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Klin. Wsehr. 50, 985 (1972) © by Springcr-Verlag 1972 Editorial Zur Bestimmung der MethionimSynthetase in menschlichen Geweben und ihrer biologischen Bedeutung L. Jaenieke and R. Gross Institut fiir Bioehemie der Univcrsitiit zu KSln (Direkter: Prof. Dr. L. Jaenieke) und dcr Medizinisehen Universiti~tsklinik KSln (Direktor: Prof. Dr. R. Gross) Summary. Methionin synthetase is a key enzyme in Zusammen/assung./~Iethionin-Synthetase is~ein Sehliissel- nucleoprotein synthesis. A simple method for its routine enzym in der Syathese yon Nuclcoproteiden. Ein cinfaches estimation was developed. Sequential determinations ~may Verfahren fiir die routinemiiBige Bcstimmung wurde in unse- become an important parameter in cell metabolism, especially ren Arbeit~kreisen entwiekelt. Die Kon~rolle dieses Enzyms in relation to diagnostics and therapy of neoplastic diseases, li~13t wich~ige Ergebnisse, besonders ffir die Diagnose und Therapie bSsartiger Erkrankungen, erwarten. Nucleins/iure- und Proteinsynthese stehen in vielfa. eher molekularer Weehselbeziehung. Bei der Transkrip- tion (Umkopieren der genetischen Information) werden Ribonueleotide wiederholt an der DIqA-Matrize zu mRNA polymerisiert. Die dadureh vervielfaehte gene- tisehe Information wird dann den Ribosomen zuge- ffihrt und durch den Vorgang der Translation (~er- setzung der genetisehen Information) in Amlnos/£ure- sequenzen, also sehlieBlieh Enzymprotein, iibersetzt. Die in beiden Stufen der makromolekularen Synthesen benutzten Grundbausteine [1] werden in der Zelle aus kleinen Molekfilen und Motekfilbruchstfieken aufge- baut. Eine wesentliehe Rolle hut hierbei die Einkohlen- stoffeinheit, die dutch den Cofaktor Tetrabydrofol- s/~ure (Co-enzym F) ffir die Biosynthese bereitgestellt wird [2]. Als Ameisens/iure bildet sic mit diesem Cofaktor ,,aktives Formiat" (Formyl-Tetrahydrofol- s~.ure) und wird ~fir den Anfbau der Purine und die Bereitstellung yon Formyl-Methionin verwendet, mit dem die Protein-Synthese an den Ribosomen stets beginnt. • Der ,,aktive t~ormaldehyd" (Methylen-Tetra- hydrofols~ure) entsteht aus Serin und ist der unmittel- bare C1-Donator ffir die Thymidylat-Synthese, der mittelbare fiir die Bildung der essentiellen Aminos~ure Methionin un4 damit der ,,labflen Methylgruppen", die aus aktiven Methionin (S-Adenosylmethionin) stammen und sieh in tRNS, Cholin, Lecithin und vielen anderen Lipiden linden. Bei der Biosynthese yon Methionin wird zun~chst Methylen-Tetrahydrofolsiiure zu ,,ak~'vem Methyl" (Methyl-Tetrahydrofols~ure) re- duziert und mit diesem sehlieBlich dutch Methionin- synthetas% einem Vitamin Blu-Enzym , Methionin ge- bildet. Die hier in groBen Linien gesehilderten Biosyn- these-Zusammenh~nge lassen verstehen, weshalb diese Stoffwechselwege aueh das Interesse des Klinikers gefunden haben. Es hut sieh gezeigt, daI~ die Enzym- aktivit~ten tier F.olatenzyme and der mit ihnen zu- sammenh~ngenden makromolekularen Synthesen bei proliferierenden Zellen erheblich andere Niveaux haben als in normalen. Dies ist eingehend fiir die mit der Thymidyls/iure- und damit der DNA-Synthese 68 a Klin. Wschr., 50. ;[ahrg. verbundenen Enzyme (Thymidin-Kinase, Thymidylat. Synthetase und Dihydrofolat-Reductase), sowie fiir die Folat-Formylase und die Serin-Aldolase gezeigt worden. Aus dem erarbeiteten experimentellen Mate- rial haben sieh nfitzliehe Enzym-Analysen ~fir Dia. gnose, Therapie und Verlanfskontrollen yon Krank- heiten, besonders Neoplasien, ergeben. Da sieh solehe Untersuehungen am einfaehsten mit peripheren Zellen ansfiihren lassen, hat besonders die Therapie der Leukosen daraus Vol~eile gezogen. Die zentrale Rolle des Methionins als EiweiBbau- stein, Protein-Synthese. Initiator und als Methyl- donator zur Modifizierung yon Nueleins~uren l~Bt er- warren, dab die Aktivit~t der Methioninsynthetase einer ganz besonders einschneidenden Kontrolle imter- liegt, zumal dies Enzym gleiehzeitig Sehnittpunkt zweier wiehtiger Vitamine, der Folsi~ure und des Vitamin BI~ ist. Bisher hat die umst~ndtiehe und anf- wendige Analysenteehnik Routinemessungen dieses einzigartigen Folatenzyms so erschwert, dab sein Ver- halten im normMen und pathologisch ver~nderten Stoffwechsel noeh unbekannt ist. Dureh die Adaptie- rung eines verh~ItnismiiBig einfaehen Verfahrens anf die Zweeke des klinisehen Laboratorinms ist nun diese Lfieke gesehlossen. Die ersten Ergebnisse fiber Akti- viti~t und Aktivit~tsver~indertmgen der Methionin- synthetase in Blutzellen lassen vermuten, dab damit nieht nur grlmdlegende, sondern aueh kliniseh rele- vante Aussagen fiber die Regulierung der Synthesen l~ueleins~uren und Proteinen, sowie der verffigbaren Menge an Fols~ure.Cofaktoren mSglieh gemaeht werden. Literatur 1. Gallo, R. C.: Synthesis and metabolism of DNA and RNA precursors by haman normal and leukemic leukoeytes. Acta haemat. {Basel) 4~, 136---158 (1971). 2. Jaenicke, L., WiImanns, W.: Der Stoffwechsel der F olsi~uro and dcr Einkohlenstoffeinheiten. Klin. Wsehr. 41, 1029-- 1038 (1963). Prof. Dr. L. Jaenicke Prof. Dr. R. Gross Phys.-chem. Inst. der Univ. Medizinisehe Univ.-Klinik D-5000 KSln 1 D-5000 KSln-Lindenthal An der Bottmiihle Bundesrepublik Deutschland

Zur Bestimmung der Methionin-Synthetase in menschlichen Geweben und ihrer biologischen Bedeutung

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Page 1: Zur Bestimmung der Methionin-Synthetase in menschlichen Geweben und ihrer biologischen Bedeutung

Klin. Wsehr. 50, 985 (1972) © by Springcr-Verlag 1972

Editorial

Zur Bestimmung der MethionimSynthetase in menschlichen Geweben und ihrer biologischen Bedeutung

L. Jaenieke and R. Gross Institut fiir Bioehemie der Univcrsitiit zu KSln (Direkter: Prof. Dr. L. Jaenieke)

und dcr Medizinisehen Universiti~tsklinik KSln (Direktor: Prof. Dr. R. Gross)

Summary. Methionin synthetase is a key enzyme in Zusammen/assung./~Iethionin-Synthetase is~ein Sehliissel- nucleoprotein synthesis. A simple method for its routine enzym in der Syathese yon Nuclcoproteiden. Ein cinfaches estimation was developed. Sequential determinations ~may Verfahren fiir die routinemiiBige Bcstimmung wurde in unse- become an important parameter in cell metabolism, especially ren Arbeit~kreisen entwiekelt. Die Kon~rolle dieses Enzyms in relation to diagnostics and therapy of neoplastic diseases, li~13t wich~ige Ergebnisse, besonders ffir die Diagnose und

Therapie bSsartiger Erkrankungen, erwarten.

Nucleins/iure- und Proteinsynthese stehen in vielfa. eher molekularer Weehselbeziehung. Bei der Transkrip- tion (Umkopieren der genetischen Information) werden Ribonueleotide wiederholt an der DIqA-Matrize zu mRNA polymerisiert. Die dadureh vervielfaehte gene- tisehe Information wird dann den Ribosomen zuge- ffihrt und durch den Vorgang der Translation ( ~ e r - setzung der genetisehen Information) in Amlnos/£ure- sequenzen, also sehlieBlieh Enzymprotein, iibersetzt. Die in beiden Stufen der makromolekularen Synthesen benutzten Grundbausteine [1] werden in der Zelle aus kleinen Molekfilen und Motekfilbruchstfieken aufge- baut. Eine wesentliehe Rolle hut hierbei die Einkohlen- stoffeinheit, die dutch den Cofaktor Tetrabydrofol- s/~ure (Co-enzym F) ffir die Biosynthese bereitgestellt wird [2]. Als Ameisens/iure bildet sic mit diesem Cofaktor ,,aktives Formiat" (Formyl-Tetrahydrofol- s~.ure) und wird ~fir den Anfbau der Purine und die Bereitstellung yon Formyl-Methionin verwendet, mit dem die Protein-Synthese an den Ribosomen stets beginnt. • Der ,,aktive t~ormaldehyd" (Methylen-Tetra- hydrofols~ure) entsteht aus Serin und ist der unmittel- bare C1-Donator ffir die Thymidylat-Synthese, der mittelbare fiir die Bildung der essentiellen Aminos~ure Methionin un4 damit der ,,labflen Methylgruppen", die aus aktiven Methionin (S-Adenosylmethionin) stammen und sieh in tRNS, Cholin, Lecithin und vielen anderen Lipiden linden. Bei der Biosynthese yon Methionin wird zun~chst Methylen-Tetrahydrofolsiiure zu ,,ak~'vem Methyl" (Methyl-Tetrahydrofols~ure) re- duziert und mit diesem sehlieBlich dutch Methionin- synthetas% einem Vitamin Blu-Enzym , Methionin ge- bildet.

Die hier in groBen Linien gesehilderten Biosyn- these-Zusammenh~nge lassen verstehen, weshalb diese Stoffwechselwege aueh das Interesse des Klinikers gefunden haben. Es hut sieh gezeigt, daI~ die Enzym- aktivit~ten tier F.olatenzyme and der mit ihnen zu- sammenh~ngenden makromolekularen Synthesen bei proliferierenden Zellen erheblich andere Niveaux haben als in normalen. Dies ist eingehend fiir die mit der Thymidyls/iure- und damit der DNA-Synthese

68 a Klin. Wschr., 50. ;[ahrg.

verbundenen Enzyme (Thymidin-Kinase, Thymidylat . Synthetase und Dihydrofolat-Reductase), sowie fiir die Folat-Formylase und die Serin-Aldolase gezeigt worden. Aus dem erarbeiteten experimentellen Mate- rial haben sieh nfitzliehe Enzym-Analysen ~fir Dia. gnose, Therapie und Verlanfskontrollen yon Krank- heiten, besonders Neoplasien, ergeben. Da sieh solehe Untersuehungen am einfaehsten mit peripheren Zellen ansfiihren lassen, hat besonders die Therapie der Leukosen daraus Vol~eile gezogen.

Die zentrale Rolle des Methionins als EiweiBbau- stein, Protein-Synthese. Initiator und als Methyl- donator zur Modifizierung yon Nueleins~uren l~Bt er- warren, dab die Aktivit~t der Methioninsynthetase einer ganz besonders einschneidenden Kontrolle imter- liegt, zumal dies Enzym gleiehzeitig Sehnit tpunkt zweier wiehtiger Vitamine, der Folsi~ure und des Vitamin BI~ ist. Bisher hat die umst~ndtiehe und anf- wendige Analysenteehnik Routinemessungen dieses einzigartigen Folatenzyms so erschwert, dab sein Ver- halten im normMen und pathologisch ver~nderten Stoffwechsel noeh unbekannt ist. Dureh die Adaptie- rung eines verh~ItnismiiBig einfaehen Verfahrens anf die Zweeke des klinisehen Laboratorinms ist nun diese Lfieke gesehlossen. Die ersten Ergebnisse fiber Akti- viti~t und Aktivit~tsver~indertmgen der Methionin- synthetase in Blutzellen lassen vermuten, dab damit nieht nur grlmdlegende, sondern aueh kliniseh rele- vante Aussagen fiber die Regulierung der Synthesen l~ueleins~uren und Proteinen, sowie der verffigbaren Menge an Fols~ure.Cofaktoren mSglieh gemaeht werden.

Literatur 1. Gallo, R. C.: Synthesis and metabolism of DNA and RNA

precursors by haman normal and leukemic leukoeytes. Acta haemat. {Basel) 4~, 136---158 (1971).

2. Jaenicke, L., WiImanns, W.: Der Stoffwechsel der F olsi~uro and dcr Einkohlenstoffeinheiten. Klin. Wsehr. 41, 1029-- 1038 (1963).

Prof. Dr. L. Jaenicke Prof. Dr. R. Gross Phys.-chem. Inst. der Univ. Medizinisehe Univ.-Klinik D-5000 KSln 1 D-5000 KSln-Lindenthal An der Bottmiihle Bundesrepublik Deutschland