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Eine Thrombose ist eine akute Erkrankung der Blutgefäße, die zu einem teilweisen oder vollständigen Verschluss des betroffenen Gefäßes führt. Besonders häufig kommen Thrombosen in den Venen der Beine vor. Zur Behandlung und Prophylaxe stehen verschiedene gerinnungshemmende Medikamente, sog. Antikoagulantien, zur Verfügung. Sehr häufig werden z. B. niedermolekulare Heparine einge- setzt, die in der Regel mit Hilfe von Fertigspritzen subkutan injiziert werden. Patienten können die Injektion auch selbst vornehmen, sofern sie ausreichend über die richtige und sichere Anwendung der Spritzen informiert wurden. In diesem Zusammenhang ist eine fachkundige Beratung in der Apotheke sehr wichtig. Diese zertifizierte Fortbildung vermittelt umfassendes Hintergrundwissen zu der Indikation Throm- bose und der Behandlung und Prophylaxe mit Antikoagulantien. Zudem erhalten Sie wichtige Hinweise zur Arzneimittelabgabe und der Beratung in der Apotheke. Die Fortbildung ist in 3 Lektionen gegliedert: In Lektion 1 wird die Indikation Thrombose inklusive wichtiger Risikofaktoren ausführlich behan- delt. Lektion 2 befasst sich mit der Thrombosetherapie und -prophylaxe, wobei der Fokus auf den besonders häufig angewendeten niedermolekularen Heparinen liegt. In Lektion 3 geht es schließlich um die Arzneimittelabgabe und Beratung in der Apotheke. LEKTION 1: Die Indikation Thrombose LEKTION 2: Thrombosetherapie und -prophylaxe LEKTION 3: Arzneimittelabgabe und Beratung in der Apotheke Am Ende der Fortbildung finden Sie ein Abkürzungsverzeichnis sowie ein Glossar der verwendeten Fachbegriffe. ZERTIFIZIERTE FORTBILDUNG THROMBOSE – Prophylaxe und Therapie venöser thromboembolischer Ereignisse mit Antikoagulantien 3 PUNKTE für Apotheker/PTAs Von der Apothekerkammer zertifiziert – 1 – 329663-026320

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Eine Thrombose ist eine akute Erkrankung der Blutgefäße, die zu einem teilweisen oder vollständigen Verschluss des betroffenen Gefäßes führt. Besonders häufig kommen Thrombosen in den Venen der Beine vor.

Zur Behandlung und Prophylaxe stehen verschiedene gerinnungshemmende Medikamente, sog. Antikoagulantien, zur Verfügung. Sehr häufig werden z. B. niedermolekulare Heparine einge-setzt, die in der Regel mit Hilfe von Fertigspritzen subkutan injiziert werden. Patienten können die Injektion auch selbst vornehmen, sofern sie ausreichend über die richtige und sichere Anwendung der Spritzen informiert wurden. In diesem Zusammenhang ist eine fachkundige Beratung in der Apotheke sehr wichtig.

Diese zertifizierte Fortbildung vermittelt umfassendes Hintergrundwissen zu der Indikation Throm- bose und der Behandlung und Prophylaxe mit Antikoagulantien. Zudem erhalten Sie wichtige Hinweise zur Arzneimittelabgabe und der Beratung in der Apotheke.

Die Fortbildung ist in 3 Lektionen gegliedert:

In Lektion 1 wird die Indikation Thrombose inklusive wichtiger Risikofaktoren ausführlich behan-delt. Lektion 2 befasst sich mit der Thrombosetherapie und -prophylaxe, wobei der Fokus auf den besonders häufig angewendeten niedermolekularen Heparinen liegt. In Lektion 3 geht es schließlich um die Arzneimittelabgabe und Beratung in der Apotheke.

LekTion 1: Die indikation Thrombose

LekTion 2: Thrombosetherapie und -prophylaxe

LekTion 3: Arzneimittelabgabe und Beratung in der Apotheke

Am Ende der Fortbildung finden Sie ein Abkürzungsverzeichnis sowie ein Glossar der verwendeten Fachbegriffe.

Z E R T I F I Z I E R T E F o R T B I L d u n G

– THromBose –Prophylaxe und Therapie venöser thromboembolischer ereignisse mit Antikoagulantien 3 PUnkTe

für Apotheker/PTAs

Von der Apothekerkammer

zertifiziert

– 1 –

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Z E R T I F I Z I E R T E F o R T B I L d u n G

– THromBose –Prophylaxe und Therapie venöser thromboembolischer ereignisse mit Antikoagulantien

– 2 –

LekTion 1: Die indikation Thrombose

einleitung1–5

Als Thrombose bezeichnet man die krankhafte Bildung eines Blutgerinnsels (Thrombus) in einem Blutgefäß.

Je nach Größe des Gerinnsels kann der Blutfluss in dem betroffenen Gefäß stark eingeschränkt oder auch ganz unterbrochen sein. Ein Thrombus oder Teile davon können sich auch von der Gefäßwand ablösen, in den Blutstrom gelangen und schließlich an einer anderen Stelle ein Blut-gefäß verstopfen. In diesem Fall spricht man von einer embolie.

da eine Embolie immer mit einer Thrombose einhergeht, wird häufig zusammenfassend von einer Thromboembolie oder thromboembolischen ereignissen gesprochen.

Je nachdem, ob eine Thrombose eine Arterie oder eine Vene betrifft, unterscheidet man zwischen arterieller und venöser Thrombose.

Arterielle Thrombosen entstehen bevorzugt an Stellen, an denen die Gefäßwand bereits be-schädigt ist, z. B. durch eine Arteriosklerose („Gefäßverkalkung“). Eine Thrombose infolge einer Arteriosklerose wird auch als Atherothrombose bezeichnet. die Verengung der Arterie führt zu einer Minderdurchblutung und somit zu einem Sauerstoffmangel in den umliegenden Geweben. Ist der Blutfluss stark eingeschränkt, können lebensbedrohliche Komplikationen wie ischämische Schlaganfälle, akutes Koronarsyndrom (ACS) oder die periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK) auftreten.

Häufiger sind venöse Thrombosen, was u. a. auf ein langsameres Fließen des Blutes in den Venen zurückzuführen ist. In dieser Fortbildung wird daher vorrangig das Krankheitsbild der Venen-thrombose bzw. venösen Thromboembolie (VTe) behandelt. Venenthrombosen kommen am häu-figsten in den Bein- und Beckenvenen vor (> 90 % der Fälle), aber auch Arm- und Schultervenen können betroffen sein. In seltenen Fällen kommen Thrombosen auch in anderen Bereichen wie etwa in Hirnvenen oder Venen der Bauchorgane vor.

Besonders gefährlich sind Thrombosen in den tiefen Beinvenen (tiefe Venenthrombose, TVT). Sie führen nicht nur zu einer Behinderung des Blutabflusses, sondern häufig auch zu Schädigun-gen der Venenklappen und damit zu chronischen Venenleiden. Außerdem neigen tiefe Venen-thrombosen zur Embolisierung in die Lunge (Lungenembolie, Le), was nicht selten tödlich endet.

Angaben in der Literatur zur Häufigkeit venöser Thromboembolien schwanken erheblich. Für die tiefe Venenthrombose wird eine jährliche Inzidenz von ca. 90 bis 130 Fällen pro 100.000 Einwoh-nern angenommen.1,7,8 die TVT-Rate steigt mit zunehmendem Lebensalter stark an: 20 bis 30 Fälle pro 100.000 Einwohner pro Jahr bei 30–49-Jährigen, ca. 200 Fälle pro 100.000 Einwohner pro Jahr bei einem Alter über 70 Jahre.8

Zur Behandlung thromboembolischer Ereignisse werden gerinnungshemmende Medikamente, sog. Antikoagulantien, eingesetzt. Häufig kommen Antikoagulantien auch prophylaktisch zum Einsatz, wenn es also noch nicht zu einer Thrombose gekommen ist, aber aufgrund vorliegender Risikofaktoren eine erhöhte Thrombosegefahr besteht.

Zum besseren Verständnis der Entstehung, Behandlung und Prophylaxe einer Thrombose werden im Folgenden zunächst die Prozesse der Blutstillung, zu denen auch die Blutgerinnung gehört, besprochen.

Ein thromboembolisches Ereignis bezeichnet den Verschluss eines Blut-gefäßes durch einen

Thrombus oder Embolus.

Arterielle Thrombosen entstehen häufig infolge

einer Arteriosklerose.

Venöse Thrombosen kommen am häufigsten

in den Bein- und Beckenvenen vor.

Zur Prophylaxe und Thera-pie thromboembolischer

Ereignisse werden Antiko-agulantien eingesetzt.

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Prophylaxe und Therapie venöser thromboembolischer ereignisse mit Antikoagulantien

– 3 –

Die Blutstillung5,6,9,10

die Blutstillung (Hämostase) ist ein lebensnotwendiger Prozess, der den Körper bei Verletzungen vor größeren Blutverlusten bewahrt. die Blutstillung wird sofort in Gang gesetzt, wenn es in einem Blutgefäß zu Schädigungen der Gefäßwand (Gefäßendothel) kommt und führt über ver-schiedene Reaktionen zu einem schnellen Verschluss der Wunde.

Primäre Hämostase

Infolge einer Schädigung des Gefäßendothels kommt das Blut mit dem umliegenden Bindegewebe in Berührung. das Bindegewebe enthält Kollagenfasern, an die sich die Blutplättchen (Throm-bozyten) des Blutes sofort anheften. diesen Prozess bezeichnet man als Thrombozytenadhäsion. die Adhäsion erfolgt über ein als Von-Willebrand-Faktor (vWF) bezeichnetes Protein, das eine molekulare Brücke zwischen den Kollagenfasern und einem entsprechenden Rezeptorkomplex (GP Ib) der Thrombozytenmembran bildet.

Gleichzeitig erfolgt eine Aktivierung der Blutplättchen (Thrombozytenaktivierung), die dazu führt, dass sich die Blutplättchen am ort der Verletzung dicht zusammenlagern (Thrombozytenaggre-gation). die Aktivierung der Thrombozyten zeigt sich in einer starken morphologischen Verände-rung: Anstelle der sonst flachen Gestalt nehmen sie im aktivierten Zustand eine kugelige Form an und bilden lange Fortsätze (Pseudopodien, Scheinfüßchen) aus, über die sie sich miteinander verhaken. Über die Ausschüttung verschiedener Substanzen (AdP, Thromboxan) wird die Aggre-gation der Thrombozyten verstärkt und es werden weitere Thrombozyten angelockt, die sich dem Aggregat ebenfalls anlagern.

die Thromobozytenaggregation ist zunächst reversibel; durch Aktivierung des Blutgerinnungs-systems (siehe unten) werden aber die Substanzen Fibrin und Thrombin gebildet. diese bewirken eine Vernetzung und Verschmelzung der aggregierten Thrombozyten, wodurch ein irreversibler Thrombozytenpfropf entsteht („weißer Thrombus“), der die Wunde vorerst verschließt. die pri-märe Hämostase führt schon nach 1–3 Minuten zu einer vorläufigen Blutstillung (Blutungszeit).

der aus den Thrombozyten gebildete Wundpfropf allein kann die Verletzung der Gefäßwand jedoch nicht dauerhaft verschließen. dazu bedarf es der sog. Blutgerinnung, bei der der Throm-bozytenpfropf in einen stabileren Blutpfropf („roter Thrombus“) umgewandelt wird.

sekundäre Hämostase

Schon während der primären Hämostase wird das Blutgerinnungssystem in Gang gesetzt.

die Blutgerinnung führt über verschiedene Reaktionen zur Ausbildung von Fibrinfäden, die den Wundpfropf wie ein netz durchziehen und sich um ihn herum ablagern, wobei neben Thrombo-zyten auch rote Blutkörperchen (erythrozyten) eingeschlossen werden. Es entsteht ein „roter Thrombus“, der die Wunde fest verschließt.

Bei dem Gerinnungsprozess handelt es sich um eine enzymkaskade, die über plasmatische Gerinnungsfaktoren vermittelt wird. Gerinnungsfaktoren sind inaktive Proenzyme, die durch eine proteolytische Spaltung in die aktive Form übergehen. die verschiedenen Gerinnungsfaktoren werden mit römischen Ziffern bezeichnet, wobei ein Zufügen des Buchstaben „a“ die jeweils aktivierte Form kennzeichnet (Tab. 1). die aktivierten Formen wirken entweder selbst als pro-teolytisches Enzym (Protease) oder als Co-Faktor einer anderen Protease. Solche Co-Faktoren sind die Gerinnungsfaktoren I, V und VIII. die Gerinnungsfaktoren werden überwiegend in der

Bei einer Schädigung des Gefäßendothels wird die Blutstillung in Gang

gesetzt.

Mit der Blutgerinnung wird ein roter Thrombus gebildet, der die Wunde

fest verschließt.

Die primäre Hämostase führt schnell zu einer

vorläufigen Blutstillung.

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Z E R T I F I Z I E R T E F o R T B I L d u n G

– THromBose –Prophylaxe und Therapie venöser thromboembolischer ereignisse mit Antikoagulantien

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Farbkodierung

Dunkelblau = inaktive Profaktoren

rot = aktivierte Faktoren mit enzymatischer Aktivität

Hellblau = Komplexe, die im Aktivierungsprozess mitwirken

rote Pfeile = enzymatisch aktivierte Vorgänge

Blaue Pfeile = umwandlungsreaktionen

Leber gebildet, zum Teil ist die Synthese Vitamin-K-abhängig (Faktor II, VII, IX und X). Mit Hilfe bestimmter Arzneimittel lässt sich die Wirkung von Vitamin K und damit die Gerinnung hemmen

(siehe Kapitel „Antikoagulantien“).

Die Gerinnungskaskade

Von zentraler Bedeutung für die Bildung von Thrombin und Fibrin ist der aktivierte Faktor Xa.

der Faktor X kann über ein exogenes und über ein endogenes System aktiviert werden (Abb. 1).

die exogene Aktivierung erfolgt über sog. Gewebethromboplastin aus verletztem Gewebe, welches den Faktor VII aktiviert. Im aktivierten Zustand bildet der Faktor VIIa mit Ca2+ und Phos-pholipiden einen Komplex, über den wiederum der Faktor X aktiviert wird.

die endogene Aktivierung erfolgt über den Fak-tor XII. dieser wird an negativ geladenen ober-flächen wie Kollagen oder Elastin in Gegenwart von Kallikrein und hochmolekularem Kininogen aktiviert. In der Folge werden die Faktoren XI und IX aktiviert. der aktivierte Faktor IXa bildet mit Ca2+ und Phospholipiden ebenfalls einen Komplex, der zur Aktivierung des Faktors X führt. der aktivierte Faktor Xa bildet zusammen mit Faktor V, Phospolipiden und Ca2+ einen als Prothrombinase bezeichneten Enzymkomplex, der inaktives Prothrombin in aktives Thrombin überführt.

Es folgt die Koagulationsphase, in der das Thrombin aus Fibrinogen niedermolekulare Peptide abspaltet. Es entstehen Fibrinbausteine (Fibrinmonomere), die sich zu einem Fibrin-polymer zusammenlagern. durch Wirkung des Faktors XIII, der durch Thrombin aktiviert wird, kommt es zur Bildung kovalenter Bindungen, so dass stabile Fibrinfäden entstehen.

Die Blutgerinnung verläuft über eine Enzym-kaskade, an der verschie-dene Gerinnungsfaktoren

beteiligt sind. Faktor Bezeichnung

I FibrinogenII ProthrombinIII GewebsthromboplastinIV Ca2+

V ProaccelerinVII ProconvertinVIII Antihämophiles Globulin A (Von-Willebrand-Faktor)IX Antihämophiles Globulin B (Christmas-Faktor)X Stuart-Prower-FaktorXI Plasma-Thromboplastin-AntecedentXII Hageman-FaktorXIII Fibrinstabilisierender Faktor

Tab. 1: die Gerinnungsfaktoren

Abb. 1: Gerinnungskaskade und Fibrinolyse [aus 9]

Präkallikretin kallikretin

Xiia

Xia

Viia iXa

XaX

iX

Xi

Viii

Xii

Ca2-Viia-P-Lip P-Lip-Ca2-iXa-Viiia

exogene Aktivierung

Gewebsläsion

Ca2+

Gewebe- thrombo-

plastin

negativ-oberflächenhochmolekulares

Kininogen

endogene Aktivierung

Vii

Fibrinbildung

Fibrinolyse

Xiia

Fibrin- monomer

ii Prothrombin

Fibrinogen

Fibrinopeptide

Xii

Kalikretin, urokinase

Plasminogen Plasmin

Komplex

Streptokinaselösliche

Spaltprodukte

P-Lip-Ca2-Xa-Va V

iia Thrombin

vernetztes Fibrin

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Prophylaxe und Therapie venöser thromboembolischer ereignisse mit Antikoagulantien

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die Fibrinfäden verbinden sich über einen Membranrezeptor (Glykoprotein IIb/IIIa) mit den Thrombozyten des Thrombozytenthrombus (Abb. 2).

das in der Gerinnungskaskade gebildete Throm-bin fördert nicht nur die Bildung von Fibrin und darüber die Aggregation der Thrombozyten, son- dern bewirkt auch eine Aktivierung des kontrak- tionssystems der Thrombozyten des Wund-pfropfs: Thrombozyten verfügen über ein kon-traktiles Protein (Thrombosthenin) und können sich daher kontrahieren. die sich zusammenzie-henden Thrombozyten ziehen an dem netz aus Fibrinfäden, so dass das Thrombusvolumen stark verringert wird (retraktion). dadurch erlangt der Thrombus eine hohe Festigkeit und die Ver-letzung wird fest verschlossen. die sekundäre Hämostase verläuft langsamer als die primäre und ist nach etwa 5–7 Minuten abgeschlossen (Gerinnungszeit).

normalerweise wird der Thrombus durch kör-pereigene Gerinnungshemmer auf den Bereich der Wunde beschränkt und langfristig im Rahmen

des Heilungsprozesses wieder abgebaut. die natürliche Thrombusbildung im Rahmen der Blut-stillung verursacht demnach in der Regel keine Komplikationen.

Fibrinolyse

durch die sog. Fibrinolyse kommt es im Verlauf der Wundheilung zur Auflösung des Fibrinnetzes und somit des Blutgerinnsels.

dies erfolgt mit Hilfe von Plasmin – einem Enzym, das neben Fibrin auch die Faktoren V und VIII sowie die Fibrin-Vorstufe Fibrinogen spaltet. Plasmin liegt im Blutplasma normalerweise in der inaktiven Vorstufe Plasminogen vor. dieses kann auf zweierlei Wegen aktiviert werden: Sog. Gewebsaktivatoren wandeln Plasminogen direkt in Plasmin um, Blutaktivatoren hingegen benötigen die Einwirkung von Proaktivatoren wie z. B. Faktor XIIa.

das aktivierte Enzym Plasmin spaltet das unlösliche Fibrin in lösliche Spaltprodukte, wodurch der Thrombus zerfällt.

Hemmstoffe des Gerinnungssystems

das Blutplasma enthält verschiedene Gerinnungshemmstoffe, die an unterschiedlichen Stellen der Gerinnungskaskade einsetzen. die wichtigsten Gerinnungshemmer sind Antithrombin iii sowie Protein C und Protein s.

Antithrombin iii hemmt durch Komplexbildung verschiedene an der Gerinnung beteiligte Faktoren, vor allem Thrombin (Faktor IIa) und Faktor X. durch die Komplexbildung mit Antithrombin III wird die proteolytische Aktivität der Gerinnungsfaktoren und damit die Gerinnungskaskade gehemmt.

Bei der Blutgerinnung werden stabile Fibrin-

fäden gebildet, die sich mit den Thrombozyten des

Thrombus verbinden.

Im Verlauf der Wund- heilung wird der Throm-

bus wieder aufgelöst (=Fibrinolyse)

Körpereigene Gerinnungs-hemmer wirken der

Blutgerinnung entgegen.

Abb. 2: Wundverschluss durch Fibrinbildung

Haut- verletzung

Blutgefäß

Blutgerinnsel (Thrombus)Fibrinfäden

Blutplättchen (Thrombozyten)

rote Blutkörperchen (Erythrozyten)

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Z E R T I F I Z I E R T E F o R T B I L d u n G

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die hemmende Wirkung von Antithrombin III kann durch einen körpereigenen Antithrombin-Aktivator, das Heparin, erheblich verstärkt werden. Heparin wird daher auch therapeutisch zur Hemmung der Blutgerinnung eingesetzt (siehe Kapitel „Antikoagulantien“).

Protein C ist ein Vitamin-K-abhängiges Proenzym, das durch Thrombin aktiviert wird. Aktiviertes Protein C hemmt durch Proteolyse mit Protein s als Co-Faktor u. a. den Faktor Va.

Gerinnungsfördernde und gerinnungshemmende Prozesse im Gleichgewicht

Auch in intakten Gefäßen finden ständig Gerinnungsprozesse statt und es wird in kleinen Men-gen Fibrin gebildet. normalerweise befinden sich diese Reaktionen aber im Gleichgewicht mit den Prozessen der Gerinnungshemmung und der Auflösung von Gerinnseln, so dass es nicht zur Thrombusbildung kommt. nur wenn infolge einer Verletzung das Gerinnungssystem zusätzlich aktiviert wird, kommt es an der betroffenen Stelle zum Überwiegen der Blutgerinnung, so dass ein Thrombus gebildet wird, der die Wunde verschließt. dieser bleibt normalerweise auf den ort der Verletzung beschränkt und wird während der Wundheilung wieder aufgelöst.

Allerdings kann es auch zu einer krankhaften Bildung eines Blutgerinnsels kommen; in diesem Fall spricht man von einer Thrombose. da die Blutgerinnung an sich ein natürlicher und wichtiger Prozess ist, kann man die Thrombose auch als „Blutgerinnung am falschen ort“ bezeichnen.

entstehung einer Thrombose3–6,10

Als Thrombose bezeichnet man die krankhafte Bildung eines Blutgerinnsels (Thrombus) in einem Blutgefäß. dazu kann es kommen, wenn die natürlichen Prozesse der Blutgerinnung und Gerin-nungshemmung bzw. die Auflösung von Blutgerinnseln aus dem Gleichgewicht geraten und die Blutgerinnung überwiegt, obwohl keine Verletzung der Gefäßwand vorliegt. dann kann sich ein krankhafter Thrombus bilden, der an der Gefäßwand haften bleibt und das Gefäß teilweise oder sogar ganz verschließt.

eXkUrs: Herabgesetzte Blutgerinnung

die Prozesse der Blutgerinnung können auch dahingehend aus dem Gleichgewicht geraten, dass gerinnungshemmende Prozesse überwiegen. dies kann ebenfalls zu Krankheitsbildern führen; ein bekanntes Beispiel ist die sog. Bluterkrankheit (Hämophilie). Hier führt ein erblicher Mangel an Faktor VIII oder Faktor IX zu einer herabgesetzten Blutgerinnung, so dass eine Wunde im Falle einer Verletzung lange weiterblutet. Zudem kommt es bereits infolge ganz natürlicher Bewegungen zu wiederkehrenden Blutungen in allen Gelenken, die mit der Zeit zu Gelenkversteifungen führen (Hämarthrose).

Umstände, die zu einer Thrombose führen können (Virchow-Trias)

Eine Störung des Gleichgewichts von Blutgerinnung und Gerinnungshemmung bzw. Auflösung von Blutgerinnseln kann verschiedene ursachen haben. Meist ist nicht ein Faktor allein der Auslöser einer Thrombose, sondern eine Kombination aus mehreren.

Von einer Thrombose spricht man nur bei einer krankhaften Bildung von

Blutgerinnseln.

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Prophylaxe und Therapie venöser thromboembolischer ereignisse mit Antikoagulantien

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Bei der Entstehung einer Thrombose spielen im Wesentlichen drei umstände eine Rolle (Virchow-Trias, Abb. 3, Abb. 4):

1. ein gestörter Blutfluss 2. Gefäßwandschäden 3. eine erhöhte Gerinnungsneigung

Gestörter Blutfluss

Bei eingeschränkter Mobilität führt der ver-minderte Einsatz der Muskelpumpen zu einer Verlangsamung des Blutflusses in den Venen, wodurch gerinnungsfördernde Prozesse be-günstigt werden. diese Gefahr besteht insbe-sondere bei Bettlägerigkeit, z. B. nach opera-tionen oder bei akuten Erkrankungen. dies gilt auch für Patienten, die einzelne Körperteile nicht bewegen können, z. B. aufgrund eines Gipsverbandes oder nach einem Schlaganfall. Aber auch eine nur einige Stunden andauernde eingeschränkte Mobilität, z. B. während eines Langstreckenfluges, kann zu einer bedeutenden Störung des Blutflusses führen.

Eine Verlangsamung der Blutströmung kann auch auftreten, wenn eine Vene von außen eingeengt wird, z. B. durch einen Tumor oder einen Bluterguss. Außerdem kann die Einnahme entwässernder Medikamente (diuretika) zu Störungen des Blutflusses führen.

die Blutströmung kann auch aufgrund einer vorangegangenen Thrombose verlangsamt sein, wenn Reste eines Thrombus innerhalb der Vene verbleiben und diese damit einengen.

Gefäßwandschäden

Gefäßwandschäden, z. B. infolge von Verletzung, führen zu einer Beeinträchtigung der Funktion der Gefäßwände. Aber auch Entzündungen, bestimmte Stoffwechselerkrankungen wie etwa diabetes mellitus sowie Medikamente, die das Endothel reizen, können zu Veränderungen der Gefäßwände und damit zu Beeinträchtigungen der Gefäßwandfunktion führen. dadurch werden gerinnungsfördernde Prozesse verstärkt, so dass es schließlich zur Thrombose kommen kann.

erhöhte Gerinnungsneigung

Angeborene oder erworbene Gerinnungsstörungen können zu Veränderungen der Konzentration oder Aktivität von Gerinnungsfaktoren führen. Folge ist ein ungleichgewicht in den natürlichen Gerinnungsvorgängen und damit eine erhöhte neigung zur Bildung von Blutgerinnseln (Throm-bophilie, siehe unten). Solche Gerinnungsstörungen können angeboren sein, aber auch durch verschiedene Erkrankungen (z. B. Krebs oder Infektionserkrankungen) hervorgerufen werden.

Abb. 3: das Virchow-Trias

Ein verlangsamter Blutfluss begünstigt gerinnungsfördernde

Prozesse.

Angeborene oder erwor-bene Gerinnungsstörun-gen können eine erhöhte

Gerinnungsneigung bewirken.

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Z E R T I F I Z I E R T E F o R T B I L d u n G

– THromBose –Prophylaxe und Therapie venöser thromboembolischer ereignisse mit Antikoagulantien

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Auch die Einnahme von Hormon-präparaten ist ein Risikofaktor. Insbesondere Östrogene („Anti-Baby-Pille“, Hormonersatztherapie bei Beschwerden der Wechsel-jahre) fördern die Blutgerinnung.

Auch während einer Schwanger-schaft ist das Thromboserisiko auf- grund des veränderten Hormon-haushaltes erhöht. Hinzu kommt

insbesondere in den letzten Schwangerschaftsmonaten ein erhöhter druck der Gebärmutter auf die Venen im Becken.

Thromboserisiko1,3–6,11

Meist ist es nicht ein alleiniger Faktor, der zur Entstehung einer Thrombose führt, sondern ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren. Bei einer operation etwa werden Blutgefäße verletzt, was die Gefäßwandfunktion beeinträchtigt und die Blutgerinnung aktiviert. Zudem ist der Patient nach der operation für eine gewisse Zeit bettlägerig, wodurch der Blutfluss gestört wird. In die-sem Zusammenhang spielt immer auch die individuelle Veranlagung eine wichtige Rolle. Liegt eine erhöhte neigungzur Gerinnselbildung (Thrombophilie) vor, können anscheinend harmlose Situationen, wie längeres Sitzen z. B. während einer Flugreise oder eine kurzzeitige Bettlägerigkeit aufgrund einer akuten Erkrankung, ein relevantes Thromboserisiko bedeuten.

risikofaktoren für venöse Thrombosen

Bei der Beurteilung des Thromboserisikos unterscheidet man das Basisrisiko vom Akutrisiko (Tab. 2).

das Basisrisiko, auch dispositionelles risiko genannt, umfasst angeborene und erworbene, personenbezogene Faktoren und besteht ohne den Eintritt eines akuten Ereignisses.

das Akutrisiko, auch als expositionelles risiko bezeichnet, hingegen entsteht erst durch ein akutes Ereignis oder dessen Behandlung, z. B. ein operativer Eingriff oder eine akute Erkrankung mit Immobilisation.

Basisrisiken für eine Thrombose

Anti-Baby-Pille oder spezielle Hormongabe nach den Wechseljahren

Thrombose/Embolie in der Vorgeschichte

Thrombose/Embolie bei nahen Verwandten

Angeborene oder erworbene Thromboseneigung (Thrombophilie)

Alter > 75 Jahre

Übergewicht

Krebserkrankung in der Vorgeschichte

Akutrisiken für eine Thrombose

Immobilität (Bettlägerigkeit, Gips, Beinschiene, akute Lähmung z. B. nach Schlaganfall)

operation, Verletzung

Schwangerschaft

Aktive Krebserkrankung

Schwere akute Infektion (z. B. Lungenentzündung)

Akute Herzmuskelschwäche

Erkrankungen, die mit starkem Flüssigkeitsverlust einhergehen (z. B. starke durchfälle)

Tab. 2: Risikofaktoren für eine Thrombose

Eine Thrombose entsteht häufig durch das

Zusammenspiel mehrerer Risikofaktoren.

Das Thromboserisiko ergibt sich aus der

Summe von dispositionel-len und expositionellen

Risikofaktoren.

Abb. 4: Entstehung einer Thrombose

normaler Blutfluss

gestörter Blutfluss Thrombus

Gefäßwand-schaden

rote Blut- körperchen

Blut- plättchenFibrin

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Prophylaxe und Therapie venöser thromboembolischer ereignisse mit Antikoagulantien

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das Gesamtrisiko ergibt sich aus der Kombination beider Risikokategorien. die aktuelle s3-Leitlinie „Prophylaxe der venösen Thromboembolie (VTe)“ empfiehlt zur Einschätzung des Risikos auf Basis von dispositionellen und expositionellen Risikofaktoren eine Einteilung in drei risikogruppen vorzunehmen: niedrig, mittel und hoch.1 nach diesen Risikogruppen sollen sich Art und umfang der VTE-Prophylaxe richten. Tab. 3 zeigt beispielhafte Risikokategorien für internistische Patienten. Wie hoch das Thromboserisiko infolge einer akuten Erkrankung oder operation ohne eine Pro-phylaxe ist, zeigt Tab. 4.

Tab. 4: Häufigkeiten tiefer Venenthrombosen ohne Prophylaxe [Quelle: 1]

Patientengruppe Prävalenz von TVT

Innere Medizin 10–20 %Allgemeinchirurgie 15–40 %Große gynäkologische Eingriffe 15–40 %Große urologische Eingriffe 15–40 %neurochirurgie 15–40 %Schlaganfall 20–50 %Hüft- oder Kniegelenkersatz 40–60 %Hüftfrakturen 40–60 %Multiples Trauma 40–80 %Rückenmarksverletzung 60–80 %Intensivmedizin 10–80 %

Tab. 3: Beispielhafte Risikokategorien

risikofaktoren für arterielle Thrombosen

da arterielle Thrombosen bevorzugt an Stellen entstehen, an denen die Gefäßwand bereits beschädigt ist, z. B. durch eine Arteriosklerose, sind hier vor allem Risiko-faktoren zu nennen, die derartige Gefäß-wandschäden begünstigen. dazu zählen vor allem Bluthochdruck, erhöhte Blutfettwerte, Rauchen, Bewegungsmangel, Übergewicht, Stress und eine genetische Veranlagung.

• Schlaganfall mit Beinparese • Akut dekompensierte, schwere CoPd mit Beatmung• Akute Herzinsuffizienz (nYHA III/IV)• Akut dekompensierte, schwere CoPd ohne Beatmung• Infektion oder akutentzündliche Erkrankung mit strikter Bettlägerigkeit• Infektion oder akutentzündliche Erkrankung ohne Bettlägerigkeit

Gesamtrisiko bei internistischen Patienten

expo

sitio

nelle

s ri

siko

Dispositionelles risiko

Anmerkung: die Leitlinie macht keine Aussage zur Addi-tivität der dispositionellen Risikofaktoren.1 Assoziationen, für die sich stetige Risiko- Wirkungs-Beziehungen ermitteln ließen.2 Z. B. Antiphospholipidsyndrom, Anti- thrombin-, Protein-C- oder -S-Mangel, APC-Resistenz/Faktor-V-Leiden-Mutation, thrombophiler Prothrombinpolymorphis- mus, u. a.3 dieser dispositionelle Risikofaktor kann auch als expositioneller Risikofaktor auftreten bzw. angesehen werden.

HoCH

HoCH

miTTeL

•Alter > 60 Jahre1

•VTE bei Verwandten 1. Grades•Chron. Herzinsuffizienz1

•Z. n. Herzinfarkt1,3

•Adipositas (BMI > 30 kg/m2)1

•Kontrazeption/Hormon- ersatztherapie/Tumor- behandlung mit Sexual- hormonen (substanz- spezifisch gering bis hoch)

HoCH

HoCH

miTTeL

• TVT/LE i. d. Anamnese• Thrombophilie2 (art- spezifisch gering bis hoch)• Tumorerkrankung1,3 (mittel bis hoch)

HoCH

miTTeL

nieDriG

•Schwangerschaft/p.p.•nephrotisches Syndrom•Stark ausgepr. Varikosis

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Z E R T I F I Z I E R T E F o R T B I L d u n G

– THromBose –Prophylaxe und Therapie venöser thromboembolischer ereignisse mit Antikoagulantien

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Thrombophilie5,6,12

Von Thrombophilie spricht man, wenn aufgrund von Veränderungen im Blutgerinnungssystem eine neigung zur Bildung von Thromben vorliegt. Hier kommen Änderungen in der Konzentration und/oder Aktivität der Gerinnungsfaktoren sowie der Hemmstoffe der Gerinnung in Betracht. die Veränderungen können erworben oder angeboren sein.

Menschen mit einer angeborenen neigung zur Thrombenbildung entwickeln nicht zwangsläufig eine Thrombose. Ein Thrombus entsteht auch bei ihnen in der Regel nur dann, wenn zu der Thrombophilie weitere Risikofaktoren hinzukommen. Sie entwickeln jedoch leichter eine Throm-bose als Menschen ohne Gerinnungsstörung.

Bei mind. 70 % aller Patienten mit nachgewiesener Thrombose findet sich auch eine Thrombo-philie. In Europa besitzen ca. 10 % der Bevölkerung eine angeborene Thrombophilie. Es handelt sich also um eine häufige Störung des Gerinnungssystems. Für Betroffene ist es wichtig zu wis-sen, dass sie eine neigung zu Thrombenbildung besitzen. denn eine Thrombophilie kann leicht zu thromboembolischen Ereignissen führen. Zudem kann es auch zu Schwangerschaftskompli-kationen bzw. Fehl- und Frühgeburten kommen.

Eine angeborene Gerinnungsstörung ist auf eine Veränderung des Erbguts zurückzuführen. Für die Beurteilung des Thromboserisikos ist es wichtig, ob die Mutation bei beiden Chromosomen eines Chromosomenpaares vorliegt (homozygote Merkmalsträger) oder nur bei einem (heterozy-gote Merkmalsträger). da Gerinnungsstörungen dominant vererbt werden, wird die Thrombophilie auch bei heterozygoten Merkmalsträgern ausgeprägt. Bei homozygoten Merkmalsträgern ist das Risiko für thromboembolische Ereignisse allerdings im Allgemeinen höher.

Ein homozygoter Träger wird zudem die Krankheit in jedem Fall an seine nachkommen weiter-geben. Bei heterozygoten Merkmalsträgern ist die Wahrscheinlichkeit entsprechend 50 %.

Eine Gerinnungsstörung muss nicht genetisch bedingt sein, sie kann auch im Laufe des Lebens erworben werden. In diesem Fall ist sie nicht erblich.

Thrombosebegünstigende Gerinnungsstörungen

Im Folgenden werden die wichtigsten Gerinnungsstörungen besprochen, die zu einer erhöhten Gerinnungsneigung führen und damit die Entstehung einer Thrombose begünstigen.

Faktor-V-Leiden-mutation (APC-resistenz)

die Faktor-V-Leiden-mutation ist der häufigste Gerinnungsdefekt, der zu einer erhöhten Gerin-nungsneigung führt. der name geht auf die niederländische Stadt Leiden, in der die ursache für diese Störung entdeckt wurde, und den von dem defekt betroffenen Gerinnungsfaktor V zurück.

Bei dieser Störung ist das Chromosom nr. 1 von einer Mutation betroffen, die dazu führt, dass der Gerinnungshemmstoff APC (aktiviertes Protein C) nicht mehr ausreichend an den Faktor V binden kann, was man auch als Resistenz gegen aktiviertes Protein C (APC-resistenz) bezeichnet. Folglich wird der Faktor V nicht ausreichend deaktiviert und das Gleichgewicht zwischen gerinnungsför-dernden und gerinnungshemmenden Prozessen verschiebt sich in Richtung Blutgerinnung.

Je nachdem, ob die Mutation heterozygot oder homozygot vorliegt und ob weitere Risikofaktoren hinzukommen, kann eine regelmäßige medikamentöse Behandlung notwendig sein.

Eine erhöhte Gerinnungs-neigung (=Thrombophilie)

kann angeboren oder erworben sein.

Die Faktov-V-Leiden-Mutation ist die häufigste Gerinnungsstörung, die zu

einer erhöhten Gerin-nungsneigung führt.

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Prophylaxe und Therapie venöser thromboembolischer ereignisse mit Antikoagulantien

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Prothrombin-mutation

Bei der Prothrombin-mutation, bei der das Chromosom nr. 11 von einer Mutation betroffen ist, handelt es sich um den zweithäufigsten thrombophilen Gendefekt. Er tritt teilweise auch in Kom-bination mit der Faktor-V-Leiden-Mutation auf. die Prothrombin-Mutation führt dazu, dass der Gerinnungsfaktor II, der auch als Prothrombin bezeichnet wird, vermehrt gebildet wird und es somit leichter zur Blutgerinnung kommt.

Wie bei der Faktor-V-Leiden-Mutation ist abhängig vom Vorliegen einer homo- oder heterozygoten Form und weiteren Risikofaktoren eine regelmäßige medikamentöse Behandlung erforderlich.

Dauerhaft erhöhte Faktor-Viii-Aktivität

Während ein Mangel des Gerinnungsfaktors VIII die Blutgerinnung herabsetzt (Bluterkrankheit, Hämophilie), führt eine erhöhte Aktivität zu einer erhöhten Gerinnungsneigung.

Eine vorübergehend erhöhte Konzentration des Faktors VIII tritt häufig in Zusammenhang mit einer Schwangerschaft, einer Infektions- oder Krebserkrankung sowie nach einer operation auf.

Wie es zu einer dauerhaften Erhöhung der Faktor-VIII-Aktivität kommt, ist noch nicht geklärt.

mangel an Gerinnungshemmstoffen (Antithrombin, Protein C, Protein s)

ursache für eine Thrombophilie kann ein mangel an Hemmstoffen der Gerinnung sein. Eine ver- minderte Konzentration an Antithrombin, Protein C oder Protein S kann vorübergehend z. B. durch Infektionen, operationen oder bei einer Schwangerschaft auftreten. Solch ein Mangel kann aber auch angeboren sein und insbesondere in Zusammenhang mit weiteren Risikofaktoren die Wahrscheinlichkeit thromboembolischer Ereignisse erhöhen.

das Risiko für thromboembolische Ereignisse ist einerseits davon abhängig, welcher Hemmstoff fehlt. Antithrombin ist ein starker Gerinnungshemmstoff und ein Mangel führt daher zu einem höheren Thromboserisiko als ein Protein-C- oder Protein-S-Mangel. Andererseits ist das Throm-boserisiko vom Ausmaß des Mangelzustandes abhängig. Bei heterozygoten Merkmalsträgern ist die Aktivität des Hemmstoffes in der Regel etwa auf die Hälfte reduziert. Ein homozygoter Zu- stand würde ein komplettes Fehlen des Hemmstoffs bedeuten, was mit dem Leben in der Regel nicht vereinbar ist.

Antiphospholipid-Antikörper-syndrom

die ursache dieser erworbenen Gerinnungsstörung ist nicht gänzlich geklärt. Es handelt sich offenbar um eine Autoimmunerkrankung, bei der sog. Antiphospholipid-Antikörper gebildet werden, die sich gegen körpereigene Proteine, darunter auch Gerinnungsproteine, richten. Auch Proteine der Zellmembrane des Gefäßendothels können angegriffen werden, was wiederum eine erhöhte Gerinnungsneigung mit sich bringt (siehe Virchow-Trias).

das Risiko für immer wieder auftretende thromboembolische Ereignisse ist bei Vorliegen eines Antiphospholipid-Antikörper-Syndroms sehr hoch, so dass Betroffene häufig langfristig gerin-nungshemmende Medikamente nehmen müssen.

Tab. 5 gibt einen Überblick über die Häufigkeit der verschiedenen Thrombophilien sowie das damit verbundene Risiko für eine Thromboembolie.

Ursache für eine Throm-bophilie kann auch ein Mangel an Gerinnungs-

hemmstoffen sein.

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Z E R T I F I Z I E R T E F o R T B I L d u n G

– THromBose –Prophylaxe und Therapie venöser thromboembolischer ereignisse mit Antikoagulantien

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Tab. 5: Häufigkeit und thromboembolisches Risiko bei Thrombophilie [Mod. nach Quelle 12]

Thrombophilie

Faktor-V-Leiden (heterozygot)

Faktor-V-Leiden (homozygot)

Prothrombin-Mutation (heterozygot)

dauerhaft erhöhte Faktor-VIII-Aktivität

Protein-C-Mangel

Protein-S-Mangel

Antithrombin-Mangel

Antiphosholipid- Antikörper-Syndrom

Anteil an normal- bevölkerung in %

5

0,02

3

11

0,4

0,7–2,3

0,1

1–5

Anteil an Patienten mit venöser Thrombose in %

19–40

3

7–16

25

2–5

1–7

1–3

2–10

risiko für eine Thrombose/embolie

7-fach erhöht

40-fach erhöht

3-fach erhöht

5-fach erhöht

7–10-fach erhöht

5–11-fach erhöht

4–50-fach erhöht

5–10-fach erhöht

symptome und mögliche Folgen einer Thrombose3-6

eine Thrombose führt nicht immer zu komplikationen. In manchen Fällen kann der Körper sich selbst helfen und den vorhandenen Thrombus ganz oder teilweise wieder auflösen. dann kommt es oft zu keinerlei Symptomen, so dass der Betroffene das Blutgerinnsel gar nicht bemerkt.

Bleibt der Thrombus jedoch an der Gefäßwand bestehen, kann er größer werden und somit das Blutgefäß zunehmend verschließen. dadurch wird der Blutfluss immer weiter verlangsamt und schließlich ganz unterbrochen. der Verschluss kann oft zum Teil umgangen werden, indem der Blutfluss über kleinere, umliegende Gefäße läuft. Gleichzeitig findet ein langsamer Abbau des Gerinnsels statt, so dass das verschlossene Gefäß im Idealfall nach einiger Zeit wieder geöffnet wird. Zudem können über die Gefäßwand umbauprozesse stattfinden, die eine Schrumpfung des Thrombus bewirken, so dass der durchfluss des Blutes wieder ermöglicht wird.

Leider greifen diese körpereigenen schutz- bzw. reparaturmechanismen nicht immer ausrei-chend, so dass aus der krankhaften Bildung eines Blutgerinnsels häufig Folgeschäden resultieren.

Je nachdem, ob die Thrombose eine Arterie oder eine Vene betrifft, wird der Blutfluss zu den organen und Geweben oder der Rückfluss zum Herzen gestört.

Wird eine Arterie durch einen Thrombus teilweise oder sogar ganz verschlossen, wird die Ver- sorgung des umliegenden Gewebes mit Sauerstoff und nährstoffen vermindert oder sogar ganz unterbrochen. das betroffene Gewebe wird kalt und blass. Infolge des Gefäßverschlusses und der resultierenden Gewebeunterversorgung kann es zu lebensbedrohlichen Komplikationen wie einem ischämischen Schlaganfall, dem akuten Koronarsyndrom (ACS) oder der peripheren arte-riellen Verschlusskrankheit (PAVK) kommen.

Typische symptome einer arteriellen Thrombose:

• Schmerzen und Engegefühl in der Brust • Atemnot • Schmerzen beim Gehen • Vorübergehende Lähmungen • Seh- und Sprachstörungen • Schwindel und Bewusstseinsstörungen

Eine Thrombose kann auch ohne Symptome

verlaufen.

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Prophylaxe und Therapie venöser thromboembolischer ereignisse mit Antikoagulantien

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Betrifft die Thrombose eine Vene wird der Abtransport des Blutes gestört, was sich meist in Form einer Schwellung und Rötung der betroffenen Gliedmaße äußert. Venenthrombosen kommen am häufigsten in den Bein- und Beckenvenen vor. die Venen sammeln das Blut aus dem Gewebe

über kleine Kapillaren, die in größere Gefäße münden. nur ein kleiner Teil fließt über ober-flächlich gelegene Venen ab. der größte Teil des Blutes wird über tiefe Beinvenen und die Beckenvene in Richtung Becken befördert. Mit dem Begriff Beinvenenthrombose ist demnach in der Regel eine Gerinnselbildung in den tiefen Venen gemeint. diese führt zu einem Blutstau im Bein, der sich meist durch eine Schwellung und Rötung des betroffenen Beins äußert (Abb. 5) – Symptome, die mit starken Schmerzen einher-gehen können. Gelegentlich kommt es aufgrund der Blutstauung in den tiefen Venen auch zu einer bläulichen Verfärbung der Haut (Zyanose) und einem Hervortreten von oberflächlichen Venen.

Typische symptome einer Beinvenenthrombose:

• Schwellung und Wärmegefühl im betroffenen Bein • Gerötete und gespannte Haut, eventuell bläuliche Verfärbung • Schmerzen in Fuß, Wade und Kniekehle, die sich bei Hochlagerung bessern

Bei Symptomen, die auf eine Thrombose hindeuten, sollte umgehend ein Arzt aufgesucht werden. denn eine Thrombose, die sich bereits bemerkbar macht, ist schon weit fortgeschritten und es besteht immer die Gefahr ernsthafter Komplikationen. Etwa 6 % der Patienten mit tiefer Venen-thrombose sterben innerhalb von 30 Tagen!

Venenentzündung (Phlebitis)

Von der Beinvenenthrombose abzugrenzen ist die Venenentzündung (Phlebitis) – eine Entzündung der Gefäßwände in oberflächlichen Venen. diese kann z. B. durch Infektionen, Verletzungen oder durch langes Stehen, Abschnürung oder Aussackungen der Venenwände und einem damit ver- bundenen Blutstau hervorgerufen werden. In dem entzündeten Venenabschnitt können sich auch kleine Blutgerinnsel bilden, d. h., eine Venenentzündung kann mit Thrombosen in den ober-flächlichen Venen einhergehen. Häufige Symptome sind ähnlich wie bei einer Venenthrombose Schmerzen, Rötungen, Wärmegefühl und Schwellung. Bei diesen Symptomen sollte immer ein Arzt aufgesucht werden.

Postthrombotisches syndrom (PTs)

Auf eine Thrombose reagiert der Körper mit den beschriebenen Reparaturmechanismen, die aber den gesunden Zustand oft nicht wiederherstellen können. der Schrumpfungsprozess eines Blutgerinnsels kann z. B. die Venenklappen beschädigen. dann kann ein Rückfluss des Blutes

Abb. 5: Rötung und Schwellung des linken Beines als Zeichen einer Thrombose

Beinvenenthrombosen äußern sich meist durch

eine Schwellung und Rötung des Beins.

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nicht mehr verhindert werden, so dass sich das Blut z. B. im Bein staut. natürlich transportieren andere, gesunde Venen weiterhin Blut ab, doch kann der Rückstau dadurch meist nicht kompensiert werden. die Folge ist ein sog. postthrombo-tisches syndrom bzw. die chronisch-venöse insuffizienz (CVi). dies ist ein chronisches Venenleiden, das mit Symptomen wie Schwellung, Schweregefühl, wiederkehrenden Entzündungen, Hautveränderungen und Schmerzen einhergeht. Außerdem ist die Erkrankung durch eine erhöhte neigung zu weiteren Thrombosen gekennzeichnet.

Als eine äußerst schwerwiegende Folge eines thrombotischen Syndroms kann es zur Entstehung eines ulcus cruris kommen. dies ist ein Geschwür im Bereich des unterschenkels, das sehr schlecht heilt und daher auch als „offenes Bein“ be-zeichnet wird (Abb. 6).

Lungenembolie (Le)

Ein Thrombus oder Stücke davon können sich auch von der Gefäßwand der Vene ablösen und in den Blutstrom gelangen. das nun als Embolus bezeichnete Blutgerinnsel kann in entfernt gele-genen Gefäßen steckenbleiben, was man als Embolie bezeichnet.

diese kann auch die Lunge betreffen: Löst sich ein Thrombus von der Wand einer Vene und gelangt in die rechte Herzkammer, wird der Embolus von dort mit dem Blut in Richtung Lunge gepumpt und gelangt folglich in die Lungenschlagader. Je nach Größe kann der Embolus in einem größeren oder kleineren Lungengefäß steckenbleiben und zu einem plötzlichen Venenver-schluss führen (Lungenembolie, Le). Welche Folgen die Abschwemmung eines Embolus in die Lungen hat, ist vor allem von seiner Größe abhängig. Ein sehr kleines Gerinnsel verursacht unter umständen gar keine Beschwerden oder macht sich lediglich in Form einer leichten Atemnot oder Herzklopfen bemerkbar. Ein größeres Gerinnsel kann hingegen eine heftige Atemnot, ein stark beklemmendes Gefühl im Brustkorb, einen Kreislaufschock und sogar den Tod bewirken.

Zur Häufigkeit der Lungenembolie liegen keine verlässlichen daten vor. Für deutschland wird eine Inzidenz von ca. 50 bis 70 Fällen pro 100.000 Einwohner pro Jahr angenommen.7,13

Typische Symptome einer Lungenembolie sind plötzlich auftretende Luftnot und Schmerzen im Bereich des Brustkorbs. die zugrunde liegende Thrombose kann dabei beschwerdelos verlaufen.

Diagnostik2,6

Bei Symptomen, die auf eine Thrombose oder Embolie hindeuten, ist umgehend ein Arzt auf-zusuchen. dieser kann dann das Vorliegen einer Thrombose oder Embolie nachweisen oder ausschließen.

Zunächst wird die sog. klinische Wahrscheinlichkeit (kW) mittels formalisierter Scores (z. B. Scores nach Wells) ermittelt. dazu werden standardisierte Informationen aus Anamnese und klinischer untersuchung in Punktwerte umgewandelt, deren Summe den Grad der Wahrschein-lichkeit für das Vorliegen einer Thrombose wiederspiegelt. die KW wird in zwei Stufen (hoch – niedrig) oder auch in drei Stufen (hoch – mittel – niedrig) unterteilt.

Abb. 6: unterschenkelgeschwür aufgrund einer durchblutungsstörung

Durch Thrombosen ver- ursachte Schädigungen

der Venen können zu einem chronischen Venen-

leiden führen.

Blutgerinnsel, die sich von der Gefäßwand lösen,

können in die Lunge gelangen.

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Prophylaxe und Therapie venöser thromboembolischer ereignisse mit Antikoagulantien

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Ist die Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer Thrombose gering, wird zum Ausschluss ein Labortest eingesetzt, der sog. D-Dimer-Test. d-dimere sind Abbauprodukte, die im Rahmen der Thrombusentstehung und -auflösung gebildet werden und im Blut nachgewiesen werden können.

Besteht ein hoher Thromboseverdacht, wird eine Ultraschalluntersuchung (sonographie) vorge-nommen, wodurch eine diagnose in den allermeisten Fällen gestellt werden kann. Bei der sog. kompressions-sonographie wird der Schallkopf auf die Vene gedrückt, um zu prüfen, ob diese frei oder durch eine Thrombose verschlossen ist (Abb. 7).

Weitere diagnosemöglichkeiten bieten röntgenuntersuchungen der Venen (unter Verwendung von Kontrastmitteln, Phlebographie) sowie Computertomographie (CT) und magnetresonanz-tomographie (mrT).

LekTion 2: Thrombosetherapie und -prophylaxe Zur Behandlung und Prophylaxe einer Thrombose stehen verschiedene gerinnungshemmende Medikamente, sog. Antikoagulantien, zur Verfügung. Zudem werden häufig physikalische Maß-nahmen eingesetzt. In bestimmten Fällen werden auch thrombusbeseitigende Verfahren ange-wandt.

Thrombosetherapie 2,3,6,14

Bei einem akuten thromboembolischen Ereignis wird umgehend eine Therapie mit gerinnungs-hemmenden Medikamenten eingeleitet, um dem Thrombuswachstum und der Ablösung von Ge-rinnseln entgegenzuwirken (Akutbehandlung). Zentrales Ziel der Akutbehandlung ist die Verhin-derung von Komplikationen wie einer Lungenembolie oder eines postthrombotischen Syndroms.

Zusätzlich zur Antikoagulation können – unter sorgfältiger nutzen-Risiko-Abwägung – thrombus-beseitigende Verfahren, wie die Thrombolyse (medikamentöse Auflösung des Thrombus) und die Thrombektomie (operative Entfernung des Thrombus) angewandt werden. Zur Thrombolyse eingesetzte Medikamente (Thrombolytika) aktivieren das körpereigene Plasminogen, so dass die Spaltung von Fibrin und damit die Auflösung des Thrombus verstärkt werden. die hohe Gefahr für Blutungskomplikationen erfordert jedoch eine engmaschige Überwachung. Eine Thrombolyse ist daher nur bei bestimmten Indikationen angezeigt, z. B. bei frischem Myokardinfarkt, akuten Verschlüssen von Extremitätenarterien oder frischen Venenthrombosen des Beckens und der Extremitäten.

Ziel der Akutbehandlung ist die Verhinderung von

Komplikationen.

Abb. 7: Kompressions-ultraschall

Gesunde Vene (blau) ➔ lässt sich zusammendrücken

Ultraschall (z. B. Kompressions-ultraschall, siehe Beispiel).

Vene mit Thrombose (blau) ➔ lässt sich nicht zusammendrücken

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Z E R T I F I Z I E R T E F o R T B I L d u n G

– THromBose –Prophylaxe und Therapie venöser thromboembolischer ereignisse mit Antikoagulantien

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In anderen Fällen besteht die Thrombosetherapie häufig zunächst in der Gabe von Heparin-spritzen. Im weiteren Verlauf werden parallel orale Antikoagulantien wie Phenprocoumon ein-genommen. Sobald diese ihre volle Wirkung erreichen, werden die Heparin-Spritzen abgesetzt.

der Wirkmechanismus und andere Eigenschaften der verschiedenen gerinnungshemmenden Medikamente werden im Kapitel „Antikoagulantien“ ausführlich besprochen.

die Behandlung mit gerinnungshemmenden Medikamenten wird je nach vorliegendem Thrombo-serisiko meist für 3–6 Monate fortgeführt (sekundärprophylaxe). Besteht ein hohes Risiko, z. B. bei schwerer angeborener Thrombophilie oder wiederholten Thrombosen, kann die medikamen-töse Behandlung auch länger oder sogar dauerhaft erfolgen.

Zusätzlich zu der medikamentösen Behandlung und ggf. darüber hinaus werden häufig physika-lische maßnahmen eingesetzt. dazu zählen z. B. medizinische Thromboseprophylaxestrümpfe (siehe unten), die die Venenfunktion unterstützen und damit einem Blutstau in den Beinen entge-genwirken.

Weitere vorbeugende maßnahmen

nach einer erfolgten Thrombose ist es ratsam, weitere allgemeine Maßnahmen zur Thrombose-prophylaxe zu befolgen. dazu gehören:

➔Regelmäßige Kontrolluntersuchungen des Venensystems (alle 6–12 Monate).

➔ Kompressionstherapie, wenn Folgeschäden mit Schwellungsneigung vorliegen.

➔ Regelmäßige Bewegung, wobei insbesondere die Muskeln und Gelenke der Beine aktiviert werden sollten.

➔ Verwendung von Kompressionsstrümpfen bei langem Sitzen (z. B. Flugreisen). Je nach Thromboserisiko ist in diesen Fällen auch die prophylaktische Gabe von Heparin sinnvoll.

➔ Keine Verhütung mit der Anti-Baby-Pille. Ausnahme: Patientinnen unter Cumarin-Therapie.

➔ Ärztliche Betreuung in der Schwangerschaft mit Empfehlung bzw. Auswahl geeigneter Maßnahmen zur Thromboseprophylaxe.

➔ Blutuntersuchung auf thrompophile Gerinnungsstörungen in begründeten Fällen, z. B. bei familiärer Thrombosehäufung.

Thromboseprophylaxe ohne vorhergehende Thrombose1,3–6

Eine Thromboseprophylaxe ist oft auch ohne vorhergehende Thrombose angezeigt, z. B. wenn zu einer Thrombophilie weitere Risikofaktoren hinzukommen, nach operativen Eingriffen oder bei Erkrankungen mit länger andauernder Immobilität.

Ein wichtiger Bestandteil der Thromboseprophylaxe sind allgemeine maßnahmen, sie sollten bei jedem Patienten angewendet werden. Hierzu zählen Frühmobilisation, Bewegungsübungen und die Anleitung und Aufforderung zur durchführung von Selbstübungen. Sie regen den Kreislauf an und wirken sich positiv auf den Bewegungsapparat und die Atmung aus. darüber hinaus werden individuelle und risikoadaptierte spezielle Maßnahmen eingesetzt, wie z. B. eine medikamentöse Prophylaxe.

Auf die Akutbehandlung folgt die Sekundär-

prophylaxe.

Eine Thromboseprophy-laxe ist auch angezeigt, wenn bestimmte Risiko-

faktoren vorliegen.

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Prophylaxe und Therapie venöser thromboembolischer ereignisse mit Antikoagulantien

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nach Empfehlung der aktuellen Leitline „Prophylaxe der venösen Thromboembolie (VTE)“ sollen sich Art und umfang der VTE-Prophylaxe nach der jeweiligen Risikogruppe richten:1

•niedriges risiko: Regelmäßige Anwendung von Basismaßnahmen (Frühmobilisation, Bewe- gungsübungen, Anleitung zu Eigenübungen), können durch physikalische Maßnahmen ergänzt werden. Zu den üblichen physikalischen Maßnahmen zählen medizinische Throm- boseprophylaxestrümpfe (MTPS) sowie intermittierende pneumatische Kompressionsmaß- nahmen (IPK). Sie dienen der Erhöhung der Strömungsgeschwindigkeit des Blutes in den Venen und werden an den unteren Extremitäten angewandt. Bei schwangeren Frauen sollten auch bei ansonsten niedrigem Thromboserisiko Basismaßnahmen und physikalische Maß- nahmen angewendet werden. Ist das Risiko aufgrund weiterer Faktoren (z. B. Adipositas, Infektion, Bettlägerigkeit) erhöht, sollte auch eine medikamentöse Prophylaxe erfolgen.

•mittleres und hohes risiko: Medikamentöse VTE-Prophylaxe, zusätzlich sind Basismaß- nahmen indiziert, diese können durch physikalische Maßnahmen ergänzt werden.

Auf eine medikamentöse Thromboseprophylaxe kann bei mittlerem und hohem Risiko nicht verzichtet werden. die Gabe gerinnungshemmender Substanzen, insbesondere von Heparinen, reduziert das Risiko einer tiefen Venenthrombose (TVT) um ca. die Hälfte. da physikalische und medikamentöse Prophylaxemaßnahmen eine sinnvolle Ergänzung darstellen, können sie auch kombiniert eingesetzt werden.

Beginn und Dauer der medikamentösen VTe-Prophylaxe1

Bei chirurgischen Patienten wird eine medikamentöse VTE-Prophylaxe mit Heparinen üblicher-weise bereits präoperativ begonnen. die dauer der Prophylaxe im Anschluss an die operation richtet sich nach dem Vorliegen von Risikofaktoren.

da Patienten oft schon aus einer stationären Behandlung entlassen werden, wenn noch rele-vante Risikofaktoren vorliegen, ist in vielen Fällen eine Fortführung der Prophylaxe angezeigt. damit keine Prophylaxelücken entstehen, sollte ggf. eine überbrückende Mitgabe von Medika-menten mit entsprechender Aufklärung des Patienten erfolgen und es sollte der weiterbehan-delnde Arzt informiert werden. Ca. 25 % der Thrombosen entstehen poststationär!14

stationäre Patienten mit akuten internistischen erkrankungen und Bettlägerigkeit sollten eben-falls eine medikamentöse Thromboseprophylaxe erhalten.

Auch in der ambulanten medizin ist solch eine Prophylaxe häufig angezeigt. Sie sollte nach den gleichen Kriterien erfolgen wie bei einer stationären Behandlung.

Empfehlungen für die dauer der medikamentösen VTE-Prophylaxe richten sich nach der vorlie-genden Indikation und dem Fortbestehen relevanter Risikofaktoren für venöse Thromboembolien.

In Tab. 6 sind übliche Empfehlungen für verschiedene Indikationen aufgezeigt.

Art und Umfang der Pro-phylaxe richten sich nach

dem jeweiligen Risiko.

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Z E R T I F I Z I E R T E F o R T B I L d u n G

– THromBose –Prophylaxe und Therapie venöser thromboembolischer ereignisse mit Antikoagulantien

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Thromboseprophylaxe und -therapie bei Thrombophilie1–2,5

Eine bestehende Thrombophilie allein erfordert in den meisten Fällen keine Medikation. Kommen aber weitere Risikofaktoren hinzu, ist eine Thromboseprophylaxe angezeigt (Abb. 8).

Einer Thrombose kann mithilfe von gerinnungshemmenden Medikamenten vorgebeugt werden. Zusätzlich kann das Tragen von Kompressionsstrümpfen in Phasen eines erhöhten Risikos emp-fohlen werden. Bei erworbenen Gerinnungsstörungen gilt es, die ursache aufzuklären und ggf. zugrunde liegende Erkrankungen mit zu behandeln.

Kommt es zu einem akuten thromboembolischen Ereignis, wird umgehend eine Therapie einge-leitet. diese besteht wie bei Patienten ohne Thrombophilie in der Regel zunächst in der Gabe von Heparin-Spritzen und im weiteren Verlauf der Gabe oraler Antikoagulantien. In schwerwiegenden Fällen kann auch eine Thrombolyse (medikamentöse Auflösung des Thrombus) oder Thrombek-tomie (operative Entfernung des Thrombus) vorgenommen werden.

In vielen Fällen wird Thrombosepatienten mit Thrombophilie eine längere bis dauerhafte Anwen-dung gerinnungshemmender Medikamente empfohlen, um erneuten thromboembolischen Ereig-nissen vorzubeugen.

Abb. 8: Allgemeines Therapie-Schema bei Thrombophilie [Quelle 5]

keine Therapie (wenn möglich, Risikosituationen vermeiden)

medikamentöse Prophylaxe (i. d. R. niedermolekulares Heparin*)

standardtherapie (i. d. R. niedermolekulares Heparin, orale Antikoagulantien*)

rezidivprophylaxe (langfristig orale Antikoagulantien oder nieder-molekulares Heparin in Risikosituationen)*

THromBoPHiLie ohne Symptome + ohne zusätzliches Risiko

THromBoPHiLie ohne Symptome + zusätzliches Risiko

THromBoPHiLie + akutes thromboembo- lisches Ereignis

THromBoPHiLie + akutes thromboembolisches Ereignis * zusätzlich Kompressionstherapie

mit Kompressionsstrümpfen

Einer Thrombose kann mit gerinnungshemmenden Medikamenten vorge-

beugt werden.

Tab. 6: dauer der Thrombose-Prophylaxe bei verschiedenen Indikationen

*Länger andauernde arthroskopisch assistierte Gelenkchirurgie am Knie,- Hüft- oder Sprunggelenk

indikation Dauer der Prophylaxe

internistisch Akute internistische Erkrankungen 6–14 TageChirurgisch/orthopädisch Allgemein- und Viszeralchirurgie 5–7 TageImmobilisation an der unteren Extremität Bis zur Entfernung des fixierenden Verbandes bzw. bis zum Erreichen und Eingriff am Sprunggelenk oder Fuß einer Teilbelastung von 20 kg und einer Beweglichkeit von 20° im oberen SprunggelenkArthroskopische Eingriffe* Bis zum Erreichen der normalen Beweglichkeit mit einer Belastung von mind. 20 kg mindestens aber für 7 TageHüftgelenkersatz 28–35 TageKniegelenkersatz 11–14 TageTumorbedingte operationen im Bauch- 4–5 Wochen oder Beckenbereich

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Prophylaxe und Therapie venöser thromboembolischer ereignisse mit Antikoagulantien

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Antikoagulantien1,11,14,16–18

Zur Prophylaxe und Therapie thromboembolischer Ereignisse werden Medikamente eingesetzt, die die Blutgerinnung hemmen. diese bezeichnet man als Gerinnungshemmer oder Antikoagu-lantien.

Von diesen abzugrenzen sind die Thrombozytenaggregationshemmer, die über eine Funktions-hemmung der Blutplättchen die Thrombenbildung verhindern.

eXkUrs: Thrombozytenaggregationshemmer

Thrombozytenaggregationshemmer verhindern vor allem die Thrombenbildung in den Arterien als Folge einer Arteriosklerose (Atherothrombose). Eingesetzt werden sie daher in erster Linie zur Verhinderung atherothrombotischer Ereignisse wie Herzinfarkt oder Schlaganfall sowie bei Patienten mit instabiler Angina pectoris. Thrombozytenaggregationshemmer lassen sich unterteilen in: • CoX-1-Hemmer, z. B. Acetylsalicylsäure • Phosphodiesterase-Hemmer, z. B. dipyridamol • AdP-Rezeptor-Antagonisten, z. B. Clopidogrel • Glykoprotein-IIb/IIIa-Rezeptorantagonisten, z. B. Tirofiban

Zu den Antikoagulantien gehören die Heparine (unfraktioniertes Heparin und niedermolekulare Heparine), Heparinoide, Vitamin-K-Antagonisten und einige neuere orale Antikoagulantien (Faktor-Xa- und Thrombin-Hemmstoffe).

Im Folgenden werden die verschiedenen Gruppen vorgestellt, wobei der Fokus auf den sehr häufig eingesetzten niedermolekularen Heparinen liegt.

Aufgrund der Vielzahl an gerinnungshemmend wirkenden Substanzen wird vor allem der Wirk-mechanismus der verschiedenen Substanzgruppen vorgestellt. Mögliche neben- und Wechsel-wirkungen, Kontraindikationen etc. können hingegen nur teilweise aufgeführt werden.

Bei allen Antikoagulantien besteht aufgrund der Hemmung von Prozessen der Blutgerinnung eine erhöhte Blutungsgefahr, insbesondere bei hohen dosierungen. Weitere unerwünschte Wir-kungen sind meist gruppen- oder substanzspezifisch. die wichtigsten werden in dem jeweiligen unterkapitel genannt. Vollständige Angaben sowie genauere Hinweise zur Anwendung, z. B. dosierung, können den jeweiligen Fachinformationen entnommen werden.

Heparin1,11,14,16–19

Heparin ist ein körpereigener Stoff, der als natürlicher Gerinnungshemmer fungiert. Gebildet wird Heparin überwiegend in Gewebsmastzellen, die vor allem im perikapillaren Bindegewebe in großer Zahl vorkommen. In hoher Konzentration ist Heparin z. B. in der dünndarmschleimhaut sowie im Leber- und Lungengewebe zu finden. Für den therapeutischen Einsatz wird Heparin vorwiegend aus der dünndarmmukosa von Schweinen gewonnen.

Chemisch gesehen handelt es sich um ein Gemisch aus unverzweigten Polysaccharidketten (Glykosaminglykane), die jeweils aus glykosidisch miteinander verknüpften d-Glucosamin- und uronsäure-Bausteinen (d-Glucuronsäure oder L-Iduronsäure) aufgebaut sind (Abb. 9). Viele Mo-nomereinheiten enthalten Sulfatgruppen, die an Sauerstoff- oder Stickstoffatome gebunden sind.

Wichtigste Nebenwirkung aller Antikoagulantien

ist die erhöhte Blutungs-gefahr.

Heparin ist ein körper-eigener Gerinnungs-

hemmstoff.

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Z E R T I F I Z I E R T E F o R T B I L d u n G

– THromBose –Prophylaxe und Therapie venöser thromboembolischer ereignisse mit Antikoagulantien

– 20 –

Heparine mit einer Kettenlänge von 5 bis 17 Monosacchariden werden als niedermolekulare Heparine (nmH) bezeichnet, solche mit Kettenlängen ab 18 als unfraktioniertes Heparin (UFH).

Unfraktioniertes Heparin besitzt ein sehr variables Molekulargewicht von ca. 5.000–30.000 dalton mit einem Mittelwert von 15.000 dalton, was einer Kettenlänge von ca. 50 Monomeren entspricht.

durch einen gesteuerten Abbau lassen sich aus unfraktioniertem Heparin niedermolekulare Heparine (nmH) gewinnen, die eine geringere Kettenlänge und ein entsprechend geringeres Molekulargewicht (4.000–6.000 dalton) aufweisen und sich damit auch in pharmakologischen Eigenschaften von uFH unterscheiden.

Wirkung von Heparin

Heparin wirkt ab einer Kettenlänge von 5 Monosacchariden (3 d-Glucosamine + 2 uronsäuren) gerinnungshemmend. Die gerinnungshemmende Wirkung erfolgt durch Bindung des Heparins an Antithrombin iii, wodurch dessen Wirkung erheblich verstärkt wird. Antithrombin III hemmt verschiedene an der Gerinnung beteiligte Faktoren, vor allem Thrombin (Faktor IIa) und Faktor Xa. durch Bindung von Heparin verändert es seine Konformation und erhält damit eine bis zu 10.000-fach höhere Reaktionsgeschwindigkeit.

Für die Verstärkung der Faktor-Xa-Hemmung genügt die Bindung des Heparinmoleküls an das Antithrombin. Für die Beschleunigung der Thrombin-Hemmung muss das Heparinmolekül hinge-gen zusätzlich an das Thrombin binden, so dass sich ein Komplex aus Heparin, Antithrombin und Thrombin bildet. dies ist aus sterischen Gründen nur möglich, wenn das Heparinmolekül eine Kettenlänge von mehr als 17 Monosacchariden besitzt. daher haben nMH einen deutlich gerin-geren Einfluss auf die Thrombin-Aktivität als das langkettige uFH. die Wirkung der nMH erfolgt also in erster Linie durch die Hemmung des Faktors Xa.

da die Heparinwirkung an die zahlreichen negativen Ladungen an dem Molekül gebunden ist, nimmt sie mit der Zahl der Schwefelsäurereste zu. durch Polykationen wie z. B. Protaminsulfat (siehe unten) kann die Wirkung wieder aufgehoben werden.

Im Vergleich zu anderen Antikoagulantien besteht ein wesentlicher Vorteil von Heparin darin, dass es unmittelbar nach der Applikation und unabhängig von gastrointestinalen Problemen wirkt.

mögliche nebenwirkungen der Heparin-Anwendung

die Wirkung und Sicherheit breit evidenzierter Heparine erwies sich über mehr als 20 Jahre als eine gute Balance zwischen Thromboembolievermeidung und Blutung. Trotz allem: Bei der An- wendung von Heparinen besteht jedoch grundsätzlich wie bei allen Antikoagulantien eine erhöhte Blutungsgefahr. Insbesondere im Falle einer Überdosierung kann es zu Blutungen, meist aus

Abb. 9: Heparinstruktur

CH2oso3H

nso3H

ooH

oCH2oso3H

nso3H

ooH

oCH2oso3H

nso3H

ooH

oCooH

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ooH

oCooH

CH2oso3H

nso3H

oH

o

or1

UFH

Die gerinnungshemmende Wirkung von Heparin

erfolgt durch Bindung an Antithrombin III.

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Prophylaxe und Therapie venöser thromboembolischer ereignisse mit Antikoagulantien

– 21 –

Haut und Schleimhäuten, aus Wunden, aus dem Gastrointestinal- und urogenitaltrakt kommen. Je nach Schwere der Blutung und des Thromboserisikos sollte die Anwendung des Heparins unterbrochen werden.

Bei kritischen Komplikationen ist eine Antagonisierung des Heparins mit Protamin bzw. Protamin-sulfat möglich. dieses bindet das Heparin über Sulfatbrücken und hebt die Thrombinhemmung damit auf. Allerdings kann ein Überschuss an Protamin wiederum einen gerinnungshemmenden Effekt ausüben und es kann zu anaphylaktischen Reaktionen kommen. deshalb sollte die Gabe von Protamin nur in schweren Fällen, d. h. bei lebensbedrohlichen Blutungskomplikationen, gegeben werden.

Eine weitere wichtige nebenwirkung bei der Gabe von Heparinen ist die mögliche Entwicklung eines Thrombozytenmangels (HiT = heparininduzierte Thrombozytopenie).

Heparininduzierte Thrombozytopenie (HiT)

Es werden 2 Typen der HIT unterschieden. Beim HiT-Typ i kommt es innerhalb der ersten Be-handlungstage zu einem mäßigen Abfall der Thrombozytenzahl, der sich nach wenigen Tagen wieder zurückbildet und nicht behandlungsbedürftig ist. Eine HiT-Typ ii manifestiert sich meist zwischen dem 5. und 21. Behandlungstag und kann zu einem erheblichen Abfall der Thrombozy-tenzahl führen. Sie beruht auf einer Bildung von Antikörpern gegen Heparin-Protein-komlexe. nach der Bindung an den Komplex binden die Antikörper auch an Rezeptoren auf den Throm-bozyten, wodurch diese verklumpen und inaktiviert werden. durch diese Verklumpung kann es wiederum zu Thrombosen kommen. Eine mögliche nebenwirkung von Heparin ist also parado-xerweise die Entstehung einer Thrombose.

Eine hohe Heparin-dosis erhöht das Risiko für eine HIT-Typ II. Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Molekülgröße des Heparins. So ist das Risiko bei Gabe von uFH um bis zu 30 x höher als bei nMH. Wegen der HIT-Gefahr wird bei Anwendung von Heparin, insbesondere bei Verwendung von uFH, eine regelmäßige Kontrolle der Thrombozytenzahl empfohlen: Vor Beginn der Heparin-Gabe, am 1. Tag nach Beginn der Heparin-Gabe und anschließend über 3 Wochen regelmäßig alle 3 bis 4 Tage. Bei signifikanter Abnahme der Thrombozytenzahl (30 % bis 50 % des Ausgangs-wertes) muss die Heparin-Gabe sofort abgesetzt und der Patient auf eine andere Therapie (orale Antikoagulantien) umgestellt werden.

Seltene nebenwirkungen einer Heparin-Therapie sind u. a. allergische Hautreaktionen, Trans-aminaseanstieg und Haarausfall. Bei Langzeitanwendung von Heparin besteht zudem ein erhöh-tes osteoporose-Risiko.

Anders als bei uFH besteht bei Anwendung von nMH bei schwerer niereninsuffizienz eine Kumulationsgefahr, da nMH überwiegend renal eliminiert werden. Einige niedermolekulare He-parine haben an die Kreatininclearance angepasste dosierschemata, die eine Anwendung auch bei niereninsuffizienten Patienten ermöglichen. uFH wird gleichermaßen renal und hepatisch eliminiert.

Anwendung von Heparin

da Heparine im Magen zersetzt werden, können sie nicht oral eingenommen werden, sondern müssen injiziert werden (in der Regel subkutan).

Das HIT-Risiko ist bei nie-dermolekularen Heparinen

geringer als bei UFH.

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Z E R T I F I Z I E R T E F o R T B I L d u n G

– THromBose –Prophylaxe und Therapie venöser thromboembolischer ereignisse mit Antikoagulantien

– 22 –

Bei einer Thromboseprophylaxe mit niedermolekularem Heparin reicht 1 Spritze pro Tag aus. unfraktioniertes Heparin muss hingegen 3 x täglich verabreicht werden.

die Thromboseprophylaxe mit nMH kann meist auch problemlos zuhause vom Patienten selbst vorgenommen werden. Hierfür stehen Fertigspritzen zur Verfügung, die bereits die richtige do-sierung enthalten und leicht zu bedienen sind.

Ein wesentlicher Vorteil dieser Applikationsform ist, dass die Resorption des Arzneimittels nicht über den Magen-darm-Trakt verläuft und somit unabhängig von der nahrungsaufnahme und gastrointestinalen Störungen ist.

Wichtig ist, dass Patienten hinsichtlich der richtigen Anwendung ausreichend informiert bzw. geschult werden. Bei der Abgabe dieser Arzneimittel in der Apotheke sollten die Patienten daher immer gefragt werden, ob sie mit der Anwendung vertraut sind und ggf. sollte die Applikation noch einmal detailliert erläutert werden (siehe Lektion 3).

Wann UFH und wann nmH?

niedermolekulare Heparine unterscheiden sich von unfraktioniertem Heparin in ihren pharma-kologischen Eigenschaften. damit stellt sich auch die Frage, wann welche Form des Heparins eingesetzt werden sollte.

Für die Hemmung von Thrombin muss die Heparinkette mindestens 18 untereinheiten (Monomere) umfassen. dieses ist bei uFH in einem höheren Ausmaß gegeben als bei nMH, so dass mit uFH insgesamt eine stärkere Hemmung der Blutgerinnung erzielt werden kann.

Ein nachteil ist jedoch, dass die Wirkung von uFH schwer gesteuert werden kann. denn nur ein Teil des Moleküls enthält die für die Bindung an Antithrombin III verantwortliche Saccharid-struktur, so dass insgesamt der Einfluss auf die Gerinnung schwer abzuschätzen ist. daher ist ein engmaschiges Monitoring notwendig. Besser einschätzbar und damit steuerbar sind die nieder-molekularen Heparine.

uFH hat weitere nachteile, die vor allem darauf beruhen, dass es an viele Plasmaproteine bindet und mit Thrombozyten, Makrophagen und Endothelzellen interagiert. daher besitzt es auch nur eine kurze Halbwertszeit sowie eine niedrige Bioverfügbarkeit von 15–30 % nach subkutaner In- jektion. daher muss es mehrmals täglich injiziert oder als dauerinfusion gegeben werden. Zudem ist auch die dosis-Wirkungs-Beziehung gering. Es besteht zwar ein Zusammenhang zwischen dosis und Wirkung, jedoch kann der gerinnungshemmende Effekt von Patient zu Patient sehr unterschiedlich stark sein.

nMH binden in geringerem Ausmaß an Plasmaproteine, Thrombozyten und an das Endothel. da Interaktionen mit Thrombozyten geringer sind, induzieren nMH seltener HIT als uFH.

Trotz der geringeren Tendenz unspezifisch an Proteine zu binden, ist die Halbwertszeit nieder-molekularer Heparine ca. doppelt so lang wie die von uFH und nicht abhängig von der dosis, sondern lediglich von der jeweiligen Substanz.

der relative Anteil der wirkungstragenden Saccharidstruktur ist bei nHM höher als bei uFH. Aufgrund dieser Eigenschaften ist der gerinnungshemmende Effekt besser vorhersagbar und auf ein regelmäßiges Monitoring kann meist verzichtet werden (Ausnahme: Patienten mit niereninsuffizienz).

NMH können mit Hilfe von Fertigspritzen meist

vom Patienten selbst appliziert werden.

NMH können besser gesteuert werden

als UFH.

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Prophylaxe und Therapie venöser thromboembolischer ereignisse mit Antikoagulantien

– 23 –

Bei subkutaner Injektion liegt die Bioverfügbarkeit der nMH fast bei 100 %, die Elimination erfolgt ausschließlich über die niere. die fast vollständige Wirkstoffaufnahme ist unabhängig von gas- trointestinalen Problemen und ermöglicht damit eine hohe Effektivität mit geringen Einflussfak-toren. Aufgrund der konstanten dosis-Wirk-Beziehung reicht in der Regel die einmal tägliche Anwendung aus und es sind üblicherweise auch keine Laborkontrollen erforderlich.

Generelle Vorteile von nmH gegenüber UFH sind also:

• die höheren Bioverfügbarkeiten • längere Halbwertzeiten (nMH ca. 4 h, uFH ca. 2 h) • die gute Praktikabilität der nMH (geringere Anwendungshäufigkeit, gute Steuerbarkeit) • das geringere HIT-Typ II-Risiko

die aktuelle S3-Leitlinie zur VTE-Prophylaxe empfiehlt daher: „unter Abwägung von Effektivität, Blutungs- und HIT II-Risiko soll nMH gegenüber uFH bevorzugt eingesetzt werden“.1

Auch aufgrund der Antagonisierbarkeit und der Möglichkeit eines dosisadaptierten, individuellen und in Studien geprüften Einsatzes auch bei speziellen Patientenpopulationen (Ältere, nieren-insuffiziente, …) sind nMH bevorzugt anzuwendende Antikoagulantien. dies gilt insbesondere für diejenigen nMH, die eine breite wissenschaftliche Evidenz aufweisen können.

niedermolekulare Heparine

die niedermolekulare Heparine (nMH) bilden eine Gruppe verschiedener Substanzen, die sich in ihren Eigenschaften unterscheiden. die unterschiede ergeben sich aus den Herstellungsver-fahren.

Herstellung niedermolekularer Heparine

die Herstellungverfahren sind präparatespezifisch. nMH werden entweder durch chemische (saure Hydrolyse, radikalische oxidation oder basische β-Elimination) oder enzymatische degradation aus uFH gewonnen. Jedes nMH wird nach einem eigenen Protokoll hergestellt. Es entstehen Spaltprodukte mit unterschiedlichen Endgruppen und Molekulargewichtsverteilungen. das mittlere Molekulargewicht liegt zwischen 4.000 und 6.000 dalton. Abb. 10 zeigt die degrada-tionswege der nMH Tinzaparin, Enoxaparin, nadroparin und dalteparin.

Abb. 10: degradationswege verschiedener nMH [nach Quelle 20]

CH2oso3H

nso3H

ooH

oCH2oso3H

nso3H

ooH

oCH2oso3H

nso3H

ooH

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oH

ooH

o

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oso3H

ooH

oCooH

CH2oso3H

nso3H

oH

o

or1

UFH

enoxaparin

Heparinase

Tinzaparin nadroparin, Dalteparin

Unterschiedliche endgruppen Unterschiedliche molekulargewichtsverteilungen

nmH nmH

salpetersäureVeresterung β-elimination

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Z E R T I F I Z I E R T E F o R T B I L d u n G

– THromBose –Prophylaxe und Therapie venöser thromboembolischer ereignisse mit Antikoagulantien

– 24 –

Ein nMH besteht mindestens zu 60 % aus Heparinmolekülen mit einem Molekulargewicht kleiner als 8.000 dalton. die verschiedenen nMH können sich in ihrer Molekulargewichtsverteilung erheblich unterscheiden.

Aufgrund der unterschiedlichen Endgruppen und Molekulargewichtsverteilung unterscheiden sich die einzelnen Substanzen in ihrer Pharmakodynamik und -kinetik. Folglich gibt es zwischen den verschiedenen Substanzen auch unterschiede hinsichtlich der Wirksamkeit. Klinische und pharmakologische daten zu einer Substanz können daher nicht verallgemeinert und auf andere Substanzen übertragen werden. Vielmehr müssen Wirksamkeit und Verträglichkeit für jede Sub-stanz durch eigene klinische Studien belegt werden.

substanzen

In deutschland sind derzeit 6 niedermolekulare Heparine verfügbar: Enoxaparin (Clexane®), Cer-toparin (Mono Embolex®), Tinzaparin (Innohep®), dalteparin (Fragmin®), nadroparin (Fraxiparin®, Fraxodi®), Reviparin (Clivarin®).

Tab. 7 gibt einen Überblick über die jeweilige degradationsmethode und das mittlere Molekular-gewicht.

im Fokus: enoxaparin17,21,22

das am häufigsten eingesetzte niedermolekulare Heparin ist Enoxaparin.17,21 Es ist in insgesamt 150 Ländern zugelassen (deutscher Handelsname: Clexane®).

Enoxaparin wird durch alkalische Spaltung des Heparinbenzylesters gewonnen und besitzt ein mittleres Molekulargewicht von 4.500 dalton. die Polysaccharidketten, bestehend aus Glucosamin- und uronsäurebausteinen, umfassen 4 bis 24 Monomere (Abb. 11).

name Degradationsmethode mittleres molekulargewicht (kDa)

Certoparin-natrium Hydrolyse mit Isoamylnitrit 4,2 – 6,2

Dalteparin-natrium Hydrolyse mit Hno2 5,6 – 6,4

enoxaparin-natrium Benzylierung und alkalische β-Elimination 3,5 – 5,5

nadroparin-Calcium Hydrolyse mit Hno2 und Fraktionierung 3,6 – 5,0

reviparin Hydrolyse mit Hno2 3,5 – 4,5

Tinzaparin-natrium Enzymatische (Heparinlyase) β-Elimination 5,6 – 7,5

Tab. 7: In deutschland verfügbare nMH [Quelle 16]

Abb. 11: Strukturformel von Enoxaparin

Coona

or1

o

oH

oCoona

or1

o

oH

oCoona

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oCH2or1

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o

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o

or1

oCH2or1

nHr2or1

o

nn = 0 bis 20, R1 = H oder So3na, R2 = H oder So3na oder CoCH3

Die verschiedenen NMH unterscheiden sich im

Aufbau und damit in den Eigenschaften.

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Prophylaxe und Therapie venöser thromboembolischer ereignisse mit Antikoagulantien

– 25 –

Als niedermolekulares Heparin entfaltet Enoxaparin seine Wirkung in erster Linie über die Antithrombin-III-vermittelte Hemmung des Gerinnungsfaktor Xa. neben der antithrombotischen Wirkung zeigt Enoxaparin auch thrombolytische Eigenschaften.

Enoxaparin zeichnet sich durch ein besonders umfangreiches Zulassungsspektrum aus.

Zu den zugelassenen indikationen gehören:21,22

• peri- und postoperative Primärprophylaxe tiefer Venenthrombosen bei Patienten mit niedrigem oder mittlerem thromboembolischen Risiko (z. B. Allgemeinchirurgie)

• peri- und postoperative Primärprophylaxe tiefer Venenthrombosen bei Patienten mit hohem thromboembolischen Risiko (z. B. orthopädische Chirurgie)

• Primärprophylaxe tiefer Venenthrombosen bei nichtchirurgischen Patienten mit mittlerem oder hohem thromboembolischen Risiko bei akuten schweren internistischen Erkrankungen mit weitgehender Immobilisation

• Thromboseprophylaxe und Gerinnungshemmung bei extrakorporalem Kreislauf während der Hämodialyse

• Therapie tiefer Venenthrombosen mit und ohne Lungenembolie

• Therapie der instabilen Angina pectoris und des nicht-ST-Hebungs-Myokardinfarkts

• Therapie des akuten ST-Hebungs-Myokardinfarkts (STEMI) bei Patienten, die konservativ oder zunächst konservativ mit nachfol-gender perkutaner Koronarinter-vention (PCI) versorgt werden.

Für die verschiedenen Anwen-dungsgebiete wird Enoxaparin in unterschiedlichen dosierungen angeboten:

• 20 mg, 40 mg, 60 mg, 80 mg, 100 mg

• 100 mg/ml

Abb. 12 liefert eine Zuordnung der dosierungen zu den Indikationen.

Enoxaparin ist eines der best- untersuchten niedermolekularen Heparine überhaupt. die klinische Erfahrung beläuft sich auf über 20 Jahre und ist besonders gut dokumentiert (über 13.000 Publika-tionen23). Studien mit Enoxaparin umfassen neben den zugelassenen auch viele nicht zugelassene Indikationen.

Unter den NMH wird Enoxaparin am häufigsten

eingesetzt.

Abb. 12: Anwendungsgebiete von Enoxaparin [Quelle: 17]

nicht chirurgische Patienten mit mittlerem/hohem thromboembolischen Risiko

• Enoxaparin 40 mg • Enoxaparin 100 mg/ml

Hämodialyse Thromboseprophylaxe und Gerinnungshem-mung bei extrakorpora-lem Kreislauf

• Enoxaparin 100 mg/ml

instabile Angina pectoris nicht-sT-Hebungs- myokordinfarkt nsTemi

• Enoxaparin 60/80/100 mg • Enoxaparin 100 mg/ml

Akuter sT-Hebungs- myokordinfarkt konservativ mit nach-folgender PCi sTemi

• Enoxaparin 60/80/100 mg • Enoxaparin 100 mg/ml

Tiefe Venenthrombosen (mit und ohne Lungen-embolie)

• Enoxaparin 60/80/100 mg • Enoxaparin 100 mg/ml

Chirurgische Patienten mit hohem thrombo-embolischen Risiko z. B. orthopädische Chirurgie

• Enoxaparin 40 mg • Enoxaparin 100 mg/ml

Chirurgische Patienten mit niedrigem/mittlerem thromboembolischen Risiko

• Enoxaparin 40 mg • Enoxaparin 100 mg/ml

PrimärProPHyLAXeTHerAPie

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Z E R T I F I Z I E R T E F o R T B I L d u n G

– THromBose –Prophylaxe und Therapie venöser thromboembolischer ereignisse mit Antikoagulantien

– 26 –

Heparinoide

Heparinoide sind heparinähnliche Wirkstoffe, die aber einen etwas anderen molekularen Auf-bau haben. Es handelt sich um Gemische niedermolekularer Glykosaminglykane, die ähnlich wie Heparin antithrombinvermittelt den Faktor Xa und Thrombin hemmen. Aus Schweinemukosa gewonnenes danaparoid (orgaran®) besteht z. B. überwiegend aus Heparansulfat, daneben enthält es dermatansulfat und Chondroitinsulfat.24 Heparinoide bieten eine Alternative zu Hepa-rinen, wenn diese nicht angewendet werden sollen, z. B. wenn eine heparininduzierte Thrombo-zytopenie (HIT) oder eine Heparinunverträglichkeit vorliegt. die Anwendung erfolgt wie die von niedermolekularen Heparinen durch subkutane Injektion.24 die wichtigste nebenwirkung sind wie bei anderen Antikoagulantien Blutungen. Selten wurden allergische Reaktionen beobachtet.

Vitamin-k-Antagonisten1,11,14,16,18

Vitamin-k-Antagonisten, auch Cumarine genannt, werden zur Prophylaxe und Therapie throm-boembolischer Ereignisse eingesetzt. Im Vergleich zu nMH besitzen sie eine lange Halbwerts-zeit, weshalb sie sich vor allem für die Langzeitprophylaxe eignen.

Vitamin-K-Antagonisten greifen in die Vitamin-K-abhängige Synthese der Gerinnungsfaktoren II, VII, IX und X sowie der Gerinnungsinhibitoren Protein C und Protein S ein. die defekten Gerin-nungsfaktoren, die auch als PIVKA („protein induced by vitamin k absence“) bezeichnet werden, können kaum noch Ca2+-Ionen binden, was für den Gerinnungsprozess aber essenziell ist. die Wirkung der Vitamin-K-Antagonisten setzt verzögert ein, da intakte Faktoren zunächst aufge-braucht werden. Ihre volle Wirkung zeigen sie erst nach ca. 36–48 Stunden. Wenn nötig, lässt sich die Wirkung der Vitamin-K-Antagonisten durch hohe dosen Vitamin K wieder aufheben.

Ein nachteil der Vitamin-K-Antagonisten ist das relativ hohe Interaktionspotential mit anderen Arzneistoffen sowie eine starke Plasmaproteinbindung. die Bioverfügbarkeit ist relativ gering. die Effektivität hängt zudem vom Vitamin-K-Spiegel ab, der je nach Ernährung stark variieren kann. Somit ist die Therapie insgesamt schlecht steuerbar. dennoch werden Vitamin-K-Antago-nisten am häufigsten zur Langzeitprophylaxe eingesetzt.

die wichtigsten Wirkstoffe sind Phenprocoumon (Marcumar®) und Warfarin (Coumadin®). Beide Substanzen besitzen eine geringe therapeutische Breite, d. h. dass der therapeutische Bereich leicht über- oder unterschritten wird. daher muss die herabgesetzte Gerinnungsfähigkeit regel-mäßig kontrolliert werden.

eXkUrs: Quick-Test und inr-Wert

Eine Überwachung der Behandlung wurde früher durch regelmäßige Bestimmung des sog. Quick-Wertes vorgenommen. Zur durchführung des Quick-Tests wird einer Blutprobe ein Thromboplas- tinpräparat zugesetzt, so dass der exogene Weg der Blutgerinnung aktiviert wird. dann misst man die Zeit bis zum Auftreten von Fibrinfäden (Thromboplastinzeit). der Quick-Wert gibt jedoch nicht die absolute Zeit bis zur Gerinnung an, sondern ist ein prozentualer Wert, der sich auf Re-ferenzwerte von Personen mit normaler Gerinnung bezieht. Als normal gelten Werte zwischen 70 und 125 %. Höhere Werte bedeuten eine schnellere, niedrigere Werte eine langsamere Gerin- nung. da aber jede Firma andere Thromboplastinpräparate verwendet, kann der Quick-Wert von Labor zu Labor erheblich variieren. daher wurde er inzwischen weitgehend durch die sog. Inter- national normalized Ratio (InR) ersetzt. die InR ist ein standardisiertes Verfahren zur Messung der extrinsischen Blutgerinnungszeit und verhält sich umgekehrt proportional zum Quick-Wert: Je höher die InR, desto langsamer die Blutgerinnung. normal ist ein InR-Wert von 1.

Vitamin-K-Antagonisten greifen in die Synthese verschiedener Gerin-nungsfaktoren ein.

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Prophylaxe und Therapie venöser thromboembolischer ereignisse mit Antikoagulantien

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Zu den unerwünschten nebenwirkungen zählt bei Vitamin-K-Antagonisten wie bei allen Antiko-agulantien die erhöhte Blutungsgefahr. daneben können bei Frauen nach einer Geburt und im Klimakterium Hautnekrosen auftreten. Im Gegensatz zu Heparin dürfen Vitamin-K-Antagonisten nicht während der Schwangerschaft und des Stillens gegeben werden, da sie die Plazenta-schranke passieren können und auch in die Muttermilch gelangen können.

Faktor-Xa-inhibitoren1,11,14,16,18

Als Faktor-Xa-inhibitoren werden Wirkstoffe bezeichnet, die selektiv den Faktor Xa und darüber die Bildung von Thrombin hemmen. Zu den Faktor-Xa-Inhibitoren gehören z. B. die Wirkstoffe Apixaban (Eliquis®), Fondaparinux (Arixtra®) und Rivaroxaban (Xarelto®). Rivaroxaban und Apixaban sind direkte Faktor-Xa-Inhibitoren. Fondaparinux hingegen bindet mit hoher Affinität an Antithrombin III und verstärkt ähnlich wie Heparin die Antithrombin-III-vermittelte Inhibierung von Faktor Xa. Eine direkte Hemmung von Thrombin erfolgt jedoch nicht.

Fondaparinux wird alternativ zu Heparinen zur Therapie und Prophylaxe von tiefen Venenthrom-bosen und Lungenembolien eingesetzt.1,25 die Anwendung erfolgt wie die der niedermolekularen Heparine durch subkutane Injektion.25

Apixaban steht als orale darreichungsform zur Verfügung, ist aber derzeit in der Prophylaxe nur zur Vorbeugung venöser Thromboembolien (VTE) bei erwachsenen Patienten nach elektiven Hüft- oder Kniegelenksersatzoperationen zugelassen. Außerdem ist Apixaban zur Prophylaxe von Schlaganfällen bei Vorhofflimmern zugelassen.26

das ebenfalls oral anzuwendende rivaroxaban kann zusätzlich auch zur Behandlung von tiefen Venenthrombosen sowie zur Prophylaxe rezidivierender tiefer Venenthrombosen und Lungen-embolien eingesetzt werden.27

Rivaroxaban gehört zu den sog. neuen, oralen Antikoagulantien („noAks“), die als wichtige Alternative zu den schlecht steuerbaren Vitamin-K-Antagonisten gelten. Zu diesen zählt neben Rivaroxaban auch der Thrombininhibitor dabigatran (siehe unten). Beide Substanzen werden oral angewendet.18

Thrombininhibitoren1,11,14,16,18

unter dem Begriff Thrombininhibitoren werden Substanzen zusammengefasst, die Thrombin di-rekt hemmen, d. h. ohne eine Beteiligung von Antithrombin III. dazu zählt z. B. das von Blutegeln (Hirudo medicinales) gebildete Polypeptid Hirudin, das die Blutgerinnung des Wirtsorganismus während des Blutsaugeaktes verhindert.

Für therapeutische Zwecke werden gentechnologisch hergestellten Hirudin-derivate wie Biva-lirudin (Angiox®), Desirudin (Revasc®) und Lepirudin (Refludan®) eingesetzt. die Anwendung erfolgt intravenös oder durch subkutane Injektion.

Argatroban (Argatra®) ist ein synthetisches L-Arginin-derivat, das reversibel an Thrombin bindet. Zugelassen ist es zur Antikoagulation bei erwachsenen Patienten mit heparininduzierter Throm-bozytopenie (HIT) Typ II und thromboembolischer Erkrankung, die eine parenterale antithrombo-tische Therapie erfordert. die Applikation erfolgt intravenös.28

Faktor-Xa-Inhibitoren stören die Thrombin-

bildung durch selektive Hemmung

von Faktor Xa.

Thrombininhibitoren hemmen direkt das

Thrombin.

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Z E R T I F I Z I E R T E F o R T B I L d u n G

– THromBose –Prophylaxe und Therapie venöser thromboembolischer ereignisse mit Antikoagulantien

– 28 –

Mit Dabigatran (Pradaxa®) steht auch ein oral anzuwendender Thrombin-Hemmstoff zur Verfügung. dieser wird zur Prophylaxe venöser Thromboembolien nach Hüft- und Knieersatzoperationen eingesetzt. Zudem hat dabigatran wie der Faktor-Xa-Inhibitor Rivaroxaban die Zulassung zur Prophylaxe von Schlaganfällen bei Vorhofflimmern erhalten.29 Wie Rivaroxaban zählt es zu den sog. „neuen oralen Antikoagulantien (noAKs)“, die als mögliche Alternative zu Vitamin-K-Anta-gonisten gelten.

Übersicht: Antikoagulantien und ihre Wirkung

Wie dargestellt greifen die verschiedenen Antikoagulantien über unterschiedliche Mechanis-men an verschiedenen Stellen der Gerinnungskaskade ein. Tab. 8 gibt eine Übersicht über die verschiedenen Substanzgruppen und ihre Wirkmechanismen. In Abb. 13 wird der jeweilige Ansatzpunkt in der Gerinnungskaskade noch einmal verdeutlicht.

Bezeichnung substanzen Wirkmechanismus

Unfraktioniertes Heparin (UFH) unfraktioniertes Heparin Hauptmechanismus: Hemmung von Faktor Xa und Thrombin

niedermolekulare Heparine (nmH) z. B. Certoparin, dalteparin, Enoxaparin, Überwiegende Hemmung von Xa, nadroparin, Reviparin, Tinzaparin aber auch von Thrombin

Heparinoide z. B. danaparoid Überwiegende Hemmung von Xa, aber auch von Thrombin

Vitamin-k-Antagonisten z. B. Phenprocoumon, Warfarin Hemmung der Vitamin-K-abhängigen Synthese der Faktoren II, VII, IX und X

Thrombininhibitoren z. B. Hirudin, Argatroban, dabigatran Bindung an aktives Zentrum von freiem und fibringebundenem Thrombin

Faktor-Xa-Hemmer z. B. Fondaparinux, Rivaroxaban Hemmung von freiem sowie an Thrombozyten (Prothrombinase- Komplex) und an Fibrin gebundenem Faktor Xa

Tab. 8: Übersicht Antikoagulantien und ihr Wirkmechanismus [Quelle: 17]

Abb. 13: Wirkmechanismen von Antikoagulantien [Quelle: 17]

Thrombin

Vii

tissue factor

Prothrombin

Fibrin

iXa

Xa

Va

direkte Thrombininhibitoren: Argatroban, Bivalirudin,

dabigatran, Hirudin, Lepirudin

kontaktaktivierung Gewebeverletzung

Xiia, Xia

X–

–––

– nm-Heparine Danaparoid

–selektive Faktor Xa- Inhibitoren: Fonda-

parinux, Rivaroxaban

UF-Heparine

Viiia Cumarine

Fibrinogen

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Prophylaxe und Therapie venöser thromboembolischer ereignisse mit Antikoagulantien

– 29 –

Wann wird welches Antikoagulanz eingesetzt?

Welches gerinnungshemmende Medikament im Einzelfall eingesetzt wird oder werden sollte, richtet sich nach verschiedenen Faktoren wie z. B. der vorliegenden Indikation und entsprechen-der Zulassung des Arzneimittels, dem individuellen Thromboserisiko sowie eventuellen Kontra-indikationen. Auch das jeweilige nebenwirkungs- und Wechselwirkungspotential der verschie-denen Arzneimittel muss berücksichtigt werden.

Über ein vergleichsweise breites Indikationsspektrum verfügen nMH, die vor allem in der Akut-therapie und für eine kurzzeitige Thromboseprophylaxe eingesetzt werden. Vitamin-K-Antagonisten werden hingegen bevorzugt in der Langzeitprophylaxe eingesetzt. Aufgrund einer besseren Wirk- samkeit bei vergleichbarem Blutungsrisikos kommen infolge entsprechender Indikationserweite-rungen hier vermehrt auch die sog. neuen, oralen Antikoagulantien dabigatran und Rivaroxaban zum Einsatz.

Die aktuelle s3-Leitlinie gibt für die medikamentöse VTe-Prophylaxe folgende empfehlung:1

• unter Abwägung von Effektivität, Blutungs- und HIT-II-Risiko soll nMH gegenüber uFH bevorzugt eingesetzt werden.

• In einer Reihe von Indikationen kann ebenso Fondaparinux eingesetzt werden.

• Kontraindikationen und fachspezifische Besonderheiten sollen berücksichtigt werden.

• Andere Antikoagulantien sind wirksam, aber nur bei bestimmten Indikationen sinnvoll bzw. zugelassen.

• ASS sollte zur VTE-Prophylaxe nicht eingesetzt werden.

unter den nMH besitzt Enoxaparin ein besonders breites Indikationsspektrum und weist zudem die umfassendste Studienlage auf. daher wird es am häufigsten zur Thromboseprophylaxe eingesetzt.

Es eignet sich auch wie andere nMH zur Überbrückung einer oralen dauerantikoagulation bei chirurgischem Eingriff.

Patienten mit einem dauerhaften Thromboembolierisiko erhalten häufig eine Langzeitprophylaxe z. B. mit Phenprocoumon. Beispiele für Patienten, die eine orale dauerantikoagulation benötigen, zeigt Tab. 9.

Tab. 9: Thromboserisiko und dauerantikoagulation [Quelle: 30]

Beispiele für Patienten, die eine orale Dauerantikoagulation benötigen Thromboembolie-risiko

mechanische Herzklappen

Thrombose oder Lungenembolie im letzten monat HoCH

Vorhofflimmern + Zustand nach embolie

Vorhofflimmern + Alter > 75 Jahre miTTeL

Vorhofflimmern + Diabetes

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Z E R T I F I Z I E R T E F o R T B I L d u n G

– THromBose –Prophylaxe und Therapie venöser thromboembolischer ereignisse mit Antikoagulantien

– 30 –

Ist bei solchen Patienten ein größerer Eingriff vorgesehen, besteht eine erhöhte Blutungsgefahr, so dass die orale Antikoagulation abgesetzt werden muss. damit der Patient dennoch vor der Entstehung einer Thromboembolie geschützt ist, kann die Zeit mit niedermolekularem Heparin überbrückt werden. Hierfür werden meist niedermolekulare Heparine verwendet – auch wenn es sich dabei um einen off-Label-use handelt, da die nMH per se nicht für diese Anwendung zugelassen sind.

Ausschlaggebend für die Verwendung von nMH in der Überbrückung einer oralen Antikoagula-tion und die Kostenübernahme durch Krankenversicherungsträger sind 3 Kriterien:31

1. schwerwiegende krankheit Es handelt sich um die Behandlung einer schwerwiegenden (lebensbedrohlichen oder die Lebens-qualität auf dauer nachhaltig beeinträchtigenden) Erkrankung.

2. keine zugelassene Alternativtherapie Es fehlen zugelassene therapeutische Therapien bzw. eine allgemein anerkannte, dem medizini-schen Standard entsprechende Behandlung steht nicht zur Verfügung.

3. Gute Datenlage Aufgrund der datenlage besteht die begründete Aussicht, dass mit dem betreffenden Päparat ein Behandlungserfolg erzielt werden kann. unter mehreren nicht zugelassenen Therapien ist diejenige mit der besten internationalen Evidenz zu wählen.

Im Vergleich zu anderen Antikoagulantien weist das nMH Enoxaparin die beste datenlage hin-sichtlich der Überbrückung der oralen Antikoagulation auf (Abb. 14).

nach dem Eingriff kann die vorherige orale Antikoagulation fortgesetzt werden.

LekTion 3: Arzneimittelabgabe und Beratung in der Apotheke

Bei der medikamentösen Thromboseprophylaxe ist die Patienten-Compliance von entscheidender Bedeutung. nur wenn das Arzneimittel regelmäßig und in der richtigen dosierung angewendet wird, entfaltet es die gewünschte Wirkung und bietet einen guten Schutz vor der Entstehung einer Thrombose.

Erfolgt die Applikation des Arzneimittels durch subkutane Injektion (z. B. niedermolekulares Heparin), ist zudem die richtige Handhabung der Spritzen entscheidend für den Therapieerfolg. Hier kann es leicht zu Anwendungsfehlern kommen, wenn der Patient nicht ausreichend mit den Spritzen vertraut ist.

Abb. 14: Gute datenlage für niedermolekulare Heparine bei der Überbrückung der oralen Antikoagulation

Certoparin

dalteparin

Enoxaparin

nadroparin

Tinzaparin

Gesamtzahl

1 Mod. nach Hammertingl C et. al., der Bayerische Internist 2006; 4: 211–216

2 Periinterventionelles Gerinnungsmanagement: BoRdER Register; omran H et al. Hämostaseologie 2011; 31: 143–144

3 Eisele R et al. Throm res 2012 nov; 130 (5): 788–793

2.244 Patienten1,2

406 Patienten1,2

5 Patienten2

954 Patienten1,2

531 Patienten2,3

4.140 dokumentierte Patienten in Registern

NMH eignen sich zur Überbrückung einer oralen Dauerantikoagulation bei

chirurgischem Eingriff.

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Prophylaxe und Therapie venöser thromboembolischer ereignisse mit Antikoagulantien

– 31 –

Kommt ein Patient mit einer Verordnung z. B. über Heparin-Spritzen in die Apotheke ist daher eine sorgfältige Beratung erforderlich. nur so kann der Therapieerfolg gewährleistet werden.

Beratung zur Anwendung von Heparin-spritzen Dosierung/Häufigkeit der Anwendung

die genaue dosierung legt der Arzt fest, da die Einstellung der Heparin-dosis von vielen patien-tenindividuellen Faktoren abhängt. normalerweise erfolgt die Injektion ein- bis zweimal täglich. Zunächst sollte also mit dem Patienten erörtert werden, ob ihm eine dosierungsvorgabe vorliegt. Ist dies nicht der Fall, empfiehlt sich eine Rücksprache mit dem Arzt.

Die injektion der spritzen6

niedermolekulare Heparine werden als subkutane Injektion verabreicht, da die Moleküle bei oraler Verabreichung im Verdauungstrakt zerstört würden. da die Patienten in der Regel die Spritzen selbst anwenden, ist es wichtig, ihnen hier eventuelle Berührungsängste im umgang mit Spritzen zu nehmen. die jeweilige Injektionslösung wird mittlerweile als gebrauchsfertige Fertigspritze angeboten, somit sollte die Anwendung nach ausreichender Aufklärung für die meisten Patienten kein Problem darstellen. Im Zweifelsfall können Angehörige oder medizini-sches Pflegepersonal den Patienten hier unterstützen. Wichtig zu wissen ist, dass jede Fertig-spritze nur einmalig verwendbar ist und nach der Anwendung entsorgt werden muss.

Am einfachsten ist die Verabreichung im Liegen. Als geeignete Injektionsstelle bieten sich die vordere seitliche Bauchdecke oder die Außenseite der oberschenkel an. Zunächst sollte die Injektionsstelle mit einem Alkoholtupfer desinfiziert werden. Wenn die Stelle abgetrocknet ist, wird die Schutzkappe der Fertigspritze abgezogen, dies wird durch ein schraubenartiges drehen der Schutzkappe erleichtert.

In der Fertigspritze befindet sich eine Luftblase. diese darf vor der Injektion nicht entfernt wer-den, da sie die vollständige Entleerung der Spritze ermöglicht. Haftet an der Injektionsnadel ein Flüssigkeitstropfen, so sollte dieser vor der Injektion abgeschüttelt werden, damit es nicht zu lokalen Reizerscheinungen oder einem (ungefährlichen) oberflächlichen Bluterguss kommt.

Mit daumen und Zeigefinger hebt man an der desinfizierten Hautstelle eine Hautfalte ab – diese darf während der Injektion nicht gelockert werden. die Injektionsnadel wird senkrecht in einem Winkel von 90° eingeführt. die Injektionslösung wird langsam und vollständig verabreicht. An-schließend wird die nadel ebenfalls senkrecht wieder herausgezogen. nach dem Herausziehen kann die Hautfalte langsam losgelassen werden.

um Verletzungen zu vermeiden, sind z. B. Enoxaparin-Fertigspritzen mit einem automatischen Sicherheitssystem versehen. nach der vollständigen Entleerung der Spritze schiebt sich beim Herausziehen aus der Haut automatisch eine Sicherheitshülse über die Injektionsnadel. das Sicherheitssystem greift nur bei vollständig entleerter Spritze. Wird also nur ein Teil der Injek-tionslösung benötigt, muss die überschüssige Lösung vor der Injektion abgespritzt werden. die nadelspitze ist dabei senkrecht nach unten zu halten, damit die in der Spritze enthaltene Luft-blase weiterhin in der Spritze verbleibt und so bei der eigentlichen Injektion die vollständige Entleerung der Spritze gewährleistet ist.

Heparin-Injektions-lösungen gibt es auch als gebrauchsfertige Fertig-

spritzen.

Viele Fertigspritzen sind mit einem automati-

schen Sicherheitssystem versehen.

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Z E R T I F I Z I E R T E F o R T B I L d u n G

– THromBose –Prophylaxe und Therapie venöser thromboembolischer ereignisse mit Antikoagulantien

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mögliche nebenwirkungen und der Umgang damit11,16–19

unter umständen entsteht an der Einstichstelle ein blauer Fleck, also ein kleiner Bluterguss. das ist jedoch unbedenklich und sollte den Patienten nicht beunruhigen.

Von Bedeutung ist hingegen die erhöhte Blutungsgefahr, die eine Anwendung gerinnungs-hemmender Medikamente immer mit sich bringt. Auf diese nebenwirkung sollten Patienten unbedingt hingewiesen werden, damit sie eventuell vorkommende Blutungen, insbesondere bei größeren Verletzungen, ernst nehmen und ggf. einen Arzt aufsuchen, der über weitere Schritte wie etwa ein Absetzen der Heparin-Gabe entscheiden kann.

Eine ebenfalls mögliche nebenwirkung ist die heparininduzierte Thrombozytopenie (HIT). Bei Verwendung niedermolekularer Heparine ist die Gefahr allerdings vergleichsweise gering. die beste Möglichkeit eine HIT frühzeitig zu erkennen ist die regelmäßige Bestimmung der Thrombo-zytenzahl, die vor allem bei Anwendung von unfraktioniertem Heparin zu empfehlen ist. ob und wie häufig die Thrombozytenzahl bestimmt wird, entscheidet der Arzt in Abhängigkeit vom je-weiligen Risiko, eine HIT zu entwickeln. Auch die Fachinformation der einzelnen Heparine bietet dazu Informationen. Informationen zu weiteren möglichen neben- und Wechselwirkungen sowie Kontraindikationen können ebenfalls den jeweiligen Fachinformationen entnommen werden.

Abgabe in der Apothekekritische Darreichungsform: Der Austausch des originalpräparates gegen einen u. U. gleich-lautendes, parallelimportiertes Präparat kann die Compliance gefährden

die Spritzensysteme zur Verabreichung der Heparine unterscheiden sich zum Teil in der optik oder Handhabung. Besonders wenn ein Patient – z. B. durch Abgabe eines Importes in der Apotheke – eine andere Spritze erhält, als die, dessen Handhabung ihm vom Arzt erklärt wurde, muss sichergestellt werden, dass er sein Arzneimittel dennoch sicher anwenden kann. Bestehen hier Zweifel, z. B. weil der Import nicht über das Sicherheitssystem des originals verfügt, sollte immer überprüft werden, ob eine umstellung auf ein Vergleichspräparat nötig ist oder möglicher-weise durch den Apotheker vermieden werden kann.

Bei Heparinspritzen kann eine Umstellung auf ein anderes System kritisch

sein.

Abb. 15: Anwendung einer Heparin-Spritze

desinfizieren Sie die gewählte Ein- stichstelle mit einem Alkohol- tupfer.

Führen Sie die nadel senkrecht in einem 90°-Winkel ein. Es muss die gesamte dosis verabreicht werden, damit der automatische Schutz- mechanismus akti-viert wird.

Ziehen Sie die Sicherheits- kappe gerade von der na- del ab. Tropfen von der nadelspitze abschütteln, nicht abstreifen. die in der Spitze befindliche Luftblase darf nicht entfernt werden! Sie ermöglicht das vollstän- dige Entleeren der Spritze.

Ziehen Sie die nadel lang- sam heraus. dabei schiebt sich die Schutzhülle auto-matisch über die nadel und schließt diese ein. Erst dann die Hautfalte langsam loslassen.

Bilden Sie an der desinfizierten Stelle zwischen daumen und Zeigefinger eine Hautfalte.

die Spritze lässt sich nun gefahrlos entsorgen.

einfache Vorbereitung

einfache injektion

1

4

2

5

3

6

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Prophylaxe und Therapie venöser thromboembolischer ereignisse mit Antikoagulantien

– 33 –

Gerade bei einer kritischen darreichungsform wie es die Heparin-Sicherheitsspritzen sind, kann es beim Patienten zu Irritationen oder Fehlern bei der Anwendung kommen, wenn er durch eine andere optik/Handhabung verunsichert wird. Aus diesem Grunde sollte jeweils kritisch überprüft werden, ob eine Substitution einer verordneten original-Sicherheitsfertigspritze überhaupt erfor-derlich ist. Außerdem sind möglicherweise nicht zu jedem Import in allen Stärken und Packungs-größen Fertigspritzen mit Sicherheitssystem auf dem Markt.

die aktuellen normgrößen-Bereiche für Heparin-Fertigspritzen lauten:32

eXkUrs: original oder import?32

Ist das original verordnet und liegt kein Rabattvertrag vor, entscheidet die Apotheke, ob das original oder der Import abgegeben wird. In vielen Fällen ist die Abgabe des originalpräparates möglich. Ist die Wirtschaftlichkeitsreserve durch Importabgabe bereits erzielt, so wird die Ab-gabe eines 15/15-Importes zwar als Bonus hinterlegt, dieser wird jedoch nicht ausgezahlt. Soll auf einen Import getauscht werden, muss überprüft werden, ob dieser überhaupt „preisgüns-tig“ gemäß der 15/15-Regelung des Rahmenvertrages ist. Zu vielen originalen gibt es Importe, die diese Anforderung nicht erfüllen. Wird gegen einen Import getauscht, der nicht preisgünstig gemäß der 15/15-Regelung des Rahmenvertrages ist, dann wird dieser nicht auf die Wirtschaft-lichkeitsreserve angerechnet und bringt daher keinen Vorteil. Falls ein Import nach Abzug des Herstellerrabattes teurer ist als das original, droht sogar eine Retax. import – preisgünstig oder nicht?ob vorhandene Importe preisgünstig gemäß der 15/15-Regelung sind, wird in einigen EdV-Systemen angezeigt, so z. B. in der Lauer-Taxe (Abb. 16).

Ausgewählte Arzneimittelgruppen: Heparine, andere, Fertigspritzen

Abgeteilte Darreichungsformen zur injektion oder infusion (Angaben in St.):

neue n-Bereiche: n1: 8–12 n2: 18–22 n3: 48–50

Abb. 16: Screenshot aus der Lauer-Taxe, Eingabe in das Suchfeld: Clexane (Stand 11/2012)

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Z E R T I F I Z I E R T E F o R T B I L d u n G

– THromBose –Prophylaxe und Therapie venöser thromboembolischer ereignisse mit Antikoagulantien

– 34 –

In der Lauer-Taxe wird in der Kennzeichnung hinter dem originalpräparat deutlich, ob es preis-günstige Importe im Handel gibt oder nicht. Ein großes „o“ zeigt an, dass es keine 15/15-Importe im Handel gibt. Ist dagegen ein kleines „o“ vermerkt, bedeutet dies, dass es 15/15-Importe gibt. die Verfügbarkeit solcher Importe muss dann allerdings von der Apotheke geprüft werden. einfluss eines rabattvertragesLiegt ein Rabattvertrag über das original vor, so ist dieser in jedem Fall zu beachten: das rabattierte original hat Vorrang vor einem nicht rabattierten Import. Bei einer nichtabgabe des rabattierten originals droht eine Retax durch die Krankenkasse. dies gilt auch, wenn ein Import namentlich verordnet ist und sogar dann, wenn ein Import mit Aut-idem-Kreuz verordnet ist. das Aut-idem-Kreuz unterbindet den Austausch zu „wirkstoffgleichen“ Generika, nicht aber den Austausch zwischen „identischen“ original- und Importprodukten. Produktneutrale Verordnung

Bei einer produktneutralen Verordnung (Verordnung ohne nennung von Hersteller oder PZn) gehen viele Prüfstellen von einer „generischen“ Verordnung aus. Trotzdem kann das original häufig abgegeben werden, z. B. bei nichtlieferbarkeit der Importe. diese sollte allerdings sorg-fältig dokumentiert werden (Sonder-PZn plus handschriftliche Begründung). Zusätzlich muss bei Abgabe eines teureren Präparates die Rücksprache mit dem Arzt dokumentiert werden. Pharmazeutische Bedenken

Gerade bei kritischen darreichungsformen wie Fertigspritzen ist es wichtig, dass der Patient problemlos mit seinem Arzneimittel umgehen kann. Entsteht bei der Apotheke im Laufe des Beratungsgespräches der Eindruck, dass durch den Wechsel von einem verordneten original-Produkt auf einen Import Therapieprobleme auftreten werden und dadurch die Compliance gefährdet ist, ist es denkbar, einen solchen Austausch durch Anmerken von Pharmazeutischen Bedenken zu vermeiden. dazu ist es erforderlich, die Sonder-PZn auf dem Rezept aufzudrucken und zusätzlich die Begründung handschriftlich auf dem Rezept zu vermerken. diese Begründung ist dann mit Kürzel und datum abzuzeichnen.

Weitere Beratungsthemen in der Apotheke Thrombose erkennen4–6,33

unter umständen haben Sie in der Apotheke auch mit Thrombosepatienten zu tun, bei denen die Erkrankung noch nicht diagnostiziert wurde. So kann es etwa vorkommen, dass ein Kunde in die Apotheke kommt und Symptome schildert, denen eine Thrombose zugrunde liegen könnte. In diesem Fall sollte unbedingt ein Arzt aufgesucht werden!

Folgende symptome können Anzeichen für eine Venenthrombose sein:

• Schwellung und Wärmegefühl im betroffenen Bein • Schweregefühl • Schmerzen, die sich meist wie Muskelkater anfühlen • Gerötete und gespannte Haut, manchmal auch Blaufärbung

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Prophylaxe und Therapie venöser thromboembolischer ereignisse mit Antikoagulantien

– 35 –

oft lindert das Hochlegen der Beine die Symptome. die ursache aber bleibt bestehen und muss behandelt werden. Klagen Kunden also über schwere, geschwollene Beine, ist eine nachfrage nach weiteren Symptomen bzw. möglichen ursachen durchaus angebracht und ggf. ein Arztbe-such zu empfehlen!

risikofaktoren

Viele Thrombosen werden nicht oder erst spät bemerkt, da sie zunächst symptomlos verlaufen. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, die Risikofaktoren für die Entstehung einer Thrombose zu kennen. Zum einen kann die Vermeidung von Risikofaktoren dazu beitragen, dass eine Thrombose gar nicht erst auftritt, zum anderen hilft eine entsprechende Sensibilisierung für diese Erkrankung, erste Symptome zu erkennen und rasch zu reagieren.

Beurteilung des persönlichen Thrombose-risikos

Anhand der im Folgenden aufgeführten Kriterien lässt sich das individuelle Risiko einschätzen. niedriges risiko • Eine Reise von mehr als 5 Stunden in überwiegend sitzender Position, unabhängig von Alter und gesundheitlichem Zustand.

mittleres risiko • Alter über 60 Jahre • Erheblich eingeschränkte Herzleistung • Bekannte familiäre Thromboseneigung • Vorliegen einer Gerinnungsstörung • Krampfadern oder andere Venenerkrankungen • Übergewicht • Einnahme der „Pille“ oder Hormonersatztherapie • Schwangerschaft

Hohes risiko • Früher aufgetretene Thrombose oder Lungenembolie • Krebserkrankung • Ruhestellung des Knie- oder Sprunggelenkes • Kürzlich erfolgte operation mit nachfolgender Einschränkung der Beweglichkeit

dieser Risikocheck kann nicht die untersuchung durch einen Arzt ersetzen, gibt aber erste An-haltspunkte hinsichtlich der Thrombosegefahr und kann als Entscheidungshilfe dienen, ob ein Arztbesuch zu empfehlen ist.

Was kann man selbst tun, um eine Thrombose zu vermeiden?33

Es gibt eine Reihe grundlegender Maßnahmen, mit denen man sich bzw. seinen Venen etwas Gutes tun kann und so der Bildung einer Thrombose aktiv entgegenwirkt. Entsprechende Tipps können den Patienten im Beratungsgespräch mit auf den Weg gegeben werden.

Bei Symptomen, die auf eine Thrombose hindeu-ten, sollte immer ein Arzt

aufgesucht werden.

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Z E R T I F I Z I E R T E F o R T B I L d u n G

– THromBose –Prophylaxe und Therapie venöser thromboembolischer ereignisse mit Antikoagulantien

– 36 –

Besonders wichtig ist regelmäßige Bewegung. Gut geeignet sind Sportarten wie Laufen, Schwim- men oder Radfahren. die Muskelpumpen in den Waden bewirken eine Kompression der Venen, wodurch diese in ihrer Funktion, das Blut abzutransportieren, unterstützt werden. Langes Stehen oder Sitzen hingegen beansprucht die Beinvenen und sollte daher möglichst vermieden werden. Merksatz: Sitzen und Stehen ist schlecht – lieber Laufen oder Liegen (SSS-LLL).

Auch Übergewicht sollte vermieden werden, da es nicht nur die Venen, sondern den gesamten Kreislauf belastet und Krankheiten wie diabetes und Fettstoffwechselstörungen begünstigt.

Übungen zur Aktivierung der Venen-muskelpumpe34

Insbesondere nach einer operation oder schlimmen Verletzung können spezielle Bewegungs-übungen helfen, die Muskelpumpen in den Beinen zu aktivieren. Folgende Übungen lassen sich schnell und einfach durchführen (Abb. 17):

1. Zehen beugen und strecken

Auf dem Rücken liegend werden die nach oben gerichteten Fußspitzen abwechselnd gestreckt und gebeugt. die Übung sollte 15 x wiederholt und zudem mehrmals täglich durchgeführt werden.

2. Ferse und spitze rollen

Im Sitzen auf einem Stuhl werden die Füße auf den Boden gestellt. dann werden zunächst die Fußspit-zen angehoben und die Fersen fest auf den Boden gedrückt. danach werden die Füße mit druck auf den Boden bis hin zu den Fußspitzen abgerollt und die Fersen angehoben. Auch diese Übung sollte 15 x wiederholt und mehrmals täglich durchgeführt werden.

Abb. 17: Übungen zur Aktivierung der Venen-Muskelpumpe [Quelle: 34]

2

1

Regelmäßige Bewegung tut den Venen gut.

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Prophylaxe und Therapie venöser thromboembolischer ereignisse mit Antikoagulantien

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reiseprophylaxe33

die Gefahr einer Thrombose steigt, wenn sich durch stundenlanges Abknicken der Beine, wie z. B. auf langen Flugreisen, die Gefäße verengen und der Rückfluss des Blutes behindert wird. die Gefahr einer Reisethrombose wird häufig unterschätzt. daher sollten Sie dieses Thema ruhig ansprechen, wenn Kunden eine Reise erwähnen oder sich hinsichtlich einer geeigneten „Reise-apotheke“ beraten lassen. Mancher Kunde fragt sicherlich auch danach, ob und welche Art von Thromboseprophylaxe vorgenommen werden sollte.

Liegen keine sonstigen Risikofaktoren vor, erfordert eine Reise keine medikamentöse Thrombo-seprophylaxe. Aber es ist immer sinnvoll, den Reisenden zu allgemeinen Basismaßnahmen zu raten. Bestehen zusätzliche Risikofaktoren, sind spezielle Prophylaxemaßnahmen zu empfehlen.

Sofern also ein hohes Thromboserisiko vorliegt, ist dem Kunden vor Antritt der Reise ein Arzt-besuch zu empfehlen. dieser kann das individuelle Risiko genauer bestimmen und geeignete Prophylaxemaßnahmen festlegen.

Folgende Tipps können Sie Ihren Kunden geben: Bei niedrigem risiko: ➔Für Bewegung sorgen: Bei Autofahrten Pausen einlegen und einige Schritte gehen, im Zug zwischendurch aufstehen, im Flugzeug z. B. Fußwippen

➔ Viel trinken, aber keinen Alkohol

➔ Vorhandenen Fußraum nutzen, um die Beine zu bewegen und ihn nicht z. B. durch Abstellen von Gepäck verringern

Bei mittlerem risiko, wie bei niedrigem risiko, zusätzlich: ➔ Tragen von Kompressionsstrümpfen

➔ Im Einzelfall, z. B. wenn eine Schwangerschaft oder Gerinnungsstörung vorliegt, medikamentöse Prophylaxe mit nMH. Hierüber entscheidet der Arzt.

Bei hohem risiko, wie bei mittlerem risiko, zusätzlich: ➔ Medikamentöse Vorbeugung, z. B. durch Gabe eines nMH. Hierüber entscheidet der Arzt.

Bei langen Reisen ist eine Thromboseprophylaxe oft

sinnvoll.

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– THromBose –Prophylaxe und Therapie venöser thromboembolischer ereignisse mit Antikoagulantien

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exemplarische Beratungsgesprächedie Beratung in der Apotheke spielt beim Thema Thrombose eine wichtige Rolle. Bei Verordnun-gen von Heparin-Spritzen gilt es insbesondere, die richtige Anwendung zu erläutern. Auch beim Erkennen einer Thrombose bzw. eines bestehenden Thromboserisikos ist eine entsprechende Beratung in der Apotheke von Bedeutung. Anhand zweier exemplarischer Beratungsgespräche möchten wir Ihnen Tipps und Anregungen geben, wie Sie Ihr Kundengespräch gestalten können.

Beratungsgespräch 1:

ein kunde kommt mit einer Verordnung über Heparin-spritzen in die Apotheke

A = Apotheken-Mitarbeiter/in k = Kunde

ich möchte gerne dieses rezept einlösen. ich habe eine stützbandage am Fußgelenk erhalten und kann nicht auftreten und soll deshalb eine Thromboseprophylaxe bekommen. ich dachte ja eigentlich, Thrombosen bekommen nur ältere menschen, aber der Arzt sagte, dass mir das auch passieren kann.

Ja. durch die Ruhigstellung des Beins wird die Blutströmung in den Beinvenen verlang-samt. dadurch ist die Thrombosegefahr deutlich erhöht. deshalb ist es wichtig, dass Sie die Prophylaxe regelmäßig anwenden. Wir haben die Heparin-Spritzen auch vorrätig. Sind sie mit dem umgang mit diesen vertraut?

Der Arzt hat mir die Anwendung erklärt, aber ich bin mir nicht sicher, ob ich mir alles gemerkt habe.

Zunächst sollten Sie die Einstichstelle desinfizieren. dann entfernen Sie die Schutzkappe der Fertigspritze. In der Fertigspritze befindet sich eine Luftblase, die nicht entfernt werden darf, da sie die vollständige Entleerung der Spritze ermöglicht. Haftet an der Injektionsnadel ein Flüssigkeitstropfen, schütteln Sie ihn vor der Injektion vorsichtig ab. dann heben Sie mit daumen und Zeigefinger eine Hautfalte an. In diese wird die Injektionsnadel senkrecht in einem Winkel von 90 Grad eingeführt und die Injektionslösung langsam und vollständig ver-abreicht. Anschließend ziehen Sie die nadel ebenfalls senkrecht wieder heraus. das Risiko von Stichverletzungen ist bei diesen Spritzen sehr gering, da ein spezielles Sicherheitssystem die Kanüle nach der Injektion umschließt.

Gut. muss ich sonst auf irgendetwas achten?

Hat Ihr Arzt Sie über mögliche nebenwirkungen aufgeklärt?

Ja. er hat gesagt, dass das medikament die Blutgerinnung hemmt, was bei größeren Verletzungen zu Problemen führen kann.

Richtig, durch die Hemmung der Blutgerinnung besteht eine erhöhte Blutungsgefahr, so dass Sie Verletzungen nicht auf die leichte Schulter nehmen und ggf. einen Arzt aufsuchen sollten. denn dann muss die Heparin-Anwendung eventuell unterbrochen werden. Auf dem Rezept steht, dass Sie das Medikament 10 Tage lang 1 x täglich anwenden sollen. Ich notiere das auch noch einmal auf der Packung der Spritzen. Es ist wichtig, dass Sie die Anwendung wirklich täglich durchführen – nur so kann der gewünschte Schutz vor einer Thrombose erzielt werden.

k

k

k

k

A

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Prophylaxe und Therapie venöser thromboembolischer ereignisse mit Antikoagulantien

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Beratungsgespräch 2:

eine kundin möchte zum Thema reiseprophylaxe beraten werden

A = Apotheken-Mitarbeiter/in k = Kunde

ich habe eine lange Flugreise vor mir und ich habe schon öfter gehört, dass bei langer reise eine Thrombosegefahr besteht und man sich mit kompressionsstrümpfen oder auch mit Heparin-spritzen schützen sollte.

Richtig. durch das lange Abknicken der Beine kann das Blut schlecht zurückfließen und sich in den Beinen stauen und das kann in der Tat zu einer Thrombose führen. Wie hoch das Risiko aber wirklich ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab, z. B. ob bei Ihnen ein Venen-leiden oder eine Gerinnungsstörung vorliegt, ob Sie Hormone einnehmen oder vielleicht schwanger sind oder vor kurzem einen chirurgischen Eingriff hatten. dies sind alles Risiko-faktoren für eine Thrombose.

ich nehme die Anti-Baby-Pille, also Hormone ein. sonst wüsste ich aber nicht, dass ich ein erhöhtes risiko trage. Jedenfalls hatte ich bis jetzt keine Thrombose.

Gibt es denn in Ihrer engeren Verwandtschaft Personen, die schon einmal eine Thrombose hatten?

Ja, ich weiß, dass meine Großmutter eine Thrombose hatte und außerdem meine Tante.

das könnte ein Hinweis auf eine familiäre Thromboseneigung sein. daher empfehle ich Ihnen einen Arztbesuch. Er kann Ihr individuelles Risiko genauer abklären und die geeignete Reiseprophylaxe festlegen, z. B. medizinische Thromboseprophylaxestrümpfe oder die Gabe von Heparin. Zusätzlich können Sie auch selbst dazu beitragen, das Risiko zu minimieren, indem Sie Ihre Füße und Beine soweit es geht während des Fluges bewegen. Beispielswei-se können Sie zwischendurch die Füße abwechselnd über die Fersen und Fußspitzen rollen und eventuell auch mal kurz aufstehen.

Gut, ich schaue am besten gleich heute in der Arztpraxis vorbei.

k

k

k

k

A

A

A

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– THromBose –Prophylaxe und Therapie venöser thromboembolischer ereignisse mit Antikoagulantien

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AbkürzungsverzeichnisACs Akutes KoronarsyndromAPC Aktiviertes Protein CAss AcetylsalicylsäureCVi Chronische VeneninsuffizienzHiT Heparininduzierte ThrombozytopenieiPk Intermettierende pneumatische KompressionLe LungenemboliemTPs Medizinische ThromboseprophylaxestrümpfenmH niedermolekulare HeparinenoAk neue orale AntikoagulantienPAVk Periphere arterielle VerschlusskrankheitPiVkA Protein induced by vitamin k absencePTs Postthrombotisches SyndromTVT Tiefe VenenthromboseUFH unfraktioniertes Heparin

GlossarAkutes koronarsyndrom unter dem Begriff Akutes Koronarsyndrom werden die unmittelbar lebensbedrohlichen Phasen der koronaren Herz- erkrankung zusammengefasst, nämlich instabile Angina pec- toris, nicht-ST-Hebungsinfarkt (nSTEMI) und ST-Strecken- Hebungsinfarkt (STEMI).Antikoagulantien Gerinnungshemmende MedikamenteArteriosklerose „Gefäßverkalkung“, Ablagerungen an der Gefäßwand einer Arterie (z. B. Blutfette, Thrombozyten, Bindegewebe, Kalk)Atherothrombose Thrombose infolge einer ArterioskleroseChronische Veneninsuffizienz Postthrombotisches Syndrom, infolge einer Thrombose sind die Venenklappen beschädigt und es kommt zu einem Blutrückstau in den Beinen.embolie durch einen verschleppten Thrombus verursachter Gefäßverschlussembolus Thrombus (oder Teile davon), der sich von der Gefäßwand gelöst hatendothel Gefäßwanderythrozyten Rote BlutkörperchenFibrinolyse Spaltung von unlöslichem Fibrin in lösliche SpaltprodukteHämarthrose Wiederkehrende Blutungen in den Gelenken infolge einer HämophilieHämophilie Bluterkrankheit, ein erblicher Mangel an Faktor VIII oder Faktor IX führt zu einer herabgesetzten Blutgerinnung.

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Prophylaxe und Therapie venöser thromboembolischer ereignisse mit Antikoagulantien

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Hämostase BlutstillungHeterozygot nur ein Allel des homologen Chromosomenpaares betreffendHomozygot Beide Allele des homologen Chromosomenpaares betreffendintermittierende pneumatische Fuß- oder Beinmanschetten werden in definierten kompression (iPk) Abständen mit Luft gefüllt und wieder entleert. dies ersetzt die Arbeit der Wadenmuskulatur bei immobilen Patientenischämischer schlaganfall Hirninfarkt, plötzliche Minderdurchblutung des Gehirnsoff-Label-Use Anwendung eines zugelassenen Arzneimittels außerhalb der von den entsprechenden Zulassungsbehörden genehmigten AnwendungsgebietePeriphere arterielle Störung der arteriellen durchblutung der Extremitäten Verschlusskrankheit aufgrund einer Einengung oder eines Verschlusses der die Extremitäten versorgenden ArterienPhlebitis Venenentzündung, Entzündung der GefäßwändePhlebografie Spezielle Röntgenuntersuchung mit Hilfe von Kontrastmitteln zur Beurteilung der VenenPostthrombotisches syndrom Chronische Veneninsuffizienz, infolge einer Thrombose sind die Venenklappen beschädigt und es kommt zu einem Blutrückstau in den Beinen.Protease Proteolytisches, d. h. eiweißspaltendes EnzymProtein induced by durch Vitamin-K-Antagonisten beeinträchtigte vitamin k absence Gerinnungsfaktoren. Thrombektomie operative Entfernung eines ThrombusThromboembolie/ Thromboembolische ereignisse Gefäßverschluss durch einen Thrombus oder EmbolusThrombolyse Medikamentöse Auflösung eines ThrombusThrombolytika Medikamente zur ThrombolyseThrombophilie Erhöhte Gerinnungsneigung, kann erblich bedingt oder erworben sein.Thrombose Krankhafte Bildung eines Blutgerinnsels in einem BlutgefäßThrombozyten BlutplättchenThrombozytenadhäsion Bei Verletzung der Gefäßwand haften sich Thrombozyten an Kollagenfasern des BindegewebesThrombozytenaggregation Zusammenlagerung von Thrombozyten zu einem Thrombo- zytenpfropfThrombozytenaggregationshemmer Wirkstoffe, die der Thrombenbildung durch Hemmung der Thrombozytenaggregation entgegenwirkenThrombus Blutgerinnsel, das an der Gefäßwand haftetUlcus cruris „offenes Bein“, Geschwür, das infolge eines fortgeschrittenen Venenleidens aufgetreten istZyanose Bläuliche Verfärbung der Haut

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Z E R T I F I Z I E R T E F o R T B I L d u n G

– THromBose –Prophylaxe und Therapie venöser thromboembolischer ereignisse mit Antikoagulantien

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Quellen 1 AWMF-Leitlinie, Prophylaxe der venösen Thromboembolie (VTE), Version vom 18. März 2009 mit eingearbeitetem Addendum vom 08. Mai 2010, Link: www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/003-001l_S3_Thromboembolie-Prophylaxe_2010.pdf

2 AWMF-Leitlinie diagnostik und Therapie der Venenthrombose und Lungenembolie. Stand 06/2012, Link: www.awmf.org/uploads/ tx_szleitlinien/065-002_S2_diagnostik_und_Therapie_der_Venenthrombose_und_der_Lungenembolie_06-2010_06-2015.pdf

3 www.thromboseportal.de/Fachkreise/Thrombose-und-Embolie.htm?Id=30

4 www.thromboseportal.de – Patienten-Informationen

5 Thrombose und Thrombophilie – Was bedeutet das für Sie? Eine Informationsbroschüre für Patienten und Angehörige über angeborene und erworbene Störungen der Blutgerinnung. Sanofi Aventis deutschland GmbH.

6 Venenthrombose und Lungenembolie erkennen und behandeln. Eine Informationsbroschüre für Patienten und Angehörige. Sanofi Aventis deutschland GmbH.

7 naess, I.A., Christiansen, S.C., Romundstad, P. et al. Incidence and mortality of venous thrombosis: a population-based study. J Thromb Haemost 2007; 5: 692–699.

8 Fowkes, F.J., Price, J.F., Fowkes, F.G. Incidence of diagnosed deep vein thrombosis in the general population: systematic review. Eur J Vasc Endovasc Surg 2003; 25:1–5.

9 Klinke, R., Silbernagl, S. Lehrbuch der Physiologie. 2. Auflage 1996, Georg Thieme Verlag Stuttgart new York.

10 Thews, G., Mutschler, E., Vaupel, P. Anatomie, Physiologie, Pathophysiologie des Menschen. 4. Auflage 1991, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH Stuttgart.

11 Masekowitz. Blutgerinnung. nur nicht ins Stocken geraten. pta FoRuM onLInE, www.pta-forum.de/index.php?id=1024, aufgerufen am 25.05.2012

12 Lindhoff-Last, E., Luxembourg, B., Pabinger, I. update Thrombophilie. Hämostaseologie 5/2008: 365–375.

13 Konstantinides, S., Janssen, A., Mayer, E., Hasenfuß, G. Kommentar zu den ESC-Leitlinien „Guidelines on diagnosis and Management of Acute Pulmonary Embolism”. Kardiologe 2009; 3: 272–282.

14 Mutschler, E., Geisslinger, G., Kroemer, H. K., Schäfer-Korting, M. Arzneimittelwirkungen. 8. Auflage 2001 Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH Stuttgart.

15 Spencer, F.A. et al., Venous thromboembolism in the outpatient setting. Archives of Internal Medicine 2007; 167: 1471–1475.

16 Alban, S. Antikoagulantien. der Thrombosegefahr vorbeugen. Pharmazeutische Zeitung 24/2002

17 www.thromboseportal.de/Fachkreise/Enoxaparin.htm?Id=31

18 Rose, o. neue orale Antikoagulanzien. Hintergrundwissen für die Beratung bei dabigatran und Rivaroxaban. dAZ 28 / 12.07.2012

19 Greinacher, Andreas. Heparinduzierte Thrombozytopenie. dtsch Arztebl 2003; 100: A 2220–2229 [Heft 34–35]

20 Linhardt, R.J., Gunay, n.S. Productin and chemical processing of low molecular weight heparins. Semin Thromb. Hemost. 1999; 25 Suppl. 3: 5–16.

21 Clexane® – Wissenschaftliche Produktmonographie. Sanofi Aventis deutschland GmbH.

22 Fachinformation Clexane®. Stand Juli 2011.

23 EMBASE datenbank online, Stand 04.06.2012

24 Fachinformation orgaran®. Stand Juli 2011.

25 Fachinformation Arixtra®. Stand oktober 2011.

26 Fachinformation Eliquis®. Stand november 2012.

27 Fachinformation Xarelto®. Stand november 2012.

28 Fachinformation Argatra®. Stand September 2010.

29 Fachinformation Pradaxa®. Stand Mai 2012.

30 Bauersachs, R.M. et al. Überbrückung der oralen Antikoagulation bei interventionellen Eingriffen dt. Ärzteblatt 2007; 18: A1237–A1244.

31 Pressemitteilung des Bundessozialgerichts zum off-Label-use, 19.03.2002

32 www.deutschesApothekenPortal.de

33 Fernreisen. So bleibt die Thrombose-Gefahr auf der Strecke! Sanofi Aventis deutschland GmbH.

34 Patienteninformation „Tiefer Venenthrombose vorbeugen“, Hrsg. Aktionsbündnis Patientensicherheit e. V., Version 1.0, Juni 2012 www.aktionsbuendnis-patientensicherheit.de

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Z E R T I F I Z I E R T E F o R T B I L d u n G

– THromBose –Prophylaxe und Therapie venöser thromboembolischer ereignisse mit Antikoagulantien 3 PUnkTe

für Apotheker/PTAs

Von der Apothekerkammer

zertifiziert

3296

63Clexane® 20 mg / Clexane® 40 mg / Clexane® 20 mg Duo / Clexane® 40 mg Duo / Clexane® 60 mg Fertigspritzen / Clexane® 80 mg Fertigspritzen / Clexane® 100 mg Fertigspritzen / Clexane® multidose 100 mg/ml / Clexane® 20 mg Praxis / Clexane® 40 mg Praxis / Clexane® 20 mg Klinik / Clexane® 40 mg Klinik / Clexane® multidose akut / Clexane® multidose Praxis. Wirkstoff: Enoxaparin-Natrium Zusammens.: 1 Fertigspritze 20/-40/-60/-80/-100/- enth.: Arzneil. wirks. Bestandt.: 20/40/60/80/100 mg Enoxaparin-Na (entspr. 2.000/4.000/6.000/8.000/10.000 I.E. anti-Xa. - multi-dose® 100mg/ml enh.: Arzneil. wirks. Bestandt.: 100 mg Enoxaparin (entspr. 10.000 I.E. anti-Xa) pro 1 ml Injektionslösung. Sonst. Bestandt.: Wasser f. Injekt.zwecke. Zusätzl. –multidose: 15 mg/ml Benzylalkohol. Anw.-geb.: Thromboseprophyl. u. Gerinnungshemmung b. extrakorpor. Kreislauf währ. d. Hämodialyse. -20 mg/-20 mg Duo/-20 mg Praxis/-Klinik/-multidose: Peri- u. postoperat. Primärprophyl. d. TVT b. Pat. m. niedrig. od. mittlerem thromboembol. Risiko (z. B. Allgem.chir.). -40 mg/-40 mg Duo/-40 mg Praxis/-Klinik/-multidose: Peri- u. postoperat. Primärprophyl. d. TVT b. Pat. m. hohem thromboembol. Risiko (z. B. orthopäd. Chir.). Primärprophyl. d. TVT b. nicht chir. Pat. m. mittlerem od. hohem thromboembol. Risiko b. akuten schweren intern. Erkrank. (Herzinsuff. NYHA III bzw. IV, Infektionen, respirator. Erkrank.), die weitgeh. Immobilisation z. Folge haben. - 60 mg/- 80 mg/-100 mg Fertigspritzen /-multidose: Ther. d. TVT m./oh. Lungenembolie; Ther. d. instab. A. pectoris u. des NSTEMI; Prävent. erneut auftretender schw. A. pectoris od. e. drohenden MI bei instab. A. pectoris od. NSTEMI. Ther. d. akuten STEMI b. Pat. die konservativ od. konservativ m. nachfolg. PCI versorgt werden. Thromboseprophyl. u. Gerinnungshemmung b. extra-korpor. Kreislauf währ. d. Hämodialyse. Gegenanz.: Überempfindl. gg. Enoxaparin-Na, Heparin od. Heparin-Abkömml., einschl. anderer niedermolek. Heparine. Kürzl. zurücklieg. Verletzungen od. OPs a. ZNS, Auge, Ohr. Kürzl. zurücklieg. klin. relev. Blutung. Akuter od.< 6 Mo. zurücklieg. (od. Verdacht auf) hämorrhag. Schlaganfall od. and. intrakran. Blutungen. Akute od. anamnest. bek. intrakraniale Erkrank. Klin. relev. Gerinnungsstör. (auch i. d. Anamnese, Mangel an Gerinnungsfakt., Thrombozytopenie). Magen- od. Darmulzera. Abortus imminens. Schw. Leber- od. Pankreaserkrank. Unkontrollierb. schw. Hypertonie. Endokarditis. Aktuelle od. anamnest. bek. HIT Typ II. Verdacht a. vaskul. Retinopathie, Glaskörperblut. od. and. intraokul. Blutung. Zusätzl. - 60/- 80/- 100 mg Fertigspritzen /-multidose: Instabile A.pectoris, wenn vor Therapiebeg. orale Antikoagulanzien m. INR >1,4 bzw. aPTT >41 Sekunden. Gleichzeit. Anw. e. Spinal-, Peridural-, Epiduralanästh. od. Lumbalpunktion. Zusätzl. - multidose: Säugl. u. Kleinkind. bis 3 J. Warnhinw. u. Vorsichtsmaßn.: Nicht i.m. verabreichen. Bes. Vorsicht b. erhöh. Blutungsrisiko (Stör. d. Thrombozytenfkt., gering bis mäßig eingeschr. Leber- od. Pankreasfkt., pept. Ulzera i. d. Vorgesch., Verdacht a. Malignome m. Blutungsneig., Nieren- /Harnleitersteinen, gleichzeit. Behandl. m. oralen Antikoagul. In Abhängigk. v. Dos. vermehrt offene od. okkulten Blutungskomplik. Auslösung HIT Typ II mögl.. Vorsicht b. gleichzeit. Anw. v. AM, die den Serum-K-Spiegel erhöhen. Vor Behandl. mögliche vorbesteh. Blutgerinnungsanomalien abklären, währ. d. Behandl. entspr. Laborkontr. durchführen. Auch nieder-molek. Heparine können HIT-Typ II auslösen. Anw. b. Pat. m. künstl. Herzklappen nur nach strenger Indikation. B. älteren Pat. m. besond. Vorsicht anw. (eingeschr. Nierenfkt, erhöht. Blutungsrisiko). B. stark eingeschränkt. Nierenfkt. Blutungsrisiko erhöht (Anti-Xa-Spitzenspiegel überwachen). Anw. b. Kdr. keine Erfahr. Pat. m. geringem KG (Frauen <45 kg; Männer <57 kg): erhöht. Blutungsrisiko, Dos.anpassung erwägen. Zusätzl. – 60/80/100 /-multidose: Keine Erfahr. b. koronarer Bypass-OP. Zur gleichzeit. Durchführung e. PTCA, kombin. Anw. m. Gp-IIb/IIIa Inhibit., STEMI u. Gefäßpunktion siehe FI. Schwangersch. u. Stillz.: Während d. Schwangersch. strenge Indikationsstellung. Währ. Stillz. gerinnungshemm. Effekt auf Sgl. unwahrscheinlich. Nebenw.: Klin. Studien: Gefäße: Sehr häufig Blutung (Chir. Prophyl., Behandl. TVT); Häufig Blutung (Intern. Prophyl., Behandl. inst. A. pectoris, NSTEMI, STEMI); Selten retroperitonoeale od. intrakranielle Blutung. Blut, Lymphsyst.: Sehr häufig Thrombozytose (Chir. Prophyl., Behandl. TVT); Häufig Thrombozytopenie (Chir. Prophyl., Intern. Prophyl., Behandl. STEMI); Gelegentl. Thrombozytopenie (Intern. Prophyl., Behandl. inst. A. pectoris, NSTEMI); Sehr selten immunoallerg. Thrombozytopenie, asymptom. Leukopenie. Immunsyst.: Häufig allerg. Reakt.; Selten anaphylakt., anaphylaktoide Reakt. Leber, Galle: Sehr häufig erhöh. Leberenzyme. Haut, Unterhautzellgew. Häufig Urtikaria, Pruritus, Erythem; Gelegentl. bullöse Dermatitis. Allgemein: Häufig Hämatom, Schmerzen, sonstige Reakt. (Ödem, Blutung, Überempfindl., Entzündung, Verhärtung) a. d. Injektionsst.; Gelegentl. lokale Irritation, Hautnekrose a. d. Injektionsst. Untersuchungen: Selten Hyperkaliämie. Nach Markteinführ.: Blutungen: Selten spin./neuraxiale Hämatome (gleichzeit. Perid.-/Spinal-Anästh. o. Lumbalpunkt.) Haut, Unterhautzellgew.: Selten Kutane Vaskulitis, Hautnekrose od. Knötchen a. d. Injekt.stelle. Allgemein: Einzelfälle Haarausfall, Kopfschm., Azidose, Osteoporose, Hautnekr., Priapismus, Hypotonie, Bradykardie, Hypoaldosteronismus. Verschreibungspflichtig. Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, 65926 Frankfurt am Main. Stand: Juli 2011 (025519)

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Kontrollfragen

1. Welche der folgenden Aussagen sind richtig? (Mehrfachnennungen möglich) m Als Thrombose bezeichnet man die krankhafte Bildung eines Blutgerinnsels in einem Blutgefäß mAls Thrombose bezeichnet man die Bildung eines Blutgerinnsels infolge einer Verletzung des Gefäßendothels mArterielle Thrombosen sind häufiger als venöse Thrombosen mVenenthrombosen kommen am häufigsten in den Bein- und Beckenvenen vor mLöst sich ein Thrombus, kann dies zu einer Embolie führen

2. Was entsteht während der primären Hämostase? m Ein weißer Thrombus, der die Wunde vorläufig verschließt mEin roter Thrombus, der die Wunde fest verschließt mEine vollständige Wundheilung

3. Welche der folgenden Prozesse laufen im Rahmen der sekundären Hämostase ab? (Mehrfachnennungen möglich) m Thrombozytenadhäsion mThrombozytenaggregation mGerinnungskaskade mThrombozytenretraktion mFibrinolyse

4. Nach wie vielen Minuten ist die Blutgerinnung in etwa abgeschlossen? m Nach 1–3 Minuten mNach 5–7 Minuten mNach 10–15 Minuten

5. Nennen Sie die 3 wichtigsten im Körper natürlich vorkommenden Gerinnungshemmstoffe.

a) b) c)

Z E r T i F i Z i E r T E F o r T B i L d u N G

– THRoMBoSe –Prophylaxe und Therapie venöser thromboembolischer ereignisse mit Antikoagulantien

– 1 –

Bi t te alle A n t wor tbogen fa xen an : 0 2 2 1 – 2 2 2 8 3 3 2 2

Vorname:

Nachname:

qHerr q Frau

Name der Apotheke:

Straße:

PLZ: Ort:

Fax: E-Mail-Adresse:

q Ich möchte auch weiterhin über aktuelle Themen informiert werden.

Bit te vol ls tändige Anschri f t der Apotheke ( in Druckbuchstaben)

qApotheker q PTA q Sonstige

3 PUNKTe für Apotheker/PTAs

Von der Apothekerkammer

zertifiziert

LeKTioN 1: Die indikation Thrombose

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6. Wie wirkt Antithrombin iii? m Antithrombin iii hemmt durch Komplexbildung verschiedene Gerinnungsfaktoren mAntithrombin iii verstärkt die Aktivierung verschiedener Gerinnungsfaktoren mAntithrombin iii hemmt die umwandlung von inaktiven Prothrombin in aktives Thrombin mAntithrombin iii hemmt die Vitamin-K-abhängige Synthese von Gerinnungsfaktoren

7. Nennen Sie die 3 wesentlichen Umstände, die bei der entstehung einer Thrombose eine Rolle spielen (Virchow-Trias).

a) b) c)

8. Welche der folgenden Faktoren zählen zu den Basisrisiken für eine Thrombose? (Mehrfachnennungen möglich) m Frühere thromboembolische Ereignisse moperation oder Verletzung mSchwere akute infektion mThrombophilie mSchwangerschaft

9. Wie wird das Akutrisiko für eine Thrombose noch bezeichnet?

10. Welche ist die häufigste thrombosebegünstigende Gerinnungsstörung? m Antiphospholipid-Antikörper-Syndrom mFaktor-V-Leiden-Mutation mProthrombin-Mutation

11. Wie wird eine Thrombose in der Regel behandelt? m Zunächst parallele Gabe von Thrombolytika und oralen Antikoagulantien, anschließend einige Wochen Sekundär- prophylaxe mit Heparin mZunächst Gabe von Heparin-Spritzen, im weiteren Verlauf umstellung auf orale Antikoagulantien, die für mehrere Monate zur Sekundärprophylaxe angewendet werden mZunächst Thrombektomie, anschließend mehrere Monate Heparin oder Vitamin-K-Antagonisten zur Sekundär- prophylaxe

12. Was ist das Ziel der Akutbehandlung?

13. Wann wird eine medikamentöse Thromboseprophylaxe empfohlen? m Bei allen risikogruppen, d. h. bei niedrigem, mittlerem oder hohem Thromboserisiko mBei mittlerem oder hohem Thromboserisiko mNur bei hohem Thromboserisiko

14. Was bewirken physikalische Maßnahmen?

Z E r T i F i Z i E r T E F o r T B i L d u N G

– THRoMBoSe –Prophylaxe und Therapie venöser thromboembolischer ereignisse mit Antikoagulantien

– 2 –

LeKTioN 2: Thrombosetherapie und -prophylaxe

– 2 –

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15. Welche der folgenden Arzneimittelgruppen zählen nicht zu den Antikoagulantien? (Mehrfachnennungen möglich) m CoX-1-Hemmer mFaktor-Xa-Hemmstoffe mHeparine mPhosphodiesterasehemmer mVitamin-K-Antagonisten

16. Wie lässt sich die gerinnungshemmende Wirkung von Heparin erklären? m Heparin bindet an den Faktor Xa, wodurch dieser inaktiviert wird mHeparin hemmt die Synthese verschiedener Gerinnungsfaktoren mHeparin bindet an Antithrombin iii, wodurch dessen Wirkung verstärkt wird mHeparin bindet an Plasmin, wodurch dessen Wirkung verstärkt wird

17. Wie werden niedermolekulare Heparine gewonnen? m Sie können direkt aus der dünndarmmukosa von Schweinen extrahiert werden mSie werden aus unfraktioniertem Heparin durch chemische oder enzymatische degradation gewonnen mSie werden chemisch aus den Einzelbausteinen synthetisiert

18. Welche Aussagen zu niedermolekularen Heparinen treffen zu? (Mehrfachnennungen möglich) m Aufgrund unterschiedlicher Endgruppen und Molekulargewichtsverteilungen unterscheiden sich die einzelnen NMH in ihrer Pharmakodynamik und -kinetik mdie in deutschland verfügbaren niedermolekularen Heparine besitzen alle das gleiche Zulassungsspektrum mEnoxaparin ist das am häufigsten eingesetzte niedermolekulare Heparin mPharmakologische daten zu Enoxaparin lassen sich auch auf alle anderen niedermolekularen Heparine übertragen

19. Welche Aussagen treffen auf subkutan zu verabreichende Antikoagulantien im Gegensatz zu oral anzuwendenden Antikoagulantien zu? (Mehrfachnennungen möglich) m Eine schnelle und vollständige Wirkstoffaufnahme ohne gastrointestinale Einflussfaktoren mEs gibt ein systemisch wirksames und ökonomisch verfügbares Antidot, um die Wirkung im Akutfall zu stoppen mAnwendbarkeit durch individuelle dosierschemata auch bei speziellen Patientengruppen (Ältere, Niereninsuffiziente, …) mGeringe wissenschaftliche Evidenz hinsichtlich Wirkung und Therapiesicherheit

20. Wie wirken Vitamin-K-Antagonisten? m Sie verstärken die Aktivität verschiedener Gerinnungshemmstoffe mSie beschleunigen die Fibrinolyse mSie hemmen die Synthese verschiedener Gerinnungsfaktoren

21. Welche Substanzen zählen zu den Faktor-Xa-inhibitoren? (Mehrfachnennungen möglich) m dabigatran mdanaparoid mFondaparinux mrivaroxaban

22. Warum gibt es Heparin nicht in oraler Darreichungsform?

Z E r T i F i Z i E r T E F o r T B i L d u N G

– THRoMBoSe –Prophylaxe und Therapie venöser thromboembolischer ereignisse mit Antikoagulantien

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LeKTioN 3: Thrombosetherapie und -prophylaxe

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Z E r T i F i Z i E r T E F o r T B i L d u N G

– THRoMBoSe –Prophylaxe und Therapie venöser thromboembolischer ereignisse mit Antikoagulantien

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23. Wie häufig muss niedermolekulares Heparin normalerweise gespritzt werden? m Alle 2–3 Tage m1–2 x täglich mMind. 3 x täglich

24. Welche Stellen sind für die injektion der Fertigspritzen geeignet?

25. Welche Nebenwirkung ist bei allen Antikoagulantien zu beachten?

26. Welche Aussagen zur heparininduzierten Thrombozytopenie (HiT) treffen zu? (Mehrfachnennungen möglich) m Bei Verwendung NMH ist die HiT-Gefahr geringer als bei uFH mBei Verwendung NMH ist die HiT-Gefahr größer als bei uFH mdurch regelmäßige Bestimmung der Thrombozytenzahl lässt sich eine HiT frühzeitig erkennen mEine regelmäßige Bestimmung der Thrombozytenzahl ist bei Heparin-Anwendung immer erforderlich

27. Welche Aussage trifft zu? m Wenn ein original verordnet ist, muss immer gegen einen verfügbaren import ausgetauscht werden, um die Wirtschaftlichkeitsreserve zu erfüllen mEin rabattiertes original ist vorrangig abzugeben vor einem nicht rabattierten import mdas Aut-idem-Kreuz verhindert den Austausch zwischen import und zugehörigem original

28. Viele Heparin-Spritzen werden mit einem Sicherheitssystem angeboten. Welche Aussagen sind richtig? (Mehrfachnennungen möglich) m durch das Sicherheitssystem können nur Erwachsene die Spritzen anwenden mdas Sicherheitssystem wird nur bei vollständig entleerter Spritze aktiviert mdas Sicherheitssystem sorgt dafür, dass die richtige Menge injiziert wird mdurch die Sicherheitsspritze werden Stichverletzungen vermieden

29. Was sind typische Symptome einer Beinvenenthrombose? (Mehrfachnennungen möglich) m Blässe und Kälte des betroffenen Beins m Schwellungen und Wärmegefühl im betroffenen Bein m Lähmungserscheinungen im betroffenen Bein m rötung des betroffenen Beins

30. Welche der folgenden Faktoren bedeuten ein hohes Thromboserisiko? (Mehrfachnennungen möglich) m Eine Flugreise von mehr als 5 Stunden mdas Vorliegen einer Gerinnungsstörung mFrühere thromboembolische Ereignisse mEinnahme der Anti-Baby-Pille mKürzlich erfolgte operation mit nachfolgender immobilisation

31. Welche Maßnahmen sind bei einer langen Reise zu empfehlen, wenn lediglich ein niedriges Thromboserisiko besteht? (Mehrfachnennungen möglich) m Möglichkeiten zur Bewegung nutzen mKompressionsstrümpfe tragen mViel trinken mViel schlafen mMedikamentöse Prophylaxe mit NMH mMedikamentöse Prophylaxe mit ASS

32. Nennen Sie 2 einfache Übungen zur Aktivierung der Venen-Muskelpumpen der Waden.

a) b)