13
F. H. Mfiller, Zum plastisch-elastischen V, erhalten der Materie III [ ZeitsehriftK~176 Aus dem physikallsch-chemischen Institut der Universit?it MarburglLahn Zum plastisch-elastischen Verhalten der Materie III Ergebnisse und Zusammenhiinge mit Struktur und Wirkungsmechanismen bei periodischen Verformungen Iron F. It. Miiller, Marburg/Lahn Mit 21 Abbildungen (Eingegangen am 11. September 1949) Einleitung Oewisse Materialien, z.B. Acronal- und Mipolamproben, lassen sehon im Handver- such bet Biegungsbeanspruchung erkennen, dab die elastische R/ickstellkraft yon derVer- formungsgeschwindigkeit abhtingt. Wenn fiir dieses Verhalten ein einzelner defini:erter M,e- chanismus mit ether begtimmten Relaxa- tionszeit im wesentlichen maBgebend sein sollte, dann muB man vermuten, dal~ der dynamisch gemessene Elastizittitsmodul einen s-f6rmigen Verlauf zeigt. Oberhalb der Fre- quenz, ,die durch den reziproken Wert der betreffenden Relaxationszeit gegeben ist, ist der K6rper htirter, besitzt also einen groBen (und konstanten) Elastizitiitsmodul, unter- halb dieser charakteristischen Frequenz ist er weicher und zeigt demgem~iB einen klei- nen (und konstarlten) Elastizittitsmodul. In tier N~ihe der kritischen Frequenz findet der Obergang von einem zum anderen Verhalten start derart, dab also bet gentigendem Ab- stand yon der Re!axationsfrequenz die Ela- stizit~itsmoduli frequenzunabh~ingig sind. Dies war die Vorstellung, die den in fol- gendem besehriebenen Versuchen zugrunde lag, und es war die Aufgabe dieser:V,ersuche~, zun/iehst einmal, wenngleich noeh nieht an .exakt definierbarem Material, nachzupriifen, in wie welt sie Ofiltigkeit besitzt. Es war dabei zu entscheiden, ob es iiberhauptSub- stanzen gibt, die derart einheittichen Relaxa- tionsmechanismus zeigen, oder ob man prak- tisch immer mit einer Oberlagerung und Versehmierung der Relaxationsmechanismen in der Natur rechnen muB, so dab ein allge- meines Wachsen des Elastizit~itsmoduls mit steigender Frequenz beobachtet wirdl). Welter interessierte uns dann als zweites die Frage, inwieweit sich Parallelen zu an- deren schon weitgehend untersuchten Rela- xafionseffekten herstellen lassen. In erster Linie ist hierbei naturgem~iB an das sehr um- fangreiche Erfahrungsmaterial auf dielektri- schem Gebiet zu denken. ~) Vergleiche hierzu die Rechnungen yon W. Kuhn, O. Kiinzle und A. Preiflmann, Helv. Chim. Acta 30, 307, 464 (1947). Zum dritten war die Frage, ob man auf diese Art eine neue Analysenmethode ffir irgendwelche plasfisehen Substanzen erhalten kann und damit als viertes eventuell Zusam- menh~inge mit tier Struktur der Materie fest- stellen kann. Dieses Programm s.oll also im folgenden durchgeffihrt werden, wobei die mehr appa- ratelle Seite, wenigstens in den Orundlagen, in der 1. Arbeit ~) und die besonders ftir die Kunststoffe interes:~i,erenden F.olgerungen sehon kurz in der 2. Arbeit 3) dargelegt wor- d.en sind. Insbesonder.e die apparatelle Frage wird also im nachfolgenden weitgehend als bekannt vorausgesetzt. In dieser Arbeit wird daher besonde- rer Weft auf die Darlegung des gesam- ten, bisherigen Versuchsmaterials gelegt, auf dessen Diskussion hinsichtlieh Anwendbarkeit zur Analyse des plastischen Verhaltens und zu Aussagen fiber Zusarn- menh~inge mit der Struktur. Speziellere Fra- gen wie die der gegenseitigen Beziehung yon dielektrischer und elastiseher Dispersion 'und der m6gliehen Zusammenhfinge zwisehen den Frequenz- und Temperaturdispersions- kurven sollen sp~iteren eingehenderen Dis- kussionen /iberlassen bleiben. Apparat.elles Da die Versuche zuniichst ats Tastversuche ge- dacht waren, wurde der Atffwand so niedrig wie m6glich gehalten. Es kam eine Verformungsme- rhode in Frage, die erstens eine absolut zwangs- l~iufige Verformungsffihrung erlaubt, zweitens aber so eingericlatet sein soUte, dab sie weitgehend dem Vorgang ether Scherung mit fiber den gan- zen Querschnitt konstanfer Schergeschwindigkeit entspricht. Die definierteste M6glicilkeit in dieser Art w/ire die Scherung eines Wfirfels gewesen I Abb. la). Die obere Fl~iche h/itte man sinus- 6rmig periodisch verschieben rnfissen und an der unieren Fl~iche die Maximalarnplitude der S,cher- spannung bzw. den zeitlichen Verlauf dieser S,cher- spannung :nach Betrag und Phase irn Vergleich zur oberen Fl~iche bestimmen mfissen. Eine solche Methode h/itte das absolut feste Haften der Probe 2) Vorgetragen auf der Bunsen-Tagung in Stutt- gart im Herbst 1948, eingereicht bei der Z. Elek- trochem, im April 1949, soll Anfang 1950 er- scheinen. 3) F. H.. M fi 1 l.e r, Ktm.ststoffe "39, 215 (1949).

Zum plastisch-elastischen Verhalten der Materie III

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Zum plastisch-elastischen Verhalten der Materie III

F. H. Mfiller, Zum plastisch-elastischen V, erhalten der Materie III [ ZeitsehriftK~176

Aus dem physikallsch-chemischen Institut der Universit?it MarburglLahn

Zum plastisch-elastischen Verhalten der Materie III

Ergebnisse und Zusammenhiinge mit Struktur und Wirkungsmechanismen bei periodischen Verformungen

Iron F. It. Miiller, Marburg/Lahn Mit 21 Abbildungen (Eingegangen am 11. September 1949)

E i n l e i t u n g Oewisse Materialien, z.B. Acronal- und

Mipolamproben, lassen sehon im Handver- such bet Biegungsbeanspruchung erkennen, dab die elastische R/ickstellkraft yon derVer- formungsgeschwindigkeit abhtingt. Wenn fiir dieses Verhalten ein einzelner defini:erter M,e- chanismus mit e t h e r begtimmten Relaxa- tionszeit im wesentlichen maBgebend sein sollte, dann muB man vermuten, dal~ der

�9 dynamisch gemessene Elastizittitsmodul einen s-f6rmigen Verlauf zeigt. Oberhalb der Fre- quenz, ,die durch den reziproken Wert der betreffenden Relaxationszeit gegeben ist, ist der K6rper htirter, besitzt also einen groBen (und konstanten) Elastizitiitsmodul, unter- halb dieser charakteristischen Frequenz ist e r weicher und zeigt demgem~iB einen klei- nen (und konstarlten) Elastizittitsmodul. In tier N~ihe der kritischen Frequenz findet der Obergang von einem zum anderen Verhalten start derart, dab also bet gentigendem Ab- stand yon der Re!axationsfrequenz die Ela- stizit~itsmoduli frequenzunabh~ingig sind.

Dies war die Vorstellung, die den in fol- gendem besehriebenen Versuchen zugrunde lag, und es war die Aufgabe dieser:V, ersuche~, zun/iehst einmal, wenngleich noeh nieht an .exakt definierbarem Material, nachzupriifen, in wie welt sie Ofiltigkeit besitzt. Es war dabei zu entscheiden, ob es iiberhauptSub- stanzen gibt, die derart einheittichen Relaxa- tionsmechanismus zeigen, oder ob man prak- tisch immer mit einer Oberlagerung und Versehmierung der Relaxationsmechanismen in der Natur rechnen muB, so dab ein allge- meines Wachsen des Elastizit~itsmoduls mit steigender Frequenz beobachtet wirdl).

Welter interessierte uns dann als zweites die Frage, inwieweit sich Parallelen zu an- deren schon weitgehend untersuchten Rela- xafionseffekten herstellen lassen. In erster Linie ist hierbei naturgem~iB an das sehr um- fangreiche Erfahrungsmaterial auf dielektri- schem Gebiet zu denken.

~) Vergleiche hierzu die Rechnungen yon W. K u h n , O. K i i n z l e und A. P r e i f l m a n n , Helv. Chim. Acta 30, 307, 464 (1947).

Zum dritten war die Frage, ob man auf diese Art eine neue Analysenmethode ffir irgendwelche plasfisehen Substanzen erhalten kann und damit als viertes eventuell Zusam- menh~inge mit tier Struktur der Materie fest- stellen kann.

Dieses Programm s.oll also im folgenden durchgeffihrt werden, wobei die mehr appa- ratelle S eite, wenigstens in den Orundlagen, in der 1. Arbeit ~) und die besonders ftir die Kunststoffe interes:~i,erenden F.olgerungen sehon kurz in der 2. Arbeit 3) dargelegt wor- d.en sind. Insbesonder.e die apparatelle Frage wird also im nachfolgenden weitgehend als bekannt vorausgesetzt.

In d i e s e r A r b e i t wird daher besonde- rer Weft auf die D a r l e g u n g des g e s a m - t e n , b i s h e r i g e n V e r s u c h s m a t e r i a l s gelegt, auf dessen Diskussion hinsichtlieh Anwendbarkeit zur Analyse des plastischen Verhaltens und zu Aussagen fiber Zusarn- menh~inge mit der Struktur. Speziellere Fra- gen wie die der gegenseitigen Beziehung yon dielektrischer und elastiseher Dispersion 'und der m6gliehen Zusammenhfinge zwisehen den Frequenz- und Temperaturdispersions- kurven sollen sp~iteren eingehenderen Dis- kussionen /iberlassen bleiben.

A p p a r a t . e l l e s Da die Versuche zuniichst ats Tastversuche ge-

dacht waren, wurde der Atffwand so niedrig wie m6glich gehalten. Es kam eine Verformungsme- rhode in Frage, die erstens eine absolut zwangs- l~iufige Verformungsffihrung erlaubt, zweitens aber so eingericlatet sein soUte, dab sie weitgehend dem Vorgang ether Scherung mit fiber den gan- zen Querschnitt konstanfer Schergeschwindigkeit entspricht. Die definierteste M6glicilkeit in dieser Art w/ire die Scherung eines Wfirfels gewesen

I Abb. la). Die obere Fl~iche h/itte man sinus- 6rmig periodisch verschieben rnfissen und an der

unieren Fl~iche die Maximalarnplitude der S,cher- spannung bzw. den zeitlichen Verlauf dieser S,cher- spannung :nach Betrag und Phase irn Vergleich zur oberen Fl~iche bestimmen mfissen. Eine solche Methode h/itte das absolut feste Haften der Probe

2) Vorgetragen auf der Bunsen-Tagung in Stutt- gart im Herbst 1948, eingereicht bei der Z. Elek- trochem, im April 1949, soll Anfang 1950 er- scheinen.

3) F. H.. M fi 1 l.e r , Ktm.ststoffe "39, 215 (1949).

Page 2: Zum plastisch-elastischen Verhalten der Materie III

Band 114 -] F .H. Mfiller, Zum plastisch..elasfischen Verhalten der Materie III 3 Heft I (1949) A

an den Apparatflachen vorausgesetzt und auBer- dem bet den h~irteren Proben zum Auftreten er- hehlicher KrMte geffihrt.

Eine Verformung, die sieh diesem Idealfall weitgehend n~ihert, stellt die Doppel-Biegung eines' Bandchens dar (Abb. l e). Bet ihr war das Pro- blem der Einspanuung der Probe leicht 16sbar, und die auftretenden Krafte sind aueh im festen Zu- stand nicht so hoch wie im Fall la, daffir muB die Kombinafion mit ether gewissen Langsdilation. in Kauf genommen werden2). Oegenfiber der Tor- sionsverfoTmung (Abh. lb) besteht jedoch der Vorteil, dab die Schergeschwindigkeit welt we- niger fiber die Probenabmessung schwankt, als

L ] i , - . Scherung Torsior~ Biegung

o b c

Abb. 1 a Scherung Abb. I b Torsion. Man beachte hierbei, datg die Randausschnitte aus der bandchenf6rmig zu denkenden Probe wesentlich gr6tgeren Amplituden und damitgr6tgeren Scherungsgeschwindigkeiten unter-

worfen sina, als die achseunahen Bereiche Abb. 1 e Biegung (Doppelbiegung). In verh/iltnismS~gig guter Nahe- rung elne iiberemandergesetzte Scherung mit konstanter Amp- litude. Bei genauer Diskussion Hinzukommen einer Zug-Druclcbe-

tmspruchung in dem mittleren Teil

es z.B. be i der Torsion eines Bandchens ode r runden g6rpers der Fall ware. Hier warden die Mittelpartien fast nicht, die Randpartien mit den gr61~ten Scherffeschwindigkeiten betroffen werden. Man kann sieh fiberlegen, dab dies zu einer ge- wissen" Verschmierung der Kurven fahrt, die sich tatsgchlich auch beim Experimentieren gezeigt hat (s. auch Abb. 21)0.

Der Apparat (Abb. 2) besteht aus einem Pleuel. getriebe, mit dem das obere Ende der bandchen- f6rmigen Probe zwangslgufig sinusf6rmig hin und her gefahrt wird. Die Amplitude war bei Band-: ehenlangen yon 5--10 mm auf etwa 1 mm be- grenzt. Das andere Ende der Probe wurde mit

die proportional zu der wirkenden Scherspannung und damit wegen des Zusammenhangs von Tor- sions- und Elastizit~itsmodul proportional zum Elastizit~itsmodul ist, und auBerdem kann man sie, was die Verformung definiert gestaltet, als prak- tisch in Ruhe befindlich betrachten. Dureh eine empfindliche Lichtzeiger-Anordnung lieBen sich diese kleinen Amplituden leicht in hequemer Weise messen.

Die Frequenz wurde einfaeh dureh vorschieden schnelles Laufen des Pleuelgetriebes variiert. Der Frequenzbereich war so ausgewahlt, dab irgend- welche Beschleunigungseffekte dureh die Masse der Probe oder des Federsystems yon vornherein als vernaehlassigbar betrachtet werden konnte. Die sehr niedrigen Umdrehungszahlen wurden durch Weiterdrehen in kleinen Stufen von Hand, die h6heren durch ein umsehaltbares Oetriebe er- reieht, das eine schnelle Variation gestattete. Der Frequenzbereich lag zwischen einer Verformung pro Stunde und 160 Umdrehungen in der Minute. Eine Erweiterung nach noch langsameren Fre- quenzenverbot sieh nur aus prakfisehen~,e Orfindea, durch die z u hohe Versuchsdauer~a).

Die Proben konnten temperiert werden, wobei darauf geachtet wurde, dab die Temperierungs- flfissigkeiten k e i n e Q u e I I u n g e n erzeugten. Die Messung selbst fand so schnell staff, dab eine m e r k l i c h e E r w a r m u n g d e r P r o b e im Innern, d.h. Temperaturuntersehiede zwischen dem Temperaturbad und dem Probeninneren m i t B e - s t i m m t h e i t v e r m i e d e n waren, auch bet den h6heren" FrequenzenS).

Eine s t r e n g e Analyse erforderf die Fest- stellung des Ausschlages des Lichtzeigers in P h a s e mit derl,~ Verformung u n d zur Verfor- mung u m 900 v e r s c h o b . e n , bzw. die Fest, stellung des Maximalausschlages und der Phasen- verschiebung gegenfiber der Verformungsphase, Auch hier hahen wit uns z un a ch s t n u r auf die Messung d e s M a x i m a l a u s s c h l a g e s be- schrankt, den man air diese vorl~iufigen Versuehe noch in ausreiehender Naherung als ein MaB far den Elastizitatsmodul betrachten kann.

Die Skizzierung dieser apparatellen Methodik, die an anderen Orten G) etwas eingehender be- sprochen wurde, zeigt also, dab zun/ichst das Cie- bier nur in einer ersten Naherung ~ibgetastet wer- den smite.

Pleue~etr~

~'~tzeiger --F, d

Abb. 2 Schema der'apparatenen Anordnung

einem Stack Stahlfeder verschraubt, die durch Durehbiegung die Scherkraft aufnahm. Die Stahl- feder, konnte jeweils so angegaBt werden, dab diese u n t e r e Klemme n u r s e h r k l e i n e Amplituden von Bruchteilen yon Millimetern zeigte,

4) Die in der Kautschukprfiftechnik zur Mes- sung des dynamischen E-Moduls fibliche Zug- Druckverformung findet s t e ' t s u n t e r V o r - s p a n n u n g s t a r t und eignet sich n i c h t far Substanzen, die p l a s t i s c h f l i e f i e n .

M e B p r o b e n Bet t i e r A u s w a h l d e r zu u n t e r s u c h e n d e n

S u b s t a n z e n w u r d e zun~ichst auf j ene b e i d e n Stoffe , d a s A c r o n a l und e ine M i p o l a m p r o b e , d i e aus e i n e m S tack d e r hande l s f i b l i chen ge - sp r i t z t en B~inder, wie sie zu Gf i r t e ln , Biin- ,dern z. B. v e r a r b e i t e t w,erden, s t a m m t e , d i e

~a)'Nach h6heren Frequenzen, da dann ,,Be- schleunigungskorrekturen" notweudig geworden waren.

5) Diese Feststellung ist wesenflich, da die Temperaturgleichheit bet den technisehen Prfi- fungen (dynamischer E-Modul) oft nicht erffillt ist. Die Proben bekommen im Innern Crbertempe- ratur und die Tempera~urabhangigkeit ist meist gerade sehr stark. Siehe A. X. S e h m i d t und Ch. A. M a r l i e s , Principles of High-Polymer Theory and Practice. S. 416--426 (New Yo~rk 194S).

~) Vergl. Anmerkuug 0.

Page 3: Zum plastisch-elastischen Verhalten der Materie III

4 F.H. Miiller, Zum plastisch-elastischen Verhalten der Maierie III [ Kolloid- L Zei~sehrif~

das Vorhandensein des elastischen Disper- sionseffektes sch,on im Handversuch vermu- tell liegen, zuriickgegriffen. Nachdem diese beidell Substanzen den .erwarteten Verlauf in sehr eharakteristischer Weise zeigten, wurde die Apparatur mit gummiartigen Proben: einem Stiick schwachvulkanisierten Weich- gummis mit Ffillstoffen, entn,ommen aus ei:nem ,,Einmach"ring, .einem Streifen aus einem Naturkautschukfell, einem Stiiek Buna-S und einem Sttick Thiok,ol gepriift. Nach.dem auch diese Proben ein.erseits die erwartete weit- gehende Unabh~ingigkeit ill dem zur Ver- ftigung stehenden Frequenzintervall ergaben, andererseits abet auch charakteristisehe Un- terschiede erkennen liegen, wurde i m w e i- t e r e n a 11 e s , was sich an plastischen Sub- stanzen finden lieg, in der Apparatur ver- messen: Neberl.s~imtlichen zur Verffigung stehellden Kunststoffproben: Poly~ithylen, Opparlol, Polyvinylchlorid-F, olien, Polystyrol, Zelluloid, Plexiglas, wurdell auch Wachse, Bitumellproben, Pic~in, Harze und selbst Dillge wie Radiergummi in die Apparatur .eingespannt.

Die Substanzen mllgten als einzige Be- dingung nur die erffillen, dab man aus ihrlen I/illgliche Stiieke oder Biindchen heraus- schneiden oder formen konnte. Di,edie Scher- kraft messende Federspannung und die Pro- benl~irlge lieg. sich stets so anpassen, dab entsprechend der mittteren Weichh.eit der Probe n,och ein gut megbarer Ausschlag des kichtzeigers zu Stande kam, auch bei dell diillnen Folien. Schwierigkeiten ergaben sich bei letzteren h6chstens dadurch, dab bei der p.eriodiseherl Ffihrung u.U. eine Stauchung der Probe zu eillem nicht sinus-f6rmigen Gang .der Scherur N ftihrte, einer Art Kipp- Prozeg, .der sieh s.ofort beheben lieg, wenn man in diesem Falle, z. B. beim Villifol, da s eine Ende nicht lest verschraubte. Es konnte dann in der oberen Einspannklemme um Bruchteile eines Millimeters bin und her glei- ten. Die Verformllng blieb eine Doppelbie- gullgT). Beim Naturkautschukfell stSrte so- gar nicht einmal die Riffelung, da auf Um- rechnung in Absolutwerte .des E-M.oduls, die fibrigens bei Kenntnis .der B~indchellabmes- sungen ohne weiteres mSglich ist, kein Wert gel.egt wurde ulld n u r d e r r e l a t i v e G a n g m i t d e r F r e q u e 11 z interessierte. Stru'ktu- rell definiertere Sllbstanzproben stellen die w.eichgemachtell MisChungen yon Polystyrol und Polyvinylazetat dar.

Insgesamt sei also auch zllr Frage der Substanzen festgestellt, ,dab das ganze Ge-

2) Vergl. Anmerkung 2).

bier zun~ichst rein tibersichtsm~igig abge- tastet werden solltes). Die gewonnenen Er- gebnisse zeigten allerdings sehr bald, dab eine .lohnende Aufgabe die Untersuchung yon genau bekanllten Substanzell und Mi- schungen seill wird. Sie l~ige heute schon vor, wenn nicht aus ~iugeren Griirlden seiner- zeit die Arbeiten zun~ichst abgebrochen wer- dell mufSten0.

E i n i g e M e g e r g e b n i s s e Als erstes wurde ein B/indchen yon Acro-

nal in der Apparatur untersueht und zwar bei Zimmertemperatnr. Die mittlere Kurve in Abb. 3 zeigt das Ergebnis. Innerhalb des zur Verffigullg stehenden Frequellzmegbe- reiches ergibt sich tats/ichlich eille Abnahme der elastischen Riickstellkraft vom ffrSgeren Wert bei hohen Frequellzen zu einem niedri- gen bei den tiefen Frequenzen. Der Verlauf der Kurve deutet augerdem an, dab auger- halb dieses Bereiches der Elastizit/itsmodul auch relativ konstallten Endwertell zustrebt.

~ 6

~s

lg " ~ 10 1 10 10 ~ Frequenz T./m)n

Abb. 3 Verlauf der Maximal-Amplitude, die in angemessener Nfihe- rung dem Elastizitfitsmodul proportional ist, als Ftmktion der

Erequenz. Parameter Temperatur. Material: Aeronal

Das mechanische Verhalten des Acronais, seine Steifheit z.B., hfinfft besorlders stark von der Temperatur ab, so stark, dag man es schon beim Kneten einer Probe in der Hand deutlich spiirt. Es lag also nahe, die Temperatur zu variieren, und m a n sollte auf diese Weise erreichen, dab entweder der obere Auslauf tier Kurve auf den konstanten gr6geren E-Wert oder der untere auf den kon- stanten kleineren E-Wert in dell Freqllenzbe- reich tier Megapparatur kommt, falls man die Temperatur variiert. Auch dies best/itigte der Versuch, wie sicb dies bei den an,deren Kurven ill Abb. 3 fiir 100 lln,d 310 zeigt, wenn man von gewissen Feinheiten absieht.

Als zweite Probe wurde eill Sttiek Mipo- lain, herausgesChnitten aus einem gespritz- ten Band, gemessen. Die dabei erhaltenen Kurven, insbesondere die zun~iehst bei 200 C ermittelte, zeigte .einerl praktisch linearen

s) Vergl. Anmerkung 3). 9) Die Versuche k6nnen erst jetzt wieder auf-

genommen werden, nachdem die Neuaufstellung der 1945 in Leipzig zerst6rten Apparatur in Mar- burg m6glich geworden isI.

Page 4: Zum plastisch-elastischen Verhalten der Materie III

Band 114 1 F.H. Mfiller, Zum plasfisch-elastischen Verhalten der Materie III 5 lteft 1 (1949) 1

Abfall (Abb. 4a). Nur bei tier h6chsten Fre- 9 quenz war .die Umbiegung zu horizontalem 8 0.7 Verlauf eben angedeutet. Um eine (iesamt- fibersicht zu bekommen, wffrde nach den ~ ~s Erfahrtingen am Acronal die Temperatur va- ~4 riiert. Tats/ichlich konnte damit das Einbie- ~ 3

gen an den oberen und unteren Werten in ~ den erfaBbaren Frequenzbereich hereinge- , holt werden. Einen Crberblick fiber die Ge- samtkurve in gewisser roh.er Ann~iherung l~i[3t

• • f0F

Frequenz~/[~in

,tO" ,~ I0-~ .t0 o ,10 't lOe /:requenzle/min

hbb. 4a Dassetbe f/Jr Mipolam Abb. 4h Nfihermlgsweise Zusammensetztmg der drei Kurven

sich nun dadurch gewinnen, daB man diese drei Einzelkurven als Teilabschnitte b.etrach- tet und sie in der Zeiehnung zusammenffigt. Das ist in Abb. 4b geschehen. Es ergab sich also, .dab bier das Relaxatio.nsgebiet im we- sentlichen erst fiber .einen Bereich yon 7--8 Dekaden fiberstrichen wird, wfihrend es beim Acronal ant etwa 2--3 Dekaden in der Fre- quenz zusammenge.drfickt ist.

Eine solche Zusammensetzung tier Kurv.en hat zur Voraussetzung, da6 siCh der Kurven- typ bei Variation der Temperatur nicht o.der nicht wesentlich fin.dert. Diese Tatsaehe ist keineswegs immer .erffillt, wi.e sChon Abb. 3 andeutet und wie sich sp~iter, insbesondere bei ,den Bitumenproben .erffebeu wird. In ge- wissem Rahmen ist .es jedoeh .ein Hilfsmittel, den Mel3bereich der Apparatur zu ,erweitern.

Die n~iehsten Versueh,e sollten nunmehr bei gummi~ihnlichen Substanzen zeigen, dag hier tats~ichlich die erwart.ete Frequenzunab- h~ingigkeit und eventuell auch weitgehende Temperaturunabh~ingigk.eit .e~'ffilIt ist. Diese Messungeu waren sozusagen eine Kontrolle ant alas richfige Funktionieren der Meth.odik.

In der n/ichsten Abbildung (Abbl 5) sind Messungen an kautschuk~ihnlichen Substan- zen zusam'menge's~ellt. Eiln Stiick yon nor- m~/lem, leicht vulkanisiert.em W.eichgummi mit Ffillstoffen, iherausgesehnitten aus einem zum Schliegeu yon Einmachgl~isern verwendeten roten Oummiring, ergab v611ig borizontale Kurven, deren Lage auch praktisch nicht mit der Temp.eratur variierte.

~o -~ ,ib "~ ,t tb Frequenz~'mih

~ J ! : '~ 6umm~" (7-3o'C1 _,~,Z,~. . 2~

~ - Thiokot 20*6. { 39*s

7yC

{ ~ " - - - - 30"C N a t u r k a u t ~ u k

Abb. 5 Dasselbe ffir verschiedene gummiartige Proben

B eim Naturkautsehuk liegen die einzelnen Kurven ffir verschiedene Temperaturen et- was auseinander, und zeigen deutlich ,ein Absinken nach niedrigen Frequenzen. Auch dies ist in Hinblick auf die bekannte Tat-, sache,,daB unvulkanisierter Oummi Relaxation durch Abgleiten d ~ mole:kularen Ketten zeigt, durchaus ein Ergebnis, das man erwarten konnte und das vernfinftig .erscheint. Das weichgummi/i'hnliche Thiok,ol ergibt nun "bei tiefer Temperatur ffir die hohen Frequenzen einen Anstieg, der auf .eine gewisse Verstei- tung des Materials durch schnellere Bean- spruchungen schon bei Tempe,raturen in der N/ih.e yon 0 0 C hindeutet. Auch dieses Ver- halten lag in Richtung tier Erwartung.

Die schlieBlich noch zur Verffigung ste- hende Buna-S-Probe zeigt innerhalb des Megbereiches einen langsamen Ansfieg ffir s/imtliche Temperatt~ren. Dies harmoniert m i t in ,der Literatur vorhandenen inzwischen ver- 6ffentlichten Messungenl0), wenngleich wit es seinerzeit als .ein neues Resultat hinneh- men mugten.

Nach der Tbeorie der reinen Kautsehuk- elastizit~it sollten allerdings die Kurven bei h0her Temperatur oben, die bei niedriger Temperatur jeweils unten liegen, insbeson- dere ffir Buna-S und Naturkautschuk, denn der Elastizitfitsmodul s,oll gem~iB T anstei- gem Dieser Widerspruch ist allerdings un- bedenklich, da die Erffillung dieser einfachen Oesetzm~iBigkeit sieh bisher nur in ganz sel- tenen F/illen gezeigt hat un.d durch Ober- l.agerung verschiedener Effekte heute auch 'Or/inde hierffir angegeb.en werden k6nnen.

So ist also die I(ontrolle der Apparatur mit Substanzen yon gummielastischen Cha- rakter durchaus zufriedenstellend; im Oegen- tell, sie ergab, obwohl wir ffir den zur Ver- ffigung stehenden Frequenzbereich zunSchst iiberhaupt k.eine Unterschiede erwartet h~it- ten, noch eine Reih.e yon Feinheiten, die die

10) H. R o e l i g und W. Heidemann,Kuns t - stoffe 38, 125 (1948).

Page 5: Zum plastisch-elastischen Verhalten der Materie III

6 F .H . Mfiller, Zum plastisch-elastischen Verhalten der Materi~e III [ ~onoid- L Zeitsehrif~

einzelnen Pro dukte bekanntermagen charak- terisieren. Damit ermutigte si~ geradezu, diese Untersuchungen zun~ichst auf dieser appara- tell primitiven Basis welter fortzusetzen. ,

Die starke Verlagerung z. B. der Acronal- un,d Mipolamkurven mit der Temperatur l~il3t vermuten, dab das Dispersionsintervall statt durch Variation der Frequenz auch durch Variation der Temperatur /iberstrichenwer- den kann. F/it verschiedene Megfrequenzen sollte dann .die Dispersionsstelle ffir die n i e- d r i g e F r e q u e n z nach t i e f e r e r T e m p e - r a t u r zu verschoben sein.

Die Naehprfifung dieser Oberl, egung an ,der Mipolamprobe und am Acronal ergab das .erwartete Verhal~en, das in Abb. 6 ffir das Mipolam dargestellt istn).

9 L~8.O/m, n g.

5.5/rain. t ~ 5

% 3 ~2 E

"I

to 2'0 30 40 5o 6o remperatur in ~

Abb. 6 Dispere, ion des Elastizitiitsmoduls als Funktioa der Tem- peratUr, Parameter Frequenz. Material Mipolam

D i e l e k t r i s c h e u n d e l a s t i s c h e D i s p e r s i o n In der n/ichs~en Abbildung (Abb. 7) ist

der Verlauf tier Diel.ektrizit/itskonstante einer- seits und des Elastizit/itsmoduls andererseits als Funktion yon Frequenz und Temperatur gegenfibergestellt. Die Dielektrizit~itskon- stante entspricht hierbei dem reziproken Weft des Elasfizit/itsmoduls. Die Kurven zeigen, .dab die Variation yon Elastizit/itsmodul und DK einander weitgehend entspreehen, zum Teil noch in .den Einzelheiten, wenn man die Verl~iufe ffir ideale F/ill.e anzeichnet. Ideal ist hierbei fiir .den Elastizit/itsmodul in dem . Sinne gemeint, daf~ er im kautschukelasti- schen Bereich proportional zur absoluten Temperatur, wie es .die Kuh n sche Theorie vorschreibt, verl~iuft.

T

b

~ . ~ r~ -~

T Abb, 7 Analogio zwischen dielektrischer und elastiseher Dispersion (e als f(co) und f(T), bzw. E Ms f(co) und f(T)). K1eine Buchstaben (t und co) niedrige, gro~e BUehstaben hfhero Werte yon T mad co

Zwischen diesen T emperatu,rdispersions- kurven und den Frequenzdispersionskurven bestehen gewisse Beziehungen, yon denen welter unten noch mehr die Rede sein s oll. Der s-f6rmige Verlauf ist oft noch deutlicher ausgepr~igt als bei den Frequenzkurven. AuBerdem .erfordert ihre Ermittlung weit weniffer Mfihe als .die Untersuch'ung tier Fre- quenzabh~ingigkeit, da die Umschaltung auf zwei verschiedene Erequenzen zur Oewin- hung eines 12Iberblicks meist ausreicht~0.

Die bisher aufgezeigten Kurven lassen die Frage aufkommen, inwieweit erstens eine quantitative Behandlung des Verlaufes m6g- lich ist und zweitens die ins Auge springende ~,hnlichkeit zu tier dielektrischen Dispersion mehr als eine ~iugere Analogie bedeutet.

n) Diese Kurven ~ihneln den in der Literatur auf andere Art gewonnenen. Siehe z . B . R . F . C1 a s h und R. M. B e r g , Modern. Plastics 21; 119 (1944). Turner A l f r e y , J. M echanica, li Behaviour of High Polymers (New York 1948).

~2) Das gilt in analoger Weise ffir die dielek- trische Dispersion.

Die dielektrisehe Disp,ersion b.edeutet, daft bet einer bestimmten Temperatur oder Fre- quenz ein Orienfierungsteil zu dem frequenz: und temperaturunabh/ingigen Refrakfionsteil hinzu tritt, indem dort die Dipole bewegl!ch genug werden, um sich im ~iuBeren .Feld einstellen zu k6nnenl0. Die Lage des Dis- persionsintervaltes h/ingt als.o yon der Be- wegungsf~higkeit der Dipole ab, beikleinen Molekfilen yon ihrer Or6ge und Viskosit~it gem/ill der De b ye schen Theorie, be i grogen Molekfilen yore Einsetzen tier Mikro-B r o w n- schen Bewegung. Letztere aber erm6glicht auch das elastische Verhatten hochmolekula- rer Substanzen, so dab dieselbe Ursache, die ,der dielektrischen Dispersion zugrunde liegt, auch ffir die elastische Dispersion maggebend ist. Inwieweit hierbei eventuell feinere Un-

10 Siehe z . B . F . H . M f i l l e r , Erg..exakt. Na- turwiss. 17, 164 (1938); H. S t f i g e r Werkstoff- kunde der Isolierstoffe (Berlin 19t4). Ka;pitel iron F. H. M f i l l e r , insb. S. 331ff; insbesondere auch die A.rbei',en von F. W f i r s t l i n , Z. Elek- troehem. 48, 311 (1942); Koll.-Z. 110; 71 (1948),

Page 6: Zum plastisch-elastischen Verhalten der Materie III

Band. 114 Hef~ 1 t19~9) ] F.H. M/iller, Zum plastisch-elastischen Verhalten der Materie IlI 7

terschiede ein.e Rolle spielen, soll durch sp~i- tere Experimente und ~berlegungen noeh gekl~irt werden. Die weitgehende l:lberein- stimmung der Lage beider Dispersionen und deren Parallelit~it wurde im iibrigen schon durch die inzwischen erschienenen Arbeiten von H. R o e l i g und W. H e i d e m a n n l 0 gekl~irt.

Damit ergeben.sich ObertragungsmSglich- keiten tier bei der .dielektrischen Dispersion erheblich gr61~eren .experimentellen Erfah- rung. Insbesondere mug, genau wie im di- elektrisehen Fall, zwiseh.en der Erregung und tier Reaktion im Dispersionsbereieh eirle Phasenverschiebung auftreten, so dab man einem .dem diel,ektrischen Falle entsprechen- den Verlustwinkel definieren und me ssen kann. Solehe mechanischen Verlustwinkell0 sind auch bei Substanzen mSgliieh,,die infolge ihrer Dipollosigkeit elektrisch sich nicht erfassen lassen. ~ .!~[

Zweitens gilt jedoeh, genau wie im di- elektrischen Fall, di,e Einsdhr~nkung, dab die s t r e n g e A n a 1 y s e auf alas Relaxations- spektrum bin n u r a n .d e m F r e q u e n z v,e r- 1 a u f .des Elastizit~itsmoduls mSglich ist, w/ihren,d d e r T . e m p e r a t u r v e r l a u f nur q u a 1 i t a t i v e Einblicke ,erlauben kann.

Da jedoch die Temperaturdispersi.on sich, genau wie im dielektrischen Fall, meBteeh- nisch wesentlich einfacher ermit teln l~iflt, ist es wichtig, zu sehen in welchemgegenseiti- gen Verh/iltnis Temperatur- undFrequenz- ,dispersion zueinander stehen.

Z u s a m m e n h ~ i n g e z w i s c h e n T e m p e - r a t u r u n . d F r e q u e n z d i s p e r s i o n Die n/ichste Abbildung (Abb. 8) stellt ffir

die einfachsten Orundtypen den Zusammen- hang zwisehen Frequenz- und Temperatur- dispersion dar 16). Es e ntsprechen die Kur- yen a und b und die Kurven c und d einander. Das heiBt: Fallen die Kurven ffir zwei verschie,dene Frequenzen bet der Temperaturdispersion stark auseinander, mit anderen Worten, bilden sie e[n~e, bre!ite Sehleife, dann zeigen die zugeh6rige,n FrequeJnzkur~en einen steil,en Verlauf. Die Frequenzdisper- sion f/illt in diesem Fall wie beim Aeronal in einen Bereich yon w,eniffen Dekaden in ;co. Ist urngekehrt die Schl,eife im Temperatur-

10 R o e l i g , Z. VDJ 87, 347 (1943); H. R o e l i g u. W. H e i d e m a n n , Kunststoffe 38,. 125 (1948).

15) Siehe die eingangs erw~hnfen Arbeiten yon W. K u h n und die in Anm. 1~) zitierte Arbeff yon R o e l i g und H e i d e m a n n .

16) Die hier gebrachten Bemerkungen lassen sich auch auf den dielektrischen Fall fibertragen.

d C Abb. 8 Wechselseitiger Zusammenhang zwisclien Temperatur- und Frequenzdispersion. Die in den Kurven a) und c)eingetragenen Zahlen ergeben ein Mag der u dleser Kurven auf "Variation der Temperatair. 1,01 be-deutet z. B. Ernied-

rigung der Temperatur tun 1%

diagramm zwischen den Kurven versehiede- ner Frequenz s ehr eng, so erstre@t sichder Dispersionsverlauf im Frequenzdiagramm fiber viele Dekaden, wie beim Mipolam.

Aber noeh eine zweite Eigenart spiegelt sieh in den Diagrammen wieder: ein weniger steiler Abfall in der Temperattlrdispersions- kurve bedeutet n/imlich, dab s ieh die Disper- sionsstelle in der Frequenzkurve nicht sehr stark mit der Temperatur versehiebt. Ein sehr steiler Abfall in der Temperaturkurve da- gegen bedeutet, dab bet einer kleinen Tem- peratur~inderung die Dispersionsstelle sich im Frequenzspektrum augerordentlieh stark versehiebt. Ein Beispiel hierffir ist das Poly- styroL E s zeigt, wie sp~itere Abbildungen erweisen, eine sehr steile Temperaturdisper- sion, die verbunden ist mit einer groBen Empfindliehkeit dafiir, dab man die Frequenz- dispersion gerade in dem zur Verffigung stehenden Frequenzbereieh erkennen konnte. Das Bild ffir Polystyrol entsprieht weitest- gehend den Kurv,enverl/iufe;n Abbildunge;n 8e und 8d. Der Frequenzverlauf wurde eben- falls aufgenommen, kann j ed.och, da die Kur- yen verloren 'gingen, hier nicht wiederge- geben werden.

Die Abbildung 8 enth/ilt also zweierlei Va- riationen ineinandergesehachtelt, so dab sich vi.er Kurventypen ergeben sollten, yon denen nur zwei gezeichnet wurden. Die Typen, kleine Schleifenbreite und flaeher Tempera- turverlauf, sowie groBe Sehleifenbreite und steiler Temperaturverlauf, die ebenfalls be- obachtet wurden, sind w.eggelassen.

Man kann also aus den Temperaturdia- grammen, wenn man auf Feinheiten verzieh- tet und die Kurven ftir zwei Frequenzen auf- nimmt, auf den qualitativen Frequenzverlauf der elastischen Dispersion ohne weiteres sehlieBen. Das gilt auch f/ir keulenf6rmige Schleifenfl/iehen im Temperaturdiagramm in entspreehender W, eise.

In den nachfolgenden Untersuchungen wur'- den deshalb meist nur die Temperaturkurven erfaBt.

Page 7: Zum plastisch-elastischen Verhalten der Materie III

8 F.H. Mtiller, Zum plastisch-elastischen Verhalten der Materie III [ Kolloid, / Z~itschrift

Der theoretische Hintergrund dieser etwas komplizierteren Zusammenhiinge ist der, dal3 bei den meisten Substanzen das Relaxations- spektrum nieht dureh einen einzigen, einheit- lichen Mechanismus bestimmt ist, sondern dureh eine Reihe von Mechanismen oder so- gar durch eine kontinuierlich verschmierte Zusammenwirkung soleher, wobei diese noch voneinander abh~ing.en k6nnen. Nur, wenn s~imtliche Rela• die gleiche Aktivierungsenergie19 besitzen, bMbt das Relaxationsspektrum bei variierter Tempera- fur in seiner Form konstant und verschiebt sich einfaeh mit der Frequenz. Das bedeutet, dab man bei einer Umrechnung von Tempe- ratur- auf Frequenzdispersion trod umgekehrt die Aktivierungsenergien der maggebenden Mechanismengruppen kennen sollte. Wir wer- den auf ein spezielles Beispiel sogleich noch zurfiekkommen. Die allgemeinen Oberlegun- gen sollen in einer sp~iteren Arbeit darge- stellt werden.

M a t h e m a t i s c h e A n a l y s e , R e l a - x a t i o n s s p e k t r u m Die erhaltenen Ku'rv,en lassen sich welt-

gehend auch mathematisch analysieren. Hiea'- bet tritt die Parallele zum Formalismus beim dielektrischen Verhalten besonders deutlich zutage. An sieh ist ja de'r Verlauf ffir die Frequenzabh/ingigkeit bet allen in der Natur auftretenden Relaxationserscheinungen der gleiche, vorausgesetz.t, dab man die einander analogen Or6gen betraehtet. Man kann ihn kinetiseh is) oder auf Grund der M e i x n e r- schen Thermodynamik ffir irreversible Pro- zesse tbermodynamischl 0 ableiten. Diese Ableitungen, die meist von ether Vorstellung fiber einen speziellen Mechanismus aus ge- geben worden stud, sind noch kein Beweis ffir das Vorliegen gerade dieses Mechanis- mus. Das typischste Beispiel hierffir ist, dab die Frequenzabh~ingigkeit der Dielektrizit/its- konstante allein nicht zu entscheiden ge- starter, ob ein D e b y escher Dipolmechanis- mus • ein Carl W. W a g n e r seher Me- chanismus vorliegt20). Was man sagen kann ist folgen.des: Bet einem einheitlichen Re- laxationsmechanismus mit ether einzigen

17) Die Ermittlung solcher Aktivierungswiirmen aus der Verschiebung der Relaxafionsstelle mit der Temperatur bet A l e x a n d r o w und L a z u r - k in , siehe B. J. B r a j n i k o w , Plastics 8, 44 (1944).

is) Siehe R. de L. K r o n i g , Physik. Z. 39; 823 (1938).

19 o) j. M e i x . e r , d m. hst. ) F. H. M ii I I e r, Erg. exakt. Naturwiss. 1. e.

insbes. S. 177.

Relaxationszeit kommt eine bestimmte Fre- quenzabh~ingigkeit zustande. Ist die ~emes- sene Frequenzkurve anders, so gestattet sie eine Analyse derart, dag sie aus Kurvendes Cirun,dmechanismus zusammengesetzt werden kann. Man erh~ilt dann entweder ein Rela- xationsspektrum mit ether diskreten Vertei- lung yon einzelnen Relaxationsmechanismen oder auch s olche mit ether kontinuierlichen Verteilung. Meist ergeben sich gruppen- weise H~iufungen. Die Zuweisung dieser einzeln.en Oruppen zu ganz bestimmten Me- chanismen ist dann eme Frage weiterer molekulartheoretischer Diskussionen fiber Beweglichkeit und Zusammenlagerung der Molekiile bzw. Molekfilteile.

Ffir den elasfischen Fall geht man am einfachsten yon tier M a x w e 11 schen Diffe- rentialgleiehung 21) aus:

do dy a (1) d ~ - - a ~ t ;

o = Scherspannung, G = Torsionsmodul, 7 = Scher- winkel, t ---- Zeit.

Diese wird ffir den Fall einer periodischen Verformung 7 = 7 0 cos cot gel6st. Man erhiilt dann entweder die Verl/iufe der in Phase befindliehen Amplitude und der um 900 ver- scbobenen Amplitude oder auch kombiniert aus beiden den Verlauf der maximalen Am- plitude als Funktion der Frequenzg0:

(9T ~ = Go 7o

~ ~ Relaxationszeit.

(~)

Die Be.deutung der ersten beiden Werte �9 ist physikalisch klarer. Sie .entsprechendem

Elastizit/itsmo.dul und der Viskosit/it~2a). Fiir .die welt,ere Diskussion wird jedoeh die For- reel 2 verwendet, da d i e gebrauchte Appa- ratur nut diesen Wert zu bestimmen ge- stattete. Die Proportionaliit~it des Elastizit/its- moduls zu der gemessenen Amplitude, wie sie in .die Abbildungen eingezeichnet wurde, ist also nur in ether gewissen N/iherunff ,erffillt.

Wenn nun die gemessene Frequenzkurve in ihrer Abh~ingigkeit von co nicht der For- mel 2 entspricht, so muB sie dutch die fol- gende In'tegralgleichung dargestellt Werden:

09

a(~o ) = f 0 G(~) co ~ d

0

91) C. M a x w e l l , Philos. Mag. (IV) 35, 134 (1867).

92) ,~hnliehe Rechnungen sehon bet E. J e n k- k e 1, siehe Anm. 9).

~a) 1. Anm. 1).

Page 8: Zum plastisch-elastischen Verhalten der Materie III

Baad 114 "1 F.H. Mfiller, Zum plasfisch-elasfischen Verhalten der Materie III 9 H~ft 1 (1949) J

Die L6sung dies er IntegralgJeichung nach o q~ (v) = G(t) dv

ergibt dann unmittelbar das Relaxations- spektrum, also die Verteilung der Mechanis- men-Anteile mit gewissen Orundelasfizitfits- m.o.duln und Relaxationszeiten. Sie kann n~iherungsweise oder nach einem mathemati- schen Umkehrverfahren (bei geeigneter Wahl einer Elementarl6sung)~ 0 oder mittels be- sonderer opfischer Verfahren~0 erfolgen. Der Frequenzverlauf muB hierzu in einem m6gliehst grol]en Frequenzbereich bekannt sein, damit Koriekturen durch die Unsicher- heir der Endstiicke keine Rolle spielen. AuBeMem ist eine sehr hohe MeBgenauig- k eit notwendig, wes'halb yon e~n,er derart strengen Auswertung in den folgenden Bei- spielen noeh abgesehen wurde. Eine Be- dingung jedoch kann man leicht nachprfifen: Der V e r l a u f d er F r e q u e n z darf n i e s t e i l e r we.rden als d e r E l e m e n t a r l 6 - s u n g 2 e n t s p r i c h t . Bei den Temperatur- kurven dagegen kann, wie wir gesehen ha- ben, eine beli,ebig s~eile Stufe auftreten. Tat- s/ichlich wurde in dem umfangreichen Ma- terial hie eine dieser Forderung wider- sprechend.e Kurve ermittelt20.

M e s s u n g e n an B i t u m e n p r o b e n u n d / i h n l i c h e n S u b s t a n z e n

Im folgenden sollen nun die bisher durch- geffihrten Messungen in ihren wesentliehen Ergebnissen dargelegt werden und zwar als erstes diejrenigen an n icht ausge:sprochle!n makromolekularen Stoffen (Kunststoffen).

Ffir plastisches Verhalten bilden ja Sub- stanzen wie z.B. Teer und Asphalt beson- ders charakteristisChe Beispiele. Ein Sttiek Teer, sich selbst fiberlassen, fliefit wie eine hoehviskose Fliissigkeit. Bei einer pl6tzlichen Verformung dagegen, z.B. gegenfiber einer Schlagbeanspruchung, verh/ilt es sich wie ein fester K6rper, 'erln Olas, und springt mit muscheligem Bruch. Es war also ,naheliegend,

2~) Ffir den elektrischen Fall R. M. F uoss u. J. S. K i r k w o o d , - J . Amer. Chem. Soc. 63, 385 (1941).

=q Vergl. Chr. S c h m e l z e r , demn~chst. 25) Relaxafionsspektren lassen sieh auch aus

Abklingvorg~ingen ermitteln. Siehe E. J e n c k e 1' und H. F u e h l e s , J. Makrom. Chem. 1, 203: (1943), ferner W. B r e n s c h e d e , Kolloid-Z. 104, 1 (1943) usw. Die Wfirdigunff der verschiede.- hen V.erfahren gegeneinander in Arbeit Anmi.~).. Der Vorsehlag periodisehe Verformungen zu ver- wenden wurde schon 1941 bei F. H. Mfil : ler , Kolloid-Z. 95, 317 (941), gemacht. Weitere Mes- sungen auf diesem Oebiet z.B. B r a j n i k o f f , 1. e. und H. S. S a ek , Amer. Phys'. So~. New York 1947.

derartige Stoffe in die hier beschriebenen Versuche einzubeziehen. Die Abbi[dungen 9 und 10 stellen Messungen an verschiedenen Bitumenproben dar. Insgesamt wurden min- destens s.echs solcher verschiedenerProben mit unterschiedlicher Vorbehandlung unter- sucht~0. Die erhaltenen Kurven zeigten in allen Ffillen typische Unterschiede, yon de- nen .die in den beiden Abbildungen darge- stellten besonders charakteristische Beispiele sind.

t0 .= 10" 1 10 10 = Frequenz~/min

Abb. 9 Frequenzdispersion ffir mexikanisches Hochvakuum-Bitumen (E. P. 60/650 C)

E -- .,0" ~ io Ib �9 "

FrequenzY/min

Abb. 10 Frequenzdispersion fiir mexikanisches Bitumen (E. P. r 40~

Die Kurve fiir 31 o in Abb. 9 entspricht f a s t g e n a u d e m t h e o r e t i s c h e n V e r - l a u f bei Vorliegen eines e i n z e l n e n Rela- xationsmechanismus. Bei h6heren Tempera- turen seheint eine Verschmierung dieses Mechanismus einzutreten.

Das nicht im Hochvakuum gereinigte Bi- tumen verh/ilt sich dagegen ganz anders. Zwar liegt eine besondere Stufe an einer Stelle wiederum vor, doch deuten die auf- steigenden .~ste v o r u n d hinter dieser Stufe an, .daB weitere Relaxationsmechanismen hinzutreten. Die Tatsache, dab die Lage dieser ausgepr~igteren Stufe besonders wenig mit tier Temperatur variiert, zeigt zugleich, dab ihr eine relativ hohe Aktivierungsenergie zu- kommt, w/ihrend die seitlichen Schw/inze wesentlieh geringere Aktivierungsenergie ha- ben. Wfirde man die Kurven yon Abb. 10 auf alas Relaxationsspektrum analysieren, so ware zu erwar~en, .daB sich dieses mit der Temperatur in solcher Gestalt ~indert, dab ein bestimmter Meehanismus an einerr Stelle mit relativ konstanter H6he erh~ilt, wahrend die beiden Seitenschw~inze s ieh mit steigender Temperatur verbreitern und flacher werden. In tier Abb. 9 dagegen wiirde das Relaxa-

2z6!Dc~e Preoben ~etel~ isHe W al ther-Schkeu- dit n r e zur Verffigung. Wei- tere Zusammenarbeit war geplant.

Page 9: Zum plastisch-elastischen Verhalten der Materie III

10 F . H . Mfiller, Zum plastisch-elastischen Verhalten der Materie III I" Kolloid- L Zoitsehrift

tionsspektrum mit steigender Temperatur zu ktirzeren Relaxationszeiten riicken .derge- staR, dab bei 310 im wesentliehen eine ein- zige Relaxationszeit worhanden ist und diese mit steigender Temperatur sich verschmiert. Die B i t u m e n p r o b e n sind also e in Bei- s p i e l dafiir, dab sich d i e R e l a x a t i o n s - s p e k t r e n m i t d e r T e m p e r a t u r in cha- rakteristischer Weise a u c h i h r e r O e s t a 1 t n a c h ~indern~7) ~s).

Insgesamt zeigen diese beiden Kurven- scharen, dab man die elastische Dispersion als Analysenmethode einsetzen k6nnte. Der Plan, Zusammenhiinge zwischen teehnischer Brauchbarkeit und der Oestalt der Disper- sionskurven aufzustellen, muBte in selner Ausffihrung auf spfitere Zeit verschoben werden.

Oenau so wie hier bei den Bitumenmassen typische Unterschiede in den Kurven auf- treten, vermuteten wir Unterschiede im Ver- halten der beiden im Laboratoriumsbetrieb oft verwendeten Kittmassen Siegellack und Picgin. Sie waren auch an den leider ver- loren gegangenen Kurven zu .erke~.nnen.. Das gleiche lief3 sich ftir Substanzen wie Kleb- waehs und an verschiedenen Arten yon Ra- diergummimassen feststellen.

Die Tatsache, dab die grweichungspunkte zun~chst keine finmittelbare Beziehung zu ,dem Kurvenverlauf aufzuweisen scheinen, zeigt, .dag sich offensichtlich hier die relative physikalisehe Un,definiertheit dieser Or6fie wi.ederspieffelt. Der Erw,eichungsp~nkt stellt irgendeinen Summeneffekt, allerdings b ei konstanten Megbedingun~en, dar. Er ist also wenig geeignet, exakte Aussagen und Zu- sammenhiinge zum Aufbau der Materialien zu gestatten. M e s s u n g e n an m a k r o m o l e k u l a r e n

S u b s t a n z e n Die n/ichste Abb.q 1 zeigt Messungen an ver-

schie.denen Kunststoffen, und zwar s,olche mit wesentlich einheitlichem chemisch, en Bau. Be- traehten wir zun~iehst.die Kurven ffir Ptexiglas: und Aeronal. Beiden gemeinsam ist.die grol3e Schleifenbreite, die ant einen relativ einheit- lichen Relaxationsmechanismus hinweist. V61- lig verschieden dagegen is tdie Temperatur- lage tier Dispersion. Beide Substanzen sind Acryls~iurederivate, die sich in ihrem Erwei- chungsintervall unterscheiden. Das Acronal enth/ilt Oruppen, .die eine i n n e r.e Weichma-

~7) Ober allgemeine I)iskussion yon Relaxa- t ionsspektren als Funkt ion der Temperatur , in dieser Zeitschrift demn/ichst.

es) Das Acronal zeigt neben einer ausgepr/igten fast .einheitlichen Relaxat ionszei tgruppe .eine zweite schw/ichere, be i langsamen Frequenzen.

g Poly-<v rot

~o ~o 30 4o sO 80 70 80 9o .~N Temperatur ln~

Abb. tl Temperaturdispersion ffir verschiedene makromolekulare Substanzen

chung verursachen, d. h. die Mikro-B r o w n- sche Bewegung schon bet erheblich geringe- ren Temperaturen zustande kommen lassen. Das Polystyrol dagegen zeigt eine sehr schmale Schleife und deutet damit die schon

. frfiher erw~ihnte starke Verschmierung im Frequenzspektrum und damit im Relaxations- spektrum an. Der Erweichungspunkt liegt /ihnlich wie beim Plexiglas.

Einen v611ig anderen Charakter besitzt alas Lupolen H (Poly~ithylen). Zwar ist bet ihm auch die Schleifenbreite gering und damit das Erweichungsintervall eng. Augerdem aber ist gegenfiber dem Polystyrol im Tempera- turdiagramm der Abfall des Elastizit~itsmo- duls fiber ein groges Temperaturintervall ausgedehnt. In den mechanischen Eigen- schaften unterscheiden sich Lupolen H und beispielsweise Plexiglas-Polystyrol dadurch, dag die letzteren einen mehr glasartigen Ha- bitus, das erstere dagegen ein.en hornartigen Charakter besitzen. Die physikalischen Unter- schiede bestehen darin, dab das Lupolen

�9 einen te:ilweise kristallinen Aufbau mit ei- nero wahrscheinlic.h auch mit der Temperatur variierenden kristallinen Anteil besitzt, w/ih- re;n,d ,die beiden and, eren Substanzen vSllig amorphe Lagerung tier M,ot,ekfile zeigen.

Das Vinifol hat einen zwischen beiden Typen liegenden Kurvenverlauf. Es besteht aus naeh'chl.oriertem Polyvinylchlorid.

Aus diesen typischen Kurven, ausgew/ihlt aus tier Oesamtheit des Oemess.enen, wird ersichflich, dab man auch-auf die Struktur yon hochmolekularen Substanzen gewisse Schliisse aus tier Untersuchung der mechani- schen Dispersion ziehen kann.

W e i c h m a c h u n g In besonders starker Weise werden die

elastischen Eigenschaften hochpolymerer Sub- sfanzen durch denZusatz yon Weichmachern ge~n.dert. In der Abb. 11 stellte das Paar Acronal-Plexiglas ein Beispiel fiir die in- n e re Weichmachung dar, bei der die Her- absetzung des grweichungspunktes durch ginbau geeigneter Atomgruppen oder gin-

Page 10: Zum plastisch-elastischen Verhalten der Materie III

Ba~a tti ] F.H. Mfiller, Zum plasfisch-.elastischen Verhalfen der Materie III 11 Hef~ I (1949)J

polymerisafion anderer monomerer Reste erfolgt.

Es war zweifellos interessant festzustellen, in welcher Weise die elastische Dispersion auf die ~i u g e r e Weichmachung reagiert, die durch Zumischung niedermolekularer Sub- stanzen zu den Hoehpolymeren erfolgt.

Abb. 12 bis 14 stellen einige Vorversuche dar. W~ihrend das reine Oppanol bei etwa 80 C schon eine Dispersi.on innerhalb des Megbereiches unserer Apparatur zeigt, wird diese durch Zumischung yon etwa 200/0 Lu- polen N unterdrfickt.

�9 Io-= 1o "~ " 4 ......... 40 t"0o FtequeazY'/mln

Abb, 12 Frequenzdispersion fftr Oppanol und Oppanol-Lupolen N-Gemiseh

9- ~ ~" "f58.Olmln ~ ~.5221mln

Z " "

i mguop~.en t :!] ~ 2 3o ,~ 3o 6"o ..... ~'o S.O .... 9"o .Ibo

Temgeratur inaC

Abb. 13 Temperaturdispersion f~r Polyet;rol und Polystyrol-Chlo- phen A 50

* ~=45~O lmin

21, . . . .

'~'2-

I ~b ~'o 40 ~o '~b qo s'o ~o ~bo

Temperafur in ~

Abb. 14 Temperaturdispersion f~r Lupolen H 0aochpolymer) trod Lupolen H+N-Gemisch (N=nlederpolymer, Lupolen=Polyathylen).

Bei Polystyrol ergibt sich dureh eine Zu- mischung yon 25% Chlophen A 50 eine Er- niedrigung ,des Erweich'ungsintervall, e;s um etwa 150 C. Oleichzeitig wird d i e Schleife zwisehen den Kurven verschiedener Frequenz wesentlich breiter, was auf eine Konzentrie- rung des verschmierten Relaxat~onsspektrums des reinen Polystyvois 'hindeutet.

Auch bei Lupolen H ergibt sich durch Zu- mischung yon :niederp,olymerem Lupolen N auger einer Verschiebung des Erweichungs-

intervaltes nach tieferer Temperatur eine ge- tinge Verbreiterung der Schleife (Abb. 14).

In Abb. 15 sind die Ergebnisse an einer Serie von mit Butylphthalat weichgemaelatem Polystyrol ~9) eingetragen. Mit steigendem Weichmaehergehalt verschiebt sich naturge- ,miig wiederum das Erweichungsintervall nach tieferen Temperaturen. Dabei fNlt auf, dab die Versehiebung zwischen 30 und 400/0 Zu- satz ausgeprfigter zu sein seh, eint als die von 20 auf 30 bzw. 10 auf 200/0. Wenn diese Befunde sich an sp~iteren fiber diese Mes- sungen hinausgehenden Versuche best~itigen

8

Ternperatur in ~

Abb. '15~ Nnder~ng der Temperaturdispersion yon Poly~tyrol durchWeiehmachung mit Butylphthalat. Konzentration in Gewlcht~-

Prozenten

sollten, dann ergibt sich vielleicht auch yon h'ier aus eine M6glich'keit zu erkenn.en, yon welcher Konzentrati.on an nicht mehr s~imt- liche Weichmacher durch die Makromolekfile s.olvafisiert we~den k6nnen3~ Wesentlieh de'utlicher und eind,eufiger ausgepr/igt ist wie- derum der Effekt der Ver/inderung yon Form und Breite der Schleife2 Das Breiterwerden bedeute t - -wie auch aus Frequenzdiagram- men, .die leider v, ertoren ginger, sich be- st/itigen lieg - - ei n e K o n z.e,I1 t r i.e rfl n g d e s R e l a x a t i o n s ' s p e k t r u m s . Der Rela- xationsmechanismus wird in Richtung a u f eine einheitliehe Relaxafionszeit vereinfacht. Aus der genauen Betrachtung ergibt sieh ferner, .dab der zun/ichst steilere Abfall mit steigendem Weiehm'.a'chergehalt etwas fladh;er w i rd ,be i sehr hohem Weichmachergehalt jedoch wiederum steiler. Dies unterstfitzt den zuerst erw~hnten Schlug, dab bei h6chstem Weichmachergehalt nicht mehr s~imtliche Weichmacher solvatisiert sind. Es bedeutet n~imlich, dab sich zun~ichst das Erweichungs- intervall verbreitert, bei h6chstem Weich- machergehalt jedoch wieder schm/iler wird. Der reine Weichmacher .-- als niederpoly- mere Substanz - - wfirde ein sehr enges Er- weichungsintervall, vielleicht einen definier-

s ch)e eD]leeS-e HaSUboSfgrnZsSe~eernzei~VUrlrd~nanlV~ Weise zur Verffigung gestellt.

s0) Vergl. F. Wfirstli~n, KolMd-Z. 113, 18 (1949),

Page 11: Zum plastisch-elastischen Verhalten der Materie III

12 F.H. MOiler, Zum plastisch-elastischen Verhalt.en der Materie IlI [ Kolloid. I Zeitsehrift~

ten Schmelzpunkt besitzen3~). Werden Be- reich'e von reinem, nicht sotvatisi,ertem Weich- macher in erheblichem Mal3~ eingelagert, dann ist diese Verengerung des Erweichungs- intervalles zu verstehen. Die ,~nderung der Oestalt der Schleife soll sp/iter, bei Vor- liegen weiteren Materials, diskutiert werden.

Die n~ichste Abb. 16 mit Polyvinyiazetat und Amylphthalat 3~) best/ifigtim wesen•

7

5

~o 2'o sO ~b 5o Gb ~o Temperotur itt ~

Abb. 16 Weichmacherwirktmg yon Amylphthalat auf Polyvinylazetat Konzentration in Mol-O/o_

.diese Ergebnisse. Die l(urve fiir die reine Substanz konnte hier leider nicht eingezeich- net werden, weil uns reines Polyvinylazetat der zu den Mischungen verwendeten Art nicht mitgeliefert worden war und die Poly- vinylazetate in ihrem Erweichungsintervall erheblich schwankensS). Bei Polystyrol konnte unbedenklich die yon uns gemessene Probe zur Erg/inzun,g ,d,e'r t(urven v.e'rwen,d,et we~rdein.

Im n/ichsten Diagramm (Abb. 17) wurde

In Abb. 18 ist gezeigt, dab auch die Quel- lung durch Wasser sich wie eine Weich- machung auswirkt. Die Untersuchung von Acronal im Wasserbad ergab, dab die Kurven bei steigender und fallender Temperatur nicht mehr zusammenfallen, wie es bei Sub- stanzen, die kein Wasser aufnehmen, und bei Acronal in einem nichtquellenden Me- dium der Fall war. Wasser kann man trotz- dem nat/Mich nicht unter die Weichmacher z/ihlen, well bei dies,en als Be dingung vor- geschrieben ist, dab die Weichmachersub- stanz fest am makromolekularen Stoff haften soll und sich mSglichst nicht verflfichfigen daft.

Oberhaupt sind die Bedingungen, die bei der Weichmachung gestellt sind, ziemlich weitgehend: nicht nur, dab sich der Weich- reacher nicht verflfichtigen oder herausl6sen lassen soll, er soll eine Erniedrigung des Er- weichungsinfervalles bedingen, ohne die Haft- stellen des makromolekulaven Ne{zes zu 15sen. Er soll also der Substanz hoehelasfischen Charakter verleihen, ohne .dab sie deshalb mechanische Relaxation, kalten Flug z.B. zeigt35). Bei Aufnahme der Frequenzdia- gramme zu sehr langsamen Frequenzen k6nnte man das Zutreffen dieser zweiten wichfigen Bedingung ebenfalls aus dieser Art mecha- nischer Messungen erkennen.

nicht die Konzentration s,ondern die Art d, es 9 Weiehmachers 8~) variiert und durch Angabe . 7 8 1 ~

remperatur in~

10 20 30 ~0 50 60 Temperalur in ~

Abb. 17 Chemisch verschiedene Weichmacher bei glelcher moleku- later Konzentration (0,05 Mol-%) Polyvinyiacetat B 60. Weichmacher

Methyl-, Amyl-, Hexyl-, Decyl-Phthalat

derWeichmaeherkonzentration in Mol % daffir gesorgt, dag jeweils Mischungen mit gleicher Molekfilkonzentration verglichen wurden.Man erkennt, da$ eine mittlere t<ettenl/inge des aliphatischen Restes besonders grol~e weich- machende Effekte erzeugt.

81) Reine Substanzen wfirden eine Stufe mit Scharfen Ecken zeigen.

32) Siehe Anm. 39): 83) Die seinerzeitige Lage erlaubte nicht die

naehtrfigliche Anforderung des reinen Polyvinyl- acetats aus Hannover.

8~) Siehe Anm. 29).

Abb. 18 Effekt der Quellung dutch Wasser auf Acronal auf die Tern- peraturdispersion (bei auf- trod absteigender Temperatur)

Es ergibt sich damit die M6glichkeit, die W e i c h m a c h u n g in e i n e r s e h r w e i t - g e h e n d e n W e i s e zu v e r f o l g e n . Dasist an sich nicht verwunderlich, well ausdiesen Messungen letzten Endes quanfitativ die Ver- /inderungen des Relaxations:spektrums dutch den Zusatz bestimmt werden und anderer- seits das gesamte mechanische Verhalten je- der Substanz durch dieses Relaxationsspek- trum eindeufig gegenfiber jeder mechanischen Beanspruchung und Verformung gegeben ist.

30) Aus pers6nlichen Diskussionen fiber das Problem der Weichmachung mit K. W o ! f-Lud- wigshafen.

Page 12: Zum plastisch-elastischen Verhalten der Materie III

,3~na 114 ] F.H. Mfiller, Zum plastisch-elastischen Verhalten der Materie Ill 13 Heft 1 (1949)

Die W i r k u n g yon F t i l l s t o f f e n Abb. 19 zeigt nochmals neben der frfiher

schon gebrachten Mip,olamprobe Messungen an einigen weiteren Proben, die gerade zu- g/inglich waren. Die Probe 2 stimmt in ihren mechanischen Eigenschaften weitgehend mit

$-

7. ~ m

5. ~ .

~ J~" 2.

7o 2o 3o ,x so ~o 70 sO so lbo Temperotar in ~

Abb. 19 Versehiedene Mipolame I) Dieselbe Probe wie bet kbb. 4 uod 6. II) Nhnliehe Probe, III) mit erhebliehem Ffillstoffgehalt, IV)

besonders Miltebest~ndig

1 iiberein, wfihrend die Probe 4 ein wesent- Itch niedrigeres Erweichungsintervall besitzt und damit eine grSfiere K~iltebest~indigkeit zeigt. Die Probe 3 enthielt einen erheblichen Anteil an Fiillstoffen. Man erkennt, dab ihr Diagramm ziemlich stark dem des Lupolens ~ihnelt. Das Erweichungsintervall ist sehr breit geworden. Offenbar wirken sich die Fiillstoffpartikel ~ihntich aus wie das Vor- harldensein von kristallinen Bereichen. Hier wiirden systematiscbe Versuche interessieren, inwieweit die Gestalt, bet anisodiametriscber Gestalt ,die Orientierung, und die Aktivit/it der Fiillstoffe charakteristische Unterschiede in den Kurven bedingen wfirden.

B e s o r l d e r e E f f e k t e Nicht in allen Fallen miissen sich die mit

steigender Temperatur aufgenommenenDia- gramme mit denen bet fallender Temperatur decken, und zwar auch dann, wenn keinerlei Quellungserseheinungen eine Rolle spielen. Dies ist der Fall bet Substanzen, die sogen. hochpolymere Thixlotropie zeiffen~G). Es ist

flasti~che Tempera turcllspersion

6 ~}~ S.Ol~,~

"<2 o

-20 -lb 6 ~b 2o sO 40 j0 " remperaturin ~

Abb. 20 I-Cummi bei auf- trod absteigender Temperatur (Polyester mit Isoeyonat vernetzt) Wertea) unmittelbar naehWiedererw/irmtmg auf Zimmertemperatur gemessen, Werte b) zwei Tage spgter ge-

messen

a6) F. H. Miil l e r , I<olloid-Z. 112, 1 (1949).

eine echte zeitliche Temperaturhysterese vor- handen. Abb. 20 gibt davon ein Beispiel. Es handelt sich um eine Substanzprobe, die diese Thixotropi.eerscheinung in besonders ausgepr/igtem MaBe zeigte37). Oeht man un- mittelbar rlach der Messung, bei.der bis --1 50 abgekiihlt wurde, auf die Raumtemperatur zurfick, so erh/ilt man .die beiden Purlkte a, die fast noch genau auf der absteigenden Kurve liegen. Erst zwei Tage sp/iter ergeben sich .die Megpunkte b, die wieder die alte Steifheit andeuten. Es handelt sich bet diesen Substanzen, wie durch r6ntgenographische Untersuchungen festgestellt werden konnte, um das AufschmeIzen der kristallinen Be- reiche und eine verzSgerte, erhebliche Zeit beanspruchende Rekristallisation.

In der letzten Abbildung (Abb. 21) ist der Messung mit Doppelbiegung n och einmal.die Messung gegeniibergestellt, bet der tordie- rende Verformung angewendet wurde. Die

a- n

l

" x~r . . t _

~13. p t e x t g t o 3

2 "I

3o 40 - so 60 70 so 90 ~oo Temperc#ur in *C

Abb. 21 Vergleich der Temperaturdispersion fiir Biegungs- trod. Torsionsverformtmg

hierbei zu erwartende Verschmierung urld gleichzeitige Erniedrigung des Erweichungs- intervalles ist deutlieh erkennbar, so dab die Clberlegenheit der Anwendung der Doppel- biegung ffir ,die mecharlischerl Dispersiorls- untersuehungen best~itigt ist. Wetter soil auf die ziemlich ausgedehnten Versuche auch mit Torsion, bet der insbesondere aueh die Abh~ingigkeit v o n d e r Amplitude geprfift wurde, hier nicht eingegangen werden.

Z u s a m m e n f a s s u n g Di.e 'hier wiedergegeben~en Resultate zeigen

also, dab M e s s u n g e r l d e r e l a s t i s c h e n D i s p e r s i o r l offenbar besonders g u t ge - e i g n e t sind, das m e e h a n i s e h e V e r - h a l t e n im e l a s t i s c h - p l a s t i s e h e n Be- r e i c h zu e r f a s s e n . Die Verformung tier Megprobe mug hierbei s.o gew/ihlt werden, .dab eine mSglichst der einfacherl Scherung

37) Ffir die i)berlassung yon I-Oummiproben danke ieh Herrn Dr. H. Pinten-Troisdorf.

Page 13: Zum plastisch-elastischen Verhalten der Materie III

14 Wachs, Umstiitter und ReitstSffer, Grenzfl/ichenverhalten l- KolloiO_- ]_ Z 8itschrift

entsprechende Deformation mit m6glichst konstanter Scherungsgesehwindigkeit fiber die gesamte Probe Verwendung Iindet. Die Doppelbiegung erlaubt .offenbar, mit dem geringsten experimentellen Aufwand diese Bedingung zu erffillen. Apparatur und Fre- qu.enzbereich wurden zun~iehst so gew~ihlt, dab der Aufwand bet Gewinnung einer vor- l~iufigen Obersicht so einfach wie mSglich war.~

Auch bet .der Wahl der Megproben wurde zun~chst auf alle gerade greifbaren Substan'- zen mit plastischem Verhalten zurfickgegrif- fen, ohne Rficksicht darauf, .ob ihre Zusam- mensetzung .definiert war oder nicht.

Eine Bitumenprobe und das Acronal zeigten fast genau .den theoretisch als L6sung der M a x w e 11 schen Differentialgleichung ermit- telbaren Frequenzveflauf; aber auch ve~'schie- dene kautschukartige Substanzen ergaben schon charakteristische Unterschiede, ~obwohl man in erster Niiherung innerhalb des un- tersuchten Frequenzbereiches konstanten E- Modul erwartet h/itte.

Zu tier dielektrischen Dispersion bestehen enge Beziehungen, und auch zwischen Tem- peratur- und Frequenzdispersion liigt sich ein ,,Obersetzungssehlfissel" angeben. Aus Frequenzkurven, die anders als die LSsung der M axw e llschen Differentialgleichung bet Vorliegen eines einzigen Relaxations- mechanismus mit einheitlicher Relaxations- zeit verlaufen, ergibt sich d u r e h m a t h e - m a t i s c h e A n a l y s e das R e l a x a t i o n s -

z e i t s p e k t r u m der Substanz, dessen Kennt- nis das Verh.alten gegenfiber ein.er beliebigen mechanischen Beanspruchung voraussagen l~igt. Messungen an Bitumenproben und Wachsen erlauben offensichtlich A u s s a g e n f iber i h r e t e c h n i s c h e A n w e n d b a r - k eit. Messungen an makrom.olekularen Sub- stanzen ergeben offensiehflich Z u s am m e n- h~inge mit d e r m o l e k u l a r e n S t ruk tu r , tier Lagerung der Kettenmolekfile usw. Mes- sungen an weichgemachten Substanzen er- geben w e i t g e h e n d e E i n b l i c k e in d e n M . e e h a n i s m u s d e r W e i c h m a c h u n g , wobei b e s o n d e r s auff~i l l ig die Ver - e i n h e i t l i c h u n g , d e s R e l a x a t i o n s m e - c h a n i s m u s d u t c h den W e i c h m a c h e r gezeigt wivd. Die W i r k u n g yon Frill- s t o f f e n scheint tier Auswirkung kristalliner Bereiche zu fihneln. Schlieglich sind aueh Sondererscheinungen wie die h ochmoleku- lare Thixotropie erkennbar.

Die U n t e r s u e h u n g e n f iber d ie e la- s t i s c h e D i s p e r s i o n e r w e i s e n s ich d a m i t als e ine n e u e s e h r w e i t g e - h e n d e M e t h o d e , f iber das m e c h a n i - s c h e V e r h a l t e n b e l i e b i g e r S u b s t a n - z e n, sowohl aus tier Gruppe der Kunststoffe wie aus tier der Wach's,e, Kitte und Asphalte, w . e i t g e h e n d e E i n b l i c k e z u g e w i n n e n .

Ftir die sorgfiiltige Durchftihrung der Mes- sungen danke ich Frl. Elfriede H e y e und Frau Ingeborg S e b e n i n g , beide Leipzig.

Aus dem Institut far Ernghrung und Verpflegungswissenschaft Berlin-Dahlem

Ober das Orenzf l i i chenverha l t en h o m o l o g e r Fetts~iuren und Paraf f ine Iron Werner Wachs, Hans Umsti~tter und dosef l~eitst6tter

Mit 10 "Abbildungen (Eingegangen am 3. August 1949)

I. Theoretischer Tell A l t e r n i e r e n d e s V e r h a l t e n h o m o l o -

g e r F e t t s ~ i u r e n Beobachtungen bet Untersuchungen fiber

die Paraffinoxydafion lieBen u.a. auf die MSglichkeit einer katalytischen Lenkungder Reaktion sc~hlieBen. Eingehendere Versuche mit dem Ziele, eine kfmstliche Vermehrung der Ausbeute an bestimmten ge:radzahligen Fettsiiuren zu erreichen, erschienen nicht ohne Aussicht auf Erfolg.

Es sollten daher die Eigenschaften unier- sucht werden, die eine Vertiefung unserer Kenntnisse fiber den Mechanismus der se- lektiven Katalyse ermSglichen. Wir ver- suchten daher, diese Eigenschaften mit dem

~alternieren,den Verhalten d er hom ologen Eett- s~iuren und Paraffine in Beziehung zu bringen. Auffallend ist dabei, dab besonders die Na- tur, die vorwiegend hShermolekulare Ver- bindungen aufbaut, eine Selektivit~it erreicht, die die Forsehung an diesen Verbindungen bisher vergeblich zu verwirklichen versuehte. Bekannt ist, daB gerade auf dem Gebiete ,der Hoehpolymeren die Gemische mit stei- gendem Molgewicht immer polymerer wer- den. Dies ist verst/indlieh, da die alternieren- den Eigenschaften z.B. beim Schmelzpunkt, bet tier Sehmelzw~irme und dergleichen mit dem Molekulargewicht immer mehr abneh- men, wie die Kurven 1--3. zeigen:

Um so erstaunlieher war die Beobachtung