11
1960 F. NERDEL, D. KLAMANN und W. EBING 55 einer Losung von 37.2 g (0.3 Mol) 2.6-Dimethyl-pyron in 120 ccm Methylenchlorid versetzt. Beim Erwarmen auf 40' geht das Dioxoleniumsalz allmahlich in Losung. Das Methylen- chlorid wird unter Zwischenschaltung einer Kaltefalle abdestilliert. Bei erneuter Destillation des Destillats konnten aus den zuletzt ubergehenden Anteilen durch Ausfrieren mit Methanol/ Trockeneis 1.5 g (17 % d. Th.) Dioxan vom Schmp. 8-10" isoliert werden. Der nach dem Abdestillieren des Methylenchlorids verbleibende Ruckstand wird mit etwas Methylenchlorid verrieben, abgesaugt und griindlich mit Ather gewaschen. Man erhalt 29 g (57 % d. Th.) 4-Acetoxy-2.6-dimethyl-pyrylium-fluoroborat vom Schmp. 84- 85" 19). Das Salz ist kaum hygroskopisch, leicht loslich in Wasser und kann aus Athano1 umkristallisiert werden. C~H1103.BF4 (254.2) Ber. BF4 34.15 Gef. BF4 33.32 19) Die von F. SEEL, 2. anorg. allg. Chem. 250, 331 (1942), und zwar S. 349, durch Ein- wirkung von Acetyl-fluoroborat auf 2.6-Dimethyl-pyron erhaltene Verbindung vom Schmp. 139" stellt nicht das obige Pyryliumsalz, sondern die Borfluoridverbindung des 2.6-Dimethyl- pyrons dar. ZUR ,,CHROMOISOMERIE'' DES p-NITRO-BENZYLCYANIDS von FRIEDRICH NERDEL, DIETER KLAMANN und WINFRIED EBING Herrn Professor Dr. Walter Hiickel zum 65. Geburtstag in Verehrung gewidmet Aus dem Organisch-Chemischen Institut der Technischen Universitat Berlin Eingegangen am 2. Januar 1960 Die sog. Chromoisomerie des p-Nitro-benzylcyanids bzw. seiner Sake ist auf inter-intramolekulare Reduktions-Oxydations-Vorgange zuriickzufiihren, bei denen zahlreiche Farbstoffe mit Azostilben- oder auch Azomethin-Struktur entstehen. Die durch diese Farbstoffe in saurem, neutralem und alkalischem Milieu verursachten Farbungen erklaren die ,,Chromoisomerie" eindeutig. Bei der Benzoylierung des p-Nitro-benzylcyanids konnten neben [p-Nitro-phenyll- dibenzoyl-cyan-methan auch [p-Nitro-phenyll-benzoyl-cyan-methan und cr-Cyan- a'-benzoyloxy-p-nitro-stilben isoliert werden. Bei der Darstellung der Alkalisalze zahlreicher Nitroverbindungen ist das Auftreten einer ,,Polychromie" beobachtet worden. Diese Farberscheinungen, die meist uber Gelb, Rot, Violett, Grun und entsprechende Mischfarben verlaufen, wurden mit einer ,,Chromoisomerie" der Sake erklart 1). Trotz zahlreicher Arbeiten konnten die Ursachen der Chromoisomerie bis heute nicht geklart werden. Im AnschluI3 an Untersuchungen uber Nitrohydratropasauren 2) 1) ubersicht: A. HANTZSCH, Liebigs Ann. Chem. 492, 65 (1932). 2) F. NERDEL und L. FISCHER, Chem. Ber. 87, 217 (1954).

Zur „Chromoisomerie” des p-Nitro-benzylcyanids

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1960 F. NERDEL, D. KLAMANN und W. EBING 55

einer Losung von 37.2 g (0.3 Mol) 2.6-Dimethyl-pyron in 120 ccm Methylenchlorid versetzt. Beim Erwarmen auf 40' geht das Dioxoleniumsalz allmahlich in Losung. Das Methylen- chlorid wird unter Zwischenschaltung einer Kaltefalle abdestilliert. Bei erneuter Destillation des Destillats konnten aus den zuletzt ubergehenden Anteilen durch Ausfrieren mit Methanol/ Trockeneis 1.5 g (17 % d. Th.) Dioxan vom Schmp. 8-10" isoliert werden.

Der nach dem Abdestillieren des Methylenchlorids verbleibende Ruckstand wird mit etwas Methylenchlorid verrieben, abgesaugt und griindlich mit Ather gewaschen. Man erhalt 29 g (57 % d. Th.) 4-Acetoxy-2.6-dimethyl-pyrylium-fluoroborat vom Schmp. 84- 85" 19). Das Salz ist kaum hygroskopisch, leicht loslich in Wasser und kann aus Athano1 umkristallisiert werden.

C~H1103.BF4 (254.2) Ber. BF4 34.15 Gef. BF4 33.32

19) Die von F. SEEL, 2. anorg. allg. Chem. 250, 331 (1942), und zwar S. 349, durch Ein- wirkung von Acetyl-fluoroborat auf 2.6-Dimethyl-pyron erhaltene Verbindung vom Schmp. 139" stellt nicht das obige Pyryliumsalz, sondern die Borfluoridverbindung des 2.6-Dimethyl- pyrons dar.

Z U R ,,CHROMOISOMERIE'' DES p-NITRO-BENZYLCYANIDS

von FRIEDRICH NERDEL, DIETER KLAMANN und WINFRIED EBING

Herrn Professor Dr. Walter Hiickel zum 65. Geburtstag in Verehrung gewidmet

Aus dem Organisch-Chemischen Institut der Technischen Universitat Berlin Eingegangen am 2. Januar 1960

Die sog. Chromoisomerie des p-Nitro-benzylcyanids bzw. seiner Sake ist auf inter-intramolekulare Reduktions-Oxydations-Vorgange zuriickzufiihren, bei denen zahlreiche Farbstoffe mit Azostilben- oder auch Azomethin-Struktur entstehen. Die durch diese Farbstoffe in saurem, neutralem und alkalischem Milieu verursachten Farbungen erklaren die ,,Chromoisomerie" eindeutig. Bei der Benzoylierung des p-Nitro-benzylcyanids konnten neben [p-Nitro-phenyll- dibenzoyl-cyan-methan auch [p-Nitro-phenyll-benzoyl-cyan-methan und cr-Cyan-

a'-benzoyloxy-p-nitro-stilben isoliert werden.

Bei der Darstellung der Alkalisalze zahlreicher Nitroverbindungen ist das Auftreten einer ,,Polychromie" beobachtet worden. Diese Farberscheinungen, die meist uber Gelb, Rot, Violett, Grun und entsprechende Mischfarben verlaufen, wurden mit einer ,,Chromoisomerie" der Sake erklart 1) .

Trotz zahlreicher Arbeiten konnten die Ursachen der Chromoisomerie bis heute nicht geklart werden. Im AnschluI3 an Untersuchungen uber Nitrohydratropasauren 2)

1) ubersicht: A. HANTZSCH, Liebigs Ann. Chem. 492, 65 (1932). 2) F. NERDEL und L. FISCHER, Chem. Ber. 87, 217 (1954).

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haben wir uns daher mit der Chromoisomerie beim Natriumsalz des p-Nitro-benzyl- cyanids beschaftigt. Weiteres Interesse erweckten diese Untersuchungen durch die Feststellung, daR der Zersetzungsreaktion des o-Nitro-a-diazo-propiophenons ein ahnlicher Mechanismus zugrunde liegt3).

Das rote Natriumsalz des p-Nitro-benzylcyanids laBt sich in ca. 90-proz. Ausbeute sehr rein herstellen4). Es bildet eine schwarzrote Kristallmasse und zeigt ein spezifi- sches Spektrums). Im evakuierten Exsikkator iiber Calciumchlorid ist es langere Zeit unverandert haltbar, desgleichen unter unpolaren, absolut trockenen Losungsmitteln (Kohlenwasserstoffen). Bei Anwesenheit von Feuchtigkeit sowie in Gegenwart von polaren Losungsmitteln (Athanol, Ather, Aceton usw.) verschwindet die rote Farbe rasch zugunsten einer grunen. Sehr rasch erfolgt der Farbwechsel nach Griin bei Einwirkung von Kohlendioxyd.

Die rote Farbe des Natriumsalzes tritt nicht nur rnit Natriurnalkoholaten in Benzol auf. Die alkoholische Losung des p-Nitro-benzylcyanids farbt sich bei Zugabe von waBriger Notronlouge an der Luft zunachst rot, wird dann uber Blaurot schlieBlich grun. Auch beim Schutteln der benzolischen Losung oder beim Behandeln der Kristalle rnit waRriger Natron- lauge oder rnit Ammoniak farbt sich die waarige Phase sofort blutrot. Sogar beim Versetzen der alkoholischen Losung mit waBriger Na2CO3-Losung tritt zunachst diese rote Farbe auf. um dann in Braun umzuschlagen.

In vollig wasserfreien tertiaren Basen wie Triathylamin, Pyridin, cr-Picolin und Chinolin lost sich p-Nitro-benzylcyanid farblos. Die Rotfarbung tritt nach Zugabe von Wasser, Alko- holen (Methanol, Athanol, Propanol, n-Butanol, Cyclohexanol) oder prirnaren bzw. sekun- daren Aminen rnit Dissoziationskonstanten uber 10-5 auf. o-Nitranilin ( p ~ b = 13.82) gibt keine Firbung. Beim Losen in nicht vollig wasserfreiem Athylendiarnin, Piperidin oder Di- athylamin tritt sofort Rotfarbung auf.

Durch photometrische Messungen an 10-2 bis 10-3 m alkoholischen Losungen des roten Natriumsalzes des p-Nitro-benzylcyanids konnte festgestellt werden, daB rnit Sauerstoff kein Farbumschlag nach Grun eintritt, wohl aber nach Zugabe der aquivalenten Menge Kolilendioxyd. Die Geschwindigkeit der Grunfarbung erwies sich als konzentrations- und temperaturabhangig. So wird eine frische 10-2 m Losung des Salzes beim sofortigen Ein- leiten von C02 nicht grun; nach 10 tagigem Stehenlassen wird sie dagegen rnit C02 grun. Die rote Farbe frischer Losungen rnit einern Salzgehalt von uber 1 Mol/l schlagt bei der Ein- wirkung von C02 sofort nach Grun urn.

ISOLIERUNG DER FARBGEBENDEN VERBINDUNGEN Beim Regenerieren des p-Nitro-benzylcyanids aus seinem Natriumsalz konnten wir

nur 90 bis 95 % des Ausgangsmaterials zuriickerhalten. Je konzentrierter die Losung

3 ) F. NERDEL und G . KRESZE, Chem. Ber. 85, 168 (1952); F. NERDEL und N . LOEB-

4) F. NERDEL und G. BANKWITZ, Chem. Ber. 87, 330 (1954). 5 ) J . T. HEWITT, F. G. POPE und W. I. WILLETT, J. chem. SOC. [London] 101, 1770 (19121,

und zwar S. 1774; J. LIFSCHITZ und F. W. JENNER, Ber. dtsch. chem. Ges. 48, 1730 (1915), und zwar S. 1734.

ULLMANN, in Vorbereitung.

1960 Zur ,,Chromoisomerie" des p-Nitro-benzylcyanids 57

des Natriumsalzes beim Ansauern rnit Salzsaure ist, um so weniger Ausgangsmaterial resultiert. Die erhaltenen gelben Produkte scheiden aus 80-proz. Athanol Kristalle ab (Roh-Schmp. 215-2220'). Aus verd. Essigsaure werden sie rein erhalten. Sie zeigen einen Schmp. von 272 -273", haben die Zusammensetzung C16H8N404 und losen sich leicht in Pyridin und rnit blauroter Farbe in methanolischer Kalilauge. Die Substanz konnte ais 4.4'-Dinitro-a.a'-dicyan-stilben (I) identifiziert werden, das durch Oxydation der CHz-Gruppe des p-Nitro-benzylcyanids gebildet sein mun.

Das so erhaltene Dinitrodicyanstilben ist identisch mit dem bei der Einwirkung von atherischer Jod-Losung und Natriummethylat auf p-Nitro-benzylcyanid6) entstehenden Produkt. LIFSCHITZ und JENNER5) haben beim Behandeln ihres grunen ,,p-Nitro-benzyl- cyanid-dimethylesters" mit heiI3er Salzsaure geringe Mengen eines bei 210" schmelzenden braunen Stoffes isoliert. Es ist zu vermuten, daB es sich auch hier um das 4.4'-Dinitro-cr.a'- dicyan-stilben (I) gehandelt hat.

I 02N.C,5H4.C(CN) :C(CN).C&I4.N02 (p .p')

I1

111

H02C. CH2.CbH4.N :N .C6H4.CH2. C02H (p .p')

H2N. C6H4.C(C02H): CH .CsH4.NH2 @.p')

Aus dem griinen alkoholischen Filtrat des Dinitrodicyanstilbens I wurde ein schwarz- griines Harz erhalten, dessen griine Farbe in alkoholischer Losung rnit Natron- lauge sofort nach Blau, mit Salzsaure nach Gelb umschlagt. Es handelt sich also zwei- fellos um die farbenden Prinzipien, die die Blaustichigkeit der alkalischen roten Lo- sung und die Griinfarbung des neutralen, regenerierten p-Nitro-benzylcyanids bewir- ken.

Durch Papier- oder Saulenchromatographie (A1203) konnte dieses griine Produkt in mehrere Zonen aufgetrennt werden. Im Papierchromatogramm zeigte sich eine rote Zone rnit dem gronten RF-Wert, die beim Bespriihen rnit Alkali sofort blau wurde. Es folgte eine griine Hauptfraktion mit einem nur wenig kleineren RF-Wert und weiter eine rotliche Zone.

Im Saulenchromatogramm wanderte eine in polaren Losungsmitteln rotgelb erschei- nende Substanz am schnellsten. Beim Verdampfen des Losungsmittels dieser Fraktion A hinterblieb ein lackartiger schwarzroter Stoff. Er lost sich in alkoholischer Natron- lauge rnit blauvioletter Farbe, die bei Zugabe von Salzsaure wieder in Gelb umschlagt. Nach Molekulargewichtsbestimmung und Analyse handelt es sich um Azobenzol-4.4'- diessigsaure (II), so daB auch ein Reduktionsprodukt des p-Nitro-benzylcyanids gefal3t werden konnte. Allerdings sind die Nitrilgruppen - moglicherweise bei der Chromato- graphie am A1203 - verseift worden.

Die Fraktion B (schwarzgriin, von blattriger, lackahnlicher Beschaffenheit) war in polaren Losungsmitteln mit smaragdgriiner und in Alkali rnit blauer Farbe loslich.

6 ) G. HELLER, Liebigs Ann. Chern. 332, 279 (1904); J. W. BAKER und C. K. INGOLD, J . chern. SOC. [London] 1926, 2462.

58 F. NERDEL, D. KLAMANN und W. EBINC Bd. 632

Bei der katalytischen Hydrierung der grunen Substanz mit RANEY-Nickel wurde eine rote Losung erhalten, aus der eine farblose Substanz isoliert werden konnte, die mit Alkalien keine Farbreaktion gab. Als in Methanol unloslicher Anteil resultierten Kri- stalle, die nach Acetylierung fur die Diacetylverbindung der 4.4’-Diamino-stilben- a-nzonocarbonsh-e (111) zutreffende Analysen lieferten.

Die im Papierchromatogramm festgestellte Fruktion C konnte durch Saulenchroma- tographie in zwei Anteile aufgetrennt werden. Beide schmelzen bis 360” nicht und losen sich in Dioxan oder Ather rnit roter Farbe. In Athanol oder Aceton war die eine rnit griiner, die andere rnit blauer Farbe loslich. Die grunen bzw. blauen Losungen gehen mit verdunnten Mineralsauren in gelb gefiirbte iiber, die bei Zusatz von Alkali erst grun, dann blau werden.

Das Verhalten der farbenden Prinzipien bei der Chromatographie an A1203 lieB auf Ver- anderungen bei dieser Trennung schlieRen. Wir haben daher 4.4’-Dinitro-a.d-dicyan-stilben in Acetonlosung an basischem AI2O3 (WOELM) chromatographiert. Es wurde bei der Elu- ierung mit khanol eine grune, lackartige Substanz erhalten, die nach UV-Spektrum und Elementaranalyse rnit dem aus p-Nitro-benzylcyanid isolierten, grun farbenden Korper identisch ist.

Da die farbenden Fraktionen offenbar aus Substanzgemischen bestehen, in denen mehr als zwei p-Nitro-benzylcyanid-Einheiten unter Veranderung ihrer Stickstoff- Funktion zusammengetreten sind, wurde eine weitere Auftrennung durch Papierelektro- phorese versucht. In 4wochigem Dauerbetrieb konnten 3.5 g Farbstoff in 8 mehr oder weniger scharf voneinander getrennte Fraktionen zerlegt werden, deren Farben von Blau iiber Griin, Gelb bis Rotbraun reichten. Es waren sowohl saure wie basische An- teile vorhdnden. Bisher konnte die farbintensivste, fur die griine Farbe verantwortliche, unter diesen Bedingungen blaue Komponente, die elektrophoretisch am weitesten abge- lenkt wird, naher charakterisiert werden. Ihre Analysenwerte deuten auf ein Bis-azo- stilben IV hin, dessen Grundbaustein die mittlere Zusammensetzung CsH6N02 hat :

Eine etwas weniger bewegliche, ebenfalls blaue Fraktion zeigt die gleiche Analyse und das gleiche 1R-Spektrum. Dies und die relativ niedrigen Erweichungsintervalle der Farbstoffe deuten darauf hin, daR die Zahl der Cs-Einheiten variabel ist. Nach dem IR-Spektrum muB hin und wieder auch eine Nitrilgruppe unverseift geblieben sein.

Als sauerstofffreies Reaktionsprodukt konnte die am starksten vertretene, im Papierelektropherogramm kaum abgelenkte, rote Komponente (in Losung orange- gelb) durch mehrfache Kristallisation aus Benzol/Petrolather rein erhalten werden. Ihre Analyse ergibt die Grundeinheit CsH6N2, die dem Azobenzol-4.4‘-bis-acetonitril entspricht. Die gleiche Zusammensetzung hatte jedoch auch ein Azomethin der For- me1 V. Die sonst bei 1640 cm-1 auftretende Azomethin-Bande ware allerdings nur durch eine Schulter bei 1620 cm-1 zu interpretieren. Die Struktur dieses Farbstoffes sol1 noch geklirt werden.

IV HOZC.CHZ.C~H~.N :N .C~H~.C(COZH): C(C0zH) .C&.N:N .C6H4. CH2.COzH

V NC. CH2. C6H4 .N: C(CN) .CaH4*NH2

59 - 1960 Zur ,,Chromoisomerie" des p-Nitro-benzylcyanids

SPEKTREN Die griinen Stoffe zeigen eine Absorption im Bereich der Nitrosogruppe, doch sind

die Intensitaten so hoch wie bei echten Farbstoffen = 129, gegenuber aromati- schen Nitrosoverbindungen mit E,,, = 0.05 7)).

Das Spektrum des frischen Natriumsalzes desp-Nitro-benzylcyanids stimmt rnit dem von J. T. HEWITT und Mitarbb.5) sowie von J. LIFSCHITZ und F. W. JENNER5) angege- benen gut iiberein. Das Salz besitzt zwei Absorptionsbanden: das Maximum des p-Nitro-benzylcyanids bei 37.9.103 cm-1 und eine fur die Salzstruktur charakteristi- sche Bande bei 18.8.103 cm-1 mit einer Schulter bei 17.2.103 cm-1 (khanol). Bei spektroskopischer Verfolgung der Veranderung des Salzes verschwindet das fur das rote Salz charakteristische Maximum allmahlich, wahrend eine neue starke Absorp- tionsbande bei 16.1 . l o 3 cm-1 und eine weitere bei 24.6.103 cm-1 auftreten. DenHaupt- anteil der im Reaktionsgemisch zu verzeichnenden Gesamtabsorption bei 16.1 . lO3cm-1 bestreitet somit die oben genannte grune Substanz der zweiten bei der Chromato- graphie erhaltenen Fraktion, die neben der Bande bei 16.1 -103 cm-1 eine schwkhere bei 21.5.103 cm-1 besitzt. Diese zweite Bande verschwindet in dem sehr breiten Maxi- mum bei 24.6.103 cm-1, das dem gelbroten Farbgemisch zukommt. Bei 29.2.103cm-1 tritt eine weitere Bande auf, die auf die Vinylengruppe des Stilbens zuriickgefiihrt wer- den muB. Gegenuber dem unsubstituierten Stilben ist sie um 4 - lo3 cm-1 nach Rot verschoben (32.9.103 cm-I), gegenuber dem 4.4'-Dinitro-a.a'-dicyan-stilben (I) um 1.103 cm-1, was auf den I-Effekt der Substituenten zuriickzufiihren ist.

DISKUSSION Auf Grund unserer Ergebnisse kommen wir zu dem SchluB, daB eine ,,Chromoiso-

merie" des Natriumsalzes vom p-Nitro-benzylcyanidl) nicht existiert. Das genannte Salz ist eine einheitliche, monochrome, rote Verbindung. Einwirkungen von polaren Lo- sungsmitteln rufen inter-intrarnolekulare Oxydations-Reduktions- Vorgange hervor, die zu einer Vielzahl von Farbstoffen fiihren. Unter Reduktion der Nitrogruppe wird die Methylengruppe oxydiert. Die hierbei entstehenden Primarprodukte treten zu Ver- bindungen rnit Azo- und Stilben-Gruppierungen nach Art der Formel IV (oder auch mit Azomethin-Gruppierungen) zusammen. Es ist zu vermuten, daR auch ,,Chromoiso- merie"-Erscheinungen an anderen Verbindungen auf ahnliche Reaktionen 7uriickzu- fuhren sind.

Durch die von uns isolierten Farbstoffe werden samtliche Farbeffekte bei der Behandlung der Regenerierungsgemische mit Alkalien oder Sauren erklart. In alkalischem Milieu bilden sich aus dem Na-Salz des p-Nitro-benzylcyanids die im pH-Bereich > 7 blauen Natriumsalze der Oxydations-Reduktions-Produkte. Dadurch tritt allmahlich eine Blaustichigkeit der Rot- farbung auf. Bei langerem Stehenlassen an der Luft oder Einleiten von Kohlendioxyd erfolgt pa-Abnahme; es entstehen das schwach gelbe p-Nitro-benzylcyanid und grune bis blaue Oxy-

7) vgl. E. HERTEL und F. LEBOK, Z . physik. Chem., Abt. B 47, 315 (1940), und zwar S.318.

Bd. 632 60 F. NERDEL, D. KLAMANN und W. EBING

dations-Reduktions-Produkte aus ihren Na-Salzen. Die Gesamtfarbe des Gemisches ist grun. U berschussiges Alkali ,,stabilisiert" erklarlicherweise die rote Farbe.

Beim Ansauern mit Mineralsauren verschwindet die grune Farbe, da jetzt auch die Re- aktionsprodukte in ihre gelbe Form ubergehen. Bei abermaliger Zugabe von Alkali bilden sich wieder das rote Salz des unveranderten p-Nitro-benzylcyanids und die blauen Salze der in geringer Menge vorhandenen Oxydations-Reduktions-Produkte, so daR abermals die rot- blauliche Farbung auftritt, die dann wiederunz alle obigen Zustande durchlaufen kann und so fort.

Da die Reduktions-Oxydations-Produkte als ausgesprochene Farbstoffe noch in geringsten Mengen stark farbend wirken und sich durch gewohnliche Aufarbeitungen nicht von anderen Unisetzungsprodukten abtrennen lassen, zeigen viele aus p-Nitro-benzylcyanid uber das Natriumsalz gewinnbare Verbindungen die obigen Farbeffekte.

So konnten wir die geschilderten Farbeffekte und auch 4.4'-Dinitro-a.a'-dicyan- stilben (I) bei Umsetzungen des Natriumsalzes vom p-Nitro-benzylcyanid n i t Suure- chloriden erhalten, die den endgultigen Beweis fur die Struktur des [p-Nitro-phenyll- dibenzoyl-cyan-methand (VI) erbringen sollten.

Nach Umsetzung der Benzolsuspension des Natriumsalzes des p-Nitro-benzyl- cyanids mit Benzoylchlorid kontiten wir durch fraktionierte Kristallisation neben dem genannten [p-Nitro-phenyll-dibenzoyl-cyan-methan (VI) auch den Enolester VII, das x-Cyan-x'-benzoyloxy-p-nitro-stilben, sowie die Monobenzoyl-Verbindung VIII, das [p-Nitro-phenyll-benzoyl-cyan-methan, isolieren.

Das [p- Nitro-phenyll-benzoyl-cyan-methan (VIII) lieR sich durch Kristallisation aus Athanol zunachst nicht vollig vom unveranderten p-Nitro-benzylcyanid trennen. Rei Anwesenheit von Spuren Alkali waren die Kristalle der Monobenzoyl-Verbindung jednch intensiv orange gefarbt, so dal3 sie sich deutlich von dem nur schwach gelben Ausgangsmaterial unterschieden und mechanisch getrennt werden konnten. Nach Um- kristallisieren aus Athanol besal3 die bei 166- 167" schmelzende Verbindung die Zu-

O ~ N . C ~ H ~ - C H Z - C N ( p )

/Na-Salz C6H5. c o c l \ /+ C6H5, cocl in Pyridin\ J L

CN 1

0 2 N . C ~ H ~ - C - C O - C ~ H S I

VI CO-CsH5

(daneben VII und VIII)

1960 Zur ,,Chromoisomerie" des p-Nitro-benzylcyanids 61

sammensetzung C15H10N203. Dem IR-Spektrum zufolge liegt sie in festem Zustand ausschliefilich in der Enolform vor.

Die Konstitution von VIIl wurde weiter gesichert durch eine bei Einwirkung von 60-proz. Schwefelsaure eintretende Bildung von p'-Nitro-desoxybenzoin (IX) (neben Benzoesaure). Eie Monobenzoyl-Verbindung VIII bildete sich leicht bei Verseifung des Enolesters V1I mit alkoholischer Lauge und konnte - wie fur Enole charakteri- stisch - in Pyridinlosung rnit Benzoylchlorid wieder in VII ubergefuhrt werden.

Der Schmelzpunkt des aus p-Nitro-benzylcyanid und Benzoylchlorid in Pyridin liergestellten a-Cyan-a'-benzoyloxy-p-nitro-stilbens (VII) lag scharf bei 136 - 137". Der Mischschmelzpunkt rnit dem Produkt aus der Umsetzung des Natriumsalzes zeigte keine Depression; samtliche Analysen stimmten auf CzzH14N204. DaJ3 manche aus der Darstellung iiber das Na-Salz stammenden Enolester-Praparate Schmelzpunkts- intervalle (1 35 - 139") zeigten, ist entweder auf geringe Verunreinigungen oder auf das Vorliegen von Gemischen der cis-trans-Isomeren zuruckzufuhren. x-Cyan-a'-benzoyloxy-p-nitro-stilben (VII) gibt rnit alkoholischer Natronlauge so-

fort die orangefarbene Losung des [p-Nitro-phenyll-benzoyl-cyan-methans (VIII). So- wohl die Monobenzoyl-Verbindung als auch Benzoesaure konnten gefaDt werden. Auf Grund dieser leichten Verseif barkeit und der Bildung aus der Monobenzoyl-Verbindung (mit Benzoylchlorid in Pyridin) kann an der Enolester-Struktur von VII kein Zweifel bestehen. Als gunstigstes Darstellungsverfahren erwies sich die Umsetzung von p-Nitro-benzylcyanid rnit Benzoylchlorid in Pyridin. Mit Phenylhydrazin entstand aus VII Benzphenylhydrazid, C6H5 .NH-NH.CO.C6H5.

Durch die Darstellung und Identifizierung der Verbindungen VII und VIII ist die Struktur des [p-Nitro-phenyll-dibenzoyl-cyan-methans (VI) als C.C-Dibenzoyl-Ver- bindung gesichert.

In analoger Weise konnten die beiden Diacetyl-Derivate des p-Nitro-benzylcyanids hergestellt werden.

Der GESELLSCHAFT VON FREUNDEN DER TECHNISCHEN UNIVERSITAT BERLIN und dem FONDS DER CHEMISCHEN INDUSTRIE sind wir fur die Unterstutzung der Arbeit zu Dank verpflichtet.

BESCHREIBUNG DER VERSUCHE

Isolierung der Oxydations-Reduktions-Produkte des p-Nitro-benzylcyanids

a) p-Nitro-benzylcyanid wurde rnit Natriummethylat in Benzol/Methanol in das rote Natriumsalz4) ubergefuhrt und nach Farbumschlag in Grun durch Zugabe von Salzsaure regeneriert. Die gelben bis olivfarbenen Fallungen wurden getrocknet und mit 80-proz. Athanol behandelt. Der Losungsruckstand wurde aus verd. Essigsaure umkristallisiert. Schmp. 272 -273", Ioslich in alkoholischer Lauge rnit violetter Farbe: 4.4'-Dinitro-a.a'- dicyan-stilben (I).

C16H8N404 (320.3) Ber. C 60.00 H 2.52 N 17.50 Gef. C 60.10 H 2.58 N 17.54

62 F. NERDEL, D. KLAMANN und W. EBING Bd. 632

Die Athnnolausziige hinterlieBen ein schwarzgrunes Harz (Erweichungspunkt etwa 21 57, das sich in Athanol rnit griiner, in Aceton, Dioxan oder Tetrahydrofuran rnit gelber, bei Wasserzugabe in Grun umschlagender Farbe loste. In Benzol, Essigester oder Chloroform war das Harz schwer loslich. Mit alkoholischer Lauge trat intensive Blaufarbung auf.

Bei der Chromatographie der Acetonlosung des Harzes an A1203 wurde eine rote Substanz praktisch nicht festgehalten. Sie ist in khan01 und Methanol schwer, in alkoholischer Natronlauge leicht rnit violetter Farbe loslich: Azobenzol-4.4’-diessigsaure (11).

C16H14N204 (298.3) Ber. C 64.41 H 4.73 N 9.38 Gef. C 65.10 H 4.89 N 9.29

b) Chromatographische Trennung: Der nach Zersetzung von Natrium-p-nitro-benzylcyanid (60 g) gebildete Kristallkuchen wurde trocken gepreflt, abwechselnd zweimal mit je 80 ccm Ather und zweimal rnit je 80 ccm Benzol geschiittelt und noch zweimal rnit je 35 ccm Benzol und einmal rnit 35 ccm Ather durchgeknetet. Der auf diese Weise weitgehend von p-Nitro- benzylcyanid befreite Ruckstand wurde bei 90” getrocknet, wobei er sich etwas zediel3lich zeigte, abgekiihlt jedoch hart und briichig wurde. - Dieses Rohprodukt (25 g) war in Aceton und Athanol rnit griiner, in Dioxan rnit stahlblauer Farbe Ioslich. Schwer loslich war es in absol. Ather, Chloroform und Wasser. Durch Benzol oder Ligroin wurde in der Warme hochstens p-Nitro-benzylcyanid herausgelost ; die Farbstoffe selbst sind darin unloslich. Auch Extraktion rnit Benzol oder Xylol im SOXHLET entfernten nur Reste von p-Nitro- benzylcyanid. Kristallisationsversuche schlugen fehl.

Das rohe Harz wurde in 20-proz. Aceton an Aluminiumoxyd (BROCKMANN) chromato- graphiert. Zur Entwicklung des Chromatogramms und zum Herauswaschen der einzelnen Zonen diente Aceton/&hanol (4: 1). Die Reinheitspriifung der einzelnen Zonen erfolgte papierchromatographisch (absteigend 20-24 Stdn. auf Papier SCHLEICHER & SCHULL Nr. 2043, mit wassergesattigtem sek.-Butanol/Aceton = 75 : 6). - Folgende Fraktionen wurden auf- gefangen:

Einheitliche Fraktion A einer roten, schnell laufenden Substanz. Sie hat als gelber Fleck auch auf dem Papierchromatogramm den groflten RE-Wert; beim Bespriihen des Fleckes rnit Alkali schlagt die Farbe nach Blau um (Azobenzoldiessigsaure II). - Grune Hauptfrnktion B, deren RF-Wert nur wenig kleiner ist als der von A, das auf dem Papierchromatogramm von B stets als ein kleiner gelber Vorfleck rnit blauer Halochromie erscheint. - Eine schmutzig- farbige Nachfraktion C, die sich durch mehrmaliges Chromatographieren in zwei Bestand- teile zerlegen lal3t: a) ein griines Eluat, dessen Inhaltsstoff auf dem Papierchromatogramm als roter Fleck rnit dem geringsten gefundenen RF-Wert erscheint. - p) ein blaues Eluat mit etwas geringerer Wanderungsgeschwindigkeit auf der Saule als das bei a) angegebene. Das Verhalten auf dem Papierchromatogramm ist praktisch dasselbe wie bei a), wahrend sich die Spektren der beiden Substanzen stark unterscheiden.

Alle diese Substanzen sind amorph (lackartig, krumelig oder pulverig).

Katalytische Hydrierung der griinen Substanz B: 1 g Substanz aus Fraktion B wurde in 150 ccm Methanol rnit Raney-Nickel bei 52” hydriert. Nach Aufnahme von ca. 325 ccrn Hz war die Reduktion beendet und die Losung rot. Das Losungsmittel wurde abdestilliert und der Riickstand zweimal rnit je 15 ccm heiflem Methanol iibergossen. Der darin Iosliche Anteil lieferte fast weiBe Kristalle, die sich kurz oberhalb 300” unter Verfarbung zersetzten. Die Substanz loste sich in Sauren und gab mit Alkali keine Reaktion.

1960 Zur ,,Chromoisomerie" des p-Nitro-benzylcyanids 63

Der in Methanol unlosliche Anteil wurde in Aceton/khanol gelfist und durch Zugabe von Wasser umgefallt. Der Niederschlag wurde mit Acetanhydrid gekocht. Nach ublicher Aufar- beitung schieden sich gelbe Kristalle aus, die aus wenig waRrigem h h a n o l umkristallisiert wurden. Die Analyse entspricht der N.N'-Diacetylverbindung der 4.4'-Diamino-stilben-rr- monocarbonsaure (111).

C19H17N204 (337.3) Ber. C 67.64 H 5.08 N 8.31 Gef. C 67.62 H 5.22 N 8.58

c) Papierelektrophorese: Die papierelektrophoretische Auftrennung von nach b) bereitetem Rohfarbstoff (3.5 g) erfolgte mit einem Gerat Elphor Va (BENDER & HOBEIN, Miinchen) auf Papier 604 L/90 (SCHLEICHER & SCHULL) bei 20" und 800 V. Puffer: 1300 ccm Pyridin/Eisessig (20:25) + 1000 ccm Athanol. Im Gleichgewicht stellte sich ein Wert von 11.5 mA ein. - Die so erhaltenen 8 verschiedenen, teils anodisch, teils kathodisch wandernden Fraktionen wurden - nach Befreiung vom PulTergemisch und mehrfachem Umlosen aus wasserfreiem Aceton - in Athano1 gelost und nach Zugabe von Wasser und 1 Tropfen konz. Salzsaure mit Ather extrahiert. Die atherischen Losungen wurden gewaschen, mit Na2S04 getrocknet und i. Vak. eingeengt. Rein isoliert wurden so die farbstarke, am weitesten anodisch wandernde blaue und die im elektr. Feld nicht wandernde rote Komponente.

Blaufaktor (Bis-azo-stilben IV): CsH6N02 (148.1) Ber. C 64.82 H 4.06 N 9.48 Gef. C 62.37 H 4.33 N 9.28

Roter, sauerstofffreier Faktor:

CsH& (130.1) Ber. C 73.83 H 4.65 N 21.53 Gef. C 73.41 H 5.08 N 21.04

Benzoylverbindungen

1. Aus 16.2 g (0.1 Mol) p-Nitro-benzylcyanid wurde in der beschriebenen Weise4) das Natriumsalz hergestellt, dieses in 150 ccm trockenem Benzol aufgeschlammt und unter Riihren mit 21.9 g (0.15 Mol) Benzoylchlorid versetzt. Nach halbstiindigem Kochen lieR man erkalten und filtrierte vom gebildeten Natriumchlorid ab. Die aus dem eingeengten, gelben Filtrat auskristallisierenden Fraktionen wurden getrennt aufgearbeitet.

a) Die erste Kristallfraktion (9.8 g) zeigte ein Schmelzintervall von 110-190". Beim Losen in k h a n o l hinterblieb eine gelbe Substanz, die nach Extraktion mit dem gleichen Losungsmit- tel bei 272-273" schmolz, leicht in Pyridin und mit blauroter Farbe in warmer methanol. Kalilauge loslich war: 4.4'-Dinitro-a.a'-dicyan-stilben (I).

C16HsN404 (320.3) Ber. C 60.00 H 2.52 N 17.50 Gef. C 60.08 H 2.64 N 17.36

Aus dem Filtrat von I lieRen sich Fraktionen gewinnen, die aus hellgelben Anteilen @-Nitro- benzylcyanid) und einer dunkelgelben bis orangefarbenen Substanz (Schmp. etwa 160") bestanden. Da durch Kristallisation eine weitere Trennung nicht gelang, wurden sie durch Auslesen getrennt und aus k h a n o l umkristallisiert.

Die orangefarbenen Teile bildeten eigelbe Sterne vom Schmp. 166 - 166.5", deren Losungen Hande, Textilien usw. intensiv orange anfarbten. In alkoholischer Lauge losten sich die Kristalle mit orangeroter Farbe: [p-Nitro-phenyll-benzoyl-cyan-methan (VIII).

C15H10N203 (266.2) Ber. C 67.51 H 3.78 N 10.51 Gef. C 67.47 H 3.84 N 10.50

54 F. NERDEL, D. KLAMANN und W. EBING Bd. 632

b) Die benzolische Mutterlauge der ersten Kristallfraktion wurde eingeengt und die noch warme Losung rnit 20 ccm absol. Methanol versetzt. Beim Erkalten kristallisierten 5.3 g ip-Nitro-phenyll-dibenzoyl-cyan-methan (VI) vom Roh-Schmp. 190 - 193". Nach Umkristal- lisieren aus Athanol/Dioxan (2: 1) lag der Schmp. bei 193- 194".

Beim Versetzen des Filtrats vom [p-Nitro-phenyll-dibenzoyl-cyan-methan mit weiteren 20 ccm absol. Methanol kristallisierte ein schwer trennbares Gemisch von VI und einer bei 1 3 5" schmelzenden Substanz. Durch fraktionierte Kristallisationen und mechanische Tren- nung konnte schlieBlich neben VI eine bei 135 - 139.5" schmelzende Verbindung isoliert werden, die sich als a-Cyan-a'-benzoyloxy-p-nitro-stilben (VII) erwies.

C22Hl4N204 (370.3) Ber. C 71.40 H 3.78 N 7.60 Gef. C 71.39 H 3.82 N 7.49

Verseifung: Mit athanol. Natronlauge trat die charakteristische orangerote Farbe der Mono- benzoyl-Verbindung auf; nach Ansauern, Eindampfen und Abtrennen vom NaCl mit absol. Athano1 konnten sowohl Benzoesaure (Schmp. 120") als auch [p-Nitro-phenyll-benzoyl- cyan-methan (Schmp. und Misch-Schmp. 166") isoliert werden.

Aus Umsetzungen des p-Nitro-benzylcyanids mit p-Toluolsulfochlorid wurde neben schwefelhaltigen Substanzen p.p'-Dinitro-a.a'-dicyan-stilben gewonnen.

2. a-Cyan-a'-benzoyloxy-p-nitro-stilben (VII). - 4 g p-Nitro-benzylcyanid wurden in 20 ccm Pyridin mit 8 g Benzoylchlorid 24 Stdn. stehen gelassen. Die zunachst oligen Reaktionsprodukte kristallisierten langsam nach UbergieBen mit Athanol. Mehrfach aus vie1 Methanol umkristal- lisiert, resultierten 5.5 g (59% d. Th.) schwach gelbliche Kristalle vom Schmp. 136-137".

C22H14N204 (370.3) Ber. C 71.40 H 3.78 N 7.60 Gef. C 70.92 H 3.77 N 7.76

Verseifing: 10 g Enolester VII wurden rnit 3 g NaOH in 300 ccm Athanol 30 Min. unter RiickfluB gekocht. Nach iiblicher Aufarbeitung erhielt man 4 g (52% d. Th.) goldgelbe Kristalle von [p-Nitro-phenylj-benzoyl-cyan-methan (VIII); Schmp. und Misch-Schmp. 166".

Umsetzungen von [p-Nitro-phenylj-benzoyl-cyan-methan (VIII). - a) Benzoylierung: 1 g VIII wurde rnit 5 ccm Pyridin und 2 g Benzoylchlorid 30 Min. unter RiickfluB erhitzt. Es resultierten nach fraktionierter Kristallisation 0.5 g (30 % d. Th.) Enolester Vll .

b) Einwirkung yon 60-proz. Schwefelsuure: 1.3 g Substanz VIII wurden rnit 35 ccm 60-proz. Schwefelsaure 2 Stdn. zum Sieden erhitzt. Ungeloste Anteile wurden nach dem Erkalten abgetrennt und erwiesen sich (ebenso wie die in den RiickfluBkiihler sublimierte weiBe Sub- stanz) als Benzoesaure. Die nach Verdiinnen mit Wasser abgeschiedene Substanz war p'-Nitro- desuxybenzoin. Ausbeute 0.7 g (64% d. Th.); Schmp. und Misch-Schmp. 145".

C14HllN03 (241.2) Ber. C 69.70 H 4.60 N 5.80 Gef. C 70.03 H 4.76 N 5.86

Reaktion des Enolesters V l l mit Phenylhydrazin: a-Cyan-a'-benzoyloxy-p-nitro-stilben (VII) wurde in Pyridin rnit Phenylhydrazin erhitzt. Nach iiblicher Aufarbeitung resultierten weiBe, verfilzte Nadeln vom Schmp. 169 - 169.5" (Benzphenylhydrazid).

Acetylverbindurigen a-Cyan-a'-ncetoxy-a'-methyl-p-nitro-styrol. - 8 g p-Nitro-benzylcyanid wurden unter leich-

tern Erwkrmen in 20 ccm Pyridin gelost und unter Schiitteln allmahlich rnit 1 3 ccm Acetylchlorid versetzt, ohne daB die Reaktionstemperatur iiber 40" stieg. AnschlieDend wurde kurz aufge-

1960 F. NERDEL, H. GOETZ und M. WOLFF 65

kocht und mit 350 ccm Wasser verdiinnt. Die abgeschiedenen Kristalle wurden dreimal aus Benzol umkristallisiert. Ausbeute 6 g (49 % d. Th.) schwach gelbe Kristalle vom Schmp. 172 - 173".

C12H10N204 (246.2) Ber. C 58.53 H 4.09 N 11.38 Gef. C 59.06 H 4.09 N 11.85

[p-Nitro-phenyll-diacetyl-cyan-methan. - 9 g Natrium-p-nitro-benzylcyanid wurden, in 50 ccm Benzol suspendiert, mit 16 g Acefylchlorid versetzt. Die nach 11/2 stdg. Sieden ab- geschiedenen, braunen Bestandteile lieferten eine gelbe Substanz vom Schmp. 258".

C12H10N204 (246.2) Ber. C 58.53 H 4.09 N 11.38 Gef. C 54.30 H 3.60 N 11.05

Der Mechanismus komplexer Fragmentierungsreaktionen

DIE KINETIK DER HYDROLYTISCHEN SPALTUNG DER C-C-BINDUNG IM BROMPIVALOPHENON

DURCH WASSRIGE ALKALIEN von FRIEDRICH NERDEL, HORST GOETZ und MARION WOLFF

Herrn Prof. Dr. Walter Hiickel zum 65. Geburtstag in dankbarer Verehrung gewidmet

Aus dem Organisch-Chemischen Institut der Technischen Universitat Berlin

Eingegangen am 2. Januar 1960

Die Kinetik der mit wahigen Alkalien eintretenden komplexen Fragmentierung des Brompivalophenons wird untersucht. Es wird gezeigt, dal3 die vollstandige Auswertung der MeBwerte solcher komplexen Reaktionen durch den Einsatz eines Analogrechners moglich ist. Der Mechanismus der Reaktion wird in guter

Naherung aufgeklart.

Das von C. A. G R O B ~ ) aufgestellte Schema I der kornplexen Fragrnentierung deutet qualitativ den Ablauf derartiger Reaktionen. Ein Mechanismus konnte jedoch noch nicht aufgestellt werden, da SchluBfolgerungen bisher nur aus der Struktur der Aus- gangs- und Endprodukte gezogen wurden und kinetische Untersuchungen ausstehen.

Bei der von uns kiirzlich untersuchten alkalischen Hydrolyse des Tribrompivalo- phenons2) (o.w.w-Tris-brornmethyl-acetophenons) wurden, bei Anwendung eines Al-

1) C. A. GROB, Experientia [Basel] 13, 126 (1957). 2) F. NERDEL, A. HEYMONS und H. GANSAU, Chem. Ber. 91, 944 (1958).

Liebigs Ann. Chem. Bd. 632 5