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Magazin der Vereinten Evangelischen Mission 1 / 2016 In die Welt für die Welt ZUFLUCHT IST EIN MENSCHENRECHT

Zuflucht ist ein Menschenrecht. In die Welt für die Welt ......braham flieht vor dem Hunger nach Ägypten. Mose flieht vor dem Pharao nach Midian. Noah flüchtet aufs Meer, Elia in

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Magazin der Vereinten

Evangelischen Mission 1 /2016In die Welt für die Welt

ZUFLUCHT IST EIN MENSCHENRECHT

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In die Welt für die Welt 1/2016

Edito

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Titelgestaltung: Rebekka Apostolidis /

MediaCompany GmbH;

Foto: ©apl_d200 – photocase.de

Foto Seite 2: Ngamy / VEM

Porträt Seite 2: Mitchell Harley

Fotos Seite 3: Annette Lübbers /

Dorothea Flake / VEM

Arendra Wiemardo / VEM

Liebe Leserin, lieber Leser,

seit dem Zweiten Weltkrieg sind weltweit noch nie so viele Menschen auf der Flucht gewesen. Über 50 Millionen Menschen schätzt die UNO-Flüchtlingshilfe. Viele Menschen sind seitdem aktiv und möchten den geflüchteten Men-schen helfen.

Auch der Vorstand der Vereinten Evangelischen Mission hat beschlossen zu helfen. Die internationale Kirchengemein-schaft hat den Appell der Stadt Wuppertal ernst genommen: In VEM-Wohnungen sind bereits vier geflüchtete Familien aus Afghanistan, Syrien und dem Libanon eingezogen. 24 Personen wohnen bereits in den frisch renovierten Altbauwohnungen. Die Verhandlungen mit dem Sozialamt und der Stadt Wuppertal laufen noch für zwei weitere Wohnungen. Sobald sie abgeschlossen sind, können eine weitere achtköpfige Großfamilie aus Afghanistan und eine Vier-Männer-Wohngemeinschaft einziehen: Dann hätten 36 geflüchtete Menschen wieder ein sicheres Zuhause gefunden!

In eigener Sache: Volker Martin Dally heißt der neue Generalsekretär der Vereinten Evangelischen Mission. Seit dem 1. Februar 2016 leitet der 55-jährige Theologe die internationale Kirchen-gemeinschaft mit Sitz in Wuppertal. In der nächsten Ausgabe stellen wir Ihnen den neuen Generalsekretär vor.

Anregende Lektüre wünscht Ihnen

Brunhild von Local

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Die Flüchtlingskrise in Kamerun

ZUFLUCHT IST EIN MENSCHENRECHT

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26Biblisches Wort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

Brennpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

Thema Zuflucht ist ein Menschenrecht Einsam, traumatisiert und arbeitslos – und ganz besonders gefährdet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

Thema Zuflucht ist ein Menschenrecht Die Flüchtlingskrise in Kamerun . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

Thema Zuflucht ist ein Menschenrecht Ehrenamtlich engagiert in der Flüchtlingshilfe Interview mit Timo Pauler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

Thema Zuflucht ist ein Menschenrecht Schwesterngemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

Thema Zuflucht ist ein Menschenrecht Nur wenige wagen es, die Täter zu benennen VEM-Mitgliedskirche steht den Opfern im Osten der Demokratischen Republik Kongo bei und versucht, Fluchtursachen zu bekämpfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

Meditation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

Entwicklung Nicht über, sondern mit den »Anderen« lernen Impressionen aus der Auftaktwoche der Langzeitfortbildung‚ interkulturelle / interreligiöse Kompetenzstärkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

Entwicklung Kisha Samwell : »Ich bin sehr, sehr dankbar!« Mit einem VEM-Stipendium zum Master . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

Entwicklung »Ein richtig interessanter Job!« Berend Veddeler blickt am »Vorabend« seiner Verabschiedung auf eine spannende Zeit zurück . . . . . . . . . . . . . . 22

Umwelt Wandernde Bitte an Gott Halbzeit: Die Pilgerinnen und Pilger auf dem »Ökumenischen Pilgerweg für Klimagerechtigkeit« erreichten am 24. Oktober 2015 Wuppertal. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

Partnerschaften »Einmal hin und anders zurück« Vor 50 Jahren wurden die partnerschaftlichen Beziehungen zwischen der GKPS und dem Kirchenkreis Hagen aufgenommen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26

Buchtipp . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

Projekte & Spenden / Leben in der VEM Einkochen und backen für Jugendliche in Ruanda . . . . . . . . . . . 29

Ehrendoktor für Pastor Jürgen R.A. Kranz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

Service . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30

Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

Projekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32

INHALT MÄRZ 2016

Die VEM-Schwestern Ursula Wörmann und Elisabeth Steinhard erinnern sich.

Halbzeit: Die Pilgerinnen und Pilger auf dem »Ökumenischen Pilgerweg für Klimagerechtigkeit« erreichten am 24. Oktober 2015 Wuppertal.

Andre, Muhammad, Alshahoud und Subhi in ihrer Wohnung

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Illustration: Juan González / MediaCompany GmbH

Von Friedrich Tometten

Abraham flieht vor dem Hunger nach Ägypten. Mose flieht vor dem Pharao nach Midian. Noah flüchtet aufs Meer, Elia in die Wüste. Ganze Völker fliehen: Israel aus Ägypten, Jerusalem vor den Babyloniern

nach Ägypten. Paulus nutzt einen Wäschekorb als Fluchtve-hikel, um aus Damaskus zu entkommen. Jesus wird, noch in Windeln gewickelt, von seinen Eltern nach Ägypten in Si-cherheit gebracht.

Die Bibel: ein Flüchtlingsbuch. Die Breite aller denkbaren Fluchterfahrungen spiegelt sich in ihren Geschichten. Die Fluchtursachen sind vielfältig. Einer ökologischen Katastro-phe entflieht Noah, Abraham dem Hunger. Elia flieht als re-ligiös Verfolgter, die heilige Familie als politisch Verdächtigte. Und alle erfahren, was Flüchtlinge aller Zeiten erfahren: mittellos, rechtlos, schutzlos ausgeliefert zu sein. Sara wird in den Harem des Pharao eingegliedert, Rebekka um ein Haar Opfer sexuell übergriffiger Philister. Jakob, das Schlitzohr, fällt Laban, dem Gauner, in die Hände und wird nach Strich und Faden ausgebeutet. Ganz Israel verelendet unter den Stockhieben der ägyptischen Fronvögte.

Beim Lesen all dieser Erzählungen spürt man, dass in der Sorge um Flüchtlinge und Fremde und im Ringen um ein friedliches Miteinander ein zentraler Nerv des Glaubens berührt ist. Von Anfang an ist es klar: Für Menschen, die Zuflucht suchen, schlägt Gottes Herz. Mose, dem Geflohenen, offenbart er seinen Namen: »Ich bin der Ich-bin-da« – verlässlich und bergend, Fels und Zuflucht. Sein Volk befindet sich auf der Flucht am Berg Sinai, als er ihm seine unverbrüchli-che Treue zusagt. Und wie sein Herz schlägt, so soll auch das seines Volkes schlagen: »Du sollst den Frem-den lieben wie dich selbst, denn ihr seid auch Fremd-linge gewesen in Ägyptenland« (3. Mose 19,34). Daran soll man fortan den Glauben seines Volkes erkennen.

Am Ende aller Zeiten aber sieht Jesus Menschen aus Ost und West kommen und gemeinsam mit Abraham, Isaak und Ja-kob an einem Tisch sitzen (Matthäus 8,11). Es ist die Vision einer Gemeinschaft aller Völker, in der Friede und Gerechtig-keit herrschen und keinem Menschen mehr sein Recht auf Leben streitig gemacht wird. Diese Vision verleiht Menschen einen langen Atem, um mit Liebe, Hartnäckigkeit und Ge-duld an einer Welt zu arbeiten, in der Menschen Zuflucht finden oder gar nicht erst suchen müssen. Wer sich von solch einer Vision leiten lässt, wird nah am Herzen Gottes sein.

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Friedrich Tometten ist Studienleiter des Centre for Mission and Leadership Studies (CMLS) der Vereinten Evangelischen Mission in Wuppertal.

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Von Jochen Motte

» DU SOLLST DEN FREMDEN LIEBEN WIE DICH SELBST.«

»Du sollst den Fremden lieben wie dich selbst« – dieser Vers aus dem dritten Buch Mose 19,33 steht über der VEM-Aktion »Zu-flucht ist ein Menschenrecht«, die im Dezember vergangenen Jahres eröffnet wurde. Im Bild zur Aktion lösen sich die Buch-staben »Willkommen« in einer Stacheldrahtrolle scheinbar auf. Die politische Diskussion hat diese Darstellung mittlerweile überholt. Seit den Übergriffen auf Frauen in der Silvester-nacht in Köln und in anderen Städten innerhalb Deutsch-lands, an denen vorwiegend Männer nordafrikanischer Her-kunft beteiligt gewesen sein sollen, ist die Stimmung von Angst, Abwehr und Hass geprägt.

Das Wort »Willkommen« ist von vielen Menschen massiv diskreditiert worden. Politiker und Politikerinnen fast aller Parteien überbieten sich darin, Gesetze und Regelungen vor-zuschlagen, mit denen Flüchtlinge abgeschreckt werden sol-len. Auch der im Poster gezeigte Stacheldrahtzaun bleibt in-zwischen weit hinter dem zurück, was gar von Vertreterinnen und Vertretern der AFD gefordert wurde, nämlich bei Grenz-verletzungen von Menschen auf der Flucht notfalls auf diese zu schießen. Aber auch die Zahlen der Angriffe auf Flücht-lingsunterkünfte mussten seit August monatlich nach oben korrigiert werden.

Was ist das für ein Geist der Angst, der Feindschaft und des Hasses, der hier gegenüber Menschen anderer Herkunft und Sprache geschürt wird? Mitarbeitende der VEM und deren Familienangehörige aus Afrika und Asien, die in Wuppertal leben, berichten, dass nach den Vorfällen in Köln ihnen viele Deutsche so abweisend und unfreundlich begegnen, wie sie

es zuvor nicht erlebt haben. Sie erzählen von rassistischen Beleidigungen und herabwürdigenden Beschimpfungen, de-nen sie im Alltag ausgesetzt sind.

Ist vom Alten Testament die Rede, dann wird das biblische Zeugnis häufig als Quelle vorzivilisatorischer Praktiken, Riten und Gesetze abgetan, die für die heutige moderne Gesellschaft keinerlei Bedeutung haben. Dort, wo man sich auf das Alte Testament beruft, geschieht dies zuweilen allenfalls in der Ab-sicht, es als dunklen Kontrast zum fortschrittlichen, aufge-klärten Denken und Handeln anzuführen, welches dann umso heller und humaner erscheint. Angesichts der derzeiti-gen Diskussion kann man den Eindruck gewinnen, dass es sich genau umgekehrt verhält.

»Wenn ein Fremder bei Euch wohnt in Eurem Lande, den soll Ihr nicht bedrücken. Er soll bei Euch wohnen wie ein Einheimischer unter Euch. Und Du sollst ihn lieben wie Dich selbst.«

Gegenüber vielen hysterischen Stimmen, die die Ab- und Ausweisung sowie die drastische Einschränkung von Rechten von Asylsuchenden fordern, wird hier gesagt: »Wenn ein Asyl-suchender bei Euch wohnt, dann sollt Ihr ihn in seinen Grundrechten nicht beschneiden und schon gar nicht gegen ihn hetzen oder seine Unterkunft anzünden oder ihm gar Ge-walt antun. Er soll die gleichen Rechte und Möglichkeiten der Teilhabe genießen wie ein Einheimischer.«

Verkehrte Welt könnte man meinen. In den sozialen Netzwer-ken wie Facebook tönen die vorzivilisatorischen Stimmen des Hasses und gleichzeitig mahnt dieses über mehrere Jahrtau-sende überlieferte Wort aus dem alten Israel zu einem menschlichen Umgang mit Fremden. Natürlich bedarf es po-litischer Lösungen, die es Menschen ermöglicht, sicher in ih-ren Ursprungsländern zu leben, Maßnahmen, die Kommunen und Länder in Deutschland nicht völlig überfordern, Rege-lungen zur Aufnahme von Flüchtlingen, die verhindern, dass Menschen im Mittelmeer täglich ertrinken. Es gilt daraufhin zu arbeiten, dass Menschen, die als Fremde aus purer Not zu uns gekommen sind, hier ein Zuhause, Wohnung, Arbeit und Perspektiven finden und dabei auch Schwierigkeiten und mögliche Konflikte im Zusammenleben mit den »Fremden« nicht zu verdrängen. Aber denen, die Hass und Angst gegen Fremde säen, muss entschieden widersprochen werden. Der Vers aus dem dritten Buch Mose ist ein solcher Widerspruch. Uralt und doch genau passend für uns und unsere Zeit.

Dr. Jochen Motte ist stellvertretender Generalsekretär der VEM.

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EINSAM, TRAUMATISIERT UND ARBEITSLOS – UND GANZ BESONDERS GEFÄHRDETDas Leben im Flüchtlingslager Mugombwa in Ruanda ist hart. Ein Hilfsprogramm der Evangelisch-Anglikanischen Kirche von Ruanda widmet sich besonders den Mädchen und jungen Frauen, die ohne Angehörige in Mugombwa gestrandet sind.

Die Zahlen sind alarmierend. Die UNO-Flücht-lingshilfe meldet, dass aktuell etwa 60 Mil-lionen Menschen weltweit auf der Flucht sind. Mehr als die Hälfte von ihnen sind in-nerhalb ihrer eigenen Landesgrenzen auf der Flucht. In Deutschland reißen die De-batten um die bei uns eingetroffenen Men-

schen – 2015 mehr als eine Million Menschen, vorwiegend aus Syrien, Albanien und dem Kosovo – nicht ab.

Jochen Motte, Mitglied des Vorstandes der Vereinten Evan-gelischen Mission und Leiter der Abteilung »Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung« erklärt: »Ein wich-tiges Thema, ohne Frage. Allerdings verlieren wir dabei gerne aus den Augen, dass viele Länder, die viel ärmer sind als Deutschland, ganz andere Flüchtlingszahlen verkraften müssen.«

Belegt wird diese Einschätzung von den aktuellen Zahlen der UNO-Flüchtlings hilfe: »Mit 469 Flüchtlingen pro Dollar des Bruttoinlands produkts trägt Äthiopien in Relation zu seiner Wirtschaftskraft die größte Last. Im Verhältnis der Flücht-lingszahl zur einheimischen Bevölkerung hat der Libanon« – Nachbarland des bürgerkriegsversehrten Syrien – »mit 209 Flüchtlingen pro 1.000 Einwohnern die meisten Menschen aufgenommen.«

Die Kirche tut ihr MöglichstesOft sind es tatsächlich die Nachbarländer von Krisenregio-nen, die – kaum beachtet von der Weltöffentlichkeit – riesige Lasten tragen. Dazu gehört auch Ruanda. Das ostafrikanische Land erlebt nach den traumatischen Erfahrungen des Völker-mords der Hutu an den Tutsi im Jahr 1994 endlich Anzeichen eines wirtschaftlichen Aufschwungs. Gebremst wird dieser Aufschwung allerdings dadurch, dass Krisen in unmittelba-

Illustration: Juan González / MediaCompany.GmbH

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In die Welt für die Welt 1/2016Karte: Peter Philips / MediaCompany GmbH

ren Nachbarländern Tausende von Flüchtlingen über die Grenzen nach Ruanda führen. Allein in der Butare-Diözese der Evangelisch-Anglikanischen Kirche von Ruanda (EAR) sind 15.000 bis 20.000 Flüchtlinge aus der Volksrepublik Kongo und aus Burundi zu versorgen.

Aufnahme finden die Menschen unter anderem im Februar 2014 eingerichteten Flüchtlingslager Mugombwa in der Nähe der Stadt Butare. Die Kirche tut ihr Möglichstes, um die Flüchtlinge – darunter viele Frauen und Kinder – mit dem Notwendigsten zu versorgen. Unterstützung erhält sie dabei von der Vereinten Evangelischen Mission. Besonders im Fo-kus: die Situation von Mädchen und jungen Frauen. Sie lei-den – wie die meisten der anderen Flüchtlinge – unter den harten Alltagsbedingungen des Lagerlebens. Viele haben ihre Eltern und Geschwister verloren und wurden Zeugen von brutaler Gewalt. Sie sind arbeitslos und haben keine Perspek-tiven auf ein selbstbestimmtes Leben. Dazu kommen Heim-weh und Langeweile.

Berufliche Perspektiven aufbauenIm Gegensatz zu den männlichen Flüchtlingen laufen Mäd-chen und junge Frauen zudem Gefahr, vergewaltigt oder sexuell ausgebeutet zu werden. Manche verdingen sich als Prostituierte, weil sie sonst keine Möglichkeit sehen, ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Viele der Mädchen und jun-gen Frauen werden schwanger – mit fatalen Folgen. Die kirchlichen Mitarbeitenden der Evangelisch-Anglikanischen Kirche von Ruanda sind sich einig: »Diese Mädchen und jun-gen Frauen sind weder wirtschaftlich, intellektuell noch psychisch in der Lage, ein Baby großzuziehen und selbststän-dig zu versorgen.«

Abhilfe schaffen soll ein neues Programm, das sich speziell an gefährdete Mädchen und junge Frauen richtet. Mit finanziel-ler Unterstützung der Vereinten Evangelischen Mission er-mutigen die kirchlichen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in der Diözese Butare etwa 100 Mädchen und junge Frauen im Flüchtlingslager in Mugombwa zu eigenverantwortlichem Handeln und zeigen ihnen, wie sie sich vor sexuellen Über-griffen schützen können. Gleichzeitig erhalten die Mädchen und jungen Frauen die Möglichkeit, ein Handwerk zu lernen, damit sie sich später – in Ruanda oder in ihrem Heimatland – auf eigene Beine stellen können. Nähmaschinen werden an-

geschafft und Näherinnen aus der Nachbarschaft damit be-auftragt, die Mädchen und jungen Frauen auszubilden.

Die 10.000 Euro, die die Vereinte Evangelische Mission für diesen Zweck bereitstellt, sind gut investiertes Geld. Es wird nicht nur dafür ausgegeben, die Mädchen und jungen Frauen davor zu bewahren, in die Prostitution abzurutschen oder Opfer von sexueller Gewalt zu werden. Zugleich hilft ihnen dieses Programm, sich eine berufliche Perspektive aufzubau-en. Außerdem hofft die Kirche auf einen Nebeneffekt: Durch die Zusammenarbeit mit den Angehörigen der lokalen Ge-meinden kommen sich Flüchtlinge und Einheimische näher, reden miteinander, tauschen sich aus. Ein wichtiger Baustein, wenn es darum geht, den sozialen Frieden in dieser Region zu bewahren.

MUGOMBWA

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In die Welt für die Welt 1/2016

DIE FLÜCHTLINGSKRISE IN KAMERUN

Zu den letzten größeren Unruhen kam es, als die überwie-gend muslimischen Séléka-Rebellen im Land vordrangen und das Staatsoberhaupt, Präsident Bozize, vertrieben. Tau-sende von Menschen flohen vor Gewalt und Tod und suchten Zuflucht in Kamerun, dem nächsten und sichersten Ziel. Un-gefähr 1300 Zentralafrikaner flohen bei Ausbruch der Gewalt in die kamerunische Region Est. Diese Zahl stieg, als sich die Gruppe Anti-Balaka formierte, um die Séléka-Milizen zu be-kämpfen. Dadurch verschärfte sich die Situation und mehr als 78.543 Zentralafrikaner suchten 2014 zusätzlich in dieser Region Kameruns Schutz. Unter die Flüchtlinge mischten sich natürlich auch einige Kämpfer und entwickelten sich zu einer Bedrohung für die Bevölkerung im Aufnahmeland. Be-richten zufolge kam es zu zahlreichen Konflikten zwischen ihnen und der örtlichen Bevölkerung, die den Flüchtlingen in einigen Fällen zahlenmäßig unterlegen war. Manche Dör-fer im Grenzgebiet hatten nur etwa 1.000 Einwohner, muss-ten jedoch mehr als 5.000 Flüchtlinge aufnehmen. Das brachte Versorgungsengpässe mit sich. Die Kämpfer, die sich unter die Flüchtlinge gemischt hatten, und einige Flüchtlinge bildeten räuberische Gangs und stahlen das Vieh und Getrei-de der örtlichen Bevölkerung.

Selbst für UNHCR-Mitarbeiter war die Situation sehr schwie-rig, weil die Flüchtlinge Forderungen stellten, die über das hinausgingen, was möglich und zulässig war. So forderten manche der Flüchtlinge aus Zentralafrika zu Beginn, man solle sie nach Douala und Yaoundé bringen, denn dort würden sie Jobs finden. Sie nahmen sogar einen UNHCR-Mitarbeiter als Geisel. Er wurde erst wieder freigelassen, nachdem sich Beamte der kommunalen Verwaltung einge-schaltet hatten.

Nach Angaben der Regierungszeitung und von UNHCR haben seit 2012 250.000 erwachsene Flüchtlinge aus der Zentralafrikanischen Republik in Kamerun Zuflucht gesucht. Davon sind 48 Prozent in den offiziellen Lagern Timangolo,

Von David Wafo

Kurz nachdem Kamerun die Unabhängigkeit er-langt hatte, suchten dort Menschen Zuflucht, die auf der Flucht vor dem Biafra-Krieg in Ni-geria waren. Später waren Zehntausende von Bürgern aus dem Tschad gezwungen, sich im Norden Kameruns in Sicherheit zu bringen, um gewaltsamen Übergriffen durch Krieg

führende Parteien sowie dem Krieg zu entkommen, den der Tschad und Libyen um die Kontrolle über den Aozou-Streifen führten. Andere kamen, weil sie Hunger litten. Sie wollten nur einen Ort finden, wo sie genügend zu essen hatten. Ka-merun, das sich mit Nahrungsmitteln selbst versorgen konn-te, war ein Traumziel für sie. Es heißt, dass viele dieser Men-schen nie in ihre Länder zurückgekehrt seien. In den vergan-genen Jahren war die Situation dramatisch: Flüchtlinge drängen über die westliche Grenze (Nigeria) und die östliche Grenze (Zentralafrikanische Republik) ins Land.

Druck aus dem OstenDie Grenze zwischen Kamerun und der Zentralafrikanischen Republik war infolge verschiedener Faktoren schon immer instabil und durchlässig. Manchmal gehören die Menschen auf beiden Seiten der Grenze derselben ethnischen Gruppe an. Außerdem ist die Zentralafrikanische Republik als Binnenstaat beim Außenhandel und bei der Versorgung mit Gütern stark auf Kamerun angewiesen. Historisch betrachtet hat die Zent-ralafrikanische Republik viele Unruhen und gewaltsame Machtergreifungen durchgemacht. Aufgrund dieser Faktoren gab es schon immer massive Bevölkerungsbewegungen. Die Flüchtlinge, die kamen, siedelten sich in drei Regionen Kamer-uns an, nämlich in Est, Adamaua und Nord. Sogar einige ge-stürzte Staatschefs flohen über Kamerun. Der letzte, Präsident François Bozize, der durch einen Staatsstreich an die Macht gekommen war, fand erst dann vorläufige Sicherheit, als er die Grenze zu Kamerun überquert und sich in die Hände kame-runischer Sicherheitskräfte begeben hatte – zu seinem eige-nen Schutz, denn er wurde von den Séléka-Rebellen gejagt.

Das Flüchtlingsproblem und die internationale Mobilität infolge unerträglicher Lebensbedingungen haben sich im Jahr 2015 zu einer globalen Herausforderung entwickelt. Doch viele Länder waren bereits vorher damit konfrontiert, entweder weil ihre Bevölkerung das Land verließ oder weil eine große Zahl von notleiden-den Menschen ins Land kam. Für Kamerun ist dies nichts Neues, auch wenn der Zustrom von Flüchtlingen aus den umliegenden Ländern zugenommen hat.

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Karte: Peter Philips / MediaCompany GmbH

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In die Welt für die Welt 1/2016Fotos: Ngamy / VEM

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Yokoshire und Ndokayo untergebracht. Zu dieser Zahl kom-men noch all jene Flüchtlinge hinzu, die infolge früherer Unruhen bereits im Land waren. Ein Vorteil ist, dass seit 2005 Lager errichtet wurden, um die eintreffenden Flüchtlinge aufzunehmen. Das erleichtert die Versorgung der Flüchtlin-ge etwas. Inzwischen wurden einige von ihnen von örtli-chen Familien aufgenommen; andere sind in der örtlichen Bevölkerung aufgegangen und haben sich integriert. Etwa 45.000 Flüchtlinge, die ihr Vieh mitgebracht hatten, weiger-ten sich, in ein Lager zu gehen, und wollten lieber auf offe-nem Gelände bleiben, um für ihre Tiere sorgen zu können. Doch natürlich bedeutet dies ein Problem im Hinblick auf Sicherheit, Kontrolle und Schutz. Andererseits sorgen kultu-relle Gemeinsamkeiten mit der örtlichen Bevölkerung dafür, dass das Zusammenleben einigermaßen harmonisch ist. Kürzlich nahmen diese 250.000 Flüchtlinge aktiv an den Wahlen teil; in den Lagern waren dazu Wahllokale einge-richtet worden.

Die diplomatischen Initiativen von Akteuren aus der Subre-gion sowie der Afrikanischen Union und den Vereinten Na-tionen haben bewirkt, dass sich die Lage in der Zentralafri-kanischen Republik etwas beruhigt hat. Daher hat sich die Zahl der Flüchtlinge stabilisiert und es werden keine weite-ren Flüchtlinge erwartet. Man hofft, dass der aktuelle Frie-densprozess von Erfolg begleitet ist, sodass die Flüchtlinge in ihr Land zurückkehren können oder zumindest keine weite-ren kommen werden.

Die kritische nördliche Grenze zu NigeriaIm äußersten Norden von Kamerun ist das Gebiet an der Grenze zu Nigeria wegen der Terroristen von Boko Haram inzwischen eine gefährliche und riskante Region. Die Rebel-lengruppe, die vor mehr als 15 Jahren in Nigeria entstand, hat sich zu einer echten Armee entwickelt, die nicht nur gegen die nigerianische Regierung, sondern auch gegen Nachbar-länder einen sogenannten asymmetrischen Krieg führt. Da-durch waren bisher Zehntausende von Menschen gezwun-gen, ihr Zuhause zu verlassen und einen sicheren Ort zu su-chen. Wie auch im Osten von Kamerun gehören hier die Menschen auf beiden Seiten der Grenze derselben Bevölke-rungsgruppe an und teilen die entsprechenden Werte und die Kultur. In manchen Familien kommen beide Staatsange-hörigkeiten vor. Es versteht sich von selbst, dass aus sozialen und wirtschaftlichen Gründen ein sehr reger Grenzverkehr herrscht. Seit 2013 finden diese Bevölkerungsbewegungen nicht aus den üblichen Gründen statt. Tatsächlich ist die un-sichere Lage der Grund für einen Massenexodus. Die lokale Bevölkerung in Nordosten Nigerias wird von Boko-Haram-Kämpfern schikaniert, die zunächst Christen, aber später auch Muslime und alle anderen Gruppen attackierten. Wer dem grausamen Morden entging, musste fliehen, um sein Leben zu retten. Schließlich gerieten all diejenigen ins Visier der Terroristen, die von ihnen verdächtigt wurden, mit Regie-rungsbeamten in Verbindung zu stehen. Als die nigeriani-schen Sicherheitskräfte und das Militär beschlossen, gegen die Rebellen vorzugehen, geriet die Bevölkerung zwischen

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die Fronten von Armee und Terroristen. Das beschleunigte die Abwanderung der Bevölkerung und die Menschen in Grenznähe flohen natürlich nach Kamerun.

Das Camp Minawao ist das einzige Lager, das zur Unterbrin-gung der Flüchtlinge errichtet wurde; die Regierung hatte dazu 554 Hektar Land zur Verfügung gestellt. Nach Angaben eines UNHCR-Mitarbeiters wurde das Camp 2013 eröffnet, mit nur 600 Flüchtlingen, aber heute sind dort mehr als 52.000 Menschen untergebracht. Hinzu kommen diejenigen, die von Familien aufgenommen wurden oder anderswo außerhalb des Lagers leben. Doch diese Zahlen sind nur eine grobe Schät-zung, denn täglich kommen neue Flüchtlinge über die lange Grenze zu Nigeria. Hier ist zu erwähnen, dass die Grenze zwi-schen den beiden Ländern 1.700 Kilometer lang ist. Dadurch ist ihre Überquerung an vielen Stellen leicht möglich.

In letzter Zeit sind einige der Flüchtlinge nach Nigeria zu-rückgekehrt. Zwar haben die bewaffneten Auseinanderset-zungen nachgelassen, doch ist die Sicherheitslage alles ande-re als stabil. Die neue Strategie der Attentäter – Selbstmord-attentate – versetzt die Bevölkerung auf beiden Seiten der Grenze in Angst und Schrecken.

Maßnahmenplan der Regierung und HerausforderungenAuch wenn Kamerun seit jeher Flüchtlinge aufgenommen hat, so waren die letzten vier Jahre mit dem massiven Zu-strom von Menschen auf der Flucht vor der Gewalt in der Zentralafrikanischen Republik und Nigeria doch ausgespro-chen schwierig. Die für den Bevölkerungsschutz zuständige Behörde, die dem Innenministerium unterstellt ist, reagierte unverzüglich und forderte die gesamte Bevölkerung auf,

Gastfreundschaft und Solidarität zu zeigen. Privatpersonen, nationale Verbände und Organisationen beteiligten sich we-sentlich an der Unterstützung der Flüchtlinge und Binnen-flüchtlinge, deren Zahl auf 130.000 geschätzt wird. Außerdem beteiligten sich die Behörden, zum Beispiel schickte das Prä-sidialamt der Republik in großem Umfang lebenswichtige Güter. Und andere Staaten bekundeten über ihre Botschaften ihre Solidarität.

Um eine bessere Koordination der Maßnahmen zu gewähr-leisten, setzte der Präsident der Republik am 13. März einen interministeriellen Ad-hoc-Ausschuss ein, der die Nothilfe für die Flüchtlinge in Kamerun steuern sollte. Gemäß den Leitlinien des Nothilfe-Managements in Kamerun wurden in den Gebieten, die von den Flüchtlingsströmen betroffen sind, entsprechende Ausschüsse auf der Ebene der Bezirke und Kommunen eingerichtet. Dank dieser Organisation konnte die Flüchtlingssituation etwas besser bewältigt werden.

Allerdings ist die Situation äußerst komplex. Die Regierung soll die Sicherheit ihrer Bürger gewährleisten, die regelmäßig von Boko Haram und Milizen aus der Zentralafrikanischen Republik angegriffen, getötet, entführt und ausgeraubt wer-den. Doch gleichzeitig muss sie im Rahmen ihrer internatio-nalen Verpflichtungen auch für die Flüchtlinge sorgen.

Der massive Zustrom dieser Flüchtlinge führt zu einer enor-men Belastung der bestehenden Ressourcen. Die lokale Be-völkerung war schon vorher nicht ausreichend versorgt, doch jetzt muss sie die wenigen Ressourcen noch mit den Flüchtlingen teilen. Das stellt ein gravierendes Problem dar und birgt langfristiges Konfliktpotenzial.

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David Wafo ist Referent für gemeinsame Programme im VEM-Büro in Daressalam.

Manche Flüchtlinge, vor allem im Osten, drangen bei ihrer Ankunft in die Farmen ein und nahmen sich, was sie fanden, um zu essen und zu überleben. Dies sorgte gleich zu Anfang für ein angespanntes Klima zwischen der einheimischen Be-völkerung und den Flüchtlingen. Die Menschen fühlten sich nicht mehr sicher und misstrauten denen, die kamen. Dieses Gefühl wurde noch verstärkt, als sich zeigte, dass mit den Flüchtlingen auch Kämpfer gekommen waren. Es kamen immer wieder Personen ins Land, die bewaffnet waren. Mit ihnen nahmen die Bandendiebstähle zu und Einheimische wurden auf ihren Farmen, in ihren Häusern und Geschäften überfallen. Viele wurden von diesen Banden entführt, die dann die Zahlung eines Lösegeldes forderten. Das ent-wickelte sich zu einem florierenden Geschäft; die Räuber versteckten sich im Busch und brachten ihre Geiseln über die Grenze in die Zentralafrikanische Republik, wo die kame-runischen Sicherheitskräfte nicht zugreifen können. Es wird angenommen, dass sie mit dem erbeuteten Lösegeld den Kampf in ih-rem Heimatland finanzieren.

In der kamerunischen Region Est sind mehrere Bergbau- und Holzunternehmen angesiedelt und die Räuberbanden wurden zu einer Bedrohung ihres Ge-schäftes. Die gemischten Gefühle in der Bevölkerung stürz-ten die Regierung in ein schweres Dilemma. Sie verschärfte die Sicherheitsmaßnahmen und entsandte weitere Sicher-heitskräfte, um die Bevölkerung zu beruhigen und die Bedro-hung zu reduzieren, die durch die Ankunft der Flüchtlinge entstanden war.

Im Norden ist die Situation noch schlimmer. Die Einheimi-schen und die Sicherheitskräfte misstrauen jedem, der aus Nigeria ins Land kommt. Die neue Strategie der Terroristen macht allen Angst. Selbstmordattentate haben zahlreiche Menschenleben gefordert und viele Menschen verstümmelt. Und da Mädchen und Frauen als Selbstmordattentäterinnen eingesetzt werden, haben die Menschen inzwischen Angst davor, Flüchtlinge aufzunehmen. Tatsächlich könnte jeder eintreffende Flüchtling ein Boko-Haram-Kämpfer sein, wenn es ein Mann ist, oder eine Selbstmordattentäterin, wenn es ein Mädchen oder eine Frau ist. Daher will man die Flücht-linge weder willkommen heißen noch überhaupt ihren Auf-enthalt dulden. Fakten bestätigen diese Einstellung: Im Flüchtlingslager Minawao wurden am 10. Januar fünf mut-maßliche Boko-Haram-Kämpfer verhaftet. Sie waren bereits als Flüchtlinge registriert worden, aber andere Flüchtlinge im Lager hatten die Kämpfer erkannt und die Behörden infor-miert. Es zeigt sich jetzt, dass die Flüchtlinge, oder zumindest einige von ihnen, zu einem Sicherheitsrisiko geworden sind.

Das Militär muss die Angriffe abwehren, die von der nigeria-nischen Terrorgruppe Boko Haram von außen verübt werden,

aber auch die innere Gefahr durch Selbstmordattentäter, die von der Terrormiliz in Nigeria vorbereitet und als Flüchtlinge getarnt ins Land geschleust werden.

Andere Herausforderungen betreffen die erforderliche Infra-struktur und die Versorgung der Flüchtlinge. In der kameru-nischen Region Extrême Nord ist die Nahrungsversorgung schon unter normalen Umständen bei weitem nicht gesi-chert. Wegen der gefährlichen Lage wurden Farmen aufge-geben, weil sich die Farmer in Sicherheit brachten und zu

Binnenflüchtlingen wurden. Das Getreide auf den Feldern wurde von Terroristen ent-weder mitgenommen oder niedergebrannt. Manchmal werden auch Lastwagen mit Le-bensmitteln für die Bevölkerung überfallen und nach Nigeria gebracht. Außerdem führt die Zahl der Flüchtlinge und Binnenflücht-linge dazu, dass die Nachfrage exponentiell steigt, während das Angebot oder die Pro-duktion drastisch zurückgegangen ist. Das gefährdet die Ernährungssicherheit.

Eine weitere Strategie der Terroristen besteht mittlerweile darin, ins Land einzudringen,

um Nahrungsmittel und Viehherden zu stehlen. Berichten zufolge stahlen sie 2015 in der zweiten Jahreshälfte Hunder-te von Kühen und verschlimmerten dadurch noch die Le-bensmittelknappheit.

Am 24. Januar sprach Najat Rochdi, Koordinatorin des UN-Einsatzes in Kamerun, auf einer Sitzung in Yaoundé, bei der auch der Innenminister anwesend war, über den finanziellen Bedarf für die Flüchtlinge in Kamerun. Sie erklärte, dass 2016 282 Millionen Dollar benötigt würden, um die Grundbedürf-nisse dieser schutzbedürftigen Menschen in Kamerun zu de-cken. 176 Millionen brauche man allein für die 70.000 nige-rianischen und die 250.000 zentralafrikanischen Flüchtlinge.

Auch wenn einige offizielle Reden ein besseres Jahr verspre-chen, ist doch am Ausmaß des Bedarfs und am Umfang der verfügbaren Ressourcen zu erkennen, dass die Situation der Flüchtlinge in Kamerun auch in diesem Jahr weiterhin An-lass zu großer Sorge gibt. Dies wird so bleiben, solange die Ursache ihrer Flucht nicht beseitigt ist und sie nicht in ihre Heimat zurückkehren können. Für Kamerun bedeuten der massive Zustrom von Flüchtlingen und die Herausforderung, durch die Bekämpfung der Terroristen die territoriale Integ-rität zu sichern, eine schwere Belastung. Der Kampf an meh-reren Fronten ist immer sehr schwierig, erst recht angesichts der Tatsache, dass Kamerun, wie viele andere Entwicklungs-länder, immer noch Mühe hat, die Grundversorgung der ei-genen Bevölkerung zu gewährleisten.

» 282 Millionen Dollar werden benötigt, um die Grundbedürfnisse dieser schutzbe dürf-tigen Menschen in Kamerun zu decken.«

Najat Rochdi, Koordinatorin des UN-Einsatzes in Kamerun

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Interview mit Timo Pauler

EHRENAMTLICH ENGAGIERT IN DER FLÜCHTLINGSHILFE

TIMO PAULER engagiert sich für Flüchtlinge – ein Helfer unter tausenden ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern, die Men-schen in Not beistehen. Der 36-Jährige arbeitet als Controller bei der VEM und unterstützt seine Kirchengemeinde in Solin-gen freiwillig bei der Integration geflüchteter Menschen.

Wie hat es angefangen in der Lutherkirchengemeinde?Im Bezirk der Lutherkirchengemeinde in Solingen hat An-fang September 2015 eine Erstflüchtlingsunterkunft aufge-macht. In der Sporthalle und in Klassenräumen der ehema-ligen Schule in der Zweigstraße wurden von heute auf mor-gen 160 Plätze für Flüchtlinge geschaffen. Die Schule liegt etwa einhundert Meter Luftlinie von der Kirche entfernt. Für mich hat alles mit einem Post auf Facebook angefangen. Eine Bekannte suchte Leute, die Flüchtlinge aus Massenunter-künften freitags abends zum Fußballspielen fahren würden. Da ich einen VW-Bus mit sieben Plätzen habe, habe ich das gemacht und einen spannenden Abend als Fahrer erlebt.

Fast zur gleichen Zeit ist eine Gruppe aus dem Iran geflüch-teter Christen bei uns im Gottesdienst aufgetaucht. Nach dem Gottesdienst, beim Kirchencafé dachte ich, man müsste mit ihnen etwas gemeinsam machen. Ich fragte die Jungs, ob sie Lust hätten am Nachmittag etwas zu unternehmen. Sie hat-ten. Es wurde ein großartiger Nachmittag. Mit Händen und Füßen und einer Übersetzungsapp haben wir kommuniziert. Wir waren auf Schloß Burg an der Wupper und haben am Ende eine echte bergische Waffel gegessen. Heute bin ich froh, den Anfang gemacht zu haben, weil sich aus dieser Begeg-nung etwas entwickelt hat.

Können Sie etwas sagen zu den Hintergründen dieser jungen Männer aus dem Iran? Sie kommen aus Esfahan im Iran aus sogenannten Hauskir-chen. Das sind Kirchen, die im Untergrund existieren und verboten sind. Bei einer Razzia sind deren Hauskirchen auf-geflogen. Die jungen Männer mussten von heute auf morgen fliehen. Über die Balkanroute sind sie nach rund zwei Mona-ten im September in Solingen angekommen. Am Erntedank-fest am 4. Oktober haben sie sich bei uns taufen lassen. Diese

Taufe hat sich positiv auf unsere Gemeinde ausgewirkt, viele Gemeindemitglieder haben Interesse gezeigt. Mit drei von den Fünfen hat sich dann ein immer engerer Kontakt ergeben.

Hat Ihre Gemeinde konkret etwas für die Flüchtlinge angeboten?Ja. In Zusammenarbeit mit der Nachbargemeinde und ver-schiedenen Initiativen wurden Sprachkurse und eine Spiel-gruppe in den Gemeinderäumen organisiert. Per E-Mail wur-de ein Aufruf gestartet, so in dem Sinne ›wir suchen Leute, die geflüchteten Menschen Deutsch beibringen‹. Anfangs wussten wir nicht, ob das so funktioniert. Die Reaktion war überwältigend. Viele Rentner, auch pensionierte Lehrerin-nen und Lehrer haben spontan ihre Hilfe angeboten. Viele Leute waren bereit, sich in der ehrenamtlichen Flüchtlings-arbeit zu engagieren. Sogar die Jugendlichen aus der Ge-meinde haben Flüchtlinge ins Jugendcafé eingeladen.

Wie ging es dann weiter?Leider kam dann – auf die deutsche Bürokratie bezogen – der Realitätsschock. Die Schule in der Zweigstraße war eine Erst-unterkunft des Landes NRW. Das heißt, die Menschen dort sind noch nicht registriert. Das war uns allen nicht wirklich klar. Diese Erstregistrierung fand erst einige Wochen später statt, Ende Oktober. Dazu wurden die Flüchtlinge mit Bussen nach Herford gefahren. Dort hat sie dann ein Computerpro-gramm mit dem zynischen Namen ›easy‹ per Zufallsgenera-tor auf verschiedene Bundesländer gemäß dem Königssteiner Schlüssel verteilt. Als die Busse abends wieder in Solingen eintrafen, fehlten viele von den Flüchtlingen. Das war sehr traurig. Denn Freunde, die einen weiten und beschwerlichen Weg zusammen gekommen sind, wurden getrennt, persönli-che Beziehungen auseinander gerissen. Viele der ehrenamt-lich Helfenden waren geschockt. Wir haben versucht, ›unse-

Foto: Ramona Hedtmann / VEM

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echtre‹ Flüchtlinge zurück zu bekommen, mit Briefen und Tele-

fonaten, aber es half nichts. Eine erfolgte Umverteilung lässt sich de facto nicht rückgängig machen. Von den fünf Män-nern, die sich bei uns haben taufen lassen, sind nur zwei zu-rückgekommen. Kontakt habe ich heute aber noch mit drei von ihnen. Für die anderen beiden ging es in Solingen aber weiter. Schnell wurde klar, dass nach der Länderzuordnung, die kommunale Zuordnung folgt. Einer sollte in Solingen bleiben, der andere nach Bielefeld. Dieses Mal konnten wir aber Einfluss nehmen. Dank offiziellen Briefen unserer Pfar-rer und einem Telefonmarathon durch die Verwaltung in Solingen, konnten wir erreichen, dass beide Männer Solin-gen zugeordnet wurden. Zwar wurden die beiden am Ende doch noch innerhalb Solingens getrennt, aber unsere Hart-näckigkeit wurde belohnt.

Das war im Herbst vergangenen Jahres. Wo sind Sie heute dran?Im Moment konzentriert sich meine Tätigkeit vor allem auf die beiden Iraner. Es hat sich ergeben, dass die beiden immer dienstags eineinhalb Stunden zum Deutsch üben kommen, manchmal spielen wir anschließend ›Mensch ärgere dich nicht‹ oder trinken zusammen noch ein Bier.

Macht dieses Engagement eigentlich Spaß?Ja, auf jeden Fall! Es ist manchmal auch sehr anstrengend. Man braucht viel Geduld und muss einfach akzeptieren, dass es kulturelle Unterschiede gibt, die durch Sprachbarrieren noch verstärkt werden und die man nicht erklären kann. Es passieren einfach immer wieder komische Sachen, die ich nicht verstehe.

Können Sie mal ein Beispiel nennen?Zum Beispiel eine Geschichte, die einer Bekannten in Solin-gen passiert ist: Ein Flüchtling, für den ein privater Sprach-kurs bei einer Frau organisiert wurde, ist, nachdem alle Ab-sprachen getroffen worden waren, einfach nicht gekommen. Die Frau war zunächst frustriert. Sie hatte das auf eine kultu-relle Unzuverlässigkeit oder vielleicht auch Undankbarkeit geschoben. Nach mehreren Rückfragen und wiederholten Zusagen ist er aber immer noch nicht zum Unterricht er-schienen. Ein Übersetzer konnte schließlich aufklären: Er wusste einfach nicht, wie man sich als Mann mit einer Frau alleine zu Hause verhält. Welche Umgangsformen gelten? Würden die Leute schlecht über die Frau reden, wenn sie al-leine mit einem Mann zu Hause wäre? Das waren wohl die Gedanken des jungen Mannes. Aufgrund der Sprachbarriere und der kulturellen Unterschiede, gab es keinen Weg, das zu kommunizieren. Es war keine Frauenfeindlichkeit, was man ja sofort unterstellen würde, sondern tatsächlich eine kultu-relle Unsicherheit. Die ehrliche Angst, kulturelle Fehler zu machen, war so groß, dass er dann den größten Fehler ge-macht hat: Er ist einfach weg geblieben ohne abzusagen. Man darf dabei nicht vergessen, dass die einzigen Frauen ohne Kopftuch, die junge Männer aus Syrien oder dem Iran

bisher in ihrem Leben gesehen haben, weibliche Verwandte sind. Ihr Leben lief bislang komplett ohne Frauen ab. Dass es da Schwierigkeiten gibt in den Verhaltensweisen, das kann ich gut nachvollziehen. Ich habe mich sehr gefreut, dass man in diesem Fall die ganze Sache aufklären konnte und die eh-renamtliche Lehrerin nicht aufgegeben hat.

Wie klappt die Zusammenarbeit mit den Behörden?Die meisten Mitarbeitenden sind sehr freundlich und enga-giert, aber die Gesetzeslage und die Zuständigkeiten sind un-durchsichtig. Ein Beispiel: Ende letzten Jahres haben wir versucht, für die beiden Iraner eine Wohnung in Solingen zu finden. Nach langem Suchen hatten wir schließlich eine schöne Wohnung gefunden. Alles passte: Vermieter und Mie-ter waren sich einig, die Stadt hatte mündlich zugesagt, die Kosten zu übernehmen. Doch als es dann konkret wurde, kam die Absage der Stadt Solingen – erstmal ohne Begrün-dung. Mündlich hieß es, dass sich die Kriterien geändert hät-ten. Das war für alle sehr frustrierend. Wenn wir eins gelernt haben, dann das, dass man bei unserer Bürokratie einfach hartnäckig bleiben muss. Nach diversen Telefonaten und Briefen waren wir nach zweieinhalb Wochen erfolgreich. Die Wohnung ist schriftlich bewilligt. Wieso erst die Absage kam und dann die Zusage, versteht kein Mensch. Wenn weiterhin auf eine Willkommenskultur gesetzt werden soll, müssen sich die Rahmenbedingungen und die komplizierte Geset-zeslage ändern. Ich weiß, dass andere Helferinnen und Helfer auch frustriert sind und keinen Bock mehr haben. Das ist schade, weil letztlich die Flüchtlinge darunter leiden. Ich bin davon überzeugt, dass Integration über persönlichen Kon-takt funktioniert.

Welchen Tipp können Sie Menschen geben, die helfen möchten?Ich habe festgestellt, dass jeder etwas tun kann. Es reicht, ein-fach mal einen halben Nachmittag Zeit zu investieren. Ein Zoobesuch, ein Spaziergang im Wald, schwimmen gehen. Man macht die Menschen damit wirklich glücklich. Ich bin mir sicher, dass die meisten Flüchtlinge neugierig sind und ein großes Interesse an unserer Kultur haben. Rückblickend betrachtet, sind wir von der Gemeinde etwas naiv an die Sa-che rangegangen. Aber inzwischen haben sich tolle Netzwer-ke in der Stadt gebildet, über die man sich sehr gut austau-schen kann. Zum Beispiel ein neuer Verein ›Flüchtlingshilfe Solingen‹. Es gibt ein Koordinierungsnetzwerk von verschie-denen Initiativen, diverse Kleiderkammern und sogar ein Kunstprojekt in der Stadt. Das gilt nicht nur für Solingen, sondern auch für viele andere Kommunen. Ich kann nur je-den ermutigen, sich dort einfach mal zu melden und ein we-nig Zeit anzubieten. Vielen Dank für das Gespräch.

Das Gespräch führte Brunhild von Local. www.luki.de www.fluechtlingshilfe-solingen.de

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Foto: Dorothea Flake / VEM

Von Dorothea Flake

Das prominente Möbelstück in meinem »Activity Room«, den an-dere Ess- oder Wohnzimmer nennen, ist ein runder Tisch – mein »Traummöbelstück«, denn an einem runden Tisch, lassen sich unkompliziert viele Gäste unterbringen. So geschehen an ei-nem Sonntag. Acht syrische Freunde und Bekannte hatte ich zum Essen eingeladen, es wurden dann neun – zwei Frauen und sieben Männer. So waren wir 50/50 Christen und Muslime. Ich war gespannt auf diese Zusammensetzung, zumal sich die verschiedenen Gruppen untereinander nicht kannten. Aber alle hatten etwas ge-meinsam: Flucht vor den Bomben, Zerstö-rung, Terror, Verlust von Familienangehö-rigen und Freunden, die übrigen zerstreut in alle Welt.

Begonnen hatte alles mit Andre Ende Au-gust vergangen Jahres. Er fiel mir auf, da er die Gottesdienstbesucher aus seiner Kir-chenbank heraus freundlich anstrahlte. Nach dem Gottesdienst fand ich ihn schon mit einer Tasse Kaffee in der Hand beim Kirchcafé und sprach ihn an. Wir haben uns gleich gut verstanden und festgestellt, dass wir an je einem Ende derselben Straße wohnen. Er teilt eine Wohnung mit anderen Syrern, Musli-men. Inzwischen ist Andres Sohn Gilbert auch in Rostock an-gekommen und wartet auf seine Anerkennung. Nur seine

Mutter und Schwester stecken noch im Libanon fest. Bei Be-suchen bei Andre lernte ich seine Wohnungsgenossen ken-nen. Subi spricht nur arabisch. Deshalb fällt es ihm auch schwer, dem Deutschunterricht zu folgen. Er kann unsere Schrift nicht lesen. So habe ich ihm angeboten, mit ihm Lesen zu üben. Jetzt geht es schon etwas besser.

Ach ja, Arztbesuche! Subi brauchte eine Überweisung und dafür einen Hausarzt, Andi hatte ein dickes Knie. Also sind wir gemeinsam auf Arztsuche gegangen. Bei mehreren Ärzten wurden wir abgewiesen: »Wir nehmen keine neuen Patienten mehr an!« »Wir hatten heute schon drei Neue!« Durch die Ver-mittlung des Amtsarztes kam schließlich ein Termin für beide zustande. Das deutsche Gesundheitswesen ist schon schwer zu vermitteln.

Inzwischen ist Vertrauen gewachsen und auch die muslimi-schen Freunde nahmen meine Essenseinladung (dreimal ausgesprochen!) an. Die Tischrunde komplettierten Samar mit ihrer Tochter Gemma und ihre zwei muslimischen jungen Freunden. Auch sie lernte ich im Gottesdienst kennen. Wor-über unterhält man sich in so einer Runde? Vergleiche wur-den gezogen zwischen dem Leben in Deutschland und in Syrien, das in Vielem ähnlich scheint. Trauer über den Verlust des guten Lebens Vieler, die nun alles verloren haben. Die Fragen und Zweifel, wozu war die Revolution gut? Die Sorge um die zurückgebliebenen Familienmitglieder. Die verzwei-

felte Ungeduld, wann endlich die Familie nachkommen kann. Aber auch der Wunsch nach einem Ort zum Grillen. Vieles habe ich gar nicht verstanden. Aber Köln war auch ein Thema und die gegenseitige Er-mahnung, als gute Vorbilder zu leben. Ein wunderbarer »Runder Tisch« als inoffizieller Beitrag zur Integrationsarbeit ging zu Ende aber die Begleitung der neuen syrischen Freunde geht in die nächste Runde.

Dorothea Flake hilft Subhi beim Lesen lernen.

Dorothea Flake ist seit 25 Jahren Mitglied der Schwesterngemeinschaft der VEM. Die ausgebildete Gemeinde-diakonin ist seit August 2013 Diakonin bei der Seemanns mission in Rostock. Zuvor war sie 18 Jahre als Gemeinde-pädagogin ökumenische Mitarbeiterin bei der Chinesisch-Rheinischen Kirche (CRC) in Hongkong.

Flüchtlinge in Rostock2015 sind geschätzt 35.000 Transitflüchtlinge auf ihrem Weg nach Skandinavien versorgt worden. 1.187 Flüchtlinge hat die Hansestadt aufgenommen. Für 2016 wird mit weite-ren 3.000 – 3.500 Flücht-lingen gerechnet. Im Januar waren bereits 158 zugeteilt.

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NUR WENIGE WAGEN ES, DIE TÄTER ZU BENENNEN

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Foto: Martina Pauly / VEM

Marion Unger ist freie Journalistin.

VEM-Mitgliedskirche steht den Opfern im Osten der Demokratischen Republik Kongo bei und versucht, Fluchtursachen zu bekämpfen

Von Marion Unger

Noch immer wird der Osten der Demokratischen Republik Kongo vom Bürgerkrieg erschüttert. Dr. Kakule Molo, Präsident der Baptistischen Kirchen in Zentralafrika (CBCA) berichtete im Gespräch mit Abgeordneten auf der Synode der Evangelischen Kirche im Rheinland von anhaltenden Kämpfen zwischen der kongolesischen Armee und Milizen aus Uganda und Ruanda.

Immer wieder – so die Schilderung Molos – verüben marodie-rende Gruppierungen in den Dörfern der Region Massaker an der Bevölkerung. Vergewaltigungen sind für sie ein Mittel, Angst und Schrecken zu verbreiten. Die Baptistische Kirche im Ostkongo steht den Opfern bei und versucht, Fluchtursa-chen zu bekämpfen. Die mit Hilfe der VEM aufgebauten So-zialzentren sind ein Mittel, um zu verhindern, dass die Men-schen aus dem Land flüchten. Bis zu 80 Prozent der vergewal-tigten Frauen seien Opfer der bewaffneten Kämpfer, berich-tet er. Aber auch in den Familien und Nachbarschaften sind Vergewaltigungen keine Seltenheit. »Nur wenige Frauen wagen es, die Täter zu benennen, sodass sie strafrechtlich be-langt werden können«, erläuterte Molo.

Mit Beratung und Seelsorge versucht die Baptistische Kirche im Ostkongo die schlimmsten Folgen der noch immer an-dauernden Kriegshandlungen zu mildern. »Unsere Kirche betreut zurzeit 2 850 Frauen in 150 Gesundheitszentren«, berichtete Kakule Molo. Sie finden hier soziale, psychologi-sche und juristische Beratung sowie Seelsorge, um das Trau-ma der Vergewaltigung überwinden zu können. Darüber hinaus sind auch Krankenhäuser und Kirchengemeinden Anlaufstellen für die Frauen. Die Ausstattung mit Nutztieren und Gerät sowie die Vermittlung von Mikrokrediten helfen ihnen beim Aufbau einer eigenen Existenz.

»Die Kirchen vor Ort müssen in ihrem Einsatz für Frieden und zur Überwindung von Gewalt gerade gegenüber Frauen und Kindern unterstützt werden«, betonte Dr. Jochen Motte,

Mitglied des Vorstandes der VEM, im Blick auf die anhalten-de Unsicherheit, Gewalt und kriegerischen Auseinanderset-zungen im Osten des Kongo. »Angesichts der vielen anderen Konflikte darf diese Region nicht vergessen werden«, unter-strich Motte. Die VEM setze sich zusammen mit anderen kirchlichen Organisationen im Ökumenischen Netz Zentral-afrika (ÖNZ) dafür ein, »dass Deutschland im Rahmen der EU und der Vereinten Nationen relevante Beiträge zur Beendi-gung von Gewalt und für die Entwicklung der Region leistet«.

Dr. Kakule Molo

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Gestaltung: Rebekka Apostolidis /MediaCompany – Agentur für Kommunikation GmbH, Foto: © apl_d200 – photocase.de

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Gestaltung: Rebekka Apostolidis /MediaCompany – Agentur für Kommunikation GmbH, Foto: © apl_d200 – photocase.de

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In die Welt für die Welt 1/2016 Fotos: Sabira Bouhired

NICHT ÜBER, SONDERN MIT DEN »ANDEREN« LERNEN Impressionen aus der Auftaktwoche der Langzeitfortbildung‚ interkulturelle / interreligiöse Kompetenzstärkung

Von Anika May

Selbsternannte und von anderen dazu erkorene »Islam-expertinnen und -experten« gibt es viele – seit Mo-naten kommen sie in Nachrichtensendungen und politischen Talkshows ausführlich zu Wort. Merk-würdigerweise aber hat man von »Christentums-expertinnen und -experten« bisher selten gehört.

Dies sagt viel darüber aus, wie undifferenziert das »Andere« oft wahrgenommen und dargestellt wird, und wie einseitig mediale Fokussierung zuweilen geschieht. Dabei lässt sich viel Verbindendes über die abrahamitischen* Weltreligionen sagen, und auch Radikalisierungspotenziale in allen Religi-onen ausgemacht werden. Lange bevor Pegida und ihresglei-chen begannen, ihren unsäglichen Parolen Luft zu machen und die Einwanderung großer Gruppen muslimischer Flüchtlinge in Naturkatastrophen-Rhetorik die Medien füll-ten, wollte die VEM Vorurteilen und einem zunehmend reli-gionsfeindlichen gesellschaftlichen Klima etwas entgegen-setzen. Vor allem Muslime leiden derzeit unter diesem Klima.

Nicht über Andere ...Eine Art Fortbildungsreihe sollte entstehen, die etwas Neues in kompakter Form bietet: durch die Verschränkung von Wissensvermittlung über Religionen, die Auseinanderset-zung mit dem religionsübergreifenden Phänomen der Radi-kalisierung, und die Stärkung eigener Dialogkompetenzen. Ein Team von Studienleiterinnen und Studienleitern des in-ternationalen Tagungshauses der VEM (CMLS) sowie christ-lichen, muslimischen und jüdischen Kooperationspartnerin-nen und -partnern entwickelte ein Angebot für Ehren- und Hauptamtliche, die interkulturell arbeiten. Zudem ermögli-chen begleitende Praxisprojekte das Erlernte direkt in die eigene Arbeit umzusetzen. Eineinhalb Jahre hat sich das Team, zu dem auch das Begegnungs- und Fortbildungszent-rum muslimischer Frauen e.V. in Köln gehört, vorbereitet.

Vom 7. bis 11. Dezember 2015 fand die Auftaktwoche der ein-jährigen Fortbildung statt. Sie lockte 24 Teilnehmende mus-limischen, jüdischen und christlichen Glaubens zwischen 20 und 78 aus verschiedenen Regionen Deutschlands, Öster-reichs und der Schweiz in das Tagungshaus auf dem Heiligen Berg in Wuppertal.

Eine der vielen Besonderheiten der Fortbildungsreihe ist es, dass nicht über Andere, sondern mit ihnen gesprochen wird. Beispielsweise in christlichen Gemeinden von lutherisch bis pfingstkirchlich. In Moscheen und einer Synagoge hatten die Teilnehmenden die Gelegenheit, Bekanntes aus neuen Blick-winkeln zu betrachten, Unbekanntes erklärt zu bekommen und Unverständliches zu diskutieren. Flankiert wurden diese Besuche von Diskussionsrunden und Vorträgen. Auch inter-aktive Elemente, wie etwa einem Rundgang durch den jüdi-schen Jahres- und Festzyklus, die Möglichkeit zur Teilnahme an einem muslimischen Mittagsgebet oder der Besuch einer ghanaischen Gemeinde in einem stillgelegten Fabrikgebäu-de. Zum Programm gehörte auch sich gemeinsam Filme an-schauen und besprechen, die sich mit Aspekten interreligiö-sen Zusammenlebens befassen. Fünf Tage lang teilten die Teilnehmenden eine religiös und gesellschaftspolitisch inspi-

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rierende Gemeinschaft – der Gesprächsfaden riss selbst in Pausen niemals ab. Bis in den späten Abend hinein saßen oftmals lebhaft diskutierende Kleingruppen beisammen.

... sondern mit ihnen sprechen»Aus all dem Reichtum zu schöpfen, den unser Glaube zu bieten hat und auf den ersten Blick Fremdes dabei nicht als Störfaktor, sondern als Bereicherung begreifen«, – so fasste eine Teilnehmerin ihre Eindrücke der ersten Seminarwoche zusammen. Die Vielfalt der Gesprächsthemen, Perspektiven und Lebenswelten der Teilnehmenden spiegelte sich auch in der Wahl der Praxisprojekte wider, die in den kommenden Monaten ausbildungsbegleitend durchgeführt werden. Ob eine interreligiöse Lichterkette durch Tübingen, liturgisch-musikalische Abende im Rheinland, Gesprächskreise und Erzählwerkstätten von Hessen bis Basel oder multikulturelle

Stadtteilfeste in Münster und Bielefeld – man darf gespannt sein, was der erste Jahrgang dieses Pilotprojektes in den kom-menden Monaten noch alles auf die Beine stellt. Das interre-ligiöse Leitungsteam blickt erleichtert und sehr zufrieden auf den gelungenen Auftakt mit der hochmotivierten Gruppe.

Das Tagungshaus-Team der VEM hat zwar durch die jährlich wiederkehrende Konferenz JCM (Jewish-Christian-Muslim Dialogue) und Studienreisen nach Indonesien schon Erfah-rungen mit interreligiösen Kooperationsprojekten gesam-melt, aber eine solch langfristige und intensive Zusammen-arbeit gab es bisher nicht. Eine überaus positive Lernerfah-rung, auch für die Leitenden, auf die in jedem Fall aufgebaut werden sollte, so viel steht jetzt schon fest.

Die nächsten Studientage der Fortbildung widmen sich der gemeinsamen Erforschung und Diskussion von Radikalisie-rungspotenzialen und Spannungsfeldern innerhalb der Reli-gionen. Vieles spricht dafür, dass die Anlässe hierfür auch in diesem Jahr nicht weniger, und Austausch und Dialog zwi-schen den Glaubensrichtungen wichtiger denn je werden – um die Kommentierung des Zeitgeschehens nicht denen zu überlassen, die sich durch Lautstärke Gehör verschaffen.

* Die drei großen Weltreligionen – Judentum, Christentum, Islam – drücken die gemeinsame Herkunft und die Zusam-mengehörigkeit von Juden, Christen und Muslimen aus. Sie lassen sich auf den »Abrahamsbund« zurückführen.

Anika May ist Studienleiterin des Centre for Mission and Leadership Studies (CMLS) der VEM und Mediatorin und Mediationsausbilderin.

Teilnehmende in der VIKZ-Moschee in Köln-Ehrenfeld (Verband der Islamischen Kultur-zentren)

Armando Simon-Thielen führt in die Sym-bolik des jüdfischen Gebetsmantels ein.

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Foto: privat

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Mit einem VEM-Stipendium zum Master

KISHA SAMWELL: »ICH BIN SEHR, SEHR DANKBAR!«

Von Annette Lübbers

Leicht hatte es Kisha Samwell nicht. Die Tansanierin wird im November 1977 im ländlichen Umland von Bukoba in der Region Kagera im äußersten Nordwesten des ostafrikani-schen Landes geboren. Sie und ihre Zwillingsschwester ha-ben noch fünf Geschwister. Ihre Eltern sind Bauern, die ihre Familie hauptsächlich von den Erträgen ihrer Bananenplan-tage ernähren. Normalerweise gehen die Kinder in Tansania ab ihrem siebten Lebensjahr in die Primärschule. Schulgeld müssen die Eltern erst ab der Sekundarstufe bezahlen, trotz-dem ist der Schulbesuch teuer: Die Schuluniform und die Schulbücher kosten Geld und oft müssen auch Tisch und Stuhl selbst finanziert werden. Im Jahr belaufen sich die Kos-ten auf etwa 70 bis 100 Euro. Bei einem durchschnittlichen Tageseinkommen von zwei Euro und etwa fünf bis sieben Kindern fällt es vielen Eltern schwer, all ihren Kindern eine schulische Ausbildung zu ermöglichen. Kisha Samwell darf erst ab ihrem elften Lebensjahr zu Schule gehen. Schon als junges Mädchen träumt sie – wie ihre Zwillingsschwester – davon, einmal eine Diakonisse zu werden. »Ich wollte schon immer Menschen helfen und ich dachte, dass mir das am besten als Diakonisse möglich wäre«, erzählt sie.

Kisha Samwell ist ehrgeizigNach Abschluss der Primärschule erfüllt Kisha Samwell sich ihren Traum und besucht – zusammen mit ihrer Schwester – von 1995 bis 1997 eine Diakonissenschule. »Meiner Schwes-ter und mir hat es gut gefallen in dieser Schule. Schwergefal-

KISHA SAMWELL ist die akademische Karriere nicht in die Wiege gelegt worden. Die Tansanierin wuchs auf dem Lande auf und durfte erst ab ihrem elften Lebensjahr zur Schule gehen. Heute absolviert sie einen Master-Studiengang an der Internationalen Universität von Kampala in Uganda. Eine Erfolgsgeschichte!

Scrrenshot der Stipendien-Webseite der VEM

len ist uns nur der Abschied von unserer Familie, sagt sie. Im Anschluss arbeitet die junge Frau in verschiedenen kirchli-chen Einrichtungen, etwa in der Kigarama Gemeinde, im Waisenhaus Ntoma und im Igabori Heim für Menschen mit Handicap. 2006 wird sie Mitglied der Schwesternschaft im Namalira Mutterhaus. Aber Kisha Samwell ist ehrgeizig. Das bereits Gelernte reicht ihr nicht und so absolviert sie ab 2004 auch die Sekundarstufe der Karagwe Secondary School. Im

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Foto: Wikimedia Commons CC BY-SA 3.0

Sommer 2010 schließt sie die Schule mit der Hochschulreife ab. »In dieser Zeit habe ich begonnen, mich besonders für Geschichte zu interessieren. Ich habe viel gelernt über die Geschichte meines eigenen Landes, über die Geschichte des afrikanischen Kontinents und über das Weltgeschehen. Das ist heute noch mein wichtigstes Unterrichtsfach. Tun konnte ich das nur, weil die Nord-West-Diözese der Evangelisch-Lutherischen Kirche Tansanias mich finanziell unterstützt hat«, erinnert sie sich dankbar. Mir macht das Lernen viel FreudeKisha Samwell studiert gerne und je mehr sie erfährt, desto wissensdurstiger wird sie. »Ich habe von allen lernen wollen und von allen gelernt: Von meinen Lehrern, aber auch von meinen Mitschülern und Mitschülerinnen und später von anderen Kommilitonen. Und ich habe mich immer darum bemüht, das Gelernte mit anderen zu teilen.« Leicht fällt ihr das Lernen, aber nicht die langen Trennungen von Familie und Freunden. 2010 beginnt die Tochter von einfachen Bau-ern ein Bachelor-Studium in Pädagogik und Geschichte an der Saint Augustine Universität von Tansania. »Wieder hatte ich Glück und bekam finanzielle Hilfe – dieses Mal von der tansanischen Regierung«, erinnert sie. Nach ihrem Abschluss arbeitet Kisha Samwell als Lehrerin an der Bukoba Lutheran School und leitet nebenbei das Geschichts-Department. Die Arbeit macht ihr Freude, aber noch einmal will sie zurück auf die »Schulbank«.

Seit Anfang 2015 belegt die 38-Jährige einen Masterstudien-gang an der Internationalen Universität von Kampala in Uganda. Ihr Schwerpunkt: Bildungsmanagement und Admi-nistration. »Ich möchte nun einmal die besten Voraussetzun-gen und den bestmöglichen Wissensstand in meine Arbeit mit einbringen. Mir macht das Lernen einfach sehr viel Freu-de und so war es nicht schwer, mich wieder auf das Studieren zu konzentrieren. Das Leben in Kampala ist gut und ich freue mich, dass ich studieren kann, ohne nebenbei noch meinen Lebensunterhalt verdienen zu müssen. Die Kosten für den Lebensunterhalt in Kampala sind sehr hoch. Mit Hilfe des Stipendienprogramms der Vereinten Evangelischen Mission (siehe Seite 22f.) kann ich meine Ausbildung nun zu Ende bringen. Dafür bin ich sehr dankbar. Und natürlich bin ich auch dankbar, dass die Regierung und meine Kirche mir ge-holfen haben. Ohne diese Unterstützung wäre ich – ein Mäd-chen vom Lande – nie so weit gekommen. Das werde ich nie vergessen.«

Annette Lübbers ist freie Journalistin.

Verwaltungsgebäude der Makarere Universität in Kampala, Uganda.

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BEREND VEDDELER, Leiter des Stipendienprogramms der VEM, blickt am »Vorabend« seiner Verabschiedung auf eine spannende Zeit zurück. Von Ana Salem

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Foto: Bettina von Clausewitz / VEM

» EIN RICHTIG INTERESSANTER JOB!«

Es gab Momente in den fast 16 Jahren, da plagten Berend Veddeler leise Zweifel. War die Entschei-dung für diese Kandidatin, diesen Kandidaten richtig? Wird der junge Mann schaffen, was er sich zumutet? Wird die Frau die große Heraus-forderung wirklich meistern? Der Theologe lacht: »In den allermeisten Fällen erwiesen sich

meine ›Kopfschmerzen‹ als unbegründet. Ich erinnere mich an einen Stipendiaten aus Ruanda. Ein zweifellos sehr agiler jun-ger Mann, aber er musste seine Frau und seine Kinder in der Heimat lassen. Würde er das lange Alleinsein mental verkraften? Ich hatte meine Zweifel…!« Und dann fügt er an: »Der junge Familienvater biss sich durch, auch mit Hilfe seines Professors in Bochum, der ihn unter seine Fittiche nahm. Und nicht nur das: Der junge Mann hat bei seinem Professor ein großes Interesse für sein Hei-matland geweckt. Heute organisiert Professor Dr. Traugott Jähnichen regelmäßig einen Austausch mit deutschen und ruandischen Studierenden. Und der Doktorand von damals ist inzwischen Leiter seiner Kirche!«

An der Ausbildung und Professionalisierung ...Der junge Mann aus Ruanda ist nur ein Gesicht unter vielen, die Berend Veddeler in einer langen Reihe vor sich sieht. Vor 16 Jahren – im Sommer 2000 – feierte er seinen Einstand als Verantwortlicher für das Stipendienprogramm der Vereinten Evangelischen Mission. Am 12. Februar 2016 verabschiede-

ten sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Missions-haus an der Rudolfstraße von ihrem Kollegen. Der 64-Jährige Pfarrer der Evangelisch-Reformierten Kirche ist nun offiziell im Ruhestand.

Als Berend Veddeler seinen Dienst in der Wuppertaler Ru-dolfstraße antrat, da lagen anderthalb Jahre als Hausmann

hinter ihm. Eine Abwechslung nach fünf Jahren als Pfarrer der deutschen Gemeinde von Äthiopien und Eritrea. Zusammen mit seiner Frau Angelika betreute er zudem ein großes Schulprojekt in kirchlicher Träger-schaft in der äthiopischen Hauptstadt Ad-dis Abeba. 1995 und 1997 vergrößerte sich die Familie: Heute sind Sissay 21 und Klara 19 Jahre alt. »Die beiden waren damals ja noch sehr klein, als wir zurück nach Deutschland kamen. Meine Frau hatte bei

der VEM eine Stelle als Referentin für das englischsprachige Afrika-Referat angenommen. Da war es klar, dass ich bei un-seren Kindern blieb«, erinnert sich der Familienvater an eine turbulente Zeit. »Dann kam das Angebot der VEM, das Studienprogramm zu betreuen. Das hat mich natürlich sehr gereizt, weil ich da-durch viele interessante Nachwuchskräfte aus Afrika und Asien kennenlernen konnte. Ich empfand es damals als große Herausforderung, an der Ausbildung und Professionalisie-rung des kirchlichen Personals mitzuwirken. Darunter waren viele Theologen, aber auch Kirchenmusiker, Mediziner und

» In den allermeisten Fällen erwiesen sich meine ›Kopfschmerzen‹ als unbegründet.«

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Foto: Uli Baege / VEM

zunehmend auch Verwaltungsangestellte.« Berend Veddeler hat in den fast 16 Jahren mehr als 300 junge Akademikerin-nen und Akademiker auf ihrem Studiengang begleitet. Stolz ist er nicht nur darauf, dass seine Anstrengungen dazu bei-getragen haben, dass die Zahl der Stipendiaten – trotz Spar-diktat – um etwa 40 Prozent erhöht werden konnte. »Ebenso wichtig war es aber auch, sukzessive die Anzahl der weibli-chen Kandidaten zu erhöhen. Zu Beginn meiner Tätigkeit waren von 20 Doktoranden nur 2 Frauen. Viel Überzeugungs-arbeit – immer mit Verweis auf unsere gemeinsam verab-schiedeten Richtlinien – war nötig, bevor die Kirchen in Af-rika und Asien in ihren Anträgen Frauen und Männer in halbwegs ausgewogener Anzahl für ein Stipendium vor-schlugen.« Zurzeit sind von 29 Doktoranden 15 Frauen; von den in Deutschland Studierenden sind es sogar vier von fünf! Berend Veddeler überlegt einen Moment: »So ein Stipendium ist ja keine ganz einfache Sache. Eine Fremdsprache will ge-lernt sein, manche Theologen müssen einen Abschluss in Hebräisch oder Altgriechisch nachholen. Das bedeutet sehr viel Arbeit. Im Moment hat es für mich den Anschein, als wären Frauen aus Afrika und Asien viel bereitwilliger, wenn es darum geht, in eine bestmögliche Ausbildung zu investie-ren.«

... des kirchlichen Personals mitwirkenSo kurz vor seinem letzten Arbeitstag zieht Berend Veddeler ein positives Fazit: »Das Stipendienprogramm hat heute in der VEM einen höheren Stellenwert als damals. Die Ab-bruchquote liegt etwa bei fünf bis sechs Prozent. Das ist eine wirklich gute Zahl – verglichen mit anderen Werken, die Sti-

pendien vergeben.« Wirklich enttäuscht war der engagierte Theologe tatsächlich nur ein einziges Mal. Damit die antrag-stellenden Kirchen auch etwas von ihren hochkarätig ausge-bildeten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern haben, ver-pflichten sich die Kandidatinnen und Kandidaten, ihren Kir-chen nach Erhalt ihres Abschlusses für einige Jahre zur Ver-fügung zu stehen oder aber die Gelder für ihr Stipendium zurückzuzahlen. Berend Veddeler: »Ein junger Mann, dem die VEM einen Doktortitel in Medizin finanziert hat, ist nach seinem Abschluss an einer Brüsseler Universität einfach un-tergetaucht. So etwas ist allerdings nur ein einziges Mal vor-gekommen.«

Seine Pension tritt Berend Veddeler nun mit gemischten Ge-fühlen an. Einerseits ist er froh, dass er für so viele Frauen und Männer nicht mehr »rund um die Uhr« ein wichtiger Ansprechpartner ist. Und er freut sich darauf, mehr Zeit für sein Hobby – die Bienenzucht – und für sein Flüchtlings-Engagement in Wuppertal zu haben. Andererseits ist ihm das Stipendienprogramm zu sehr ans Herz gewachsen, um es von einem Tag auf den anderen loslassen zu können. »Das war schon ein richtig guter und interessanter Job. Meinem Nach-folger – Dr. Andar Parlindungan – wünsche ich auf jeden Fall viel Glück. Vielleicht gelingt es ihm, noch mehr Asia tinnen und Asiaten davon zu überzeugen, dass ein Studium in Afri-ka eine gute Sache sein kann. Es hat sich einfach noch zu wenig herumgesprochen, dass es auf dem afrikanischen Kon-tinent mittlerweile sehr gute Universitäten gibt.«

Ana Salem ist freie Journalistin.

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Gegen halb zwei Uhr ist es soweit: Die große Gruppe, die mor-gens in Gevelsberg aufgebrochen ist, erreicht den freien Platz vor der Wichernkapelle auf der Wuppertaler Nordbahntrasse. »Geht doch!« steht auf dem einen großen Poster und auf den kleinen Stoffflaggen, die einige der Teilnehmenden an ihre Taschen und Rücksäcke gebunden haben. In der vordersten Reihe: Manfred Rekowski, Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, und Dr. Jochen Motte, Vorstandsmitglied und Leiter der Abteilung »Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung« der VEM. Rechts neben ihnen marschiert allerhöchste Polit-Prominenz: Bundesumweltministerin Barbara Hendricks hat sich der Truppe in Gevelsberg ange-schlossen. Gleich wird sie – nach einer Stärkung mit Kaffee und Tofuwürstchen – von einer provisorischen Rednertribüne aus zu den Pilgerinnen und Pilgern und den versammelten Gästen sprechen.

Heike Mertens hat sich passend zum Wetter und zum Anlass ausstaffiert. Bequeme Outdoor-Hose, Laufschuhe, Regenjacke, Schal und Schlapphut. Vor ihr sitzt Alma und beäugt freundlichen Blickes – aber sehr aufmerksam – jeden, der seinem Frauchen nahe tritt. Alma ist ein zum

Begleithund ausgebildeter Berner Sennenhund. Heike Mer-tens wartet auf die Wanderer, die sich heute Morgen in Ge-velsberg auf die Halbzeitetappe des »Ökumenischen Pilger-wegs für Klimagerechtigkeit« gemacht haben. Sie ist schon seit dem Startschuss in Flensburg am 13. September 2015 dabei, aber nur wenige Kilometer hat sie zu Fuß zurückgelegt. Ihre Gesundheit ist nicht mehr die beste. »Aber ich bin seit 42 Tagen mit Bus und Bahn dabei«, sagt sie. Warum sie das macht? »Ich habe drei Kinder in diese Welt gesetzt und ich möchte, dass die Welt, die ich ihnen hinterlasse, ein bisschen besser wird.«

WANDERNDE BITTE AN GOTTHalbzeit: Die Pilgerinnen und Pilger auf dem »Ökumenischen Pilgerweg für Klimagerechtigkeit« erreichten am 24. Oktober 2015 Wuppertal.

Von Annette LübbersFo

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Geht doch! – Ökumenischer Pilgerweg für Klimagerechtigkeit. Unter diesem Motto pilgerten umweltengagierte Christinnen und Christen von Flensburg zur UN-Klimakonferenz in Paris. Vom 24. bis 26. Oktober 2015 machten die »Klimapilger« Station in Wuppertal. Die Schwebe-bahnstadt markierte den Abschluss der ersten Hälfte des Pilgerweges. Ein breites Bündnis aus katholischen und evangelischen Kirchen, Entwicklungsdiensten und Missionswerken lud an diesem Wochenende ein zum Bergfest mit einem vielfältigen Kultur- und Informations-programm »Auf Den Heiligen Berg«.

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In die Welt für die Welt 1/2016Fotos: Arendra Wiemardo / VEM

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»Wir haben bereits fünf vor zwölf«, bilanziert der Indonesier. Die deutsche Umweltministerin zeigt sich dennoch optimis-tisch, dass der UN-Klimagipfel von Paris – nach dem ergeb-nislosen Gipfel von 2009 – eine Wende bringen könnte. Und sie nennt Gründe: Die Tatsache, dass die USA und China – beim letzten Gipfel noch Verweigerer – mit von der Partie seien. Die versprochenen 100 Milliarden Euro, die den Län-dern des Südens ab 2020 für Anpassungsmaßnahmen zur Verfügung gestellt werden sollen. Ganz besondere Hoffnung zieht die Ministerin aber aus dem technologischen Fort-schritt: »Wir können – und das war 2009 anders – nun auf preiswerte, erneuerbare und saubere Energietechnologien zurückgreifen.«

Dass in Paris ohne Druck von außen die richtigen Entschei-dungen getroffen werden, daran sind die Zweifel vielerorts groß. Guillermo Kerber vom Ökumenischen Rat der Kirchen mahnt denn auch eindringlich: »Wir brauchen – in Zusam-menarbeit mit den Kirchen – eine Mobilisierung der Zivilge-sellschaften. Paris muss zu einem fairen, einem ambitionier-ten und verbindlichen Abkommen führen. Die Zeit läuft uns davon.« In der ersten Reihe steht eine Pastorin aus Schweden und hört aufmerksam zu. Sie hat den Pilgerweg schon in ih-rer skandinavischen Heimat begonnen: »Ein Kollege hat mir gesagt: Paris wird eine schicksalshafte Konferenz sein. Das glaube ich auch. Aber ich glaube auch daran, dass wir die Ergebnisse von Politik beeinflussen können.« Sie wird wei-terwandern – bis nach Paris.

Jetzt warten aber erst einmal ein gutes Essen, ein geselliger Abend und später ein warmes Bett auf die fröstelnden Pilge-rinnen und Pilger. Und am Montagmorgen werden die Pilge-rinnen und Pilger dann erneut ihre Wanderschuhe schnüren, ihre Rucksäcke schultern und die nächste Etappe unter die Füße nehmen. Bis Paris sind es noch annähernd 550 Kilome-ter. Ein langer Weg, der sich am Ende – hoffentlich – für Mensch und Welt gelohnt haben wird.

WANDERNDE BITTE AN GOTTHalbzeit: Die Pilgerinnen und Pilger auf dem »Ökumenischen Pilgerweg für Klimagerechtigkeit« erreichten am 24. Oktober 2015 Wuppertal.

Die UN-Klimakonferenz in Paris im Dezem-ber 2015 endete mit einem historischen Vertrag. Die Versammlung einigte sich in dem sogenannten Paris-Abkommen darauf, die Klimaerwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen.

Annette Lübbers ist freie Journalistin.

Bundesumweltministerin Hendricks (2. von rechts), Präses Rekowski (Mitte) und VEM-Vorstand Motte (links)

Ilka Federschmidt, Superintendentin des Kirchenkreises, heißt die Pilgerinnen und Pilger im Namen der evangeli-schen Gemeinden des Kirchenkreises Wuppertal willkom-men: »Wir pilgern mit diesem Pilgerweg nicht an einen hei-ligen Ort, sondern für einen heiligen Ort – nämlich unsere Erde und für ihre Bewahrung. Wir pilgern nicht als Zeichen einer auferlegten Buße und trotzdem doch als eine sozusagen wandernde Bitte an Gott, uns zur Umkehr zu helfen, dass wir dazu kommen, dass Leben zu bewahren und es zu schützen.«

Wir brauchen eine Mobilisierung der ZivilgesellschaftenWenig Optimistisches weiß Pastor Gomar Gultom, Geschäfts-führer des Indonesischen Kirchenrats, zu berichten: »Wir er-leben in Indonesien abwechselnd Überschwemmungen oder schwere Dürren. Die Landwirtinnen und Landwirte wissen nicht mehr, wann sie säen oder ernten können. Unbekannte Seuchen bedeuten ganz neue Herausforderungen für die Landwirte. Das Trinkwasser wird zunehmend mit Meerwas-ser verdorben und Atemwegserkrankungen nehmen immer mehr zu. Eine Kombination aus der ökologischen Krise, Ar-mut und Korruption führen zu dem Elend, das wir in unse-rem Land beobachten.» Und er ergänzt: »Die Kirchen bei uns glauben, dass die Wurzel dieser Krise die ungebändigte Gier ist. Die Ausbeutung der natürlichen Ressourcen ist größer als die Grenze, die Gott bei der Erschaffung der Welt gesetzt hat.«

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Vor 50 Jahren wurden die partnerschaftlichen Beziehungen zwischen der GKPS und dem Kirchenkreis Hagen aufgenommen. Und genauso lange ist es her, dass die beiden VEM-Schwestern Ursula Wörmann und Elisabeth Steinhard eingesegnet wurden, bevor sie ihren Dienst in der 1963 selbst-ständig gewordenen Christlich-Protestantischen Simalungunkirche (GKPS) auf Sumatra, Indonesien, antraten. Zeit sich zu erinnern …

Von Annette Lübbers

Sie kennen sich seit mehr als 50 Jahren und die alte Vertrautheit ist noch immer spürbar. Gera-de sitzen die beiden älteren Damen gemütlich auf einem Sofa und blättern in einem dicken Buch. »Weißt Du noch, wo dieses Foto entstan-den ist?«, fragt Schwester Ursula Wörmann, ehemalige Frauen-Referentin und Vize-Direk-

torin der Vereinten Evangelischen Mission, und zeigt lachend auf ein altes Schwarz-Weiß-Foto. »Aber natürlich«, erwidert Schwester Elisabeth Steinhard. 50 Jahre nach ihrer Einseg-nung 1966 stehen den beiden Frauen die Bilder ihres ge-meinsamen Engagements noch deutlich vor Augen. Im Janu-ar 1967 waren Elisabeth Steinhard, Krankenschwester und Gemeindehelferin und Ursula Wörmann, ebenfalls Gemein-dehelferin, an Bord eines Schiffes in den Niederlanden ge-gangen, um gemeinsam die weite Reise über das Meer anzu-treten. Ursula Wörmann sollte in der Frauenarbeit der 1963 selbstständig gewordenen Christlich-Protestantischen Sima-lungunkirche (GKPS) mitarbeiten, zusammen mit den in der Toba-Batak-Kirche ausgebildeten Bibelfrauen. Elisabeth

Steinhard hatte die Aufgabe übernommen, ein Mädchenin-ternat der Kirche auf Sumatra aufzubauen. Heute hat sie das Jubiläum wieder zusammengeführt: 50 Jahre nach ihrer Ein-segnung feiert der Evangelische Kirchenkreis Hagen die ebenfalls seit 50 Jahren bestehende Partnerschaft mit der Christlich-Protestantischen Simalungunkirche. Geschichten, Dokumente und Anekdoten aus fünf Jahrzehnten Partner-schaftsarbeit sind nun in einem dicken Buch zusammenge-führt worden. Die Publikation ist im Rahmen der von den Evangelischen Landeskirchen Rheinland, Westfalen und Lip-pe entwickelten Kampagne zum Reformationsjubiläum 2017 »Weite wirkt … Weltwärts glauben und handeln« erschienen.

Eine Bindung auf LebenszeitAngeregt plaudernd blättern die beiden VEM-Schwestern in dem Jubiläumsband. »Für mich als junge Frau, die so ganz auf sich gestellt eine verantwortungsvolle Arbeit in einem frem-den Land übernehmen sollte, war der Patenkreis in Hagen – so hieß das damals noch – eine ganz wichtige Sache. Elisabeth und ich konnten immer darauf bauen, dass in der Heimat

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Foto: Annette Lübbers / VEM

Ursula Wöhrmann

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Fotos: Elisabeth Steinhard / VEM

Menschen waren, die an uns dachten, für uns und unsere Ar-beit beteten und Kollektengelder für unsere Arbeit sammel-ten«, erinnert sich Ursula Wörmann. Immerhin konnte ihre Mitschwester Elisabeth Steinhard bereits auf einige Erfahrun-gen in Indonesien zurückblicken. Als Kind eines Missionars war sie in Indonesien aufgewachsen, bevor der Zweite Welt-krieg die Familie nach Deutschland zurücktrieb. »Eigentlich hatte ich nie den Gedanken oder den Wunsch, nach Indone-sien zurückzukehren. Elisabeth Steinhard schmunzelt. »Erst die Predigt eines indonesischen Pfarrers in Oberhausen, in der er auch um Mitarbeiterinnen für die Frauenarbeit in seiner Kirche bat, ließ mich aufhorchen und beschäftigte mich lange. Ursula Wörmann lächelt. »Zwei indonesische Schwestern, die in Kaiserswerth die Krankenpflege erlernten, haben mich auf die Idee gebracht. Ich wusste, dass ich in einer Gemeinschaft von Frauen leben wollte, aber Diakonisse werden, das wollte ich eigentlich auch nicht.« Und Elisabeth Steinhard ergänzt: »Dann wurden wir als VEM-Schwestern 1966 eingesegnet und auch das war – auch wenn es nicht im Vertrag stand – eine Bindung auf Lebenszeit.«

Die Internatsarbeit wächst und gedeiht noch immerEine Bindung auf Lebenszeit, das wurde auch Sumatra für die beiden Frauen. Dabei war Ursula Wörmann eigentlich für Namibia vorgesehen: »Prinzipiell war mir der Ort oder das Land nicht so wichtig – abgesehen von Namibia. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, das damals herrschende Apart-heidsystem mitzutragen.« Stattdessen also Indonesien, die Insel Sumatra. Auch dort war aller Anfang schwer. Es gab keine differenzierte Aufgabenbeschreibung für die beiden jungen Frauen. Ursula Wörmann erinnert sich: »Die GKPS bat mich, mit einem Kurs für die Bibelfrauenausbildung zu be-ginnen. Das war gar nicht so einfach. Damals hatte die Si-manlungunkirche noch autoritäre Strukturen und die be-reits ausgebildeten Frauen, mit denen ich zusammenarbeite-te, hatten eine strenge Erziehung in der Bibelschule der Toba-Batak-Kirche erhalten. Und das spürten die jungen Mädchen vom Land, die in dem neu gegründeten Internat lernten. So manches Mal verließ ich die gemeinsamen Gespräche, weil ich den strengen Ton der mitarbeitenden Bibelfrau nicht gut-heißen konnte.« Ursula Wörmann lächelt: »Bei meinem letz-ten Besuch habe ich diese inzwischen über 80-jährige Bibel-frau wiedergesehen. Sie hatte sich verändert, viel weicher war sie jetzt.«

Sie denkt einen Moment nach: »Die Talente und Erfahrungen dieser damals jungen Frauen sind in den Gemeinden vielfach einfach nicht gewürdigt worden. Ich habe damals oft ver-sucht, den Frauen den Rücken zu stärken, wenn wir Gesprä-che mit den Verantwortlichen in der Kirche geführt haben. Immerhin konnten wir erreichen, dass die Bibelfrauen nicht mehr bei den Pfarrfamilien wohnen mussten, damit sie frei waren für ihre eigentlichen Aufgaben in den Gemeinden. Eli-sabeth Steinhard nickt. »...auch wenn die eigenen Wohnun-gen nur die Größe von einem Hühnerstall hatten. Und das waren nicht die einzigen ›dicken Bretter‹, die wir vorsichtig zu bohren versuchten. Ich habe die Leitung des Internats ja schon 1973 in einheimische Hände gelegt und meine Nach-folgerinnen haben gute Arbeit geleistet. Davon konnte ich mich zuletzt bei meinem Besuch 2013 überzeugen. Die Inter-natsarbeit wächst und gedeiht noch immer, obwohl gutes Personal nur schwer zu bekommen ist.«

Ursula Wörmann blickt auf sechs Jahre in Indonesien zurück. Elisabeth Steinhard sogar auf fast 25. Ihre Bilanz: »Einmal hin – und anders zurück. So kann man diese für uns so prägen-den Jahre beschreiben. Wir haben uns sehr gefreut, dass die 50 Jahre partnerschaftliche Beziehungen zwischen der GKPS und dem Evangelischen Kirchenkreis Hagen, in diesem Jahr so groß gefeiert worden sind. Ohne die Arbeit und den Zu-spruch der Frauen in der Heimat wäre unsere Arbeit sicher-lich viel schwieriger gewesen.«

Annette Lübbers ist freie Journalistin.

Linke Seite / oben: Ursula Wöhrmann und Elisabeth Steinhard

»EINMAL HIN UND ANDERS ZURÜCK«

Elisabeth Steinhard mit ihren Internatsschülerinnen

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ZWISCHEN DIENEN IN DEMUT UND SELBSTÄNDIGER ARBEITDie ersten Missionsschwestern der Rheinischen Mission auf Sumatra 1890 –1920

Von Barbara Jordans

Über die Anfänge der Arbeit männlicher Missionare auf Sumatra ist viel geschrieben worden, über die Tätigkeit lediger Missi-onsschwestern weniger. Die meisten Berichte beschränken sich auf Hester Needham, die als erste alleinstehende Frau nach Sumatra reiste, aber dort nur wenige Jahre tätig war, während die nach ihr ausgereisten Schwestern kaum beach-tet worden sind. Diese Lücke füllt das Buch »Zwischen Die-nen in Demut und selbständiger Arbeit«, das 2015 im LIT-Verlag erschienen ist. Anhand von Briefen der Schwestern sowie ergänzenden Dokumenten aus dem Archiv der Verein-ten Evangelischen Mission gewährt es Einblicke in Leben und Arbeit der ersten Schwestern der Rheinischen Mission auf Sumatra.

Nach einem Überblick zur Mission auf Sumatra sowie zur Rolle der Frau im 19. Jahrhundert und der Frauenmissions-arbeit werden die Tätigkeitsbereiche von Lehrerinnen, Ge-meinde- oder Krankenschwestern vorgestellt, die von 1890 bis 1920 im Tal von Silindung und am Tobasee tätig waren. Die Missionsleitung hatte bis dahin kaum über Arbeit oder Arbeitsbedingungen von Missionsschwestern nachgedacht. Einige von ihnen finanzierten ihre Ausreise, ihren Haushalt und zum Teil auch ihre Arbeit aus eigenem Vermögen. Auch eine Schwesterngemeinschaft, die heute gepflegt wird, be-stand nicht von Anfang an, sondern entwickelte sich erst durch die Bemühungen der Schwestern. Eigene Schwestern-konferenzen, eine Schwesternordnung, die Einsegnung vor der Ausreise, geregelte Urlaubszeiten sowie ein festes Gehalt und Absicherung bei Krankheit und im Alter haben sich die

Schwestern erst selbst in diesen ersten 30 Jahren durch ihr unermüdliches Engagement erkämpft. Dennoch stand ihre oft selbstständige Arbeit und die Verwirklichung eigener Ide-en wie die Einrichtung eines Waisenhauses keineswegs im Widerspruch zu ihrem Selbstverständnis von einem Dienen in Demut. Sie wollten »dem Herrn in seinen Armen und Schwachen dienen«, aber die Art und Weise mit bestimmen, in der sie dies taten, und sich ihren Dienst erleichtern.

Ihre Tätigkeitsbereiche, Arbeitsbedingungen, die Entstehung einer Schwesterngemeinschaft und ihr Verhältnis zu Missi-onsgeschwistern, einheimischer Bevölkerung und zur hol-ländischen Kolonialmacht sind Thema dieses Buches. Abge-rundet wird es durch Tabellen über den sozialen Hintergrund der Schwestern, ihre Ausbildung und Berufstätigkeit vor der Ausreise sowie ihre Einsatzorte und die Dauer ihrer Tätigkeit auf Sumatra. Damit sind erstmalig detaillierte Informationen zu dieser ersten Schwesterngeneration auf Sumatra über-sichtlich zusammengestellt worden.

Barbara JordansZwischen Dienen in Demut und selbständiger ArbeitDie ersten Missionsschwestern der Rheinischen Mission auf Sumatra 1890 – 1920LIT-Verlag, Münster 2015 186 Seiten, ISBN 978-3-643-13072-3 29,29 Euro

Fotos: © Archiv- und Museumsstiftung der VEM

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EINKOCHEN UND BACKEN FÜR JUGENDLICHE IN RUANDASpendenaktion der Pfadfinder in Daun

Von Marie Meckelburg

EHRENDOKTOR FÜR PASTOR JÜRGEN R.A. KANZ Universität Goma im Kongo zeichnet den ehemaligen Referenten der VEM für das frankophone Afrika aus

Wir, die Pfadfinderinnen und Pfadfinder des VCP (Verband Christlicher Pfadfinderinnen und Pfadfinder) des Stammes »Daun under« in Daun sammeln jedes Jahr vor Weihnachten Spenden. Wir sammeln jedoch nicht einfach so, sondern or-ganisieren einen Adventsbasar, der an den vier Advents-sonntagen jeweils nach dem Gottesdienst geöffnet hat. Wir kochen unsere mittlerweile berühmte Weihnachtsmarmela-de selber ein, aber auch andere Sorten je nach dem, was die Gärten im Jahr so anbieten. 2015 hatten wir viele Äpfel ge-erntet und Apfelgelee gekocht. Wir stellen auch verschiedene Senfsorten jedes Jahr für den Basar selber her. Im vergange-nen Jahr gab es Orangensenf und orientalischen Senf. Zudem gibt es jedes Jahr ein Highlight: Dieses Mal haben wir zusätz-lich noch selbstgeschreinerte Adventskränze angeboten. Am 4. Advent, wenn fast alles ausverkauft ist, backen wir Waffeln,

Die Pfadfinder des VCP (Verband Christlicher Pfadfinderinnen und Pfadfinder) des Stammes »Daun under« im rheinlandpfälzischen Daun sammeln jedes Jahr vor Weihnachten Spenden auf dem Adventsbasar. Im vergangenen Jahr haben sie für das VEM-Projekt »youth at risk« (Jugend in Not) Spenden gesammelt.

Der ehemalige Referent der VEM für das frankophone Afrika (1979 –1993), Jürgen R.A. Kanz (78) erhielt am 9. Oktober 2015 von der Université Libre des Pays des Grands Lacs (ULPGL) der Univer-sität Goma in der Demokratischen Republik Kongos die Ehrendok-torwürde der Theologie.Anlässlich einer Konsultation von Brot für die Welt in Berlin überbrachte der leitende Kirchenvertreter der Kirche Christi im Kongo, Pastor Dr. Kakule Molo, Pastor Jürgen Kanz das Diplom der Ehren doktorwürde der ULPGL. Diese Auszeich-nung überraschte und erfreute Jürgen Kanz, zumal er bereits am 3. Februar 1996 die Ehrendoktorwürde der Protestanti-schen Universität im Zaire in Anerkennung seines Beitrags zur Entwicklung der Kirchen in Afrika, der Ausbildung von Mitarbeitenden und der Förderung der Einheit der Kirche erhalten hatte. Zusammen mit dem Diplom überreichte Molo auch einen Umschlag mit einer Einhundert Dollar Note. Ka-kule Molo sagte, dass Kanz wohl nicht die afrikanische Tra-dition vergessen habe, dass eine Auszeichnung mit einem Festmahl einher gehe, auch wenn Umstände halber die da-

die wir ebenfalls gegen eine Spende anbieten. Um diesen Basar so vielfältig wie möglich zu gestalten, machen alle eh-renamtlichen Gruppenleiterinnen und Gruppenleiter mit und unterstützen die Kinder. So können auch die ganz Klei-nen ab sechs Jahren dabei helfen, Marmelade einzukochen, beim Verkauf mitzumachen und sich so mit der Spendenak-tion identifizieren.Nathan Amooti, Bischof der Diözese Cyangugu der Anglika-nischen Kirche in Ruanda (EAR), hatte unsere Kirchenge-meinde in Daun besucht und das Projekt »youth at risk« vor-gestellt. Wir hatten uns dann entschlossen, dieses VEM- Projekt in Ruanda zu unterstützen. Und wir sind sehr stolz, dass wir für dieses VEM-Projekt 1060 Euro spenden können.

zugehörige Ziege nur in Gestalt eines Geldscheins überreicht werden könne. Seit seinem ersten Besuch im Kongo 1979 zusammen mit dem damaligen Direktor der VEM, Peter Sandner, sei Kanz den Kirchen im Kongo eng verbunden gewesen. Sein außer-ordentlicher Einsatz sei auch von staatlicher Seite 1993 durch die Verleihung des zairischen Verdienstordens mit goldener Palme gewürdigt worden. Nach seinem Ausscheiden aus dem Dienst in der VEM war Kanz zunächst Landespfarrer für Öku-mene im Landeskirchenamt in Düsseldorf, sodann bis zu seiner Pensionierung Generalsekretär der Deutschen See-mannsmission in Bremen (1996 –2003). Die Berufung zum Generalsekretär des internationalen Dachverbandes der kirchlichen Seemannsmissionen »International Christian Maritime Association« mit Sitz in London folgte (2003 –2007). Die Verbindung zum Kongo blieb durch ein Ehrenamt erhal-ten: Kanz wurde Vorsitzender der Kivu-Stiftung, die in einer Partnerkirche der VEM im Ostkongo zahlreiche kirchliche Projekte mitfinanziert.

Marie Meckelburg ist Pfadfinderin des VCP.

Fotos: Marie Meckelburg; privat

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VEM (HG.)Und vergib uns unsere Schuld Konfirmandenmaterial zu Schuld und Mobiltelefonen Wuppertal 2015, 28 SeitenEs ist unstrittig, dass es bei der Herstellung von Mo-biltelefonen an fast allen Stellen der Produktionsket-te menschenunwürdige Arbeitsbedingungen gibt. Der Abbau der benötigten Mineralien geschieht auf

Kosten von Mensch und Umwelt, bei der Montage der Endgeräte werden Arbeiterinnen und Arbeiter ausgenutzt. Die Wertschöpfung macht multinati-onale Kapitalgesellschaften extrem reich, die Menschen hingegen, die die-sen Reichtum schaffen, bleiben extrem arm. Bei der Frage: »Was hat das mit uns zu tun?« und »Was können wir tun?« sind Christen aufgerufen für ihre Welt und ihren Nächsten einzustehen. Die entwicklungspolitische Frage nach Gerechtigkeit bei der Herstellung von Mobiltelefonen wird mit der christlichen Frage nach Schuld und Vergebung verknüpft. Dadurch sind beide Fragen im Leben der Konfirmandinnen und Konfirmanden von Bedeutung. Das Planspiel inklusive Kopiervorlagen zum Konfirmandenmaterial »Und vergib uns unsere Schuld« gibt es hier www.vemission.org/planspiel

Claudia Währisch-Oblau, Henning Wrogemann (Eds.)Witchcraft, Demons and Deliverance A Global Conversation on an Intercultural ChallengeBeiträge zur Missionswissenschaft / Interkulturellen TheologieBand 32, LIT Verlag 2015, 328 Seiten ISBN 978-3-643-90657-134,90 Euro

Der Aufsatzband geht auf eine Tagung zu dieser Thematik zurück, die im Oktober 2014 als Kooperation des Instituts für Interkulturelle Theologie und Interreligiöse Studien der Kirchlichen Hochschule Wuppertal/Bethel und der VEM, stattfand. Die Tagung ging auf Probleme der interkulturellen Ökumene ein, denen sich auch Mitgliedskirchen der VEM zu stellen haben: Verschiede-ne Praktiken von Exorzismus und Deliverance, die in Pfingstkirchen sowie charismatisierten Kirchen Anwendung finden, sind auf globaler wie lokaler Ebene Gegenstand kontroverser Debatten. Die Auswirkungen solcher Prakti-ken werden als sehr ambivalent eingeschätzt.Die Beiträge dieses Bandes sind von Experteninnen und Experten aus Afrika, Asien, Nordamerika und Europa in englischer Sprache verfasst. Sie analysie-ren die Phänomene aus der Perspektive der interkulturellen Theologie, der Anthropologie sowie der Ethnologie und beschreiben die Antwortversuche verschiedener protestantischer Kirchen und der Römisch-katholischen Kirche. Das Buch geht damit auf ein »heißes Eisen« der interkulturellen Ökumene ein und leistet einen wichtigen Beitrag zum Umgang mit einem brisanten Thema, das dringend weiterer Bearbeitung bedarf.

VEM (HG.)Ab in die Tonne Konfirmandenmaterial zum Thema LebensmittelverschwendungWuppertal 2013, 20 SeitenTag für Tag werden Lebensmittel entsorgt, die eigent-lich noch genießbar wären, nur weil das Mindest-haltbarkeitsdatum abgelaufen ist oder sie unseren ästhetischen Ansprüchen nicht genügen. Es werden

Vorräte gehortet, die letztlich doch verderben und weggeschmissen werden müssen. Lebensmittelverschwendung in Europa und Hunger in Entwick-lungsländern, passt das zusammen? Die Broschüre geht der Frage nach, wo Christinnen und Christen aufgerufen sind, sich einzubringen und wie man der Lebensmittelverschwendung entge-gen wirken kann. »Ab in die Tonne« richtet sich an Konfirmandinnen und Konfirmanden. www.vemission.org/ab_in_die_tonne

VEM (HG.)Partnerschaftlich Projekte planenVEM-Projekthandbuch28 SeitenEntstanden ist der Leitfaden aufgrund einer Empfeh-lung der internationalen Partnerschaftskonferenz in Parapat auf Sumatra, Indonesien. Parapat bedeutet in der Lokalsprache dort »sich näher kommen«. Die Partnerschaftsverantwortlichen in der VEM hoffen,

dass diese Publikation die Partnerschaftsgruppen dazu anregt, sich auch in der Umsetzung von Projekten näher zu kommen, einander anders wahrzu-nehmen und besser zu verstehen. Die VEM möchte mit diesem Handbuch Partnerschaften ermutigen, einen gewissen Standard in der Implementierung von Projekten zu verfolgen. Transparenz, Gleichbehandlung, Nachhaltigkeit und Fairness sollen befördert werden. Planung, Monitoring und Evaluation sollen deshalb in der ökumeni-schen Zusammenarbeit keine Worthülsen bleiben. Der Leitfaden ist auch in englischer Sprache erschienen und kann auf der Webseite der VEM abgeru-fen werden.

VEM (HG.)Gemeinsam wird es ein FestEin Training für Konfirmandinnen und Konfirmanden Wuppertal 2016, 28 Seiten2015 / 2016 sind sehr viele Menschen weltweit auf der Flucht. Ein Teil von ihnen erreicht auch Europa. Dadurch verändern sich die Lebenszusammenhänge. Menschen aus verschiedenen Kulturen und damit

auch ihre Werte, Regeln und Religionen treffen aufeinander, unvermittelt, unvorbereitet, ungewollt. Ängste und Konflikte werden durch Terrorattentate zusätzlich geschürt. Wie kann das Zusammenleben gelingen? Welche Konsequenzen lassen sich für die Gemeinde ziehen? Wohin führt das Ganze – zum Zerbrechen der Ge-meinschaft oder in ein gemeinsames Fest? Die Elemente des hier vorgestell-ten Konfirmandentrainings umfassen das Hören auf die Bibel, die Sensibili-sierung für die eigene und fremde Kulturen, Werte und Regeln sowie das Entwickeln von kreativen Ideen für gelingendes Zusammenleben. Das vorlie-gende Material hat folgendes Ziel: Die Jugendlichen sollen sich der kulturel-len Regeln ihrer Gemeinde bewusst werden und Ideen entwickeln, wie ihre Gemeinde sich mehr öffnen kann. Die Teilnehmenden werden mit spieleri-schen Methoden in verschiedenen Arbeits schritten auf dieses Ziel hingeführt. www.vemission.org/gemeinsam_feiern_wir_ein_fest

VEM (HG.)VEM auf einen BlickAngebote der Deutschen Region – Jahresprogramm 2016102 Seiten, Wuppertal 2015Wer sein Interesse an Kirchen und diakonischen Ein-richtungen in anderen Teilen der Welt vertiefen oder sich aktiv an internationalem Austausch und ökume-nischer interkultureller Kooperation beteiligen möch-

te, der wird fündig beim neuen Angebot der Deutschen Region der VEM.Neu in diesem Jahr ist eine Langzeitfortbildung zur interkulturellen, interreli-giösen Kompetenzstärkung. Seminare zu internationaler Partnerschaftsar-beit der VEM, interkultureller Kommunikation und ökumenischer Frauenar-beit finden sich im Programm ebenso wie Angebote zur Konfirmandinnen- und Konfirmandenarbeit. Auch die Fremdsprachenkurse wie Filipino, Bahasa Indonesia, Kinyarwanda oder Kisuaheli stehen im Jahresprogramm. Das neue Jahresprogramm 2016 bietet ein interessantes und buntes Angebot für Konfirmandinnen und Konfirmanden, junge Freiwillige, kirchliche Mitarbei-tende, Aktive aus der Partnerschaftsarbeit und Seniorinnen und Senioren. Die jeweiligen Zielgruppen, Termine, Kosten, Veranstaltungsorte und Ansprech-partner sind übersichtlich den einzelnen Programmangeboten zugeordnet.

VEM-PUBLIKATIONENPartnerschaftlich Projekte planen

Gemeinsam wird es ein Fest Ein Training für Konfirmandinnen und Konfirmanden

Wenn sie durchs dürre Tal ziehen,

unterwegs zum Leben.Zum Miteinander Mut gegeben:

ihnen zum Quellgrund.

Glieder gibt es viele, doch nur Leib. Wir sind Glieder Christi.

Eingeladen zum des Glaubens.

VEM_Broschuere_Gemeinsam.indd 1 25.01.2016 15:39:03

VEM auf einen Blick Angebote der Deutschen Region – Jahresprogramm 2016

Deutsches Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI)

Zeichen fürVertrauenZe

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Ab in die Tonne – Konfirmandenmaterial zum Umgang mit Lebensmitteln

Ab in die TonneKonfirmandenmaterial zum Umgang mit Lebensmitteln

VEM_Konfirmandenmaterial 2013.indd 1 07.05.2013 12:54:03

Und vergib uns unsere Schuld

Konfirmandenmaterial zu Schuld und Mobiltelefonen

Und vergib uns unsere Schuld Konfirmandenmaterial zu Schuld und Mobiltelefonen

VEM_Konfirmandenmaterial 2015_Broschuere mit Planspiel_ohne Seiten 34-38_NEU.indd 1 10.09.2015 09:57:18

Partnerschaftlich Projekte planen

Planning Projects in PartnershipUEM Project Manual

UEM_Project Manual_EN.indd 1 25.01.2016 15:44:59

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In die Welt für die Welt 1/2016

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Impressum

Herausgeber:Vereinte Evangelische MissionGemeinschaft von Kirchen in drei ErdteilenRudolfstraße 137, 42285 WuppertalPostfach 2019 63, 42219 WuppertalFon ( 0202 ) 890 04-0Fax ( 0202 ) 890 [email protected]

Mitglied des Gemeinschaftswerks der Evangelischen Publizistik ( gep )»In die Welt für die Welt. Magazin der Vereinten Evangelischen Mission« erscheint viermal im Verlag der Vereinten Evangelischen MissionJahresbeitrag: 6,50 Euro, durch Spenden abgegolten.

Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte, Rezensionsexemplare und Fotos übernehmen wir keine Haftung.

Redaktion: Brunhild von Local (V.i.S.d.P.), Fon ( 02 02 ) 890 04-133Adressänderungen: Regina AschmontasE-Mail: [email protected] (0202) 890 04-195

Gestaltung: MediaCompany GmbH Astrid Ostrowicki, Juan GonzálezAuguststraße 29, 53229 BonnDruck: Bonifatius GmbH, Paderborn März 2016; Auflage: 18.600

Diese Zeitschrift ist auf 100% Recyclingpapier gedruckt.

Unser Konto: Vereinte Evangelische Mission

KD-Bank eG BLZ 350 601 90

Konto Nr. 90 90 90 8

Swift /BIC: GENO DE D1 DKD IBAN: DE 45 3506 0190 0009 0909 08

Deutsches Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI)

Zeichen fürVertrauen

Zwei Publikationen zum Thema inklusive Gemeinschaften:www.vemission.org/inklusive_gemeinschaften

VEM (HG.)Auf der Suche nach neuen Formen inklusiver GemeinschaftenGeschichten der Ausgrenzung und ermutigende Geschichten der Hoffnung16 Seiten

Jochen Motte, Theodor Rathgeber (EDs.)Inclusive Communities and the Churches Realities, Challenges and Visions Documentation of the UEM International Conference in Stellenbosch, South Africa, November 2014foedus Verlag 2016, 188 SeitenISBN 978-3-938180-51-8Im November 2014 kamen Vertreterinnen und Ver-treter von VEM-Mitgliedskirchen in Stellenbosch, in

Südafrika zu einem Seminar zusammen. Sie wollten einander zur Suche nach neuen Wegen ermutigen, um so inklusiv zu werden, wie Jesus es in seinem Leben und seiner Verkündigung des nahen Reiches Gottes gezeigt hat. Darü-ber hinaus hatten sie Gelegenheit, Programme und Projekte der gastgeben-den Kirchen und Organisationen kennenzulernen. Diese Initiativen sollen in einer Gesellschaft, die früher von der Apartheid geprägt war, Inklusion ver-wirklichen. Die Idee der Inklusion eröffnet einen neuen Blick auf Unrecht, Gewalt, Konflikte und Armut. Wenn man die biblische Tradition und das Le-ben Jesu betrachtet, wird deutlich, dass es nicht genügt, Inklusion lediglich als eine akademische oder juristische Angelegenheit zu verstehen. Jesus lebte und handelte auf inklusive Weise: Er ging Beziehungen ein, die auf ganz unterschiedliche Weise die Ausgrenzung überwanden, es entstanden neue Gemeinden und Gemeinschaften. Auf diesem Hintergrund teilten die Teilnehmenden des Seminars und die Ver-treterinnen und Vertreter der gastgebenden Kirchen traurige Geschichten der Ausgrenzung und ermutigende Geschichten der Hoffnung. Sie sollen Leserin-nen und Leser ermutigen, ihre eigenen Erfahrungen auf der VEM-Webseite mit anderen zu teilen.

Bezug:Vereinte Evangelische Mission (VEM)Aller Welt(s)Laden, Rudolfstraße 13742285 Wuppertal

(02 02) 890 04-125, @ [email protected]

BUCHTIPPBeatrice BourcierMein Sommer mit den FlüchtlingenDer bewegende Bericht einer freiwilligen FlüchtlingshelferinBrandes & Apsel, Frankfurt am Main 2015, 176 SeitenISBN 978-3-95558-164-014,90 EuroLange Zeit spielte sich das Flüchtlingselend für die

Deutschen vor allem im Fernsehen ab, Doch seit dem Sommer 2015 ist es hunderttausendfach im eigenen Land angekommen.Für Beatrice Bourcier wird in diesem heißen Sommer aus Neugier Betroffen-heit. Ihre Betroffenheit führt zum Handeln, zu aufrichtigem Mitgefühl und tiefer Verbundenheit. Sie engagiert sich im Helferkreis einer typischen Erst-aufnahmeeinrichtung. Und schreibt ihr Erleben auf. So gibt sie den Tausen-den von Helferinnen und Helfern im Land eine Stimme. Und den Flüchtlingen die Gelegenheit, möglichst vielen Menschen ihre Geschichte zu erzählen.

VEM VERGIBT 2016 ERSTMALS PARTNERSCHAFTSPREISDie VEM vergibt erstmals in diesem Jahr einen Preis für die besten Partnerschaftsprojekte in Afrika, Asien und Deutschland. Die Projekte sollen sich mit den Themen Kin-derarmut oder Menschenhandel beschäftigen. Wichtig dabei ist, dass die Zielgruppen von Beginn an einbezogen sind. Die ausgezeichneten Partnerschaftsprojekte werden während der Vollversammlung 2016 vorgestellt und sind mit Preisgeldern von 500 bis 2.000 Euro dotiert. Alle Part-nerschaftsgruppen innerhalb der VEM können sich um den Preis bewerben. Projektbewerbungen können bis zum 15. Juni 2016 bei der VEM eingereicht werden.

Kontakt: VEM, Frauke Bürgers Missionsstraße 9, 42285 Wuppertal

(0202) 89004-838@ [email protected] Informationen zum VEM-Partnerschaftspreis finden Sie hier: www.vemission.org/partnerschaftspreis

“‘I was a stranger, and you invited me”‘ Inclusive Communities and the Churches –

Realities, Challenges and Visions

In a world torn apart, where millions of people are marginalised, rejected, excluded, or even eliminated, representatives from UEM member churches met at a seminar in Stellenbosch, South Africa in November 2014. They wanted to encourage each oth-er to explore new ways of becoming inclusive in the way Jesus showed in His life and His proclamation of the imminent King-dom of God. They also had the opportunity to visit programmes and projects of the hosting churches and organisations (Rhenish Church, Uniting Reformed Church, New World Foundation) with the aim of inclusivity in a post-apartheid context.

Jesus overcame barriers and boundaries of tradition, culture and even religion to reach out to people at the margins and promise God’s blessing to those outside the religious, eco-nomic, and social institutions of the time. He is an inspiration to the participants, who see it as imperative to continuously

reflect in a self-critical way on where exclusion is practised in our own church life and diaconic work, as well as in the local and global societies of today.

The concept of inclusion offers a new perspective for looking at issues such as injustice, violent conflicts, and poverty. If we look at biblical tradition and the life of Jesus Christ, it becomes obvious that it is not enough to understand inclusion as mere-ly an academic or legal exercise. Jesus lived and acted inclu-sively, building relationships that overcame exclusion in various ways and creating new communities and communions.

The seminar participants and representatives from the hosting churches used this perspective to share sad stories of exclusion and encouraging stories of hope. These stories are documented in this publication, together with the message of the seminar. Some of the stories featured here may encourage readers to share their own stories on the UEM website (www.vemission.org/inclusive_communities) on ‘inclusive communities’, where the documentation of the seminar can also be found.

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ISBN 978-3-938180-51-8

Inclusive Communities and the Churches – Realities, Challenges and Visions

Documentation of the UEM International Conference in Stellenbosch, South Africa, November 2014

Edited by Jochen Motte and Theodor Rathgeber

Auf der Suche nach neuen Formen inklusiver Gemeinschaften

Geschichten der Ausgrenzung und ermutigende Geschichten der Hoffnung

Impressum

Herausgeber: Vereinte Evangelische MissionTexte: Marion Unger Redaktion: Brunhild von LocalTitelfoto: Marius BlümelFotos: Marius Blümel (S. 1, 14, 16), Reinhard Elbracht (S. 2, 4, 12), Heiner Heine (S. 5), Jacqueline Meurisch (S. 6, 7), Eric Ibrahim Mutuyimana (S. 8, 9), Marion Unger (S. 9), Anneliese Hahn Wong (S.10), Heinrich de Arienzo (S. 11), Brunhild von Local / VEM (S. 13)Layout: MediaCompany GmbHStand: September 2015

Dr. Jochen MotteAbteilung Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung

Rudolfstraße 13742285 Wuppertal

Fon +49(0)202-890 04-168Fax +49(0)202-890 04-179

[email protected]

www.vemission.org

»Welche Erfahrungen haben Sie in Ihren Kirchen und Gemeinden mit der Inklusion? Lassen Sie die VEM-Gemeinschaft daran teilhaben! Alle, die dazu Lust haben, sind eingeladen, Geschichten über inklusives Handeln und inklusive Gemeinschaft an die Mailadresse [email protected] zu senden. Sie werden auf der Webseite der Vereinten Evangelischen Mission veröffentlicht.«

150928_VEM_Inklusion_Broschüre_RZ.indd 16-1 28.09.2015 18:12:49

Page 32: Zuflucht ist ein Menschenrecht. In die Welt für die Welt ......braham flieht vor dem Hunger nach Ägypten. Mose flieht vor dem Pharao nach Midian. Noah flüchtet aufs Meer, Elia in

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Vereinte Evangelische MissionPostfach 20 19 6342219 Wuppertal

KD-Bank eGIBAN: DE45 3506 0190 0009 0909 08

Stichwort: Frieden

Deutsches Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI)

Zeichen fürVertrauen

KONGO / RUANDA: FRIEDEN STIFTEN – VERSÖHNUNG LEBEN

»Meine Kinder sollen nicht das erleben, was ich erlebt habe. Dafür werde ich kämpfen – aber ohne Faust und Fußtritte« sagt Beatri-ce. Sie wurde als junge Studentin Opfer einer der vielen brutalen Gewalttaten, der verfeindeten Volksgruppen im Grenzgebiet zwischen Kongo und Ruan-da. Heute ist sie Mitglied einer kirchli-chen Friedensgruppe. Viele Menschen

in der Grenzregion in Ostkongo und Ruanda haben Hass und Gewalt erfahren. Auch zwanzig Jahre nach dem Völkermord sind die seelischen Wunden noch nicht verheilt. Die Mit-gliedskirchen der VEM in Ruanda und im Kongo versuchen mit Friedensinitiativen, neues Vertrauen aufzubauen und die verfeindeten Volksgruppen miteinander zu versöhnen.

Die Kirchen bilden Friedensfachkräfte aus, gründen und be-treuen Friedensgruppen in ihren lokalen Gemeinden, klären über Menschrechte auf und geben seelsorgerischen und

rechtlichen Beistand. Theatervorstellungen in Schulen, auf Marktplätzen und in Kirchen fordern zum Dialog auf. In kirchlichen Selbsthilfegruppen lernen Opfer von Gewaltta-ten, wie Beatrice, und Täter miteinander zu reden, zu verste-hen und zu vergeben. Die Arbeit für Frieden und Versöhnung braucht viel Zeit und Geduld. Mit Ihrer Spende kann es den Kirchen gelingen, ihre Arbeit fortzuführen. Helfen Sie mit, die Menschen im Kongo und in Ruanda miteinander zu ver-söhnen und neues Vertrauen wachsen zu lassen.

Bitte unterstützen Sie mit Ihrer Spende diese wichtige Aufgabe!

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Veranstaltung zu Frieden und Versöhnung auf einem Marktplatz in Ruanda, hier Theater gegen Gewalt in Goma / Demokratische Republik Kongo