zu Guttenbergs "Dissertation" Besprochen von Andreas Fischer-Lescano

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  • 8/7/2019 zu Guttenbergs "Dissertation" Besprochen von Andreas Fischer-Lescano

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    aspekte natrlich nur temporr und unterexzeptionellen Umstnden selbst grundle-gendste Werte und Rechtsnormen auer acht

    zu lassen. Frankenberg lsst hier namentlichauch unter rechtsvergleichenden Aspekten keine Zweifel an seiner scharfen Ablehnungderartiger Gewhnungsstrategien aufkom-men; seine besondere Leistung besteht zudemdarin, diese Gedankenspiele als spezielleEmanationen eines umfassenderen, von ihmprgnant als Angstrecht titulierten Kom-plexes einzuordnen und damit zugleich ihreberaus fragwrdige Basis offenzulegen.

    Reaktion: Hier auf Erden denRechtsstaat verteidigen

    Gegenber dem wirkmchtigen dsteren

    Kontrastbild des Ausnahmezustandes (235)und angesichts des tendenziell grenzenlos ein-setzbaren, da letztlich nie zu befriedigendenSicherheitsbedrfnisses haben Versuche, diebesonderen Leistungen der rechtsstaatlichenGarantien im Sinne Frankenbergs: der Me-thode Locke auch unter Inkaufnahme par-tieller Sicherheitsverluste aufrechtzuerhalten,argumentativ einen schweren Stand. Es ist dasgroe Verdienst des Autors, sorgfltig dieproblematischen Grundannahmen der gegen-wrtigen Sicherheitsobsession aufgezeigt zuhaben. Das betrifft nicht nur einzelne empiri-sche Beobachtungen, obwohl eigentlich be-reits der Verweis auf die Unzuverlssigkeit

    der durch Foltereinsatz erlangten Informatio-nen entsprechende berlegungen ebenso dis-kreditieren sollte wie die Prognoseunsicher-heiten in Fllen des Rettungsabschusses.Frankenberg erinnert vielmehr vllig zuRecht an die vor allem in der Langzeitper-spektive erheblichen Gefahren, die mit den si-cherheitsfokussierten Tabu- oder sogar Zi-vilisationsbrchen einhergehen, sowie an diedem korrespondierende Notwendigkeit einervon falschen Sekurittsillusionen befreitenAkzeptanz normaler Risiken. In diesemSinne schliet das Buch, das mit der Erkennt-nis einsetzt, dass der Rechtsstaat nicht mit En-geln und paradiesischen Zustnden rechnendarf, passend mit der Warnung vor einem inder Legitimation von Folter liegenden Paktmit dem Teufel. Eine lohnende Lektre nichtnur, aber auch fr Bundesminister.

    Steffen Augsberg

    IV.

    Karl-Theodor Frhr. zu Guttenberg, Verfas-sung und Verfassungsvertrag. Konstitutionel-le Entwicklungsstufen in den USA und der

    EU, Berlin (Duncker & Humblot) 2009, 475S., 88,-

    Unter dem sperrigen Titel Verfassung undVerfassungsvertrag. Konstitutionelle Ent-wicklungsstufen in den USA und der EU hatKarl-Theodor Freiherr zu Guttenberg seineDissertation publiziert. Er widmet sich darindem europischen Verfassungsprozess aus ei-ner rechtspolitischen Perspektive. Zu Gutten-berg wurde mit der Arbeit im Jahr 2007 an derUniversitt Bayreuth mit der Bestnote sum-ma cum laude promoviert. Betreut wurdeseine Arbeit von Peter Hberle als Doktorva-ter, Zweitgutachter war Rudolf Streinz, beide

    renommierte Staatslehrer und Europarecht-ler.Trotz der Aktualitt der Fragestellung fristetdie Arbeit bislang ein Schattendasein. Nebeneiner eher zu devoten Rezension in der Zeit-schrift Die ffentliche Verwaltung1 findensich einige oberflchliche Berichte in der Ta-gespresse ber das Buch, die ihre Analyse imGrunde auf das Vorwort der Arbeit reduzie-ren.2 Darber hinaus ist der Text im Wesent-lichen unbeachtet geblieben.Der wissenschaftliche Ertrag der Arbeit istbescheiden. Das liegt vor allem daran, dass derAutor seinen Verfassungsbegriff nicht hinrei-chend entfaltet und damit weit hinter der wis-

    senschaftlichen Diskussion zurckbleibt. ZuGuttenbergs Argumentation mandert vorsich hin und zermrbt die Leser_innen durchseitenlanges Politsprech und die Nacherzh-lung rechtspolitischer Diskussionen im Kon-vent. Der Autor macht auch nicht ansatzweisedeutlich, worin der aktuelle Erkenntniswertder seitenlangen Dokumentation zu den Got-tesbezgen in Verfassungstexten liegt. DasGesamturteil summa cum laude erscheintdarum mehr als schmeichelhaft.Widersteht man dem Impuls, die Arbeit man-gels Substanz nach einer ersten Durchsichtgelangweilt aus der Hand zu legen und liestman etwas genauer hinein, dann zeigen sicheinige formelle Aufflligkeiten. Zu Gutten-berg bedient sich bei einer ganzen Reihe vonTexten und Autor_innen, ohne die Fremdzi-tate lege artis kenntlich zu machen. So ent-nimmt er drei Stze auf S. 153 Im Zuge derIntegration hat sich schlielich ein Hoheits-trger herausgebildet, der Recht setzt, ohneStaat zu sein. Der berkommene, seit nun-

    1 Wiemers, DV 2010, 32.2 Bspw. Camann, Guttenbergs Kairos, in: FAZ

    v. 19. Mrz 2009.

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    dienen kann, zumal dieser Nachweis auf derGrundlage einer selbststndigen wissen-schaftlichen Arbeit (Dissertation)11 erfolgen

    11 Zum Mindeststandard siehe auch VGH Mn-

    chen, Urteil vom 4. April 2006 -7BV05.388,BayVBl. 2008, 281 (282).

    muss und hierbei vorausgesetzt ist, dass dieDissertation wissenschaftlichen Mindeststan-dards gengt.12

    Andreas Fischer-Lescano

    12 BVerwG, Beschluss vom 20. 10. 2006 - 6 B 67.06.

    Anlage: Fundstcke13

    Guttenberg, a.a.O., 381f. Obermller, Gott hat keinen Platz in dereuropischen Verfassung, NZZ v. 22. Juni2003:

    Aus dem Streit hervorgegangen ist ein durch und

    durch skularer, laizistischer Text, der angesichtsder europischen Realitt mglicherweise zuRecht auf eine Invocatio Dei, eine AnrufungGottes, verzichtet und sich stattdessen auf denGeist der Antike, des Humanismus und der Auf-klrung beruft. Nur beilufig wird auf das reli-gise Erbe Europas verwiesen, ohne dass dabei diejdische, christliche und muslimische Tradition inirgendeiner Weise erwhnt wird. Von religiserGegenwart ist berhaupt nicht die Rede. [im Ori-ginal kein Absatz, afl]

    Aus dem Streit hervorgegangen ist ein durch und

    durch skularer, laizistischer Text, der angesichtsder europischen Realitt zu Recht auf ei-ne Invocatio Dei, eine Anrufung Gottes, ver-zichtet und sich stattdessen auf den Geist der An-tike, des Humanismus und der Aufklrung be-ruft. Nur beilufig wird auf das religise ErbeEuropas verwiesen, ohne dass dabei die jdische,christliche und muslimische Tradition in irgend-einer Weise erwhnt wird. Von religiser Gegen-wart ist berhaupt nicht die Rede.

    ber die Hintergrnde dieser Zurckhaltunglsst sich nur rtseln: Sorge um den laizistischenStaat, Rcksicht gegenber multireligisen Ge-sellschaften oder schlicht Angst vor dem Erstar-ken des Fundamentalismus? Ehrenwerte Grndeallesamt, die aber nicht darber hinwegtuschen,dass hier ein Text vorliegt, der, obwohl er modern

    sein will, seltsam unzeitgem wirkt; ein Text, derweder den eigenen Traditionen noch den Erfor-dernissen der Gegenwart wirklich gerecht wird.

    ber die Hintergrnde dieser Zurckhaltunglsst sich nur rtseln: Sorge um den laizistischenStaat, Rcksicht gegenber multireligisen Ge-sellschaften oder schlicht Angst vor dem Erstar-ken des Fundamentalismus? Ehrenwerte Grndeallesamt, die aber nicht darber hinwegtuschen,dass hier ein Text vorliegt, der, obwohl er modern

    sein will, seltsam unzeitgemss wirkt; ein Text,der weder den eigenen Traditionen noch den Er-fordernissen der Gegenwart wirklich gerechtwird.

    Europa, das alte wie das neue, verdankt sich nichtnur der griechischen Antike und nicht nur derfranzsischen Aufklrung, sondern ebenso sehrjenem Mittelalter, in dem jdische, christliche undmuslimische Denker, allein oder gemeinsam, berden Widerspruch von Glaube und Vernunft nach-gedacht und damit jene Aufklrung mit vorberei-tet hatten, die bis heute als der groe Widerpartdes Religisen gilt.

    Europa, das alte wie das neue, verdankt sich nichtnur der griechischen Antike und nicht nur derfranzsischen Aufklrung, sondern ebenso sehrjenem Mittelalter, in dem jdische, christlicheund muslimische Denker, allein oder gemeinsam,ber den Widerspruch von Glaube und Vernunftnachgedacht und damit jene Aufklrung mit vor-bereitet hatten, die bis heute als der grosse Wi-derpart des Religisen gilt.

    Europa, das alte wie das neue, ist ein Kontinent,dessen Schicksal - im grausamsten wie im erha-bensten Sinne - von Religion und Religionen be-stimmt wurde und es vielfach noch immer wird.

    Dies zu negieren oder zu verdrngen, heit, einerGeschichtsvergessenheit Vorschub zu leisten, diesich bis in die Zukunft hinein rcht. [im Originalkein Absatz, afl]

    Europa, das alte wie das neue, ist ein Kontinent,dessen Schicksal - im grausamsten wie im erha-bensten Sinne - von Religion und Religionen be-stimmt wurde und es vielfach noch immer wird.

    Dies zu negieren oder zu verdrngen, heisst, einerGeschichtsvergessenheit Vorschub zu leisten, diesich bis in die Zukunft hinein rcht.

    Und schlielich ist auch Europa, das neue mehrnoch als das alte, Schauplatz jener Entwicklung,die man die Rckkehr des Religisen nennt unddie gegenwrtig daran ist, die Gesellschaften,nicht nur die amerikanische, nachhaltig zu vern-dern.

    Und schliesslich ist auch Europa, das neue mehrnoch als das alte, Schauplatz jener Entwicklung,die man die Rckkehr des Religisen nennt unddie gegenwrtig daran ist, die Gesellschaften,nicht nur die amerikanische, nachhaltig zu vern-dern.

    13 Funoten, die nicht auf die Autor_innen der Texte zielen, derer sich die Dissertation bedient, die alsovom Autor selbst angefgt wurden, habe ich aus bersichtsgrnden in der Regel ausgelassen.

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    Von alledem kann in einem Verfassungstextselbstverstndlich nicht ausdrcklich die Redesein. Durch den weitgehenden Verzicht auf reli-gise Referenz erweckt diese europische Pram-bel indes den Verdacht, dass man sich der Bedeu-tung der Religionen als konstituierender Elemen-te auch des neuen Europas entweder nicht be-wusst ist oder sie willentlich unterschlgt. Damitgeht etwas ganz Wesentliches verloren. [im Ori-ginal kein Absatz, afl]

    Von alledem kann in einem Verfassungstextselbstverstndlich nicht ausdrcklich die Redesein. Durch den weitgehenden Verzicht auf reli-gise Referenz erweckt diese europische Pram-bel indes den Verdacht, dass man sich der Bedeu-tung der Religionen als konstituierender Elemen-te auch des neuen Europas entweder nicht be-wusst ist oder s ie willentlich unterschlgt. Damitgeht etwas ganz Wesentliches verloren.

    Religion, sei es nun als Suche nach einer neuenSpiritualitt oder als Flucht in fundamentalisti-sche Gewissheiten, hat seit einigen Jahren enor-men Auftrieb. Die Aufklrung und die mit ihreinhergehende Entzauberung der Welt sind anGrenzen gestoen, die Bedrfnisse der Menschennach dem Unbegreiflichen, dem Gttlichen neuerwacht. Unter dem Eindruck der rasanten tech-nologischen Entwicklung hat sich das Bewusst-sein sowohl fr die Grenzen menschlicherMacht14 als auch fr die Notwendigkeit umfas-

    sender Orientierung geschrft. Ethisch-religisePositionen sind in den existenziellen Debatten derGegenwart gefragter denn je. [im Original keinAbsatz, afl]

    Religion, sei es nun als Suche nach einer neuenSpiritualitt oder als Flucht in fundamentalisti-sche Gewissheiten, hat seit einigen Jahren enor-men Auftrieb. Die Aufklrung und die mit ihreinhergehende Entzauberung der Welt sind anGrenzen gestossen, die Bedrfnisse der Men-schen nach dem Unbegreiflichen, dem Gttlichenneu erwacht. Unter dem Eindruck der rasantentechnologischen Entwicklung hat sich das Be-wusstsein sowohl fr die Grenzen menschlicherMacht, wie es in der Prambel zur entstehenden

    neuen Zrcher Kantonsverfassung heisst, als auchfr die Notwendigkeit umfassender Orientierunggeschrft. Ethisch-religise Positionen sind inden existenziellen Debatten der Gegenwart ge-fragter denn je.

    Wer dies, willentlich oder nicht, bersieht, ver-nachlssigt nicht nur menschliche Grundbedrf-nisse, sondern schafft ein Vakuum, in dem Fun-damentalismen aller Art gegenber dem Huma-nismus und der Aufklrung ein leichtes Spiel ha-ben.

    Wer dies, willentlich oder nicht, bersieht, ver-nachlssigt nicht nur menschliche Grundbedrf-nisse, sondern schafft ein Vakuum, in dem Fun-damentalismen aller Art gegenber dem Huma-nismus und der Aufklrung ein leichtes Spiel ha-ben.

    Guttenberg, a.a.O., S.349f.: Wilfried Marxer, Wir sind das Volk: DirekteDemokratie - Verfahren, Verbreitung, Wir-kung, Schriftliche Fassung des Vortrages amLiechtenstein-Institut vom 2. November 2004in der Vorlesungsreihe Herausforderung De-mokratie, S. 25 ff.:

    Als prominentes Beispiel mit weit zurckreichen-der Tradition der Direktdemokratie drfen dieamerikanischen Bundesstaaten angesehen wer-den, in denen teilweise seit der Grndungszeit di-rektdemokratische Mitbestimmungsformenpraktiziert werden. Sie gelten daher wie dieSchweiz als Pioniere der Direkten Demokratie.[Fn. ausgelassen, afl]

    (25) Als prominentes Beispiel mit weit zurck-reichender Tradition der Direktdemokratie gel-ten die amerikanischen Bundesstaaten, in denenteilweise seit der Grndungszeit direktdemokra-tische Mitbestimmungsformen praktiziert wer-den. Sie gelten daher wie die Schweiz als Pioniereder Direkten Demokratie

    Geografisch zeigt sich der Schwerpunkt in denUSA vor allem im Westen und Mittleren Westen.[Fn. ausgelassen, afl] Nationale Referenden sindin der amerikanischen Verfassung nicht vorgese-hen. Auf der Ebene der Bundesstaaten hat sichdagegen das Instrumentarium der Direkten De-mokratie, bis hinab auf die lokale Ebene, weitge-hend durchgesetzt. In allen Bundesstaaten sinddarberhinaus auch Anordnungen von Volksab-stimmungen aufgrund von Behrdenbeschlssenmglich (legislative referendum). []

    [28] Geografisch zeigt sich der Schwerpunkt vorallem im Westen und Mittleren Westen. [Fn. aus-gelassen, afl]Nationale Referenden sind in deramerikanischen Verfassung nicht vorgesehen.Auf der Ebene der Bundesstaaten hat sich dage-gen das Instrumentarium der Direkten Demo-kratie, bis hinab auf die lokale Ebene, weitgehenddurchgesetzt. [] In allen Bundesstaaten sinddarberhinaus auch Anordnungen von Volksab-stimmungen aufgrund von Behrdenbeschlssenmglich (legislative referendum).

    Auf der Landkarte zeigt sich kein eindeutiger geo-grafischer Schwerpunkt der Direkten Demokratiein Europa. Richtung Balkanlnder und Osten magvordergrndig eine zurckhaltendere Einstellungzur Direkten Demokratie herrschen. Aber auchdas ist kein durchgngiges Schema, da beispiels-weise Lettland, die Slowakei und Slowenien zuden Staaten mit gut ausgebauten direktdemokra-tischen Rechten gehren.

    [27] Auf der Landkarte zeigt sich kein eindeutigergeografischer Schwerpunkt der Direkten Demo-kratie in Europa. Richtung Balkanlnder und Os-ten herrscht eine zurckhaltendere Einstellungzur Direkten Demokratie. Aber auch das ist keindurchgngiges Schema, da beispielsweise Lett-land, die Slowakei und Slovenien zu den Staatenmit gut ausgebauten direkdemokratischen Rech-ten gehren

    14 Wie es in der Prambel zur entstehenden neuen Zrcher Kantonsverfassung heit.

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    Insgesamt kann im 20. Jahrhundert eine kontinu-ierliche Zunahme der direktdemokratischen Ent-scheidungen auf nationalstaatlicher Ebene festge-stellt werden.15 Dafr gibt es mehrere Grnde.Einerseits wurden in vielen Staaten im Verlaufedes 20. Jahrhunderts die Rechtsgrundlagen fr di-rekte Volksbeteiligung geschaffen.16 Andererseitswurde aber auch in Staaten, die dieses Recht be-reits kannten, vermehrt davon Gebrauch ge-macht. Gerade in Europa haben die staatlichenNeuordnungen im frheren Einflussbereich derSowjetunion zu einer hohen Zahl von Abstim-mungen ber neue Verfassungen gefhrt. Einezweite Abstimmungswelle ist schlielich mit demeuropischen Integrationsprozess verbunden, in-dem vor allem ber den Beitritt zur EuropischenUnion und ber verschiedene europische Ver-trge und insbesondere ber die Einfhrung desEuro abgestimmt wurde. Der Europische Ver-fassungsvertrag hat(te) bekanntlich weitereVolksabstimmungen auf nationaler Ebene zurFolge.

    [29] Insgesamt kann im 20. Jahrhundert eine kon-tinuierliche Zunahme der direktdemokratischenEntscheidungen auf nationalstaatlicher Ebenefestgestellt werden. In den Doppeldekaden ist dieZahl der Volksabstimmungen von rund 50(1901-1920) auf rund 350 (1981-2000) gestiegen.Dafr gibt es mehrere Grnde. Einerseits wurdennach LeDuc (2003: 20f.) in vielen Staaten im Ver-laufe des 20. Jahrhunderts die Rechtsgrundlagenfr direkte Volksbeteiligung geschaffen. Ande-rerseits wurde aber auch in Staaten, die diesesRecht bereits kannten, vermehrt davon Gebrauchgemacht. Gerade auch in Europa haben die staat-lichen Neuordnungen im frheren Einflussbe-reich der Sowjetunion zu einer hohen Zahl vonAbstimmungen ber neue Verfassungen gefhrt.Eine zweite Abstimmungswelle ist mit demeuropischen Integrationsprozess verbunden, in-dem vor allem ber den Beitritt zur EuropischenUnion und ber verschiedene europische Ver-trge Maastricht, Nizza, Amsterdam, insbeson-dere ber die Einfhrung des Euro - abgestimmt

    wurde. Die Europische Verfassung knnte wei-tere Volksabstimmungen auf nationaler Ebenezur Folge haben.

    Guttenberg, a.a.O., S.351: Haller, Recht Demokratie Politik. Zum un-terschiedlichen Verstndnis von Staat und Na-tion dies- und jenseits des Atlantiks. Referatanlsslich der Tagung "Die USA - Innenan-sichten einer Weltmacht, 7./8. Februar 2003an der Katholischen Akademie in Bayern,Mnchen

    [], dass der Intensittsgrad der Freundschaft mitden Vereinigten Staaten fr nicht wenige gleich-bedeutend ist mit dem Intensittsgrad der Akzep-tanz durch die Staatengemeinschaft ganz allge-mein. Aus US-amerikanischer Sicht trifft dies zu.Aus europischer Sicht ist es aber keineswegsrichtig, im Gegenteil: gerade in der deutschen (po-litischen wie ffentlichen) Diskussion geht man -zusammen mit zahlreichen Staaten in anderenKontinenten - davon aus, dass man sich zuneh-mend auf eine Vlkerrechtsordnung einigen wol-le, auch indem man sich zunehmende Souverni-ttsverzichte leisten wrde.

    [], dass der Intensittsgrad der Freundschaftmit den Vereinigten Staaten gleichbedeutend seimit dem Intensittsgrad der Akzeptanz durch dieStaatengemeinschaft ganz allgemein. Aus US-amerikanischer Sicht trifft dies zu. Aus europi-scher Sicht ist es aber keinesweg richtig, ganz imGegenteil: Wir gehen - zusammen mit unzhligenStaaten in anderen Kontinenten - davon aus, dasswir uns zunehmend auf eine Vlkerrechtsord-nung einigen wollen, indem wir zunehmendeSouvernittsverzichte leisten.

    Guttenberg, a.a.O., S.215-217: Wasser, Amerikanische Prsidialdemokratie ,in: Informationen zur politischen Bildung1997, 11

    Eine wesentliche Ursache des Verkennens politi-scher wie rechtlicher Realitten der USA liegteventuell darin, dass sich Europer wiederkeh-rend von vordergrndigen Identitten und for-malen Parallelen der Herrschaftssysteme diesseitsund jenseits des Atlantiks tuschen lassen. Sie nei-gen dazu, Varianten desselben Herrschaftsmoduszu identifizieren, wo tatschlich Struktur- undFunktionsunterschiede der politischen Institutio-

    nenordnungen vorhanden sind.

    Die wichtigste Ursache des Verkennens politi-scher Realitten der USA liegt vermutlich darin,da sich Deutsche und andere Kontinentaleuro-per immer wieder von vordergrndigen Identi-tten und formalen Parallelen der Herrschafts-systeme diesseits und jenseits des Atlantiks tu-schen lassen. Sie diagnostizieren Varianten des-selben Herrschaftsmodus, wo tatschlich Struk-tur- und Funktionsunterschiede der politischen

    Institutionenordnungen vorhanden sind. []

    Ableitbar ist dieses Fehlurteil auch aus einer ge-wissen Ambivalenz [Der Fehler, das Komma desRelativsatzes auszulassen, wurde also bernom-men.] mit der die amerikanischen Verfassungsv-ter die Schaffung ihrer Republik ins Werk setzten.Sie gingen einerseits von weithin bekannten Ideen

    Dieser Irrtum lt sich auch aus der Ambivalenzerklren mit der die amerikanischen Verfassungs-vter die Schaffung ihrer Republik ins Werk setz-ten. Sie gingen auf der einen Seite von allseits be-kannten Ideen und Einrichtungen des abendln-disch-europischen Kulturkreises aus. So nutzten

    15 In den Doppeldekaden ist die Zahl der Volksabstimmungen von rund 50 (1901-1920) auf rund 350(1981-2000) gestiegen.

    16 Vgl. L. LeDuc, The Politics of Direct Democracy. Referendums in Global Perspective. Peterborough,S.20f

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    und Einrichtungen des abendlndisch-europ-ischen Kulturkreises aus. So nutzten sie sowohlexakte Kenntnisse der politischen Philosophie seitden Tagen der Antike oder der politischen Auf-

    klrungsliteratur des siebzehnten und achtzehn-ten Jahrhunderts in Europa sowie ihr Wissen berdie Strukturen und Funktionsweisen des briti-schen Regierungssystems, die mannigfaltig diepolitischen Ordnungsverhltnisse in den ameri-kanischen Kolonien geprgt hatten. Man arbeitetemit politischen Begriffen, die aus dem Fundus derTradition stammten und die sie teilweise auchber den Atlantik in die Neue Welt bernah-men. Gleichwohl nutzten sie all diese Kenntnisse,Vorgaben und Begrifflichkeiten nicht lediglichzur Imitation europischer Modelle, sondernkreativ zur Schaffung neuer, durchaus revolutio-nrer Institutionen. An dieser Stelle sei nur []auf den Fderalismus als amerikanische Erfin-dung im Bereich des Staatsrechts erinnert.

    sie sowohl ihre genauen Kenntnisse der politi-schen Philosophie seit den Tagen der Antike oderder politischen Aufklrungsliteratur des sieb-zehnten und achtzehnten Jahrhunderts in Europa

    sowie ihr Wissen ber die Strukturen und Funk-tionsweisen des britischen Regierungssystems,die auf vielfltige Art und Weise die politischenOrdnungsverhltnisse in den amerikanischenKolonien geprgt hatten. Sie operierten mit poli-tischen Begriffen, die aus dem Fundus der Tradi-tion stammten und die sie teilweise auch in dieNeue Welt bernahmen. Sie nutzten anderer-seits all diese Kenntnisse, Vorgaben und Begriff-lichkeiten nicht zur Imitation europischer Mo-delle, sondern zur Schaffung ganz neuer, durch-aus revolutionrer Institutionen. An dier Stelle seiblo auf den Fderalismus als amerikanische Er-findung im Bereich des Staatsrechts erinnert.

    Und selbst wo die Verfassungsvter Ideen undEinrichtungen aus Europa bernahmen (etwa den

    Gedanken der Reprsentation), gewannen diese ineiner vllig neuartigen Umgebung spezifischamerikanische Charakteristika, die mit europ-ischen Modellen kaum noch zu vergleichen wa-ren. A. de Tocqueville hat in seinem klassischenWerk ber die Demokratie in Amerika (1835)an zahlreichen Beispielen den Nachweis gefhrt,wie die eigentmliche Ausgangslage der Neu-en Welt, wie ihre Glaubensbekenntnisse dasberkommene selbst dort vernderten, wo manes zu bewahren suchte, wie etwa allein schon dasDogma der Volkssouvernitt und das Gleich-heitsprinzip berkommene Herrschaftseinrich-tungen grundlegend vernderten. Der US-Histo-riker F.J. Turnermeinte hnliches, als er um dieWende zum 20. Jahrhundert die offene Grenze,das Erlebnis der Weite des Westens und die Er-fahrung der Ungewiheit fr die gesamte poli-tisch-soziale Entwicklung der USA (mit)verant-wortlich machte:

    Mehr noch: Selbst wo die Verfassungsvter Ideenund Einrichtungen aus Europa bernahmen (et-

    wa den Gedanken der Reprsentation), gewannendiese in einer vllig neuartigen Umwelt spezifischamerikanische Charakteristika, die mit europ-ischen Modellen kaum noch zu vergleichen wa-ren. Der Franzose Alexis de Tocqueville hat inseinem Buch ber die Demokratie in Amerika(1835) an vielfltigen Beispielen den Nachweisgefhrt, wie die eigentmliche Ausgangslageder Neuen Welt, wie ihre Glaubensbekennt-nisse das berkommene selbst dort vernderten,wo man es zu bewahren suchte, wie etwa alleinschon das Dogma der Volkssouvernitt unddas Gleichheitsprinzip berkommene Herr-schaftseinrichtungen grundlegend vernderten.Der US-Historiker Frederick Jackson Turnermeinte hnliches, als er um die Jahrhundertwendedie offene Grenze, das Erlebnis der Weite desWestens und die Erfahrung der Ungewiheit frdie gesamte politisch-soziale Entwicklung derUSA verantwortlich machte:

    Vom Beginn der Besiedlung Amerikas an hat dieRegion der Grenze stndig ihren Einflu auf dieamerikanische Demokratie ausgebt [...] Die ame-rikanische Demokratie ist im Grunde das Ergeb-nis der Erfahrungen des amerikanischen Volkes inder Auseinandersetzung mit dem Westen. Diewestliche Demokratie frdert whrend der gan-zen frheren Zeit die Entstehung einer Gesell-schaft, deren wichtigster Zug die Freiheit des In-dividuums zum Aufstieg im Rahmen sozialer Mo-bilitt und deren Ziel die Freiheit und das Wohl-ergehen der Massen war. Diese Vorstellungen ha-ben die gesamte amerikanische Demokratie mitLebenskraft erfllt und sie in scharfen Gegensatzzu den Demokratien der Geschichte gebracht undzu den modernen Bemhungen in Europa, ein

    knstliches demokratisches Ordnungssystem mitHilfe von Gesetzen zu errichten. [Das wrtlicheZitat wird mit einer Fn. belegt, die auf die Seitehttp://usa.usembassy.de/etexts/gov/bpb/bo-dy_i_199_1.html verweist. Auf dieser Seite findetsich jedoch nicht (nur) das Turner-Zitat, sondernder Text von Wasser in der rechten Spalte, afl]

    Vom Beginn der Besiedlung Amerikas an hadieRegion der Grenze stndig ihren Einflu auf dieamerikanische Demokratie ausgebt [...] Dieamerikanische Demokratie ist im Grunde das Er-gebnis der Erfahrungen des amerikanischen Vol-kes in der Auseinandersetzung mit dem Westen.Die westliche Demokratie frdert whrend derganzen frheren Zeit die Entstehung einer Ge-sellschaft, deren wichtigster Zug die Freiheit desIndividuums zum Aufstieg im Rahmen sozialerMobilitt und deren Ziel die Freiheit und dasWohlergehen der Massen war. Diese Vorstellun-gen haben die gesamte amerikanische Demokratiemit Lebenskraft erfllt und sie in scharfen Ge-gensatz zu den Demokratien der Geschichte ge-bracht und zu den modernen Bemhungen in Eu-

    ropa, ein knstliches demokratisches Ordnungs-system mit Hilfe von Gesetzen zu errichten.

    Viele Europer haben Eigentmlichkeiten desamerikanischen Herrschaftssystems missverstan-den, da sie ihm, von vordergrndigen Parallelender Regierungsweisen diesseits und jenseits desAtlantiks getuscht, mit Vorstellungen und Be-griffen begegneten, die ihren eigenen Verfas-sungsordnungen entstammten. Die Strukturprin-zipien der parlamentarischen Regierungssysteme

    Die Europer und speziell die Deutschen habenEigentmlichkeiten des amerikanischen Herr-schaftssystems oft genug miverstanden, weil sieihm, von vordergrndigen Parallelen der Regie-rungsweisen diesseits und jenseits des Atlantiksgetuscht, mit Vorstellungen und Begriffen be-gegneten, die ihren eigenen Verfassungsordnun-gen entstammten. Dabei unterscheiden sich die

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    europisch-deutscher Prgung unterscheiden sichallerdings erheblich von jenen der amerikanischenPrsidialdemokratie.

    Strukturprinzipien der parlamentarischen Regie-rungssysteme europisch-deutscher Prgung er-heblich von denen der amerikanischen Prsidial-demokratie. []

    Unabhngig davon, dass in diesen politischen Sys-temen Parlamente an den staatlichen Willensbil-dungs- und Entscheidungsprozessen teilhaben,trennt sie doch vieles [Fn. ausgelassen, afl]: imRahmen der polity, der Institutionen, Strukturenund konstitutiven Normen ebenso wie im Bereichder politics, wie im anglo-amerikanischen Rechts-und Kulturkreis die politischen Prozesse um-schrieben werden. Diese Unterschiede schlagensich notwendigerweise auch in der Sphre der po-licy, bei der Planung und Durchfhrung konkre-ter politischer Gestaltungsaufgaben, nieder

    Abgesehen davon, da in diesen politischen Sys-temen Parlamente an den staatlichen Willensbil-dungs- und Entscheidungsprozessen teilhaben,trennt sie vieles: im Rahmen der polity, der Insti-tutionen, Strukturen und konstitutiven Normenebenso wie im Bereich der politics, wie die An-gelsachsen die politischen Prozesse umschreiben.Diese Unterschiede schlagen sich notwendiger-weise auch in der Sphre der policy, bei der Pla-nung und Durchfhrung konkreter politischerGestaltungsaufgaben, nieder

    Guttenberg, a.a.O., S.115: Sonja Volkmann-Schluck, Die Debatte um eineeuropische Verfassung, 2001[Der Inhalt der Funoten wurde hier nicht ber-nommen, afl]:

    Die Forderung nach einer eindeutigeren Zustn-digkeitsverteilung zwischen Europischer Unionund Mitgliedsstaaten bzw. Regionen stand undsteht bis heute in zahlreichen berlegungen anzentraler Stelle. Ein Kompetenzkatalog stellte neben der Grundrechtecharta fr viele die Kon-kretion des Verfassungsgedankens dar. Mit einemKompetenzkatalog sollte das Prinzip funktionaldefinierter Handlungsbefugnisse zugunstenrechtsgebietlich definierter Zustndigkeiten ber-wunden werden. Statt der Vielzahl von Regelun-gen auf EU-Ebene als Ergebnis der induktivenVergemeinschaftung sollten bereits in FischersHumboldt-Rede die Kompetenzen nach demPrinzip der horizontalen (zwischen den Institu-tionen), besonders aber der vertikalen Gewalten-teilung zwischen EU-Ebene und Mitgliedsstaatengeordnet werden.

    Die Forderung nach einer eindeutigeren Zustn-digkeitsverteilung zwischen EU und Mitglieds-staaten bzw. Regionen steht in allen berlegun-gen an zentraler Stelle. Ein Kompetenzkatalogstellt neben der Grundrechtecharta gegen-wrtig die Konkretion des Verfassungsgedankensdar266. Mit einem Kompetenzkatalog soll dasPrinzip funktional definierter Handlungsbefug-nisse zugunsten rechtsgebietlich definierter Zu-stndigkeiten berwunden werden267. Statt derVielzahl von Regelungen auf EU-Ebene als Er-gebnis der induktiven Vergemeinschaftung sollendie Kompetenzen nach dem Prinzip der horizon-talen (zwischen den Institutionen), besondersaber der vertikalen Gewaltenteilung zwischenEU-Ebene und Mitgliedsstaaten geordnet wer-den268.

    Guttenberg, a.a.O., S.153: Nettesheim, Die konsoziative Fderation vonEU und Mitgliedstaaten, ZeuS 2002, 507ff.

    Im Zuge der Integration hat sich schlielich einHoheitstrger herausgebildet, der Recht setzt, oh-ne Staat zu sein. Der berkommene, seit nunmehrdreihundert Jahren gltige und nahezu zum Dog-ma erhobene Konnex von Staat und Recht, vonStaatsgewalt und Rechtsetzung wird hiermit rela-tiviert, wenn nicht durchbrochen. Regierungsge-walt und Rechtsetzung drfen nunmehr als Er-scheinungen begriffen werden, die auch jenseitsder Staatlichkeit erfolgen.

    Im Zuge der Integration hat s ich ein Hoheitstr-ger herausgebildet, der Recht setzt, ohne Staat zusein. Der berkommene, seit nunmehr dreihun-dert Jahren gltige und zum Dogma erhobeneKonnex von Staat und Recht, von Staatsgewaltund Rechtsetzung wird dadurch durchbrochen.Regierungsgewalt und Rechtsetzung mssennunmehr als Erscheinungen begriffen werden, dieauch jenseits der Staatlichkeit erfolgen.

    Guttenberg, a.a.O., S.198: Burghardt, Die europische Verfassungsent-wicklung aus dem Blickwinkel der USA. Vor-trag an der Humboldt Universitt zu Berlin,06. Juni 2002, 4:

    J.F. Kennedys Konzept der Partnerschaft von

    Gleichen, sein Einfluss aufMacMillans Beitritts-gesuch zur Europischen Gemeinschaft 1961 unddie frhe Beschftigung amerikanischer Univer-sitten mit der Theorie und Praxis europischerIntegration sind weitere Beispiele konstruktivenamerikanischen Interesses. W. Hallstein hat dieseInteraktion zwischen amerikanischem Interesseund notwendiger Erklrung komplexer europi-scher Vorgnge prgend mitgestaltet. In Teilenungebrochen aktuell lesen sich Hallsteins Clay-ton-Vorlesungen mit dem Titel Die Einheit Eu-ropas Herausforderung und Hoffnung imApril 1962 in Boston[Fn. ausgelassen, afl] oder die(selbst verfassten) Berichte ber seine regelmi-gen Gesprche mit Prsident Kennedy sowie seine

    John F. Kennedys Konzept der Partnerschaft von

    Gleichen, sein Einflu auf MacMillans Beitritts-gesuch zur Europischen Gemeinschaft 1961 unddie frhe Beschftigung amerikanischer Univer-sitten mit der Theorie und Praxis europischerIntegration sind weitere Beispiele konstruktivenamerikanischen Interesses. Walter Hallstein hatdiese Interaktion zwischen amerikanischem In-teresse und notwendiger Erklrung komplexereuropischer Vorgnge prgend mitgestaltet.Auch heute noch ist es lohnend und intellektuellwie politisch fesselnd, Hallsteins Clayton-Vorle-sungen mit dem Titel Die Einheit Europas Herausforderung und Hoffnung im April 1962in Boston oder die Berichte ber seine regelm-igen Gesprche mit Prsident Kennedy sowie

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  • 8/7/2019 zu Guttenbergs "Dissertation" Besprochen von Andreas Fischer-Lescano

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    Reden in Washington und New York aus denJahren 1961-63.[Fn. ausgelassen, afl] Ernst Haashat schon Anfang der 50er Jahre an der Universi-tt Berkeley eine Vorlesung ber die Rechtsnatur

    der EGKS eingerichtet. Heute beherbergen mehrals 15 amerikanische Universitten ein EuropeanUnion Center[...]

    seine Reden in Washington und New York ausden Jahren 1961-63 nachzulesen. Professor ErnstHaas hat schon Anfang der 50er Jahre an der Uni-versitt Berkeley eine Vorlesung ber die Rechts-

    natur der EGKS eingerichtet. Heute beherbergtBerkeley eines der 15 European Union Centersan amerikanischen Universitten []

    Guttenberg, a.a.O., S.353: Burghardt, Die europische Verfassungsent-wicklung aus dem Blickwinkel der USA. Vor-trag an der Humboldt Universitt zu Berlin,06. Juni 2002, 8:

    Die im Zusammenhang mit der Erweiterung derEuropischen Union lebhaft, zuweilen unmiggefhrte Diskussion ber die Grenzen Europasund die Finalitt der Europischen Union bietetebenfalls Anlass zu einem Blick auf den amerika-nischen Umgang mit vergleichbaren Fragestellun-gen. So wie heute nicht klar ist, wo die Europ-ische Union ihre geographischen Grenzen findenwird, war auch zum Zeitpunkt der amerikani-schen Verfassungsgebung nicht absehbar, wie

    gro der amerikanische Staat eines Tages werdenknnte.

    Die im Zusammenhang mit der Erweiterung derEuropischen Union lebhafte Diskussion berdie Grenzen Europas bietet ebenfalls Anlass zueinem Blick auf den amerikanischen Umgang mitvergleichbaren Fragestellungen. So wie heutenicht klar ist, wo die Europische Union ihre geo-graphischen Grenzen finden wird, war auch zumZeitpunkt der amerikanischen Verfassungsge-bung nicht absehbar, wie gro der amerikanischeStaat eines Tages werden knnte.

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