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W. HENNIG: Bewertung des Fettgehaltes yon Fleiseh- und Wurstwaren 369 Der Chloroform-Extrakt wird durch ein t~altenfi]ter in einen 200 ml-Stehkolben filtriert. Das LSsungsmittel wird bis ungef~thr auf 30 ml abdestilliert. Die verbleibende Flfissigkeit wird ab- gekiihlt und in einen 100 ml-Kjeldahl-Kolben (es werden 2 Siedeperlen zugesetzt) fiberfiihrt. Den Kolben stellt man zum weiteren Abdampfen auf das Wasserbad. Es wird jedoeh nicht bis zur Troekne eingedampft, sondern der letzte Rest mit Vakuum abgesaugt. Der Riiekstand wird mit 4 ml konz. Sehwefelsi~ureversetzt und etwas Selenreaktionsgemisch zugegeben. Die Schwefels~ure soll etwas einwirken, d. h. man liil~t den Kolben kurze Zeit stehen und setzt ihn erst dann auf den Aufsehlugapparat. Der fertige Aufsehlug muB klar und farblos sein. Danaeh fiihrt man eine Stickstoffbestimmung dureh. Als Indicator ffir die Titration wird Universal-Indicator Nr. 5 angewandt. Der Umsehlagspunkt ist dann erreicht, wenn eine Grau- farbung eintritt. Berechnung: ml 0,01 n.Sehwefels/~ure - - (Blindwert) -0,032 = % Coffein im eoffeinfreien Kaffee. Zusammen/assung Die bekannten klassisehen und die neuen, in den letzten 12 Jahren ersehienenen 5{ethoden zur Bestimmung des Coffeins im eoffeinfreien R6stkaffee wurden fiberiorfift und miteinander verglichen. Eine yon uns modifizierte Methode wurde als neue offi- zielle Routine-Methode empfohlen. Es wurde weiter vorgesehlagen, den CoffeingehMt f/Jr Mle in den EWG-Lgndern gehandelten eoffeinfreien RSstkaffeesorten auf 0,08 % festzulegen. Literatur 1. BA~Bn~A,C. E.: Diese Z. 117, 483--487 (1962). 2. MA~ELLI, G., u. P. MAsrci)ri: J. Ass. off. agric. Chem. 44, 3 (1961). 3. t)OLZE~LA,L. : Laboratorio Comun. t~oma 1961, 23--29. 4. Bow~, R. S., A. D. ASrDERSOSr and R. W. TITus: Analytic. Chem. 22, 1056--1058 (1950). 5. ]~ENDI~ICH, K., 11. F. E. ~OTTBOKM: Diese Z. 17, 241 (1909). 6. GROSSFELD, J., 11. G. STEINtIOFt~: Diese Z. 61, 38 (1931). 7. I~ESrDLE~,G., u. W. S~i3B]~: Diese Z. 28, 9 (1914). 8. P~ITZKEn, J., u. R. JU~GKV~Z: Diese Z. 51, 100 (1926). 9. HILGEI~,A., A. JUeJ~E~ACKU. K. Wr~MER: Diese Z. 61, 45 (1931). 10. COGGIOLA, M.: Farmaco 1951, Nr. 7, S. 890--894. 11. HADOn~, H., u. H. SUWE~:Mitt. Lebensmitteluntersuch. Hyg. 48, 63--79 (1957). Zur Bewertung des Fettgehaltes von Fleisch- und Wurstwaren, besonders von Brtihwtirsten Yon W. tIENNIG Mitteilung aus dem Chemischen Untersuchungsamt der Stadt Stuttgart Mit 1 Textabbildung (Eingegangen am 22. Januar 1963) Die Beweiskraft des Fettgehaltes ffir die Beurteilung yon Wurstwaren wird viel- fach in Frage gestellt. Von verschiedenen Seiten wurde daher der Vorschlag gemacht, den Eiweiltgehalt Ms entscheidendes Kriterium zur Beurteilung heranzuziehen (1, 2). Gegen diesen Vorschlag kSnnen nnseres Erachtens keine ernsthaften Einw~nde er- hoben werden; es trifft zweifellos zu, dag der EiweiBgehMt einer Wurst in Verbindung mit dem Fett- und Wassergehalt einen grSBeren Aussagewert besitzt als der Fett- oder Eiweiggehalt Mlein. Trotzdem erscheint es angebracht auf die Frage einzugehen, ob denn der Fettgehalt so ungeeigne~ fiir die Beurteilung yon Wfirsten ist, wie vielfaeh behauptet wird. Ferner soll untersueht werden, ob Forderungen an die statistische Z. Lebensmitt.-Untersnch., ]~and 120 25

Zur Bewertung des Fettgehaltes von Fleisch- und Wurstwaren, besonders von Brühwürsten

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W. HENNIG: Bewertung des Fettgehaltes yon Fleiseh- und Wurstwaren 369

Der Chloroform-Extrakt wird durch ein t~altenfi]ter in einen 200 ml-Stehkolben filtriert. Das LSsungsmittel wird bis ungef~thr auf 30 ml abdestilliert. Die verbleibende Flfissigkeit wird ab- gekiihlt und in einen 100 ml-Kjeldahl-Kolben (es werden 2 Siedeperlen zugesetzt) fiberfiihrt. Den Kolben stellt man zum weiteren Abdampfen auf das Wasserbad. Es wird jedoeh nicht bis zur Troekne eingedampft, sondern der letzte Rest mit Vakuum abgesaugt.

Der Riiekstand wird mit 4 ml konz. Sehwefelsi~ure versetzt und etwas Selenreaktionsgemisch zugegeben. Die Schwefels~ure soll etwas einwirken, d. h. man liil~t den Kolben kurze Zeit stehen und setzt ihn erst dann auf den Aufsehlugapparat. Der fertige Aufsehlug muB klar und farblos sein.

Danaeh fiihrt man eine Stickstoffbestimmung dureh. Als Indicator ffir die Titration wird Universal-Indicator Nr. 5 angewandt. Der Umsehlagspunkt ist dann erreicht, wenn eine Grau- farbung eintritt.

Berechnung: ml 0,01 n.Sehwefels/~ure - - (Blindwert) - 0,032 = % Coffein im eoffeinfreien Kaffee.

Zusammen/assung

Die bekann t en klassisehen u n d die neuen, in den le tz ten 12 J ah ren ersehienenen 5{ethoden zur Bes t immung des Coffeins im eoffeinfreien R6stkaffee wurden fiberiorfift und mi te inander verglichen. Eine yon uns modifizierte Methode wurde als neue offi- zielle Rout ine-Methode empfohlen. Es wurde weiter vorgesehlagen, den CoffeingehMt f/Jr Mle in den E W G - L g n d e r n gehandel ten eoffeinfreien RSstkaffeesorten auf 0,08 % festzulegen.

Literatur 1. BA~Bn~A, C. E.: Diese Z. 117, 483--487 (1962). 2. MA~ELLI, G., u. P. MAsrci)ri: J. Ass. off. agric. Chem. 44, 3 (1961). 3. t)OLZE~LA, L. : Laboratorio Comun. t~oma 1961, 23--29. 4. Bow~, R. S., A. D. ASrDERSOSr and R. W. TITus: Analytic. Chem. 22, 1056--1058 (1950). 5. ]~ENDI~ICH, K., 11. F. E. ~OTTBOKM: Diese Z. 17, 241 (1909). 6. GROSSFELD, J. , 11. G. STEINtIOFt~: Diese Z. 61, 38 (1931). 7. I~ESrDLE~, G., u. W. S~i3B]~: Diese Z. 28, 9 (1914). 8. P~ITZKEn, J., u. R. JU~GKV~Z: Diese Z. 51, 100 (1926). 9. HILGEI~, A., A. JUeJ~E~ACK U. K. Wr~MER: Diese Z. 61, 45 (1931).

10. COGGIOLA, M.: Farmaco 1951, Nr. 7, S. 890--894. 11. HADOn~, H., u. H. SUWE~: Mitt. Lebensmitteluntersuch. Hyg. 48, 63--79 (1957).

Zur Bewertung des Fettgehaltes von Fleisch- und Wurstwaren, besonders von Brtihwtirsten

Yon

W . tIENNIG

Mitteilung aus dem Chemischen Untersuchungsamt der Stadt Stuttgart

Mit 1 Textabbildung

(Eingegangen am 22. Januar 1963)

Die Beweiskraft des Fet tgehal tes ffir die Beurte i lung yon Wurs twaren wird viel- fach in Frage gestellt. Von verschiedenen Seiten wurde daher der Vorschlag gemacht, den Eiweiltgehalt Ms entscheidendes Kr i t e r ium zur Beurte i lung heranzuziehen (1, 2). Gegen diesen Vorschlag kSnnen nnseres Erachtens keine ernsthaf ten Einw~nde er- hoben werden; es trifft zweifellos zu, dag der EiweiBgehMt einer Wurs t in Verb indung mi t dem Fet t - und Wassergehalt einen grSBeren Aussagewert besitzt als der Fet t - oder Eiweiggehalt Mlein. Trotzdem erscheint es angebracht auf die Frage einzugehen, ob denn der Fe t tgeha l t so ungeeigne~ fiir die Beur te i lung yon Wfirsten ist, wie vielfaeh behaup te t wird. Ferner soll un te rsueh t werden, ob Forderungen an die statistische

Z. Lebensmitt.-Untersnch., ]~and 120 25

370 W. Hv, NNIG :

Sieherheit yon Grenzwerten im Falle yon Beanstandungen, wie sie yon L. KOTTE~ und G. LOTT (1) gestellt werden, iiberhaupt realisierbar sind.

Von L. KOTTEI~ und G. LOTT wird kritisiert, daft die bisher als hSehstzulassig angesehenen Fettgehalte vielfaeh ,,ohne realen Bezug" ermitte]t seien. Unseres Eraehtens ist die Gesamtheit aller Proben einer bestimmten Wurstsorte sehr wohl eine reale Grundlage zur Ermittlung yon Durchsehnittswerten, und zwar aueh dann, wenn Proben, bei denen auf Grund des grobsinnlichen Befundes mit einem erhShten Gehalt an Fet t oder Fremdwasser nieht zu reehnen ist, ausgesehieden worden sind, sofern nur eine geniigend grofte Anzahl yon Proben vorliegt. Dann ergibt sieh zwar ein Durchschnittswert, der eine eingehendere statistisehe Bewertung nicht als sinn- vo]l erseheinen l~ftt, aber immerhin ein Durchschnittswert, der dem Hersteller ent- gegenkommt, da er hSher liegen wird als der Durehschnitt aus der Gesamtzahl der (aueh unverdgehtigen) Proben.

Es soil nicht behauptet werden, daft der Fettgehalt in jedem Falle zur Beurteilung ausreicht ; zweifellos ist eine Wurst mit hohem Fett- und Eiweil~gehalt, aber niedrigem Wassergehalt wertvoller als eine Wurst mit demselben Fett-Eiweil~-Verh~ltnis, aber hSherem Wassergehalt. In einem derartigen Fall gibt der Fettgehalt allein tats/ichhch nut ein ungenaues Bfld. Dazu muft abet folgendes bemerkt werden:

1. Aus ern/ihrungsphysiologischen Grfinden wJrd eine BegTenzung der absoluten HShe des Fettgehaltes fiir wiinschenswert gehalten. H. J. I-IENNI~G (3) weist darauf hin, dab ,,die zur Zeit zu beobaehtende iJberfettung der Fleiseherzeugnisse, ins- besondere der Wiirste, allen ern/ihrungsphysiologischen Grundsatzen widersprieht".

2. Wiirste mit abnorm niedrJgem Wassergehalt sind selten. In der gegel sind sie bereits grobsinn]ich zu erkennen; der hohe absolute Fettgehalt beeintr/iehtigt ihren Genuftwert deutlich.

Es sollte an sieh keiner]ei Meinungsverschiedenheiten dariiber geben, daft ein Durehsehnittswert nieht als HSchstgrenze angesehen werden kann. Es ist aber zu beriieksiehtigen [aueh A. F. LIN~)~E~ und W. STADEL~A~N (2), W. DECKENBROCK (4) und F. MATT (5) maehen auf diesen Gesichtspunkt aufmerksam], daft dureh Ver- /~nderungen der Gewerbeiibliehkeit, etwa dureh das Bestreben, erhShte Fettmengen in Briihwfirste einzuarbeiten, die Durchsehnittswerte immer naher an die HSehst- grenze heranriicken. Wollte man daraus sehlieften, der tISehstwert miisse der ver- ~inderten Gewerbeiiblichkeit angepaftt werden, so wtirde die Gewerbetibliehkeit sich sozusagen selbst legitimieren. Die Interessen des Verbrauchers w/iren bei einer solehen Entwieklung in keiner Weise geschiitzt. Durehschnittswert und HSehstgrenze kSnnen sieh also tats~ehlieh reeht nahe kommen; es w/£re trotzdem verfehlt, einer ItSehstgrenze unter diesen Umst/~nden den ,realen Bezug" abzuspreehen.

Von L. KOTTEg und G. LOT~ (1) wird die Meinung vertreten, daft ,strafrechtlieh beachtliehe Grenzwerte um das erforderliehe VieKaehe der Streuung (mittlere qua- dratische Abweichung) fiber (bei wertbestimmenden Anteflen: unter) dem Durch- schnittswert liegen miissen, um mit definierter Wahrseheinlichkeit unbereehtigte Beanstandungen aussehlieften zu kSnnen".

Abgesehen davon, daft naeh der fiblichen Terminologie die mittlere quadratisehe Abweichung nieht als Streuung bezeichnet wird, bestehen Bedenken, diese statistischen Begriffe hier zu verwenden. Die Gr/inde ftir diese Bedenken sollen eingehend dar- gelegt werden.

Die Berechnung eines Mittelwertes aus einer ausreiehenden Probenzahl und die Bereehnung der mittleren quadratisehen Abweiehung (iiblicherweise als Standard- abweiehung bezeichnet) geben die MSglichkeit, die Genauigkeit eines Meftverfahrens

Bewertung des Fettgehaltes von Fleiseh- und Wurstwaren, besonders von Briihwiirsten 371

oder einer Analysenmethode oder der nattirliehen Verteilung einer biologischen Meg- gr6ge zu iibersehen, das heiBt, sieh ein Bild davon zu machen, welches Ausmag die zufallsbedingten Abweiehungen yon einem Mittelwert oder dem wahren Weft haben k6nnen. Zum Beispiel k6nnte auf diese Weise ein Oberblick fiber den nat/irlichen Pettgehalt des Muskelfleisehes, in dem der Fettanteil nicht erkennbar ist, gewonnen werden.

Die tIerstellung yon W/irsten erfolgt nieht nach v611ig feststehenden Rezepten; der Hersteller hat in der Rezeptur einen mehr oder weniger grol3en Spielraum und ben6tigt ihn aneh insofern, als er die nntersehiedliehen Eigenschaften des Rob- materials ber/ieksiehtigen muB. Nach den hiesigen Gepflogenheiten ist es nun nieht so, dal3 etwa ein bestimmter, zahlenmgl3ig fixierter Fettgehalt allgemein angestrebt wfirde. Nut dann k6nnten Abweichungen als zufallsbedingt (durch unterschiedliehe Zusammensetzung des Rohmaterials) angesehen werden. Hier sell darauf aufmerksam gemacht werden, dab die Einhaltung yon 1Rezepturen bzw. Richtwerten durehaus m6glieh erseheint. ])as Untersuehungsmaterial yon W. D~c~{E~vSRocx (4) beweist, dab sehon bei feststehender l~ezeptur -- ohne festgelegte lgichtwerte -- wesentlich geringere Sehwankungsbreiten erhalten werden als bei unserem Material. Die ,,DDR- Standards ffir Brfihw/irste" (6) sehreiben t{ichtwerte vet. Es f/~llt auf, dab die Tole- ranzen -- also die Differenzen zwischen Rieht- und tI6ehst- (bzw. Mindest-)wert -- reeht gering sind, Sic betragen h6chstens 5%, zum Teil (bei Wiener Wiirstehen) nut 2% (absolnt). In welchem Umfang diese Anforderungen eingehalten werden, ist uns nicht bekannt. Es ist jedenfalls anzunehmen, dab die Werte auf Grund von umfang- reiehem Untersuehungsmaterial festgelegt sind und eingehalten werden k6nnen. Es ist wohl auch kein Zufall, dag die yon W. D~CKENm~OOK (4) mitgeteilten Werte f/Jr Jagdwurst sich fast vSllig mit den Forderungen des betreffenden Standards deeken, obwohl hier gewig keinerlei/~uBerer Zusammenhang besteht.

Die bei Brfihwfirsten auftretenden Sehwankungen des Fettgehaltes umfassen einen reeht groBen Bereieh. Zum Beispiel sehwanken die Fettgehalte der im Jahre 1962 hier untersuehten Lyoner Wfirste zwisehen 16,0 und 58,6% ; in beiden Fgllen handelt es sieh um extreme Werte, die aus dem Rahmen des NorInalen herausfallen. Aus sehr grogen Sehwankungsbreiten ergibt sich zwangsl£ufig ein hoher Wert fiir die mittlere quadratisehe Abweichung. Auf die sieh hieraus ergebenden Konsequenzen wird noeh eingegangen.

Unter diesen Umst~nden ist zu fragen, ob die Verteilung der Fe~tgehalte (abet auch der anderen Gehalte) einer Wurstsorte /iberhaupt eine Normalverteilung, die ja nut dureh den Zufall beeinfluBt ist, darstellt. Es fgllt n~mlieh auf, dab die }I&ufig- keitsverteilungen der Analysenwerte bei Kollektiven in der GrSl3enordnung um 100 Proben vielfaeh nieht exakt symmetriseh (urn den Mittelwert verteilt) liegen, also nieht einer Gaul3sehen Kurve entspreehen. Die unsymmetrisehe Verteilung ist aueh bei den von A. F. LI~D~c~x und W. STADEL~A~V dargestellten tIgufigkeitsverteilun- gen zum Tell festzustellen. Daraus ist zu sehliegen, dag keine Normalverteilungen vorliegen. Ob bei wesentHeh gr6Beren Probenzahlen Normalverteilungen erhalten werden, kann nieht ohne weiteres gesagt werden; es hat aueh wenig Sinn, Werte aus anderen, wom6glieh entfernteren Gebieten zu ~bernehmen oder auf Werte aus frfihe- ten Jahren zurtiekzugreifen und alle diese Werte zu einem Kollektiv zu vereinigen.

- - tIinsichtlich des Fettgehaltes kann vermutet werden, dag der G-fund ffir die un- symmetrisehe Verteilung einerseits in dem teehnologiseh bedingten HSehstanteil an Fet t und andererseits in der sieh aus der Gewerbeiibliehkeit ergebenden Beanstan- dungsgrenze liegt. Ob diese Vermutung zutrifft, ist ffir die Sehlfisse, die aus der un- symmetrisehen Verteilung zu ziehen sind, unerheblieh.

25*

372 W. Hn~:sm:

Die Verteilung der Fettgehalte ist jedenfalls nicht eindeutig zufallsbedingt, son- dern der Fettgehalt yon Wfirsten kann durchaus beeinflui~t werden. Dann aber ist die Anwendung yon statistischen Methoden, die auf l~ormalverteilungen beruhen, nicht angebracht, da die ausschliel~liche Abhangigkeit vom Zufall eine wesentliche Voraussetzung der Normalverteilung ist (7).

Andererseits sind bei einer Verteilung, die sich einer Normalverteilung nur hi,herr, doeh keine wesentlichen Abweichungen zu erwarten, wenn mit Formeln gereehnet wird, die eigentlich eine Normalverteilung voraussetzen. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob die Annahme einer Nor- malverteilung zu nennenswerten Fehlern ffihrt.

Der Metzger mul~ bei feststehender Rezeptur und deren gewissenhafter Einhultung zwar damit rechnen, dal~ die Fett- und Eiweil~gehalte seiner Produkte in ge~s sem Umfang schwanken, jedoch ist er durchaus in der Lage festzustellen, ob er eine magere oder eine fette Wurst herstellt. Das darf man einerseits seiner Berufserfahrung zu- trauen; das ergibt sich andererseits aus verschiedenen Beobachtungen [vgl. auch W. DECKENBI~OCK (4)]. SO wird hi~ufig festgestellt, da[~ die Fettgehalte yon Briih- wfirsten nach ttinweisen auf einen fiberhShten Fettgehalt erheblich fallen. Schwerer wiegt der Umstand, dab nach mehreren Gerichtsverhandlungen im vergangenen Jahr (1962), fiber die in der Presse berichtet wurde, die Fettgehalte der wesentlichen Briih- wurstsorten deutlich fielen; dariiber hinaus fielen auch die Zahlenwerte ffir den Fett- Eiweil~-Quotienten; die Verminderung der abso]uten Fettgehalte ist also nicht allein auf eine allerdings deutliehe ErhShung der Wassergehalte, sondern auf eine Verringe- rung des Fettanteils in bezug auf den Antefl an magerem Fleisch zurfickzuffihren, wie aus Tab. 1 hervorgeht.

Die Grenzen der Fettgehalte yon Lyoner Wurst im Jahre 1962 wurden bereits angeffihrt. Um die Verhaltnisse noch deutlicher zu machen, werden die Ergebnisse der Untersuchung samtlieher im Jahre 1962 im Amtsbereieh entnommenen Lyoner Wfirste (80 Proben) mitgeteilt (Tab. 1). Es ware wenig sinnvoll, die Einzelwerte an- zuffihren. Stat t dessen sind jewefls Gruppen yon 10 Proben zusammengefaBt worden, u. a. um den erwahnten Abfall fin zeitliehen Verlauf deutlich zu machen.

Die Bereehnung der mittleren quadratisehen Abweichung der Fettgehalte yore (arithmetischen) Mittelwert und die sich ansehlieBenden Berechnungen (8) ergeben folgende Werte:

durchsehnittlicher Fettgehult . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32,270/0 mittlere qu~dratische Abweichung . . . . . . . . . . . . . . . . . 6,58% Vertrauensbereich bei einer st~tistischen Sieherheit yon 95% (k ~- 1,96) 12,90°/o Vertrauensbereich bei einer st~tistischen Sicherheit yon 990/0 (~ = 2,58) 16,98°/o Demnach waren zu tolerieren: bei einer statistischen Sicherheit yon 95°/o : 45,17°/o Fett, bei einer stutistischen Sicherheit von 990/0: 49,25% Fett. Wie stark sich die groBe Sehwankungsbreite der Fettgehalte bemerkbar macht, geht daraus

hervor, da[~ die mittlere quadratische Abweichung bei Ausseheidung der extremen Werte unter 20% und fiber 50% Fett (3 yon 80 Proben) um 1,25% ~uf 5,33% fallt!

Die ttaufigkeitsverteilung der Fettgehalte, die in Tab. 2 aufgeffihrt ist, li~]~t er- kennen, dab dann nur solche Proben beanstandet werden dfirften, die ohnedies als Fehlfabrikate anzusehen sind. Tatsaehlieh weisen nur 10% der untersuchten Proben Fettgehalte fiber 40% auf. Es handelt sieh demnaeh bei Wfirsten mit mehr als 40% Fet t um nieht mehr der Gewerbefiblichkeit entsprechende Erzeugnisse, yon der Ver- brauchererwartung ganz zu schweigen. Der Verbraueher erwartet bei Lyoner eine relativ magere Wurst (es ist damit nicht gesagt, da[~ er eine Diatwurst erwartet), und aueh Metzger sind fiberwiegend dieser Meinung, wie sich aus ihren Aussagen vor Gerieht immer wieder ergibt. Es ware also wenig sinnvoll, Fettgehalte yon nur wenig unter 50% zu tolerieren.

Bewertung des Fettgehaltes yon Fleisch- und Wurstwaren, besonders yon Briihwfirsten 373

Tabelle 1. Untersuchungsergebnisse yon Lyoner Wurst im Jahre 1962 (Durchschnitte aus Gruploen yon je

10 Proben*)

Gruppe

1--8

Fet~

in %

30,96 33,14 33,40 36,46 33,82 31,38 30,58 28,43

32,27

I :RohproSein :Fett

~o ivrotein

11,61 12,51 12,71 11,23 12,56 11,46 11,85 11,65

11,95

2,76 2,68 2,65 3,35 2,98 2,76 2,58 2,49

2,785

W a s s ~ l "

Roh- protein

Tabelle 2. Hdiufigkeitsverteilung der Fett- gehalte der im Jahre 1962 untersuchten

Lyoner Wiirste

Fe~tgehalt tt/iufigkeit in % Anzahl in

yon bis %

15,0--19,9 4,91 20,0--24,9 4,21 25,0--29,9 4,08 30,0--34,9 4,50 35,0--39,9 4,12 40,0--44,9 4,79 45,0--49,9 4,72 50,0--54,9 4,97 55,0--59,9

4,534 Summe

1 4

26 28 13 3 3

1 80

1,2 5,0

32,5 35,0 16,3 3,8 3,8 1,2 1,2

100,0

Die Untersuchungsergebnisse der hier jeweils in Gruppen yon 10 Proben zusam- mengefaBten Wfirste lassen vermuten, dab eine Korrelat ion zwischen dem absoluten l~ettgehalt und dem Fett-EiweiB-Verh~ltnis besteht ; das heiBt, dab eine zu fette

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I I I I I L r [ 1 2 3 ~ 5 G 7 8

PeiP- Ei~'eiS- ~uo fi'enf

Abb. 1. Zusammenhal~g zwisehen Fett-Eiwei/3-Quotienten und absoluten Feltgehalten yon 79 Zyoner Wiirsten

Wurst in der l~egel (namlich im Durchsehnit t) dureh Verwendung zu fet ten Roh- materials erhalten wird. Das wiederum wfirde bedeuten, dab der Fet tgehal t (bis auf Ausnahmef/~lle yon wasserarmen Wfirsten) sehr wohl als Beurtei lungsgrundlage brauehbar ist.

Eine genauere Untersuehung des Zusammenhanges zwisehen absolutem Fet tgehal t und dem Fett-Eiweig-Verhiiltnis fiefert ein entsprechendes Ergebnis (Abb. 1). Es ist zu erkennen, dab sieh die die einzelnen Wertepaare darstellenden Punkte , die

* In Gruppe 1 isg nur tier Mittelwer~ des Fettgehaltes aus 10 Proben errechnet, die anderen Werte dagegen aus 9 Proben.

374 W. I-IE~NIG: Bewertung des Fettgeha]tes yon F]eisch- und Wurstwaren

sich als Sehnittpunkte der beiden als Koordinaten aufgetragenen Werte ergeben, dutch eine (nieht eingezeiehnete) Linie in ihrem Verlauf grob wiedergeben lassen. In dem Bereich, der am starksten besetzt ist (zwisehen absoluten Fettgehalten yon 25--37% und Fett-EiweiB-Quotienten yon 1,7 bis 3,2) sind die Streuungen zwar be- traehtlich, doeh ist die Tendenz deutlich sichtbar. Die Wertepaare bei hSheren Fett- EiweiB- Quotienten weiehen allerdings starker von dieser Linie ab, sofern sie als Gerade gedacht wird. Fett-EiweiB-Verhaltnis und absoluter Fettgehalt sind demnach an- seheinend korreliert; wie fett eine Wurst im Endzustand ist, hangt also in erster Linie veto Fett-EiweiB-Verhaltnis des I%ohmaterials ab und erst in untergeordnetem MaBe veto Wassergehalt. Daraus ergibt sich wiederum, dab der Fettgehalt als Beurteilungs- grundlage brauchbar ist. Von einer weitergehenden statistischen Analyse wird mit Absieht abgesehen; dazu wird vorteilhaft yon einer noeh grSBeren Probenzahl aus- gegangen.

Die Verwendung des Fett-EiweiB-Quotienten erapfiehlt sich desh~lb, weft nur dadurch zum Ausdruck kommt, welchen Fettanteil dss Rohmaterial h~tte; der absolute EiweiBgeh~lt l~Bt im vorliegenden Untersuehungsm~terial eine Korrel~tion zum Fettgehalt nicht eindeutig erkennen.

Ob sieh bei anderen Wurstsorten ahnliche Zusammenbange ergeben and ob daraus auf Allgemeingfiltigkeit -- also eine GesetzmaBigkeit -- gesehlossen werden kann, mfiBte noch festgestellt werden. Es ware daher zu begrfiBen, wenn aueh das Unter- suchungsmaterial anderer Untersuchungsanstalten daraufhin iiberprtift wiirde.

Der Verfasser glaubt gezeigt zu h~ben, dab der Fettgehalt als Beurteilungsgrund- lage durehaus seine Bereehtigung hat, obwohl eine Beurteilung auf Grund des EiweiB- gehaltes (in Verbindung mit dem Fett- und dem Wassergehalt) vorzuziehen ist. Es sell nochmals deutlich gesagt werden, dab hier nicht ,,einer schematisehen Beurtei- lung der Fettgehalte" das Wort geredet werden sell; die Festlegung yon Mindest- eiweiBgehalten, die ira Zusammenhang mit den Verhaltniszahlen Fett /Rohprotein und Wasser/Rohprotein eine siehere Beurteilung gestatten, wird vorbehaltlos bef~ir- wortet. Andererseits wird darauf verwiesen, dab nach unseren Untersuchungen (fiir die als Beispiel Lyoner Wiirste aus dem Jahre 1962 angeffihrt werden) eine Korrelation zwisehen dem absoluten Fettgehalt und dem Fett-EiweiB-Verhaltnis angenommen werden darf. Demnach ergibt aueh der Fettgehalt (his auf wenige Ausnahmefalle) ein zutreffendes Bild vonde r Zusammensetzung der Wurst.

Der bereits erwahnte (1) Aufsatz yon L. KOTTER und G. LOT~ bietet an versehie- denen Stellen AnlaB, Bedenken anzumelden. Es wird davon abgesehen, darauf ein- zugehen, sondern es sollte hier lediglich auf die Gesichtspunkte anfmerksam gemacht werden, die dem Veriasser besonders wichtig ersehienen. So ist vet allem die Forde- rung naeh einer statistischen Sieherheit yon Grenzwerten in der Form, wie sie yon L. KOTTE~ und G. Lo~T gestellt wird, zumindest ffir den ttSehstfettgehalt abzulehnen. Einerseits sind die Voraussetzungen daffir u. E. nicht gegeben, da es sich nieht um znfallsbedingte Abweichungen yon einem anzustrebenden Richtwert handelt. Noch weniger handelt es sieh um die Abweiehung eines analytisehen Verfahrens, etwa der Fettbestimmung; eine statistisehe Sicherheit daffir zu verlangen, ware auBerdem un- nftig, da bei einer sog. Vollanalyse dutch die Ermittlung mehrerer Werte eine Kon- trollmSgliehkeit besteht. Andererseits ergeben sieh auf Grund yon groBen Sehwan- kungsbreiten, mit denen bei dem Untersuchnngsmaterial der amtliehen Untersu- ehungsanstalten allgemein zu reehnen ist, zwangslaufig hohe Werte ffir die mittlere quadratisehe Abweiehung und weiterhin hohe Toleranzgrenzen (,,Vertrauensbereiche" naeh der fiblichen Nomenklatur), die im Widerspruch zur Gewerbefiblichkeit und zur Verbrauchererwartung stehen. Es ist zu vermuten, dab sich die Verfasser fiber diese Konsequenzen ihrer Forderung nicht im klaren waren. WomSg]ieh ergibt sieh aus

It. ])RUCKI~E¥: Die toxikologische Beurteilung yon Lebensmittelfarbstoffen 375

ihrem Untersuehungsmaterial, das vielleicht nieht so welt gestreute Werte aufweist, ein anderes Bild; die daraus abgeleiteten Forderungen k6nnen aber keinesfalls ver- allgemeinert werden.

Zusammen]assung

Aus der statistisehen Betraehtung der im Jahre 1962 im Amtsbereieh untersueh- ten Lyoner Wfirste ergibt sieh, dab der absolute FettgehMt der Proben mit dem l~ett- EiweiB-Quotienten korreliert zu sein seheint. Der absolute Fettgehalt erlaubt dem- naeh (bis auf wenige Ausnahmen) eine zutreffeude Aussage fiber die Wurst. Eine wei- tergehende statistisehe Analyse (etwa Bereehnung des Korrelationskoeffizienten) wurde nieht vorgenommen, da dMfir eine noeh gr6Bere Probenzahl zugrunde gelegt werden sollte.

Die Beurteilung auf Grund des Eiweil~gehaltes wird empfohlen, jedoeh soll ge- zeigt werden, dab der Fettgehalt einer Wurst als Beurteilungsgrundlage nicht so unbrauchbar ist, wie vielfaeh behauptet wird. Die Forderung naeh einer statistischen Sieherheit ffir strafreehtlich beaehtliche Grenzwerte ist -- zumindest ffir den Fett- gehalt - - abzulehnen.

Mit diesen Ausffihrungen soll ein weiterer Beitrag zu der Diskussion fiber die Notwendigkeit yon Grenzwerten, die zur Zeit in vollem Gange ist, geliefert werden.

Literatur

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Die toxikologische Beurteilung von Lebensmittelfarbstoffen

Vorl

tL DRUeKREY~ Freiburg

(Eingegangen am 15. Februar 1963)

In einem Artikel ,,Lebensmittelfarbstoffe in 43 L/tndern" yon NI~MA~ (1) wird behauptet, dab sieh GroBbritannien hinsichtlieh der zugelassenen Lebensmittelfarb- stoffe in einer viel besseren Position befgnde als die L~nder der EWG, insbesondere die Bundesrepublik, weil in diesen L~ndern eine gauze Reihe yon Farbstoffen nicht erlaubt seien, obwohl sic ,,zweifellos unseh~dlieh sind", ttierzu seheint mir eine kri- tisehe Stellungnahme notwendig, die zugleieh zu einem kurzen Berieht benutzt werden soll, um die Grundlagen ffir die Empfehlungen der Farbstoff-Kommission ffir einen weiteren Kreis zu erlgutern.

Die Feststellung, dab eine Substanz ,,zweifellos unschgdlieh" ist, kann aus der Prfifung an Versuehstieren leider aueh bei sorgf~ltiger Durehffihrung nieht einmal yon erfahrenen Toxikologen getroffen werden, well beim Mensehen nieht nur physio- logisch mit anderen Verhgltnissen zu reehnen ist, sondern aueh weitere Komplikatio- nen z. B. Krankhei ten berfieksiehtigt werden mfissen (2). Deswegen hat sieh die ,,Farb-