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"", Anzeiger ffir Sch idlingskunde Zur Biologie und Bekampfung der tierischen Spargelschidlinge. Vorliufige Mitieilungen Von Prof. Dr. Max Dtngler, GieBen. (Mit 6 Abbildungen nach photographischen Aufnabmen des Verfassers.) Seit dem Juni 1929 sind wir in Hessen mit Untersuchungen fiber die Biolog'ie und Bekampfung der Spargelinsekten beschaftigt. Als damals das starke Auftreten der Spargelfliege in der hessi- schen Provinz Starkenburg bekannt wurde, war die Saison schon so weit vorgeschritten, dab im ,lahre 1929 nut mehr orientierende Beobaehtungen und Vorversuehe gemacht werden konnten. Erst 1930, mit der Meldung yore ersten Auftreten der FliegG, setzte unsere Arbeit in vollem Umfang ein. Unsere Sammeltafigkeit ergab eine -- in An- betraeht der fast aussehliegliehen Monokultur -- erstaunlieh reiehhaltige Entomofauna des Spargel- feldes, wobei folgende 5kologisehen Gruppen unter- sehieden werden k~Snnen: a) ausgesproGhene SGhlidlinge des Spargels, b) untergeordnele Spargelinsekten, c) Zufallsgliste (polyphage Mitbewohner des Spargels), d) Insekten der Nebenpflanzen (Zwischen- nutzung, benachbarte Kulturen, Unkrauter), e) D~ingerinsekten, f) Raubinsekten und Parasitem Die yon uns im Jahre 1930 auf den Spargel- feldern des Landwirtschaftsamtes GroB-Gerau ge- sammelten Insekten verteilen sich auf die einzelnen Ordnungen folgendermagen: Diptera ca. 81 Arten Coleoptera .... ,, 78 Hymenoptera . , 40 Rhynchota .... ,, 37 , Lepidoptera ,. 16 Orthoptera . . . . . 4 ,, Neuroptera . . . . . l Art Odonata . . . . . . l Plecoptera . . . . . 1 Trichoptera .... 1 NGben zahlreichen untergeordneten Sch~llingen des Spargels (z. B. Phyllopertha horticola, Agro- myxa simplex. Eulenraupen, Drahtwfirmer) besitzt die Spargelkultur zwei wirkliche Grofisehi~dlinge unter den Insekten, ni~mlich die beiden Spargel- kafer einerseits, die Spargelfliege anderer- seits. Sis allein haben wirtschaftliehe Bedeutung und erfordern SchutzmaBnahmen ffir die Kultur in grSgerem Umfang. Anz. Schadl.-Kunde 7. Jg. Heft 4 Die beiden Kiifer, obwohl der gleiehen Gattung angehSrend, unterscheiden sich voneinander night nur in ihrem Aussehen, sondern aueh in ihrem Ver- halten. Das sehlankere, aber doeh ti~tgere ~Spargel- h~thnehen" (Crioceris asparagi L.) mit den metal- lisch dunkelgr(inen, gelblichweig gefleektGn Fl(igel- deGken und dem rotbraunen Ha[ssehild erscheint zuerst mit dem Beginn der Vegetationsperiode der Spargelpflanzen. Am 30. April 1930 fanden wir bereits an jeder Pflanze bis zu 5 KMer, die aueh alsbald mit der Eiablage begannen. DiG br~tunliehen, liinglichovalen Eier werden mit dem einen Pol an die Pflanze geklebt, und zwar so- wohl auf die Stengel (Abb. 1) und das Laub als auch -- in der Sommergeneration -- an die Friiehte. Am 1. Mai ziihlte ich an einem Spargel- trieb (2j~thrige Pflanze) 70 Eier. Bald naeh dem Hiihnehen, etwa Anfang Mai, erscheint aueh der ~ZwSlfpunktige Spargelkiifer" (Crioceris duodecimlmnctata L.) in den Kulturen. Er ist von gelbliGhroter Farbe und triigt auf den Elytren eine (gelegentlieh sctiwankende) Anzahl schwarzer Punkte. Am 4. Mai trMen wir in den Worfeldener Spargelkulturen auf 200 H~thnehen etwa 4--5 ZwSlfpunktkMer; aber auch noch am 17. Mai fanden wir auf manchen Feldern aus- sehlieglich Cr. asparagi, auf anderen beide Arten in gleicher Zahl. Bis zum 22. Mai hatte sieh das urspriingliGhe VerhNtnis umgekehrt: der ,ZwSlfpunkt" dominierte, das ~HiihnGhen" war seltener geworden. Am 30. Mai sch~tzten wit das ZahlenverhAltnis auf 12punctata : asparagi = 6 : 1. Dieses I)berwiegen des ZwSlfpunktes hielt sieh etwa einen Monat lang. Erst am 27. Juni schien uns das HiihnGhen wieder hi~ufiger zu sein. Auf einigen Feldern land es sigh sogar in Massen, auf anderen fiberwog wohl der Zwr Doeh lieg sieh am 11. Juli ein ganz fragloses f['ber- wiegen von Cr. asparagi feststellen, das wir am 25. Juli auf 12punctata : asparagi = 1 : 5 sehi~tzten. Crioceris asparagi erseheint also in seiner ersten Generation frtiher und halt in seiner zweiten langer aus als die -- mithin w~trme- bediirftigere -- Art Cr. 12punctata. 4

Zur Biologie und Bekämpfung der tierischen Spargelschädlinge

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Page 1: Zur Biologie und Bekämpfung der tierischen Spargelschädlinge

"", Anzeiger ffir Sch idlingskunde

Zur Biologie und Bekampfung der tierischen Spargelschidlinge. Vorliufige Mitieilungen

Von Prof. Dr. Max Dtngler, GieBen.

(Mit 6 Abbildungen nach photographischen Aufnabmen des Verfassers.)

Seit dem Juni 1929 sind wir in Hessen mit Untersuchungen fiber die Biolog'ie und Bekampfung der Spargelinsekten beschaftigt. Als damals das starke Auftreten der Spargelfliege in der hessi- schen Provinz Starkenburg bekannt wurde, war die Saison schon so weit vorgeschritten, dab im ,lahre 1929 nut mehr orientierende Beobaehtungen und Vorversuehe gemacht werden konnten. Erst 1930, mit der Meldung yore ersten Auftreten der FliegG, setzte unsere Arbeit in vollem Umfang ein.

Unsere Sammeltafigkeit ergab eine - - in An- betraeht der fast aussehliegliehen Monokultur - - erstaunlieh reiehhaltige Entomofauna des Spargel- feldes, wobei folgende 5kologisehen Gruppen unter- sehieden werden k~Snnen:

a) ausgesproGhene SGhlidlinge des Spargels, b) untergeordnele Spargelinsekten, c) Zufallsgliste (polyphage Mitbewohner des

Spargels), d) Insekten der Nebenpflanzen (Zwischen-

nutzung, benachbarte Kulturen, Unkrauter), e) D~ingerinsekten, f) Raubinsekten und Parasitem Die yon uns im Jahre 1930 auf den Spargel-

feldern des Landwirtschaftsamtes GroB-Gerau ge- sammelten Insekten verteilen sich auf die einzelnen Ordnungen folgendermagen:

Diptera ca. 81 Arten Coleoptera . . . . ,, 78 Hymenoptera . , 40 Rhynchota . . . . ,, 37 , Lepidoptera ,. 16 Orthoptera . . . . . 4 ,, Neuroptera . . . . . l Art Odonata . . . . . . l Plecoptera . . . . . 1 Trichoptera . . . . 1

NGben zahlreichen untergeordneten Sch~llingen des Spargels (z. B. Phyllopertha horticola, Agro- myxa simplex. Eulenraupen, Drahtwfirmer) besitzt die Spargelkultur zwei wirkliche Grofisehi~dlinge unter den Insekten, ni~mlich die beiden S p a r g e l - k a f e r einerseits, die S p a r g e l f l i e g e anderer- seits. Sis allein haben wirtschaftliehe Bedeutung und erfordern SchutzmaBnahmen ffir die Kultur in grSgerem Umfang.

Anz. Schadl.-Kunde 7. Jg. Heft 4

Die beiden Kiifer, obwohl der gleiehen Gattung angehSrend, unterscheiden sich voneinander night nur in ihrem Aussehen, sondern aueh in ihrem Ver- halten.

Das sehlankere, aber doeh ti~tgere ~Spargel- h~thnehen" (Crioceris asparagi L.) mit den metal- lisch dunkelgr(inen, gelblichweig gefleektGn Fl(igel- deGken und dem rotbraunen Ha[ssehild erscheint zuerst mit dem Beginn der Vegetationsperiode der Spargelpflanzen. Am 30. April 1930 fanden wir bereits an jeder Pflanze bis zu 5 KMer, die aueh alsbald mit der Eiablage begannen. DiG br~tunliehen, liinglichovalen Eier werden mit dem einen Pol an die Pflanze geklebt, und zwar so- wohl auf die Stengel (Abb. 1) und das Laub als auch - - in der Sommergeneration - - an die Friiehte. Am 1. Mai ziihlte ich an einem Spargel- trieb (2j~thrige Pflanze) 70 Eier.

Bald naeh dem Hiihnehen, etwa Anfang Mai, erscheint aueh der ~ZwSlfpunktige Spargelkiifer" (Crioceris duodecimlmnctata L.) in den Kulturen. Er ist von gelbliGhroter Farbe und triigt auf den Elytren eine (gelegentlieh sctiwankende) Anzahl schwarzer Punkte. Am 4. Mai trMen wir in den Worfeldener Spargelkulturen auf 200 H~thnehen etwa 4 - - 5 ZwSlfpunktkMer; aber auch noch am 17. Mai fanden wir auf manchen Feldern aus- sehlieglich Cr. asparagi, auf anderen beide Arten in gleicher Zahl. Bis zum 22. Mai hatte sieh das urspriingliGhe VerhNtnis umgekehrt: der ,ZwSlfpunkt" dominierte, das ~HiihnGhen" war seltener geworden. Am 30. Mai sch~tzten wit das ZahlenverhAltnis auf

12punctata : asparagi = 6 : 1. Dieses I)berwiegen des ZwSlfpunktes hielt sieh etwa einen Monat lang. Erst am 27. Juni schien uns das HiihnGhen wieder hi~ufiger zu sein. Auf einigen Feldern land es sigh sogar in Massen, auf anderen fiberwog wohl der Zwr Doeh lieg sieh am 11. Juli ein ganz fragloses f['ber- wiegen von Cr. asparagi feststellen, das wir am 25. Juli auf

12punctata : asparagi = 1 : 5 sehi~tzten. Crioceris asparagi erseheint also in seiner ersten Generation frtiher und halt in seiner zweiten langer aus als die - - mithin w~trme- bediirftigere - - Art Cr. 12punctata.

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38 MAx DINOLEa.

Von den typischen Unterschieden im Ver- halten der beiden Arten (deren Larven fibrigens in ganz gleicher Weise den schadigenden FraB an den chlorophyllhaltigen Teilen der Pflanze

Zur Biologie und Bekiimpfung der tierischen Spargelschiidlinge. flS. 4. last k Heft 4

daB sie sich (einzeln oder in Copula) noch schneller fallen lieflen, als wir das ~on Cr. asparagi ge- wohnt waren.

Auch die Eiablage des ZwSlfpunkts unter- scheidet sich yon der des Hahnchens. Dadurch, dab die Eier heller, durchschekiender skid und vielfach (oh nolanalerweise?) nicht Init dem Pol, sondern der Lange nach an die Pflanze geklebt werden, treten sie viel weniger in Erscheinung als diejenigen yon a~Taragi. Im Zwingerversuch brkigt man das Hahnchen sehr leicht, den ZwSlf- punkt dagegen - - Unter anderem auch wegen der grSBeren Stenothermie der Art - - wesentlich schwerer zur Eiablage.

Die Spargelfiiege ( Platyparea poectloptera Schrk.), deren Habitus aus Abb. 2 und 3 ersicht- lich ist, sCellt bekampfungsbiologisch den denk- bar gdigten Gegensatz zu den Kafern dar. Dort auBerlich an den gr(inen Pflanzenteilen fressende Larven, die lediglich die hssimilationstatigkeit be- eintrachtigen und mit chemischen Mitteln (Magen- oder Kontaktgiften) leicht zu fassen skid, hier eine sofort nach dem Durchbrechen der Spargel- pfeifen einsetzende Eiablage in die Pflanze, die dutch den Markfrag der Larve physiologisch schwer benachteiligt wird, ohne dab man dem verborgenen Schadling auf mechanischem ode~ chemischem Wege beizukommen vermag.

Abb. 1. Eier yon Crioeeris asparagi, an einen Spargel- stengel abgelegt. (Leitz Summar 64 ram. Vergr. 4:1.)

ausffihren) sei ferner erwahnt, dal~ Cr. a~Taragi in der Ruhe die beiden hntennen dicht anein- andergelegt nach vorne gestreckt halt, l) wahrend sie bei Cr. 12punclata einen spitzen bis rechten Winkel bilden. Bei Beriihrung oder Erschiitterung der Pflanze last sich das Hahnchen sofort fallen, um sich einige Sekunden tot zu stellen und dann abzufliegen; der ,ZwSlfpunkt ~ dagegen andert hierin seki Verhalten mit der Jahreszeit. Die ersten, noch verhaltnismal~ig tragen Individuen in der niedrigen hpriltemperatur lassen sich leicht yon der Pflanze nehmen und klammern sich da- bei fest an die Finger des Sammlers, der infolge- dessen geradezu Miihe hat, sie ins Glas zu bringen. Im Sonnenschein der Sommermonate (Mai bis Juli) jedoch fliegen die Kafer bei Annaherung so- fort ab, und als wir Ende Juli bei regnerisehem Wetter Freilandbeobachtungen machten, fand ich,

') Vielleicht hat dieses schnabelartige Vorstrecken der FilMer die Bezeichnung ,,Hiihnchen" mit veranlaBt.

Abb. 2. Spargelfiiege (Platyparea poeciloptera ~), mit ausgestrecktem Ovipositor, von oben. (Leitz Summar

64 ram. Vergr. 4 : 1.)

Abb. 3. Spargelfliege (Platyparea poeeiloptera ~_) (nur das Basalglied des Ovipositom ist sichtbar), yon dot

Seite. (Leitz Summar 64 ram. Vergr. 4:1.)

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15. 4. 1931] MAx DISGLE~. Zur Biologio und Bek~impfung der tierischen Spargelschiidlinge. Heft 4 J 39

Der Vorgang der Eiablage ist hier gewisser- matien das kritische Moment. Beim Kafer bietet eine Bekampfung aueh nach dem Absetzen der Eier noch guten Erfolg, bei der Fliege muB sie eben die Eiablage zu unterbinden suchen. Unsere Untersuchungen an der Fliege riehteten sich da- her vor ahem auch auf die Bedingungen und die Art und Weise der Eiablage. Plalyparea poeci- loptera in der "Gefangenschaft zur Copula und zum Eierlegen zu bringen, gelingt sehr leicht. Ich bediente reich zu diesem Zweck einer ein- fachen Vorrichtung (Abb. 4): in eine runde, mit feuchter Erde geffillte Glassehale wird ein friseh gestochener Spargel gesteckt, fiber diesen dann ein - - oben mit Gaze abgeschlossener - - Lampen- zylinder gesttilpt. Ein yon unten her fiber den Zylinder geschobener Ring aus Pappe erwies sieh in verschiedener Beziehung als vorteilhaft. Fliegen, die unter den Zylinder gebraeht wurden, traten alsbald in Copula, stachen die Spargelpfeifen an, belegten sic und nahrten sich von dem aus dem Pflanzengewebe austretenden Salt.

~ber die Anatomie der Geschlechtsorgane habe ich sehon all anderer Stelle 1) beriehtet. Nach

der (yon den gleichen Partnern oder auch mit je einem anderea Individuum 5fters wiederholten) Copula lauft das 9 meist aufgeregt an einer Spargelpfeife auf und nieder, urn sie alsbald an-

Abb. 4. VelwachsanoMnung zu Beobachtungen an der Spargelfliege. Am unteren Teil dor Spargelpfeife sucht eine Fliege nach einer Stelle ftir die Eiablage. (1:2.)

~) M. Dingler, Einiges zur Anatomie der Platy- parea poeciloptera. Verhaadlungea der 4. Wander- versammlung Deutscher Entomologen in Kie[ 1930.

hbb. 5. Latwen der Spargelfliege im Stengel einer 2jiihngen Pflanze. (Leitz Summar 64 ram. Vergr. 5 : 2.)

zustechen. Nicht jeder Einstich ffihrt zur Ei- ablage; erfolgreiche Einstiche erfordern eine Zeit- dauer von ca. 60--75 Sekunden. Die Fliege sitzt beim Ansteehen rechtwinklig oder etwas sehrag zur Langsaehse der Pflanze, so dag der grS~te Durchmesser des Einstiches ungefiihr parallel zur Pflanzenfaser liegt. Nach erfolgreiche~ Ein- stich tritt ein ansehnlicher Safttropfen aus, der yon der Fliege gierig getrunken, ja sogar gegen andere Fliegen verteidigt wird - - eine Ernahrungs- weise also, bei der die dd sehr im Nachteil sind.

Nach einer Eidauer von im allgemeinen nicht mehr als zwei Tagen schliipfen die Larven und fressen sieh (in der von versehiedenen Beobachtern besehriebenen Weise) durch die Pfeife wurzelstock- warts, um sieh nach etwa 2 Wochen teils un- mittelbar am Wurzelstoek, tells in einer HShe bis zu 15 em dariiber zum TSnnchen zu verpuppen.

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40 MAx DIr~GLER. Zur Biologie und Bek~mpfung der tierisehen Spargelsehiidlinge.

Eine Pfeife kann eine grOgere Zahl von Larven bezw. Puppen (20 und mehr) enthalten, wie das Fragment in Abb. 5 zeigt, das allein ffinf Indi- viduen erkennen l~gt. Die Abbildung vermittelt zugleich eine Vorstellung yon der ausgiebigen ZerstSrungstatigkeit de r Larven im Innern der Pflanze. Bekanntlieh iiberwintert das Insekt als Puppe in den allmahlich vermodernden Stengeln.

Der Befall der Pflanze durch die Spargel- fliegenlarve wird augerlich alsbald (d. h. wenige Tage naeh dem Auskriechen der Made aus dem El) an der Welkung und Einkriimmung des Gipfeltriebes erkennbar (s. die beiden einjahrigen Pflanzen in Abb. 6). In diesem Zustand ermOg- lichen die Pflanzen ein schnelles Feststellen der Befallst~rke des einzelnen Feldes. Das einfachste Verfahren ist folgendes: man sehreitet eine Pflanzenreihe in einer Richtung ab, bis man 100 Pflanzen abgezahlt hat, sodann geht man in der gleichen Reihe zurfiek und z~hlt nur die be- fallenen Pflanzen; die erhaltene Zahl driickt un- mittelbar das Befallsprozent aus. Oder: zwei Mann schreiten ein Spargelfeld ab, wobei der eine samtliche Einzelpflanzen, der andere die be- fallenen zhhlt; nur mug man bei dieser Methode, um das Befallsprozent zu erhalten, das Zahlen- verh~Itnis auf den Dezimalbrueh umrechnen. Auf solehe Weise wurde durch die Hessisehe Haupt- stelle f(ir Pflanzenschutz in Giegen sowohl fiir 1929 als auch ffir 1930 der Befall in samtlichen Ge- markungen des Landwirtsehaftsamtes Grog-Gerau ermittelt. Die kontrollierte Gesamtflache betrug 1 9 2 9 : 7 7 0 Normalmorgen, 1930: 937 Normal- morgen. Die Zahlung wurde zu einer Zeit vor- genommen, in der die dreijahrigen Felder nieht mehr gestochen wurden, so dag also aueh ihr Befall neben dem der ein- und zweijahrigen Felder festgestellt werden konnte. Aus den yon Herrn Dr. R e i e h w e i n ermittelten Zahlen habe ieh in der folgenden Tabelle ffir s~mtliehe ein-, zwei- und dreij~hrigen Felder je einer Gemarkung in den beiden Jahren 1929 und 1930 das 3Iittel gezogen:

B e f a l l d u r c h d ie S p a r g e l f l i e g e im B e r e i c h des L a n d w i r t s c h a f t s a m t e s G r o g - G e r a u :

Alter des Feldes Befall in Prozenten Gemarkung (1,2 oder 3jithrig) 1929 1930

1 30 5 Klein-Gerau . 2 90 35

3 30 15 1 40 15

GroI~-Oerau . 2 95 35 3 30 30 1 40 5

15. 4. 1931 ~Ioft 4

Alter des Feldes Befall in Prozenten Oemarkung (1, 2 oder 3j~ihrig) 1929 1930

Worfelden 2 90 30 3 35 22 1 25 7

Nauheim . . . . 2 97 25 3 25 22 1 25 5

KSnigst~dten. 2 96 25 3 30 27 1 25 5

Bischofshei hi. 2 98 55 3 30 33 1 20 5

Ginsheim . . . . 2 98 27 3 30 20 1 30 5

Bauschheim . 2 98 25 3 30 15 1 30 6

M6rfelden . . . . 2 99 32 3 20 13 1 23 5

Walldorf . . . . 2 95 27 3 22 20 1 22 5

Bfitteiborn 2 82 30 3 20 24

Daraus lltgt sich als durchschnittlicher Gesamt- befall in der/ beiden Jahren errechnen:

1929 1930 ~ %

l jahrige Felder . 28 6,2 2jahrige , 94 31,4 3jahrige , 27,5 22

Die ermittelten Zahlen kSnnen freilich n u r annahernde Richtigkeit haben. Sie lassen aber deutlich erkennen, dag

a) die zweij~hrige Pflanze am meisten durch Platyparea gefahrdet ist (weiscn doch 1929 nieht weniger als 53 Normalmorgen 2jahriger Felder einen 100prozent. Befall auf !);

b) die Starke des Befalles betrachtlichen jahr- lichen Schwankungen "unterworfen ist, wie das viel geringere Auftreten der Fliege 1930 gegen- iiber 1929 beweist.

Was den letzten Punkt betrifft, fMlt insbesondere im ein- und zweijahrigen Feld eine starke Differenz auf, wahrend im 3jahrigen der Unterschied in den beiden Jahrgangen nicht erheblich ist. Das k6nnte darauf hindeuten, dab klimatische Ver- haltnisse das Erseheinen der Fliege bis zu einem Zeitpunkt verzSgern kSnnen, in welchem die noch nicht steehreifen (1- und 2jahrigen) Pflaxazen

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15. 4. 1931"] MAx DINOLER. Heft 4 J

bereits einen ffir die Eiablage ungeeigneten Zustand erreieht haben. Bis dana das Stechen der drei- jahrigen Spargel eingestellt wird, dtirfte der klimatisch bedingte Unterschied im Erscheinen der Fliegen wieder ausgeglichen sein, so dab diese

Pf lanzen eben einen im ganzen geringeren, aber minder variablea Prozentsatz an Fliegen zu ge- wartigen haben.

Ein mehrjahriges hndauern des Befalles in einer St~rke, wie sie z. B. das Jahr 1929 auf- zuweisen hatte, wiirde die Spargelkultur eines ganzen Gebietes in kurzer Zeit vemichten, hber aueh ein Befall wie der yon 1930 bedeutet - - be- sonders in Yerbindung mit dem FraB der Spargel- l~fer und ihrer Larven - - schwere w i r t s c ~ c h e Schadig~mg, die durch geeignete Bekampfungs- maBnahmen verhfitet werden muB.

gr

Die hussicht, die beiden Schadlinge (Crioceris und Platyparea) in einem einzigen Arbeitsgang fassen zu kSnnen, ist bei der grundsatzlichen Verschiedenheit ihrer Lebensweise gering.

Was die Bekampfung .des K~fers betrifft, kann das Problem als gel5st gelten. Wir diirfen hier trotz der nicht g e n a u iibere.instimmenden Er- scheinungszeiten die beiden Arten wie eine einzige behandeln; denn wenn das Bestauben etwa in der Zeit yon Mitre Mai bis Anfang Juni (je nach der Witterung) vorgenommen wird, vernichtet es in gleicher Weise die schoa etwas altere Brut yon Gr. asparagi wie die Sl~ter aus den Eiern gekommene yon Cr. 12punctata. Ms Bet~ubungs- mittel hat sich Forstesturmit (Fa. E. Merck, Darmstadt) clurchaus bewahrt. Das Verfahren wird - - im Handbetrieb mit Rf ickenschwef ler - in unserm Versuchsgebiet in Hessen auf Anordnung der Gemeinden ziemlich allgemein durchgefiihrt. Die Kosten der Esturmitbestaubung halten sich in bescheidenen Grenzen. Auf 1 Morgen rechnet man 3~/~--31/~ kg Esturmit. Bei 2stiindiger Arbeitsdauer je Morgen macht da, 5,60 M, auf die Einzelpflanze umgerechnet etwa 0,19 Pfg.

Wesentlieh schwieriger gestaltet sich die Be- l~mpfung der Fliege, die daher a u c h - mit Aus- nahme allenfalls des Spargelrostes - - die gr51~te GeiBel der Spargelkultur bedeutet,

Die vorbeugenden Ma~nahmen gegen ihre Brut- s~tten im Herbst, also vor allem das tiefe Aus- stechen (nicht Abmahen !) trod nachfolgende Ver- brennen der welkenden Stengel, sind polizeilich vorgeschrieben, hber da sie eine sehwer kontrollier- bare, liiekenlose Durchffihrung voraussetzen, unter- liegen sie menschlicher Unzulitnglichkeit und ffihren aUein niqht zum vollen Erfolg. Wir miissen uns daher noch nach direkten Be~mpfungs- mSghchkeiten umsehen.

Zur Biologie uud BeFfimpfung der tierischen Spargelsch~idlinge. 41

Im vergangenen Jahre ~ t rden yon uns alle jene Bekampfungs- bezw. Abhaltungsmittel nach- geprfift, welche bisher im mehr oder minder kleinen Betrieb gegen die Spargelfliege in Gebrauch

Abb. 6. Von dor Spargeliliege belegte 1 jahrige Pflanzen. Der LarvenfraB im Innern der Pflanzen wird zuerst durch Ktimmerung der Triebspitze iiul~erlich bemorkbar.

(1 : 3.)

waren: Papierdfiten, Cellophandfiten, Leimstabchen, Leimgfirtel usw. ; auch mit Leimtellern aus Pappe, die ich anfertigen lieB und die durch ein Loch in der Mitte iiber die aus dem Boden schiel~enden Spargelpfeifen gesttilpt wurden, machten ~ i r Versuehe, ferner mit Gazeschutzkasten fiber den Pflanzen u. dgl- mehr. Alle diese Mittel kommen ffir ein wirksames Vorgehen gegen die Fliege in -grSBerem Stil nicht in Betracht.

Auch mit Duftstoffen, sei es zur Anlockung, sei es zur Verwitterung, stellten wir zahlreiche Versuchsreihen auf, in der Annahme, dab das Auffinden der aus dem Boden schieBenden Pfeifen durch die weiblichen Fliegen zur Eiab|age wohl auf olfaktorischen Reizen beruhe. Es kamen hieffir in Laboratoriums- und Freilandversuehen zur Verwendung: Anis51, Baldrian51, Eucalyptus- 51, Lawendel51, Myrten51: Ne!kenSl, PatchouliS1.

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42 C. BS~Nz~.

und Thymian61. Aueh ein in unserm Laboratoriunl aus frisehen Spargeln gewonnener Extrakt wurde den Fliegen geboten. In keinem einzigen dieser Versuche zeigte sieh aber ein nennenswertes Reagieren der Fliegen auf den dargebotenen Stoff.

Ferner versuehten wir die Pflanzen dureh Bespritzen mit einem Haftmittel gegen die Ei- ablage zu sehfitzen. Der Gedanke dabei war, die Oberflache der Pflanze w~ihrend der kritischen Zeit mit einer elastisehen, sehfitzenden Haut zu fiberziehen. Aueh diese Versuehe verliefen negativ.

So blieb als letzte MSgliehkeit die direkte, ehemisehe Bekampfung der Fliege selbst, die bei der Lebhaftigkeit und sehweren Fagbarkeit des Insekts allerdings auf so groBe Sehwierigkeiten stSl~t, dal~ wir sie zuerst als eine der aussiehts- losesten 3[afinahmen zurfiekgestellt hatten. Ver- suehe im Laboratorium aber ergaben, dal3 es immerhin mSglieh ist, mit pulverfSrmigen Kontakt- giften - - wenn aueh innerhalb gewisser Temperatur- und Feuehtigkeitsgrenzcn - - hinreiehend sehnell und intensiv auf die Fliege einzuwirken.

Zeitlieh und biologiseh bestehen ffir die An- we ndung eines solehen Mittels versehiedene Voraussetzungen: 1. mug die Fliege zu einem Zeitpunkt gefagt werden, in welehem sie noeh nieht zur Eiablage gesehritten ist, 2. zn einer Tageszeit, in der ilwe Bewegliehkeit stark herab- ffesetzt ist.

ad 1) Hier kommen zwei Hauptzeiten in Betraeht, namlich a) die Tage zu Beginn der biologisehen Saison, in welehen die Spargel zu sehiel~en be- ginnen und g]eiehzcitig damit das Auftreten der Fliege eine gewisse HShe erreieht: Ende April;

Mitteilungen tiber Blattliiuse. f15. 4. a931 L I:loft 4

b) der strenger zu fassende, well innerhalb gewisser Grenzen vom Wirtsehafter regulierbare Zeitpunkt, zu welchem man das Stechen der 3- und mehr- jahrigen Pflanzen einstellt (4--5 Wochen sptiter, etwa Earle Mai bis Anfang Juni).

ad 2) Als Tageszeit ffir die Best~ubung ist die Zeit vor und wahrend Sonnenaufgang zu wahlen, denn sowie die Sonnenwiirme zu wirken beginnt, setzt die Aktivitat der Fliegen ein und in wenigen Stunden ist nach unseren Erfahrungen die Mehrzahl der eben die Seholle durehbrcehenden Spargelk6pfe bereits mit Eiern belegt.

Wir ffihrten Ende Mai und Anfang Juni solche Versuehe auf den Spargelfeldern des Land- ,~6rtsehaftsamtes Grog-Gerau in der Weise dureh, dal~ wir jewei]s am Morgen des ersten Tages, an welehem die 3- und mehrjahrigerl Pflanzen nicht mehr gestochen wurden, yon 1/e5 Uhr an die Pflanzenreihen verschieden stark bestaubten. (~ber das verwendete Kontaktgift, das auf Grund meiner Erfahrungen noch verschiedene, speziell der Spargelfliege angepagte Modifikationen e~fahren soll, werde ich naeh der Durehfiihrung der fiir die Saison 1931 vorgesehenen Orogversuehe be- riehten. 1930 mugten unsere Freilandversuehe infolge Ungunst der Witterung, die den SehMling aueh ohne unser Zutun sehnel] versehwinden maehte, vorzeitig abgebroehen werden.

Doeh sehen wit auf Orund dieser Versuehe bereits die Magliehkeit, die Spargelfliege dutch ein Bestiiubungsverfahren, dessen Kosten far die Praxis durehaus tragbar sind, soweit zu dezimieren, dag ihr Sehaden seinen katastrophalen Charakter verliet~.

Mitteilungen fiber Blattlause.,) (Aus der Biologiscben Reichsanstalt Zweigstelle Naumburg a .S.)

Von

C. B6rner~ Naumburg a. S.

12. R h o p a l o s i p h o n e r a t a e g e l l u s T h e o b . und a n n u a e O e s t l . Die ameri- kanische ,apple-Brain aphis" wurde von Sander - son (1906)mit dcm Artnamen/'itchi 2) belegt und (1917) yon Baker in pruni/blii ~) Fitch um- getauft, nachdem die 5[ehrzahl der amerikanischen Forseher sie fiir ,Aphis ave~tae Fab. ", die ver-

') ,Miiteilungen /iber Biattl~iuse" 1 - 8, s. diese Zeit- sehrift 1931, S. 8--11 und 9--11, ibid. 28--30.

~) Nicht wenige Gattungs- und Artnamen der Blatt- liiuse sind fehlerhaft gebildet. Eine Liste der nach den Nomenklaturregeln rektifizierten Namen wird demn~ichst im Zoologischen Anzeiger erscheinen.

meintliehe Sommerform yon ,@his padi L.' , angesehen hatte. DaB die eehte Aphis avo,ae Fab. mit granaria Kirby identisch ist, babe ich unter Ziffer 10 dargelegt. Dal~ ferner die Be- nennung a]s Aphis pru~d[blii Fitch angefoehten werden mug, ergibt sich aus den Er6rterungen zu Rhopalosiphonpadi 1) L. Aber aueh der Name fitchi Sanders. wird durch annuae Oestl. ersetzt werden miissen, naehdem Theoba ld (1926) letztere Art als Synonym yon prunifolii Fitch (sensu Baker )e rkann t hat. Die sonstigen bei

a) Vgl. Ziffer 14.