4
4059 643. W. L oss en: Zur Constitution der Hydroxamsauren. (Eingegangen am 4. December.) [Vorgetragen in der Sitzung von Hrn. Ferd. Tiemann.] Aus den im 17. Heft dieses Jahrganges, S. 3447 und 3453, ent- haltenen Mittheilungen von Tiemann ersehe ich, dass zwischen ihm und mir keine Meinungsverschiedenbeit mehr besteht in Bezug auf dasjenige, was als thatsachlich festgestellt betrachtet werden kann. Tiemann giebt zu, dass die Entstehung einer mit dem benzhydroxam- sauren Aethyl metameren Verbindung bei Einwirkung vdn salpetriger Saure auf Renzenylamidoximathylather bis jetzt nicht erwiesen ist, sowie dass kein Grund vorliegt, die aus a- und p-Aethylbenz- hydroxamsaure durch Aethylirung entstehenden Verbindungen fiir ver- schieden von einander zu halten. Noch nicht einig sind wir iiber die Structurformel der Benz- hydroxamsaure und ihres Aethylathers. Ich bin der Ansieht , dass die Formeln dazu da sind, urn das chemische Verhalten der Verbin- dungen ausaudriicken und dass an einer Forrnel urn so weniger aus- zusetzen ist, je einfacher und ungezwungener sie diesen Zweck erfiillt. Damit der Leser sich selbst ein Urtheil dariiber bilden kann, wie weit die von mir gebrauchten Formeln zweckmassig sind, stelle ich die folgenden Reactionsgleichungen zusamrnen, in welchen die Verbin- dungen vorkomrnen, bezijglich deren Structurformeln Tie m ann und ich verschiedener Meinung sind: CsHsC //5OCzH5 + KOH + CzHjJ -- CsH5C + KJ + Ha0 \OH \OH 'OH \OCaH5 yNOCzH5 //NOC2H5 + KOH + CzH5J = CsHSC //NOCzH5 //NOCaHj CfiHsC + KJ + Ha0 fiH5C\ + HCl = CeH5C. + CzHjCl 0 CBHS 'OH + HCl = CsHSC "OH + C2HjC1 //NOH \OH CsHSC 'OCaH5 //NO(CO. C6H.5) //NO(CO * C6H5) + HC1= CcH5C + CzH5C1 \OH C~HSC\ oc2n5 yNOCaH5 "OCaHS +2KOH-CsH5.C 'OK CsHjC\ O ( C 0 . CGH5) + C6H5 COOK + Ha0

Zur Constitution der Hydroxamsäuren

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Zur Constitution der Hydroxamsäuren

4059

643. W. L oss en: Zur Constitution der Hydroxamsauren. (Eingegangen am 4. December.)

[Vorgetragen in der Sitzung von Hrn. Ferd . Tiemann.]

Aus den im 17. Heft dieses Jahrganges, S . 3447 und 3453, ent- haltenen Mittheilungen von T i e m a n n ersehe ich, dass zwischen ihm und mir keine Meinungsverschiedenbeit mehr besteht in Bezug auf dasjenige, was als thatsachlich festgestellt betrachtet werden kann. T i e m a n n giebt zu, dass die Entstehung einer mit dem benzhydroxam- sauren Aethyl metameren Verbindung bei Einwirkung vdn salpetriger Saure auf Renzenylamidoximathylather bis jetzt nicht erwiesen ist, sowie dass kein Grund vorliegt, die aus a- und p-Aethylbenz- hydroxamsaure durch Aethylirung entstehenden Verbindungen fiir ver- schieden von einander zu halten.

Noch nicht einig sind wir iiber die Structurformel der Benz- hydroxamsaure und ihres Aethylathers. Ich bin der Ansieht , dass die Formeln dazu da sind, urn das chemische Verhalten der Verbin- dungen ausaudriicken und dass an einer Forrnel urn so weniger aus- zusetzen ist, j e einfacher und ungezwungener sie diesen Zweck erfiillt. Damit der Leser sich selbst ein Urtheil dariiber bilden kann, wie weit die von mir gebrauchten Formeln zweckmassig sind, stelle ich die folgenden Reactionsgleichungen zusamrnen, in welchen die Verbin- dungen vorkomrnen, bezijglich deren Structurformeln T i e m a n n und ich verschiedener Meinung sind:

CsHsC //5OCzH5 + KOH + CzHjJ -- CsH5C + KJ + Ha0

\OH \OH

'OH \OCaH5

yNOCzH5 //NOC2H5 + KOH + CzH5J = CsHSC

//NOCzH5 //NOCaHj

CfiHsC + KJ + Ha0

fiH5C\ + HCl = CeH5C. + CzHjCl 0 CBHS 'OH

+ HCl = CsHSC "OH + C2HjC1 //NOH \OH

CsHSC 'OCaH5 //NO(CO. C6H.5) //NO(CO * C6H5) + HC1= CcH5C + CzH5C1

\OH C ~ H S C \

oc2n5 yNOCaH5 "OCaHS

+ 2 K O H - C s H 5 . C 'OK

CsHjC\ O ( C 0 . CGH5)

+ C6H5 COOK + Ha0

Page 2: Zur Constitution der Hydroxamsäuren

4060

Keine von diesem Umsetzungen hat etwas Auffalliges; bei allen findet ein einfacher Austausch von Atomen oder Radicalen in haufig beobachteter Weise statt.

T i e m a n n nimmt dagegen a n , dass in der Mehrzahl der ange- fiihrten Falle bei der Bildung eines der entstehenden Producte eine Atomumlagerung stattfindet. Nach seiner Auffassung sind die er- wahnten Reactionen in folgender Weise zu formuliren:

CsH5CO. NH . OH + KOH + CaHbJ = CsH5CO. NH . OCgH5 + K J + HzO;

+ K J + HzO

Es kann sein, dass ich die beiden letzten Gleichungen nicht in T i e m a n n ’ s Sinne formulirt habe; in seiner Abhandlung finde ich keine Angabe dariiber, o b er der Kaliumverbindung des Benz- hydroxamsaurelthers die Formel :

//N 0 (32 H5 C s H 5 C 0 . N K . OC2H5 oder CsH5C(\

OK

beilegt. Ich habe das Erstere aogenommen; giebt T i e m a n n der Verbindung die letztere Formel, SO Itommen in den beiden zuletzt aufgefiihrten Gleichungen Atomverschiebungen nicht vor. T i e m a n n muss aber dann jedesmal eine solche annehmen, so oft die Saure C 6 H 5 C 0 . N H . 0 H in ihr Kaliumsalz iibergeht und so oft sie aus demselben abgeschieden wird.

Page 3: Zur Constitution der Hydroxamsäuren

406 1

Ich hielt es nicht fiir notbig, die Zahi der angefiihrten Beispiele zu vermehren, zumal da ich schon friiher I) auf Bbnliche hingewiesc>n habe. Besonders hervorheben muss ich indessen, dass die Auswahl der angefiihrten Reactionen das Resultat d m vorstehenden Erorterung durchaus nicht beeinflusst. Man kann nicht eine abnliche Zusarnmen- stellung voti Urnsetzungsgleichungen machen, bei welchen die van mir berorzugte Benzenylforniel die Anriahrne von Atornumlagerungell noth- wendig macht, wahrend die von T i e m a n n bevorzugte Formel e h e glatte Umsetzung ergiebt. Deswegen sehe ich auch keine Veranlassung d a m , der Banzhydroxanisaure zwei sogenannte tautomere Porrneln beizulegen.

T i e m a n n legt Gewicht darauf, dass bei Annahme der Benzenyl- forrncl die Bildung der Benzhydroxamsaure nicht mehr derjenigen des Benzamids analog erscheint. Darauf habe ich schon friiher 2) geant- wortet, dass das Hydroxylarnin trotz mancher Aehnlichkeit mit dem Amrnoniak doch auch so grosse Verschiedenbeit von dem letzteren zeigt, dass nicht in jedem Fall eine analoge Wirkung beider Verbin- dungen vorausgesetzt werden kann.

Auf die physikalisch verschiedenen Modificationen structuriden- tischer Hydroxylarninderivate gehe ich hier nicht ein; ich bin damit beschaftigt, die Ergebnisse zahlreicher, den Gegenstand betreffender Beobachtungen zusarnmenzustellen. Es liegt nahe, auf diese Verbin- dungen die von V. M e y e r , H a n t z s c h u. A. entwickelten Hypothesen anzuwenden, da alle Benzhydroxamsaurederivate nach meiner Auffassung als asyrnmetrische Oxirne betrachtet werden kBnnen. Wie weit stereo- chemische Betrachtungen die Verschiedenheit der genannten Korper erklaren konnen , will ich erst nach Darlegung des experimentellen Materials erortern.

Schliesslich noch ein Wor t iiber die Nomenclatur. T i e m a n n

meint, wenn den Hydroxamsauren die Formel R C /NOH zukame, \OH

wiirde es angezeigt sein, den Namen Hydroxamsauren, weil derselbe eine falscbe Vorstellung von der Constitution dieser Verbindungen erwecke, in Hydroximsiiuren amzuandern.

Ueber diese Aenderung liesse sich reden, wenn die SBuren heute zu benennen waren. Da sie aber ihren Namen schon langer als 20 Jahre fiihren, wiirde eine Abanderung zur Folge haben, dass jeder, der sich in der Literatur iiber dieselben orientiren will, sich der Namensanderung erinnern oder an dieselbe erinnert werden miisste; das ist kein Vortheil. Abgesehen davon lasst sich der Name

1) Diese Berichte XVIII, 1200. a) Ann. Chem. Pharm. 252, 193.

Page 4: Zur Constitution der Hydroxamsäuren

4062

Hydroxamsauren ebenso gut rechtfertigen wie die Namen ahnlicher Kiirperklassen, an deren Aenderung niernand denkt. Wer z. €3. als ein Amid nur eine Verbindung gelten lassen wollte, welche das Radical NHa enthalt, der konnte die Narnen Diacetamid und Triacet- amid nicht beibehalten, miisste dieselben vielmehr abandern, etwa in Diacetimid und Triacetnitrid. Unter Amiden in weiterem Sinne versteht man aber auch Verbindungen, deren Zusarnrnensetzung dem allgemeinen Schema:

x Mol. Saure + y Mol. Ammoniak - z Mol. Wasser entspricht; so gebraucht K e k u l B das Wort in seinem klassischen Lehrbuche.

In entsprechender Weise bezeichne ich als Hydroxamsauren Sluren, deren Zusarnmensetzung dem allgemeinen Schema:

x Mol. Saure + y Mol. Hydroxylarnin - z Mol. Wasser entspricht. Eine solche Bezeichnungsweise hat den Vortheil, dass sie ganz absieht von den wechselnden Ansichten uber die Structur der betreffenden Verbindungen.

Ester der Hydroxamsauren nenne ich diejenigen Verbindungen, welche aus den Salzen derselben durch Austausch von Metall gegen Alkyl entstehen; Alkylbydroxarnsauren dagegen die gleich zusarnrnen- gesetzten, welche dadurch entstehen, dass ein in den Salzen nicht durch Metall vertretenes Wasserstoffatom durch Alkyl ersetzt wird. Diese Renennung schliesst sich an die bei Oxysauren iibliche an; benzbydroxamsanres Aethyl verhalt sich zu Aethylbenzhydroxamsaure wie milchsaures Aethyl zu Aethyluiilchsaure.

644. Ferd. Tiemann: Bemerkungen zu der vorstehenden Mittheilung des Hrn. W. Lo 8 sen.

[Aus dem Berl. Univ.-Laborat. No. DCCCLXX; vorgetragen in der Sitzung vom Verfasser. ]

I n dem vor wenigen Wochen veriiffentlichten Aufsatze l), welchen W. L o s s e n in der vorstehenden Mittheilong bespricht, glaube ich dargethan zu haben, dass keinerlei Grund vorliegt, die Hydroxarn- sauren fiir etwas anderes als im Ammoniakrest hydroxvlirte Saure- amide von der allgerneinen Formel R . G O . N H . OH zu halten, dass die Eigenscbaften der Saureamide, Hydroxarn sauren und anderer im

Diese Berichte XXIV, 3447.