hoch entwickelten Sinn für die Labilität, den schnellen

Strukturverlust in der Sprache. Ich möchte dies anhand einiger Zitate belegen:

,,Das ausgesprochene Wort ist sogleich tot, wenn es nicht durch ein folgendes, dem Hörer gemäßes am Leben erhalten wird. Man merke nur auf ein geselliges Gespräch: gelangt es nicht schon tot zu dem Hörer, so ermordet er es also gleich durch Widerspruch, Bestimmen, Bedingen, Ablenken, Abspringen und wie die tausendfältigen Unarten des Unterhaltens auch heißen mögen. Mit dem Geschriebenen ist es noch schlimmer. Doch hat das Geschriebene den Vorteil, daß es dauert und die Zeit abwarten kann, wo ihm zu wirken gegönnt ist.“ (Goethe, Maximen und Reflexionen, zit. nach dem Goethe-Lexikon, 158)

,,Daß niemand den anderen versteht, daßs keiner bei denselben Worten dasselbe, was der andere denkt, daß ein Gespräch, eine Lektüre bei verschiedenen Personen verschiedene Gedankenfolgen aufregt, hatte ich schon allzu deutlich eingesehen.“ (Goethe, Dichtung und Wahrheit, 16. Buch, 1903: 659f)1

Die einzelnen Sprachhandlungen sind somit im Gegensatz zum biologisch kanalisierten

Spracherbe unstabil, ungenau. Die Übertragung klappt nur ungefähr, das Wort löst sich auf

wie Schall und Rauch. ,,Name ist Schall und Rauch“ (Faust 1, Vers 3457)

Nicht nur der Kommunikationsprozess ist eine Quelle ständiger Verluste, schon die

Verbalisierung ist durch den Verlust an Kraft und Ausdruck gekennzeichnet. Schiller hat dies

ebenso stark wie Goethe empfunden, wenn er schreibt: ,,Warum kann der lebendige Geist

dem Geist nicht erscheinen? Spricht die Seele, so spricht, ach! schon die Seele nicht mehr.“

(Schiller zit. bei Vossler, 1904, 89)

Diesem beständigen und schmerzlichen Verlust entspricht die ständige Sprachschöpfung,

wobei sprachschöpferisch nicht nur jene Individuen sind, welche neue Wörter, Satzgefüge

oder rhetorische Formen prägen; sprachschöpferisch ist jeder, der die vorfindlichen

Sprachhülsen mit ,,Seele“ (im Sinne Schillers), also mit aktiver, ansteckender Bedeutung,

Bedeutsamkeit füllt, so dass der Verlust der Kommunikation kompensiert, ja übertroffen wird.

Diese Gesichtspunkte sind in Vosslers idealistischer und ästhetischer Sprachwissenschaft

(vgl. Vossler, 1905, Kap. IV) zu einer neuen Reife gelangt. In der heutigen

1 Diese Bemerkung Goethes steht allerdings im Kontext zeitgenössischer Kontroversen zum Werk und zur Person Spinozas.

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Sprachwissenschaft gibt es ähnliche Regungen, ohne direkten Zusammenhang mit der

damaligen Bewegung in der Pragmatik (etwa bei Givon, 1979), der die höhere (d. h. textuelle

und konversationelle) Sprachebene nicht mehr reduktionistisch auf die Syntax aufbaut.

Letztere wird eher als eine Ablagerung lebendiger Text- und Gesprächs-Prozesse angesehen.

Die Formungsdynamik lebt vom Diskurs; später verfestigen, kristallisieren sich einige dieser

Strukturen in der statischen Syntax und Wortstruktur.

Die Dynamische Morphologie kennt als Analoga dieser Prozesse die dissipativen Strukturen,

d. h. Systeme, welche ständig arbeiten und Energie umsetzen. Charakteristisch für solche

Systeme ist die ständige Selbsterneuerung, die auch ,,Autopoiesis“, d. h. Selbsterschaffung,

genannt wird. Autopoietische Systeme sind zwar nicht global stabil, da sie sich fern des

thermodynamischen Gleichgewichtes befinden, sie erhalten sich aber in einer Art

Fließgleichgewicht. Ebenfalls charakteristisch für lebende Systeme ist, dass sie einen Kern

herausbilden, der eher konservativ und damit stabil ist. Der genetische Kode der DNA ist eine

solche relativ konservative Struktur (auf der Zeitskala von Jahrmillionen). Die Syntax und das

Lexikon bilden auf einer historischen Zeitskala (von Jahrhunderten) den konservativen Kern

einer insgesamt dissipativen und sich ständig erneuernden Sprachstruktur. Die Archetypen,

die Thom vorschlägt, werden als das Grundinventar eines solchen konservativen Kerns der

Sprachfähigkeit aufgefasst. Damit wird gleichzeitig deutlich, wie wenig mit der Archetypen-

semantik über das Gesamtsystem Sprache ausgesagt ist. Die Archetypensemantik muss durch

eine im Wesentlichen ,,thermodynamische Sprachmorphologie“ ergänzt werden. Erst wenn

dieser Bereich systematisch eingefangen ist, kann von einer zumindest approximativen

Rekonstruktion der Goethe-Humboldtschen Sprachtheorie die Rede sein. Eine solche

Dynamische Morphologie, welche die Sprachmorphologie umfasst, könnte Goethes

Vorstellungen einer ,,Morphologie überhaupt“ als ,,Betrachtung des organischen Ganzen

durch Vergegenwärtigung aller dieser Rücksichten und Verknüpfung derselben durch die

Kraft des Geistes“ (vgl. Abschnitt 1) Wirklichkeit werden lassen.

Bereits zu Goethes Lebzeiten entdeckte Robert Brown (1828) die nach ihm benannten

Brownschen Bewegungen von erhitzten Molekülen (vgl. Mandelbrot, 1977: 255; letzterer

bringt Brown in Verbindung mit Alexander von Humboldt). Die volle Bedeutung seiner

Entdeckung ist erst um 1905-1909 in der Quantenphysik gewürdigt worden. Diese

Morphologien, wenn man von Form überhaupt noch sprechen kann, eröffnen einen weiten

Bereich, den man komplementär zur Ordnung Chaos nennen kann. Im Bereich der sog.

Chaostheorie sind in den letzten Jahrzehnten eine ganze Reihe wichtiger Arbeiten entstanden.

Es scheint so, als gäbe es viele Übergänge zwischen geordneten und chaotischen Systemen.

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Anhand der zu diesem Bereich gehörenden Fraktale (Bruchfunktionen) von Mandelbrot

wollen wir skizzenhaft die Bedeutung dieses neu erschlossenen Bereiches der Morphologie

für die Sprachwissenschaft beleuchten.

Fraktale oder „Bruchstrukturen“ sind mathematische Funktionen, welche eine Dimensionalität

haben, die nicht durch eine ganze natürliche Zahl darstellbar ist. So ist z. B. eine Linie,

welche eine Fläche nicht teilt oder Teilflächen abgrenzt, sondern sie fast ausfüllt, eine solche

„Bruchstruktur“. Der Zusammenhang mit der Brownschen Bewegung ist deutlich; andere

natürliche Strukturen sind Flugbahnen von Mücken, Flussverläufe, Küstenlinien usw.

Wesentlich ist dabei, dass im Prinzip eine vergrößernde Betrachtung der Bewegung nur neue

Zickzackmuster zum Vorschein kommen lässt, anstatt zu einfacheren Gebilden zu führen.

Berry (1982) zeigt sogar, dass in der Optik die mikroskopische Betrachtung der Fraktale

globale und einfache Strukturen verschwinden lässt.

6 SCHLUSSBEMERKUNG

Von heute aus gesehen hat Goethe eine erstaunlich selbständige Einstellung zur damaligen

Naturwissenschaft entwickelt, ohne deren Siegeszug in der von Newton vorbestimmten

Richtung beeinflussen zu können. Erst heute, wo einerseits das klassische Paradigma der Phy-

sik von innen heraus aufgebrochen wird und andererseits das Bedürfnis nach einer weniger

bruchstückhaften, reduzierten Weitsicht wieder Gewicht erhält, wird uns die grundsätzliche

Bedeutung von Goethes naturwissenschaftlichen Arbeiten bewusst. Deren Wert liegt weniger

in den Detailbeobachtungen zur Botanik oder zur Farbenlehre, als im Bemühen um eine

Wissenschaft, welche die Totalität unserer Lebenswelt erklärend strukturieren kann.

Wissenschaft wird damit von ihrer Teilfunktion als Vorbereitung zur technischen

Beherrschung der Natur wieder auf das globale Erkenntnisbedürfnis des Menschen

zurückgeführt, an diesem gemessen.

Für die Sprachwissenschaft, welche nahe am Kreuzungspunkt zwischen Natur- und

Sozialwissenschaften steht, ist dieser Brückenschlag von besonderer Bedeutung. In Goethes

Sprachintuition, die teilweise von W. v. Humboldt ausformuliert wurde, ist eine zukünftige

Sprachwissenschaft als Gerüst erkennbar. In ihr sollen die grundlegenden, bis jetzt

gewonnenen Einsichten in die Sprache, die Sprachen, den Verständigungsprozess zu einer

neuen Synthese zusammengefaßt werden. Goethes Beitrag zur Wissenschaft heute besteht

gerade darin, dass er eine lohnende Perspektive für morgen anzugeben vermag.

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Arbeiten des Autors zur Dynamischen Morphologie nach 1983

Monographien und Werke gemeinsam mit anderen Autoren

1. Wildgen, Wolfgang, 1985b. Dynamische Sprach- und Weltauffassungen (in ihrer Entwicklung von der Antike bis zur Gegenwart), Schriftenreihe des Zentrums Philosophische Grundlagen der Wissenschaften, Bd. 3, Universitätsbuchhandlung, Bremen. (Vergriffen; in einer elektronischen Fassung von 2005 zugänglich: http://www.fb10.uni-bremen.de/homepages/wildgen/pdf/dynamische_sprach_und_weltauffassungen.pdf.)

2. Wildgen, Wolfgang, 1985a. Archetypensemantik. Grundlagen für eine dynamische Seman-tik auf der Basis der Katastrophentheorie, Narr, Tübingen. (Vergriffen)

3. Wildgen, Wolfgang und Laurent Mottron, 1987. Dynamische Sprachtheorie. Sprachbeschreibung und Spracherklärung nach den Prinzipien der Selbstorganisation und der Morphogenese, Studienverlag Brockmeyer, Bochum. (Vergriffen; Teil I: Das dynamische Paradigma in der Linguistik ist in einer korrigierten, elektronischen Fassung von 2005 zugänglich: http://www.fb10.uni-bremen.de/homepages/wildgen/pdf/das_dynamische_paradigma.pdf.)

4. Wildgen, Wolfgang, 1994. Process, Image, and Meaning. A Realistic Model of the Meanings of Sentences and Narrative Texts, Benjamins, Amsterdam.

5. Wildgen, Wolfgang, 1999. De la grammaire au discours. Une approche morphodynamique, Lang, Bern.

Beiträge zu Zeitschriften, und Sammelbänden

1. Wildgen, Wolfgang, 1988a. Konfiguration und Perspektive in der dynamischen Semantik, in: Linguistische Berichte, 116, 311-343.

2. Wildgen, Wolfgang, 1988b. Portée et limites de l'application de la théorie des catastrophes en linguistique, in: Jean Petitot (Hg.), Logos et théorie des catastrophes. A partir de l'oeuvre de René Thom, Editions Patiño, Genf, 410- 428.

3. Wildgen, Wolfgang, 1989a. L'instabilité du langage et sa capacité d’auto-organisation, in: Recherches sémiotiques/Semiotic Inquiry, 9, 53-80.

4. Wildgen, Wolfgang, 1989b. Handbuchartikel zu den Stichwörtern: „meaning“, „gestalt linguistics“ und „catastrophe theory“, in: Handbook of Metaphysics and Ontology, Philosophia Verlag, München.

5. Wildgen, Wolfgang, 1990. Basic principles of self-organization in language, in: Herman Haken und Michael Stadler (Hg.), Synergetics of Cognition, Springer, Berlin, 415-426.

6. Wildgen, Wolfgang, 1995a. Semantic Ambiguity in Relation to Perceptual Multistability, in: Michael Stadler und Peter Kruse (Hg.), Ambiguity in Mind and Nature, Springer, Berlin, 221-240.

7. Wildgen, Wolfgang, 1995b. Catastrophe Theory (Handbuchartikel), in: Jeff Verschueren, Jan-Ola Östman und Jan Blommaert (Hg.), Handbook of Pragmatics, Benjamins, Amsterdam, 95-97.

8. Wildgen, Wolfgang, 1998. Chaos, Fractals and Dissipative Structures in Language. Or the End of Linguistic Structuralism, in: Gabriel Altmann und Walter A. Koch (Hg.), Systems. New Paradigms for the Human Sciences, de Gruyter, Berlin, 596-620.

9. Wildgen, Wolfgang, 2001. Kurt Lewin and the Rise of „Cognitive Sciences” in Germany: Cassirer, Bühler, Reichenbach, in: Liliana Albertazzi (Hg.). The Dawn of Cognitive Science. Early European Contributors, Reihe: Synthese, Kluwer, Dordrecht: 299-332.

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10. Wolfgang Wildgen, 2002. Dynamical models of predication, in: Sprachtypologie und Universalienforschung (STUF), 55 (4), 403-420.

11. Wildgen, Wolfgang, 2003. Die Sprache – Cassirers Auseinandersetzung mit der zeitgenössischen Sprachwissenschaft und Sprachtheorie, in: Hans-Jörg Sandkühler und Detlev Pätzold (Hg.), 2003. Kultur und Symbol. Ein Handbuch zur Philosphie Ernst Cassirers, Kap. 6, 148-174.

12. Wildgen, Wolfgang und Peter Plath, 2005a. Katastrophen- und Chaostheorie in der linguistischen Modellbildung, in: Quantitative Linguistics/Quantitative Linguistik. Ein Internationales Handbuch (hg. von Reinhard Köhler, Gabriel Altmann und G. Pietrowski), de Gruyter, Berlin, 688-705.

13. Wildgen, Wolfgang, 2005b. Catastrophe Theoretical Models in Semantics, in: Quantitative Linguistics/Quantitative Linguistik. Ein Internationales Handbuch (hg. von Reinhard Köhler, Gabriel Altmann und G. Pietrowski), de Gruyter, Berlin, 410-423.

14. Wildgen, Wolfgang, 2006. Dynamische Systemtheorie und kognitive Linguistik. Vortrag bei der Tagung: Vernetzte Wissenschaft, Galtür, 25.03.-31.03. 2006, vorpubliziert: http://www.fb10.uni-bremen.de/homepages/wildgen/ppt/Galtuer2006.ppt#256 und auf der CD-Rom des Flowing Institute: Selbstorganisation und Synergetik in Natur und Gesellschaft, November, 2006.

15. Wildgen, Wolfgang (erscheint 2007). Thom’s Theory of „saillance“ and „prégnance“ and Modern Evolutionary Linguistics;erscheint in: Brandt, Per Aage und Wolfgang Wildgen (Hg.). Semiosis and Catastrophes. René Thom's Semiotic Heritage, Lang, Bern. Präsentation im Internet: http://www.fb10.uni-bremen.de/homepages/wildgen/ppt/Is%20metarepresentation%20an

%20effect%20of%20self-organization.ppt

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