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Protokoll-Nr. 18/101 18. Wahlperiode Ausschuss für Wirtschaft und Energie 18. Wahlperiode Seite 1 von 40 Wortprotokoll der 101. Sitzung Ausschuss für Wirtschaft und Energie Berlin, den 23. Januar 2017, 13:30 Uhr 10117 Berlin, Adele-Schreiber-Krieger-Str. 1 Marie-Elisabeth-Lüders-Haus, Sitzungssaal 3.101 Vorsitz: Dr. Peter Ramsauer, MdB Tagesordnung - Öffentliche Anhörung I. Block: Rechtliche Fragen u.a. zu Bußgeldern, Schadenersatzklagen, Verbraucherschutz, Minister- erlaubnis (13.30 bis 15.00 Uhr) II. Block: Digitales, Medien und Pressekooperatio- nen (15.00 bis 16.30 Uhr) a) Tagesordnungspunkt 1 Seite 5 Gesetzentwurf der Bundesregierung Entwurf eines Neunten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen BT-Drucksache 18/10207 Federführend: Ausschuss für Wirtschaft und Energie Mitberatend: Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz Finanzausschuss Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft Ausschuss für Kultur und Medien Ausschuss Digitale Agenda Gutachtlich: Parlamentarischer Beirat für nachhaltige Entwicklung

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Protokoll-Nr. 18/101

18. Wahlperiode

Ausschuss für Wirtschaft und Energie

18. Wahlperiode Seite 1 von 40

Wortprotokollder 101. Sitzung

Ausschuss für Wirtschaft und EnergieBerlin, den 23. Januar 2017, 13:30 Uhr10117 Berlin, Adele-Schreiber-Krieger-Str. 1Marie-Elisabeth-Lüders-Haus, Sitzungssaal 3.101

Vorsitz: Dr. Peter Ramsauer, MdB

Tagesordnung - Öffentliche Anhörung

I. Block: Rechtliche Fragen u.a. zu Bußgeldern,Schadenersatzklagen, Verbraucherschutz, Minister-erlaubnis (13.30 bis 15.00 Uhr)

II. Block: Digitales, Medien und Pressekooperatio-nen (15.00 bis 16.30 Uhr)

a)

Tagesordnungspunkt 1 Seite 5

Gesetzentwurf der Bundesregierung

Entwurf eines Neunten Gesetzes zur Änderung desGesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen

BT-Drucksache 18/10207

Federführend:Ausschuss für Wirtschaft und Energie

Mitberatend:Ausschuss für Recht und VerbraucherschutzFinanzausschussAusschuss für Ernährung und LandwirtschaftAusschuss für Kultur und MedienAusschuss Digitale Agenda

Gutachtlich:Parlamentarischer Beirat für nachhaltige Entwicklung

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b) Antrag der Abgeordneten Michael Schlecht, KlausErnst, Karin Binder, weiterer Abgeordneter und derFraktion DIE LINKE.

Parlaments- statt Ministererlaubnis im Kartellrecht

BT-Drucksache 18/10240

Federführend:Ausschuss für Wirtschaft und Energie

c) Antrag der Abgeordneten Katharina Dröge, KerstinAndreae, Katja Keul, weiterer Abgeordneter undder Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Bußgeldumgehung bei Kartellstrafen verhindern -Gesetzeslücke schließen

BT-Drucksache 18/4817

Federführend:Ausschuss für Wirtschaft und Energie

Mitberatend:Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz

d) Unterrichtung durch die Bundesregierung

Sondergutachten der Monopolkommission gemäߧ 44 Absatz 1 Satz 4 des Gesetzes gegen Wettbe-werbsbeschränkungenWettbewerbspolitik: Herausforderung digitaleMärkte

BT-Drucksache 18/5080

Federführend:Ausschuss für Wirtschaft und Energie

Mitberatend:Ausschuss für Recht und VerbraucherschutzAusschuss für Verkehr und digitale InfrastrukturAusschuss für TourismusAusschuss für Kultur und MedienAusschuss Digitale AgendaAusschuss für die Angelegenheiten der EuropäischenUnion

e) Unterrichtung durch die Bundesregierung

Sondergutachten der Monopolkommission gemäߧ 44 Absatz 1 Satz 4 des Gesetzes gegen Wettbe-werbsbeschränkungenStrafrechtliche Sanktionen bei Kartellverstößen

BT-Drucksache 18/7508

Federführend:Ausschuss für Wirtschaft und Energie

Mitberatend:Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz

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Mitglieder des Ausschusses1

Ordentliche Mitglieder Stellvertretende Mitglieder

CDU/CSU Bareiß, ThomasDurz, HansjörgGrotelüschen, AstridGundelach, Dr. HerlindHauptmann, MarkHeider, Dr. MatthiasJung, AndreasKnoerig, AxelKoeppen, JensLämmel, Andreas G.Lanzinger, BarbaraLenz, Dr. AndreasLiebing, IngbertMetzler, JanNowak, HelmutPfeiffer, Dr. JoachimRamsauer, Dr. PeterRiesenhuber, Dr. HeinzSchröder (Wiesbaden), Dr. KristinaStein, PeterStrothmann, LenaWillsch, Klaus-Peter

Dött, Marie-LuiseFuchs, Dr. MichaelFunk, AlexanderGerig, AloisGrundmann, OliverHolmeier, KarlHuber, Charles M.Jarzombek, ThomasKanitz, SteffenKörber, CarstenKruse, RüdigerMichelbach, Dr. h.c. HansMiddelberg, Dr. MathiasMüller (Braunschweig), CarstenNüßlein, Dr. GeorgOellers, WilfriedPetzold, UlrichScheuer, AndreasStetten, Freiherr Christian vonVries, Kees deWegner, KaiWeiler, Dr. h.c. Albert

SPD Barthel, KlausFreese, UlrichHampel, UlrichHeld, MarcusIlgen, MatthiasKatzmarek, GabrielePoschmann, SabinePost, FlorianSaathoff, JohannSchabedoth, Dr. Hans-JoachimScheer, Dr. NinaWestphal, BerndWicklein, AndreaWiese, Dirk

Annen, NielsDörmann, MartinEhrmann, SiegmundFlisek, ChristianHeil (Peine), HubertusJurk, ThomasKapschack, RalfMalecha-Nissen, Dr. BirgitRaabe, Dr. SaschaRützel, BerndSchwabe, FrankSchwarz, AndreasStadler, SvenjaThews, Michael

DIE LINKE. Bulling-Schröter, EvaErnst, KlausLutze, ThomasNord, ThomasSchlecht, Michael

Claus, RolandDehm, Dr. DietherLenkert, RalphPetzold (Havelland), HaraldWagenknecht, Dr. Sahra

1 Die Anwesenheitslisten sind diesem Protokoll angefügt.

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Ordentliche Mitglieder Stellvertretende Mitglieder

BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN

Baerbock, AnnalenaDröge, KatharinaGambke, Dr. ThomasJanecek, DieterVerlinden, Dr. Julia

Andreae, KerstinKrischer, OliverÖzdemir, CemRößner, TabeaTrittin, Jürgen

Sachverständige

Prof. Dr. Rupprecht PodszunHeinrich-Heine-Universität

Andreas MundtBundeskartellamt (BKartA)

Dr. Stefan JohnBundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI)

Prof. Dr. Jürgen KühlingMonopolkommission

Prof. Dr. Tobias LettlUniversität Potsdam

Jutta GurkmannVerbraucherzentrale Bundesverband e.V. (vzbv)

Prof. Dr. Ulrich SchwalbeUniversität Hohenheim

Helmut VerdenhalvenBundesverband Deutscher Zeitungsverleger e.V. (bdzv)

Cornelia HaßDeutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union in ver.di (dju in ver.di)

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18. Wahlperiode Protokoll der 101. Sitzungvom 23. Januar 2017

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Tagesordnungspunkt 1

I. Block: Rechtliche Fragen u.a. zu Bußgeldern,Schadenersatzklagen, Verbraucherschutz, Minis-tererlaubnis (13.30 bis 15.00 Uhr)

II. Block: Digitales, Medien und Pressekooperatio-nen (15.00 bis 16.30 Uhr)

a) Gesetzentwurf der Bundesregierung

Entwurf eines Neunten Gesetzes zur Änderungdes Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen

BT-Drucksache 18/10207

b) Antrag der Abgeordneten Michael Schlecht,Klaus Ernst, Karin Binder, weiterer Abgeordneterund der Fraktion DIE LINKE.

Parlaments- statt Ministererlaubnis imKartellrecht

BT-Drucksache 18/10240

c) Antrag der Abgeordneten Katharina Dröge,Kerstin Andreae, Katja Keul, weiterer Abgeordne-ter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Bußgeldumgehung bei Kartellstrafen verhindern -Gesetzeslücke schließen

BT-Drucksache 18/4817

d) Unterrichtung durch die Bundesregierung

Sondergutachten der Monopolkommission gemäߧ 44 Absatz 1 Satz 4 des Gesetzes gegen Wettbe-werbsbeschränkungenWettbewerbspolitik: Herausforderung digitaleMärkte

BT-Drucksache 18/5080

e) Unterrichtung durch die Bundesregierung

Sondergutachten der Monopolkommission gemäߧ 44 Absatz 1 Satz 4 des Gesetzes gegenWettbewerbsbeschränkungenStrafrechtliche Sanktionen bei Kartellverstößen

BT-Drucksache 18/7508

Der Vorsitzende: Meine sehr geehrten Damen undHerren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ichglaube, wir können jetzt beginnen. Und ich habe

eine Reihe von technischen Vorbemerkungen zuverlesen. Ich eröffne hiermit die 101. Sitzung un-seres Ausschusses in dieser Legislaturperiode mitdem Gegenstand „Anhörung zur Novelle des Ge-setzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen“. Die-ser Anhörung liegen zugrunde: Der Gesetzentwurfder Bundesregierung „Entwurf eines Neunten Ge-setzes zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbe-werbsbeschränkungen“ auf BT-Drs. 18/10207, derAntrag des Abgeordneten Michael Schlecht undanderer aus der Fraktion die DIE LINKE. auf BT-Drs. 18/10240, ein Antrag der Abgeordneten Ka-tharina Dröge und weiteren Abgeordneten derFraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mit dem Ti-tel „Bußgeldumgehung bei Kartellstrafen verhin-dern – Gesetzeslücke schließen“ auf BT-Drs.18/4817 und ebenso eine Unterrichtung der Bun-desregierung zum Sondergutachten der Monopol-kommission gemäß § 44 Absatz 1 Satz 4 des Ge-setzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen“ aufBT-Drs. 18/5080 sowie schließlich eine Unterrich-tung der Bundesregierung zum Sondergutachtender Monopolkommission aufgrund des soeben zi-tierten Gesetzes mit dem Titel „StrafrechtlicheSanktionen bei Kartellverstößen“ auf BT-Drs.18/7508. Ich begrüße insbesondere die Sachver-ständigen, die heute hier sind, Sie, liebe Kollegin-nen und Kollegen aus dem Deutschen Bundestag,Frau PStSn Zypries und natürlich auch HerrnPStS Kelber aus dem Bundesministerium der Jus-tiz und für Verbraucherschutz. Des Weiteren be-grüße ich auch die Vertreter der Medien. Zum Ab-lauf der heutigen Anhörung darf ich folgende Er-läuterungen geben: Wir haben uns angesichts derKomplexität der Materie darauf verständigt, dasswir die Anhörung in zwei große Themenblöckevon je 90 Minuten aufteilen. Der erste Themen-block ist vorgesehen von jetzt bis etwa 15.00 Uhrzu dem Komplex „Rechtliche Fragen u.a. zu Buß-geldern, Schadenersatzklagen, Verbraucherschutzund Ministererlaubnis“ und der zweite Themen-block von 15.00 bis 16.30 Uhr mit den Themen„Digitales, Medien und Pressekooperationen“. Wirwerden die Befragung unter Berücksichtigung desStärkeverhältnisses der Fraktionen durchführen.Um der Opposition entgegenzukommen, wurdezwischen den Fraktionen der Schlüssel 2:2:1:1 fürdie erste Fragerunde vereinbart und für die zweiteRunde der Schlüssel 5:3:1:1. Um pro Themenkom-plex zwei komplette Fragerunden in der uns zur

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Verfügung stehenden Zeit durchführen zu kön-nen, sind wir darauf angewiesen, dass sich so-wohl die fragenden Abgeordneten als auch dieSachverständigen möglichst kurz fassen. Die Frak-tionen haben sich deshalb darauf verständigt, wiedies in solchen Anhörungen üblich ist, dass füreine Frage und die Antwort oder wenn möglicher-weise mehrere Sachverständige durch einen Fra-gesteller gefragt werden, insgesamt ein Zeitraumvon fünf Minuten zur Verfügung steht. Die Zeit-messung erfolgt mit diesem Zeitwürfel dort oben,das heißt, je kürzer die Frage, desto länger kanngeantwortet werden und umgekehrt. Wenn insge-samt dann die fünf Minuten abgelaufen sind,muss ich das Wort entziehen, aber erfahrungsge-mäß hat jedes Mitglied der Sachverständigenbankin den darauf folgenden Runden noch einmal dieMöglichkeit etwas nachzuholen. Ich bitte die Kol-leginnen und Kollegen, auch immer zu Beginn derFrage die oder den Sachverständigen zu nennen,an die oder den sich die Frage richtet. Eingangs-statements seitens der Sachverständigen sindnicht vorgesehen, weil wir ja umfassendes Mate-rial bereits als Ausschussdrucksachen verteilt ha-ben. Es wird auch ein Wortprotokoll erstellt zudieser Anhörung und deshalb, um dieses Ab-schreiben zu erleichtern, werde ich Ihren Namennoch einmal nennen, bevor Sie als Sachverstän-dige antworten. Ich bin damit mit meinen forma-len Bemerkungen fertig und trete in die Befragungin den ersten Themenblock „Rechtliche Fragen“ein. Ich rufe als ersten Fragesteller der Unions-fraktion Herrn Kollegen Dr. Heider auf.

Abg. Dr. Matthias Heider (CDU/CSU): VielenDank, Herr Vorsitzender. Auch im Namen derUnionsfraktion ganz herzlichen Dank, Frau Gurk-mann und meine Herren, dass Sie sich für dieseExpertenanhörung zur Verfügung gestellt haben.Im Ausschuss ist ja nun mit der 9. Novelle einVorhaben, das einige Bereiche des Kartellrechtsberührt. In einem nicht ganz kleinen Teil beschäf-tigen wir uns mit der Schließung von Sanktionslü-cken im geltenden Recht. Deshalb geht meineerste Frage zunächst einmal an Herrn Mundt vomBundeskartellamt und an Herrn Dr. John vom BDI.Wie bewerten Sie die im Regierungsentwurf vor-geschlagene Regelung zur Novellierung des Kar-tellbußrechts? Ist das ein Lückenschluss, so wieSie sich diesen gewünscht haben oder besteht danoch Bedarf, weitere Schärfungen vorzunehmen?

Der Vorsitzende: Die Frage ging an Herrn Präsi-dent Mundt zunächst. Bitteschön.

SV Andreas Mundt (BKartA): Sehr geehrte Damenund Herren Abgeordnete, Herr Dr. Heider, ersteinmal vielen Dank für die Einladung und die Ge-legenheit, heute Stellung zu dem Gesetzentwurfnehmen zu dürfen. Zu Ihrer Frage, Herr Dr. Hei-der: Wir begrüßen es sehr, dass es jetzt endlicheine Regelung gibt, mit der diese sogenannte„Wurstlücke“ endlich geschlossen wird. Sie wis-sen, das Bundeskartellamt hat schon im Jahr 2012,das ist also schon ein paar Jahre her, darauf auf-merksam gemacht, dass wir Defizite haben unddass Fälle wie die, die wir in der Vergangenheitgesehen haben, nämlich dass Unternehmen sichder Zahlung des Bußgeldes entziehen, möglichsind. Aus diesem Grund begrüßen wir das sehr.Im „Wurstkartell“ selbst, das wissen wir heute,sind uns rund 128 Millionen Euro an Bußgelderndurch interne Umstrukturierungen der Unterneh-men verloren gegangen. Wir haben derzeit weitereFälle im Bundeskartellamt, wo ein dreistelligerMillionenbetrag im Feuer steht. Mit anderen Wor-ten: Ein weiterer dreistelliger Millionenbetrag gehtmöglicherweise durch Umstrukturierung des Un-ternehmens verloren. Wir glauben auch, dass dieLösung, die hier im Gesetzentwurf vorgesehen ist,die einzig mögliche Lösung ist. Es ist konsequent,das deutsche Recht an das europäische Recht indiesem Punkt anzupassen. Das sichert die Kohä-renz des Kartellrechts in Europa und in Deutsch-land. Und es macht Schluss, das möchte ich ander Stelle schon sagen, mit einer ziemlich verfehl-ten Regelung, die wir derzeit im Gesetz haben,nämlich, dass wir bei der Verhängung von Bußgel-dern das Tochterunternehmen, das möglicher-weise in ein Kartell verstrickt war, dass wir diesesUnternehmen auf der Grundlage der finanziellenLeistungsfähigkeit der Mutter bebußen. Das kannkeinen Sinn machen und hat in der Vergangenheitdazu geführt, dass wir mit den Unternehmen überBußgelder gesprochen haben, und der Vertreterdes Mutterunternehmens hat zu uns gesagt:„Wenn Sie dieses Bußgeld verhängen, dann lasseich morgen meine Tochter in die Insolvenz gehen,und Sie müssen Tausende von Arbeitslosen ver-antworten.“ Dies kann keine zielführende Rege-lung sein. Und insofern begrüßen wir es sehr, dass

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hier für die neue Regelung weitgehend europäi-sches Recht zum Vorbild genommen worden ist.Ich halte die Regelung auch für richtig. Es war oftdie Mutter, die von dem Kartell profitiert hat, woalso der zusätzliche Gewinn angefallen ist. Es gibtandere Vorschläge, Herr Dr. John wird darauf ein-gehen. Ich glaube, dass es nicht zielführend ist sovorzugehen. Wir haben das mit dem Justizministe-rium, mit dem BMJV, mit dem BMWi sehr inten-siv diskutiert. Und ich glaube, die Lösung, die wirhier gefunden haben, ist zielführend und wird da-für Sorge tragen, dass die Bußgelder dann auchtatsächlich beigetrieben werden können. VielenDank.

Der Vorsitzende: Ergänzend dann noch Herr Dr.John.

SV Dr. Stefan John (BDI): Vielen Dank. Aus Sichtdes BDI sind die Regelungen zur Konzernhaftungund zum Bußgeld verunglückt. Wir sind uns einigdarin mit dem Präsidenten des Bundeskartellam-tes, dass die „Wurstlücke“ geschlossen werdenmuss. Wie sie hier geschlossen werden soll, ist al-lerdings vollkommen verunglückt. Die Konzern-haftung sollte gänzlich entfallen, die Absätze 3bund 3c des § 81 des Entwurfes sollten so ange-passt werden, dass Sanktionslücken, wie sie sichim „Wurstkartell“ gezeigt haben, wirksam auf derRechtsnachfolgeseite geschlossen werden. Dabeidürfen allerdings etablierte Formen der Vermö-gensübertragung wie beispielsweise asset deals,also die Übertragung von Einzelwirtschaftsgüternnicht entwertet werden. Der Regierungsentwurf istaus der Sicht des BDI in vielen Teilen verfas-sungswidrig, insbesondere die Konzernhaftung fürGesellschaften in zweiter, dritter und vierterReihe ohne Anknüpfung an eine Verantwortung,an die Verantwortung des handelnden Täters ver-stoßen gegen den Bestimmtheitsgrundsatz und dasSchuldprinzip, was sich in der Verfassung im Ar-tikel 19 GG niederschlägt. Darüber hinaus sind dieRegelungen in weiten Teilen unverhältnismäßig.

Der Vorsitzende: Es tritt leider der Fall ein, dassSie sich den Rest für eine weitere Einlassung auf-heben müssen. Als nächstes fragt der AbgeordneteWestphal.

Abg. Bernd Westphal (SPD): Vielen Dank HerrVorsitzender. Auch für meine Fraktion: Frau

Gurkmann und meine Herren, vielen Dank, dassSie uns im Wirtschaftsausschuss für Antwortenzur Verfügung stehen. Ich habe an Professor Küh-ling eine Frage bezüglich kreditwirtschaftlicherVerbundgruppen. Wie Sie wissen, haben wir zumBeispiel mit den Sparkassen ein Verbundsystem,was uns mit der regionalen Versorgung vor Ort,aber auch volkswirtschaftlich eine gute Strukturan Kreditwirtschaft zur Verfügung stellt. Hier ha-ben die Sparkassen vorgetragen, dass sie in einemverstärkten Maß in ihrem Verbund Kostenpotenti-ale heben wollen, neue Effizienz und dementspre-chend auch Kosteneinsparungen. Die Frage ist,diese Probleme, die es bei Gründung solcherBack-Offices gibt, solcher gemeinsamen Gesell-schaften, wie sehen Sie das, dass man hier Aus-nahmen schafft? Sehen Sie Risiken, wenn man fürVerbundgruppen im Finanzwesen solche begrenz-ten Ausnahmen im Kartellrecht formuliert?

Der Vorsitzende: Die Frage ging an Herrn Profes-sor Kühling.

SV Prof. Dr. Jürgen Kühling (Monopolkommis-sion): Vielen Dank auch von meiner Seite für dieEinladung, dass ich hier auch im Namen der Mo-nopolkommission Stellung nehmen darf. Zu IhrerFrage, Herr Westphal: Die Monopolkommissionsteht ja traditionell ähnlich wie das Bundeskar-tellamt derartigen Ausnahmen skeptisch gegen-über. In diesem Fall sehen wir das besondereProblem, dass wir eine sehr weitgehende Aus-nahme vom Kartellverbot in der Diskussion ste-hen haben, ohne dass wir erkennen können, dasseine Ausnahme in diesem Umfang erforderlichwäre. Bereits das geltende Kartellrecht ermöglichtja Befreiungen, und davon hat ja auch das Bun-deskartellamt in letzter Zeit Gebrauch gemachtund darauf hingewiesen. Darauf werden wir imweiteren Verlauf der Diskussion zurückkommen.Bereits das geltende Kartellrecht sieht präziser for-muliert Möglichkeiten vor, wie die notwendigenEffizienzvorteile gehoben werden können. Unddas regelt der § 2 GWB beziehungsweise, sofernwir einen grenzüberschreitend relevanten Sach-verhalt haben, der Artikel 101 Absatz 3 AEUV.Dieser sieht vier Voraussetzungen vor: Wir brau-chen Effizienzvorteile, die müssen an den Ver-braucher weitergegeben werden, und es darf nichtzu einem Ausschluss des Wettbewerbs oder zuunnötigen Wettbewerbshindernissen durch die

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Vorgehensweisen der Sparkassen kommen. Wirglauben, dass das ein sehr sinnvoller Rahmen ist,um den berechtigten Interessen an der Zusam-menarbeit der Sparkassen Genüge zu tun. Einedarüber hinausgehende Ausnahme und insbeson-dere in dieser Reichweite halten wir nicht für er-forderlich. Ferner sehen wir das Problem einesAuseinanderlaufens des europäischen Wettbe-werbsrechts mit dem nationalen Kartellrecht andieser Stelle. Und wir sind im Übrigen auch skep-tisch, dass die Sparkassen damit das erreichen,was sie erreichen wollen. Sie wollen ja eine ge-wisse Rechtssicherheit erlangen. Das ist ja auchverständlich, denn wie alle Unternehmen unter-liegen auch die Sparkassen dem Problem, dasshäufig nicht ganz eindeutig vorhergesagt werdenkann, ob die angestrebte Kooperation nach demgeltenden Recht rechtlich zulässig ist oder nicht.Durch diese Ausnahme werden sie diese Sicher-heit aber nach unserer Einschätzung nicht erlan-gen, denn immer dann, wenn wir eine grenzüber-schreitende Relevanz dieser Kooperation habenwerden und gerade die Zusammenarbeit, die hierja angestrebt wird, hat ja eher Ziele im Blick, dieauf einer bundesweiten Ebene verfolgt werden.Damit hätten wir eine grenzüberschreitende Rele-vanz. Und dann können wir auf nationaler Ebeneohnehin keine Sonderausnahmen gewähren. Dasbedeutet also in der Konsequenz: Es wird die Un-sicherheit bleiben, dass man nicht weiß, hat dasGanze nun eine grenzüberschreitende Wirkungoder nicht. Wenn es die hat, hilft uns diese Aus-nahme nicht weiter. Das heißt, wir verlagern dieUnsicherheit von einem Mechanismus, wo wirwenigstens gewisse Rechtssicherheit durch dieZusammenarbeit oder durch die Gespräche mitdem Bundeskartellamt haben, hin zu einem Tatbe-stand, zu einer Voraussetzung, wo wir noch grö-ßere Unsicherheit haben. Deshalb glauben wir,dass das eigentlich auch nicht im sinnvollen Inte-resse der Sparkassen sein kann. Im Übrigen wei-sen wir darauf hin, wir reden ja hier nicht vonkleinen Marktteilnehmern, sondern von einemWirtschaftszweig, der wichtig ist für die Volks-wirtschaft und von einem Unternehmensverbund,der eine ganz erhebliche Rolle spielt in diesemMarkt, sodass wir nicht erkennen können, dass eswirtschaftlich sinnvoll ist, eine so weit reichendeAusnahme in diesem Bereich einzuräumen. Wirweisen eher darauf hin, weiter das Gespräch mitdem Bundeskartellamt zu suchen. Dankeschön.

Der Vorsitzende: Als nächstes fragt der KollegeDr. Pfeiffer.

Abg. Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU): VielenDank. Ich habe eine Frage an den Herrn Dr. Johnund an den Herrn Professor Podszun. Es geht umdie Ministererlaubnis. Diese ist ja durchaus um-stritten, und da kann man ja auch unterschiedli-cher Meinung sein und zu einem unterschiedli-chen Ergebnis kommen. Wir kommen zu dem Er-gebnis, dass wir sie nach wie vor für notwendigund auch für richtig halten. Wir wollen die Minis-tererlaubnis im Grundsatz stärken. Deshalb ist dieFrage, nachdem wir ja gesehen haben, dass es ge-wisse Unwägbarkeiten gibt: Wie können wir dasam besten tun? Über eine Verordnung oder ggf.eine Verordnungsermächtigung jetzt im Gesetz,die dann nachher auszufüllen ist? Vom Verfahrenher und zum Inhalt: Was würden Sie aus IhrerSicht dazu sagen, was dort zur Klärung und zurStärkung der Ministererlaubnis notwendig wäre?Dankeschön.

Der Vorsitzende: Herr Dr. John bitte.

SV Dr. Stefan John (BDI): Aus der Sicht des BDIbesteht kein Regelungsbedarf bei der Ministerer-laubnis. Das Instrument hat sich in der Tat be-währt. Wir würden es auch beibehalten wollen. Esbesteht kein Bedarf insbesondere für eine Parla-mentserlaubnis, die ja im Raum steht oder auchfür ein Parlamentsveto. Noch besteht aus Sichtdes BDI ein Bedarf, die Ministererlaubnis abzu-schaffen. Eine Einengung der Ministererlaubnis,die auch diskutiert wird, auf bestimmte Gemein-wohlgründe, sehen wir auch nicht für notwendigan. Klarstellungen im Verfahren sind eine gute Sa-che, ob man die im Rahmen einer Verordnungser-mächtigung oder anders in das Verfahren einfüh-ren möchte, ist dem BDI ein wenig egal.

Der Vorsitzende: Dankeschön und ergänzend HerrProfessor Podszun.

SV Prof. Dr. Rupprecht Podszun (Heinrich-Heine-Universität): Vielen Dank. Ich bin ein Anhängerder Abschaffung der Ministererlaubnis, aber ichentnehme Ihrer Frage schon, Herr Pfeiffer, dassdas wohl heute doch nicht durchgesetzt werden

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kann. Insofern ist es vielleicht doch richtig dar-über nachzudenken, wie man es besser strukturie-ren kann. Und ich finde den Vorschlag, den Siejetzt gerade in Ihrer Frage angesprochen haben,dafür auch ganz charmant, weil man doch dieMöglichkeit hätte, das Verfahren vielleicht etwastransparenter zu gestalten und es vielleicht auchein wenig besser zu strukturieren. Das war ja beider letzten Erlaubnis so, dass es da offenbar zu-mindest Schwierigkeiten gab. Was aus meinerSicht dabei hilfreich wäre, wäre, wenn man sichvielleicht anlehnt an das, was die EuropäischeKommission bei ihren Verfahren teilweise prakti-ziert, dass man vielleicht nicht so sehr im Rahmeneiner Verordnung oder einer klassischen Verfah-rensverordnung denkt, sondern das eher ausge-staltet wie einen praktischen Leitfaden, wo ganzgenau dargestellt wird, was jetzt als nächstes pas-siert. Wo und wie wir uns treffen, welche Aktenwir in welcher Form zur Verfügung stellen, dassman das eher als praxisnahen Leitfaden versteht,nicht als ein Durchregieren mit Rechten undPflichten, die natürlich gewahrt bleiben müssen.Und dafür würde ich mir dann auch wünschen,und das ist bei diesem doch total außergewöhnli-chen Instrument sicher auch wichtig, dass man dadie nötige Flexibilität behält. Man hat diese Ver-fahren ja nur alle paar Jahre, oder zumindest wardies bisher so und wir wollen auch hoffen, dassdas so bleibt. Und dass man dann aber für dieseimmer außergewöhnlichen Fälle vielleicht auchauf ad hoc-Basis noch einmal eine Regelung tref-fen kann. Das ist etwas, was ich mir da gut vor-stellen könnte. Und wo man dann auch vielleichtneuere beziehungsweise modernere Handlungs-formen integrieren könnte, die die Verwaltung jaauch durchaus praktiziert. Das Kartellamt machtSettlement-Gespräche und ähnliches, also Sachen,die man vielleicht so im ganz klassischen deut-schen Verwaltungsrecht nicht kennt, aber die wirin den letzten Jahren doch auch erfolgreich in vie-len Bereichen praktiziert haben. So etwas könnteich mir dafür gut vorstellen. Ein Beispiel möchteich Ihnen dafür noch kurz geben, weil das auchein Thema ist, das ja bei der letzten Erlaubnis zueinem Rücktritt geführt hat. Vielleicht könnte manja auch etwas vorsehen, dass, wenn die Monopol-kommission in ihrem Votum überwunden wird,also beide Institutionen überwunden werden, so-wohl das Bundeskartellamt als auch die Monopol-kommission, dass der Minister dann vielleicht

noch einmal in einem Gespräch Kompromisse mitdiesen beiden Behörden oder Institutionen auslo-ten muss. Es gibt vielleicht etwas - wenn man sicheinmal auf die Linie verständigt hat, dass wir dieErlaubnis möglicherweise doch gewähren wollen -das man dann vorsehen könnte. Das würde ichmir beispielsweise als eine neuere Verwaltungs-handlungsform vorstellen: ein verpflichtendes Ge-spräch mit Herrn Mundt und dem Vorsitzendender Monopolkommission als Beispiel dafür, dassman das Verfahren eben für diese besonderenFälle doch etwas anders ausgestaltet als in einemganz klassischen Verwaltungsverfahren.

Der Vorsitzende: Dankeschön. Nun fragt KollegeHeld.

Abg. Marcus Held (SPD): Vielen Dank auch vonmeiner Seite an die Sachverständigen. Sie habenja heute noch einmal die Möglichkeit Ihre Begeis-terung über den Entwurf des Gesetzes kund zutun. Und alles, was noch nicht zu hundert Prozentin Ihrem Sinne ist, uns noch an die Hand zu ge-ben. Es zeigt ja heute auch das große Interesse ander Anhörung. Ich möchte noch einmal kurz aufdas Verbraucherrecht beziehungsweise in denVerbraucherschutz eingehen, weil wir uns ja imGrunde über die Zielsetzung im Klaren oder aucheinig sind, dass wir neben dem bisher bestehen-den zivilrechtlichen Möglichkeiten, die häufig jafür den Verbraucher letztendlich nicht der geeig-nete Weg der Rechtsdurchsetzung sind, dass wirhier diesen Defiziten entgegen wirken wollen. Ausdiesem Grund hätte ich zum einen die Frage anden Herrn Professor Podszun, welche Defizite ins-besondere bei der bis jetzt zivilrechtlich geprägtenVerbraucherrechtsdurchsetzung sich durch dieseVeränderungen in erster Linie beheben ließen ausIhrer Sicht? Wo würden Sie in der Praxis auch datatsächlich Verbesserungen durch die Rechtsände-rungen sehen? Und welche unseriösen Geschäfts-modelle können auch auf diese Art und Weise da-bei besser bekämpft werden? Das wäre mir wich-tig zu erfahren. Zum Zweiten, denke ich, ist es fürdie Verbraucher auch wichtig zu erfahren von derRegelungswirkung her, welche klagebefugten Ver-braucher und gegebenenfalls Verbände am Endevor allem Begünstigte eines solchen neuen Verfah-rens wären. Das wären die beiden Fragen, die ichan Sie hätte. An Herrn Mundt würde ich gernnoch ergänzen, dass mich natürlich interessieren

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würde, worin Sie die Vorteile sehen würden,wenn diese Thematik in Ihrer Behörde am Endedann angegliedert würde beziehungsweise auf Sieübertragen würde. Und welche Befugnisse sollteIhr Bundeskartellamt erhalten, um die Aufgabender Verbraucherrechtsdurchsetzung möglichst ef-fektiv auszuüben? Vielleicht gibt es da ja schonIdeen, auch der praktischen Umsetzung. Viel-leicht können Sie dazu auch ein paar Ausführun-gen machen. Danke.

Der Vorsitzende: In drei Minuten sind das kom-plexe und viele Fragen. Zunächst Herr ProfessorPodszun.

SV Prof. Dr. Rupprecht Podszun (Heinrich-Heine-Universität): Vielen Dank. Vielleicht vorab: Wennman eine solche Befugnis einfügt, dann mussman, glaube ich, schon einmal primär konstatie-ren, dass es ein Paradigmenwechsel ist, sowohlfür die Institution Bundeskartellamt als auch fürdas Verbraucherrecht und für die Verbraucher-rechtsdurchsetzung in Deutschland. Allerdingshaben wir im Verbraucherrecht in Deutschlandschon ansatzweise manche behördliche Befugnis.Beispielsweise kann die Bundesnetzagentur beiunerlaubter Telefonwerbung mit Bußgeldern vor-gehen. Wir haben diesen Bereich kürzlich evalu-iert für das Bundesministerium der Justiz und fürVerbraucherschutz. Dabei ist deutlich geworden,was eigentlich erreicht werden kann. Ich glaube,was solch eine behördliche Befugnis leistet, ist diesystematische Erfassung von Belästigungen undvon Verbraucherschädigungen, die sich sonstquasi in Streuschäden verlieren. Das kann, glaubeich, ein behördliches Vorgehen schon machen. Daist es nicht mehr ein einzelner belastender Tele-fonanruf, sondern dann ist es eben eine Kampagnevon 20.000 Telefonanrufen in einem bestimmtenZeitraum. Das sieht man natürlich viel deutlicher,das heißt der Unrechtsgehalt wird auch viel deut-licher bei solchen Taten. Ich glaube, dass das mo-mentan vor allem Fälle erfassen kann, danach hat-ten Sie auch gefragt, die sich eher im Bereich derMassenkommunikation, Internet, digitale Themenusw. abspielen. Das wäre zumindest einmal dererste Anknüpfungspunkt, wo ich sehen würde,dass man da vielleicht eben besonders häufigMassenphänomene hat, die man mit privaterRechtsdurchsetzung nicht so richtig gut erfasst.Gleichzeitig glaube ich allerdings auch, dass,

wenn man es so machen will, dass am Ende auchbestimmte Leute begünstigt sind und eben auchtatsächlich etwas dabei herauskommt und es nichtzu heftigen Friktionen mit dem bestehendenRechtsdurchsetzungssystem kommt, dass mandann sehr behutsam vorgehen muss bei der Imple-mentierung. Wenn man solch ein Instrument jetztin einen Bereich einfügt, der momentan stark vonprivater Rechtsdurchsetzung geprägt ist, dannmüssen wir, glaube ich, zumindest noch längerdarüber nachdenken oder genauer darüber nach-denken, wie wir das so einfassen, dass es nichtpermanent zu Schwierigkeiten kommt zwischender behördlichen Durchsetzung und der privatenDurchsetzung. Aus diesem Grund wäre mein Plä-doyer, dass man im Zuge dieser Novelle zunächsteinmal einen gewissen Impuls dafür setzt, dassman vielleicht eine Sondierungseinheit im Kar-tellamt bildet oder dass man das Kartellamt zu-mindest mit bestimmten Beteiligungsrechten insolchen Verfahren ausstattet, bevor man die ganzgroße Lösung wählt, die jetzt vielleicht in derKürze der Zeit etwas überstürzt wäre. Ich glaubejedoch, dass das Kartellamt insofern ganz gut da-für geeignet ist, weil die …

Der Vorsitzende: Denken Sie bitte auch an denKollegen Mundt.

SV Prof. Dr. Rupprecht Podszun (Heinrich-Heine-Universität): Bitteschön.

Der Vorsitzende: Okay, klare Aussage. Dann ha-ben Sie noch Zeit.

SV Prof. Dr. Rupprecht Podszun (Heinrich-Heine-Universität): Vielen Dank. Ich glaube, dass dasKartellamt insofern dann auch die richtige Be-hörde ist, weil ich da am wenigsten Sorge habe,dass es vielleicht auch zu einer Gefahr des over-enforcement, also der zu starken Durchsetzunghier kommt. Weil die eben wissen, wie man mitökonomischen Modellen, wie man mit Wettbe-werb und mit den Marktgeschehnissen umgehtund gleichzeitig eben auch entsprechend erfahrenist. Genau diese Erfahrung würde ich erst sukzes-sive aufbauen, bevor ich sagen würde: Die bekom-men jetzt sofort eine Bußgeldbefugnis, die bekom-men sofort starke Abstellungsbefugnisse. Aus die-sem Grund würde ich da noch ein wenig zumweiteren Nachdenken anregen.

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Der Vorsitzende: Dankeschön. Herr PräsidentMundt, die an Sie gerichtete Frage bleibt beste-hen. Und das ersparen wir uns hinterher an Frage-zeit. Jetzt fragt für die Fraktion DIE LINKE. dieKollegin Binder.

Abge. Karin Binder (DIE LINKE.): Vielen Dank,Herr Vorsitzender. Ich mache es auch ganz kurzund knapp. Ich hätte gern von Herrn ProfessorLettl eine Antwort auf die Frage: Welche Prob-leme ergeben sich durch die Marktkonzentrationim Lebensmitteleinzelhandel für die Lebensmit-telerzeuger, wie zum Beispiel Bauern, kleine lo-kale Nahrungsmittelbetriebe, Schlachtereienusw.? Und wird der jetzt vorliegende Gesetzent-wurf zum GWB dieser Problematik gerecht?

Der Vorsitzende: Herr Professor Lettl bitte.

SV Prof. Dr. Tobias Lettl (Universität Potsdam):Vielen Dank für die Frage und für das Aufrufen.Der Konzentrationsprozess im Lebensmitteleinzel-handel schreitet stets voran und dauert immernoch an. Das letzte Beispiel „Edeka/Kaiser´s Ten-gelmann“ ist ein gutes Beispiel dafür, dass dieNachfragemacht der Lebensmitteleinzelhändlerimmer größer wird und die Ausweichmöglichkei-ten für Lieferanten immer geringer sind. Das be-dingt eine sehr starke Verhandlungsposition fürdie Lebensmitteleinzelhändler, die ihre Vertrags-bedingungen weitgehend einseitig durchsetzenkönnen, weil ein wirtschaftliches Gegengewichtfehlt, sodass eine gestörte Verhandlungs- und Ver-tragsparität entsteht. Das kann bis zur Existenz-bedrohung für die Lieferanten führen. Das Bei-spiel „Milch“ hat uns das auch eindringlich vorAugen geführt, sodass sich ganz allgemein dieFrage stellt, wo die Grenze verläuft zwischen zu-lässiger Verhandlungsführung einerseits und kar-tellrechtswidriger Ausnutzung von Nachfrage-macht andererseits. Der Fall „Edeka“, der gegen-über zahlreichen Lieferanten Forderungen nacheiner Unternehmensfusion gestellt hat, rückwir-kende Forderungen, wie zum Beispiel einem Best-wertabgleich mit den bisherigen Preisen des über-nommenen Unternehmens, eine Anpassung vonZahlungszielen oder die Vergütung für die Reno-vierung der Filialen des übernommenen Unter-nehmens, haben uns einmal mehr vor Augen ge-

führt, welch starke Nachfragemacht hier im Le-bensmitteleinzelhandel besteht. Das Bundeskar-tellamt hat hier im Jahr 2014 meines Erachtensvöllig zurecht diese Forderungen von Edeka man-gels sachlicher Rechtfertigung verboten und An-forderungen herausgearbeitet, an die sich markt-mächtige Nachfrageunternehmen halten müssen.Nämlich die nachvollziehbare Begründung derForderung des Nachfragers, Transparenz der For-derung und die offensichtliche Unangemessenheitder Forderung des Nachfragers im Hinblick aufden Grund der Forderung, sodass hier der Verhält-nismäßigkeitsgrundsatz zum Tragen kommt. Au-ßerdem muss kein kausaler Zusammenhang zwi-schen der Marktmacht des Nachfragers und derenAusnutzung bestehen. Diese Anforderungen sol-len nunmehr weitgehend Eingang in das soge-nannte Anzapfverbot in § 19 Absatz 2 Nr. 5, 2.Halbsatz GWB finden. Dies ist aus meiner Sichtuneingeschränkt zu begrüßen, zumal so mancheStreitfragen bei der Auslegung des Anzapfverbotesvermieden werden. Insofern kommt es zu einerwesentlichen Erleichterung für die Prüfung dersachlichen Rechtfertigung der Forderung einesmarktmächtigen Nachfragers. Und es besteht einwichtiger Schritt wieder zurück zur Herstellungvon Handlungs- und Vertragsparität zwischen Le-bensmitteleinzelhandel und Lieferanten. Aber dasbezieht sich nicht nur auf den Lebensmitteleinzel-handel, sondern generell auf sehr starke nachfra-gemächtige Unternehmen, die gegenüber ihrenLieferanten weitgehend ihre Forderungen durch-setzen können. Insofern ist der Gesetzentwurf so-gar strenger als die Anforderungen des Bundeskar-tellamtes, das noch seinerzeit auf eine offensicht-liche Unangemessenheit von Leistungen und Ge-genleistungen abgestellt hat. Ich habe diese Krite-rien, nachvollziehbare Begründung und Unange-messenheit der Forderung in einem Beitrag unter-sucht und bin der Meinung, dass hier ein sachge-rechter Interessenausgleich geschaffen werdenkann, denn auch die Interessen des Nachfragerssind natürlich zu berücksichtigen, der einen ge-wissen Verhandlungsspielraum haben muss. Wei-tergehende Eingriffe in die Vertragsfreiheit sindmeines Erachtens nicht geboten, wenn man nichtletztlich zur Vorgabe von bestimmten Preisen inbestimmten Bereichen kommen will. Und das,denke ich, wäre aus unserer aller Sicht nicht wün-schenswert. Insofern habe ich jetzt die Zeit sehrschön ausgenutzt und bin damit am Ende meiner

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Ausführungen.

Der Vorsitzende: Dankeschön. Nun fragt die Kol-legin Dröge.

Abge. Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NEN): Ganz herzlichen Dank. Auch vielen Dank,dass Sie alle heute da sind und uns mit Rat undTat zur Seite stehen. Meine Frage richtet sich anFrau Gurkmann und bezieht sich auf die Stärkungder Verbraucherrechte im Bereich des Kartellrech-tes. Einmal die Frage an Sie, ob Sie es für sinnvollhalten, die Kompetenzen des Bundeskartellamtesauf den Bereich des Verbraucherinnenschutzesauszuweiten, jetzt nicht nur im Bereich der Digi-talwirtschaft, sondern vielleicht auch grundsätz-lich? Und wenn ja, wie Sie sich das konkret vor-stellen könnten? Die zweite Frage wäre: Ist es ausIhrer Sicht notwendig, zur Durchsetzung vonSchadensersatzansprüchen für Verbraucherinnendie Möglichkeiten von Musterfeststellungsklagenoder eines freiwilligen Gruppenverfahrens einzu-führen?

Der Vorsitzende: Frau Gurkmann, bitteschön.

SVe Jutta Gurkmann (vzbv): Vielen Dank. Auchich darf mich natürlich für die Einladung hierherbedanken. Zu Ihrer ersten Frage: Die Durchset-zung behördlicherseits durch das Bundeskartell-amt, Erweiterung der Befugnisse, können wir alsklagebefugte Einrichtung in diesem Bereich auchsagen, dass es natürlich immer Sinn macht, sichnach Lücken im System umzuschauen, von denenes auch einige gibt, und diese Lücken sind sinn-voll zu stopfen. Grundsätzlich möchte ich natür-lich für die zivilrechtliche Rechtsdurchsetzungwerben. Das ist ganz klar, weil wir hier auch un-terschiedliche Herangehensweisen sicherlich zwi-schen behördlicher und zivilrechtlicher Durchset-zung haben. Bei der behördlichen Durchsetzungwird es primär um Marktbereinigung gehen, gege-benenfalls auch um Entschädigungsmöglichkeitenfür Verbraucher, aber Sie müssen natürlich auchimmer beachten, dass wir als zivilrechtlich ver-fasste Verbände auch deswegen Recht durchset-zen, weil wir zum Beispiel unklare Rechtslagenklären wollen, deswegen auch Musterfälle vor Ge-richt bringen. Und wir auf der anderen Seite auchdurchaus mit Gerichtsverfahren aufzeigen wollen,wo Lücken im Rechtssystem sind. Darüber wird

man sicherlich sprechen müssen, welche Zielrich-tung eine Rechtsdurchsetzung da haben soll.Grundsätzlich, wie gesagt, gibt es ja auch schonbehördliche Rechtsdurchsetzung an der einenoder anderen Stelle. Und das macht sicherlicheinmal Sinn, noch einmal insgesamt zu schauen,was wir insgesamt in diesem System haben. Be-hördliche Rechtsdurchsetzung, zivilrechtlicheRechtsdurchsetzung, auch Ordnungswidrigkeiten,strafrechtliche Möglichkeiten, das alles sollte mansich anschauen. Wir haben uns natürlich aucheinmal Gedanken gemacht, wo konkret solcheEingreifmöglichkeiten für das Bundeskartellamtzu sehen wären. Wir sind aber insbesondere aufdie Fälle gekommen, in denen hoheitliche Befug-nisse erforderlich oder auch wünschenswert sind,namentlich Ermittlungsbefugnisse. Das sindDinge, die auch nur eine Behörde tun sollte, daswollen wir auch bitte gar nicht haben, nicht dassSie mich da in irgendeiner Form falsch verstehen.Und es gibt einige Beispiele, beispielsweise beiSchleichwerbung, das ist ein Riesenthema geradeim digitalen Bereich, weil man Schleichwerbunggar nicht mehr sehr gut erkennen kann auf Foren,auf Diskussionsbeiträgen oder auch Bewertungenauf Verkaufsplattformen. Hier kommt es sehr häu-fig zum Nachweis des Verstoßes darauf an, dassman einen Geldfluss zwischen dem Auftraggeberund dem Auftragnehmer nachweisen kann. Daranscheitern wir regelmäßig mit unseren Klagen.Zum Thema Gruppen- oder Musterfeststellungs-klage: Ja, in der Tat, wir sehen einige Verbesserun-gen durch die Umsetzung der Richtlinie in deut-sches Recht. Diese Verbesserungen werden abersicherlich erst richtig zum Tragen kommen fürden einzelnen Geschädigten, wenn die Möglich-keit besteht, sich zusammen zu schließen, um ge-meinsam zu klagen, denn die Schwierigkeiten, dieschon im allgemeinen Zivilrecht, sei es Gewähr-leistungsrecht, sei es UWG-Schäden, die potenzie-ren sich im Kartellrecht noch einfach aufgrundder Komplexität, aufgrund der auch etwas ab-schreckenden Materie. Deswegen macht es auf je-den Fall Sinn, über kollektive Klageformen nach-zudenken. Dies kann dann eine Musterfeststel-lungsklage sein, es kann aber eben auch eineGruppenklage sein. Mir fällt sicherlich, wenn Siemich lange darüber nachdenken lassen, auch nochetwas Drittes ein. Und es hat natürlich alles seineVor- und Nachteile. Bei einer Gruppenklage haben

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Sie die Möglichkeit, dass sich eben die Geschädig-ten selbst zusammenfinden. Und da auch, so ist esja gedacht, wirklich bis zu einem vollstreckbarenTitel durchklagen. Bei einer Musterfeststellungs-klage haben Sie aus unsere Sicht eine etwas grö-ßere Breitenwirkung, weil es jemanden gibt, dersich der Sache annimmt, das organisiert und auchdie Verbraucher auftreibt. Auf der anderen Seitehaben sie in der Tat eine gewisse Zweistufigkeit,weil sie einfach nur bis zu einem Feststellungsur-teil kommen. Wir setzen da viel auf Schlichtungin zweiter Instanz. Danke.

Der Vorsitzende: Vielen Dank. Wir treten in diezweite Runde ein. Die eröffnet der Kollege Knoe-rig.

Abg. Axel Knoerig (CDU/CSU): Vielen Dank, HerrVorsitzender. Herr Mundt, ich habe eine Frage anSie. Die Änderungen zum Anzapfverbot und zumVerkauf unter Einstandspreis im Gesetzentwurfbetreffen ja auch die Milchwirtschaft. Das hat jaim April 2016 ein Verwaltungsverfahren gegen dieDeutsche Milchkontor und 88 Milchgenossen-schaften in Norddeutschland gegeben. Das Verfah-ren ist ja mittlerweile abgeschlossen. Können Sieuns in etwa sagen, wann wir damit rechnen kön-nen, dass seitens Ihres Hauses Vorschläge zur Än-derung der Vertragslaufzeit zur Andienungspflichtund zum Preisreferenzsystem in der Milchwirt-schaft gegeben werden können? Zeitlich ist das jafür uns sehr wichtig, weil wir ja noch in der No-velle Ihre Inhalte über einen Initiativantrag miteinfließen lassen wollen. Und es hat ja auch be-reits im Jahr 2012 eine Sektoruntersuchung„Milch“ stattgefunden. Gibt es gegenüber dieserneuen jetzt inhaltliche Veränderungen und kön-nen Sie uns zeitlich und die Inhalte vielleichtganz kurz vorstellen? Danke.

Der Vorsitzende: Die Frage ging an Herrn Präsi-dent Mundt. Bitteschön.

SV Andreas Mundt (BKartA): Herr Knoerig, vielenDank für Ihre Frage. Es ist richtig, wir haben einPilotverfahren eingeleitet gegen das UnternehmenDeutsche Milchkontor. Das ist das größte be-troffene Unternehmen. Insgesamt betrifft das Ver-fahren natürlich aber auch weite Teile der Bran-che außerhalb dieses Unternehmens. Das Verfah-

ren ist noch nicht abgeschlossen. Wir haben un-sere Untersuchungen abgeschlossen. Das ist rich-tig. Wir haben Fragebögen versandt an eigentlichalle Beteiligten, die im Milchmarkt eine wesentli-che Rolle spielen. Wir schauen uns in diesem Ver-fahren ganz konkret fünf Punkte an. Das Eine istdie einhundertprozentige Andienungspflicht, diedie Erzeuger gegenüber ihrer Molkerei haben. DasZweite ist die einhundertprozentige Abnahme-pflicht, die wiederum die Molkerei hat gegenüberden Erzeugern. Wir schauen uns insbesondere dieLangfristigkeit der Bindung der Erzeuger an ihreMolkereien an. Bei Langfristigkeit sprechen wirüber Verträge, die in der Regel 24 Monate laufen,versehen mit Kündigungsfristen, die noch einmal12 Monate betragen. Das heißt: Wenn sie irgend-wann einmal heraus wollen aus ihrem Vertragund sie kündigen den Vertrag im Moment desVertragsabschlusses, sind sie noch mindestensdrei Jahre gebunden an dieses Unternehmen. Wirschauen uns die Transparenz an, die wir amMilchmarkt haben. Last but not least schauen wiruns vor allem den Mechanismus der Auszahlungdes Milchgeldes an. Der erfolgt nämlich in der Artund Weise, dass der Erzeuger bei der Abgabe derMilch nicht weiß, was er für seine Milch be-kommt. Die Molkerei verhandelt dann mit demLebensmitteleinzelhandel, der aufgrund desTransparenzsystems, das ist der vierte Punkt, denwir uns ansehen, genau weiß, welche Zahlungenim Markt tatsächlich erfolgen. Und auf der Grund-lage bezahlt der Lebensmitteleinzelhandel vierUnternehmen mit 85 Prozent Marktanteil die Mol-kerei. Die Molkerei zahlt dann an den Landwirtdas, was übrig bleibt. Mit anderen Worten: Wirhaben hier eine Wertschöpfungskette vom Erzeu-ger bis hin zum Lebensmitteleinzelhandel, in deres aus meiner Sicht nur einen einzigen gibt, derdas Risiko trägt. Und das ist das schwächste Gliedin der Kette: vermutlich der Landwirt. Auf der Ba-sis unserer Untersuchungen werden wir jetzt einPapier erarbeiten. Das wird zunächst einmal sehrdeskriptiv sein, aber auch vielleicht einige Punktedeutlich machen, wo wir Veränderungsbedarfoder wo wir Veränderungsmöglichkeiten sehen.Dieses Papier werden wir veröffentlichen unddann in einen sehr intensiven Dialog mit allen tre-ten, die in der Branche beteiligt sind. Mit anderenWorten, mit Erzeugern, mit Genossenschaften undmit den beteiligten Verbänden. Zum Teil hat es

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diese Kontakte auch schon gegeben. Und wir wol-len dann versuchen, mit den Beteiligten für denMarkt eine Lösung zu finden, die vielleicht etwasmarktgerechter ist und die nicht zu dieser Art vonRisikoverteilung führt. Ich hoffe, dass wir dannauch noch immer in die GWB-Novelle vielleichtden einen oder anderen Punkt einspeisen können.Das müssen wir dann sehen auf der Grundlagedieses Papieres, das wir derzeit veröffentlichen.Aber noch einmal: Ich hoffe auch, dass das Ver-fahren selbst möglicherweise schon zu Änderun-gen führt, vielleicht auch einfach nur dadurch,dass man neben das derzeit bestehende SystemAlternativen setzt, die auch zur Anwendung kom-men können, sodass man hier Möglichkeiten hat,aus Erzeugersicht auf andere Modelle auszuwei-chen. Das wäre aus meiner Sicht erst einmalschon ein schönes Ergebnis für den Markt insge-samt. Aber noch einmal, wir werden das nicht excathedra verfügen, sondern wir suchen eine Lö-sung mit dem Markt oder besser gesagt aus demMarkt, mit dem wir dann auch kartellrechtlich le-ben können.

Der Vorsitzende: Dankeschön. Als nächstes fragtKollege Dr. Pfeiffer.

Abg. Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU): Ich kommeauch noch einmal auf das Thema Verbraucher-schutz zurück. Ich habe eine Frage an den HerrnJohn. Es ist ja jetzt schon angesprochen worden,wie wird das denn diese Notwendigkeit von Sei-ten des BDI beurteilt? Sehen Sie da überhaupteine Rechtslücke, die es zu schließen gilt? Undwenn ja, in welchen Bereichen? Wenn nein, dannnatürlich auch mit Begründung. Insbesondere beidem Digitalbereich gibt es ja durchaus, aus unse-rer Sicht ist das zumindest einmal abzuwägen.Aber in anderer Richtung gibt es ja da auch nochPunkte. Danke.

Der Vorsitzende: Herr Dr. John.

SV Dr. Stefan John (BDI): Also dafür benötige ichdie fünf Minuten nicht. Die hätte ich für etwas an-deres gebraucht. Der BDI hält das private Lauter-keitsrecht hier für vollkommen ausreichend, so-wohl im digitalen als auch im analogen Bereich.Die Rechtsdurchsetzung ist aus der Sicht der deut-schen Wirtschaft effektiv und effizient. Wir sehen

keine Verbesserungen darin, dass staatliche Stel-len hier mit weiter reichenden Eingriffsbefugnis-sen versehen werden. Es handelt sich um Ein-griffsverwaltung, die nur dann überhaupt zur Dis-position stehen sollte, wenn wirklich größere Lü-cken in der Rechtsdurchsetzung vorhanden sind.Die sind für uns hier nicht erkennbar.

Der Vorsitzende: Jetzt fragt Kollege Held.

Abg. Marcus Held (SPD): Ich würde die Fragen,wie eben beschrieben, wiederholen an HerrnMundt.

Der Vorsitzende: Ja.

SV Andreas Mundt (BKartA): Vielen Dank, HerrHeld für die Gelegenheit. Ich will vielleicht ein-mal damit anfangen, dass das Bundeskartellamt ja,je nachdem wie man das sieht, heute schon sehrviele Verbraucherschutzaufgaben hat. Wenn Sieeinmal die Verfahren sehen, die wir in jüngsterZeit geführt haben, ich will gar nicht von Kartell-verfahren sprechen, von denen ja der Verbraucherganz unmittelbar profitiert, aber denken Sie ein-mal an die vielen Verwaltungsverfahren, die wirgeführt haben im Bereich Wasser, im BereichHeizstrom oder im Bereich Fernwärme. In diesenBereichen, wo wir dann auch teilweise Rücker-stattungen zugunsten der Verbraucher angeordnethaben, sieht man, dass Wettbewerbsrecht hierauch schon ganz unmittelbar einen Verbraucher-schutzbezug hat. Es gibt ein Verfahren, wo wirselbst uns manchmal wünschen würden, dass wiretwas weitere Eingriffsbefugnisse hätten. Das istdas Verfahren, das wir im Moment gegen Face-book führen. Hier gehen wir der Frage nach, obFacebook durch seine Allgemeinen Geschäftsbe-dingungen möglicherweise gegen das Gesetz überdie Allgemeinen Geschäftsbedingungenoder gegen Datenschutzrecht verstößt. Um dasprüfen zu können, müssen wir erst einmal prüfen,ob Facebook eigentlich marktbeherrschend ist. Esmag manch einem trivial erscheinen, das ist esaber nicht, weil wir dies erst einmal mit Zahlenbelegen müssen. Jetzt werden Sie sich vielleichterst einmal wundern, aber das Belegen mit Zahlendauert in so einem Fall gut und gern einmal achtbis neun Monate, weil wir dies gerichtsfest ma-chen müssen. Wir müssen damit ja vielleicht amEnde zum Oberlandesgericht nach Düsseldorf

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oder zum Bundesgerichtshof nach Karlsruhe.Wenn wir dann festgestellt haben, dass so ein Un-ternehmen marktbeherrschend ist, dann erst wen-den wir uns der eigentlichen Frage, die Gegen-stand dieses Verfahrens ist, zu, nämlich der Frage:Haben wir es hier möglicherweise mit einem Ver-stoß gegen AGB-Recht oder gegen Datenschutz-recht zu tun? Das müssen wir dann eben auchnoch gerichtsfest feststellen. Mit anderen Worten:Wenn wir hier gewisse, von mir aus auch be-schränkte Befugnisse im Verbraucherschutzrechthätten, dann könnten wir uns zumindest, wenn,wie in diesem Fall möglicherweise Millionen vonVerbrauchern betroffen sind, dann könnten wiruns das ja, Feststellung der Marktbeherrschung,sparen. Mit anderen Worten, wir würden wesent-lich schneller werden. Das wäre sicherlich ein ge-wisser Vorteil. Ich persönlich sehe darin ehrlichgesagt auch kein Systemwechsel, weil wir ja denVerbraucherschutz, so wie er heute durchgesetztwird, gut finden. Er funktioniert auch gut. Ausmeiner Sicht würde er nur einer gewissen Ergän-zung bedürfen. Und das ist nicht wirklich ein Sys-temwechsel, sondern das ist etwas Komplementä-res, das unterstützend neben das tritt, was wirheute haben. Das ist eigentlich aus meiner Sichtder Kern des Ganzen. Und da haben wir einfachBereiche, wo wir uns mit der Funktionsfähigkeitdes reinen zivilrechtlich betriebenen Verbraucher-schutzes schwer tun. Ich gebe Ihnen ein Beispiel.Nehmen Sie, was im Moment in aller Munde ist,die berühmten In-App-Verkäufe, wo teilweiseKinder Apps herunterladen, und diese sich über-haupt nicht darüber im Klaren sind, dass sie eineApp vor sich haben, die permanent Geld kostet,wo jeden Monat Geld abgezogen wird, möglicher-weise von einem marktmächtigen Unternehmen.Nehmen Sie die Frage, die immer wieder Gegen-stand von Diskussionen ist, nämlich, ob das Ran-king auf Bewertungsportalen korrekt ist. Das hatübrigens nicht nur eine Verbraucherschutzkompo-nente, weil, wenn es nicht korrekt ist, dann kauftder Verbraucher etwas, was möglicherweise garnicht das beste Produkt ist, weil es nicht aufgrundeines sachgemäßen Rankings zustande gekommenist. Das kann aber auch ganz stark zu einem Nach-teil von kleinen oder mittleren Unternehmen sein,die auf diesen Websites bewertet werden undmöglicherweise nach hinten rutschen, weil ihreBewertung nicht sachgerecht ist und andere nach

oben rutschen, obwohl sie gar nicht das beste Pro-dukt anbieten. Deshalb verstehe ich auch garnicht, warum die Wirtschaft da so dagegen seinsollte, Herr John, weil aus meiner Sicht das auchganz konkret kleinen und mittleren Unternehmennutzt. Ich glaube, dass sind Bereiche, wo man sicheine Erweiterung tatsächlich vorstellen könnte.Noch einmal, kein Paradigmenwechsel, wir wol-len nichts grundlegend Neues. Ich glaube auchnicht, dass wir alle Befugnisse benötigen, die wirim Kartellrecht haben. Ich muss sicherlich nichtmit bewaffneten Beamten in ein Unternehmenstürmen, um zu schauen, ob Verbraucherschutz-recht eingehalten wird. Mit anderen Worten: Dawürde man sicherlich anders arbeiten, eher mitSektoruntersuchungen, eher mit anderen Instru-menten. Vielleicht als Abschluss. Es gibt viele Be-hörden in Europa, in Großbritannien, in Öster-reich und in vielen anderen Ländern, wo dieWettbewerbsbehörde bereits mit dem Verbrau-cherschutz betraut ist. Auch hieran sieht man dieKomplementarität und auch hieran sieht man,dass eine Verbraucherschutz-, also eine Wettbe-werbsbehörde, sicher ein geeigneter Ort für dieseZuständigkeit ist.

Der Vorsitzende: Dankeschön. Jetzt fragt KollegeDr. Heider.

Abg. Dr. Matthias Heider (CDU/CSU): VielenDank, Herr Vorsitzender. Ich hätte noch einmaleine zweiteilige Frage an Herrn Professor Pods-zun. Sie haben gerade gehört, was der Präsidentdes Bundeskartellamtes zum Bereich der digitalenÖkonomie gesagt hat und auch das, was Herr Dr.John vom BDI vorgetragen hat. Das waren klareStellungnahmen. Wir haben einen Schwerpunktin der 9. Novelle des GWB im Bereich der digita-len Wirtschaft und die Anpassung der Herausfor-derungen in diesem Gesetz an die Fortschritte derdigitalen Ökonomie. Sehen Sie das als machbaran, Herr Professor Podszun, dass man einen be-stimmten Bereich der digitalen Wirtschaft quasibesonders berücksichtigt im Bereich des GWB, da-mit auch Verbraucherziele an der Stelle durchge-setzt werden können? Und zu einem anderen Teilstelle ich noch eine zweite Frage hinterher. Wirhaben aufgrund europäischer Rechtsetzung auchden Bereich der Schadensersatzklage im Bereichdes GWB zu regeln gehabt. Hier ist allerdingsauch eine Regelung mit aufgenommen worden,

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die sich mit der Bereitstellung von Beweismittelnbeschäftigt - § 33 g des Gesetzentwurfes. Hier gehtes um die Herausgabe von Beweismitteln, eine Fi-gur, die wir sonst nur aus dem angloamerikani-schen Recht kennen. Da hätte ich die Bitte an Sie,dass Sie da einmal einen Blick für uns darauf wer-fen und sagen, was davon zu halten ist. VielenDank.

Der Vorsitzende: Herr Professor Podszun.

SV Prof. Dr. Rupprecht Podszun (Heinrich-Heine-Universität): Vielen Dank, Herr Dr. Heider, für dieinteressanten Fragen. Vielleicht hat man aus denBemerkungen, die hier am Tisch zum Verbrau-cherrecht schon gefallen sind, schon gehört, dasses durchaus schon eine neue Art ist, was dakommt. Ich glaube, es ist wichtig, dass, wenn mandas einführt, und das ist natürlich Ihre Entschei-dung als wirtschaftspolitische Entscheider, mansowohl die Befugnisse richtig zuschneidet alsauch den sachlichen Anwendungsbereich richtigzuschneidet. Ich glaube, dass der digitale Bereichda momentan der Bereich ist. Das ist eben auchdas Signal, das die Novelle aussendet, wo manversucht, neue Regeln zu schaffen, um in diesemBereich auf Entwicklung zu reagieren. Ich glaube,dass das Thema dafür durchaus geeignet ist, weiles dort Massenphänomene gibt, die sich sehr dy-namisch entwickeln, wo vielleicht auch einschnelles Eingreifen manchmal hilfreicher ist, alswenn das kleinteilig an einzelnen Landgerichtenpassiert. Wenn man beispielsweise an Geschäfts-modelle wie die von Uber denkt, wo sich dieLandgerichte in Deutschland mehrfach mit derFrage befassen mussten. Also ich glaube, es gibtschon Argumente dafür, das derart sachlich einzu-grenzen. Ich würde aber, und das ist in Ihrer Ant-wort Herr Mundt ja auch gerade noch einmal an-geklungen, ich würde schon einen sehr genauenBlick darauf werfen, wie die Befugnisse ausgestal-tet sind, was das Bundeskartellamt dann tatsäch-lich dort darf. Ich meine, da ist im ersten Schrittdurchaus Vorsicht geboten. Frau Gurkmann hateben den Aspekt noch einmal aufgeworfen, dasses auch nicht zu den Konflikten mit der funktio-nierenden privaten Rechtsdurchsetzung kommendarf. Und ich denke, dass man auch darüber nocheinmal genau nachdenken muss, dass man nichthinterher permanent Doppelungen in diesem Be-reich hat.

Was die sogenannte Pre-Trial-Discovery angeht,wenn ich das einmal so mit dem amerikanischenBegriff benennen darf, so muss man sich folgen-des vorstellen: Wir haben jetzt im GWB Regie-rungsentwurf eine Regelung vorgesehen, sodass esfür Kartellopfer relativ wird, erst einmal einfacheine Auskunftsklage gegen Unternehmen einzu-reichen, die an einem Kartell beteiligt waren. Unddie Gefahr, die dann immer ein bisschen bestehtist, dass es da zu sogenannten Fishing Expeditionsführt, das heißt, man wirft einmal das Netz ausund schaut, was dabei herauskommt. Und dannentscheidet man danach erst, ob man klagt odernicht. Da ist dann vielleicht auch eine Menge Bei-fang mit dabei, da sind vielleicht auch Geschäfts-geheimnisse im großen Maße betroffen, die prob-lematisch sind. Und das ist schon etwas, was wirim deutschen Recht zumindest mit so einfachenVoraussetzungen bislang nicht kannten. Das Prob-lem, das da entsteht, ist, dass das für Unterneh-men, die da betroffen sind, häufig dazu führenwird, dass sie sich vielleicht relativ schnell inVergleichsverhandlungen hereinziehen lassen, da-mit man erst gar nicht in das problematische Sta-dium hereinkommt. Regelungsmäßig ist das fürSie jetzt aber keine leichte Aufgabe, denn die EU-Richtlinie, die hier umzusetzen ist, die gibt dasauch weitgehend genau in dieser Form vor wiedas Ministerium oder die Regierung das vorge-schlagen haben. Also ich glaube, dass das, was dageregelt worden ist, auch der Richtlinie relativ gutentspricht. Man ist vielleicht in einem Punkt einbisschen darüber hinausgegangen, wenn man aufden § 89 b Absatz 5 schaut. Vielleicht könnte mandas noch ein bisschen zurückschrauben und viel-leicht auch in der Gesetzesbegründung den Rich-terinnen und Richtern, die am Ende dann abzuwä-gen haben, wie weit sie diese „Ausforschung“ zu-lassen, vielleicht noch den einen oder anderenHinweis geben.

Der Vorsitzende: Der nächste Fragesteller ist Kol-lege Knoerig.

Abg. Axel Knoerig (CDU/CSU): Danke, Herr Vor-sitzender. Herr Professor Podszun, ich möchte Siegleich noch einmal herausfordern, und zwar inBezug auf das Verfahren Edeka und Kaisers’s Ten-gelmann. In diesem Zusammenhang sind ja dieWettbewerbsverhältnisse im Lebensmitteleinzel-

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handel ja deutlich hervorgetreten. Und im Lebens-mitteleinzelhandel finden ja nur einmal jährlichGespräche über die Lieferkonditionen statt. Wiestehen Sie zu der Forderung des Lebensmittelein-zelhandels in Bezug auf diese Regelung, eineÜbergangfrist von 12 Monaten vorzusehen, umden sogenannten praktischen Verhältnissen imLebensmitteleinzelhandel Rechnung zu tragen?

Der Vorsitzende: Herr Professor Podszun.

SV Prof. Dr. Rupprecht Podszun (Heinrich-Heine-Universität): Vielen Dank. Sie spielen auf die Fra-gen an, die hier gerade schon kurz angeschnittenworden sind vom Kollegen Lettl – Verkauf unterEinstandspreis, Anzapfverbot und ähnliches. Dasist wahrscheinlich kein Geheimnis, dass das beiKartellrechtlern und Wettbewerbsökonomen nichtdie beliebtesten aller Regelungen sind im Gesetz,was eben aus dieser Schwierigkeit resultiert, dassman einerseits natürlich auch starken Verhand-lungswettbewerb will, es anderseits aber auchnicht sein kann, dass man auf dieser Art undWeise manche Unternehmen kannibalisiert oderin den Ruin treibt und ähnliches. Ich glaube, dasist ein ganz schmaler Grat, das muss man einfachimmer sehen, dass es ganz schwierig ist, da etwaszu machen. Ich glaube, dass die Regelungen, dieda jetzt vorgesehen sind, vielleicht auch etwasKlarheit schaffen und das ermöglichen. Was dieÜbergangsfrist angeht, da bin ich immer ein biss-chen gespalten. Ich denke, aus systematischerSicht ist es schwierig, einzelnen Branchen solcheAusnahmen zu gewähren. So sinnvoll das viel-leicht im Einzelfall auch sein mag, leider Gottesführt das auch immer wieder dazu, dass dann dernächste für seinen Bereich auch noch eine Über-gangsfrist braucht. Und plötzlich hat man ein ganzzerlöchertes GWB, das zu verschiedenen Zeit-punkten und in verschiedenen Branchen Anwen-dung findet. Also, da würde ich mich mit einerÜbergangsregelung eher zurückhalten. Aber dasist vielleicht eher ein systematischer Einwand, derder Frage geschuldet ist: Inwieweit mache ich dasGWB auf für Sonderregelungen in einzelnen Bran-chen? Und vor dem eher wissenschaftlichen As-pekt würde ich das eher kritisch beurteilen.

Der Vorsitzende: Jetzt fragt der Kollege Flisek.

Abg. Christian Flisek (SPD): Danke, Herr Vorsit-zender. Ich möchte Herrn Dr. John noch einmaldie Gelegenheit geben, zu dem Thema „Wurstlü-cke“ beziehungsweise zur Haftung im Konzern-verbund kurz etwas zu sagen. Ich hatte den Ein-druck, dass Sie das Gefühl hatten, da etwas zukurz gekommen zu sein. Sie haben uns ja dan-kenswerterweise kurzfristig noch einmal ein sehrausführliches Gutachten zukommen lassen, woSie mit der scharfen Kanone der Verfassungswid-rigkeit auf diese Vorschrift schießen. Und in demBegleitschreiben heißt es unter anderem: „Derstaatliche Gesetzgeber ist, so lange er die Effektivi-tät der Durchsetzung des EU-Kartellrechts gewähr-leistet, nicht zur Übernahem von Haftungsdogma-tiken aus dem EU-Recht gezwungen.“ Ich möchteSie aber trotzdem fragen: Haben wir als Gesetzge-ber nicht den Spielraum, es dennoch zu tun?Denn was ist denn die Alternative? Sie schlagen jaeine Alternative vor. Sie schlagen eigene Haf-tungstatbestände vor für eigene Pflichtverletzun-gen, was dazu führen würde, dass man neben dembereits abgeschlossenem Kartellverfahren einkomplett neues Verfahren mit Ermittlungen eröff-nen müsste. Also, das stelle ich mir sehr schwie-rig vor. Und ich stelle Ihnen als BDI Vertreterauch deswegen die Frage, ist das Ganze nicht eherein Thema für ein wirksames Compliance-Systemim Konzern, um dem ganzen dann Herr zu wer-den? Da taucht irgendwo dieser Begriff, der durch-aus einer der Hauptschlagworte im Bereich Risi-komanagement und so weiter in Konzernen undUnternehmen ist, hier überhaupt nicht auf undich würde das hier sehr gut verorten. Und dannhätte ich mit so einem System der Zurechnungauch kein Problem.

Der Vorsitzende: Herr Dr. John.

SV Dr. Stefan John (BDI): Ganz herzlichen Dankfür die Frage. Danke, dass ich hier noch etwas tie-fer darauf eingehen darf. Sie fragen, ob wir nichtdie Möglichkeit haben, hier im deutschen RahmenEU-Regelungen zu übernehmen. Natürlich habenwir die Möglichkeit, es besteht aber ein entschei-dender Unterschied zwischen dem EU-Recht, wasVerwaltungsrecht ist und dem deutschen Rege-lungsrahmen, der hier durch das Strafrecht ge-kennzeichnet ist. Es geht um das kleine Strafrecht,es geht um das Ordnungsstrafrecht, aber das ist

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ein zentraler Unterschied. Und die neuen Rege-lungen, so wie sie vorgesehen sind, die würden esermöglichen, juristische Personen in zweiter, drit-ter und vierter Reihe einer wirtschaftlichen Ein-heit allein dafür zu bestrafen, dass sie dieser Ein-heit angehören. Der Regierungsentwurf ist aus un-serer Sicht auch deshalb verfassungswidrig, weilsolche Strafen natürlich vorsehen müssen, dassman sich rechtmäßig alternativ verhalten kann.Das ist ja auch der Sinn einer Strafe. Wenn ich alsAdressat ein Übel zu befürchten habe, dannmöchte ich es dadurch vermeiden, dass ich michrechtmäßig verhalte. Diese Unternehmen in zwei-ter, dritter, vierter Reihe eines Konzerns, die ha-ben aber überhaupt kein rechtmäßiges Alternativ-verhalten, was in dem Regierungsentwurf ange-sprochen wäre. Und deshalb der Vorschlag derdeutschen Wirtschaft, hier anzuknüpfen an eineAufsichtspflicht dieser Unternehmen in zweiter,dritter, vierter Reihe. Wir lassen uns gern daranfesthalten, dass wir irgendeinen Fehler in der Auf-sicht von Konzernunternehmen begangen haben.Dafür zu haften, dass diese Gesellschaften einfachnur zum Kollektiv, zum Konzern gehören, ist et-was wenig. Das entkoppelt die Verantwortung vonder Schuld. Man wird bestraft für etwas, was mannicht wirklich beeinflussen kann. Man wird be-straft für etwas, wo es nicht wirklich ein rechtmä-ßiges Alternativverhalten gibt. Und das enthebtdie Strafe ihres Sinns. Und da das im deutschenRahmen eben so ist, im europäischen Rahmenaber anders, weil wir uns da auf der Verwaltungs-rechtsebene bewegen, ist das Gesetz aus unsererSicht verfassungswidrig, indem es nämlich gegendas Rechtsstaatsprinzip und den daraus folgendenGedanken verstößt, dass niemand ohne Schuld be-straft werden kann. Wenn ich mich nicht rechtmä-ßig alternativ verhalten kann, wenn ich auchkeine Aufsichtspflicht gehabt habe, deren Verlet-zung mir vorgeworfen wird, dann ist das eineStrafe ohne Schuld wegen Zugehörigkeit zu einemökonomischen Kollektiv. Und das begründet ausunserer Sicht die Verfassungswidrigkeit. Deswe-gen haben wir auch vorgeschlagen, den § 81 Ab-satz 3a dahin gehend im Notfall zu ergänzen,wenn er denn nicht ganz entfallen soll, dass dorteine Aufsichtspflicht etabliert wird. Und dannkönnte man im Sinne von guten oder schlechtenCompliance- Aktivitäten messen, ob die Unter-nehmen dieser Pflicht gerecht geworden sind.Und wenn sie ihr nicht gerecht geworden sind,

dann zahlen wir auch gerne Strafen. Die „Wurst-lücke“ selbst ist auf der Ebene der Rechtsnach-folge zu lösen. Das heißt, wo Vermögen hin ver-schoben werden, dort kann die Buße eingezogenwerden. Und da gibt es auch kein Argument, dassdas nicht flächendeckend geregelt werden kann.Vermögen sind immer irgendwo da, selbst imFalle einer Insolvenz gibt es eine Masse. Also dasist unser Petitum: Aufsichtspflichtverletzung undsonstige Regelungen auf der Rechtsnachfolgeseite.Herzlichen Dank.

Der Vorsitzende: Der nächste Fragensteller ist derKollege Dr. Heider.

Abg. Dr. Matthias Heider (CDU/CSU): VielenDank, Herr Vorsitzender, vielen Dank, Herr Dr.John gerade noch einmal für Ihre Ausführungen.Ich habe daraus noch einmal mitgenommen, dassSie bekräftigen, dass es grundsätzlich einen Rege-lungsbedarf gibt und dass es nur unterschiedlicheAnsätze gibt, wie man das nun am besten macht.Und die einen sehen den Anknüpfungspunktmehr im europarechtlichen Bereich, und die an-deren fordern die gesellschaftsrechtliche An-nahme einer isolierten Betrachtung, auch um inden deutschen Rechtsprinzipien stärker zu blei-ben. Mich würde grundsätzlich noch einmal voreiner Vielzahl von Fällen in den vergangenen Jah-ren interessieren, ob seitens der deutschen Indust-rie der Bedarf gesehen wird, die Schadensersatzre-gelungen so wie vorgeschlagen hier im Gesetz ab-zubilden? Ich erinnere an die Vielzahl von Verfah-ren etwa im Bereich von Zement, Zucker, Auto-mobilzulieferern und anderen. Also da sind aufder anderen Seite auch geschädigte Unternehmender deutschen Industrie, die wir in Betracht zuziehen haben. Die zweite Frage würde ich gernnoch einmal an Herrn Professor Podszun stellen.In Bezug auf das letzte Ministererlaubnisverfah-ren, so häufig sind die Verfahren ja gar nicht, dieda geführt werden, aber es hat doch sehr lange ge-dauert. Kaufleute haben immer einen großen Be-darf an schnellen Entscheidungen, denn da hängtimmer viel von ab, nicht nur Arbeitsplätze, auchInsolvenzen und anderes. Welchen Zeitraum hal-ten Sie für angemessen, um ein solches Verfahrenzum Abschluss zu bringen? Und könnten Sie unsda eine Empfehlung geben? Vielen Dank.

Der Vorsitzende: Herr Dr. John und danach noch

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Professor Podszun.

SV Dr. Stefan John (BDI): Herzlichen Dank für dieFrage. Was ich eben gesagt habe, galt für das Buß-geldrecht. Was Sie jetzt gefragt haben, gilt für daszivilrechtliche Schadensersatzrecht. Die Umset-zung der europäischen Kartellschadensersatzricht-linie ist für die deutsche Industrie in Ordnung.Wir denken, dass der nationale Regelungsrahmenohnehin recht gut ausgestaltet war, jetzt wird ernoch etwas besser ausgestaltet. Die Übernahmeder Richtlinie hätte sich in einigen Punkten engeran die EU-Vorgaben halten können. Wir sindnicht ganz einverstanden mit dem, was Herr Pro-fessor Podszun gesagt hat. Der Auskunftsanspruchwird Deutschland als Gerichtsstandort für notori-sche und querulatorische Kläger interessant ma-chen. Es droht zu befürchten, dass deutsche Un-ternehmen anders als europäische Unternehmenfrühzeitig kostenintensiv, langwierig in Aus-kunftsverfahren verstrickt werden und dann, umsich derer zu entledigen, eben auch die Neigunghaben, sich eventuell auch grundlosen Ansprü-chen hinzugeben im Wege von Kompromissen.Das hätten wir nicht für nötig gehalten. Ansonstenist die Umsetzung der Kartellschadensrichtlinieaber gelungen.

Der Vorsitzende: Jetzt ergänzend Professor Pods-zun.

SV Prof. Dr. Rupprecht Podszun (Heinrich-Heine-Universität): Sie hatten nach dem Fristenregime inder Ministererlaubnis gefragt. Ich glaube, es istganz wichtig, dass man da tatsächlich eine zeitli-che Grenze einzieht, so wie Sie es in Ihrer Frageangedeutet haben. Der Zeitraum ist natürlich im-mer schwierig zu bestimmen. Und mir scheint,wenn ich jetzt auf die vergangenen Verfahren bli-cke und auf das, was man aus den Kartellverfah-ren der Kommission oder des Bundeskartellamteskennt, dass man wahrscheinlich mit vier Monatenrechnen müsste. Das wäre etwas, um einmal eineHausnummer zu nennen, wo ich sagen würde, daskann ich mir vorstellen. Ich denke, es ist aller-dings auch wichtig vor dem Hintergrund dessen,was ich eben kurz angedeutet habe, dass man die-ses Verfahren auch flexibel gestaltet. Das sindeben doch immer ganz außergewöhnliche Fälle,und es wäre natürlich auch schade, wenn mandann plötzlich sozusagen in die Frist hereinläuft

und die Kuh dann nicht mehr vom Eis bekommt.Wie schwierig das ist, haben wir ja gerade gese-hen. Das ist ja auch eine Regelung, die wir in denFusionskontrollverfahren durchaus auch kennen,dass man sozusagen ein Stop-the-Clock einführt,dass man sagt, mit Einverständnis aller Beteiligtenkönnen wir vielleicht die Frist dann noch einmalkurzzeitig einmalig verlängern oder sozusagen ei-nen letzten Zeitpunkt geben. Aber da würde ichvoraussetzen, dass die betroffenen Beteiligten zu-stimmen, um eine Verlängerung zu erreichen. An-sonsten sollte man sich natürlich bemühen, dasinnerhalb dieser vier Monate abzuschließen.

Der Vorsitzende: Jetzt fragt der Kollege Held.

Abg. Marcus Held (SPD): Ich hätte noch eineFrage zum Ministererlaubnisverfahren bezie-hungsweise zum Votum der Monopolkommission.Inwieweit könnte das bindend sein beziehungs-weise inwieweit bestünden hier noch andere Mög-lichkeiten? Hier könnte sich Herr Professor Küh-ling noch einmal dazu äußern.

Der Vorsitzende: Herr Professor Kühling.

SV Prof. Dr. Jürgen Kühling (Monopolkommis-sion): Vielen Dank. Vielleicht eine Vorbemerkungzum Ministererlaubnisverfahren. Wir raten insge-samt dazu, dieses spezifische Ministererlaubnis-verfahren im Fall Edeka/Tengelmann nicht zumAnlass zu nehmen, um jetzt allgemein das Verfah-ren strukturell in Frage zu stellen. Wir sind in derMonopolkommission der Meinung, dass sich dasMinistererlaubnisverfahren prinzipiell bewährthat. Es ist ja der Regelfall, dass der Minister demVotum der Monopolkommission folgt. Der FallEdeka/Tengelmann und der letzte Fall E.ON Ruhr-gas vor 14 Jahren, in dem der Minister nicht demVotum der Monopolkommission gefolgt ist, warsicherlich auch ein sehr unglücklicher Fall. Aberda setzen wir dann möglicherweise eher auf eineLernkurve, als dass wir das Verfahren substantielländern müssen. Ganz skeptisch, sind wir gegen-über dem Vorschlag, dass das Votum der Mono-polkommission bindend ist. Und zwar aus folgen-dem Grund: Sinn und Zweck des Ministererlaub-nisverfahrens ist es ja, von der rein wettbewerbli-chen Bewertung wegzukommen und ausnahms-weise aufgrund überragender Gemeinwohlgründe

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anders zu entscheiden, als das Kartellamt ent-schieden hat. Dazu sollen wir dann eine Stellung-nahme abgeben. Dann aber sind wir der Meinung,hier sind inkommensurable Güter, Dinge, die manam Ende schlecht als Expertenkommission ver-bindlich abwägen kann, zu gewichten. Und das isteine Entscheidung, die ultimativ bei der Politiksinnvoll aufgehoben ist, die dann eben auch diepolitische Verantwortung für diese Entscheidungzu tragen hat. Und insofern raten wir davon drin-gend ab, uns nun mit einem bindenden Votum zuertüchtigen. Wir glauben tatsächlich, das einzige,was man sinnvollerweise aus dem FallEdeka/Tengelmann lernen kann, ist eine weitereVerschärfung der Verfahrensregeln wie etwa derDokumentationspflichten. Das halten wir für ei-nen sehr sinnvollen Schritt. Wir halten es fernerfür zweckmäßig, dass der Vorsitzende der Mono-polkommission in der öffentlichen mündlichenVerhandlungen des Ministererlaubnisverfahrensnoch einmal die Möglichkeit bekommt, das Vo-tum der Monopolkommission vorzustellen. Dassind aus unserer Sicht sinnvolle Regelungen. An-sonsten sind wir der Meinung, dass sich das Mi-nistererlaubnisverfahren in dieser Konstruktionbewährt hat. Es kommt selten zu Anwendung. Re-gelmäßig folgt der Minister dem Vorschlag derMonopolkommission. Wir glauben auch, dass esinsgesamt richtig in der Verwaltung aufgehobenist. Also auch den Vorschlag, den Bundestag dazuzu ertüchtigen, halten wir nicht für überzeugend.Ansonsten sehen wir eine ganze Reihe von Vor-schlägen, die das ganze Verfahren eher noch kom-plizierter machen, weitere Verfahrensschritte ein-ziehen, die dann wiederum zu den Verzögerungenführen, die wir nicht haben wollen. Denkbar wärehingegen in der Tat, wie gerade auch vom Kolle-gen Podszun diskutiert, eine Frist einzuziehen,möglicherweise sechs Monate mit einer Verlänge-rungsoption im entsprechenden Einverständnisaller Beteiligten. Das wäre sinnvoll. Aber auchnoch einmal der Hinweis: Das VerfahrenEdeka/Tengelmann war außergewöhnlich lang.Regelmäßig werden die Verfahren in sechs Mona-ten auch abgeschlossen. Also insofern sollte manhier nicht den Einzelfall, der etwas unglücklichgelaufen ist, zu substanziellen Änderungen amGesetz zum Anlass nehmen.

Der Vorsitzende: Die nächste Fragestellerin istFrau Kollegin Binder.

Abge. Karin Binder (DIE LINKE.): Danke, HerrVorsitzender. Meine Frage richtet sich noch ein-mal an Herrn Professor Lettl, auch im Zusammen-hang mit der Ministererlaubnis: Wie bewerten Siedie in § 42 GWB jetzt geregelte Ministererlaubnisvor dem Hintergrund der vorher angesprochenenMarktmacht und Konzentration? Wie beurteilenSie den Vorschlag einer Einführung einer Parla-mentserlaubnis statt dieser Ministererlaubnis imKartellrecht oder hätten Sie weitere Vorschlägefür die Berücksichtigung im Sinne des Allgemein-wohls in solch einer Entscheidung?

Der Vorsitzende: Herr Professor Lettl.

SV Prof. Dr. Tobias Lettl (Universität Potsdam):Vielen Dank. Die Ministerialerlaubnis bringt ja dieTrennung zwischen wettbewerblichen Gründen,die das Bundeskartellamt prüft, und außerwettbe-werblichen Gründen, die durch die Politik beur-teilt werden, zum Ausdruck. Diese Prüfung durchdie Politik sollte meines Erachtens dem Parlamentvorbehalten bleiben. Insofern unterstütze ich die-sen Antrag in Ziffer 1 zur Einführung eines Parla-mentsvorbehalts, denn immerhin geht es um eineEntscheidung - contra Fusionskontrollrecht - undzu solch einer Entscheidung ist im Grunde nurder Gesetzgeber selbst legitimiert, zumal es hierum die Auslegung von Tatbestandsmerkmalen imGemeinwohlinteresse geht. Dieses Gemeinwohlin-teresse kann neutral im Grunde nur ein plural zu-sammengesetztes Organ entscheiden. Der demo-kratisch legitimierte Gesetzgeber ist meines Erach-tens hier die einzige Institution, die hierfür inFrage kommt, sodass das Demokratieprinzip ge-wahrt bleibt. Hinzu kommt, dass die Lösung vonSpannungslagen zwischen verschiedenen Verfas-sungsgütern Aufgabe des Gesetzgebers ist, wie esauch das Bundesverfassungsgericht schon einigeMale betont hat. Die fachliche Kompetenz desBundeswirtschaftsministeriums sollte genutztbleiben, wenn dieses die Entscheidung des Parla-ments vorbereitet. Allerdings sollte auch berück-sichtigt werden, dass ein Parlamentsvorbehalt zuetwas weniger Flexibilität führt. Insofern müssteim Verfahrensablauf gewährleistet sein, dass dasParlament hier zu einer zügigen Entscheidungkommt. Unbestimmte Rechtsbegriffe wie gesamt-wirtschaftliche Vorteile und überragendes Inte-resse der Allgemeinheit, wie sie in § 42 Absatz 1

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Satz 1 GWB genannt sind, sollten meines Erach-tens nicht näher ausgestaltet werden durch ein-zelne Beispiele, da man sich hier zu einer Veren-gung begäbe, die die Berücksichtigung weitererGründe ausschließen könnte, sodass es meines Er-achtens auch gar nicht notwendig erscheint, wennder demokratisch legitimierte Gesetzgeber zurAuslegung dieser Begriffe befugt ist. Dann erübrigtsich eine weitere Einengung, denn dann steht dasGanze auf einem sehr demokratischen Funda-ment. Das wären meine Anmerkungen zur Minis-terialerlaubnis.

Der Vorsitzende: Jetzt Kollegin Dröge.

Abge. Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NEN): Vielen Dank. Ich möchte meine Fragennoch einmal an Frau Gurkmann richten. EineFrage habe ich zum Thema Schadenspauschalenund Verjährungsfristen. Inwieweit ist es aus IhrerSicht sinnvoll, eine Festlegung von Mindestscha-denshöhen einzuführen? Und zum anderen eineVerlängerung von Verjährungsfristen bei der pri-vaten Rechtsdurchsetzung, ob dies aus Ihrer Sichtsinnvolle Instrumente sind? Und zum zweitenhabe ich Ihrer Stellungnahme entnommen, dassSie vorschlagen, Kartellbußen und Abschöpfungs-vorteile für die stärkere Finanzierung der Verbrau-cherarbeit vorzusehen. Können Sie darlegen, wa-rum das aus Ihrer Sicht notwendig ist?

Der Vorsitzende: Frau Gurkmann bitte.

SVe Jutta Gurkmann (vzbv): Vielen Dank. ZurSchadenspauschale: In der Tat wären wir sehrglücklich, wenn man sich durchringen könnte,eine konkrete Schadenspauschale ins Gesetz mitaufzunehmen, die durchaus widerleglich seinkann. Aber wir haben einfach das Problem, dasswir hier zwar ja die Schätzungsbefugnis der Ge-richte haben und auch eine Vermutung dahin ge-hend, dass der Schaden größer null ist. Aber wie-viel größer als null der Schaden sein könnte, dasmuss das Gericht dann schätzen. Und die Grund-lage, auf der dann das Gericht zu einer Schätzungkommt, die müssen dann schon die Verbraucherauch liefern. Und das wird dann sehr, sehr schwersein. Es sei denn natürlich, man kann noch inten-siver in Unternehmensinterna hineinschauen, wasaber, soweit ich das verstanden habe, nicht ge-

plant ist. Also, da ist natürlich ein gewisses Span-nungsfeld. Wenn Unternehmensinterna nicht soweit offen gelegt werden sollen, dann wird manhier in der Tat auch mit einer Pauschalierung desSchadensersatzes arbeiten müssen, dem dann dieUnternehmen wiederum entgegnen können, dassein Schaden in geringerer Höhe entstanden ist.Und es gibt ja auch sehr viele Untersuchungen,die immer wieder durchaus zu unterschiedlichenSchätzungen kommen, wie hoch der Höchstwertbei kartellbedingten Schäden ist. Aber in der Re-gel haben wir hier einen Ausgangswert, einenMindestwert von 10 Prozent. Deswegen wäre esaus unserer Sicht doch sehr positiv für Geschä-digte, hier eine Schadenspauschalierung von10 Prozent einzuführen als unterer Rahmen. DieVerjährungsfristen, ja, wir wären auch dafür,wenn man die Verjährungsfristen für die zivil-rechtliche Geltendmachung von kartellbedingtenSchäden verlängern würde, einfach aus demGrund, dass die Verfahren schon zur Feststellungvon Kartellen sehr lange dauern. Und um hierauch Klagen auf zivilrechtliche Erstattung sinn-voll vorbereiten und durchführen zu können,wäre das schon sinnvoll, das auch entsprechendanzupassen. Ihre zweite Frage ging um die Kartell-bußen. Die Kartellbußen und auch die Vorteilsab-schöpfung beziehungsweise im UWG-Bereich dieGewinnabschöpfungsbeträge fließen derzeit ohneZweckbindung dem Bundeshaushalt zu und wer-den dann eben ganz normal im Rahmen der Haus-haltsplanung wieder vergeben. Da würden wir unsnatürlich wünschen, dass zumindest ein Anteildessen, was hier an den Bundeshaushalt geht zu-mindest zweckgebunden wieder auch dem Ver-braucherschutz zufließt, weil es in der Regel jadurchaus einen beträchtlichen Betrag gibt, der ausder Verbraucherschädigung entstanden ist. Daswird sich auch mit einer Verbesserung der Rechts-durchsetzungsbefugnis nicht ändern, weil wirdurchaus sehr häufig Streuschäden haben, bei de-nen wirklich niemand daran denkt, sie allen Erns-tes einklagen zu wollen. Das wäre dann eben eineSache der Vorteilsabschöpfung. Hier sollte manschon schauen, dass man auch die klagebefugtenVerbände so ausrüstet, dass sie diese Verfahrenführen können. Das Ganze ist nicht ganz unris-kant. Und häufig tragen bei solchen Klagen hierauch die Verbände das Kostenrisiko. Darüber hin-aus wäre auch für die allgemeine Verbraucherar-beit eine finanzielle Unterstützung aus diesem

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Topf wünschenswert.

Der Vorsitzende: Besten Dank, wir sind hiermitam Ende des ersten Teils. Wir haben jetzt einenkleinen Wechsel bei den Sachverständigen. Eswerden uns jetzt Herr Professor Lettl und Dr. Johnverlassen. Vielen Dank, dass Sie hier waren. Dieanderen vier Herrschaften werden bleiben, eskommen drei weitere für den zweiten Teil hinzu.Ich unterbreche an dieser Stelle. Wir beginnenspätestens um 15.00 Uhr, wenn alle da sein soll-ten auch früher. Dankeschön.

Der Vorsitzende: Liebe Kolleginnen und Kollegen,meine Damen und Herren! Ich nehme die Sitzungbeziehungsweise die Anhörung wieder auf. Ichbegrüße jetzt die hinzugekommenen drei weiterenSachverständigen, Frau Haß, Herrn Verdenhalvenund Herrn Prof. Schwalbe. Ihnen drei ganz kurzzur Information: Die gesamte Mechanik der Anhö-rung hat gewisse Regeln. Eine für Sie wichtige Re-gel ist, dass für jeden Fragenkomplex, also Frageplus die darauf gegebene Antwort möglicher-weise, wenn mehrere von Ihnen gefragt sind, Ant-worten maximal fünf Minuten umfassen dürfen.Das heißt, achten Sie auf diesen Zeitwürfel. Undwenn zwei oder drei von Ihnen befragt werden,achten Sie darauf, dass Sie den verbleibendenKollegen dann auch noch etwas Zeit belassen,denn mit fünf Minuten endet die Antwortmög-lichkeit. Die Fragenreihenfolge richtet sich nachgewissen Regeln, also nach der Größe der Fraktio-nen. Und das wechselt dann nach maximal zweiFragende derselben Fraktion zu einer anderen.Wir beginnen jetzt mit dem Themenkomplex Digi-tales, Medien- und Pressekooperationen. Wir ha-ben für diesen Teil der Anhörung, diesen Teil derBefragung uns insgesamt eine Zeit vorgenommenvon 15:00 Uhr bis 16:30 Uhr, also 90 Minuten.Wir beginnen mit der Befragung, das Wort hatKollege Dr. Pfeiffer.

Abg. Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU): VielenDank, Herr Vorsitzender, ich habe eine Frage anHerrn Prof. Schwalbe. Und zwar geht es um dieDigitalisierung. Es sind ja jetzt einige Vorschlägegemacht, wie man versucht, zumindest, dem Prob-lem Herr zu werden indem man hier Aufgreifkri-terien dort nennt auch unentgeltliche Leistungsbe-ziehungen und andere Punkte mehr, Halten Sie

die für sachgerecht und denken Sie, dass die wir-ken, die adressierten Probleme, StichwortWhatsapp und anderes zu lösen? Und sehen Siedarüber hinaus noch weitere Punkte, wo die Digi-talisierung sich hier vielleicht noch im Kartell-recht entsprechend niederschlagen sollte?

Der Vorsitzende: Herr Professor Schwalbe.

SV Prof. Dr. Ulrich Schwalbe (Universität Hohen-heim): Ja, haben Sie vielen Dank. Grundsätzlichist die Aufnahme von Konzepten zur Analyse vonzwei- und mehrseitigen Märkten in das Wettbe-werbsrecht sicherlich begrüßenswert, natürlichauch im Hinblick auf die zunehmende Digitalisie-rung. Lassen Sie mich zu diesen drei wesentli-chen Aspekten, die in dem Gesetz als Änderungaufgenommen worden sind, kurz ein paar Anmer-kungen machen. Das erste war die Frage: Kannauch bei unentgeltlichen Leistungen ein Marktvorliegen? Das ist sicherlich eine sinnvolle wennauch nicht unbedingt notwendige Klarstellung,damit auch in der Rechtsprechung dieses häufignoch vorfindbare Kein-Preis-/Kein-Markt-Argu-ment aus der Welt geschafft wird. Es gibt möglich-erweise bei der Formulierung der Regel gewissenVerbesserungsbedarf, nämlich dahingehend, dassdie Formulierung unterstellt, oder man den Ein-druck haben könnte, sie unterstellt, dass schondie eine Seite eines eigentlich zweiseitigen Mark-tes einen relevanten Markt darstellen könnte. Dasist natürlich in der Regel nicht der Fall, dennbeide Marktseiten müssen simultan betrachtetwerden. Zum Zweiten: Die Kriterien hinsichtlichder Bewertung der Marktstellung eines Unterneh-mens. Das sind wichtige Aspekte, wie zum Bei-spiel direkte indirekte Netzeffekte, wie Wechsel-kosten, wie Multihoming, Singlehoming, die Be-deutung von Daten. Man könnte hier überlegen,ob man nicht möglicherweise hier noch andere,gleichermaßen wichtige Aspekte mit hinzunimmt,nämlich zum einen die Frage „Heterogenität derNutzer“ oder auch Differenzierung von Plattfor-men. Bei manchen Formulierungen wie „Zugangzu wettbewerbsrelevanten Daten“, wenn alle Un-ternehmen diesen Zugang haben, dann hilft das inder Bewertung der Position auch nicht viel weiter,hier könnte man vielleicht, wie in der Begrün-dung angeführt, den exklusiven Zugang zu Daten,das so formulieren. Ein anderer Punkt wäre, dass

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man auch Verbundvorteile aufgrund von Datenfu-sionen und Datenkombinationen mit aufnimmt.Was die Aufgreifschwelle in der Fusionskontrollebetrifft, so denke ich, dass wenn es aus zweiGründen eine sinnvolle Regelung ist. Denn zumeinen ist es ja so, dass bei zweiseitigen Märktenneue Unternehmen in den Markt wollen gleichzei-tig beide Seiten an Bord holen müssen. Das ma-chen sie häufig dadurch, dass sie die Angeboteumsonst oder zu sehr geringen Preisen offerieren.Und das führt dazu, dass diese Unternehmen nursehr geringe Umsätze in der Anfangsphase haben.Da kann es natürlich sein, dass diese Unterneh-men zwar ein großes Marktpotenzial haben, auf-grund disruptiver Geschäftsmodelle, und eine Ge-fahr darstellen könnten, für das etablierte Unter-nehmen. Und wenn das etablierte Unternehmendann, ohne dass hier die Marktanteile berücksich-tigt werden können, dieses Unternehmen über-nehmen kann, dann wird der Wettbewerb um denMarkt geschwächt, der ja gerade in der digitalenÖkonomie von zentraler Bedeutung ist. Ein ande-rer Punkt auf den ich noch eingehen möchte istdie Frage: Was ist wenn diese kleinen Unterneh-men über wertvolle Datenbestände verfügen? Hierkann die Situation auftreten, dass durch die Fu-sion diese Datenbestände zusammengeführt, kom-biniert werden können und dann wieder erhebli-che Verbundvorteile für das Unternehmen entste-hen, das dieses kleine Unternehmen übernommenhat, sodass dann der Wettbewerb in diesem Marktunter Umständen nicht mehr so funktioniert, wiewir uns das wünschen würden. Zum Schlussnoch eine kurze Anmerkung hinsichtlich derFrage der Abgrenzung des relevanten Marktes.Hier könnte man sich vorstellen, dass man unterUmständen diese Marktabgrenzung bei diesenzweiseitigen Märkten nicht notwendigerweisedurchführt, weil hier das Problem besteht, dassdas ökonomisch sinnvoll eigentlich kaum geleistetwerden kann. Es wäre zu überlegen, ob man nichtvon der anderen Seite herkommt und schaut, obein konkreter Missbrauch, eine konkrete Verdrän-gung oder eine konkrete Behinderung vorliegt undman die Marktmacht aufgrund dieser vorliegen-den Behinderung praktisch im Umkehrschlussdann nachweist.

Der Vorsitzende: Die nächste Frage geht an HerrnKollegen Dörmann.

Abg. Martin Dörmann (SPD): Ja vielen Dank, HerrVorsitzender. Ich habe eine Frage an Herrn Ver-denhalven vom bdzv. Es geht um das Thema Me-dienvielfalt. Zielsetzung des Gesetzentwurfes istja, die wirtschaftliche Basis der Presseverlage zustärken, die sich in einem besonderen Medienum-feld, auch veränderten Rahmenbedingungen, aus-gesetzt fühlen. Insbesondere in den letzten 15 Jah-ren haben wir ja einen Rückgang der Werbeein-nahmen um 50 % dort in diesem Markt für diePresserzeugnisse feststellen können, das ist dieMotivation. Jetzt wird dem entgegen gehalten, daskönnte aber dennoch, obwohl wir ja unterhalb derredaktionellen Basis ansetzen, zu weniger Medi-envielfalt führen, von einigen auch der hier anwe-senden Sachverständigen. Weil beispielsweise dieGefahr gesehen wird, okay, dann will man Syner-gieeffekte erzielen, das könnte zu Lasten des Per-sonals gehen, es wird möglicherweise zu Koopera-tionen von stärkeren Verlagen führen, was dannfür die kleineren nicht gut ist. Vielleicht, HerrVerdenhalven, könnten Sie nochmal aus IhrerSicht darstellen, wie sich diese Argumente ge-wichten lassen und wie sich das insbesondere amEnde in einer Gesamtbetrachtung auf Medienviel-falt auswirken kann.

Der Vorsitzende: Die Frage geht an Herrn Verden-halven.

SV Helmut Verdenhalven (bdzv): Ja, das macheich gerne in dreieinhalb Minuten. Vielen Dank,dass wir eingeladen sind, um als Zeitungsverlegernoch einmal die besondere Bedeutung dieser ge-planten Kooperationsregelung darzustellen für dieZukunft der Branche, die aus unserer Sicht unver-zichtbar ist. Ich spreche hier aber nicht nur fürden Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger,sondern auch für den Verband Deutscher Lokal-zeitungen. Groß und Klein sitzen hier in einemBoot bei diesem Thema. Das beantwortet viel-leicht schon einen kleinen Teil der Frage. Und ichsitze auch für den Verband Deutscher Zeitschrif-tenverlage hier, für uns als Presse. Wir sehen unsda alle in einem gemeinsamen großen Projekt, dieVielfalt der Redaktionen zu schützen. Und das istauch der Sinn dieses Gesetzes. Es ist ja ausdrück-lich so, das alles, was verlagswirtschaftlich ist,vereinfacht gesagt, alles was nicht redaktionell ist,das soll in Kooperationen möglich sein und derredaktionelle Teil ist ausdrücklich ausgenommen.

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Deswegen verstehe ich nicht so ganz, wie es über-haupt zu einem Gedanken kommen kann, dassdann ein Rückgang von Meinungsvielfalt gebenwird. Alles was die Verlage tun werden, ist koope-rieren im verlagswirtschaftlichen Bereich, um ihreRedaktionen zu schützen. Und da muss man sichdann vielleicht wirklich noch einmal ganz genauden Markt und die Situation der Presse angucken.Wir hatten in den letzten Jahren im Zeitungsbe-reich einen Rückgang von Titeln, wir hatten be-kanntgewordene Insolvenzen. Ich nenne nur maldie Frankfurter Rundschau, mit verheerenden Fol-gen. Und ich kann berichten, dass es den Zei-tungsverlagen nicht besonders gut geht. Es gibtviele, die in ernsthaften Problemen sind, ernst-hafte Probleme ihre Redaktionen weiterhin finan-zieren zu können. Und da gibt es jetzt die Mög-lichkeit zu sagen, na ja gut, ein Unternehmen, alsojetzt mal klassisches Wettbewerbsrecht, ein Unter-nehmen was am Markt nicht besteht, das scheidetdann halt aus dem Markt aus. So etwas soll es fürdie Presse und die Redaktionen ja ausdrücklich,es ist ja sicherlich nicht gewünscht, und da ist esdann, denke ich mal, geradezu die perfekte Hilfezur Selbsthilfe, den Verlagen zu sagen: Okay, ver-lagswirtschaftlich, versucht all das zu machen,was dazu beiträgt, euren Redaktionen zu helfen.“Und es gibt da viele Möglichkeiten, in welchenBereichen das ist. Ich sehe da drei große Posten,das eine wären Anzeigen- und Werbemarkt, woman dann als Zeitungen doch tatsächlich zukünf-tig endlich wieder in größeren Einheiten auftretenkann. Man muss dazu wissen, dass der stark mo-nopolisierte, könnte man fast sagen, Markt derMediaagenturen dazu geführt hat, dass Zeitungs-verlage auch größere Gruppen von Mediaagentu-ren gar nicht mehr wahrgenommen werden, weilsie einfach zu kleine Anbieter sind. Und da wer-den zukünftig dann natürlich gemeinsame Bele-gungseinheiten, die auch gemeinsam bepreist wer-den können, Abhilfe schaffen. Das wird aucheventuell zu einer Belebung auf dem man sonst ineinem sehr dominierenden Markt von auf der ei-nen Seite dem Duopol im privaten Fernsehen, aufder anderen Seite Internetgiganten, die dort dieWerbung beherrschen, beitragen. Ein weitererSchritt, sicherlich: Gemeinsame Aktivitäten amLesermarkt, nur um einmal ein Beispiel zu nen-nen, gemeinsame E-Kioske von Zeitungsverlagen,die da zu spannenden Geschäftsmodellen führen

können, wo es dann eben geht, gemeinsame Ange-bote zu machen. Ähnlich, wie es andere Modellegibt, wo dann die Kärtchen in den Supermärktenhängen und gekauft werden können und das dannüber eine gemeinsame Abrechnung erfolgt. Undvor allem aber wird das dazu beitragen, dass Zei-tungsverlage gemeinsam Investitionen in Innovati-onsprodukte, in moderne digitale Geschäftsmo-delle tätigen können. Das ist jetzt so, dass auchgroße Regionalverlage, große Gruppen sich selbstbewusst sind, dass sie nicht genug Geld haben,um mit Google und anderen mitzuhalten. Und dasgeht eben nur in größeren Gruppen, dort vernünf-tige Geschäftsmodelle aufzubauen zum Schutz derRedaktion. Danke.

Der Vorsitzende: Jetzt fragt Kollege Dr. Heider.

Abg. Dr. Matthias Heider (CDU/CSU): VielenDank, Herr Vorsitzender. Mit der letzten Frage ha-ben wir den Bereich von Presse und Medienschon angekratzt. Ich setze das gerne weiter fortund würde gerne von Ihnen, Herr Prof. Schwalbe,im Hinblick auf die vom Bundesrat am 25. No-vember 2016 aufgestellte Forderung nach einemFreistellungstatbestand für Kooperationen im Be-reich der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstal-ten wissen, wie Sie das aus ökonomischer Sichtbeurteilen. Auch bitte im Hinblick darauf, dass esöffentlich-rechtliche und private Rundfunkanstal-ten gibt. Und im zweiten Teil meiner Frage, HerrVorsitzender, würde ich gerne von Herrn Profes-sor Podszun wissen, inwieweit er dort auf diesemGebiet Schwierigkeiten mit europarechtlichenKompetenzen sieht, also denjenigen, die im Be-reich des Artikels 101 AEUV liegen und die mög-licherweise hier zu gewissen Überschneidungenführen könnten.

Der Vorsitzende: Zunächst Herr ProfessorSchwalbe.

SV Prof. Dr. Ulrich Schwalbe (Universität Hohen-heim): Ja, vielen Dank für die Frage. Das ist natür-lich eine ähnliche Regelung, wie sie von derPresse jetzt gefordert worden ist, dass Kooperati-onsmöglichkeiten da sein sollten. Jetzt muss mannatürlich bei den öffentlich-rechtlichen Rund-funkanstalten berücksichtigen, dass die natürlichzumindest von kartellrechtlichen Regelungen aus-genommen sind, wenn ich richtig weiß, sobald sie

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hoheitlich tätig werden. Das heißt also, wenn siekommerziell tätig sind, dann hingegen unterliegensie ja den gleichen Regelungen wie auch andereprivate Rundfunkanstalten. Man muss allerdingsauch den Unterschied berücksichtigen, dass näm-lich die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstaltenja nicht um Einnahmen konkurrieren müssen, wiedas die privaten tun müssen, sondern hier privile-giert sind, indem sie über Gebühren finanziertsind. Das ist natürlich erst einmal eine andere Si-tuation als die der privaten Fernsehanstalten. Undda würde natürlich schon mal gegenüber dieseneine gewisse Wettbewerbsverzerrung zu beobach-ten sein. Dann könnte man sich die Frage stellen:Warum sollten dann nicht auch die privaten Sen-der solche Kooperationen eingehen dürfen? Wa-rum sollte das auf die öffentlich-rechtlichen be-schränkt bleiben? Das heißt, wenn die Rundfunk-unternehmen kommerziell tätig werden, dannsollten sie meines Erachtens den gleichen wettbe-werblichen Regeln unterworfen sein wie andereUnternehmen auch, also eine ökonomisch sinn-volle Begründung, dafür öffentlich-rechtlicheRundfunkanstalten vom Kartellverbot auszuneh-men, ist eigentlich aus meiner Sicht nicht zu er-kennen.

Der Vorsitzende: Jetzt ergänzend Herr ProfessorPodszun.

SV Prof. Dr. Rupprecht Podszun (Heinrich-Heine-Universität): Vielen Dank. Europarechtlich würdeich hier drei Punkte sehen. Zum einen ist ja dasAbgrenzungskriterium zwischen dem deutschenund dem europäischen Kartellrecht die Beein-trächtigung des zwischenstaatlichen Handelns.Das ist sowohl für den Pressebereich als auch fürden Rundfunkbereich so. Und sobald wir im euro-päischen Kartellrecht sind, können wir das natür-lich mit einer deutschen gesetzlichen Regelungnicht aushebeln. Das heißt, das Kartellrecht, derArtikel 101 AEUV würde gelten. Damit wird aberein Merkmal aufgewertet, das Merkmal der Zwi-schenstaatlichkeit, das eigentlich in der Kartell-rechtpraxis, eher so etwas Kollisionsrechtlichesist, also keine wirkliche Sachnorm. Und die wirbislang auch sehr weitgehend und vielleicht einbisschen vage gehandhabt haben. Und das mussman sich vorstellen, wenn man auf der einenSeite europäisches Bußgeldrisiko und auf der an-deren Seite Freistellung im deutschen Kartellrecht

hat. Darüber entscheidet jetzt die Frage, ob derzwischenstaatliche Handel bedroht ist. Das halteich für problematisch und auch nicht für sonder-lich hilfreich. Gerade bei diesen Rundfunkanstal-ten nicht, denn wenn ich mir die anschaue, die dain Betracht kommen, dann sind das in der Regelsolche, die ohnehin aufgrund ihrer Größe relativschnell europarechtlich relevant sind. Und inso-fern, glaube ich, hilft das da einfach nicht viel.Zum anderen, zweiter Punkt, glaube ich, dass derBeihilfekompromiss, den die Europäische Uniongeschlossen hat, im Hinblick auf die Finanzierungder deutschen öffentlich-rechtlichen Rundfunkan-stalten vom Geist her auch eine Ausnahme aus an-deren Bereichen von der Anwendung des Kartell-rechts eigentlich nicht anerkennt. Also ich würdeda durchaus auch ein gewisses Risiko sehen, dassman wieder mit dem Beihilferecht in Konfliktkommt, wenn man hier möglicherweise Regelnhat, die diesem Geist dieses Beihilfekompromisseswidersprechen. Und drittens: In dem Vorschlag,der da kursiert, wird ja Maß genommen am Zielder Wirtschaftlichkeit, der Wirtschaftlichkeit desHandelns. Und wenn man das deutsche Kartell-recht auch so ein bisschen in das europäische Ge-samtkonzept einfügt, dann meine ich auch, solltenwir nicht eine Begründung finden für eine Aus-nahme vom Kartellrecht, in der drin steht: Unter-nehmen handeln wirtschaftlich, wenn sie gegenKartellrecht verstoßen. Wir oder die meisten vonuns jedenfalls, glauben, dass Unternehmen, diesich im Wettbewerb bewähren müssen, besondersdazu angehalten werden, effizient und wirtschaft-lich zu handeln, und nicht dann, wenn sie mit an-deren kooperieren. Deshalb glaube ich, wäre dasauch ein schlechtes Signal an unsere europäi-schen Partner in der EU.

Der Vorsitzende: Die nächste Frage geht an Kolle-gen Held.

Abg. Marcus Held (SPD): Ja, meine Damen undHerren, ich hätte auch nochmal eine Frage anHerrn Verdenhalven in Bezug auf die Presseko-operationen. Sie haben eben ja auch nochmal be-tont, dass Sie insbesondere die Lokalzeitungen,auch die Zeitschriftenverlage im kleineren Stilvertreten. Und es geht uns ja vor allem vom Rege-lungsgehalt darum, auch in Zukunft in Deutsch-land die Situation zu haben, die es ja im europäi-

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schen, im internationalen Vergleich leider fast nir-gendwo mehr gibt, nämlich dass wir tatsächlichauch noch Lokalredaktionen haben. Eine Situa-tion, die, wie gesagt, vielen anderen Europäernleider überhaupt nicht bekannt ist. Kritiker dieserNovelle, wie wir sie jetzt auf den Weg bringenwollen, sagen insbesondere auch, wir würden da-mit bei den Pressekooperationen insbesonderegroßen Verlagen helfen. Vielleicht könnten Sieuns dazu nochmal kurz Ihre Bewertung geben.Des Weiteren würde mich insgesamt noch einmaldie Situation Ihrer Branche interessieren. Viel-leicht könnten Sie uns da ein bisschen was zu sa-gen, was in den letzten Jahren passiert ist, wiesich die Auflagenzahlen entwickelt haben, insbe-sondere auch gerade der kleineren und mittlerenVerlage. Und ein letzter Punkt, der ja auch häufigkritisiert wird, ist die Frage der möglichen Teue-rungen von Anzeigen durch die Reform. Dasheißt, besteht möglicherweise die Gefahr, dassAnzeigenkunden noch weniger Anzeigen schal-ten, weil dann die Preise höher werden? Also, derHintergrund ist, welche Auswirkungen hat dasGanze auf den Kunden? Und last but not least,Herr Verdenhalven, das alte Thema, was ja auchvon den Kritikern immer wieder angesprochenwird, grenzübergreifende Thematik beziehungs-weise Auswirkungen. Vielleicht können Sie dasauch für die kleinen und mittleren Zeitschriftenund Lokalzeitungen nochmal sagen.

Der Vorsitzende: Herr Verdenhalven.

SV Helmut Verdenhalven (bdzv): Vielen Dank,vielen Dank Herr Held. Ja, Groß und Klein. Also,wir kriegen bei uns mittlerweile wöchentlichmehrere Anrufe aus Verlagen aller Größenordnun-gen, gerade natürlich auch von den kleinen. Ichhabe gerade jetzt letzte Woche auch noch einmalmit dem Geschäftsführer des Verbandes der Lokal-zeitungen gesprochen. Er sagt: Es ist für uns einedringende Sache, bitte kämpft dafür. Es ist eineRegelung, die natürlich kleinen Verlagen hilft mit-einander zu kooperieren. Das kann, also es gibtverschiedene Modelle, die da auch jetzt schon dis-kutiert werden, dass mehrere kleine sich zusam-mentun. Es ist aber durchaus auch denkbar, dassmehrere kleine Verlage, die starke Marken haben,sagen: Wir haben zwar starke Marken, wir bringenaber unsere PS im Werbemarkt nicht so richtig aufdie Straße. Deswegen suchen wir uns noch einen

größeren dazu oder zwei und werden dadurch ins-gesamt in unseren lokalen Märkten auch aufge-wertet, indem wir mehr überregional auch wahr-genommen werden. Auch ist es eine Hilfe, undich würde nur sagen, auch, nicht vor allem, son-dern auch kann es eine Hilfe sein, für einzelne Ti-tel von Verlagskonzernen, die ja über mehrere Zei-tungstitel verfügen, die alleine nicht mehr wirt-schaftlich tragbar sind, ich betone sind. Wo dieseZeitungsverlage sich dann sagen: Wir müssen ko-operieren. Und mit einem in unserem Konzernmacht es keinen Sinn, sondern eher mit einem be-nachbarten, eventuell auch aus einem größerenHaus kommenden oder eben kleineren. Und auchda ist es dann eine, würde ich sagen, existenzielleHilfe, eine solche Regelung zu fassen. Also, ichdenke, dass diese Regelung quer durch alle Grup-pen natürlich besonders für die kleinen und mitt-leren von großer Bedeutung ist. Das bringt michvielleicht gleich vorgezogen zu der Europafrage.Selbstverständlich muss man immer beachten,dass das deutsche Kartellrecht nicht über das eu-ropäische Kartellrecht hinweg gehen kann. Eswird da immer die Frage sein, ob spürbar markt-überschreitender Verkehr stattfindet. Das wirdman vermutlich selbst bei direkt an der Grenzeherausgegebenen kleinen Lokalzeitungen nichtannehmen können, weil da also eine Spürbarkeitsicherlich nicht gegeben ist. Aus meiner Sicht be-ziehungsweise aus unserer Sicht, und wir habenda natürlich auch mit vielen kartellrechtlichenBeratern von Verlagen darüber gesprochen, sehensie auch viele Modelle, wo auch größere Einheitenmöglichen sind, ohne dass sofort von einer Spür-barkeit angesichts der bisherigen Rechtsprechungdes EuGH auszugehen ist. Also insofern wärenwir da guter Hoffnung, dass vielfältige Kooperatio-nen möglich sind. Dann war die Frage nach denZahlen und Daten der Branche. Wir haben das jasehr umfassend in unserer Stellungnahme darge-legt. Vielleicht für die Zeitungen einfach mal eineUmsatzdarstellung. Also wir hatten im Jahr 200010,8 Milliarden Euro Umsatz, im Jahr 2015 sind es7,6 Milliarden Umsatz, also ein massiver Rück-gang. Ein ähnlicher Rückgang bei den Umsätzenvon 5 Milliarden auf 3,8 Milliarden im gleichenZeitraum ist für die Zeitschriften zu verzeichnen.Sie alle wissen, dass wir Titel verloren haben, Zei-tungstitel verloren haben. Bekannt sind da, ichnannte es vorhin schon, die Frankfurter Rund-schau, auch die Münchner Abendzeitung. Es sind

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auch andere Titel vom Markt verschwunden. Wirhaben im Zeitungsbereich mit massiven Auflagen-verlusten zu kämpfen, weil die Nutzung eben zu-nehmend im digitalen Bereich stattfindet, wo ganzandere Nutzungsgewohnheiten sind und wo esauch aufgrund, auch sage ich...

Der Vorsitzende: Die Zeit ist leider abgelaufen,vollenden Sie den Satz.

SV Helmut Verdenhalven (bdzv): Entschuldigung,ja. Okay, wo es auch aufgrund mangelnder Koope-rationsmöglichkeiten eben noch nicht gelingt, ver-nünftige Digitalerlöse zu erzielen. Vielen Dank.

Der Vorsitzende: Jetzt Kollege Lutze.

Abg. Thomas Lutze (DIE LINKE.): Ja, vielen DankHerr Vorsitzender. Ich habe eine Frage an FrauHaß. Ich möchte Sie als Gewerkschaftsvertreterinan dieser Stelle hier im Ausschuss fragen: WelcheAuswirkungen erwarten Sie durch die vorliegendeNovellierung der GWB auf die Medienvielfalt inDeutschland und welche Schlussfolgerungen zie-hen Sie aus der vorliegenden Novelle daraus, ebenspeziell aus der Sicht der Arbeitnehmerinnen undArbeitnehmer? Ich möchte Sie bitten, die fünf Mi-nuten auch auszunutzen, ich habe während derfünf Minuten keine Möglichkeit, noch Fragen zustellen. Dankeschön.

Der Vorsitzende: Bitteschön, Frau Haß.

SVe Cornelia Haß (dju in ver.di): Ja, vielen Dank,Herr Vorsitzender, vielen Dank. Sehr geehrte Da-men und Herren. Auch wir als Vereinte Dienst-leistungsgewerkschaft bekommen Anrufe von be-sorgten Mitgliedern aus sämtlichen Bereichen derVerlage, denn ich sitze hier nicht nur für die Deut-sche Journalistinnen- und Journalistenunion, son-dern eben auch für die Verlage, wo wir Verlagsan-gestellte im Vertrieb, im Marketing und in denAnzeigenabteilungen organisieren. Uns erreichensehr besorgte Nachfragen. Und auch aus unserenStellungnahmen, denke ich, geht hervor, dass wirgravierende negative Auswirkungen durch die ge-planten weiteren Erleichterungen der Kooperatio-nen innerhalb der Medienwirtschaft befürchten.Das betrifft zum einen die Frage der Medienviel-falt. Wir haben schon bei der 8. GWB-Novelle2012 scharf kritisiert, dass das negative Einflüsse

auf die Medienvielfalt haben wird. Es ist so, dasswir 1991 nach der Wiedervereinigung noch 158publizistische Einheiten hatten, das heißt alsoZeitungstitel mit einem vollständig gleichen oderin wesentlichen Teilen identischen Mantel. 2008,dem Wert, der bei der letzten GWB-Novelle vor-lag, waren es nur noch 135 und 2012, da habenwir den letzten aktuellen Wert, da waren es nurnoch 130. Das heißt also, unsere Befürchtungensind da eingetreten. In diesem Zusammenhangmöchte ich scharf kritisieren, dass die Bundesre-gierung ihre Ankündigung aus dem Koalitionsver-trag nicht wahrgemacht hat, eine Medienstatistikeinzuführen, die es uns erlauben würde, bei sol-chen Operationen am offenen Herzen der Medien-vielfalt, die ja wesentlich ist, für das Thema Pres-sefreiheit und demokratische Meinungsbildunghier in diesem Land da ihren Ankündigungenauch Taten folgen zulassen. Das heißt also, Sie ha-ben darauf hingewiesen, Herr Verdenhalven, essei zum Schutz der Redaktionen, die Kooperatio-nen unterhalb der redaktionellen Ebene möglichzu machen. Wir befürchten hingegen eine weitereKonzentration der Pressetitel, ein weiteres Abneh-men der Medienvielfalt und können das durch dievorher durchgeführten Maßnahmen aus unsererSicht auch belegen. Denn es ist zu befürchten,wenn Verlage die Generalklausel bekommen, imBereich der großen Medienhäuser zu kooperierenoder überall zu kooperieren, dass vor allem diegroßen Medienhäuser und Konzerne ihre Markt-macht nutzen werden, um ihre Einflussbereicheauszudehnen. Und gerade Maßnahmen, die wirim regionalen Bereich mit hohem Interesse be-trachten, was die Entwicklung von eigenen Mar-ken und Anzeigen im Onlinebereich angeht, malsalopp ausgesagt, dann auch wieder platt zuma-chen. Was die Frage angeht, welche Auswirkun-gen hätte das auf die Arbeitsplätze: Sie bekommenja sicherlich alle derzeit mit, was beim BerlinerVerlag passiert. In welchem großen Ausmaß wir esdort mit einem Abbau von Arbeitsplätzen zu tunhaben, mit einem Umbau der Redaktionen, woman nochmal auch sehen kann, dass eine privat-wirtschaftlich organisierte Redaktion ist nichtdenkbar, ohne dass es einen Unterbau an verlags-wirtschaftlichen Aktivitäten darunter gibt. Wir ha-ben im Berliner Verlag im Moment das beste Bei-spiel, um zu zeigen, dass es Arbeitsplätze kostenwird. Von Madsack haben wir bereits dieselbenErfahrungen schon gemacht und befürchten, dass

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sich diese Tendenzen verschärft fortsetzen wer-den, sofern die Kooperationen noch weiter er-leichtert werden. Das lässt sich aber auch durchdie Reihen der anderen großen Medienhäuser vonFunke über auch die großen Zeitschriften wieGruner + Jahr oder ähnliches fortsetzen. Da habenwir jetzt schon Zergliederungstendenzen, Ausla-gerungen, Tarifflucht in großem Stil. Und dieseEntwicklung wird sich verschärfen. Das Ganze mitsehr negativen Auswirkungen auf die Anzahl derArbeitsplätze, aber eben auch auf das Thema Me-dienvielfalt. Vielen Dank.

Der Vorsitzende: Danke, jetzt fragt die KolleginDröge.

Abge. Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NEN): Ja, ganz herzlichen Dank. Ein Schwerpunktder GWB-Novelle liegt ja auf dem Bereich der Re-gulierung digitaler Plattformen. Und dahingehendmöchte ich auch meine Nachfragen an Frau Gurk-mann richten. In der GWB-Novelle gibt es ja ei-nige Vorschläge auch zur Verbesserung des Kar-tellrechts mit Blick auf die digitalen Plattformen.Was mir ein Stück weit fehlt, ist die Frage, wieman überhaupt Wettbewerb auf solchen Märkten,die schon zu Monopolisierungstendenzen neigen,ermöglichen kann. Da würde mich Ihre Einschät-zung konkret interessieren zu den Vorschlägen,eine Verpflichtung zur Interoperabilität beispiels-weise einzuführen. Das könnte man für bestimmteBereiche erst einmal machen, wie Messenger-dienste oder ähnliches. Und zum zweiten, wie SieVorschläge zur Regelung der Datenportabilität be-werten, ähnlich wie zum Beispiel in der europäi-schen Datenschutzgrundverordnung, was mandort im deutschen Recht machen könnte.

Der Vorsitzende: Frau Gurkmann.

SVe Jutta Gurkmann (vzbv): Vielen Dank. Ja, ganzgrundsätzlich muss man sagen, natürlich beobach-ten wir da diese Monopolisierungstendenzen. Dasbekommen auch alle mit. Insbesondere natürlichverbraucherseitig sehen wir das auf der einenSeite, dass Verbraucher das Problem haben, dasssie eben durch die genannten Effekte auch Lock-in-Effekte immer wieder an einen großen Anbietergebunden werden, der auch immer größer wirddadurch. Da gibt es ja die verschiedenen Tenden-zen, die ja auch schon genannt wurden. Auf der

anderen Seite, ja, natürlich haben wir hier auchdie Bequemlichkeit der Verbraucher bei der Nut-zung etwa eines Messengers, wenn ich damit diemeisten meiner Freunde erreichen kann, dann istdas natürlich wunderbar. Und dann stellt sichauch die Frage: Warum sollte ich wechseln? Undda komme ich jetzt genau zu Ihrer Frage. Insbe-sondere weil wechseln derzeit sehr sehr schwierigist und Verbraucher einfach davon abhält auchmal andere Anbieter zu nutzen. Sie haben ganzkonkret gefragt nach Interoperabilität. Ja, das istnatürlich eine Möglichkeit, wenn ich etwa vonmeinem nicht genannten E-Mail-Diensteanbieter,auch von meinem Messenger mit etwa einem ho-hen Datenschutzniveau zu einem MessengerNachrichten senden kann mit einem niedrigen Da-tenschutzniveau. Dann erreiche ich damit natür-lich deutlich mehr meiner Freunde. Das ist schonmal ein Anreiz zum Wechseln. Ich möchte nur zubedenken geben, dass hier natürlich berücksich-tigt werden muss: Ich habe ja mir einen Messengerausgesucht mit einem hohem Datenschutzniveau,und ich möchte nicht, dass jetzt meine Nachrichtvon einem Messenger-Anbieter gelesen werdenkann, der eben dieses hohe Datenschutzniveaunicht hat. Also deswegen, mein Petitum, da im-mer an den Datenschutz mitzudenken. Hier gibt esaber auch schon die Tendenz auf EU-Ebene, in derePrivacy-Richtlinie das analoge Postgeheimnisauch auf andere Telekommunikation oder nichtdie klassischen Telekommunikationsanbieter aus-zuweiten, sondern zum Beispiel bei OTT-Dienst-leistungen auf eine solche Gewährleistung zu ach-ten. Das sind schon mal sehr positive Entwicklun-gen. Ich hoffe, dass sich das auch durchsetzenlässt. Datenportabilität - ganz genau die gleicheStoßrichtung, wenn ich natürlich mein Daten mit-nehmen kann von Anbieter A zu Anbieter B,wächst meine Wechselbereitschaft, was grund-sätzlich für den Wettbewerb auch einfach positivist. Da muss man darauf achten, Sie haben es jaschon angedeutet, die Datenschutzgrundverord-nung sieht das grundsätzlich vor, wir brauchenjetzt bei der Umsetzung der Datenschutzgrundver-ordnung, also der konkreten Ausgestaltung, abervor allem darauf natürlich zu achten, dass wirgängige Formate vorsehen. Also wenn wir das na-türlich dann auch wieder zwar dem Grundsatznach ermöglichen, aber in der konkreten Ausfüh-rung das zu schwierig wird, wird sich der Erfolgauch in Grenzen halten. Also wichtig ist hier ein

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gängiges Format. Und auch bei der Definition,welche Daten denn mitgenommen werden könnensollen, dann müssen wir nochmal genau draufschauen. Klar ist das, wenn ich meine eigenen Da-ten eingestellt habe, aber, was ist, wenn jemandanderes eben zum Beispiel durch Verlinkung aufmich, auf irgendetwas aufmerksam gemacht hat,kann ich das auch mitnehmen? Und auch hier im-mer die Bitte, den Datenschutz mitzudenken.Denn, wenn ich mein Adressbuch wiederum vondatenschutzfreundlich zu weniger datenschutz-freundlich mitnehmen will, ist die Frage: Braucheich hier auch die Einwilligung womöglich desje-nigen, der in meinem Adressbuch drin steht?. Vie-len Dank.

Der Vorsitzende: Nun treten wir in die zweiteRunde ein, die zehn Fragestellungen ermöglicht.Zunächst erhält der Herr Kollege Knoerig dasWort.

Abg. Axel Knoerig (CDU/CSU): Herr Professor Po-dszun, Herr Mundt. Sie fordern in Ihrem Gutach-ten die Einsetzung eines Cheftechnologen für Di-gitalisierung im Bundeskartellamt. Was hat mansich darunter institutionell vorzustellen? Und istdas auch mit den Strukturen der Behörde, HerrMundt, vereinbar?

SV Prof. Dr. Rupprecht Podszun (Heinrich-Heine-Universität): Vielen Dank für diese Frage. Die No-velle steht ja unter dem Motto, dass wir das Bun-deskartellamt und das Kartellrecht insgesamt fitfür die digitale Wirtschaft machen wollen. Ausmeiner Sicht ist das auch in den wesentlichenTeilen gut gelungen und sendet wichtige Impulse.Ich sehe noch einen Bereich, wo ich mir vorstel-len könnte, dass noch ein wenig mehr machbarwäre. Gemeint ist technische Regulierung oderauch „smart regulation“, wenn mit klassischenrechtlichen Möglichkeiten vielleicht gar nichtsehr viel erreicht werden kann, sondern es eherdarum geht, die Technik so auszugestalten, dassbestimmte Wettbewerbseffekte gar nicht erst auf-treten können. Um dieses beispielsweise bei derVerhandlung von Abhilfemaßnahmen, in der Fu-sionskontrolle oder anderen Verfahren, etwa Ver-pflichtungszusagen, auch technisch passgenau ge-stalten zu können, meine ich, dass es hilfreichwäre, wenn das Bundeskartellamt eine Art „chieftechnologist“, einen Cheftechnologen, hätte, der

in dem Segment kundig ist, der vielleicht von au-ßen kommt. Wir haben ein solches Modell bei derEuropäischen Kommission, etwa mit demChefökonom, der für eine begrenzte Zeit in dieKommission kommt und beratend tätig ist. Wo-rum es mir eigentlich geht ist: Wenn das Kartell-amt digitale Fragen massiv angehen will, benötigtes auch die technologische Kompetenz. Diese istnatürlich schon weitgehend vorhanden, nehmeich einmal an, Herr Mundt. Aber vielleicht lässtsich jene mit einem solchen - auch nach außenwirkenden Amt - noch ein wenig stärken.

Der Vorsitzende: Ergänzend Herr PräsidentMundt.

SV Andreas Mundt (BKartA): Ich denke, wenn siesich welt- und europaweit umsehen und die Wett-bewerbsbehörde suchen, die mit am meisten imdigitalen Bereich macht, werden Sie sehr schnellauf das Bundeskartellamt stoßen. Noch am Freitagder letzten Woche erschien ein Beitrag in einer in-ternationalen Wettbewerbszeitung, in dem wir alsder „national digital champion“ bezeichnet wor-den sind. Ich sage das nur um zu verdeutlichen,dass wir den Bereich längst für uns entdeckt ha-ben und fast als Vorreiter unterwegs sind. Wir ha-ben Verfahren geführt gegen Apple, gegen Ama-zon, beide erfolgreich, gegen Amazon sogar zwei-mal. Wir führen ferner ein Vorfahren gegen Face-book. Wir haben ein Referat in der Grundsatzab-teilung, das sich mit diesen Fragen, die auch sehrgrundsätzlicher Natur sind, auseinandersetzt. Fer-ner haben wir einen Bericht zum Thema Umgangmit Plattformen und mit digitalen Netzwerken ge-schrieben. Dieser hat in die GWB-Novelle Einganggefunden. Alles was Sie dort finden hat den Vor-zug, nicht nur intellektuell erfunden zu sein, son-dern das meiste ist in der Praxis getestet. Woherwissen wir denn so viel über direkte oder indi-rekte Netzwerkeffekte? Woher wissen wir denn soviel darüber, was Daten für eine Rolle im Wettbe-werbsrecht spielen? Woher wissen wir denn soviel über Multihoming? Mit Verlaub, ich möchtees nicht übertreiben, aber uns ist sehr viel aus un-serem Bericht bekannt. Im Übrigen gibt es einezweite Untersuchung, die zu der Frage gemachtwurde: Wie gehen wir mit Daten im Wettbewerbs-recht um? Dieser ist zusammen mit unseren fran-zösischen Kollegen entstanden. Auch hier handeltes sich um ein umfängliches Kompendium, das

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wiederum auch Eingang in die GWB-Novelle ge-funden hat. Mit anderen Worten: Ich glaube, akti-ver kann man fast nicht sein. Es gibt auch mancheBereiche, wo wir vielleicht sogar gern einmal einVerfahren eröffnen würden. Das ist mitunter inAbgrenzung mit der Europäischen Kommissionschwierig. Es gibt Teile, die dort bearbeitet wer-den, in denen wir nicht tätig werden können.Aber inzwischen gehen wir sogar so weit, dass wirgemeinsam mit der Kommission Verfahren füh-ren. Ende letzter Woche haben wir eine gemein-same Presseerklärung mit der Kommission heraus-gegeben, in der wir auf den Fall aufmerksam ge-macht haben, dass Amazon und Apple gegensei-tige Exklusivitätsverpflichtungen für die Beliefe-rung mit Hörbüchern hatten. Das konnten wir indieser Form beenden. Last but not least glaubeich, dass Sie kaum eine Behörde finden werden,in der sie mehr Wissen und auch mehr praktischeErfahrung mit dem Netz vorfinden als im Bundes-kartellamt. Mithin meine ich, dass wir einen„chief technologist“ irgendwie schon haben, dersich jedoch bei uns auf die Abteilungen und Refe-rate verteilt. Mit der Struktur des Amtes wärediese Funktion natürlich vereinbar, wenn es sichdenn um eine beratende Tätigkeit handelte. Abernochmals: All das ist im Grunde in den Grund-satz- und Beschlussabteilungen implementiert, so-dass ich hier jetzt a priori keinen zusätzlichen Be-darf sehe. Ich meine, wir sind auf einem gutenWeg.

Abg. Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU): Ich würdegern Herrn Mundt noch einmal zu dem Thema derBankenkooperation ansprechen. Die Sparkassenhaben uns diese Thematik mit ihrem „backoffice“vorgetragen. Es erschien uns, zumindest soweitwir es nachvollziehen konnten, als Anliegen, dasman sich einmal näher anschauen sollte und denWettbewerb, jedenfalls auf den ersten Blick, nichtso nachhaltig beeinflusst, dass man es gleich vonsich weisen würde. Sondern wir wollen uns damitauseinandersetzen. Nun hatten Sie, Herr Mundt,ja im letzten Jahr an anderer Stelle eine Ableh-nung vorgenommen. Wenn Sie uns dieses Themainsoweit nochmals ein wenig auseinanderdividie-ren würden, wie da Ihre Einschätzung ist. Auchvor dem Hintergrund der veränderten, schwieri-gen Rahmenbedingungen wie dem Niedrigzins-umfeld und anderem, in dem die Banken sich mo-mentan bewegen. Und ob aus Ihrer Sicht doch ein

wenig Handlungsbedarf besteht oder nicht.

SV Andreas Mundt (BKartA): Vielleicht muss icherstmal vorausschicken, dass wir ja die Schwierig-keiten, in denen die Kreditwirtschaft teilweise ist,sehr wohl wahrnehmen. Das gilt insbesondere fürdie kleinen Kreditinstitute, die sich in diesem ge-genwärtigen Niedrigzinsumfeld natürlich schwertun. Das wissen wir auch. Ein Zweites kommthinzu: Die Digitalisierung ist etwas, das alle Bran-chen betrifft. Ich glaube aber, dass gerade die Kre-ditwirtschaft, vielleicht auch die Versicherungs-wirtschaft, in ganz besonderem Maße davon be-troffen sind. Sodass man sich natürlich schon dieFrage stellen muss: Wie stemmen diese kleinenInstitute die Investitionen, die mit der Digitalisie-rung notwendigerweise verbunden sind? Das sindAspekte, die wir kennen, die wir auch mit derKreditwirtschaft diskutieren und in unsere Über-legungen einbeziehen. Hierin liegt auch derGrund dafür, Herr Pfeiffer, dass wir in der Vergan-genheit alles andere als untersagungs- oder inter-ventionsfreudig gewesen sind. Wenn Sie sich al-leine die verschiedenen Fusionen ansehen, diewir im Sparkassensektor in den zurückliegendenJahren gesehen haben. Dort sind wir eigentlichstets davon ausgegangen, dass es sich um notwen-dige sowie sinnvolle Zusammenschlüsse handeltund sind nicht eingeschritten. Wir haben interve-niert im vergangenen Jahr, das ist richtig. Da ginges um den „backoffice“-Bereich der Sparkassen,also den Sektor, der Dienstleistungen erbringt, umTransaktionen tatsächlich abzuwickeln. Wir hat-ten es hier mit einem Fall zu tun, ohne zu sehr indie einzelnen Märkte zu gehen, bei dem imGrunde nur noch zwei Dienstleister für die Spar-kassen vorhanden waren. Das was hier gewünschtwar, war im Grunde genommen die Entstehung ei-nes Monopols. Dort haben wir sehr breite Markt-untersuchungen durchgeführt. Und ich sage esjetzt einmal bei aller gebotenen Vorsicht: Mitunterhatten wir auch ein wenig den Eindruck, dass dieInteressen der einzelnen Sparkassen vielleichtnicht an jeder Stelle ganz kongruent mit den Ver-bänden waren, die dort aktiv sind. Denn wir ha-ben gesehen, dass die Verbände sich sehr stark fürdie Fusion eingesetzt haben, wohingegen dieSparkassen selber die von diesen Dienstleisternerbrachten Leistungen ausschreiben. Und wennSparkassen so etwas ausschreiben, ist da ja ganzoffensichtlich ein gewisses Kostenbewusstsein

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und auch ein gewisser Wille vorhanden, im Wett-bewerb Unternehmen antreten zu lassen, damitsie die beste Dienstleistung für die Sparkasse er-bringen. Das zu dem Hintergrund, weshalb wirdort eingeschritten sind. Es gibt andere Bereiche,da geht es insbesondere um die Etablierung vonApps, vor allem auf Smartphones, in denen wirauch alles andere als interventionistisch gewesensind. Denken Sie an diese App „Yomo“, die essehr stark vereinfachen soll, auch mobil Kontenzu eröffnen. Das alles ist bei uns nicht bean-standet worden. Momentan gibt es noch einen an-deren Fall, in dem wir etwas genauer hinsehen.Dort geht es um eine App, die ebenfalls installiertwerden soll, mit der die vereinfachte, direkteTransaktion von Geld über Mobilgeräte möglichsein soll. Erst einmal gilt dieses innerhalb desSparkassenverbundes, wogegen wir überhauptnichts einzuwenden haben. Lediglich haben wirgesagt: Wenn dieses über den Sparkassenverbundhinaus etabliert wird, müssen wir es uns genaueransehen. Da würden wir dann auch vom Sparkas-senbereich erwarten, dass hierzu prüffähige Un-terlagen vorgelegt werden. In der Phase befindenwir uns momentan, und wir sind aktiv im Ge-spräch mit den Sparkassen und den repräsentie-renden Verbänden. Also eine unbedingte Notwen-digkeit sehe ich hier in Anbetracht von Vergan-genheit und Gegenwart nicht. Somit kann ich einesolche auch nicht für die Zukunft ableiten.

Abg. Martin Dörmann (SPD): Meine Frage richtetsich an Herrn Mundt und behandelt auch dasThema, das Herr Heider schon angesprochen hat.Nämlich den Wunsch der öffentlich-rechtlichenSendeanstalten und der Bundesländer, auch indiesem Bereich der Öffentlich-Rechtlichen eineFreistellung zu bekommen, damit man Kooperati-onen rechtssicher ermöglicht. Sie haben in derStellungnahme des Bundeskartellamtes daraufhingewiesen, dass man zwischen der Erfüllungdes öffentlich-rechtlichen Funktionsauftrages so-wie der wirtschaftlichen Betätigung unterscheidenmuss. Und dort wo beides einschlägig ist, müssteman im Einzelfall eine Abgrenzung vornehmen.Jetzt frage ich nach einem Einzelfall und bitte Sieden zu subsumieren. Ein Kernbestandteil derWünsche der öffentlich-rechtlichen Sendeanstal-ten ist, dass man beispielsweise IT und anderetechnische Geräte gemeinsam bestellen kann, weil

ja auch ein Sparzwang im Interesse aller Beteilig-ten ist. Nun könnten trotzdem dann an der einenoder anderen Stelle kartellrechtliche Vorschrifteneingreifen, da man sich ja gemeinsam als relativmarktmächtig erweist. Wie bekommt man an die-sen Stellen auch diese Planungssicherheit hin, da-mit jedem klar ist, was geht und was nicht. Undvielleicht ergänzend noch folgender Gesichts-punkt: Würde es einen Unterschied machen,wenn in einem Rundfunkstaatsvertrag, der dannnoch zu schließen wäre, der Funktionsauftrag derÖffentlich-Rechtlichen, gerade was das ThemaKooperation angeht, weiter präzisiert wird? So-dass diesen sozusagen aus rundfunkrechtlicherSicht keine Wahl mehr bliebe, als insoweit zusam-menzuarbeiten.

Der Vorsitzende: Herr Mundt.

SV Andreas Mundt (BKartA): Es ist schon darübergesprochen worden, dass bei den öffentlich-recht-lichen Rundfunkanstalten in der Tat eine Zweitei-lung gegeben ist. Einmal: Wo sind sie öffentlich-rechtlich tätig? Andererseits: Wo agieren sie pri-vatrechtlich? Und wir reden ja hier, wenn wirüber Rechtssicherheit sprechen, einzig und alleinüber den privatrechtlichen Teil. Da bin ich schonder Meinung, dass die Rundfunkanstalten, dort,wo sie unmittelbar im Wettbewerb zu Privatenstehen, an der Elle messen lassen müssen, an dersich auch die anderen Unternehmen messen las-sen müssen. Und wenn gerade an dieser StelleRechtssicherheit gefragt ist, kann ich nur sagen:Wir haben in Deutschland das Prinzip, dass dieUnternehmen sich eigentlich selbst veranlagenund die Frage klären müssen, ob sie rechtmäßighandeln oder nicht. Das machen die Privaten jaauch. Wir bieten aber darüber hinaus immer Bera-tung an, wenn es ein Problem gibt, wenn unklarist, ob man sich im Bereich des Zulässigen bewegtoder bereits dort, wo das Kartellrecht möglicher-weise verletzt ist. Die Unternehmen können dannzu uns kommen, wir können das diskutieren.Vielleicht an dieser Stelle nur der Hinweis, dasswir hierzu immer mal wieder mit den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten im Gespräch sind,so auch ganz aktuell. Also diese Beratungen fin-den ja auch statt. Wenn es zu Ausnahmen kom-men sollte, ich möchte nur darauf hinweisen,auch einem Irrtum vorbeugen, hier im Ausschuss:Die Berührung zwischenstaatlichen Handels ist ja

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im Wettbewerbsrecht so entscheidend, für dieFrage, ob ich Europarecht oder deutsches Rechtanwende. Dabei kommt es nicht darauf an, ob estatsächlich eine Grenze überschreitet, das heißtnur so. Vielmehr ist maßgeblich, ob die Wirkunggrenzüberschreitend ist. Deswegen können siedurchaus eine Vereinbarung haben, die vielleichtnur ein Bundesland betrifft und überhaupt an-sonsten keine Auswirkungen über das Bundesge-biet hinaus hat, aber gleichwohl wirtschaftlich sobedeutend ist, dass der Europäische Gerichtshofsagt: Natürlich hat das dann grenzüberschreitendeWirkung. Also, ich möchte nur nicht, dass hierder falsche Eindruck entsteht, es müsste tatsäch-lich über die Grenze hinaus gehandelt werden.Und wenn ich mir dann, mit Verlaub, den öffent-lich-rechtlichen Rundfunk anschaue, die Ent-scheidungen, die hier getroffen werden und ihrewirtschaftliche Bedeutung, so komme ich zu demSchluss, dass in sehr, sehr vielen Fällen wahr-scheinlich der zwischenstaatliche Handel berührtist und ich fast immer in dem Bereich bin, wo eu-ropäisches und nicht deutsches Recht gilt. Das be-antwortet dann vielleicht auch ein stückweit dieFrage: Was wäre, wenn wir es in einem Rundfunk-staatsvertrag anders regeln würden? Ich glaube,wir würden in ganz vielen Fällen an Streitfragenkommen. Ist es deutsches oder europäischesRecht? Und damit müsste man sich natürlich sehrintensiv befassen, wenn man tatsächlich zu einersolchen Regelung kommen wollte. So schwierigich schon die Differenzierung im Pressebereichfinde, und die ist schon außerordentlich schwie-rig, umso schwieriger wird es hier im Rundfunk-bereich. Und wenn ich das noch sagen darf,möchte ich jetzt ehrlich gesagt auch nicht, dassSie deutsches Recht als Gesetzgeber in dem Be-reich ändern und wir als Behörde, weil wir euro-päisches Recht anwenden, fast immer gezwungenwerden gegen den Willen des deutschen Gesetzge-bers zu handeln. Das kann auch nicht sinnvollsein. Also es ist eine sehr schwierige Gemengelagealles in allem.

Der Vorsitzende: Jetzt fragt der Kollege Dr. Heider.

Abg. Dr. Matthias Heider (CDU/CSU): Einer derKlassiker bei jeder Novelle des Wettbewerbsrechtsist der Bereich der Fusionskontrolle. Ich würdegern Herrn Professor Schwalbe in dem Zusam-

menhang fragen, wie Sie die Umsetzung der kauf-preisbezogenen Aufgreifschwelle in der Fusions-kontrolle beurteilen. Es wird gemeinhin kritisiert,dass als Folge dieser neuen Aufgreifschwelle vieleZusammenschlüsse anmeldepflichtig würden, de-ren Schwerpunkt eindeutig außerhalb vonDeutschland läge. Halten Sie diese Kritik für be-rechtigt? Und überhaupt was diese Regelung anbe-langt, sind wir gewissermaßen in einer Vorreiter-rolle hier in Deutschland. Würden Sie das auch sosehen? Und sehen Sie möglicherweise darin Ge-fahren für die Beurteilung im Zusammenhang mitdem gemeinsamen Markt, also dem Binnenmarkt?

Der Vorsitzende: Herr Professor Schwalbe.

SV Prof. Dr. Ulrich Schwalbe (Universität Hohen-heim): Ich hatte schon anfänglich gesagt, dass ichaus ökonomischer Sicht aus zwei Gründen dieseAufgreifschwelle für Fusionen beziehungsweiseUnternehmen mit geringen Umsätzen für sinnvollhalte. Man kann sich jetzt natürlich die Frage stel-len: Ist das möglicherweise etwas, das dazu beitra-gen kann, eine Art „anti-exit“ Gesetz zu statuie-ren. Das heißt, dass Unternehmen dann praktischunverkäuflich würden und nicht mehr entspre-chendes Venture-Kapital bekommen können. Ichhalte diese Argumente oder Kritik nicht für über-zeugend, denn es ist ja nur die Möglichkeit gege-ben, dass eine solche Fusion einer kartellrechtli-chen Prüfung unterzogen werden kann. Das heißtja nicht automatisch, dass eine solche Fusionauch untersagt wird. In aller Regel werden nursehr sehr wenige Fusionen untersagt. Dies bedeu-tet, dass die Vermutung der Schaffung eines „anti-exit“ Gesetzes mir nicht sonderlich überzeugenderscheint. Wenn man in die USA schaut, geltendort ganz andere, viel niedrigere Aufgreifschwel-len. Das hat ja Unternehmen wie Airbnb auchnicht daran gehindert zu expandieren und sichsehr erfolgreich zu entwickeln. Was den Transak-tionswert betrifft, also diese Schwelle von400 Millionen Euro, hat man ja die Möglichkeit,nach drei Jahren zu überprüfen, ob hier tatsäch-lich sehr viele Fusionen angemeldet werden müs-sen, die vorher nicht betroffen waren. Es wäre na-türlich interessant zu sehen, wie viele nichtange-meldete Fusionen eigentlich der Regel unterfallenwären, wenn diese vor drei Jahren schon gegoltenhätte. Hinsichtlich der Vorreiterrolle in Europa,geht die Überlegung den Transaktionswert in der

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Fusionskontrolle mit zu berücksichtigen, auch aufeinen Vorschlag der Monopolkommission zurückund ist ja in den USA unter dem Stichwort „valueof transaction test“ auch gebräuchlich. Das heißt,es ist nichts völlig neues. Und die Monopolkom-mission hat ja auch mit Kommissarin Vestagerüber die Frage der Behandlung der digitalen Öko-nomie im Wettbewerbsrecht gesprochen. Und ichgehe davon aus, dass das natürlich auch einThema gewesen ist. Deutschland als - denke ich -traditionsreichstes Land hinsichtlich der Wettbe-werbsgesetzgebung in Europa spielt hier sicher-lich eine Vorreiterrolle. Wünschenswert wäre eineeinheitliche europäische Regelung. Nicht attraktivwäre ein Flickenteppich einzelstaatlicher Rege-lungen. Aber ich glaube eigentlich eher, dass dasein Signal ist, damit dann auch in Europa insge-samt eine Regelung geschaffen wird, die denTransaktionswert als zusätzliches Kriterium in dieFusionskontrolle mit einführt. Ich könnte mir vor-stellen, dass Deutschland hier eine Vorbildrollefür andere Jurisdiktionen einnimmt, sodass dieseähnliche Regelungen übernehmen und auch dieEuropäische Kommission durch die Generaldirek-tion Wettbewerb in den neuen Leitlinien für Hori-zontalzusammenschlüsse eine ähnliche Vorschrifteinführt.

Der Vorsitzende: Nun Kollege Knoerig.

Abg. Axel Knoerig (CDU/CSU): Ich habe nocheine weitere Frage für Herrn Professor Podszunund für Herrn Mundt. Es sind ja im Gesetzesent-wurf neue Begriffe der Digitalisierungsmiss-brauchsaufsicht wie Netzwerkeffekte, Zugang zuDaten, innovationsgetriebener Wettbewerbsdruckeingefügt worden. Halten Sie diese für praxistaug-lich?

Der Vorsitzende: Herr Professor Podszun.

SV Prof. Dr. Rupprecht Podszun (Heinrich-Heine-Universität): Ich glaube, das ist ein ganz wichtigerImpuls, der von dieser Novelle ausgeht, dass sol-che Begrifflichkeiten aufgenommen werden. Ichfinde sie auch in der Terminologie ganz überwie-gend sehr gelungen. Es ist eben ein Signal in dieinternationale Kartellrechtscommunity, dass manversucht, Anschluss an moderne wirtschaftswis-senschaftliche Theorien zu finden. Ich glaube, dieKriterien sind so moderat und maßvoll gewählt,

dass im Silicon Valley keine Schweißausbrüchezu befürchten sind, wenn sie eingeführt werden,und gleichzeitig aber auch Innovationen und In-vestitionen in Deutschland dadurch nicht behin-dert werden. Ich denke, es ist maßvoll genug undgleichzeitig richtig. Was man dabei noch positivwürdigen sollte, ist Folgendes: Zum einen sind sienatürlich so gefasst, das finde ich in der Formulie-rung gelungen, dass die Ausfüllung jetzt durch dieGerichte beziehungsweise das Bundeskartellamtoder andere Kartellbehörden erfolgen muss. Dasheißt, es findet sich auch eine gewisse Dynamikdarin, die man sicherlich auch braucht, weil sichda noch sehr viel verändern kann. Was aber wich-tig ist, ist, dass man sich bei der Kartellrechts-durchsetzung ja auch immer vorstellen muss: Esmacht ja nicht nur Herr Mundt mit seinen hervor-ragenden Leuten, sondern wir haben jetzt ebenauch private Rechtsdurchsetzung vor jedem Land-gericht. Und wenn die Richterin, der Richter dort,die vielleicht nicht jeden Tag mit dem Kartell-recht zu tun haben, jetzt nochmal einen gesetzge-berischen Hinweis erhalten: bei mehrseitigenMärkten bitte auch nochmal an diese Themendenken. Dann ist das, glaube ich, genau das rich-tige für diese Zeit. Insofern halte ich das für pra-xistauglich und auch einen ganz wichtigen Im-puls, der von der Novelle ausgeht.

Der Vorsitzende: Ergänzend, Herr Mundt.

SV Andreas Mundt (BKartA): Der Vorteil dieserKriterien, die sie jetzt im Gesetz finden, ist ja ausmeiner Sicht eben, dass sie nicht nur das Ergebniseiner intellektuellen Arbeit sind. Sondern diesesind in der Praxis getestet. Wir haben diesen Be-richt geschrieben, ich habe es eben gesagt, zumThema „Plattformen- und Netzwerkeffekte“ under ist in die GWB-Novelle eingeflossen. Dort fin-den Sie genau diese Begriffe. Sie stammen ausdiesem Bericht. Und wir haben diese vielfach,auch bei der Fusionskontrolle, bereits genutzt, un-ter sie subsumiert und Fälle wirklich bearbeitet.Insofern sind es, glaube ich, Begriffe, bei allerBreite und Unbestimmtheit, die zum einen derökonomischen Literatur entsprechen sowie ande-rerseits auch in der kartellrechtlichen Literaturanerkannt und schließlich auch in der Praxis er-probt sind. Herr Professor Schwalbe hatte ja ebenauch noch einige Punkte vorgeschlagen, die auch

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wichtig sind. Sie hatten erwähnt die Heterogeni-tät, die Verbundvorteile, Plattformdifferenzierung.Das sind aus meiner Sicht auch Begriffe, mit de-nen wir arbeiten müssen und die wir brauchen.Da würde ich immer zustimmen. Aber sie müssensehen, dass die Punkte, die hier jetzt im Gesetzsind, ja nur eine Aufzählung sind, unter anderem,insbesondere. Das hindert uns überhaupt nicht,auch andere Begriffe zur Anwendung zu bringen,wenn es denn ökonomisch notwendig ist, umFälle angemessen und richtig beurteilen zu kön-nen. Und ich sage mal, wenn es eben auf Ver-bundvorteile ankommt, dann wird man in derLage sein, diese auch besonders zu subsumierenund heranzuziehen. Was Sie hier finden, ist sozu-sagen der Kern dessen, was wir erarbeitet haben.Und das ist sicher im Gesetz gut verankert. Ichwill vielleicht auch nochmal deutlich machen: Esist wirklich eine Vorreiterrolle, die wir hier ein-nehmen. Denn nach meinem Kenntnisstand wirdDeutschland mit dieser GWB-Novelle weltweitdas erste Land sein, das im Gesetz tatsächlich spe-zifische Kriterien im Hinblick auf die Beurteilungvon digitalen Märkten hat. Insofern kann man davielleicht auch ein bisschen prägend wirken. Esmacht auch die Vorreiterrolle deutlich, dieDeutschland bei der Anwendung des Wettbe-werbsrechts tatsächlich einnimmt.

Der Vorsitzende: Jetzt fragt der Kollege Held.

Abg. Marcus Held (SPD): Ich möchte nochmaleinmal auf das Thema Pressekooperationen zu-rückkommen und hier insbesondere auf die zeitli-che Befristung, die ja im Gesetzentwurf vorgese-hen ist. An Herrn Professor Podszun richte ichinsbesondere die Frage: Wir haben ja mit der Neu-regelung das Ziel, die wirtschaftliche Basis derVerlage zu stärken. Deshalb interessiert mich hiernatürlich, wie Sie diese zeitliche Befristung se-hen. Dazu würde mich auch nochmals die Mei-nung von Herrn Verdenhalven interessieren, obdie Verlage da möglicherweise Probleme sehen.Und an Herrn Professor Podszun die ergänzendeFrage: Es ist ja eine Evaluierung der Regelungnach fünf Jahren vorgesehen, und Sie haben so et-was vorgeschlagen, wie eine Art Register der ver-einbarten Kooperationen. Vielleicht habe ich esfalsch verstanden, aber womöglich steckt ja dochetwas dahinter, das sie uns einmal erläutern kön-

nen. Insbesondere den Grund für diesen Vor-schlag.

Der Vorsitzende: Herr Professor Podszun.

SV Prof. Dr. Rupprecht Podszun (Heinrich-Heine-Universität): Der Ausgangspunkt ist, lassen Siemich das sagen, um meine kartellrechtliche Ehrein der Fachcommunity zu retten: Die Kartellrecht-ler finden so etwas natürlich nicht gut, wenn essolche Ausnahmen gibt. Insofern freuen sie sich,wenn diese dann zeitlich befristet werden. Grund-sätzlich ist es, soweit ein solcher Systembruch be-steht, gut, wenn sich die Ausnahme nicht in alleZeiten hinaus verselbstständigt, sondern eine Be-fristung erhält. Ich glaube, dass es angesichts derdramatischen Situation im Pressebereich viel-leicht auch ausnahmsweise denkbar ist, so etwaseinmal vorzunehmen. Die Befristung auf zehnJahre halte ich für sinnvoll, weil ich glaube, dasssich in diesem Zeitraum die Medienlandschaft sostark gewandelt haben wird, dass man die Sachedann wahrscheinlich auch neu beurteilen muss.Und da ist der Zwischenschritt, das nach fünf Jah-ren zu evaluieren, vielleicht auch ganz interes-sant. Sicherlich gerade mit dem Blick darauf, obman nicht, wenn man der Presse etwas Gutes tunoder diese Landschaft retten will, vielleicht auchalternative Möglichkeiten in den Blick nehmenmuss. Etwa wenn man feststellt, dass das Kartell-recht gar nicht der große Stolperstein ist, über dendie Verlage momentan nicht hinwegkommen, son-dern es vielleicht anderer Maßnahmen bedarf.Und das kann man dann nach fünf Jahren im Zugeeiner solchen Evaluierung auch sehen. Natürlichabgesehen davon, dass man sich dann auch wün-schen würde, ex-post wettbewerbsökonomischeEffekte zu untersuchen. Ein Register halte ich indiesem Fall für gar nicht so schlecht, weil man na-türlich dann auch sieht: Wo wird denn der Marktdurch Kartellierung und anderes eigentlich verän-dert? Denn es wäre jetzt vielleicht blöd, wenn derEindruck entsteht: Der Preis, den ich für meineWerbekampagne zu zahlen habe, ist ein Wettbe-werbspreis und in Wirklichkeit ist dieser durchverschiedene Teilnehmer kartelliert worden, wasich aber vielleicht gar nicht so unmittelbar durch-schaue. Das wäre vielleicht die Idee eines Trans-parenzregisters, auch damit man dann gegebenen-falls nach Ablauf von zehn Jahren die Sache quasi

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besser wieder aufräumen oder Missbräuche fest-stellen könnte, die man sonst vielleicht nicht soohne Weiteres sieht.

Der Vorsitzende: Ergänzend Herr Verdenhalven.

SV Helmut Verdenhalven (bdzv): Ja, vielen Dank.An mich ging ja die Frage wegen der zehn Jahreauch. Selbstverständlich, wir haben ja diesen Ent-wurf und die Kooperationsmöglichkeiten sehr be-grüßt, die den Grund haben, dass wir eine verhee-rende Situation für die Presseverlage derzeit ha-ben. Es ist zu hoffen, dass die Regelungen funktio-nieren. Davon gehen wir auch aus in vielen Fäl-len. Allerdings wird natürlich, wie auch zu Rechtgesagt, werden die Entwicklungen in den digita-len Märkten und der „shift“ hin von Print hinzum Digitalen weitergehen und auch die Verlagein zehn Jahren noch vor enorme Herausforderun-gen stellen. Insofern sehen wir diese Beschrän-kung, diese automatische Beschränkung, Begren-zung, dass das dann abläuft, doch eher als proble-matisch an. Auch müssen natürliche Kooperatio-nen, die geschlossen sind, dann weiter entwickeltwerden und leben können. Und wenn sie dann ze-mentiert sind, ist das natürlich die Frage, inwie-fern dann nach zehn Jahren doch ein Aushungernstattfindet. Das bitten wir zu bedenken, wenn Sienoch einmal über diese Beschränkung auf zehnJahre diskutieren.

Der Vorsitzende: Die nächste Frage stellt KollegeDr. Heider.

Abg. Dr. Matthias Heider (CDU/CSU): Ja, ich hätteabschließend noch einmal eine Frage, die auchzur Konzentration im Medienbereich gehört unddie einen weiteren Bezug zum Ministererlaubnis-verfahren hat, das wir im ersten Block bereits an-gesprochen haben. Deshalb würde ich Herrn Prä-sidenten Mundt gerne fragen: Wie bewerten Siedie vom Bundesrat geforderte Einholung einerStellungnahme der Kommission zur Ermittlungder Konzentration im Medienbereich im Minister-erlaubnisverfahren? Könnte man das beispiels-weise als Gesetzgeber auch im Rahmen einer Ver-ordnung mit Zustimmungsvorbehalt des Parla-ments regeln? Und weil es von der Frage gutpasst, hätte ich diese Frage auch an Herrn Profes-sor Kühling gerichtet.

Der Vorsitzende: Herr Mundt.

SV Andreas Mundt (BKartA): Ich glaube, esspricht wenig dagegen, in jedwedem Verfahren,auch im Ministererlaubnisverfahren, möglichstviele anzuhören und eine entsprechende Stellung-nahme einzuholen. Wir selber machen das auchin manchen Bereichen. Und ich sage einmal, esfließt einfach in die Bewertung ein. Ob und inwie-weit man so etwas dann durch Rechtsverordnun-gen regeln könnte? Ich vermute schon, eine solcheRechtsverordnung, wenn man denn das Minister-erlaubnisverfahren schon regeln möchte, wäre jasicherlich der geeignete Ort, um vielleicht - wiewir das immer nennen - ein paar Korsettstangeneinzuziehen, damit man so ein bisschen weiß, woman sich entlang hangelt. Ich denke so jetzt a pri-ori, dass man das per Verordnung tatsächlich ein-ziehen könnte. Vielleicht noch der Hinweis: Wirselber arbeiten gerade im Medienbereich viel mitanderen Institutionen auf diesem Feld zusammen.Sei es die KEK (Kommission zur Ermittlung derKonzentration im Medienbereich), seien es dieLandesmedienanstalten. Hier gibt es regelmäßigeKonsultationen. Auch wir geben Gelegenheit zurStellungnahme in Fällen, die im Medienbereichspielen. Also insofern ist das sicherlich etwas,was man auch auf ein anderes Verfahren übertra-gen könnte.

Der Vorsitzende: Ergänzend Herr Professor Küh-ling.

SV Prof. Dr. Jürgen Kühling (Monopolkommis-sion): Ja, dem schließe ich mich gerne vom Tenorher an. Wir glauben, dass bei der KEK eine sehrhohe Kompetenz vorhanden ist, dass die relevan-ten Zahlen vorhanden sind, dass sie jahrelang dieMärkte beobachten und dementsprechend sicher-lich einen sinnvollen Beitrag dazu leisten kann,die entsprechenden Entscheidungen informativ zubereichern. Das gibt mir, da ich jetzt noch ein we-nig Zeit habe, noch einmal die Gelegenheit allge-mein darauf hinzuweisen, dass wir prinzipiellderartige Kooperationsvorgaben im Kartellrechtfür sinnvoll erachten. Das führt mich noch einmaldazu, weil wir jetzt verschiedene Punkte hattenauch mit Blick auf die Entwicklung des Bundekar-tellamts allgemein zu einer Verbraucherschutzbe-hörde. Das sehen wir in der Monopolkommissiongrundsätzlich positiv. Aber ich möchte mich da

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schon den mahnenden oder vorsichtigen Hinwei-sen des Kollegen Podszun deshalb anschließen,weil ich auch heute in der Diskussion festgestellthabe: Wir haben eine ganze Reihe von Themen be-rührt, die schon behördlich besetzt sind. Ichdenke nur an das Thema Interoperabilität beiWhatsApp & Co. Das ist eine Frage, die zumin-dest, was das europäische Telekommunikations-recht anbelangt, gegenwärtig wohl im Telekom-munikationsrecht verankert ist bzw. werden soll.Und damit hätten wir einen Punkt, der in der Zu-ständigkeit der Bundesnetzagentur liegt. Dann ha-ben wir mehrfach das Thema: Datenschutz ange-sprochen. Da denken wir auch in der Monopol-kommission, dass die verbraucherrelevanten Da-tenschutzsaspekte im Wettbewerbsrecht so, wie esdas Bundeskartellamt nun tut, berücksichtig wer-den müssen. Ich möchte aber darauf hinweisen:Wir haben jetzt eine Datenschutzgrundverord-nung. In dieser Datenschutzgrundverordnung ha-ben wir gerade einen Europäischen Datenschutz-ausschuss (EDA) etabliert und ein Kooperations-verfahren der nationalen Datenschutzaufsichtsbe-hörden. Da müssen wir jetzt schon aufpassen,dass wir alle Entscheidungsmechanismen daraufabstimmen, dass wir insoweit „keine Kakopho-nie“ bekommen. Also die Interpretation, ob einVerstoß gegen das Datenschutzrecht vorliegt, ist jajetzt eine Frage des europäischen Datenschutz-rechts. Gerade der Fall Facebook wird zeigen: Dawird es demnächst eine federführenden Behördegeben, die in diesem EDA dazu Stellung nehmenwird. Insofern weise ich noch einmal darauf hin,nicht nur die KEK ist im Ministererlaubnisverfah-ren relevant, sondern wir müssen insgesamt da-rauf achten, dass wir die Schritte der Stärkung desBundeskartellamtes behutsam gehen und dassdiese abgestimmt sind in einem Gesamtkonzeptder sinnvollen Zusammenarbeit der Behörden mitanschließend zum Teil divergierenden Rechtswe-gen.

Der Vorsitzende: Jetzt fragt Kollege Dörmann.

Abg. Martin Dörmann (SPD): Ja, nochmals vielenDank. Herr Vorsitzender, ich habe eine Frage anFrau Haß, auch noch einmal zu dem Thema Pres-sekooperationen. Ein zentrales Argument derPresseverleger ist ja, dass sie die Anzeigen nichtmehr so gut vermarkten können wie früher, weilsich der Medien- und Anzeigemarkt sehr stark in

Richtung Internet entwickelt und mittlerweileauch Mediaagenturen unterwegs sind, die dannganz große Budgets vermarkten. Und die Presse-verlage haben aufgrund der veränderten Marktsi-tuation nicht mehr die Möglichkeit, so stark in dasAnzeigengeschäft zu kommen. Und das belegen jaauch die Zahlen letztendlich. Nun müsste es ja ei-gentlich im Interesse der Belegschaften und derRedaktionen sein, dass die wirtschaftliche Basisdort gestärkt wird. Vielleicht können Sie das nocheinmal herausfiltern, wo da bei Ihnen Zweifel ander Argumentation sind. Also ist die ökonomischeArgumentation vom Grunde her falsch, die dortgebracht wird? Oder anderseits wird ja auch vonKritikern eingewendet, der Anwendungsbereichist sowieso eher begrenzt. Dann liegt ja auch nahe,dass vielleicht die Auswirkungen begrenzt sind.Und letztendlich sind die meisten personellenFolgen ja bereits eingetreten oder an vielen Stelleneingetreten. Um präziser zu sein, die Zusammen-legung von Redaktionen: Müsste man gegebenen-falls das Gesetz sogar ergänzen, um die Zielset-zung des Gesetzes, eben die Redaktionen zu stär-ken, auch noch stärker hervorzuheben?

Der Vorsitzende: Frau Haß.

SVe Cornelia Haß (dju in ver.di): Ja, vielen Dank,Herr Dörmann. Ich würde natürlich nie in Abredestellen wollen, dass die Anzeigenumsätze zurück-gehen. Die Zahlen sprechen da eine sehr deutlicheSprache. Und wir wissen alle, wie sich die Scherezwischen individuellem Vertrieb und Anzeigen-umsätzen in den vergangenen Jahren signifikantverändert hat. Ich hatte vorhin bereits ausgeführt,dass die Kolleginnen und Kollegen, ich sage mal,so aus mittelgroßen regionalen Verlagen sagen,wir werden dieser Entwicklung durch bessere Ko-operationsmöglichkeiten in diesem Bereich nichtstoppen, weil wir gerade dabei sind, im Onlinebe-reich unsere Marken ganz gut zu etablieren. Alsomir fällt da ein mittelgroßer Verlag im NordenDeutschlands in Mecklenburg-Vorpommer ein,die sagen, sie haben sich einen schönen Markt ge-schaffen mit Familienanzeigen, die sie als Markebesonders gut distribuieren können in diesemländlichen Raum, der eben einige regionale Be-sonderheiten bietet. Die Befürchtung ist, wenn soetwas jetzt gestoppt wird, dadurch dass das Medi-enhaus, was da dran hängt, was sozusagen, wodas kleinere Haus das Tochterunternehmen ist,

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dass es denen ein neues Konzept überstülpt. Eswürden solche Bemühungen natürlich sofort imKeim erstickt. Was wiederum für das Haus, waswir da in der Region haben, dann schlechte Aus-wirkungen und damit auch schlechte Auswirkun-gen auf die Redaktion hätte. Das ist nochmal die-ser direkte Zusammenhang, den wir haben hin-sichtlich der Anzeigenmärkte und der Redaktion.Hier ist in unserer Diskussion ein Hinweis gefal-len. Haben diese Maßnahmen, über die wir hiersprechen und auch hinsichtlich von Gedanken-spielen, ob man nicht möglicherweise die Redak-tionen nicht noch stärker in den Blick nehmensollte, um die Verlage wirtschaftlich zu entlasten.Es ist schon ein Stichwort gefallen, das man tat-sächlich möglicherweise an anderer Stelleschauen müsste. Stichwort Presseförderung, wiesie ja auch in anderen europäischen Ländernpraktiziert wird, ohne dass es dort negative Aus-wirkungen auf die Pressefreiheit hätte. Stichwortist Dänemark zum Beispiel, wo Onlinemedien beider Gründung sehr stark unterstützt und gefördertwerden. Das finde ich sehr spannend. Und ichglaube, das wäre ein Punkt, was die Pressevielfaltund die Arbeit in den Redaktionen angeht, eine si-chere Bank als diese Operation, die wir uns jetztim verlagswirtschaftlichen Bereich vornehmen.Denn, noch einmal: Wir wissen nicht genau, wel-che Auswirkungen das hat, weil uns da die Medi-enstatistiken fehlen. Und deswegen noch einmalder Appell, das brauchen wir dringend, um beur-teilen zu können was wir da eigentlich genau mitdiesen wettbewerbsrechtlichen Maßnahmen ver-anstalten. Vielen Dank.

Der Vorsitzende: Der vorletzte Fragesteller ist Kol-lege Lutze.

Abg. Thomas Lutze (DIE LINKE.): Ja, vielen Dank,Herr Vorsitzender. Da mein SPD-Kollege so ziem-lich exakt meine Frage gestellt hat, die ich aufdem Zettel stehen habe - aber das ist Ihr gutesRecht. Mich hat es auch schon gewundert, dassdie SPD sehr sparsam ist mit Fragen an die Ge-werkschaften. Aber gut, ist korrigiert. Nein, Spaßbeiseite, das ist ein ernstes Thema. Deswegennoch einmal die Frage an Frau Haß und dannnoch an Professor Kühling. Die Kritik an der vor-liegenden Gesetzesnovelle habe ich verstanden.Ich habe auch ein paar Alternativen mitbekom-men. Aber so richtig konkret wird es für meine

Begriffe noch nicht. Deswegen die Frage an Siebeide. Was sind denn Ihre konkreten Vorschläge?Was müsste in so eine Gesetzesnovelle aus derSicht der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmerhinein?

Der Vorsitzende: Frau Haß.

SVe Cornelia Haß (dju in ver.di): Also, wir bezie-hen ja ganz stark Stellung gegen die Maßnahmen,die jetzt in der 9. GWB-Novelle für diesen Bereichvorgesehen sind, aus den von mir bereits ange-führten Gründen. Nämlich das ganze Thema Me-dienvielfalt, Entkernung der Redaktionen und inFolge auch Abbau der Arbeitsplätze unterhalb derRedaktionen, was aber aus unserer Sicht ebenauch auf lange Sicht gesehen negative Auswirkun-gen auf die Redaktionen hat. Ein Beispiel hatte icheben schon genannt. Presseförderung ist ein span-nendes Thema, das aber sicherlich nicht hier dis-kutiert werden sollte. Was aber wünschenswertwäre, dass die Regierung und auch die Oppositionsich dies stärker auf die Fahnen schreiben. LassenSie mich noch einen Hinweis geben zu Onlineki-osken, die Herr Verdenhalven auch schon ange-sprochen hatte. Es gibt ja bereits solche Angebote.Und was ich immer nicht verstehe, was ich auchin Gesprächen mit Verlagsgeschäftsführern immerkritisch anmahne, ist, dass solche bestehendenAngebote nicht viel stärker genutzt werden, denndie verstoßen nicht gegen wettbewerbsrechtlicheVorgaben. Da können in einem Blendle-Zeitungs-kiosk alle Verlage in Deutschland ihre Angeboteganz wunderbar einstellen. Das tun sie mittler-weile auch, getrieben aus der Not heraus, immermehr. Allerdings scheuen sie sich nach wie vor,diese Angebote dann auch entsprechend offensivzu bewerben. Also, ich habe gerade unlängst mitmehreren Kollegen in größeren Verlagen gespro-chen, die schier verzweifeln daran, dass es keinWerbeangebot seitens der Verlegerverbände gibt,wo gesagt wird, wir haben jetzt diese tollen, viel-fältigen Onlineangebote, wo genau den Wünschender User entsprochen wird, ganze Zeitungen on-line zu stellen und Artikel einzeln zu kaufen.Aber es wird eben nicht offensiv beworben. Inso-fern ist auch hierfür eine solche Maßnahme garnicht erforderlich.

Der Vorsitzende: Ergänzend Herr Professor Küh-ling.

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SV Prof. Dr. Jürgen Kühling (Monopolkommis-sion): Ja, vielen Dank. Sehr gerne. Der Anlass die-ser Regelung ist ja die Sicherung der Presseviel-falt. Das ist natürlich ein ganz wichtiges verfas-sungsrechtliches Anliegen. Unsere These ist aber,dass es keiner derartigen Regelung bedarf, son-dern dass wir glauben, dass das bisherige Kartell-recht die vollkommen berechtigten Anliegen derkleineren Presseverlage - nur für die ist die Rege-lung ja auch relevant – auffängt. Das haben wirheute schon besprochen. Für größere Verlage wer-den wir eh jenseits der Binnenmarktrelevanz sein,und dementsprechend wird diese Regelung so-wieso keine Wirkung haben. Auch für kleine undmittlere Verlage sagt das Kartellrecht etwas ganzeinfaches: Ihr dürft Effizienzgewinne generieren.Ihr müsst nur dafür sorgen, dass die an die Ver-braucher weitergeben werden. Und dabei müsstIhr aufpassen, nicht unnötige Wettbewerbsbe-schränkungen zu bewirken oder den Wettbewerbvollständig auszuschließen. Das Argument derPresseverlage muss doch jetzt sein: Wir müssenaber leider den Wettbewerb vollständig ausschlie-ßen oder wir brauchen unnötige Wettbewerbsbe-schränkungen, weil, nur die ermöglichen es uns,im Markt erfolgreich bestehen zu bleiben. Was mireinfach fehlt, ist ein praktisches Beispiel einer sol-chen Kooperation. Im Sparkassenbereich habenwir es ja diskutiert. Und da hat Präsident Mundtja dargelegt, dass das nicht überzeugend gewesenist. Ich sehe das auch nicht im Pressebereich. Ichglaube, wir sehen dort jetzt eine Regelung finden,die eher zu Ergebnissen führt, die Kooperationenermöglicht, die keinen Vorteil bringt, insbeson-dere nicht für die Verbraucher. Für die Verbrau-cher ist dabei ja auch die Sicherung des Pluralis-mus ein relevanter Wert. Pluralismus ist ja nichtper se etwas außerwettbewerbliches. Pluralismusist ein Vorteil für den Verbraucher. Also, insofernfürchte ich, diese Regelung wird keinen positivenEffekt haben. Und wir bräuchten umgekehrt dieDarlegung entsprechender Beispiele. Wir solltenalso „die Katze aus dem Sack lassen“ und darstel-len: Wir möchten genau diese Kooperation, wirwollen hier etwa Hardcore-Absprachen für denPreis haben. Und dann muss es gelingen es auchnoch darzulegen, wie eine solche Regelung jetztder Presselandschaft nützt. Da bin ich eben sehrskeptisch.

Der Vorsitzende: Jetzt sind die fünf Minuten vor-bei.

SV Prof. Dr. Jürgen Kühling (Monopolkommis-sion): Nur ein letzter Satz. Als Verfassungsrechtlermuss ich leider auch sagen: In Bezug auf einePresseförderung bin ich natürlich sehr zurückhal-tend. Ich glaube, das ist ein ganz gefährlicherWeg. Wenn wir den begehen wollen, dass derStaat entscheidet, welches Presseunternehmen be-kommt denn jetzt welche Subventionen. Da binich sehr skeptisch.

Der Vorsitzende: Jetzt fragt zum Schluss KolleginDröge.

Abge. Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NEN): Ja, herzlichen Dank. Ich möchte noch ein-mal zwei Fragen an Frau Gurkmann richten. Ein-mal zum Thema Verbundeffekte. Da wäre meineFrage: Wie sehen Sie die Regelungen, die jetzt inder GWB-Novelle zum Paragraph 18 getroffenwurden? Ob es da aus Ihrer Sicht noch Reformbe-darf gibt. Und als zweites die Frage, ob nicht auchder Zugang zu Analysemethoden bei der Bewer-tung von Marktbeherrschung oder sonstigem wett-bewerbsbeschränkenden Verhalten oder bei derZusammenschlusskontrolle eine Rolle spielenkönnte und sollte.

SVe Jutta Gurkmann (vzbv): Ja, vielen Dank. Also,ich kann mich erst einmal natürlich, was den Kri-terienkatalog angeht, meinen Vorrednern fast vor-behaltlos anschließen. Wir haben natürlich denGesetzentwurf sehr gut analysiert. Und wir sinddann doch, was die Verbundeffekte angeht, aufdie Nummer Vier gestoßen, der Zugang zu wettbe-werbsrelevanten Daten. Und aus unserer Sichtwäre es doch noch einmal notwendig klarzustel-len, dass das eben keine einschränkende Aufzäh-lung sein soll, sondern eben nur Beispiele. Dassman durchaus eben auch auf andere Verbundef-fekte eingehen könnte. Und dies insbesondere alsAppell von jemandem, der eben nicht der Expertein der Bewertung von Marktstellungen von Unter-nehmen ist. Ich glaube, gerade wie Sie auch vor-hin gesagt hatten, wenn eben keine Kartellsenatedarüber zu entscheiden haben, sondern normaleLandgerichte. Dann wäre aus unserer Sicht daauch nochmal eine Klarstellung wünschenswert.

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Ausschuss für Wirtschaft und Energie

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Dass eben auch Verbundeffekte oder sonstige Ef-fekte, soweit sie auch die anderen Netzwerkef-fekte usw. beeinträchtigen oder bestärken können,einfach noch einmal als Klarstellung mitnehmen.Die zweite Frage: Analysemethoden. Das ist natür-lich eine ganz wichtige Geschichte. Wir lesen undsprechen ja in letzter Zeit viel von den guten oderbösen Algorithmen, die mittlerweile alles beherr-schen, die ja auch selbstlernend sind. Und natür-lich gibt es einem Unternehmen oder hat ein Un-ternehmen, das einen entsprechenden guten Algo-rithmus entwickelt, auch einen Wettbewerbsvor-teil, das ist völlig klar. Also, insofern, ja, warumnicht auch das mit einbeziehen. Aber ich glaube,dann muss man auch noch einmal fragen, wer solldas prüfen, wer kann da reingucken. Das ist eineganz große Schwierigkeit. Aber wir haben auchschon gehört, dass das Bundeskartellamt, geradewas Technik angeht, sehr gut aufgestellt ist. Also,das wäre eine Frage, wer soll das prüfen, die Algo-

rithmen und die Wertigkeit einer solchen Soft-ware und zu welchem Zeitpunkt, weil selbstler-nende Algorithmen dann natürlich sich ja immerverändern. Das ist ja selbstredend. Vielen Dank.

Der Vorsitzende: Danke. Ich danke Ihnen allen,meine Damen und Herren und vor allen Dingenden Sachverständigen, dass Sie heute hier warenund uns Rede und Antwort gestanden sind. Eshandelt sich um eine Materie, die niemals fertigsein wird und die in permanenter Fortentwick-lung ist, wie es diese Gesetzesmaterie immer warin den vergangenen Jahrzehnten. Also, was unsauch in Zukunft wieder beschäftigen wird. Aberich nehme an, in dieser Legislaturperiode zumletzten Mal in dieser Runde. Ich bedanke michherzlich und schließe die Anhörung beziehungs-weise diese Sitzung.

Schluss der Sitzung: 16:20 UhrGr/Pr/Ru/Schn/Ri

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