12

Click here to load reader

Zur Charakterisierung von Cellulosepräparaten mittels der Drehwertsmethode II

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Zur Charakterisierung von Cellulosepräparaten mittels der Drehwertsmethode II

286

Zur Charakterisierung von Cellulosepraparaten niittels der Drehwertsmethode 11; von E'I.ik liiigglluiid und El K Kliinystedt.

[Eingelaufen am 12. August 1929.1

In Anlehnung an unsere Untersuchung iiber die Dreh- werte von einem hochweid gebleichten Holzzellstoff, der schon fruher im Institut von Hess ' ) untersucht worden war, in Kupferamminlosung, haben H e s s und Lj u b i t s c h 2,

diesen Stoff einer erneuten Untersuchung nnterzogen, welche sich durch bedeutend groJ3ere Genauigkeit auszeichnet. Auf Grnnd dieser Untersuchung meint nun H e s s , daS unsere Zweifel uber die allgemeirie Verwendbarkeit der Drehwerts- methode zur Charakterisierung von Cellulosepraparaten ver- schiedener Herkunft nicht berechtigt waren. Da die Frage nach der Zuverlassigheit dieser Methode fur die Zellstoff- chemie von grodem Interesse ist und da H e s s zugleich durch seine Wiedergabe von einem Teil der Befunde, unserer Meinung nach, eine leicht zu miBverstehende Dar- stellung derjenigen Resultate gegeben hat, wozu die ver- schiedenen Untersuchungen gefuhrt haben, sehen wir uns genotigt, die erorterte Frage in Anlehnong an einige er- ganzende Versuche noch einmal zu diskutieren.

Wir fanden fur die von uns untersuchte Baumwolle und Sulfitcellulose, dad bei den Urehwertskurven ,,der typische Verlauf von Cellulosekurven deutlich hervortritt, nur liegen die Urehwerte etwas tiefer."? H e s s stellt in seiner zweiten Mitteilung in voller Ubereinstimmung hiermit fest, ,,daD die Frerndstoffe des Zellstoffs keinen merklichen Einflud auf den Verlauf der Drehwertskurve, wohl aber einen solchen anf die Hohe der Drehwerte ausiiben." \\'eil wir gefunden hatten, da5 das Roggenstroh-Xylan') stiirker

*) A. 444, 289 (1925). 9 A. 459, 26 (1927). ') AnlaBlich einer Bemerkung von Liidtke [A. 466, 53 (1928)]

iiber die Differene der von u n ~ ermittelten Werte von den fur das

*) A. 466, 1 (1928).

Page 2: Zur Charakterisierung von Cellulosepräparaten mittels der Drehwertsmethode II

H a g g lund u. K l i n g s t e d t , Zur Charakterisiemng usw. 287

nacli links dreht als die reine Cellulose und da ferner Liid t ke l ) naclrgemiesen hat, daS das SteinnuS-Mannan rechtsdrehende Kupferamminverbindungen enthalt, und weil wir eine fast vollkommene Ubereinstimmung im Verlauf der Kurve fur sehr reine Baumwolle und fur den durch einige Beimengungen verunreinigten Zellstoff gefunden hatten, nahmen wir an, daB es offenbar eintreffen konnte, daO der gesamte Urehungseffekt der Begleitstoffe bei geeipeten Mischungsverhaltnissen den fur die reine Cellulose charak- teristischen Betrag erreichen konnte. Diese Moglichkeit wird von H e s s mi t folgenden Worten zugegeben: ,,Es ist selbstverstandlich zuzugeben, da5 dies unter gewissen Um- standen der Fall sein konnte." Wir haben in Anlehnung hieran geltend gemacht, dab man in gewissen Fallen allein aus den Brehwertsmessungeu die Homogenitat nnd den Rein- heitsgrad des Zellstoffs gar nicht oder nur schlecht be- urteilen kann. Gegen diese SchluBfolgerung wendet sich nun H e s s und meint, da5 sie nicht zutrifft.

Er sagt im Gegenteil, da6 zur Beurteilung der Reinheit eines Zellstoffs es also oft geniigen wird, ,,nur einen ein- zigen Urehwert zu bestimmen, dessen procentuale Ab- weichung von dem korrespondierenden Drehwert unserer Standardcellulose ein Ma5 fur die Anwesenheit von Mannan und Xylan bedeutet. Chemisch reiner Zellstoff liegt dann vor, wenn nach den Reinigungsverfahren der Drehwert dauernd konstant bleibt und mi t dem der Standard-cellulose ubereinstimmt."

Aus den Ergebnissen von H e s s selbst la& sich indessen schon entnehmen, daO die von uns voransgesehenen Falle sehr wohl vorkommen konnen.

Da er in seinen beiden Untersuchungen zwei ver- schiedene Verfahren angewendet hat, merden wir sie ge-

Bambus-Xylan beobachteten R'erten mochten wir nur darauf hin- weisen, dafl nach den volt uns mitgeteilten Analysen, das untersuchte Xylan ein nicht ganz reines Praparat war. Wie wir friiher angegeben haben, hatte die Untersuchung iiber die Drehung des Xylans nur einen orientierenden Charakter.

l) A. 456, 201 (1927).

Page 3: Zur Charakterisierung von Cellulosepräparaten mittels der Drehwertsmethode II

288 Hagg lund und K l i n g s t e d t ,

sondert besprechen. Bei der ersten Untersuchung, welche iinsere Kritik der Urehwertsmethode eben veranlalte, wurde die Cellulosekonzentration in der von unloslichen Anteilen durch scharfes Filtrieren befreiten Losung bestimmt und die Drehwerte auf diese Konzentration bezogen. An dieser Methode haftet natiirlich ein prinripieller Fehler, da dnrch ein solches Verfahren nur die i n der Kupferamminlosung loslichen Anteile des Zellstoffs von der Drehwertsbestimmung erfaBt werden. Wenn der Zellstoff als wesentliche Bei- mengung z. B. nur Mannan enthalt, das nach H e s s in fein- verteiltem Zustande suspendiert bleibt und in diesem Zu- stande an der Drehnng nicht Teil nimmt, muO die Losung die fur reine Cellulose charakteristischen Drehwerte er- geben. Uber die Anwesenheit des Mannans und ahnlicher Begleitstoffe in dem untersuchten Praparat kann uns eine so ausgefuhrte Drehwertsbestimrnung folglich keine Aus- kunft geben. Eine Reinignng des Zellstoffs, welche die in der Kupferamminlosung nnloslichen Bestandteile wegbringt, hat selbstverstandlich keinen EinfluO auf die Drehung. Mit Hilfe der Knpferammin-Methode konnen wir nach H e ss zwar das Mannan isolieren'), befinden nns aber, wenn wir diese Operation vornehmen, schon auflerhalb der urspriing- lichen und eigentlichen Drehwertsmethode.

Dab die Drehwertsbestimmung, in erwahnter Weise ausgefuhrt , auch bei vollstandig loslichen Zellstoffarten eine ungeniigende Charakterisierung ergeben kann, ist offen- sichtlich. Der Stoff moge an Begleitstoffen, welche auf die Drehung einwirken konnen, Xylan nnd Glucosan enthalten. Das erste dreht starker, das zweite schwacher als die reine Standardcellulose nach Iinks.3 Man bestimmt nach dem Vorschlag von H e s s nun einen einzigen Drehwert. Wenn die beiden Stoffe in einem gewissen Mischungsverhaltnis vorkommen, kann es also passieren, da13 man den fur die reine Cellulose giiltigen Wert bekommt. Bei effektiver Be- handlnng mit konz. Lauge werden diese Begleitstoffe ent-

1) A. 466, 18 (1928). *) A. 466, 70 (1928).

Page 4: Zur Charakterisierung von Cellulosepräparaten mittels der Drehwertsmethode II

Zur Cliarahterisierung von Cellulosepraparaten usw. 289

fernt und man erhalt reine Cellulose, ohne da8 man es an dem Drehwert wahrnehmen kann.

Wenn man bedenbt, daD in den aus verschiedenen Pflanzen erhaltlichen Zellstoffen auSer den schon genannten, noch mehrere andere Begleitstoffe vorkommen konnen, wie z. B. Galaktan, Fructan, Araban, Methylpentosane, Uron- sauren, bei der Isolierung der Stoffe entstandene Oxydations- oder Hydrolysenprodukte, und daO sie je nach der Par- steIlungsweise des Zellstoffs sehr verschiedene Loslichkeit besitzen konnen, so is t es klar, daS die Kombinations- moglichkeiten unendlich groS sind. Nach unserer Ansicht ist es einstweiIen unmoglich zu entscheiden, wie weit die Drehwertsmethode den Anspriichen anf eine scharfe Charak- terisierung der verschiedenen Zellstoffpraparate geniigen wird.

Wir gehen nun zu einer nilheren Diskussion der yon H e s s und von uns ermittelten experimentellen Tatsachen iibcr. Wir batten fur die Baumwolle, welche nach unseren Analysen sehr rein war, sowie fur den Sulfitzellstoff und fiir die daraus bereitete a-Cellulose Dreh- werte gefunden, welche im Vergleich mit den Werten fiir die Standard- cellulose zu niedrig waren. Wir setzten voraus, da6 die Diskrepanz in gewissen Verschiedenheiten methodiecher oder apparativer Art wur- zelte und haben keine Anspriiche erhoben, unsere Werte absolut ge- nommen als richtige zu betrachten. Mit Riicksicht auf die von I Iese fur reine Baumwolle festgestellten Drehwerte war es j a klar, da6 wir absolut genommen eine gleichmii6ige Versckiebmg der drei Kurven bekommen hatten.') Dieser Tatsache wohl bewult, griindeten wir unsere SchluBfolgerungen nur auf die relative Luge und den relaticen Verlauf der Kurven.

*) Die wesentliche Fehlerquelle bei unserer Bereehlpung der Dreh- werte lag, wie wir spater festgestellt haben, einfach darin, da6' die Schichtdicke nicht ganz exakt und zwar um 1,4 mm eu klein war. Durch die Umrechnung auf 5 cm wurden die Fehler derart vergroBert, da6 wir eine deutliche Verschiebung der Kurven erhielten. Da wir einen geniigend lich tstarken Polarisationsapparat nicht besaSen, konnten wir fur die Ausmessung der stiirkeren Konzentrationen leider nicht eine gro6ere Schichtdicke verwenden. - Beim Bestimmen der Kohle- hydratkonzentrationen haben wir sicher nicht, wie H e 8s vermutet, Fehler gemacht, welche die Me6genauigkeit iiberscbreiten. Wir konnten nilmlich feststellen, da6 die Losung nach dem Koagulieren der aufgelosten Kohlehydrate geloste, organische Stoffe in nennens- werter Menge nieht enthielt.

Page 5: Zur Charakterisierung von Cellulosepräparaten mittels der Drehwertsmethode II

290 Hagg lu ri d und K1 ing s t e dt , Nachdem H e s s die Drehung der von uns angewendeten Baum-

wolle bestimmt und auch mit der Drehwertsmethode konstatiert hatte, daB sie nahezu reine Cellulose war, konnen wir nunmehr eine Um- rechnung unserer Werte vornehmen, die uns in den Stand setzt, unsere Werte genauer als vorher zu interpretieren. Die Werte fur die Baum- wolle zeigen nach H e s s eine mittlere Abweichung von 1,Ol Proc., in positiver Richtung von der Standardkurve aus gerechnet. Wir wahlen nun unsere Baumwollkurve ala Nullkurve und berechnen fiir unsere beiden anderen Kurven dic mittlere Abweichung von dieser Null- kurve.') Fur den Zellstoff finden wir dann eine mittlere Abweichung von 3,3 Proc. im Sinne einer stiirkeren Linksdrehung und konnen somit sagen, daE die Zellstoffkurve ein klein wenig auf der negativen Seite der Standardkurve liegen mu6, wenn man in dem MaBstab von H e s s rechnet. Diese Lagc steht in gutein Einklang mit der Tatsache, daE der Zellatoff nach unserer analytischen Untcrsuchung als wesent- liche, auf die Drehung wirkende Verunreinigung eben Xylau enthalt. Dieses dreht nnch iibereinstimmenden Befunden stiirker nach links als die Standardcellulosc. Es wird sich wahrscheinlich, wenn keine Kom- pensation von Stoffen zustande kommt, die in entgegengeseteter Bich- tung drehen, die Kurve uber die Standardkurvc hinweg verschieben.*) Bei richtig durchgefiihrter Extraktion mit 17,5-proc. Lauge wird das Xylan so vollstiindig entfernt, daE man es niit den von uns benutzten analytischen Methoden, die doch ziemlich empfindlich sind, nieht mehr nachweisen kann. Wie es rnit dem Mannan geht, spielt in diesem Zusammenhange keine Rolle, da es auf den Verlauf der Drehungs- kurve, welche nach dem ersten Verfahren von H e s s ermittelt wurde, keinen EinfluE ausiibt. Bei Umrechnung finden wir, daE die mittlere Abweichung von unserer Nullkurve 0,67 Proc. in negotiver Richtung ausmacht, oder m. n. W. unsere Kurve fur die a-Cellulose fiillt prak- tisch genommen mit der Standardkurve eusemmen. Dies steht in vollem Einklang mit der analytischen Feststellung, daE unsere a-Cellu- lose keine Furfurolzahl hat und eine gute gereinigte Cellulose darstellt.

H e s s hat bei seiner spateren Untersuchung gefunden, daE der Zellstoff eine mittlere Abweichung von +7,61 Proc. hat. I n der unter- suchten Zellstoffprobe scheint es also gewiese Mengen von Verun-

1) Man konnte die Umrechnung unschwer auch auf die Kurve dcr Standardcellulose beziehen. Die gewahlte Berechnung ist indesrren einfacher und msg fiir diese Diskuseion genugen.

2) Welchen Verlauf die Drehwertskurve von einem Gemisch aus reiner Cellulose und Xylan tatsachlich haben wird, laSt sich kaum genau voraussehen, da man j a nicht weid, wie die Gleichgewichte sich in einem solchen Gemisch einstellen werden. Nur diesbeziigliche genaue Versuche konnen hier Auskunft geben. Hoffentlich werden diese und ahnliche Fragen im Institut von H e s s eine erfolgreiche Bearbeitung erfahren.

Page 6: Zur Charakterisierung von Cellulosepräparaten mittels der Drehwertsmethode II

Zur Charakterisierung von Cellulosepraparaten usw. 29 1

reinigungen ZL geben (es sei denn, daB sie weniger nach links, nach rechts oder gar nicht drehen), welche die Drehungskurve in positiver Richtung von der Standardkurve verlegen, und die nicht in unsercr Probe bei der Bestimmung der Drehung zum Vorschein kamen.') Durch einmalige Auslangung mit 17,5 proc. Lauge ist es H e s s ge- lmigen, einen Teil von diesen Beimengungen zu entfernen, so da6 die mittlere Abwcichung bis auf 3,74 Proc. sank. In welchem MaEe diese Erniedrigung der Abmeichung auf der Entfernuog des Msnnsns beruht, la6t sich kaum beurteilen, und ob ferner alles Xylan abgefiihrt worden ist, weiE man auch nicht, da die Drehung immer noch von den schmachcr nsch links, also in positiver Richtung drehenden Bei- mengungen beeinflult wird.

Es scheint uns unter solchen Umstanden nicht ganz verstandlich, warum H e s s den SchluDsatz zieht, daO das Drehwertsverfahren im vorliegenden Fall empfindlicher ist als die Bestimmung der Zucker, Mannose und Xylose nach der Hydrolyse des Zellstoffs. H e s s sagt, da5 dieses Ver- fahren Hi igglnnd und K l i n g s t e d t zu der Auffassnng ge- fiihrt hat, ,,daB nach einmaliger Behandlung des Zellstoffs mit 17-proc. Natronlauge die Begleitstoffe quantitativ ab- getrennt worden seien", wiihrend der Vergleich seiner Kurven zeigen SOH, da5 dies noch nicht der Fall ist. Damit kein MiBverstandnis beziiglich dieser Fmge entsteht, wollen wir ausdriicklich betonen, da13 diese Behauptung sich nur auf gdnz spezielle Begleitstoffe bezieht. I n der von H e s s zitierten Abhandlung2) hat der eine von uns (K.) sich nur mit der Bestimmung von Pentosan (Xylan) und Mannan befabt. Er hat nur behauptet, dab es leicht gelingt, diese hemicelluloseartigen Bestandteile zu entfernen, wenn man den Zellstoff in geeigneter Weise mi t konz. Lauge be- handelt. Hierbei handelt es sich nur urn ziemlich weit

Da ein Teil des Zellstoffs (rund 10 Proc.) bei unseren Ver- suchen sich nicht loste, la& sich zwar nicht mehr entscheiden, ob viel- leicht diese Fremdstoffe in dem unloslichen Anteil geblieben sind.

') Pappers- 0. Trtivarutidskrift for Finland, 1927, Heft 5. In dieser Abhandlung sind verschiedene Fehlerquellen bei der Bestimmung des Pentosans und Mannsns und die Zuverlassigkeit der analytischen Befunde niiher diskutiert worden. Aus dieser Erorterung mag wohl hervorgehen, wie hoch die Empfindlichkeit der angemendeten Methoden geschatzt merden kann.

Page 7: Zur Charakterisierung von Cellulosepräparaten mittels der Drehwertsmethode II

292 I iagg lund und K l i n g s t e d t ,

aufgeschlossene Snlfitzellstoffe. DaJ3 diese SchluDfolgernng nicht fur Natronzellstoff giiltig ist, haben wir spater nach- gewiesen.') Durch weitere Versuche uber die an anderer Stelle ausfiihrlicher berichtet werden soll, hat sich heraus- gestellt, daD man diese Begleitstoffe, und vor allem das Mannan, nicht ans allen Sulfit- und Snlfatzellstoffen durch einfache Laugenbehandlnng vollstandig entfernen kann. M i t der Abtrennnng r o n anderen Begleitstoffen haben wir uns vorlanfig nicht beschaftigt.

Unsere Drehwertsbefunde stimmen mi t unseren ana- lytischen Ergebnissen gut iiberein. Aus dem Befund von H e s s konnen wir im vorliegenden Fall keine klare Ent- scheidung in bezug auf die Entfernung der erwahnten Be- gleitstoffe treffen.

H e s s behanptet, dab seine erneuten Versuche in Uber- einstimmung mit den fruheren iiber das polarimetrische Verhalten eines Snlfitzellstoffs stehen. Auch diese Be- hauptung scheint uns nicht ganz klar. H e s s fand damals, dal3 der Zellstoff eine Abweichung von n n r 0,08 Proc. zeigte. Aus dem Urehwert zu schlieDen, ware der Stoff somit reine Cellulose gewesen, was nach der spateren Untersuchung von H e s s und uns fur den unbehandelten Stoff n i c k niehr zutrifft.2) Durch briefliche Mitteilung haben wir von Herrn H e s s erfahren, dal3 das friihere Praparat einer Vorbehandlung unterzogen worden war, die in seiner Abhandlung nicht vermerkt worden ist. Die Behandlung - . . -

I) Cellulosechemic 9, 77 (1928). *) Da die genaue Zusammensetzung dcs von H e s s nuerst unter-

suchten Stoffs aualytisch nicht festgestellt worden ist, lassen sich die Ergebnisse seiner beiden Untersucbungen iiber die Drehwerte des Sulfitzellstoffs niclit vollstandig vergleichen. Ohne Zweifel enthielt auch der erste Stoff, der nnch freundliclier Mitteilung von Herrn Dr. O p f e r m a n n nur hochweiE gebleicht, aber nicht in besonderer Weise gereinigt worden war, wie alle mit Hypochlorit gebleichten Sulfitzellstoffe gemisse, wahrscheinlich nicht allzu groEe Mengen von hemicelluloseartigcn Begleitstoffen. So teilt uns Herr O p f e r m a n n mit, da6 verschiedene von ihm analysierte Master der in lhnlicher Weise gebleichten Zellstoffe alle einen Pentosangehalt ron ungefabr 4 Proc. hatten (nach der Phloroglucidmethode bestimmt).

Page 8: Zur Charakterisierung von Cellulosepräparaten mittels der Drehwertsmethode II

Zur Charahterisierung van Cellulosepraparaten usw. 293

bestand in einer Extraktion mit 2-proc. Natronlauge bei 95O unter Stickstoff, so lange, bis die Lauge farblos ablief. Durch diese Vorbehandlung ist wahrscheinlich ein nicht ganz unbetrachtlicher Teil vom Xylan ausgelost worden, das Mannan dagegen, wenn iiberhaupt, nur zum geringeren Teil in Losung gegangen. Der letztgenannte Stoff hat aber aus schon dargelegten Griinden keinen EinfluO auf die Drehung ausiiben konnen. Bus der Drehwertsmessung hat man in diesem speziellen Falle somit keineswegs eine zu- verlassige Auskunft iiber die Homogenitat der totalen Stoffmenge, hochstens vielleicht uber seine geloste Phase erhalten. Nach wie vor lafit sich natiirlich die damals auf Grund der Drehwertsmethode aufgestellte Behauptung von H e s s nicht aufrecht halten, daO auch der i n 17,5-proc. Natronlauge losliche Anteil der Holzzellstoffe cheniisch reine Cellulose sein mup.') Wenn H e s s in seiner spateren Abhandlung hervorhebt, daD bei der e-Cellulosebestimmnng Cellulose m i t i n die Alkalilauge geht, was mit den Angaben der friiheren Literatur in Ubereinstimmung steht,, so driickt e r nunmehr die Sache ganz richtig aus.

l)a die mittlere Abweichung fur Ramiecellulose nach Hess2 ) etwas groDer als die fur Holzzellstoff nnd ge- reinigte Baumwolle gefundene ist, haben wir, um das Er- gebnis der Urehwertsbestimmungen beurteilen zu konnen, die Zusammensetznng der Ramiefaser naher un te r~uch t .~ ) Wahrend wir in der rohen Faser 1 Proc. Pentosan nach- weisen konnten, fanden wir in der gebleichten Reinramie iiberhaupt keine Hemicellulose. Die Abweichung muO hier

*) In seiner erdten Abhandlung tragt H e s s (S. 293): ,,UnBere Drehwertskurven zeigen, daB auch der in 17,5-proe. Natronlauge los- liehe Anteil (11-12 Proc.) chemisch reine Cellulose sein muB." In der zweiten Abhandlung heiBt 08: ,,Wir batten damals gefolgert, daB die Anteile, die bei der a-Celluloseb~stimmung in Losung geben, keineswegs nur Fremdstoffe sein miissen, sondern alkalilosliche Cellu- lose enthalten konnen."

*) a. a. o., s. 305. Es iet uns eine angenelime Pflicht, Herrn Prof. Dr. K. H. M e y e r

fur die freundliche Uberlassung dieser Stoffe herzliehst zu danken.

Page 9: Zur Charakterisierung von Cellulosepräparaten mittels der Drehwertsmethode II

294 H a g g l u n d und K l i n g s t e d t ,

Ton andersartigen Beimengungen, vielleicht von Oxydations- produkten, verursacht worden sein.

In seiner spateren Untersuchung hat H e s s insofern ein verandertes Verfahren benutzt, als er dabei nicht die wirkliche Konzentration der geliisten Substanz bestimmt, sondern die Drehwerte auf die ein,qewogene Stoffmenge be- zieht. Durch diese Modifikation der urspriinglichen Me- thode lassen sich somit alle solche Beimengungen erkennen, welche in der Kupferlosung unloslich sind. Auch die modi- fizierte Methode scheint jedoch mit einer prinzipiellen Un- sicherheit behaftet zu sein. Wie u. a. die Versuche von H e s s selbst erwiesen habenl), ist ein und dieselbe Cellu- lose in dem Siune nicht immer einheitlich, daf? oft ein l'eil der Faser zwar stark quillt, aber nicht in Losung geht. Diese Anteile werden selbstverstandlich bei der -4nwendung des neuen Verfahrens als cine fremde Beimengung hervor- treten. Hatte man bei der polarimetrischen Untersuchung derjenigen Stoffe, m i t welchen sich H e s s in seiner ersten Arbeit befaDt hat, dieses Verfahren benutzt, so miiDte man a w den Jhehwertskurven schl iehn, da5 z. B. sowohl der untersuchte Holzzellstoff (etwa 10 Proc. unloslich) wie die Rsmiecellnlose (5 Proc. unloslich) sehr verurireinigte Cellu- losearten darstellen. Auf Grund der analytischen Unter- suchung kann man indes behaupten, daS die nach der urspriinglichen Methode erhalteiien Ergebnisse den Tat- sachen weit genauer entsprechen.

\ \ 'em man einen Zellstoff zu untersuchen hatte, der auf?er loslicher Cellulose nur nocli andere losliche Polyosen enthalt, konnte es selbstverstandlich auch bei dem modi- fizierten Verfahren passieren, da5 man aus oben schon an- gegebenen Griinden auf den Wert der reinen Cellulose komnien kann. Zwar hat H e s s durch seine spatere Unter- suchung festgestellt, daD eine diesbeziigliche Kompensation nicht durch ein Gemisch aus dem Holz-Mannan und -Xylan zustande kommen kann. Diese Feststellung bezieht sich

-

') Vgl. z. B. Hess, ,,Die Chemie der Cellulose und ihrer Be- gleiter". Leipzig 1928, s. 315.

Page 10: Zur Charakterisierung von Cellulosepräparaten mittels der Drehwertsmethode II

Zur Charakterisierung von CeNulosepraparaten usw. 295

aber vorlaufig nur auf einen speziellen Fall und es ist un- moglich vorauszusehen, wie sich andere Cellulosearten bzw. mi t noch anderen Begleitstoffen verunreinigte Holzzellstoffe verhalten werden.

Durch diese Diskussion glauben wir geniigend gezeigt zu haben, daO man in vielen Fallen nicht allein aus den Dreh- wertsmessungen die Homogenitat und den Reinheitsgrad des Zellstoffs wird beurteilen konnen. Aber wir erkennen gern an, dal? die Drehwertsbestimmung in Kupferamminlosung ejn aufierordentlich wichtiges Hilfsmittel bei der Unter- suchung von Zellstoffen geworden ist, nachdem es H e s s ge- lungen ist, diese Methode so genau zu gestalten. Durch seine griindlichen Untersuchungen steht auch unserer An- sicht nach die Tatsache fest, dal? reine Cellulose unab- hangig davon, ob sie in Alkali loslich oder unloslich ist, immer dieselbe charakteristische Drehwertskurve gibt. Unsere Ansichten weichen aber von der Meinung von Hess in der Hinsicht ab, dab wir den umgekehrten Satz nicht als immer giiltig anerkennen wollen.

Zusammenfassend wollen wir unsere friiher schon ge- aulerten prinzipiellen Bedenken nochmals wiederholen: so- lange die Drehung der verschiedenen Begleitstoffe nicht festgestellt worden ist , mul das Drehwertsverfahren mi t entsprechender Vorsicht angewendet werden. Das Ver- fahren ist wertvoll, es kann aber unter Umstanden ver- sagen und man darf seine Bedeutung nicht uberschatzen.

Versuche. Uas Pentosan wurde durch die Barbitursauremethode

bestimmt. Fur die Mannanbestimmung wurde das Verfahren von H a g g l u n d und K l i n g s t e d t angewendet.') Das Lignin bestimmten wir durch die Salzsauremethode.

Sdfitzellstoff. Der Fichtenzellstoff enthielt 8,88 Proc. Feuchtig- keit, 1 , l Proc. Asche und 2,03 Proc. Lignin. Die Furfurolzahl war 3,54 Proc. und der ,,PentosangebaIt", am der Furfurolmenge ma1 1,71 auf absolut trockne und ascbefreie Substanz berechnet, machte somit 6,1 Proc. aus. Der Stoff enthielt weitere 9,5 Proc. Mannan.

') Cellnlosecbemie 6, 57 (1924). Annalen der Chemle 476. Band. 20

Page 11: Zur Charakterisierung von Cellulosepräparaten mittels der Drehwertsmethode II

296 Hagglund und Klingstedt,

Als wir diesen Stoff 2 Stunden rnit 17,5-proc. Natronlauge in Gegenwart von Glasperlen echiittelten, erwies sich das so erhaltene Priipsrat ale pentosanfrei. Der Msnnangehalt war sber nur bis auf 6,37 Proc. vermindert worden.

Eine einfache Mercerisierung, wobei 5 g Substanz mit 200 ccm Lauge wahrend 1 Stunde geknetet wurden, ergab ein Praparat, das noch Spuren von Furfurol bildenden Stoffen (0,35 Proc.) enthielt. Ein iihnliches Resultst bekommt man durch Auskochen des Zellstoffs rnit verdiinnten Laugen, doch kann das Pentosan so nicht vollstiindig ent- fernt werden.

Sulfatzellsfoff. Das technische Produkt enthielt 6,28 Proc. Feuchtig- keit, 0,84 Proc. Asche und 3,72 Proc. Lignin. Die Furfurolzahl war 5,52, was 9,43 Proc. Pentosan entspricht. Der Mannangehalt machte 5,131 Proc. Bus. Durch einfache Behandlung mit Natronlauge von an- gegebener Starke lieB sich das Pentosan nur zum Teil entfernen; die mercerisierte Substanz enthielt davon noch 5,27 Proc.

Wenn wir den Stoff wtihrend 11/9 Stunden mit Lauge und Glas- perlen schiittelten, konnten wir den Pentosangehalt auf 2,64 Proc. und den Mannangehalt auf 4,66 Proc. herunterbringen. Auch in diesem Falle hat sich das Mannan als schwieriger entfernbar erwiesen.

Ramie. Das Rohprodukt enthielt 7,9 Proc. Feuchtigkeit, 1,87 Proc. Aschenbestandteile. Aus 4,9988 und 5,0030 g Substanz wurden 0,1562 und 0,1563 g Niederschlag erhalten. I m Mittel berechnet sich die Furfurolzahl zu 1,61 Proc. und der Pentosangehalt eu 2,76 Proc.

Die Reinramie enthielt 4,85 Proc. Feuchtigkeit und 0,58 Proc. Asche. Aus beinahe 5 g Substanz wurden in ewei Versuchen nur Spuren (etws 0,005 g) von einem dunkelgefiirbten Niederschlsg er- halten.

Anmerhung bei der Korrektur. Wir miissen daran fest- halten, da6 uusere Drehungstaidel recht genau ermittelt worden sind. Wenn wir nun bei der Berechnung der L)rehUngSkUTVen die richtige Schichtdicke einfiihren (vgl. S. 289), so erhalten wir fur die mittlere Abweichung von den Werten der Standardcellulose folgende Werte, denen wir die entsprechenden Werte von H e s s gegeniiberstellen (vgl. nachstehende Tabelle).

Nachdem wir diese Korrektur angebracht haben, sind nnsere Werte selbstverstandlich vollhommen vergleichbar mit den Werten in der ersten Abhandlung von Hess . Es kann nicht richtig sein, so wie es Herr H e s s macht, die Drehungs- zahlen aus seiner zweiten Abhandlung ohne weiteres mit den Zahlen in unserer, methodisch rnit seiner ersten Arbeit

Page 12: Zur Charakterisierung von Cellulosepräparaten mittels der Drehwertsmethode II

ZUT Charakterisierung zon ce&dosepraparaten usw.

T a b elle.

297

______

Holzaellstoff . . . . . . Mere. ,, . . . . . . Bsumwolle . . . . . .

Methode I

H. u. K1. neu ber.

- 2,02 + 0,39 + 1,os

___--

H. M. u. Lj. A. 444, 305. - -

- 0,08

t0,9, -0,05

Methode 11

H. u. Lj. A. 466, 4.

+ 7,61 + 3,74 + 1301

. . - - - -.

iibereinstirnmenden Untersuchung zu vergleichen: 1. weil e r spater ein prinztjiell verschiedenes Verfahren angewendet hat, 2. weil er ein Zellstoff-Praparat benutzt hat , das in bezng auf die Natur der Veruureinignngen zweifellos mit dem friiher untersuchten Holzzellstoff nicht identisch gewesen ist. L)as geht unabhiingig von der Methode am deutlichsten aus den obigen Urehwerten des mercerisierten Zellstoffs hervor. Wir finden fur unseren mit Lauge behandelten Stoff praktisch dieselben Werte wie fiir reine Cellulose (mittl. Abw. + 0,4). H e s s dagegen findet fur sein ebenso mercerisiertes, aber leider nicht naher analgsiertes Produkt niedrigere Werte (mittl. Abw. + 3,74), die sehr wahrschein- Iich dadurch bedingt sind, daO die Lauge aus diesern Stoff im Gegensatz zu nnserem Falle nicht das RIannan aollstiindig entfernt hat (vgl. den experimentellen Teil). Die beschrankte Identitat der verschiedenen Stoffe ist j a gar nicht unerwartet. Es ist doch jedem Zellstoff-Chemiker bekann t, daD Holz- zellstoffe, die nach einem gewissen Verfahren aus dem Holz isoliert werden , HuSerst selten eollkommen identisch sind in bezug auf den Gehalt der verschiedenen Begleitstoffe und auf deren chemischen und physikalischen Eigenschaften.

20